Bundesgerichtshof Urteil, 30. Aug. 2011 - X ZR 55/10

bei uns veröffentlicht am30.08.2011
vorgehend
Landgericht Koblenz, 8 O 39/06, 09.02.2007
Oberlandesgericht Koblenz, 12 U 354/07, 22.03.2010

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 55/10 Verkündet am:
30. August 2011
Boppel
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Regenentlastung
VOB/A 2009 § 16 Abs. 8; VOB/A 2002, 2006 § 25 Nr. 5 Satz 1

a) Zur Beurteilung der Frage, ob an einem öffentlichen Auftrag ein grenzüberschreitendes
Interesse besteht, ist eine Prognose darüber anzustellen, ob
der Auftrag nach den konkreten Marktverhältnissen, das heißt mit Blick auf
die angesprochenen Branchenkreise und ihre Bereitschaft, Aufträge gegebenenfalls
in Anbetracht ihres Volumens und des Ortes der Auftragsdurchführung
auch grenzüberschreitend auszuführen, für ausländische Anbieter interessant
sein könnte.

b) Bei der Zulassung von Nebenangeboten werden die Grundfreiheiten des
Primärrechts der Europäischen Union und die Gebote der Gleichbehandlung,
Verhältnismäßigkeit und Transparenz gewahrt, wenn in den Vergabeunterlagen
vorgegeben wird, dass Ausführungsvarianten eindeutig und erschöpfend
beschrieben werden und alle Leistungen umfassen müssen, die zu einer
einwandfreien Ausführung der Bauleistung erforderlich sind, und dass bei
nicht in Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen oder in den Vergabeunterlagen
geregelten Leistungen im Angebot entsprechende Angaben
über Ausführung und Beschaffenheit dieser Leistungen zu machen sind.
BGH, Urteil vom 30. August 2011 - X ZR 55/10 - OLG Koblenz
LG Koblenz
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 30. August 2011 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck
und die Richter Gröning, Dr. Grabinski, Hoffmann und die Richterin Schuster

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das am 22. März 2010 verkündete Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz wird auf Kosten der Klägerin, die auch die außergerichtlichen Kosten des Streithelfers zu tragen hat, zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Parteien streiten um die Frage, ob die beklagte Verbandsgemeinde in einem von ihr im Jahre 2005 außerhalb des Geltungsbereichs des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen durchgeführten Bauvergabeverfahren betreffend eine Regenentlastung berechtigt war, auf Nebenangebote eines Mitbewerbers den Zuschlag zu erteilen.
2
Die der Ausschreibung zugrunde gelegten Bewerbungsbedingungen enthielten den Hinweis, dass der Auftraggeber nach der Verdingungsordnung für Bauleistungen Teil A verfahren werde, und bestimmten für Änderungsvorschläge oder Nebenangebote: "… Der Bieter hat die in Änderungsvorschlägen oder Nebenangeboten enthaltenen Leistungen eindeutig und erschöpfend zu beschreiben ; die Gliederung des Leistungsverzeichnisses ist, soweit möglich, beizubehalten. Änderungsvorschläge oder Nebenangebote müssen alle Leistungen umfassen, die zu einer einwandfreien Ausführung der Bauleistung erforderlich sind. Soweit der Bieter eine Leistung anbietet, deren Ausführung nicht in Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen oder in den Verdingungsunterlagen geregelt ist, hat er im Angebot entsprechende Angaben über Ausführung und Beschaffenheit dieser Leistung zu machen. …"
3
Die Klägerin hatte unter Berücksichtigung eines Preisnachlasses das günstigste Hauptangebot abgegeben. Den Zuschlag erhielt der mit seinem Hauptangebot an dritter Stelle liegende Bieter R., weil die Beklagte mehrere der von ihm eingereichten Nebenangebote wertete und dadurch zu einem unter dem Hauptangebot der Klägerin liegenden Angebotspreis gelangte.
4
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass die Nebenangebote schon deshalb nicht hätten gewertet werden dürfen, weil die Beklagte für Nebenangebote keine Mindestanforderungen vorgegeben habe, und entgangenen Gewinn sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen eingeklagt. Die Beklagte und ihr Streithelfer, der in ihrem Auftrag die Ausschreibungsunterlagen erstellt und die Angebote geprüft hatte, sind dem entgegengetreten. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht hat die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin nach Beweisaufnahme zurückgewiesen.
5
Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte und der Streithelfer beantragen, verfolgt die Klägerin ihre Ansprüche weiter.

Entscheidungsgründe:


6
Die Revision bleibt in der Sache ohne Erfolg.
7
I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung, im Wesentlichen wie folgt begründet: Die Nebenangebote hätten gewertet werden dürfen, obwohl die Beklagte in den Vergabeunterlagen keine Mindestanforderungen an den Inhalt von Änderungsvorschlägen oder Nebenangeboten vorgegeben hatte. Zwar sähen die zur Zeit der Ausschreibung geltende Richtlinie 93/37/EWG (Baukoordinierungsrichtlinie [BKR]) und die an ihre Stelle getretene Richtlinie 2004/18/EG (Vergabekoordinierungsrichtlinie [VKR]) die Festlegung von Mindestanforderungen vor; auch habe der Gerichtshof der Europäischen Union diese Anforderung als unverzichtbar für ein transparentes Vergabeverfahren oberhalb der Schwellenwerte und als Grundlage der Verwirklichung des Gleichbehandlungsgebots angesehen. Demgegenüber seien jedoch bereits die Schwierigkeiten zu bedenken, die ein solches Erfordernis der Vergabestelle hinsichtlich der notwendigen Sachkunde und des zusätzlichen Zeitaufwands bereite, sei sie doch gezwungen, Ausführungsvarianten schon bei der Ausschreibung in ihre Überlegungen und ihr Ausführungs- konzept einzubeziehen. Außerdem könnten inhaltliche und technische Vorgaben die Nutzbarmachung des Fachwissens der Bieter herabsetzen, obwohl Nebenangebote regelmäßig dazu dienten, gerade noch nicht bedachte Lösungen anzubieten, wovon auch im Streitfall habe profitiert werden können. Aber selbst wenn mit Blick auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zur Bedeutung von Mindestanforderungen für Transparenz und Gleichbehandlung auch im Unterschwellenbereich in Fällen mit Binnenmarktrelevanz für Nebenangebote Mindestanforderungen festgelegt werden müssten, sehe das einschlägige nationale Vergaberecht eine entsprechende Verpflichtung bis heute nicht vor, und dieses Problem werde in der Fachliteratur kontrovers diskutiert. Für die Frage, wann unterhalb der Schwellenwerte Binnenmarktrelevanz anzunehmen sei, habe im Übrigen auch die Klägerin keine gesicherten Voraussetzungen anführen können. Nach allem habe die Beklagte nicht annehmen müssen verpflichtet zu sein, Mindestanforderungen für Nebenangebote in ihrer Ausschreibung aufzunehmen. Ein Verschulden der Beklagten sei deshalb nicht anzunehmen.
8
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben im Ergebnis keinen Erfolg.
9
1. Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch stünde der Klägerin nach der neuesten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 9. Juni 2011 - X ZR 143/10, VergabeR 2011, 703 Rn. 11 ff. - Rettungsdienstleistungen II, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen) zu, wenn die Beklagte ihre gegenüber den Teilnehmern am Vergabeverfahren bestehenden Rücksichtnahmepflichten (§ 241 Abs. 2 in Verbindung mit § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB) dadurch verletzt hätte, dass sie die Nebenangebote der Mitbewerber der Klägerin gewertet hat, obwohl sie in den Vergabeunterlagen keine Mindestanforde- rungen im Sinne von Art. 19 Abs. 1 und 2 BKR festgelegt und erläutert hatte. Eine entsprechende Pflichtverletzung liegt der Beklagten jedoch nicht zur Last.
10
a) Eine Pflichtverletzung durch regelwidrige Anwendung der Vergabeund Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/A) scheidet aus. Deren für das durchgeführte Vergabeverfahren einschlägigen Basisparagrafen verpflichten nach wie vor nicht zur Formulierung von Mindestanforderungen für Nebenangebote. Entsprechendes ist vielmehr lediglich - seit der Ausgabe 2006 der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen - für in den Anwendungsbereich des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen fallende Vergabeverfahren vorgesehen (§ 25a Nr. 3 VOB/A/2006; § 16a Abs. 3 VOB/A 2009). Eine analoge Anwendung dieser Regelungen im Unterschwellenbereich kommt nicht in Betracht, weil keine ungewollte Regelungslücke vorliegt. Da die dem Streitfall zugrunde liegende Ausschreibung vor Inkrafttreten der VOB/A 2006 erfolgt ist, wäre für eine entsprechende Anwendung im Streitfall ohnehin nur Art. 19 BKR infrage gekommen, wofür die Voraussetzungen gleichermaßen nicht vorliegen.
11
b) Ihre vorvertraglichen Fürsorgepflichten hätte die Beklagte danach nur verletzt, wenn sie nach dem Primärrecht der Europäischen Union verpflichtet gewesen wäre, ungeachtet des Fehlens einer entsprechenden Regelung in der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen an anderer Stelle in ihren Vergabeunterlagen - etwa in ihren ergänzend verwendeten Vertragsbedingungen - Mindestanforderungen für Nebenangebote zu definieren. Diese Verpflichtung hätte bestanden (Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 2 und 3 EUV), wenn ohne Ergreifung dieser Maßnahme eine Beeinträchtigung der Grundfreiheiten des EUVertrages zu besorgen gewesen wäre. Das ist jedoch nicht der Fall.
12
aa) Öffentliche Auftraggeber haben das Primärrecht der Europäischen Union nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union im Unterschwellenbereich zu beachten, sofern ein grenzüberschreitendes Interesse am Auftrag zu bejahen ist (vgl. EuGH, Urteil vom 23. Dezember 2009 - C-376/08, VergabeR 2010, 469 Rn. 22 mwN - Serrantoni). Ob ein solches im Streitfall allein wegen des geschätzten Auftragswerts, der nach dem vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Vortrag der Parteien und bei entsprechender Anwendung von § 3 VgV etwa 1,3 Millionen € betragen haben dürfte, bejaht werden kann, erscheint fraglich. Der Vorschlag der Klägerin, das grenzüberschreitende Interesse in Anlehnung an § 2 Nr. 6 VgV pauschal bei Auftragswerten ab einer Million Euro zu bejahen, überzeugt nicht. Diese im Unionsrecht (vgl. Art. 9 Abs. 5 lit. b Unterabs. 3 VKR) wurzelnde Regelung privilegiert die Bauauftraggeber bei kleineren Losen von an sich schwellenwertübersteigenden Aufträgen in einem gewissen Umfang (bis zu 20% des Gesamtwerts ) hinsichtlich der Ausschreibungspflichten. Das bietet keine tragfähige Grundlage für die Schlussfolgerung, dass bei Aufträgen von einem Gesamtvolumen ab einer Million Euro ein grenzüberschreitendes Interesse besteht. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist es stets Sache des nationalen Gerichts, alle maßgeblichen Gegebenheiten, die den fraglichen Auftrag betreffen, eingehend zu würdigen, um festzustellen, ob im Einzelfall ein eindeutiges grenzüberschreitendes Interesse besteht (vgl. EuGH, VergabeR 2010, 469 Rn. 25 mwN). Es bietet sich an, hierfür in Anlehnung an die für Vergabeverfahren außerhalb der Vergaberichtlinien ergangene Mitteilung der Kommission (ABl. Nr. C 179 vom 1. August 2006, S. 2 ff. unter 1.3.) eine Prognose darüber anzustellen, ob der Auftrag nach den konkreten Marktverhältnissen , das heißt mit Blick auf die angesprochenen Branchenkreise und ihre Bereitschaft, Aufträge gegebenenfalls in Anbetracht ihres Volumens und des Ortes der Auftragsdurchführung auch grenzüberschreitend auszuführen, für ausländische Anbieter interessant sein könnte. Da das Berufungsgericht hierzu kei- ne Feststellungen getroffen hat, ist das Bestehen eines grenzüberschreitenden Interesses im Streitfall zugunsten der Revision zu unterstellen.
13
bb) Aus dem Primärrecht der Europäischen Union lassen sich, was die Ausgestaltung der Vergabeunterlagen bezüglich Nebenangeboten anbelangt, keine unverzichtbaren Anforderungen ableiten, die über die von der Beklagten in ihren Vergabeunterlagen formulierten, aus dem Tatbestand ersichtlichen Vorgaben hinausgingen.
14
(1) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union unterscheiden sich der Ober- und der Unterschwellenbereich dadurch, dass der Erstere den in den Vergabekoordinierungsrichtlinien detailliert vorgesehenen, besonderen und strengen Regeln unterliegt, die im Bereich unterhalb des jeweils einschlägigen Schwellenwerts, der auch im Streitfall nicht erreicht worden ist, nicht gelten (EuGH, Urteil vom 15. Mai 2008 - C-147 und 148/06, VergabeR 2008, 625 Rn. 19 - SECAP und Santoroso). Hier müssen öffentliche Auftraggeber nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union aber das Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit und sonst die "grundlegenden Vorschriften" des Unionsrechts beachten (EuGH, aaO Rn. 20), insbesondere diejenigen über die Freiheit des Warenverkehrs, die Dienstleistungsfreiheit und das Niederlassungsrecht, sowie die daraus abgeleiteten Grundprinzipien, insbesondere die Grundsätze der Gleichbehandlung, der Verhältnismäßigkeit und der Transparenz (EuGH, Urteil vom 23. Dezember 2009 - C-376/08, VergabeR 2009, 469 Rn. 23 - Serrantoni).
15
(2) Durch welche Maßnahmen sie die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Transparenz verwirklichen wollen, ist in einem gewissen Maß in das Ermessen der Mitgliedstaaten gestellt (EuGH, aaO Rn. 31). Soweit es die Zulassung von Nebenangeboten betrifft, genügt es im Bereich oberhalb der Schwellenwerte, wie der Gerichtshof der Europäischen Union zu Art. 19 BKR entschieden hat, nicht, wenn sich (lediglich) aus einer nationalen Bestimmung ergibt, dass die Erbringung einer qualitativ gleichwertigen Leistung sichergestellt sein muss. Nur eine Erläuterung in den Vergabeunterlagen ermögliche den Bietern in gleicher Weise die Kenntnis von den Mindestanforderungen, die ihre Änderungsvorschläge erfüllen müssten, um vom Auftraggeber berücksichtigt werden zu können und sei aus Transparenzgründen im Interesse der Gleichbehandlung der Bieter hinreichend (vgl. EuGH, Urteil vom 16. Oktober 2003 - C-421/01, VergabeR 2004, 50 Rn. 26 ff. - Traunfellner).
16
(3) Unabhängig davon, dass diese aus Transparenzgründen hohen Anforderungen an die Qualität der Vergabeunterlagen Ausdruck der Besonderheit und Strenge der in den Anwendungsbereich der gemeinschaftsrechtlichen Richtlinien fallenden Vergabeverfahren sind und nicht ohne Weiteres mit den aus dem Primärrecht der Union herzuleitenden Anforderungen gleichgesetzt werden können, zeichnet sich der Streitfall dadurch aus, dass, wie vom Gerichtshof der Europäischen Union gefordert, aus den Vergabeunterlagen hervorgeht , was die Bieter beachten müssen, um ihre Nebenangebote wertungsfähig auszugestalten. Die dort festgelegten Vorgaben dienen gleichermaßen der Präzisierung des Inhalts von Nebenangeboten, wie sie zu deren verbesserter Vergleichbarkeit mit den Hauptangeboten beitragen. In Änderungsvorschlägen oder Nebenangeboten enthaltene Leistungen eindeutig und erschöpfend zu beschreiben und die Gliederung des Leistungsverzeichnisses dabei, soweit möglich , beizubehalten, ist zwar in erster Linie eine an die Bieter gerichtete Obliegenheit. Kommt der Bieter ihr aber nach, erschwert dies zugleich den Ausschluss seiner Nebenangebote von der Wertung aus sachfremden Gründen und fördert dadurch mittelbar die Transparenz des Vergabeverfahrens. Genauso verhält es sich bei der Vorgabe, dass Änderungsvorschläge oder Nebenangebote alle Leistungen umfassen müssen, die zu einer einwandfreien Ausfüh- rung der Bauleistung erforderlich sind. Das Gleiche gilt schließlich für die weitere , mit der Regelung § 10 Nr. 4 Abs. 4 Satz 2 VOB/A 2002 und § 8 Abs. 3 Unterabs. 3 Satz 2 VOB/A 2009 übereinstimmende Anforderung, dass zu angebotenen Leistungen, deren Ausführung nicht in Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen oder in den Vergabeunterlagen geregelt ist, im Angebot entsprechende Angaben über Ausführung und Beschaffenheit dieser Leistung gemacht werden müssen. Entsprechen eingereichte Nebenangebote diesen Vorgaben , muss der öffentliche Auftraggeber sich intensiv mit deren inhaltlichen Merkmalen auseinandersetzen. Da er begründen muss, warum einzelne Bewerber oder Bieter abgelehnt wurden (§ 20 Abs. 1 Nr. 5 VOB/A 2009), führen die im Streitfall aufgestellten Anforderungen zu einer höheren Kontrolldichte hinsichtlich der Vergabeentscheidung, was in gleichem Maße der Transparenz des Vergabeverfahrens zugute kommt, wie es das Risiko des Auftraggebers erhöht , Schadensersatzansprüchen des mit seinen Nebenangeboten zu Unrecht übergangenen Bieters ausgesetzt zu werden.
17
(4) Soweit, wie im Streitfall, keine sachlich-technischen Anforderungen in Bezug auf den Gegenstand von Nebenangeboten festgelegt wurden, beeinträchtigt dies nicht die Möglichkeiten etwaiger ausländischer Interessenten im Vergleich zu denjenigen der inländischen Anbieter, ihre Wettbewerbsfähigkeit, insbesondere ihre spezielle Fachkunde durch Einreichen von Nebenangeboten zur Geltung zu bringen. Beide Gruppen erhalten dieselben Vergabeunterlagen als Grundlage für die Angebotserstellung und können bei der Ausarbeitung von Angebotsvarianten darauf aufbauend in gleichem Maße kreativ werden. Von jedem Unternehmen, das sich geeignet fühlt, einen ausgeschriebenen Auftrag auszuführen, sei es ein ausländisches oder ein einheimisches, kann der öffentliche Auftraggeber erwarten, dass es auf der Grundlage seiner aus den Vergabeunterlagen ersichtlichen sachlich-technischen Anforderungen an die gewünschte Leistung Varianten ausarbeiten kann, wenn der Auftraggeber dafür, wie auch im Streitfall, einen Rahmen dergestalt vorgibt, dass eine Variante alle Leistungen umfassen muss, die zu einer einwandfreien Ausführung der Bauleistung erforderlich sind und dass die vorgeschlagene Alternativausführung eindeutig und erschöpfend, möglichst entsprechend der Gliederung des Leistungsverzeichnisses unterbreitet werden muss. Dafür, dass die Grundfreiheiten des Unionsrechts im Unterschwellenbereich nur dann nicht gefährdet sind, wenn für zugelassene Nebenangebote auch inhaltlich-auftragsbezogene Mindestanforderungen vorgegeben werden, ist nichts ersichtlich.
18
Dieses Ergebnis wird durch die Vergabeverfahren außerhalb der Vergaberichtlinien betreffende Mitteilung der Kommission (ABl. Nr. C 179 vom 1. August 2006 S. 2 ff.) gestützt. Abgesehen von hier nicht einschlägigen Gesichtspunkten wie der hinreichenden Bekanntmachung des Vergabebedarfs und eines ausreichenden Rechtsschutzes, wird in der Mitteilung eine diskriminierungsfreie Beschreibung des Auftragsgegenstands gefordert. Dabei hat die Kommission der Mitteilung zufolge in diesem Zusammenhang Ausgrenzungsstrategien durch Fixierung der Ausschreibung auf eine bestimmte Produktion oder Herkunft oder Ähnliches, ohne die Gestattung des Ausweichens auf gleichwertige Alternativen und Stellung von Bedingungen im Auge, durch die ausländische Bieter direkt oder indirekt benachteiligt werden (Forderung nach Ansässigkeit im selben Mitgliedstaat bzw. der Region des Auftraggebers, Nichtakzeptanz von Befähigungsnachweisen u. Ä.). Die Ausgestaltung der Vergabeunterlagen in Bezug auf Nebenangebote hat die Kommission dagegen nicht zum Gegenstand ihrer Mitteilung gemacht.
19
(6) Auch aus sachlichen Gründen erscheint es dem Senat nicht angezeigt , die Voraussetzungen für die Wertungsfähigkeit eingereichter Nebenangebote im Unterschwellenbereich zu verschärfen. Die Anforderungen in Art. 19 BKR bzw. Art. 24 VKR für den Oberschwellenbereich sind in der Konsequenz unter dem Gesichtspunkt der unbehinderten Wahrnehmung der Dienstleistungsfreiheit durchaus ambivalent. Wie bereits ausgeführt, besteht der Sinn und Zweck der Zulassung von Nebenangeboten darin, das unternehmerische Potenzial der für die Deckung des Vergabebedarfs geeigneten Bieter dadurch auszuschöpfen, dass der Auftraggeber Vorschläge für alternative Lösungen erhält , auf die seine eigenen Mitarbeiter gerade deshalb nicht kommen konnten, weil sie nicht über dieselbe Fachkunde wie die Bieter verfügen. Deshalb mögen die Verpflichtungen aus Art. 19 BKR und 24 VKR zur Vorgabe von Mindestanforderungen bei der Beschaffung vergleichsweise homogener Güter unproblematisch sein, wie etwa in dem vom Gerichtshof der Europäischen Union entschiedenen Fall, in dem in den Vergabeunterlagen für die Ausführung einer Straßendecke außerhalb von Autobahnbrücken eine zweischichtige Betondecke mit Oberbetonqualität vorgeschrieben war und es um die Frage ging, ob das Angebot einer aus Bitumenmaterial gefertigten Asphaltdecke qualitativ gleichwertig war (EuGH, VergabeR 2004, 50 Rn. 8, 12 - Traunfellner). Ist Gegenstand der Beschaffung dagegen eine komplexe Leistung, beispielsweise ein schlüsselfertig zu errichtender Gebäudekomplex, so besteht regelmäßig eine Vielzahl von Möglichkeiten, Alternativvorschläge zu unterbreiten. Diese können sich auf die Bauleistung als Ganzes beziehen, aber auch nur auf einzelne Gewerke oder Teile davon. Muss der öffentliche Auftraggeber auch hier inhaltliche Mindestbedingungen für Nebenangebote vorgeben, liegt auf der Hand, dass es regelmäßig nur gelingen wird, einen Bruchteil der objektiv möglichen Alternativausführungen vergaberechtskonform in den Vergabeunterlagen anzusprechen. Die daraus resultierende Einengung des Wettbewerbs benachteiligt die einheimischen Unternehmen nicht minder als ausländische Anbieter, deren Interessen durch die Dienstleistungsfreiheit geschützt werden sollen.
20
(7) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union finden bei der Festlegung der zum Schutz der Grundfreiheiten ausländischer Bieter in Vergabeverfahren im Unterschwellenbereich zu ergreifenden Maßnahmen auch Verhältnismäßigkeitserwägungen Berücksichtigung (EuGH, VergabeR 2009, 469 Rn. 23 - Serrantoni). Insoweit ist zu bedenken, dass die Ausarbeitung inhaltlich-leistungsbezogener Mindestanforderungen den für die Erstellung der Vergabeunterlagen erforderlichen Aufwand aus den vorstehend dargelegten Gründen erheblich erhöht und die Zahl der im Unterschwellenbereich angesiedelten Vergabeverfahren zugleich um ein Vielfaches über derjenigen der in den Geltungsbereich der Vergabekoordinierungsrichtlinie fallenden liegt. Dass Vergabeverfahren ohne grenzüberschreitenden Bezug ausgenommen werden könnten, entlaste die Auftraggeber vielfach gleichwohl nicht, weil dieser Bezug oftmals nicht zweifelsfrei verneint werden könnte, so dass die Binnenmarktrelevanz in diesen Fällen doch zu unterstellen und dem bei Ausarbeitung der Vergabeunterlagen Rechnung zu tragen wäre. Der mögliche Gewinn für die Bieter bei dieser Verfahrensweise gegenüber derjenigen, bei der an die Einreichung von Nebenangeboten Anforderungen wie im Streitfall gestellt werden, überwiegt im Verhältnis zu der Zusatzbelastung der Auftraggeber jedenfalls nicht.
21
2. Die Revision ist auch im Übrigen unbegründet.
22
a) Mit der Rüge, das Berufungsgericht habe die Wertungsfähigkeit des Nebenangebots 6 zu Unrecht bejaht, unternimmt die Revision den ihr verschlossenen Versuch, die gegenteilige und eingehend begründete Würdigung des Berufungsgericht durch die eigene zu ersetzen.
23
b) Soweit die Revision geltend macht, das Nebenangebot 6 sei ausschlussreif , weil dort die Umsatzsteuer nicht ausgewiesen sei, hat der Senat bislang nicht entschieden und erschiene zweifelhaft, ob der Preisbestandteil der Umsatzsteuer, deren Höhe gesetzlich feststeht, einen in der Leistungsbeschrei- bung vorgesehenen Preis darstellt (vgl. BGH, Urteil vom 24. Mai 2005 - X ZR 243/02, NZBau 2005, 594), dessen versäumte Angabe zum Angebotsausschluss führen müsste. Dies kann aber auf sich beruhen, weil das Berufungsgericht die Vergabeunterlagen in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise dahin ausgelegt hat, dass die Verpflichtung zur Angabe der Umsatzsteuer sich auf das Hauptangebot bezog.
24
c) Die Verfahrensrügen hat der Senat geprüft und für nicht durchgreifend erachtet; von einer Begründung wird gemäß § 564 ZPO abgesehen.
25
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Meier-Beck Gröning Grabinski
Hoffmann Schuster
Vorinstanzen:
LG Koblenz, Entscheidung vom 09.02.2007 - 8 O 39/06 -
OLG Koblenz, Entscheidung vom 22.03.2010 - 12 U 354/07 -

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b) Mit der Aufstellung von Wertungskriterien, die eine vergaberechtskonforme Angebotswertung nicht zuließen und die deshalb die Aufhebung des Vergabeverfahrens nach sich ziehen musste, hat der Beklagte gegen seine Pflichten aus § 241 Abs. 2 BGB verstoßen. Danach kann ein Schuldverhältnis einen Teil zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten. Ein solches Schuldverhältnis entsteht auch durch Aufnahme von Vertragsverhandlungen (§ 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB), und darum handelt es sich - in je nach Verfahrensart mehr oder minder stark formalisierter Form - bei der Durchführung eines Verfahrens zur Vergabe öffentlicher Aufträge. Mit der in der mündlichen Verhandlung weiter verfochtenen Ansicht, zur Klägerin habe ein solches vorvertragliches Schuldverhältnis nicht bestanden, weil dieser nur an der Unterminierung des Vergabeverfahrens gelegen gewesen sei, unternimmt die Revision den ihr verschlossenen Versuch, die Sachverhaltswürdigung des Berufungsgerichts durch die eigene zu ersetzen.

(1) Zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft sowie zur Änderung des Inhalts eines Schuldverhältnisses ist ein Vertrag zwischen den Beteiligten erforderlich, soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt.

(2) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 entsteht auch durch

1.
die Aufnahme von Vertragsverhandlungen,
2.
die Anbahnung eines Vertrags, bei welcher der eine Teil im Hinblick auf eine etwaige rechtsgeschäftliche Beziehung dem anderen Teil die Möglichkeit zur Einwirkung auf seine Rechte, Rechtsgüter und Interessen gewährt oder ihm diese anvertraut, oder
3.
ähnliche geschäftliche Kontakte.

(3) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 kann auch zu Personen entstehen, die nicht selbst Vertragspartei werden sollen. Ein solches Schuldverhältnis entsteht insbesondere, wenn der Dritte in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst.

(1) Bei der Schätzung des Auftragswerts ist vom voraussichtlichen Gesamtwert der vorgesehenen Leistung ohne Umsatzsteuer auszugehen. Zudem sind etwaige Optionen oder Vertragsverlängerungen zu berücksichtigen. Sieht der öffentliche Auftraggeber Prämien oder Zahlungen an den Bewerber oder Bieter vor, sind auch diese zu berücksichtigen.

(2) Die Wahl der Methode zur Berechnung des geschätzten Auftragswerts darf nicht in der Absicht erfolgen, die Anwendung der Bestimmungen des Teils 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen oder dieser Verordnung zu umgehen. Eine Auftragsvergabe darf nicht so unterteilt werden, dass sie nicht in den Anwendungsbereich der Bestimmungen des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen oder dieser Verordnung fällt, es sei denn, es liegen objektive Gründe dafür vor, etwa wenn eine eigenständige Organisationseinheit selbstständig für ihre Auftragsvergabe oder bestimmte Kategorien der Auftragsvergabe zuständig ist.

(3) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Schätzung des Auftragswerts ist der Tag, an dem die Auftragsbekanntmachung abgesendet wird oder das Vergabeverfahren auf sonstige Weise eingeleitet wird.

(4) Der Wert einer Rahmenvereinbarung oder eines dynamischen Beschaffungssystems wird auf der Grundlage des geschätzten Gesamtwertes aller Einzelaufträge berechnet, die während der gesamten Laufzeit einer Rahmenvereinbarung oder eines dynamischen Beschaffungssystems geplant sind.

(5) Der zu berücksichtigende Wert im Falle einer Innovationspartnerschaft entspricht dem geschätzten Gesamtwert der Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten, die während sämtlicher Phasen der geplanten Partnerschaft stattfinden sollen, sowie der Bau-, Liefer- oder Dienstleistungen, die zu entwickeln und am Ende der geplanten Partnerschaft zu beschaffen sind.

(6) Bei der Schätzung des Auftragswerts von Bauleistungen ist neben dem Auftragswert der Bauaufträge der geschätzte Gesamtwert aller Liefer- und Dienstleistungen zu berücksichtigen, die für die Ausführung der Bauleistungen erforderlich sind und vom öffentlichen Auftraggeber zur Verfügung gestellt werden. Die Möglichkeit des öffentlichen Auftraggebers, Aufträge für die Planung und die Ausführung von Bauleistungen entweder getrennt oder gemeinsam zu vergeben, bleibt unberührt.

(7) Kann das beabsichtigte Bauvorhaben oder die vorgesehene Erbringung einer Dienstleistung zu einem Auftrag führen, der in mehreren Losen vergeben wird, ist der geschätzte Gesamtwert aller Lose zugrunde zu legen. Erreicht oder überschreitet der geschätzte Gesamtwert den maßgeblichen Schwellenwert, gilt diese Verordnung für die Vergabe jedes Loses.

(8) Kann ein Vorhaben zum Zweck des Erwerbs gleichartiger Lieferungen zu einem Auftrag führen, der in mehreren Losen vergeben wird, ist der geschätzte Gesamtwert aller Lose zugrunde zu legen.

(9) Der öffentliche Auftraggeber kann bei der Vergabe einzelner Lose von Absatz 7 Satz 3 sowie Absatz 8 abweichen, wenn der geschätzte Nettowert des betreffenden Loses bei Liefer- und Dienstleistungen unter 80 000 Euro und bei Bauleistungen unter 1 Million Euro liegt und die Summe der Nettowerte dieser Lose 20 Prozent des Gesamtwertes aller Lose nicht übersteigt.

(10) Bei regelmäßig wiederkehrenden Aufträgen oder Daueraufträgen über Liefer- oder Dienstleistungen sowie bei Liefer- oder Dienstleistungsaufträgen, die innerhalb eines bestimmten Zeitraums verlängert werden sollen, ist der Auftragswert zu schätzen

1.
auf der Grundlage des tatsächlichen Gesamtwerts entsprechender aufeinanderfolgender Aufträge aus dem vorangegangenen Haushaltsjahr oder Geschäftsjahr; dabei sind voraussichtliche Änderungen bei Mengen oder Kosten möglichst zu berücksichtigen, die während der zwölf Monate zu erwarten sind, die auf den ursprünglichen Auftrag folgen, oder
2.
auf der Grundlage des geschätzten Gesamtwerts aufeinanderfolgender Aufträge, die während der auf die erste Lieferung folgenden zwölf Monate oder während des auf die erste Lieferung folgenden Haushaltsjahres oder Geschäftsjahres, wenn dieses länger als zwölf Monate ist, vergeben werden.

(11) Bei Aufträgen über Liefer- oder Dienstleistungen, für die kein Gesamtpreis angegeben wird, ist Berechnungsgrundlage für den geschätzten Auftragswert

1.
bei zeitlich begrenzten Aufträgen mit einer Laufzeit von bis zu 48 Monaten der Gesamtwert für die Laufzeit dieser Aufträge, und
2.
bei Aufträgen mit unbestimmter Laufzeit oder mit einer Laufzeit von mehr als 48 Monaten der 48-fache Monatswert.

(12) Bei einem Planungswettbewerb nach § 69, der zu einem Dienstleistungsauftrag führen soll, ist der Wert des Dienstleistungsauftrags zu schätzen zuzüglich etwaiger Preisgelder und Zahlungen an die Teilnehmer. Bei allen übrigen Planungswettbewerben entspricht der Auftragswert der Summe der Preisgelder und Zahlungen an die Teilnehmer einschließlich des Werts des Dienstleistungsauftrags, der vergeben werden könnte, soweit der öffentliche Auftraggeber diese Vergabe in der Wettbewerbsbekanntmachung des Planungswettbewerbs nicht ausschließt.

Für die Vergabe von Bauaufträgen sind Abschnitt 1 und Abschnitt 2, Unterabschnitt 2 anzuwenden. Im Übrigen ist Teil A Abschnitt 2 der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. Januar 2019 (BAnz AT 19.02.2019 B2) anzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 243/02 Verkündet am:
24. Mai 2005
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
GWB § 97 Abs. 2; VOB/A § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b, § 21 Nr. 1 Abs. 1

a) Damit ein Angebot gewertet werden kann, ist jeder in der Leistungsbeschreibung
vorgesehene Preis so wie gefordert vollständig und mit dem Betrag
anzugeben, der für die betreffende Leistung beansprucht wird. Ein Angebot
, das die erforderlichen Erklärungen nicht enthält, ist regelmäßig von
der Wertung auszuschließen.

b) Der Umstand, daß das Auftragsvolumen den bisherigen Jahresumsatz des
Bieters übersteigt, rechtfertigt für sich genommen grundsätzlich nicht den
Schluß auf mangelnde Leistungsfähigkeit des Bieters.
BGH, Urt. v. 24. Mai 2005 - X ZR 243/02 - OLG Naumburg
LG Magdeburg
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 24. Mai 2005 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den Richter
Scharen, die Richterin Mühlens und die Richter Prof. Dr. Meier-Beck und Asendorf

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das am 10. Oktober 2002 verkündete Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger ist Innungsmeister der Sanitär-, Heizungs-, Klima-Innung in A. und betreibt in dieser Branche ein Einzelunternehmen. Er verlangt vom Beklagten Schadensersatz wegen fehlerhafter Vergabe eines öffentlichen Auftrags.
Der beklagte Landkreis führte im Juni 2002 eine europaweite Ausschreibung betreffend das Gewerk Sanitär für das Kreiskrankenhaus A. ,

2. Bauabschnitt, durch. Es wurden 13 Angebote abgegeben, darunter waren ein Angebot des Klägers und ein Angebot der K. GmbH. Das rechnerisch günstigste Angebot (Angebotssumme 1.884.536,52 DM) machte die K. GmbH, das Angebot des Klägers war - zunächst - das drittgünstigste; es schloß mit einer Angebotssumme von 1.915.734,18 DM. Das zweitgünstigste Angebot wurde später wegen eines Rechenfehlers korrigiert; dadurch rückte das des Klägers an die zweite Stelle. In dem Angebot der K. GmbH war für die Ausschreibungsposition 10.004 - Wartungspauschale - kein Preis angegeben. Die übrigen Bieter hatten diese Position zu einem Preis von durchschnittlich 11.445,96 DM angeboten.
In einer Sitzungsvorlage für den Bau- und Vergabeausschuß des Beklagten wurde diesem empfohlen, dem - zunächst - zweitgünstigsten Bieter den Zuschlag zu erteilen. Zur Begründung wurde ausgeführt, das günstigste Angebot der K. GmbH sei wegen fehlender Preisangabe für die Wartungspauschale auszuschließen; dem sodann günstigsten Angebot des Klägers solle der Zuschlag nicht erteilt werden, weil der Jahresumsatz des Klägers in krassem Mißverhältnis zur Auftragssumme stehe. Der Kläger hatte seinen Jahresumsatz auf entsprechende Anfrage des Beklagten mit 1,5 Mio. DM angegeben und mitgeteilt , er beschäftige acht Mitarbeiter, einen Meister sowie eine Angestellte.
Nach dem Submissionstermin teilte die K. GmbH dem Beklagten schriftlich mit, sie habe die Position 10.004 im Angebot deshalb nicht mit einem Preis versehen, weil sie diese Leistung aus Kulanz für zwei Jahre kostenlos erbringen wolle.
Entgegen dem Vorschlag des Bau- und Vergabeausschusses des Beklagten erteilte dieser der K. GmbH den Zuschlag. Die Preisdifferenz zwi-

schen dem Angebot der K. GmbH und dem Angebot des Klägers betrug ca. 31.000,-- DM.
Der Kläger ist der Auffassung, er habe den Zuschlag erhalten müssen. Die K. GmbH habe wegen der fehlenden Preisangabe zu Position 10.004 von der Vergabe ausgeschlossen werden müssen. Sein Angebot dagegen habe nicht wegen fehlender Leistungsfähigkeit unberücksichtigt bleiben dürfen. Er sei ohne Probleme in der Lage gewesen, mit weiteren, kurzfristig einzusetzenden qualifizierten Arbeitnehmern den Auftrag qualitäts- und fristgerecht auszuführen. Der Kläger beansprucht entgangenen Gewinn.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.
Der Kläger tritt dem Rechtsmittel entgegen.

Entscheidungsgründe:


Die zulässige Revision hat keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat zu Recht einen Anspruch des Klägers gegen den Beklagten auf Ersatz des entgangenen Gewinns wegen Verschuldens bei Vertragsschluß bejaht.
1. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Beklagte habe der K. GmbH den Zuschlag zu Unrecht erteilt. Die Vergabeentscheidung verstoße gegen § 25 Nr. 1 Abs. 1 b VOB/A. Nach dieser Vorschrift seien Angebote aus-

geschlossen, die § 21 Nr. 1 Abs. 1 und 2 VOB/A nicht entsprächen. Das sei bei dem Angebot der K. GmbH wegen unvollständiger Angabe eines für die Vergabeentscheidung wesentlichen Preises der Fall gewesen. Aus § 25 Nr. 1 Abs. 1 b VOB/A folge im Umkehrschluß, daß der Bieter die Preise und die geforderten Erklärungen abgeben müsse. Bei der von der K. GmbH nicht ausgepreisten Wartungspauschale handele es sich nicht um eine Position, deren Fehlen den Wettbewerb zwischen den Bietern nicht habe gefährden können. Der Vorsprung der K. GmbH vor den anderen Bietern, insbesondere vor dem Kläger, sei nicht dermaßen evident gewesen, daß die Erteilung des Zuschlags an einen anderen Bieter schlechterdings auszuschließen gewesen sei. Eine hoch angesetzte Wartungspauschale seitens der K. GmbH sei bereits geeignet gewesen, zu einer Änderung der Biete rreihenfolge zu führen. Dabei sei zu berücksichtigen, daß die Kalkulation einer derartigen Wartungspauschale auch von der technischen Qualität der gelieferten Anlage abhänge und beispielsweise bei einer besonders wartungsintensiven Anlage ein deutlich höherer Betrag für die Wartungspauschale anzusetzen sei als bei einer Anlage, die von vornherein auf Wartungsfreundlichkeit ausgerichtet sei.
2. Diese Beurteilung hält im Ergebnis revisionsrechtlicher Überprüfung stand. Das Angebot der K. GmbH war nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 b in Verbindung mit § 21 Nr. 1 Abs. 1 und 2 VOB/A von der Wertung auszuschließen.
In seiner Entscheidung vom 8. September 1998 - X ZR 85/97, NJW 1998, 3634 ff. hat der Senat die Frage offengelassen, welche Verstöße gegen Vorschriften der VOB/A zwingend zu einem Ausschluß von Angeboten führen. Er hat aber bereits in dieser Entscheidung darauf hingewiesen, daß § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A sicherstellen soll, daß das Angebot den ausgeschriebenen Leistungen und den sonstigen Verdingungsunterlagen entspricht, damit der durch

die öffentliche Ausschreibung eröffnete Wettbewerb der Bieter gewährleistet werden kann und vergleichbare Angebote vorgelegt werden. Das Berufungsgericht hat deshalb zu Recht aus § 25 Nr. 1 Abs. 1 b VOB/A gefolgert, daß der Bieter die Preise und die geforderten Erklärungen angeben muß (BayObLGZ 1999, 398, 393; NZBau 2001, 643, 644; OLG Oldenburg NJW-RR 1997, 661; Heiermann/Riedl/Rusam, VOB, 10. Aufl., § 21 Rdn. 7; Ingenstau/Korbion/ Kratzenberg, VOB, 15. Aufl., § 21 Rdn. 8; Weyand, Vergaberecht, § 21 VOB/A Rdn. 4135; Leinemann, Die Vergabe öffentlicher Aufträge, 3. Aufl., Rdn. 470; Prieß in Pietzcker, VOB-Kommentar A, Rdn. 21).
Der Senat hat sodann wiederholt entschieden, daß Angebote, die dem § 21 Nr. 1 Abs. 1 und 2 VOB/A nicht entsprechen, weil ihnen geforderte Erklärungen fehlen, zwingend von der Vergabe auszuschließen sind (§ 25 Nr. 1 Abs. 1 b VOB/A). Dem steht nicht entgegen, daß § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A als Sollvorschrift formuliert ist. Nach der Rechtsprechung des Senats ist der Ausschlußtatbestand nicht etwa erst dann gegeben, wenn das betreffende Angebot wegen fehlender Erklärungen im Ergebnis nicht mit den anderen abgegebenen Angeboten verglichen werden kann. Ein transparentes, gemäß § 97 Abs. 2 GWB auf Gleichbehandlung aller Bieter beruhendes Vergabeverfahren, wie es die VOB/A gewährleisten soll, ist nur zu erreichen, wenn in jeder sich aus den Verdingungsunterlagen ergebenden Hinsicht und grundsätzlich ohne weiteres vergleichbare Angebote abgegeben werden. Damit ein Angebot gewertet werden kann, ist deshalb jeder in der Leistungsbeschreibung vorgesehene Preis so wie gefordert vollständig und mit dem Betrag anzugeben, der für die betreffende Leistung beansprucht wird (Sen.Urt. v. 16.04.2002 - X ZR 67/00, NJW 2002, 2558; Urt. v. 07.01.2003 - X ZR 50/01, BGHZ 154, 32, 45; Beschl. v. 18.05.2004 - X ZB 7/04, NJW-RR 2004, 1570, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen). Ein Angebot, das die erforderlichen Erklärungen nicht enthält, ist

daher regelmäßig nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 b in Verbindung mit § 21 Nr. 1 Abs. 1 und 2 VOB/A von der Wertung auszuschließen.
Auf die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe das Recht des Beklagten auf rechtliches Gehör verletzt, weil es angenommen habe, die Wartungspauschale sei eine Position, deren fehlende Auspreisung den Wettbewerb zwischen den Bietern habe gefährden können, kommt es daher nicht an.
3. Soweit die Revision es als widersprüchlich rügt, daß das Berufungsgericht aus dem Jahresumsatz des Klägers keine Rückschlüsse auf dessen mangelnde Leistungsfähigkeit gezogen habe, weil es aus dem Auftrag die Materialkosten herausgerechnet habe, beim Jahresumsatz des Klägers jedoch die durchlaufenden Kosten in Form von Materialkosten unberücksichtigt gelassen habe, hat auch diese Rüge keinen Erfolg. Die Regelungen der VOB/A sind darauf angelegt, die Vergabeentscheidungen für die betroffenen Bieter durchsichtig und gerichtlich überprüfbar zu machen (Sen.Urt. v. 26.10.1999 - X ZR 30/98, NJW 2000, 661, 662). Schon dieser Zweck schließt die Berücksichtigung von Umständen aus, die nicht auf einer gesicherten eigenen Erkenntnis des Ausschreibenden beruhen. Für die Erteilung des Zuschlags auf ein preislich höheres Angebot als das des Klägers wäre erforderlich gewesen, daß der Ausschreibende berücksichtigungsfähige Gründe gehabt hätte, die ihn veranlaßt hätten, den Zuschlag nicht auf das preislich günstigste, sondern auf ein anderes Angebot zu erteilen (Sen.Urt. v. 26.10.1999, aaO, 663). Solche Gründe waren dem Vorbringen des Beklagten nicht zu entnehmen.
Das Berufungsgericht hat insoweit angenommen, bei der gegebenen Sachlage habe vor dem Hintergrund des konkreten Auftrags aus der Anzahl der im Unternehmen des Klägers beschäftigten Mitarbeiter in Verbindung mit dem

Jahresumsatz nicht auf fehlende Leistungsfähigkeit des Klägers geschlossen werden können. Der Kläger habe nachvollziehbar dargelegt, die in ca. 20 Monaten zu erbringende Gesamtarbeitsleistung mit den zur Verfügung stehenden Mitarbeitern bewältigen und daneben auch andere Aufträge bearbeiten zu können. Dies gelte entsprechend für die Annahme des Beklagten, aus dem das Auftragsvolumen überschreitenden Jahresumsatz des Klägers in Höhe von 1,5 Mio. DM habe auf mangelnde Leistungsfähigkeit des Klägers geschlossen werden können. Der Kläger habe unbestritten vorgetragen, daß im Nettoangebotsvolumen von ca. 1,6 Mio. DM 3/4 Materialkosten enthalten gewesen seien. Zuverlässige Rückschlüsse auf die Fähigkeit des Klägers zur Vorfinanzierung des Auftrags, insbesondere der Materialbeschaffung, ließen sich aus dem Jahresumsatz des Klägers nicht ziehen. Dieser sei nur eine grobe Orientierungsmarke für die Frage der Leistungsfähigkeit eines Unternehmens und lasse keine zuverlässigen Rückschlüsse auf die Ausstattung des Unternehmens mit Kapital und Sachmitteln und die wirtschaftliche Lage des Unternehmens im übrigen zu. Hieran ändere auch die unter Sachverständigenbeweis gestellte Behauptung des Beklagten nichts, es bestehe ein Erfahrungssatz bzw. eine Vermutung dahingehend, daß ein Bieter, der den Jahresumsatz des Auftragsvolumens unterschreite, nicht als leistungsfähig angesehen werden könne. Diese Behauptung sei pauschal, nicht durch Tatsachenvortrag unterlegt und damit dem Sachverständigenbeweis nicht zugänglich. Der Beklagte habe auch vor diesem Hintergrund nicht nachvollziehbar dargelegt, daß aus dem Jahresumsatz des Klägers auf dessen mangelnde finanzielle Leistungsfähigkeit geschlossen werden könne.
Das läßt keinen Rechtsfehler erkennen. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß eine bestimmte Relation zwischen Auftragsvolumen und bisherigem Jahresumsatz des Bieters grundsätzlich schon deshalb

nicht ausreicht, den Schluß auf mangelnde Leistungsfähigkeit des Bieters zu rechtfertigen, weil sich aus der Art der Leistung unterschiedliche Anforderungen an Fähigkeiten und Kapazitäten des Bieters ergeben können. In diesem Sinne ist auch der Hinweis des Berufungsgerichts auf den hohen Materialkostenanteil des Angebotsvolumens zu verstehen. Daß der Beklagte in den Tatsacheninstanzen konkrete Umstände vorgetragen hätte, die Zweifel an der Leistungsfähigkeit des Klägers begründen könnten und die das Berufungsgericht bei seiner tatrichterlichen Würdigung hätte berücksichtigen müssen, legt die Revision nicht dar.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
Melullis Scharen Mühlens
Meier-Beck Asendorf

Die Entscheidung braucht nicht begründet zu werden, soweit das Revisionsgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 547.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)