vorgehend
Bundespatentgericht, 3 Ni 15/06, 26.01.2009

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 23/09 Verkündet am:
2. November 2011
Wermes
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Patentnichtigkeitsverfahren
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 2. November 2011 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr. Meier-Beck, den Richter Keukenschrijver, die Richterin Mühlens, den Richter
Dr. Bacher und die Richterin Schuster

für Recht erkannt:
Auf die Berufung des Beklagten wird das an Verkündungs Statt am 26. Januar 2009 zugestellte Urteil des 3. Senats (Nichtigkeitssenats ) des Bundespatentgerichts abgeändert und wie folgt neu gefasst: Das europäische Patent 1 036 894 wird mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland dadurch teilweise für nichtig erklärt, dass die Patentansprüche folgende Fassung erhalten: 1. Verwendung einer Notablaufvorrichtung mit einer Ablauföffnung (6), mit einer die Höhe eines Wasseranstaugrenzwertes (H) zu einer zu entwässernden Fläche (1) bestimmenden Anstaueinrichtung (7) und mit einem mit der Ablauföffnung (6) in Verbindung stehenden vertikalen Ablaufrohr (2), bei der in Strömungsrichtung der Ablauföffnung (6) ein Behälter (8) vorgeschaltet ist, der zur Fläche hin mit einem Boden (11) abgeschlossen ist und der eine Seitenwandung (9) aufweist, die bis zu einer Höhe, die kleiner als die Höhe der Seitenwandung (9) ist, wenigstens eine Einlauföffnung (15) aufweist und oberhalb der Einlauföffnung (15) mit einer Deckelwandung (10) durch das angestaute Wasser einen luftdicht abgeschlossenen Raum bildet , zur Entwässerung der Fläche (1), insbesondere eines Flachdachs, die bis zur Höhe des Wasseranstaugrenzwertes (H) durch normale Wasserabläufe entwässert wird. 2. Verwendung nach Anspruch 1, bei der sich die Einlauföffnung (15) der Notablaufvorrichtung bis in den Bereich der Höhe der Anstaueinrichtung (7) erstreckt. 3. Verwendung nach Anspruch 2, bei der sich die Einlauföffnung (15) bis in die oder unterhalb der Höhe der Anstaueinrichtung (7) erstreckt. 4. Verwendung nach einem der Ansprüche 1 bis 3, bei der sich die Einlauföffnung (15) der Notablaufvorrichtung andererseits bis zum unteren Rand der Seitenwandung (9) erstreckt. 5. Verwendung nach einem der Ansprüche 1 bis 4, bei der die Einlauföffnung (15) der Notablaufvorrichtung durch eine Vielzahl von Schlitzen (16) gebildet ist.
6. Verwendung nach Anspruch 5, bei der die Schlitze (16) vertikal gerichtet sind. 7. Verwendung nach einem der Ansprüche 1 bis 6, bei der die Anstaueinrichtung (7) durch den Rand eines Rohrstücks (4) gebildet ist. 8. Verwendung nach Anspruch 7,bei der das Rohrstück (4) unmittelbar in das vertikale Ablaufrohr (2) mündet. 9. Verwendung nach Anspruch 7 oder 8, bei der der Rand (7) der Ablauföffnung (6) trichterförmig aufgeweitet ist. 10. Verwendung nach Anspruch 9, bei der die Ablauföffnung (6) einen nach radial bis zur Horizontalen umgebogenen Rand (7) aufweist. 11. Verwendung nach einem der Ansprüche 1 bis 10, bei der sich die Anstaueinrichtung (7', 7") außerhalb des Behälters (8) befindet. 12. Verwendung nach Anspruch 11, bei der die Anstaueinrichtung als sich über die Fläche (1) erhebende Stufe (7") vor oder in einem horizontalen Ablaufrohr (21) ausgebildet ist, das in das vertikale Ablaufrohr (2) übergeht. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Beklagte ist Inhaber des am 14. März 2000 unter Inanspruchnahme
1
der Priorität einer deutschen Patentanmeldung vom 17. März 1999 angemeldeten , auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 1 036 894 (Streitpatents), das eine Notablaufvorrichtung für eine mit Wasserabläufen entwässerte Fläche betrifft und 13 Patentansprüche umfasst. Patentanspruch 1 lautet in der Verfahrenssprache Deutsch: "Notablaufvorrichtung für eine mit Wasserabläufen entwässerte Fläche (1), insbesondere Flachdach, mit einer Ablauföffnung (6), mit einer die Höhe eines Wasseranstaugrenzwertes (H) zu der Fläche (1) bestimmenden Anstauvorrichtung (7) und mit einem mit der Ablauföffnung (6) in Verbindung stehenden vertikalen Ablaufrohr (2), dadurch gekennzeichnet, dass in Strömungsrichtung der Ablauföffnung (6) ein Behälter (8) vorgeschaltet ist, der eine Seitenwandung (9) aufweist, die bis zu einer Höhe, die kleiner als die Höhe der Seitenwandung (9) ist, wenigstens eine Einlauföffnung (15) aufweist und oberhalb der Einlauföffnung (15) mit einer Deckelwandung (10) durch das angestaute Wasser einen luftdicht abgeschlossenen Raum bildet."
2
Die Klägerin hat sich mit ihrer Nichtigkeitsklage auf die Nichtigkeitsgründe des Fehlens einer ausführbaren Offenbarung und der mangelnden Patentfähigkeit gestützt und dazu auf insgesamt 26 Entgegenhaltungen berufen. Sie hat beantragt, das Streitpatent mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland in vollem Umfang für nichtig zu erklären. Der Beklagte ist dem entgegengetreten und hat das Streitpatent in seiner erteilten Fassung sowie mit insgesamt fünf Hilfsanträgen verteidigt.
3
Das Patentgericht hat das Streitpatent unter Klageabweisung im Übrigen dadurch teilweise für nichtig erklärt, dass es in den Patentanspruch 1 als einzigen verbleibenden Patentanspruch weitere einschränkende Formulierungen aufgenommen hat.
4
Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten, mit der dieser das Streitpatent zuletzt noch in der Fassung des Urteilstenors verteidigt.
5
Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel entgegen. Im Auftrag des Senats hat Prof. Dipl.-Ing. B. R. , ehemals
6
Fachhochschule M. , ein schriftliches Gutachten erstattet, das er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat.

Entscheidungsgründe:


Gegenstand des Berufungsverfahrens ist lediglich noch die in zweiter In7 stanz verteidigte Fassung des Streitpatents. Insoweit hat die Berufung Erfolg. I. Das Streitpatent betrifft in seiner verteidigten Fassung die Verwen8 dung einer Notablaufvorrichtung zur Entwässerung einer mittels Wasserabläu-
fen entwässerten Fläche, insbesondere eines Flachdachs. Die Beschreibung des Streitpatents verweist auf eine aus der US-Patentschrift 5 615 526 (D2) bekannte Vorrichtung, die im Normalbetrieb der Entwässerung unbenutzt bleibt und deren Funktion nur dann einsetzt, wenn ein Wasseranstaugrenzwert überschritten wird (Abs. 3).
9
Durch das Streitpatent soll eine effektive Notablaufvorrichtung zur Verfügung gestellt werden (vgl. Beschreibung Abs. 4). Hierzu beansprucht Patentanspruch 1 des Streitpatents in seiner vertei10 digten Fassung Schutz für die (A) Verwendung einer Notablaufvorrichtung (B) zur Entwässerung einer Fläche, die bis zur Höhe eines Wasseranstaugrenzwerts durch normale Wasserabläufe entwässert wird, (C) mit folgenden Merkmalen der Vorrichtung: 1. Die Vorrichtung weist eine Ablauföffnung, 2. eine Anstauvorrichtung, 2.1 die die Höhe eines Wasseranstaugrenzwerts im Verhältnis zur entwässerten Fläche bestimmt, 3. und ein vertikales Ablaufrohr auf, 3.1 das mit der Ablauföffnung in Verbindung steht; 4. weiter ist ein Behälter vorgesehen, 4.1 der der Ablauföffnung in Strömungsrichtung vorgeschaltet ist, 4.2 zur Fläche hin mit einem Boden abgeschlossen ist, 4.3 eine Seitenwandung aufweist, 4.3.1 mit wenigstens einer Einlauföffnung bis zu einer Höhe, die kleiner ist als die Höhe der Seitenwandung , und der 4.4 oberhalb der Einlauföffnung mit einer Deckelwandung durch das angestaute Wasser einen luftdicht abgeschlossenen Raum bildet.
11
Das Streitpatent stellt damit, wie sich insbesondere aus Merkmalsgruppe 4 ergibt, eine nach dem Prinzip der Saugheberglocke arbeitende Vorrichtung bereit, die es ermöglicht, innerhalb der Vorrichtung einen höheren Wasserstand als auf der diese umgebenden, zu entwässernden Fläche und damit einen besonders effektiven Notwasserablauf zur Verfügung zu stellen. Es verweist darauf , dass der Effekt des verstärkten Ansaugens eintritt, wenn sich die Einlauföffnung bis maximal nur wenig über die Höhe des Wasseranstaugrenzwerts erstreckt, so dass die Unterdruckwirkung bei Erreichen des Wasserstandgrenzwerts schnell "anspringt" und für eine schlagartig hohe Wasserabführleistung sorgt (Abs. 6).
12
II. Das Patentgericht hat den Gegenstand des Patentanspruchs 1 in seiner erteilten Fassung als durch das deutsche Gebrauchsmuster 91 06 459 (D20) neuheitsschädlich getroffen angesehen. Jedenfalls sei er dem Fachmann , einem mit der Planung von Dachentwässerungen vertrauten Bauingenieur , durch eine Zusammenschau der deutschen Offenlegungsschrift 27 25 468 (D7) mit der veröffentlichten britischen Patentanmeldung 2 285 460 (D3) nahegelegt. Der Verwendungsanspruch nach dem in erster Instanz gestellten Hilfsantrag IV sei zwar zulässig, beruhe aber aus den zum Hauptantrag angeführten Gründen nicht auf erfinderischer Tätigkeit. III. Dies hält der Überprüfung im Hinblick auf den im Berufungsverfahren
13
noch verteidigten Verwendungsanspruch nicht Stand. 1. Dabei hält der Senat an seiner gefestigten Rechtsprechung fest,
14
nach der ein Übergang von einem Erzeugnisanspruch zu einer Verwendung des Erzeugnisses statthaft ist (Senat, Urteil vom 17. September 1987 - X ZR 56/86, GRUR 1988, 287 - Abschlussblende; vom 19. Januar 1988 - X ZR 46/84, bei Liedl 1987/88, 408 - Postgutbegleitkarte; Beschluss vom 16. Januar 1990 - X ZB 24/87, BGHZ 110, 82 = GRUR 1990, 508 - Spreizdübel; Urteil vom 5. November 1996 - X ZR 53/94, bei Bausch, BGH 1994-1998, 135, 144 f. - Mischbehälterentleerung; Urteil vom 24. März 1998 - X ZR 39/95, GRUR 1998, 1003, 1006 - Leuchtstoff; Urteil vom 12. Oktober 2010 - X ZR 91/08 [Konservierungslösung]; vgl. Senat, Urteil vom 21. November 1989 - X ZR 29/88, GRUR 1990, 505 - geschlitzte Abdeckfolie). Dies entspricht auch dem praktischen Bedürfnis, dem Patentinhaber, der im Erteilungsverfahren zu weit gehenden Sachschutz erhalten hat, dessen erfinderische Leistung aber darin begründet ist, eine neue und nicht naheliegende Verwendung der an sich bekannten Sache aufgezeigt zu haben, den ihm gebührenden Schutz zukommen zu lassen. Sofern und soweit dabei, etwa bei der Einbeziehung des sinnfälligen Herrichtens, einer Erstreckung auf Verfahrenserzeugnisse oder bei der mittelbaren Patentverletzung, die Gefahr einer Ausweitung des Schutzumfangs in Betracht kommen sollte, kann und muss dem bei der Bestimmung des Schutzumfangs insbesondere im Verletzungsstreit Rechnung getragen werden.
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2. Die D20 betrifft einen "Kontrollschacht für Be- oder Entwässerung von Dachbegrünungsanlagen". Hierzu schlägt das Gebrauchsmuster einen baukastenartigen Aufbau aus einem topfartigen Bodenteil mit Drainagelöchern, die in den seitlichen Wandungen bodennah ausgebildet und für den Anschluss von Drainagerohren auch zum Wasseraustritt vorgesehen sind, einem die seitlichen Wandungen überragenden Bodenrand und einer außenseitig umlaufend am oberen Rand ausgebildeten stufenförmigen Ausnehmung vor (Beschreibung S. 3 Z. 29 bis 36). Weiter wird vorgeschlagen, Aufsetzringe mit einer außenseitig am unteren Rand innenseitig umlaufenden stufenförmig ausgebildeten Ausnehmung zum Aufsetzen auf den Oberrand des Bodenteils und mit am Oberrand außenseitig ausgebildeter stufenförmiger Ausnehmung zum Aufsetzen eines weiteren Aufsetzrings oder eines Deckels mit an seiner Unterseite umlau- fender Ringnut vorzusehen (Beschreibung S. 3 Z. 36 bis S. 4 Z. 5). Aus den drei Grundteilen, nämlich Bodenteil, Aufsetzringen und Deckel, könnten Kontrollschächte jedem Schichtaufbau einer Dachbegrünungsanlage angepasst werden, bei zusätzlichem Einbau eines verschiebbaren Staurohrs in einer Durchbrechung des Bodenteils auch als Kontrollschacht für die Entwässerung (Beschreibung S. 4 Z. 7 bis 15). Die Ausbildung für die Verwendung als Entwässerungsschacht wird auf S. 7 näher erläutert. Danach ist eine Bodenplatte 44 mit zentralem Durchgangsloch 45 vorgesehen, wobei auf der Bodenplatte das Rohrteil 46 befestigt ist, und das Bodenteil 4 vorzugsweise mit einem Randstreifen 43 über das Rohrteil übersteht. Das Rohrteil ist im bodennahen Bereich mit Drainagelöchern 47 versehen. Am oberen Ende des Rohrteils weist das Bodenteil einen umlaufenden Absatz 49 zum Aufsetzen eines Aufsetzrings auf. In die Öffnung 45 der Bodenplatte ragt ein Staurohr 8 hinein, das in einem Flanschrohr geführt wird, das sich aus dem Rohr 52 mit einem in dieses eingeführten Staurohr zusammensetzt. Figur 9 zeigt weiter eine Gesamtansicht der Erfindung nach der D20:
16
Die D20 lehrt nicht die Verwendung einer Notablaufvorrichtung innerhalb einer komplexeren Entwässerungsanlage. Das Ablaufrohr (8) bildet vielmehr den einzigen Ablauf. Sie enthält auch keine Anregung in Richtung auf eine solche Verwendung. Damit steht sie dem Schutz der Verwendung der Notablaufvorrichtung in einer solchen Entwässerungsanlage nicht entgegen.
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3. Auch die Zusammenschau der D7 mit der D3 legt den Gegenstand des Patentanspruchs 1 in seiner verteidigten Fassung nicht nahe.
a) Das Patentgericht hat hierzu ausgeführt: Durch die D7 werde der
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Fachmann ausdrücklich darauf hingewiesen, ein Flachdach neben einem normalen Entwässerungssystem mit wenigstens einer zusätzlichen Hilfsabflussmöglichkeit auszustatten. Figur 2 zeige auf einer zu entwässernden Dachfläche neben einem "normalen" Wasserablauf einen Notablauf, der infolge seines deutlich über die Dachfläche aufragenden oberen Rands das Wasser erst ab einer entsprechenden Anstauhöhe ableite und die Merkmale C. 1 bis C. 3.1 aufweise. Suche der Fachmann nach einer Möglichkeit, diese Notablaufvorrichtung hinsichtlich der Abflussrate zu verbessern, werde er in der D3 den entscheidenden Hinweis finden, den Notablauf baulich so zu gestalten, dass der abgeführte Wasserstrom gegenüber einer Freispiegelentwässerung mittels der Saugwirkung erheblich gesteigert werde. Der Regenwasserablauf nach Figur 2 der D3 weise hierzu eine Anstaueinrichtung (section 20) und einen der Ablauföffnung vorgeschalteten Behälter (cap 26) auf, bei dem auf Grund der Form einer umgestülpten Tasse Seiten- und Deckelwandung ineinander übergingen, wobei zwischen unterem Tassenrand und dem den Behälter zur Fläche hin abschließenden Bodenfläche des Sumpfes (sump 16 [richtig: 12]) eine ringförmige Einlauföffnung gebildet werde, die kleiner als die Höhe der Seitenwandung sei, und der Behälter mit dem angestauten Wasser zwangsläufig einen luftdicht abgeschlossenen Raum bilde. Damit erfahre der Fachmann über die grundsätzliche Anregung zur Verwendung eines auf dem Saugprinzip beruhenden Wasserablaufs hinaus auch, wie er einen solchen damit nahegelegten Gegenstand baulich zu gestalten habe.
19
b) Hieran ist mit dem gerichtlichen Sachverständigen zu beanstanden, dass die Unterseite des Sumpfs 12 bei der D3 keinen den Behälter zu der zu entwässernden Fläche hin abschließenden Boden im Sinn des Merkmals C. 4.2 aufweist und demgemäß in dem Sumpf auch kein höherer Wasserstand als auf der umliegenden (Dach-)Fläche bereitgestellt werden kann. Die Nichtigkeitsklägerin weist zwar zu Recht darauf hin, dass der Ablauf nach der D3 nur vorzugsweise einen Sumpf aufweisen soll, der so angeordnet ist, dass sich in ihm eine Wassersäule bilden kann ("a sump arranged to accumulate a head of water in use, the water entering the inlet passage from the sump", S. 2 Z. 10 bis 12). Daraus ist jedoch eine Veranlassung für den Fachmann, der, wie das Patentgericht angenommen hat, die Notablaufvorrichtung nach der D7, die ebenfalls einen Sumpf aufweist, zu verbessern sucht, beim Rückgriff auf die D3 den auch dort vorhandenen Sumpf wegzulassen, nicht erkennbar. Auch die Nichtigkeitsklägerin hat deshalb dahin argumentiert, dass die Vorrichtung nach der D3 "vom Sumpf befreit" werden müsse; hierzu fehlt es indessen an einer Veranlassung für den Fachmann. Zudem beschreibt D3 eine Vorrichtung, die in einer mehr einer Toilettenschüssel entsprechenden Weise arbeitet und das Wasser dann über einen Siphon abführt (S. 4 Z. 6 bis 9). Damit wird eine Entwässerung im Sinn des Streitpatents nicht beschrieben. Nicht entscheidend kommt es dabei letztlich auf den Hinweis des gerichtlichen Sachverständigen an, dass im Ablauf Wasser stehenbleiben werde, was diesen bei Frost unbrauchbar mache.
c) Auch die übrigen Entgegenhaltungen, auf die sich die Klägerin in der
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mündlichen Verhandlung noch gestützt hat, vermögen den Gegenstand des verteidigten Verwendungsanspruchs nicht nahezulegen.
21
Das US-Patent 5 615 526 (D2) zeigt ersichtlich, wie Figur 1 deutlich erkennen lässt, einen nach oben offenen Schmutz- oder Kiesfang und damit keine Entwässerung mittels Unterdrucks. Auch Figur 5, in der die Durchbrechung der Oberseite zeichnerisch nicht dargestellt ist, betrifft nach der Beschreibung insoweit keinen abweichend gestalteten Gegenstand.
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Die deutsche Patentschrift 198 52 561 (D5) entspricht, wie auch die Nichtigkeitsklägerin vorträgt, der D20. Sie zeigt und beschreibt insbesondere als Notablauf keine Verwendung einer Druckwasserablaufentwässerung zusammen mit einem normalen Wasserablauf. Die von der Nichtigkeitsklägerin insoweit herangezogenen Beschreibungsteile besagen nur, dass das Wasserabflusssystem gezielt an die jeweils vorgefundenen Bedingungen angepasst werden soll (S. 4 Z. 14 bis 16) und dass bei sehr hohem Wasserstand durch Anzahl und/oder Größe der Durchgangsöffnungen für einen zunächst schnelleren Wasserablauf zu sorgen ist (S. 4 Z. 50/51). Die Verwendung der Druckwasserablaufentwässerung als Notablauf zusammen mit einem normalen Wasserablauf wird dadurch dem Fachmann nicht nahegelegt. Die deutsche Patentschrift 198 60 160 (D23) wirkt zunächst als Freispie23 gelablauf und erst bei größerer Anstauhöhe als Druckwasserablauf; sie zeigt mithin anders als die Vorrichtung, deren Verwendung der verteidigte Patentanspruch 1 des Streitpatents unter Schutz stellt, keine getrennte Anordnung des Notablaufs und der normalen Abläufe.
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Die europäische Patentschrift 601 148 (D24) lehrt nicht die Verwendung einer Saugheberglocke zur Erzeugung eines Unterdrucks. Ein luftdicht abgeschlossener Raum, der so beschaffen ist, dass ein Unterdruck erreicht wird, ist bei ihr nicht vorhanden. Soweit ein solcher in der in Figur 14 dargestellten Tauchglocke entstehen sollte, hat der Fachmann jedenfalls keine Veranlassung , die Einlauföffnung von der Unterseite der Glocke in die Seitenwandung zu verlegen (Merkmal 4.3), denn dies widerspräche dem Zweck, mit der Glocke einen Schutz gegen auf der Wasseroberfläche schwimmende Verunreinigungen bereitzustellen (S. 4 Z. 12 bis 27). Auch die deutsche Patentschrift 195 55 158 (D25), die ein Bodenfilter für
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Regen- und Abwasser betrifft, lehrt keine Entleerung mittels Unterdrucks. Die Tauchwand 27 ist wiederum nur dahin beschrieben, dass sie der Abweisung von Schmutz dient (Abs. 8).
26
IV. Der Angriff gegen die ausführbare Offenbarung, den die Nichtigkeitsklägerin darauf gestützt hat, dass die Lage der oberen Grenze der Einlauföffnung nicht spezifiziert werde, ist unbegründet. Die Figuren 1 bis 3 des Streitpatents zeigen mit hinreichender Deutlichkeit mögliche Ausgestaltungen dieser Lage, die dem nacharbeitenden fachkundigen Leser ausreichend Hinweise geben , wie er die Einlauföffnungen anordnen kann.
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V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG, §§ 91, 92, § 516 Abs. 3 ZPO. Der Senat hat dabei die in zweiter Instanz unbedingt erfolgte beschränkte Verteidigung des Streitpatents berücksichtigt. Meier-Beck Keukenschrijver Mühlens Bacher Schuster
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 26.01.2009 - 3 Ni 15/06 (EU) -

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Bundesgerichtshof Urteil, 02. Nov. 2011 - X ZR 23/09 zitiert 4 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Patentgesetz - PatG | § 121


(1) In dem Verfahren vor dem Bundesgerichtshof gelten die Bestimmungen des § 144 über die Streitwertfestsetzung entsprechend. (2) In dem Urteil ist auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über d

Zivilprozessordnung - ZPO | § 516 Zurücknahme der Berufung


(1) Der Berufungskläger kann die Berufung bis zur Verkündung des Berufungsurteils zurücknehmen. (2) Die Zurücknahme ist dem Gericht gegenüber zu erklären. Sie erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung

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Bundesgerichtshof Urteil, 12. Okt. 2010 - X ZR 91/08

bei uns veröffentlicht am 12.10.2010

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 91/08 Verkündet am: 12. Oktober 2010 Wermes Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in der Patentnichtigkeitssache Der X. Zivilsenat des Bundesgericht
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 02. Nov. 2011 - X ZR 23/09.

Bundesgerichtshof Urteil, 27. Okt. 2015 - X ZR 11/13

bei uns veröffentlicht am 27.10.2015

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 11/13 Verkündet am: 27. Oktober 2015 Anderer Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Patentnichtigkeitssache Nachschlagewerk: ja BGHZ:

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 91/08 Verkündet am:
12. Oktober 2010
Wermes
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche
Verhandlung vom 12. Oktober 2010 durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Meier-Beck, die Richter Dr. Berger, Dr. Grabinski und Hoffmann
und die Richterin Schuster

für Recht erkannt:
Die Berufung gegen das am 27. März 2008 verkündete Urteil des 3. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des europäischen Patents 0 511 430 (Streitpatents), das eine US-Priorität vom 1. Mai 1991 in Anspruch nimmt und am 2. Juli 1991 angemeldet wurde. Das Streitpatent betrifft eine Konservierungslösung für Zellen und umfasst in der erteilten Fassung zehn Patentansprüche.
2
Patentansprüche 1 und 7 des Streitpatents haben in der englischen Verfahrenssprache des Streitpatents folgenden Wortlaut: "1. An aqueous alcohol-buffer solution for substantially ambient , in vitro preservation of mammalian cells for a selected duration, said solution comprising A. a water-miscible alcohol in an amount sufficient to fix the mammalian cells; B. an anti-clumping agent in an amount sufficient to prevent the cells from clumping in said solution; and C. a buffering agent which maintains said solution, with the cells, at a pH range of between about 2 to about 7 for said duration. 7. A method of long-term, ambient, in vitro preservation of mammalian tissue cells, comprising the steps of: A. providing a sample of mammalian tissue cells; and B. within a time from said sample-providing step, suspending said cells in a preservation solution that comprises: (i) a water-miscible alcohol in an amount sufficient to fix said cells without coagulation; (ii) an anti-clumping agent in an amount sufficient to prevent the cells from clumping; and (iii) a buffering agent which maintains the solution, with the cells, at a pH range of between about 4 to about 7."
3
Die Klägerinnen haben geltend gemacht, dass der Gegenstand des Streitpatents nicht patentfähig sei.
4
Die Beklagte hat die Sachansprüche 1 bis 6 des Streitpatents als Verwendungsansprüche in zwei eingeschränkten Fassungen in deutscher Sprache verteidigt.
5
Das Patentgericht hat das Streitpatent für nichtig erklärt.
6
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung , mit der sie in erster Linie begehrt, die Klage abzuweisen. Als Hilfsantrag I beantragt sie, die Klage mit der Maßgabe abzuweisen, dass in Patentanspruch 1 das Wort "wässrige" durch die Worte "Verwendung einer wässrigen" und in den Patentansprüchen 2 bis 6 jeweils das Wort "Lösung" durch das Wort "Verwendung" ersetzt wird. Als Hilfsantrag II verteidigt sie das Streitpatent in der Fassung des Hilfsantrags 1 mit der weiteren Maßgabe, dass in Patentanspruch 7 hinter dem Begriff "Säuger-Gewebezellen" die Worte "und -Gewebe" eingefügt werden. Als Hilfsantrag III bittet sie darum, die Klage mit der Maßgabe abzuweisen, dass in den Patentansprüchen 1 und 7 das gegen die Klumpenbildung gerichtete Mittel dahin konkretisiert wird, dass es sich um das in Patentanspruch 3 bezeichnete Mittel handelt.
7
Die Klägerinnen beantragen, die Berufung zurückzuweisen.
8
Im Auftrag des Senats hat Prof. Dr. M. W. , Universität H. , Institut für Pharmazie und Molekulare Biotechnologie , Abteilung Biologie, ein schriftliches Gutachten erstattet, das er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat.

Entscheidungsgründe:


9
Die zulässige Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg.
10
I. Das Streitpatent betrifft eine Lösung und ein Verfahren zur Invitro -Konservierung von Zellen bei Umgebungstemperatur.
11
1. In der Streitpatentschrift wird ausgeführt, dass es wünschenswert sei, Zellen, Gewebe oder Abstrichproben, die etwa zur Durchführung einer zytologischen oder histologischen Analyse entnommen würden, zu konservieren, wenn die Analyse der Probe nicht unmittelbar nach der Entnahme (Biopsie) erfolgen könne. Anderenfalls bestehe die Gefahr, dass die Zellen in der Zeit zwischen Entnahme und Analyse ihre Integrität verlören , was den Wert der Analyse verringern könne.
12
Zu einer solchen Konservierung von Zellproben sind nach den weiteren Angaben in der Patentschrift verschiedene Kochsalzlösungen oder ausgewogene Salzlösungen im Handel erhältlich. Dazu zählten die ausgewogene Salzlösung nach Hanks, ein ein Minimum essentieller Komponenten enthaltendes Gewebekulturmedium (minimal essential (MEM) tis- sue culture medium), das Erzeugnis Polisal und normale KochsalzLösung. In der Streitpatentschrift wird angemerkt, dass Polisal zwar für eine Lagerung für relativ kurze Zeit geeignet sei, jedoch weder ein bakterielles Wachstum verhindere noch eine längere Lagerung unter Umgebungsbedingungen erlaube. Hinsichtlich der ausgewogenen Salzlösung nach Hanks wird erläutert, dass Zellen ihre Lebensfähigkeit (viability) nach 20 Minuten in dieser Lösung verlören, was eine zytopathologische Analyse beeinträchtige.
13
Nach den weiteren Ausführungen in der Streitpatentschrift enthalten viele Arten klinisch relevanter Gewebe und Zellproben Fremdproteine, die eine anschließende Färbung und Analyse stören. Das Einlagern von Zellproben in einer Kochsalzlösung berücksichtige derartige Randprobleme nicht. Schließlich führe eine sich über längere Zeit erstreckende Konservierung von Proben oft zum Wachstum von Bakterien, das auch durch die Bestandteile von normalen oder mit Zusätzen versehenen KochsalzLösungen genährt werde.
14
Nach den Angaben in der Streitpatentschrift ist es die Aufgabe der Erfindung, eine Lösung zur Konservierung und Fixierung von Zellen für eine anschließende zytologische oder histologische Analyse zu schaffen.
15
Patentanspruch 1 schlägt dazu vor: 1. eine wässrige Alkohol-Puffer-Lösung für eine im Wesentlichen bei Umgebungstemperatur stattfindende In-vitroKonservierung von Säugerzellen für eine vorbestimmte (selected) Dauer, 2. wobei die Lösung umfasst:
a) einen mit Wasser mischbaren Alkohol in einer zur Fixierung der Zellen ausreichenden Menge,
b) ein gegen Klumpenbildung gerichtetes Mittel in einer zur Verhinderung eines Verklumpens der Zellen in der Lösung ausreichenden Menge und
c) einen Puffer, der die Lösung mit den Zellen in einem pH- Bereich zwischen etwa 2 und etwa 7 hält.
16
Patentanspruch 7 schlägt ein Verfahren mit folgenden Merkmalen vor: 1. Verfahren der In-vitro-Konservierung von SäugerGewebezellen über lange Zeit bei Umgebungsbedingungen , wobei das Verfahren die Schritte umfasst: 2. eine Zellprobe wird bereitgestellt und 3. die Zellen werden sodann in einer Konservierungslösung suspendiert, die umfasst:
a) einen mit Wasser mischbaren Alkohol in einer zur Fixierung der Zellen ohne Koagulation ausreichenden Menge,
b) ein gegen Klumpenbildung gerichtetes Mittel in einer zur Verhinderung eines Verklumpens der Zellen in der Lösung ausreichenden Menge und
c) einen Puffer, der die Lösung mit den Zellen in einem pH-Bereich zwischen etwa 2 und etwa 7 hält.
17
2. Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist demnach eine wässrige Alkohol-Puffer-Lösung für eine im Wesentlichen bei Umgebungstemperatur stattfindende In-vitro-Konservierung von Säugerzellen für eine vorbestimmte Dauer, welche die in der Merkmalsgruppe 2 genannten Komponenten umfasst.
18
a) Das Patentgericht hat in der auf die In-vitro-Konservierung von Säugerzellen gerichteten Zweckangabe lediglich eine von vielen Verwendungsmöglichkeiten der patentgemäßen Lösung gesehen. Die Beschaffenheit der Lösung werde dadurch nicht näher beschrieben. Dies schöpft den Sinngehalt des Merkmals 1 nicht aus.
19
Grundsätzlich gilt, dass die Merkmale eines Erzeugnisanspruchs, wie ihn Patentanspruch 1 darstellt, die Funktion haben, die geschützte Sache als solche zu beschreiben, so dass der auf diese Weise regelmäßig räumlich-körperlich definierte Gegenstand unabhängig davon geschützt ist, zu welchem Zweck er verwendet wird. Gleichwohl sind im Patentanspruch enthaltene Zweckangaben nicht etwa bedeutungslos. Sie haben vielmehr regelmäßig die Aufgabe, den durch das Patent geschützten Gegenstand dahin zu definieren, dass er nicht nur die räumlich-körperlichen Merkmale erfüllen, sondern auch so ausgebildet sein muss, dass er für den im Patentanspruch angegebenen Zweck verwendbar ist (BGHZ 112, 140, 155 f. - Befestigungsvorrichtung II; BGH, Urteil vom 28. Mai 2009 - Xa ZR 140/05, GRUR 2009, 837 - Bauschalungsstütze, mwN).
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Dies bedeutet für den hier in Rede stehenden Patentanspruch 1, dass die wässrige Alkohol-Puffer-Lösung zur Durchführung einer im Wesentlichen bei Umgebungstemperatur stattfindende In-vitro-Konservierung von Säugerzellen für eine bestimmte Dauer geeignet sein muss. Für ein solches Verständnis spricht zunächst die ausdrückliche Erwähnung dieses Verwendungszwecks in Merkmal 1 sowie Merkmal 2a, welches einen mit Wasser mischbaren Alkohol in einer zur Fixierung der Zellen ausreichenden Menge vorsieht. Gestützt wird diese Auslegung durch Ausführungen in der Beschreibung des Streitpatents. Sie erläutern dem Fachmann - bei dem es sich nach den unangefochtenen Feststellungen des Patentgerichts um einen Mediziner (Pathologen oder klinischen Mediziner), Biochemiker , Mikrobiologen oder Pharmazeuten mit besonderen Kenntnissen im Bereich zytologischer oder histologischer Untersuchungen handelt - allgemein, dass die Erfindung eine Lösung und ein Verfahren für eine Invitro -Konservierung von Säugerzellen und -gewebe bei Umgebungstemperatur betrifft (S. 2 Z. 39 f.; S. 3 Z. 4 f.). Entsprechend sind auch ausschließlich Säugerzellen Gegenstand der Ausführungsbeispiele des Streitpatents (S. 3 Z. 46 ff., S. 5 Z. 41 ff.). Schließlich bezeichnet Patentanspruch 7 eine Probe von Säuger-Gewebezellen als Gegenstand des erfindungsgemäßen Konservierungsverfahrens, und der Patentstreitschrift ist kein Anhalt dafür zu entnehmen, dass Verfahrensanspruch 7 sich insoweit auf einen engeren Gegenstand beziehen soll als der Erzeugnisanspruch

1.

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b) Die Beklagte ist der Ansicht, dass der Begriff der In-vitroKonservierung dahin zu verstehen sei, dass die in die Konservierungslösung eingebrachte Zellprobe für eine spätere zytologische Analyse taug- lich gehalten werde und demnach die Zellen in ihrem zytologischen Informationsgehalt , insbesondere hinsichtlich der Vitalität, der Morphologie und des Zellverbunds, weitgehend unverändert blieben. Es solle sowohl verhindert werden, dass sich nach dem Zellabstrich weitere Zellklumpen bilden als auch, dass sich vorhandene Zellklumpen auflösen, weil ihr Erhalt für die Analyse wichtig sei. Demgegenüber hat das Patentgericht für diese Auslegung keinen Anhalt in der Patentschrift gesehen. Vielmehr werde darin ausgeführt, dass die Zellen innerhalb eines vorbestimmten oder speziell angegebenen Zeitrahmens im Anschluss an die Biopsie in einer Konservierungslösung suspendiert würden. Eine Suspension bedeute aber die Verteilung bzw. Vereinzelung der Zellen in einer Flüssigkeit, mithin eine Veränderung der Probe. Diesem Verständnis des Patentgerichts ist beizutreten.
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Nach der Lehre des Patentanspruchs 1 soll mit der wässrigen Alkohol -Puffer-Lösung die In-vitro-Konservierung von Säugerzellen bei Umgebungstemperatur für eine gewählte Dauer erreicht werden. Hierzu ist es, wie die Beschreibung des Streitpatents erläutert, wünschenswert, dass die Integrität der Zellprobe in der Zeit zwischen Biopsie und Analyse erhalten bleibt ("konserviert" wird). Die Zellen sollen ihre morphologischen Eigenschaften behalten und nicht durch das Wachstum von Mikroorganismen (wie etwa Bakterien) zerstört werden, damit sie ohne Informationsverlust der jeweils beabsichtigten Analyse unterzogen werden können (vgl. Beschreibung , S. 2 Z. 5 ff., 15 ff., 33 ff.; vgl. auch Sachverständigengutachten , S. 8 Abs. 1 letzter Satz), etwa ein Färben ohne einen signifikanten Verlust der Integrität ermöglicht wird (Beschreibung, S. 3 Z. 2 f.). Dabei ist dem Fachmann bewusst, dass die Zellen bei ihrer Konservierung zwar abgetötet werden, aber die Zellstrukturen dabei erhalten bleiben (Sachverständigengutachten , S. 9 Fn. 1).
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Zur Erreichung der genannten Ziele umfasst die erfindungsgemäße wässrige Alkohol-Puffer-Lösung drei Komponenten.
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Zum einen wird ein mit Wasser mischbarer Alkohol in einer zur Fixierung der Zellen ausreichenden Menge verwendet. In der Beschreibung wird dazu erläutert, dass die wässrige Alkohol-Puffer-Lösung die Kernstruktur der Zellen verbessert, indem sie die Zellmembran für ein anschließendes zytologisches Färben intakt hält. Außerdem zerstört die Lösung wirksam mikrobielle Pathogene der Probe und inhibiert die Aktivität von Retroviren (S. 3 Z. 6 f.). Die Alkoholkomponente hat mithin als Bestandteil der erfindungsgemäßen Lösung die Funktion, die Zellen in ihrer morphologischen Struktur zu fixieren und das Wachstum von Mikroorganismen zu verhindern. Allerdings kann eine zu hohe Alkoholkonzentration eine Zellkoagulation zur Folge haben (S. 3 Z. 20 ff.). Der zweiten Komponente kommt deshalb die Aufgabe zu, der Bil25 dung von Zellklumpen (Koagulation) entgegenzuwirken, wie sich bereits unmittelbar aus dem Wortlaut des Merkmals 2b ergibt. Dafür kommen insbesondere das chelatisierende Mittel Ethylendiamintetraessigsäure (EDTA) und deren Salze in Betracht (S. 3 Z. 28 ff.). Auch der Zweck der dritten Komponente folgt unmittelbar aus dem
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Anspruchswortlaut, nach dem der Puffer einen bestimmten pH-Wert der Lösung gewährleisten soll (näher S. 3 Z. 32 ff.).
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Hingegen findet sich an keiner Stelle der Streitpatentschrift ein Hinweis darauf, dass es bei der erfindungsgemäßen Lösung neben der Erhaltung der Zellstruktur, der Verhinderung der Bildung von Zellklumpen und der Stabilisierung des pH-Wertes auch darauf ankommen soll, Zellverbände , die nach der Biopsie vorhanden sind, für die zytologische oder histologische Analyse zu erhalten. Selbst für den bevorzugten Fall, dass die Alkohol-Komponente - wie in Unteranspruch 2 geschützt - aus der aus Ethanol, Isopropanol und Methanol bestehenden Gruppe gewählt ist, wird lediglich erwähnt, dass die Integrität der Zell-DNA aufrechterhalten und die Einzelheiten des Zellkerns für eine anschließende zytologische Anfärbung und Analyse bewahrt werden (S. 3 Z. 17 f.); hingegen ist auch insoweit nicht davon die Rede, dass auch bei der Entnahme vorhandene Zellverbände erhalten bleiben sollen. Diesem Verständnis des Fachmanns steht jedenfalls nicht entge28 gen, dass nach den Erläuterungen in der allgemeinen Beschreibung des Streitpatents vorgesehen ist, die Zellen in der erfindungsgemäßen Lösung zu suspendieren (vgl. S. 2 Z. 58 f.). Dabei kann dahinstehen, ob unter dem Begriff des Suspendierens aus Sicht des Fachmanns stets und in jedem Zusammenhang die Verteilung bzw. Vereinzelung der Zellen in einer Flüssigkeit zu verstehen sind, wie das Patentgericht angenommen hat und von der Beklagten in Frage gestellt wird. Denn jedenfalls gibt der Hinweis in der Streitpatentschrift auf die Suspension keinen Anhalt dafür, dass neben dem Erhalt der Strukturen der einzelnen Zellen auch der Erhalt vorhandener Zellagglomerationen erreicht werden soll.
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Hieran ändert auch der Umstand nichts, dass es in der Beschreibung des Streitpatents als Aufgabe der Erfindung bezeichnet wird, eine Lösung zur Konservierung und zum Fixieren von Zellen sowie ein Verfahren zu schaffen, mit denen Zellen "und Gewebe" für eine anschließende zytologische oder histologische Analyse konserviert werden können (S. 2 Z. 37 f.; vgl. auch S. 3 Z. 41), worauf die Beklagte in der Verhandlung hingewiesen hat. Denn die In-vitro-Konservierung von Gewebe ist nicht Gegenstand der Ansprüche 1 und 7 in der erteilten Fassung. In den Ansprüchen wird als Zweck der wässrigen Alkohol-Puffer-Lösung bzw. des Verfahrens ausschließlich die In-vitro-Konservierung von "Säuger-Zellen" bzw. "Säuger-Gewebezellen" erwähnt. Im Übrigen fehlt in der Beschreibung jeglicher Anhalt dafür, dass entgegen dem allgemeinen Verständnis der Begriffe In-vitro-Konservierung von "Säuger-Zellen" bzw. "SäugerGewebezellen" im Rahmen der Lehre des Streitpatents auch die In-vitroKonservierung von Gewebe zu verstehen ist.
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II. Das Patentgericht hat den Gegenstand des Patentanspruchs 1 als u.a. durch die Veröffentlichung von Donzanti et al.: "An Improved And Rapid HPLC-EC Method For The Isocratic Separation Amino Acid Neurotransmitters From Brain Tissue And Microdialysis Perfusates", Life Sciences 1988, S. 913 (Anlage N 10) vorweggenommen angesehen. Die Veröffentlichung betrifft die Auftrennung und Detektion von AminosäureNeurotransmittern mittels Hochleistungsflüssigkeitschromatographie. Dabei wird ein wässriges Laufmittel eingesetzt, das aus 28 % Methanol, 0,13 mM Na2EDTA und 0,10 mM Phosphatpuffer (pH 6,0 oder 6,4) besteht. Dass die Eignung zur In-vitro-Konservierung nicht angegeben ist, hat das Patentgericht - nach seinem Ausgangspunkt konsequent - für unschädlich gehalten.
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Patentanspruch 1 habe auch in der Fassung des Hilfsantrags (also als Verwendungsanspruch) keinen Bestand, weil der so definierte Gegenstand durch den Stand der Technik, insbesondere die Veröffentlichung von Oud et al., "The Development of a Cervical Smear Preparation Procedure for the BioPEPR Image Analysis System" in Analytical and Quantitative Cytology 1981, 73 (Anlage N 6) in Verbindung mit der Arbeit von Chiori et al., "A potentiating effect of EDTA on the bactericidal activity of lower concentrations of ethanol" (International Journal of Pharmaceutics 1983, 121, Anlage N 18) nahegelegt gewesen sei.
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III. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der erteilten Fassung ist nicht patentfähig. Es fehlt bereits an der Neuheit (Art. 52 Abs. 1, 54 EPÜ).
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Gegenüber den Ausführungen des Patentgerichts zur Entgegenhaltung N 10 rügt die Berufung, nach der Schrift werde die Lösung im Vakuum entgast; durch die Entfernung des Sauerstoffs aus der Lösung werde die Überlebensfähigkeit der Sauerstoff veratmenden Säugerzellen in der Lösung vernichtet. Das greift nicht durch. Denn wie der Sachverständige in seinem Gutachten (S. 14 Fn. 2) ausgeführt und bei seiner Anhörung bestätigt hat, werden die Zellen in der Konservierungslösung infolge der Zugabe von Alkohol ohnedies abgetötet.
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IV. Der Gegenstand von Patentanspruch 1 ist auch in der Fassung des 1. Hilfsantrags nicht patentfähig, weil er nicht neu war.
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1. Patentanspruch 1 in der Fassung des 1. Hilfsantrags ist im Vergleich mit Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung auf die Verwendung einer wässrigen Alkohol-Puffer-Lösung für eine im Wesentlichen bei Umgebungstemperatur stattfindende In-vitro-Konservierung beschränkt. 2. Die Beschränkung von einem Erzeugnis- auf einen Verwen36 dungsanspruch ist zulässig, wenn der Verwendungszweck in der Patentschrift offenbart ist (vgl. Senatsurteil vom 17.9.1987 - X ZR 56/86, GRUR 1988, 287, 288 - Abschlussblende; Urteil vom 24.3.1998 - X ZR 39/95, GRUR 1998, 1003, 1005, 1006 - Leuchtstoff). Das ist hier der Fall; die beanspruchte Verwendung ist bereits durch die Zweckangabe in Patentanspruch 1 offenbart. Entsprechende Stellen finden sich überdies in der Beschreibung (etwa S. 2 Z. 39).
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3. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der Fassung des 1. Hilfsantrags war jedoch gegenüber der japanischen Offenlegungsschrift Sho 63-168563 (Anlage N 3) nicht neu. Diese betrifft eine Lösung, die geeignet ist, schleimige Zytodiagnose-Proben (etwa den Hustenauswurf von Lungenkrebs-Patienten) zu fixieren und zu konservieren, sowie über schleimlösende (mukolytische) Eigenschaften verfügt. Der Entgegenhaltung ist zu entnehmen, dass eine solche fixierende und konservierende Lösung aus 0,2 % Methylcystein, 2 % Saccharose oder Propylenglykol, 10 ppm wasserlöslichem Entschäumer und 40 % Ethanol zu 0,01 mol Phosphatpufferlösung (0,1 mol Phosphat-Kochsalz-Pufferlösung [PBS]), welche 0,8 bis 0,9 % Tafelsalz enthält, bestehen kann (deutsche Übersetzung Anlage N 3b, S. 10 Abs. 1). Dem Fachmann wird damit eine wässrige Alkohol-Puffer-Lösung offenbart, welche einen mit Wasser mischbaren Alkohol (40 % Ethanol) in einer Menge enthält, die ausreichend zur Fixierung der Säugerzellen ist und zudem über ein pufferndes Mittel (PBS) verfügt , das die Lösung mit den Säugerzellen für eine gewählte Dauer bei einem pH-Wert im Bereich zwischen etwa 2 und etwa 7 hält, und zwar bei einem pH-Wert von etwa 6,7 bis 7 (vgl. etwa Anlage N 6, S. 74, linke Sp. letzter Satz, übergehend auf rechte Sp.), so dass die Merkmale 1, 2a und 2c verwirklicht sind.
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Nach den Ausführungen in der Entgegenhaltung gerinnt der Schleim in einer Probe, wenn er mit (normaler) Fixierflüssigkeit in Berührung kommt, was ein Eindringen der Fixierflüssigkeit in den Schleimklumpen verhindert und eine ungleichmäßige Fixierung der Zellen zur Folge hat (Anlage N 3b, S. 7 Abs. 1). Es wird daher Methylcystein als Mukolytikum zugegeben, womit erreicht wird, dass sich der Schleim gut auflöst und die Zellen in einem "verstreuten und schwebenden" Zustand fixiert werden (S. 13 unten). Der Sachverständige hat dies - von der Beklagten unbeanstandet - ohne weiteres mit der Verhinderung eines Verklumpens der Zellen gleichgesetzt (Sachverständigengutachten 10 unten). Der Lösung wird also ein Mittel zugefügt, welches die in Merkmal 2b des Patentanspruchs 1 des Streitpatents vorgesehenen Eigenschaften aufweist. Dem steht nicht entgegen, dass die mukolytische Wirkung des Me39 thylcysteins zur Auflösung von Zellklumpen führen kann und soll. Denn wie dargelegt soll mit der In-vitro-Konservierung zwar erfindungsgemäß der Erhalt der Zellstrukturen bis zur Durchführung der zytologischen oder histologischen Analyse erreicht werden, nicht aber notwendigerweise auch die Konservierung vorhandener Zellklumpen. Danach ist es hinreichend, wenn in der Patentanmeldung hervorgehoben wird, dass der CysteinWirkstoff die Färbung und Zytodiagnose nicht behindert (vgl. Anlage N 3b, S. 9 Abs. 3). Wie der gerichtliche Sachverständige im Termin bestätigt hat, ist es
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hinsichtlich der mucolytischen bzw. die Bildung von Zellkoagulationen verhindernden Wirkung des Methylcysteins auch unschädlich, dass die Entgegenhaltung ferner Tafelsalz empfiehlt, um eine "maßvolle" Fixierstärke zu ermöglichen, mit der Zellklumpen verhindert werden (Anlage N 3b S. 7 Abs. 3 und S. 9 letzter Abs. übergehend auf S. 10).
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4. Der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der Fassung des 1. Hilfsantrags wurde im Übrigen auch von der japanischen Offenlegungsschrift Sho 63-168562 (Anlage N 4) vorweggenommen. Diese beinhaltet - wie die Entgegenhaltung N 3 - eine Lösung, die geeignet ist, schleimige Zytodiagnose-Proben zu fixieren und zu konservieren, sowie über mukolytische Eigenschaften verfügt. Anspruch 6 der Patentanmeldung schlägt eine Lösung vor, die jeweils eine Konzentration von 30 bis 40 % Ethylalkohol , 0,8 bis 0,9 % Kochsalz, 2 % Saccharose, 1,5 bis 2 % Propylengly- kol, 0,1 bis 0,2 % Methylcystein und 0,01 Mol Phosphat an Phosphatpuffer aufweist (Anlage N 4b, S. 3). Als Puffer kann PBS eingesetzt werden (Anlage N 4b, S. 16 Abs. 1). Entsprechend den Ausführungen zur Entgegenhaltung N 3 ist damit der Gegenstand des Patentanspruchs 1 auch in dieser Entgegenhaltung offenbart.
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V. Der Gegenstand von Patentanspruch 7 ist weder in der erteilten Fassung noch in der Fassung des 2. Hilfsantrags patentfähig.
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1. Patentanspruch 7 in der Fassung des 2. Hilfsantrags unterscheidet sich von Patentanspruch 7 in der erteilten Fassung dadurch, dass dieser - bei sonst nicht verändertem Wortlaut - ein Verfahren der Invitro -Konservierung nicht nur von "Säuger-Gewebezellen" sondern von "Säuger-Gewebezellen und Gewebe" betrifft.
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Aus Sicht des Fachmanns ist Patentanspruch 7 in der Fassung des 2. Hilfsantrags (im Anschluss an die obigen Ausführungen zur Auslegung von Patentanspruch 1 bzw. 7 in der erteilten Fassung) dahin zu verstehen, dass das anspruchsgemäße Verfahren geeignet sein soll, neben Zellen auch Gewebeteile, die bei einer Probenentnahme gewonnen wurden, zu konservieren, damit sie für eine anschließende zytologische oder histologische Analyse verwendet werden können (vgl. S. 2 Z. 37 f.; S. 2 Z. 44 f.). Wie der Sachverständige im Termin erläutert hat, können neben den Zellen auch die Gewebeteile, die etwa bei einer Biopsie erhalten wurden, für eine spätere zytologische oder histologische Untersuchung von Interesse sein. Hingegen ist Patentanspruch 7 in der Fassung des 2. Hilfsantrags unter Berücksichtigung der Beschreibung nicht zu entnehmen, dass verfahrensgemäß auch Zellklumpen (Zellkoagulationen) konserviert werden sollen, die kein Gewebe sind.
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2. Ob es sich bei dem Gegenstand von Patentanspruch 7 in der Fassung des 2. Hilfsantrags um eine zulässige Beschränkung des Patentanspruchs 7 in der erteilten Fassung handelt, was von den Klägerinnen unter dem Gesichtspunkt fehlender Deutlichkeit (vgl. Art. 84 EPÜ) und einer unzulässigen Erweiterung (Art. 123 Abs. 2 EPÜ) gerügt worden ist, bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Denn selbst wenn diese Frage zugunsten der Beklagten verneint wird, erweist sich der Gegenstand von Anspruch 7 auch in der Fassung des 2. Hilfsantrags wegen fehlender Neuheit als nicht patentfähig.
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3. Der Gegenstand von Patentanspruch 7 in der erteilten Fassung und in der Fassung des 2. Hilfsantrags wurde ebenfalls von der japanischen Offenlegungsschrift Sho 63-168563 (Anlage N 3) bzw. der japanischen Offenlegungsschrift Sho 63-168562 (Anlage N 4) vorweggenommen. Insoweit kann zunächst auf die obigen Ausführungen zu Patentanspruch 1 in der Fassung des 1. Hilfsantrags verwiesen werden, die im Hinblick auf den Gegenstand von Patentanspruch 7 entsprechend gelten. Soweit Patentanspruch 7 in der Fassung des 2. Hilfsantrags die Eignung des Verfahren zur In-Vitro-Konservierung nicht nur von SäugerGewebezellen , sondern auch von Gewebe in der Probe vorsieht, steht dem die mukolytische Wirkung des Methylcysteins zur Auflösung von Zellklumpen nicht entgegen. Denn, wie der gerichtliche Sachverständige in der Verhandlung überzeugend ausgeführt hat, wird die Konservierung von Gewebeteilen in der oben erwähnten Alkohol-Puffer-Lösung gemäß der Entgegenhaltung N 3 bzw. der Entgegenhaltung N 4 durch die mukolytische Wirkung des Methylcysteins nicht beeinträchtigt.
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VI. Die Gegenstände der Patentansprüche 1 und 7 in der Fassung des 3. Hilfsantrags sind nicht patentfähig.
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1. Patentansprüche 1 und 7 in der Fassung des 3. Hilfsantrags unterscheiden sich von Patentanspruch 1 in der Fassung des 1. Hilfsantrags und Patentanspruch 7 in der Fassung des 2. Hilfsantrages dadurch, dass das gegen die Klumpenbildung gerichtete Mittel dahin konkretisiert ist, dass es sich bei diesem um ein chelatisierendes Mittel handelt, das aus der aus Ethylendiamintetraessigsäure (EDTA) und deren Salzen bestehenden Gruppe gewählt ist. 2. Diese Gegenstände der Patentansprüche 1 und 7 waren zwar
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gegenüber den Entgegenhaltungen N 3 und N 4 neu, weil diese als gegen die Klumpenbildung gerichtetes Mittel Methylcystein, nicht EDTA vorsehen.
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3. Sie ergaben sich für den Fachmann jedoch in naheliegender Weise. Wie ausgeführt, befasst sich die Entgegenhaltung N 3 mit dem Problem, die Zellen in Auswurfproben bei Lungenkrebs in der Zeit zwischen der Entnahme und der Zytodiagnose nicht nur gut zu fixieren, sondern auch gut zu konservieren (vgl. Anlage N 3 b, S. 6). In der Entgegenhaltung wird erwähnt, dass in mukolytischen Auswurf-Fixierflüssigkeiten in Japan in der Vergangenheit als mukolytische Wirkstoffe N-Acetyl-LZysteine und Dithiotreitol verwendet worden seien. Bei einer YM-artigen Fixierflüssigkeit sei auch Dihydroxy-Dithiolbutan oder ein Enzym beigefügt worden (Anlage 3 b, S. 5 Abs. 2). Wie der gerichtliche Sachverständige in der Verhandlung überzeugend ausgeführt hat, kamen aus Sicht des Fachmanns, der die Entgegenhaltung N 3 zum Prioritätszeitpunkt des Streitpatents zur Kenntnis nahm, aufgrund seines Fachwissens als weitere Alternative zu dem als mukolytischen Wirkstoff in der Entgegenhaltung vorgeschlagenen Methylcystein weitere chelatisierende Mittel wie insbesondere auch EDTA in Betracht. Denn chelatisierende Mittel verfügen über die Eigenschaft, auf den Zellen sich anlagernde Kalziumkationen zu komplexieren und damit die Bildung von Zellklumpen zu verhindern.
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Dass diese Kenntnis damals zum allgemein geläufigen Fachwissen gehörte wird auch durch den Aufsatz von Husain et al. "A Sample Preparation for Antomated Cervical Lancer Screening", Acta Cytologica, 1978, S. 15, aus dem Jahre 1978 (Anlage N 5) über die Aufbereitung von Zellproben für automatisierte Vorsorgeuntersuchungen zur Erkennung von Gebärmutterhalskrebs belegt. Darin werden in den einleitenden Ausführungen auch Calcium-chelatbildende Verbindungen erwähnt, die eingesetzt werden, um die erneute Aggregation getrennter Zellen zu vermeiden (Anlage N 5, S. 15 rechte Sp. Abs. 2: "… to prevent reaggregation of the seperated cells".). In dem Aufsatz wird dann als Lösung zur Konservierung von Gebärmutterhalsabstrichmaterial eine ca. 2 ml Cellfix-Lösung vorgeschlagen , die aus 6,80 g KH2PO4, 29,60 ml NaOH (1,0 N), 2,92 g NaCl, 1,0 Dithiothreitol, 400 ml Ethylalkohol und Wasser bis zu einem Liter besteht , wobei der endgültige pH-Wert der Lösung bei 7,0 +/- 0,05 liegt (Anlage N 5, S. 16 linke Sp. Abs. 1).
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Dass neben Dithiothreitol auch EDTA als chelatbildendes Mittel für die Konservierung von Gewebezellen aus Sicht des Fachmanns in Betracht kam, wird durch den Aufsatz von Spencer "A cytological basis for the biochemical study of bronchial epithelium", The Journal of Histochemistry and Cytochemistry 1958, 105 (Anlage N 20) gestützt. Dieser beschreibt eine Methode mit der Zellen aus Bronchialepithelien vereinzelt werden können bzw. deren Verklumpung verhindert werden kann. Dafür wird vorgeschlagen, die Zellen in isotonischer Saccharoselösung sowie 0,01 M EDTA bei pH 7,4 zu inkubieren und EDTA als Chelatbildner für zweiwertige Kalziumionen und zur Pufferung zu verwenden (vgl. Anlage N 20, S. 107 rechte Sp.). Dass EDTA als chelatbildendes Mittel nicht nur bei isotonischen Lösungen, sondern auch bei Alkohol-Puffer-Lösungen zum geläufigen Fachwissen gehörte, hat der gerichtliche Sachverständige in der Verhandlung bestätigt.
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VII. Die auf Patentanspruch 1 rückbezogenen Unteransprüche 2, 4 bis 6 sowie die auf Patentanspruch 7 rückbezogenen Unteransprüche 8 bis 10 in den Fassungen des Hauptantrages und der drei Hilfsanträge betreffen dem Fachmann ohne weiteres zur Verfügung stehende Weiterbildungen , deren Patentfähigkeit nicht anders zu beurteilen ist. Hierfür ist auch von der Beklagten nichts geltend gemacht worden.
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Hinsichtlich des auf Patentanspruch 1 rückbezogenen Unteranspruchs 3 in der Fassung des Hauptantrags und der ersten beiden Hilfsanträge wird auf die vorstehenden Ausführungen zum 3. Hilfsantrag verwiesen.
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VIII. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 Satz 2 PatG i.V.m. § 97 Abs. 1 ZPO.
Meier-Beck Berger Grabinski
Hoffmann Schuster
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 27.03.2008 - 3 Ni 53/05 (EU) -

(1) In dem Verfahren vor dem Bundesgerichtshof gelten die Bestimmungen des § 144 über die Streitwertfestsetzung entsprechend.

(2) In dem Urteil ist auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkosten (§§ 91 bis 101) sind entsprechend anzuwenden, soweit nicht die Billigkeit eine andere Entscheidung erfordert; die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Kostenfestsetzungsverfahren (§§ 103 bis 107) und die Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen (§§ 724 bis 802) sind entsprechend anzuwenden.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Der Berufungskläger kann die Berufung bis zur Verkündung des Berufungsurteils zurücknehmen.

(2) Die Zurücknahme ist dem Gericht gegenüber zu erklären. Sie erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes.

(3) Die Zurücknahme hat den Verlust des eingelegten Rechtsmittels und die Verpflichtung zur Folge, die durch das Rechtsmittel entstandenen Kosten zu tragen. Diese Wirkungen sind durch Beschluss auszusprechen.