Bundesgerichtshof Urteil, 09. Feb. 2011 - VIII ZR 285/09

published on 09/02/2011 00:00
Bundesgerichtshof Urteil, 09. Feb. 2011 - VIII ZR 285/09
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Previous court decisions
Amtsgericht München, 412 C 7773/07, 20/10/2008
Landgericht München I, 15 S 21117/08, 15/07/2009

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 285/09 Verkündet am:
9. Februar 2011
Ermel,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 9. Februar 2011 durch den Vorsitzenden Richter Ball, den Richter
Dr. Frellesen, die Richterin Dr. Hessel sowie die Richter Dr. Achilles und
Dr. Schneider

für Recht erkannt:
Auf die Anhörungsrüge der Beklagten wird das Senatsurteil vom 22. September 2010 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst : Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts München I vom 15. Juli 2009 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 4. November 2009 - auch im Kostenpunkt - aufgehoben und das Urteil des Amtsgerichts München vom 20. Oktober 2008 geändert, soweit die Beklagten verurteilt worden sind, an den Kläger einen über 4.561,90 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 2. Januar 2008 hinausgehenden Betrag zu zahlen. Die weitergehende Klage wird abgewiesen. Im Übrigen werden die Berufung und die Revision der Beklagten zurückgewiesen. Von den Kosten des ersten Rechtszuges tragen der Kläger 5/9, die Beklagten 4/9. Von den Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens haben der Kläger 1/3, die Beklagten 2/3 zu tragen. Im Übrigen wird die Anhörungsrüge zurückgewiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Beklagten waren seit 22. November 2002 Mieter einer Dachgeschosswohnung des Klägers in M. . Das Mietverhältnis endete aufgrund fristloser Kündigung des Klägers am 31. Mai 2006. Die Beklagten sind mit rechtskräftigem Versäumnisurteil des Amtsgerichts München vom 14. September 2006 zur Räumung und Herausgabe der Wohnung verurteilt worden.
2
Der Kläger nimmt die Beklagten mit seiner auf Zahlung von 10.310 € gerichteten Klage auf Nutzungsentschädigung für die Zeit von Dezember 2006 bis Februar 2007 und April 2007 bis Juli 2007 sowie Schadensersatz in Anspruch. Die Beklagten sind der Auffassung, der Kläger könne wegen einer Mietminderung sowie in Anbetracht von ihnen geleisteter Zahlungen und aufgerechneter Gegenforderungen nichts mehr beanspruchen. Das Amtsgericht hat die Beklagten unter Abweisung der weitergehenden Klage verurteilt, an den Kläger 6.889,93 € nebst Zinsen zu zahlen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht die Verurteilung der Beklagten unter Abweisung der weitergehenden Klage auf 6.455,10 € nebst Zinsen reduziert; die weitergehende Berufung hat es zurückgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision haben die Beklagten ihr Klageabweisungsbegehren weiterverfolgt. Mit Urteil vom 22. September 2010 hat der Senat auf die Rechtsmittel der Beklagten das Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts München I vom 15. Juli 2009 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 4. November 2009 - auch im Kostenpunkt - aufgehoben und das Urteil des Amtsgerichts München vom 20. Oktober 2008 geändert, soweit die Beklagten verurteilt worden sind, an den Kläger einen über 4.928,02 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 2. Januar 2008 hinausgehenden Betrag zu zahlen. Die weitergehende Klage hat der Senat abgewiesen und die Rechtsmittel der Beklagten im Übrigen zurückgewiesen. Gegen dieses dem Prozessbe- vollmächtigten der Beklagten am 20. Oktober 2010 zugestellte Urteil wenden sich die Beklagten mit ihrer beim Bundesgerichtshof am 3. November 2010 eingegangenen Anhörungsrüge.

Entscheidungsgründe:


3
Die Anhörungsrüge hat teilweise Erfolg.

I.

4
Die Anhörungsrüge ist zulässig erhoben, da sie innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung des angefochtenen Urteils beim Bundesgerichtshof eingegangen ist (§ 321a Abs. 2 Satz 1 ZPO).

II.

5
Die Anhörungsrüge ist begründet, soweit sie sich darauf stützt, der Senat habe bei seiner Entscheidung unberücksichtigt gelassen, dass die Beklagten auch mit einer Forderung auf Rückzahlung der für das Jahr 2005 geleisteten Betriebskostenvorauszahlungen gegen den dem Kläger zustehenden Anspruch auf Nutzungsentschädigung aufgerechnet haben. Im Übrigen ist sie unbegründet.
6
1. Der Senat hat in dem Urteil vom 22. September 2010 ausgeführt, dass dem Kläger auf der Grundlage der von den Tatsacheninstanzen getroffenen Feststellungen eine Nutzungsentschädigung für die Monate April 2007 (66,09 €), Mai 2007 (1.836,30 €), Juni 2007 (1.189,33 €) und Juli 2007 (1.836,30 €) in einer Gesamthöhe von 4.928,02 € zustehe. Im Übrigen sei der Anspruch des Klägers durch Zahlungen beziehungsweise Aufrechnungen der Beklagten erloschen.
7
Ein Teil der von den Beklagten zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen betraf Ansprüche auf Rückzahlung bereits geleisteter Betriebskostenvorauszahlungen. Der Senat hat diesbezügliche Aufrechungserklärungen der Beklagten betreffend die Jahre 2003 und 2004 durchgreifen lassen, soweit die Abrechnungen formell fehlerhaft waren. Übersehen hat der Senat dabei, dass die Beklagten in ihrer Berufungsbegründung vom 19. Januar 2009 (erstmals) auch mit den das Jahr 2005 betreffenden Rückforderungsansprüchen aufgerechnet haben. Insoweit ist die Anhörungsrüge begründet.
8
2. Ohne Erfolg beanstanden die Beklagten, dass der Senat ihre mit der Revision erhobene Rüge, die Betriebskostenabrechnung des Klägers vom 10. Dezember 2007 sei inhaltlich unrichtig, nicht hat durchgreifen lassen. Der Senat hat entscheidungserhebliches Vorbringen der Beklagten hierzu nicht übergangen.
9
Es kann dahingestellt bleiben, ob die Beklagten die der Betriebskostenabrechnung zugrunde gelegte Gesamtwohnfläche, wie die Anhörungsrüge geltend macht, in erster Instanz (weiterhin) bestritten haben. In diesem Fall hätte das Amtsgericht entscheidungserheblichen Sachvortrag der Beklagten übergangen. Auf ihr erstinstanzliches Bestreiten und einen insoweit etwa gegebenen Gehörsverstoß des Amtsgerichts können die Beklagten in der Revisionsinstanz jedoch nicht mehr zurückgreifen, nachdem sie es versäumt haben, den etwaigen Gehörsverstoß des Amtsgerichts mit der Berufung zu rügen; dem steht der allgemeine Grundsatz der Subsidiarität entgegen (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Mai 2010 - IX ZB 225/09, WM 2010, 1722).
10
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts erfordert es der allgemeine Grundsatz der Subsidiarität, dass ein Beteiligter über das Gebot der Erschöpfung des Rechtswegs im engeren Sinn hinaus alle nach Lage der Sache zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ergreift, um eine Korrektur der geltend gemachten Grundrechtsverletzung zu erwirken oder eine Grundrechtsverletzung zu verhindern (BVerfG 73, 322, 325; 77, 381, 401; 81, 22, 27; 86, 15, 22; 95, 163, 171). Diese Würdigung entspricht dem in § 295 ZPO zum Ausdruck kommenden Rechtsgedanken, nach dessen Inhalt eine Partei eine Gehörsverletzung nicht mehr rügen kann, wenn sie die ihr nach Erkenntnis des Verstoßes verbliebene Möglichkeit zu einer Äußerung nicht genutzt hat. Ist gegen die gehörsverletzende Entscheidung ein Rechtsmittel gegeben , das (auch) zur Überprüfung dieser Verletzung führen kann, so ist den Anforderungen des Art. 103 Abs. 1 GG hinreichend Rechnung getragen (BGH, Beschluss vom 6. Mai 2010 - IX ZB 225/09, WM 2010, 1722 Rn. 7 f.). Eine erstmalige Überprüfung des Gehörsverstoßes in der letzten Instanz scheidet unter diesen Umständen aus.
11
So liegen die Dinge hier.
12
Weder in dem Berufungsbegründungsschriftsatz vom 19. Januar 2008 noch im weiteren Verlauf des Berufungsverfahrens haben die Beklagten geltend gemacht, dass das Amtsgericht ihr Vorbringen, die Betriebskostenabrechnungen des Klägers seien hinsichtlich der zugrunde gelegten Gesamtwohnfläche unrichtig, übergangen habe. Die im Berufungsbegründungsschriftsatz zu findende allgemeine Verweisung auf den gesamten erstinstanzlichen Sachvortrag vermag die insoweit notwendige ausdrückliche Rüge nicht zu ersetzen (st. Rspr.; BGH, Urteil vom 13. November 2001 - VI ZR 414/00, NJW 2002, 682 unter II 1; MünchKommZPO/Rimmelspacher, 3. Aufl. § 520 Rn. 63).

III.

13
Soweit die Anhörungsrüge begründet ist, wird das Verfahren in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Senat befand (§ 321a Abs. 5 Satz 2 ZPO).
14
Wie ausgeführt, hat der Senat übersehen, dass die Beklagten auch mit den für das Jahr 2005 geleisteten Betriebkostenvorauszahlungen aufgerechnet haben. Auch dieser Rückforderungsanspruch der Beklagten ist indes begründet , soweit die Betriebskosten für dieses Jahr formell nicht ordnungsgemäß abgerechnet wurden (Senatsurteil vom 14. Februar 2007 - VIII ZR 1/06, NJW 2007, 1059 Rn. 11 mwN). Dies ist für die zusammengefassten Abrechnungspositionen "Wasserkosten/Strom" (18,10 €), "Straßenreinigung/Müllbeseitigung/ Schornsteinreinigung" (241,64 €) sowie "Gebäudereinigung/Gartenpflege" (822,91 €) der Fall, denn ein sachlicher Grund für die Zusammenfassung dieser Positionen (insgesamt 1.082,65 €) ist nicht ersichtlich (vgl. Senatsurteile vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 340/08, NJW-RR 2009, 1383; vom 16. September 2009 - VIII ZR 346/08, NJW 2009, 3575 Rn. 6). Beanstandungsfrei sind hingegen die übrigen Betriebskosten in Höhe von 2.713,88 € abgerechnet worden. Da die Beklagten für das Jahr 2005 Betriebskosten in Höhe von 3.080 € vorausgezahlt haben, steht ihnen ein weiterer Rückforderungsanspruch in Höhe von 366,12 € zu, mit dem sie wirksam aufgerechnet haben. Der dem Kläger vom Senat in dem Urteil vom 22. September 2010 zuerkannte Anspruch auf Nutzungsentschädigung in Höhe von 4.928,02 € ist daher in Höhe von 366,12 € durch diese insoweit durchgreifende Aufrechnung der Beklagten erloschen, so dass dem Kläger noch ein Anspruch in Höhe von 4.561,90 € zusteht.

IV.

15
Im Umfang der Begründetheit der Anhörungsrüge ist das Senatsurteil vom 22. September 2010 daher abzuändern und neu zu fassen (§ 321a Abs. 5 Satz 3, § 343 ZPO); im Übrigen ist die Anhörungsrüge als unbegründet zurückzuweisen (§ 321a Abs. 4 Satz 3 ZPO). Ball Dr. Frellesen Richterin Dr. Hessel ist dienstunfähig erkrankt und daher gehindert zu unterschreiben. Ball Dr. Achilles Dr. Schneider
Vorinstanzen:
AG München, Entscheidung vom 20.10.2008 - 412 C 7773/07 -
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Annotations

(1) Auf die Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei ist das Verfahren fortzuführen, wenn

1.
ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und
2.
das Gericht den Anspruch dieser Partei auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
Gegen eine der Endentscheidung vorausgehende Entscheidung findet die Rüge nicht statt.

(2) Die Rüge ist innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.

(3) Dem Gegner ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(4) Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rüge an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist erhoben ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rüge als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.

(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies auf Grund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. § 343 gilt entsprechend. In schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können.

(1) Die Verletzung einer das Verfahren und insbesondere die Form einer Prozesshandlung betreffenden Vorschrift kann nicht mehr gerügt werden, wenn die Partei auf die Befolgung der Vorschrift verzichtet, oder wenn sie bei der nächsten mündlichen Verhandlung, die auf Grund des betreffenden Verfahrens stattgefunden hat oder in der darauf Bezug genommen ist, den Mangel nicht gerügt hat, obgleich sie erschienen und ihr der Mangel bekannt war oder bekannt sein musste.

(2) Die vorstehende Bestimmung ist nicht anzuwenden, wenn Vorschriften verletzt sind, auf deren Befolgung eine Partei wirksam nicht verzichten kann.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Auf die Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei ist das Verfahren fortzuführen, wenn

1.
ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und
2.
das Gericht den Anspruch dieser Partei auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
Gegen eine der Endentscheidung vorausgehende Entscheidung findet die Rüge nicht statt.

(2) Die Rüge ist innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.

(3) Dem Gegner ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(4) Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rüge an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist erhoben ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rüge als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.

(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies auf Grund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. § 343 gilt entsprechend. In schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können.

Insoweit die Entscheidung, die auf Grund der neuen Verhandlung zu erlassen ist, mit der in dem Versäumnisurteil enthaltenen Entscheidung übereinstimmt, ist auszusprechen, dass diese Entscheidung aufrechtzuerhalten sei. Insoweit diese Voraussetzung nicht zutrifft, wird das Versäumnisurteil in dem neuen Urteil aufgehoben.

(1) Auf die Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei ist das Verfahren fortzuführen, wenn

1.
ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und
2.
das Gericht den Anspruch dieser Partei auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
Gegen eine der Endentscheidung vorausgehende Entscheidung findet die Rüge nicht statt.

(2) Die Rüge ist innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.

(3) Dem Gegner ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(4) Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rüge an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist erhoben ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rüge als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.

(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies auf Grund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. § 343 gilt entsprechend. In schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können.