Bundesgerichtshof Urteil, 29. Sept. 2011 - VII ZR 87/11

bei uns veröffentlicht am29.09.2011
vorgehend
Landgericht Potsdam, 3 O 113/08, 11.02.2010
Brandenburgisches Oberlandesgericht, 13 U 16/10, 30.03.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 87/11 Verkündet am:
29. September 2011
Seelinger-Schardt,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Eine Abweichung von der vereinbarten Beschaffenheit liegt vor, wenn der mit
dem Vertrag verfolgte Zweck der Herstellung eines Werkes nicht erreicht
wird und das Werk seine vereinbarte oder nach dem Vertrag vorausgesetzte
Funktion nicht erfüllt.

b) Beruft sich der Unternehmer zu seiner Entlastung darauf, er habe aufgrund
bindender Anordnung einer untauglichen Ausführungsweise durch den Auftraggeber
die vereinbarte oder nach dem Vertrag vorausgesetzte Funktion
nicht erfüllen können, trägt er die Darlegungs- und Beweislast für eine solche
Behauptung.
BGH, Urteil vom 29. September 2011 - VII ZR 87/11 - OLG Brandenburg
LG Potsdam
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 29. September 2011 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kniffka sowie
die Richter Bauner, Dr. Eick, Halfmeier und Prof. Leupertz

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 13. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 30. März 2011 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Schadensersatz für die Folgen der fehlerhaften Vermessung eines Dükers in Anspruch.
2
Die Stadt P. beauftragte die Klägerin am 22. Februar 2007 mit der Herstellung eines Elektrodükers. Gegenstand des Auftrages war auch die Vermessung des Dükers sowie die Dokumentation seiner Lage. Diese Leistungen übertrug die Klägerin der Beklagten. Die Beklagte nahm die Lage der Start- und Zielgrube des Dükers auf und stellte den Verlauf des Dükers mittels einer idealisierten geradlinigen Verbindung der zwei aufgemessenen Punkte dar. Eine Einmessung des tatsächlichen Verlaufs des Dükers anhand oberirdisch ange- brachter Farbmarkierungen erfolgte nicht. Die so gefertigten Bestandspläne überließ die Beklagte in Absprache mit der Klägerin zunächst einem im Auftrag der Stadt P. mit der Erstellung von Rammplänen für Folgegewerke beauftragten Drittunternehmen, sodann am 26. März 2007 auch der Klägerin selbst. Am 10. April 2007 wurde bei Rammarbeiten der von der Klägerin verlegte Düker beschädigt und es kam zu einer Unterbrechung der Stromversorgung in einem Stadtteil von P. Auf Verlangen der Stadt P. musste die Klägerin den Düker mit einem Kostenaufwand von 82.489,23 € neu verlegen. Mit der vorliegenden Klage verlangt sie diesen Betrag nebst Zinsen sowie vorgerichtlich angefallene Anwaltskosten von der Beklagten erstattet. Darüber hinaus will sie die Einstandspflicht der Beklagten für auf das Schadensereignis zurückzuführende Folgeschäden festgestellt wissen.
3
Das Landgericht hat die Klage nach Beweisaufnahme durch Vernehmung von Zeugen abgewiesen. Auf die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht die Beklagte unter Abweisung der weitergehenden Klage und Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen zur Zahlung eines Betrages von 41.244,62 € nebst Zinsen sowie weiterer 1.530,58 € verurteilt und festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin 50 % aller Schäden zu ersetzen, die ihr infolge des Schadensereignisses vom 10. April 2007 entstanden sind. Dagegen wendet sich die Beklagte mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, mit der sie ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:

4
Die Revision führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

5
Das Berufungsgericht meint, die Beklagte habe mangelhaft geleistet, weil sie den Düker nicht anhand oberirdischer Markierungspunkte vermessen, sondern ohne entsprechende Messungen seinen geradlinigen Verlauf zwischen Start- und Zielgrube unterstellt und dementsprechend dokumentiert habe. Das Werk des Unternehmers müsse die vereinbarten Beschaffenheiten aufweisen; sonst sei es gemäß § 633 Abs. 2 Satz 1 BGB mangelhaft. Welche Beschaffenheiten vereinbart seien, ergebe sich durch Auslegung des Vertrages als sinnvolles Ganzes. Dazu gehörten die Eigenschaften des Werkes, die den nach dem Vertrag geschuldeten Erfolg herbeiführen sollen, für den auch die beabsichtigte Funktion des Werkes von Bedeutung sei. Dementsprechend sei die Funktionstauglichkeit nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in der Regel Bestandteil der Beschaffenheitsvereinbarung. Hier habe die Vermessung und Dokumentation des Dükers als Grundlage für die Planung und Ausführung von Rammarbeiten durch Drittunternehmer dienen sollen. Für diese vertraglich vorausgesetzte Verwendung seien die Leistungen der Beklagten objektiv ungeeignet gewesen, weil der tatsächliche Verlauf des Dükers nicht so präzise wie möglich ermittelt worden sei und die Beklagte in der von ihr erstellten Dokumentation weder Versetzungen des Dükers infolge von Hindernissen im Erdreich noch die Flexibilität der dort verlegten Leitungen berücksichtigt habe.
6
Der hiergegen gerichtete Einwand der Beklagten, die Klägerin habe sie ausdrücklich beauftragt, den Verlauf des Dükers ohne Vermessung als idealisierte Linie zwischen den eingemessenen Start- und Zielpunkten darzustellen, bleibe ohne Erfolg, weil sie den ihr obliegenden Beweis für eine dahingehende, hinter den qualitativen Anforderungen an eine funktionstaugliche Leistung zurückbleibende "Beschaffenheitsvereinbarung nach unten" nicht geführt habe. Eine solche Vereinbarung sei durch die Aussagen der im Verfahren erster Instanz vernommenen Zeugen ebenso wenig bewiesen wie die von der Klägerin behauptete Vereinbarung einer funktionstauglichen Vermessung und Dokumentation. Zur gegenteiligen Auffassung sei das Landgericht gekommen, weil es die Aussage des Zeugen V. zu Unrecht für unergiebig und die Verteilung der Beweislast für den Inhalt der Beschaffenheitsvereinbarungen falsch beurteilt habe.
7
Die geltend gemachten Schäden seien ursächlich auf den Mangel der Werkleistungen der Beklagten zurückzuführen. Allerdings treffe die Klägerin ein hälftiges Mitverschulden, weil sie die von der Beklagten gefertigten Bestandspläne nicht geprüft habe, bevor sie diese dem mit der Erstellung der Rammpläne befassten Drittunternehmen hat zukommen lassen. Mit Rücksicht auf die im Verhältnis zu ihrer Auftraggeberin übernommene Verpflichtung, eine fehlerfreie Vermessung und Dokumentation des Dükers zu gewährleisten, habe es zur Vermeidung eigener Haftung im Interesse der Klägerin gelegen, die Bestandspläne der Beklagten im Rahmen ihrer Nachprüfungs- und Kontrollobliegenheiten daraufhin zu überprüfen, ob der Verlauf des Dükers hinreichend präzise erfasst und wiedergegeben war. Hätte die Klägerin diese Prüfung vorgenommen , wäre ihr als erfahrenem Fachunternehmen nicht verborgen geblieben, dass der Verlauf des Dükers von der Beklagten nicht durch Einmessung erfasst und entsprechend dokumentiert worden war.

II.

8
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
9
Das Berufungsgericht spricht der Klägerin einen Schadensersatzanspruch gemäß § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1 BGB wegen der fehlerhaften Vermessung und Dokumentierung des Dükers zu. Die hierzu getroffenen Feststellungen beruhen auf einer fehlerhaften Anwendung des Verfahrensrechts und tragen diese Entscheidung nicht.
10
1. Allerdings geht das Berufungsgericht zu Recht davon aus, dass das Werk der Beklagten mangelhaft ist, weil es nicht die vereinbarte Beschaffenheit aufweist, § 633 Abs. 2 Satz 1 BGB.
11
a) Welche Beschaffenheit eines Werkes die Parteien vereinbart haben, ergibt sich aus der Auslegung des Werkvertrages. Zur vereinbarten Beschaffenheit im Sinne des § 633 Abs. 2 Satz 1 BGB gehören alle Eigenschaften des Werkes, die nach der Vereinbarung der Parteien den vertraglich geschuldeten Erfolg herbeiführen sollen. Der vertraglich geschuldete Erfolg bestimmt sich nicht allein nach der zu seiner Erreichung vereinbarten Leistung oder Ausführungsart , sondern auch danach, welche Funktion das Werk nach dem Willen der Parteien erfüllen soll. Der Bundesgerichtshof hat deshalb in Fortführung des zu § 633 BGB a.F. entwickelten funktionalen Mangelbegriffs eine Abweichung von der vereinbarten Beschaffenheit angenommen, wenn der mit dem Vertrag verfolgte Zweck der Herstellung eines Werkes nicht erreicht wird und das Werk seine vereinbarte oder nach dem Vertrag vorausgesetzte Funktion nicht erfüllt (BGH, Urteil vom 8. November 2007 - VII ZR 183/05, BGHZ 174, 110; zum alten Recht: BGH, Urteil vom 17. Mai 1984 - VII ZR 169/82, BGHZ 91, 206, 212; Urteil vom 16. Juli 1998 - VII ZR 350/96, BGHZ 139, 244, 247; Urteil vom 11. November 1999 - VII ZR 403/98, BauR 2000, 411, 412 = NZBau 2000, 74 = ZfBR 2000, 121; Urteil vom 15. Oktober 2002 - X ZR 69/01, BauR 2003, 236, 238 = NZBau 2003, 33 = ZfBR 2003, 34; Beschluss vom 25. Januar 2007 - VII ZR 41/06, BauR 2007, 700 = NZBau 2007, 243 = ZfBR 2007, 340). Das gilt unabhängig davon, ob die Parteien eine bestimmte Ausführungsart vereinbart haben. Ist die Funktionstauglichkeit für den vertraglich vorausgesetzten oder gewöhnlichen Gebrauch vereinbart und ist dieser Erfolg mit der vertraglich vereinbarten Leistung oder Ausführungsart nicht zu erreichen, schuldet der Unternehmer die vereinbarte Funktionstauglichkeit (BGH, Urteil vom 8. November 2007 - VII ZR 183/05, aaO; Urteil vom 16. Juli 1998 - VII ZR 350/96, aaO; Urteil vom 11. November 1999 - VII ZR 403/98, aaO).
12
b) Bei Anwendung dieser Grundsätze fehlt dem Werk der Beklagten die vereinbarte Beschaffenheit. Das Berufungsgericht geht, von der Revision nicht beanstandet, davon aus, dass die von den Parteien übereinstimmend vorausgesetzte Verwendung der Leistung der Beklagten darin bestand, als Grundlage für von einem Drittunternehmer im Zusammenhang mit Erdarbeiten zu erstellende Rammpläne zu dienen. Die für diesen vertraglich vorausgesetzten Gebrauch vereinbarte Funktion erfüllt die Werkleistung der Beklagten nach den auch insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht, weil die Beklagte den tatsächlichen Verlauf des Dükers nicht durch Vermessung seiner Lage erfasst und dementsprechend dokumentiert hat, obwohl nur die präzise Einmessung des Dükers Gewähr für die Erarbeitung von Rammplänen bieten konnte, bei deren Beachtung der Düker nicht durch Erdarbeiten beschädigt worden wäre.
13
Das Werk der Beklagten ist auch dann funktionsuntauglich und damit mangelhaft, wenn die Klägerin von der Beklagten nur die Dokumentation einer idealisierten geradlinigen Verbindung zwischen Start- und Zielgrube ohne eine präzise Einmessung des Dükers verlangt haben sollte. Die dahingehende Be- hauptung der Beklagten betrifft Vereinbarungen zur Art der Ausführung der Werkleistungen, die ohne Einfluss auf die vertraglich vorausgesetzte Verwendung der von der Beklagten gefertigten Bestandspläne als Grundlage für die Planung und Ausführung von Erdarbeiten getroffen worden sein können. Darin unterscheidet sich der vorliegende Fall von dem Sachverhalt, den das OLG Saarbrücken in der vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Entscheidung vom 25. Oktober 2000 (NZBau 2001, 329) zu beurteilen hatte. Dort betrafen die behaupteten Abreden der Vertragsparteien zu Gegenstand und Art der Werkleistungen eine Unterschreitung des andernfalls geschuldeten üblichen Qualitätsstandards und damit den Maßstab für die Funktionalität des Werkes. Um eine solche "Beschaffenheitsvereinbarung nach unten" geht es nicht, wenn, wie hier, die Funktionstauglichkeit des Werkes für den vertraglich vorausgesetzten Gebrauch mit der vertraglich vereinbarten Leistung oder Ausführungsart nicht zu erreichen ist. Deshalb stellt sich auch die vom Berufungsgericht diskutierte und von der Revision aufgegriffene Frage, wer eine solche "Beschaffenheitsvereinbarung nach unten" darlegen und beweisen muss, nicht in entscheidungserheblicher Weise.
14
Die Beweislast für die von der Beklagten erhobene Behauptung ergibt sich vielmehr aus den vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätzen zur fehlenden Verantwortung eines Unternehmers infolge der Erfüllung seiner Prüfungs - und Hinweispflicht. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Unternehmer dann nicht für den Mangel seines Werks verantwortlich, wenn dieser auf verbindliche Vorgaben des Bestellers zurückzuführen ist und der Unternehmer seine Prüfungs- und Hinweispflicht erfüllt hat (BGH, Urteil vom 8. November 2007 - VII ZR 183/05, BGHZ 174, 110 Rn. 15; Urteil vom 10. Februar 2011 - VII ZR 8/10, BauR 2011, 869, 871 = NZBau 2011, 360 = ZfBR 2011, 454). Das gilt auch in den Fällen, in denen die Parteien eine bestimmte Funktion des Werkes voraussetzen oder vereinbaren, die Befolgung der bindenden Anordnungen des Bestellers zur Ausführungsweise jedoch dazu führt, dass diese Funktion nicht erfüllt wird. Der Unternehmer haftet nicht für die fehlende Funktionstauglichkeit des Werkes, wenn er den Besteller auf die Bedenken gegen eine solche Anordnung hingewiesen hat und dieser auf der untauglichen Ausführung besteht. Die Darlegungs- und Beweislast für einen Tatbestand , der dazu führt, dass der Unternehmer von der Mängelhaftung befreit ist, trägt der Unternehmer (BGH, Urteil vom 8. November 2007 - VII ZR 183/05, BGHZ 174, 110 Rn. 26). Er hat dementsprechend vorzutragen und zu beweisen , dass die Zweck- und Funktionsverfehlung des Werkes auf bindende Anordnungen des Bestellers zurückzuführen ist und er seiner Prüfungs- und Hinweispflicht nachgekommen ist.
15
2. Erweist sich die Entscheidung des Berufungsgerichts hinsichtlich der Annahme eines Mangels und der Beweislastverteilung demnach im Ergebnis als richtig, kann das Berufungsurteil gleichwohl keinen Bestand haben. Das Berufungsgericht hat zwar die Frage geprüft, ob die Behauptung der Beklagten zutrifft, die Klägerin habe eine bindende Anordnung erteilt, die Dokumentation lediglich mit einer idealisierten geradlinigen Verbindung zwischen Start- und Zielgrube vorzunehmen. Seine Würdigung, eine solche Anordnung habe die Beklagte nicht bewiesen, beruht jedoch auf einem Verfahrensfehler. Das Berufungsgericht hat die erstinstanzlich vernommenen Zeugen entgegen § 529 Abs. 1 Nr. 1, § 398 Abs. 1 ZPO nicht erneut vernommen, obwohl es dazu verpflichtet war.
16
a) Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ist das Berufungsgericht grundsätzlich an die Tatsachenfeststellungen des ersten Rechtszuges gebunden. Bei Zweifeln an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen ist eine erneute Beweisaufnahme zwingend geboten. Insbesondere muss das Berufungsgericht die bereits in erster Instanz vernommenen Zeugen nochmals gemäß § 398 Abs. 1 ZPO vernehmen, wenn es deren Aussagen anders würdigen will als die Vorinstanz. Die nochmalige Vernehmung eines Zeugen kann allenfalls dann unterbleiben, wenn sich das Rechtsmittelgericht auf solche Umstände stützt, die weder die Urteilsfähigkeit, das Erinnerungsvermögen oder Wahrheitsliebe des Zeugen noch die Vollständigkeit oder Widerspruchsfreiheit seiner Aussage betreffen (BGH, Beschluss vom 14. Juli 2009 - VIII ZR 3/09, ZfBR 2009, 776; Beschluss vom 10. November 2010 - IV ZR 122/09, NJW 2011, 1364, jeweils m.w.N.). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht vor.
17
b) Das Landgericht hat die Aussagen der von ihm vernommenen Zeugen dahin gewürdigt, dass die Beklagte die Lage des Dükers lediglich durch eine geradlinige Verbindung zwischen Start- und Zielgrube ermitteln und dokumentieren sollte. Den ihr obliegenden Beweis, keine dahingehende Abrede getroffen zu haben, habe die Klägerin nicht geführt. Die Aussagen der von ihr benannten Zeugen S., V., P. und W. seien unergiebig. Demgegenüber habe der Zeuge Sch. glaubhaft bekundet, dass die Beklagte ihrem Vorbringen entsprechend nur mit der Einmessung der Start- und Zielgrube beauftragt gewesen sei. Der Zeuge sei aufgrund des persönlichen Eindrucks glaubwürdig. Für die Glaubhaftigkeit spreche auch, dass der Zeuge seine Aussage beeidigt habe. Demgegenüber hat das Berufungsgericht die Beklagte als beweisbelastet für die Richtigkeit ihrer Behauptung angesehen, eine hinter der funktionsgerechten Einmessung des Dükers zurückbleibende Leistungsvereinbarung getroffen zu haben. Die Vereinbarung einer solchen "Qualitätsabweichung nach unten" sei ebenso wenig bewiesen wie die von der Klägerin behauptete Vereinbarung einer funktionstauglichen Vermessung des Dükers. Anders als das Landgericht hat es den Bekundungen des Zeugen V. Indizien für die Richtigkeit des Sachvortrages der Klägerin in diesem Punkt entnommen. Seine Aussage stehe der des Zeugen Sch. gegenüber, ohne dass der Aussage des einen Zeugen einer stärkere Überzeugungskraft beizumessen sei als der des anderen. Damit hat es die Glaubwürdigkeit des Zeugen Sch. und die Glaubhaftigkeit seiner Bekundungen anders beurteilt als das Landgericht, das keine Zweifel an der Zuverlässigkeit des Zeugen und der Richtigkeit seiner Aussage gehabt hat. Zu dieser Einschätzung durfte das Berufungsgericht nicht gelangen, ohne sich durch eine erneute Vernehmung der Zeugen einen eigenen Eindruck verschafft zu haben. Dass es seine Würdigung des Beweisergebnisses mit der Heranziehung von solchen Umständen begründet hat, denen das Landgericht keine Beweiserheblichkeit beigemessen hat, ändert daran nichts.

III.

18
Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden. Das Berufungsurteil war daher aufzuheben und die Sache war zur Nachholung der erforderlichen Feststellungen und erneuten Durchführung der Beweisaufnahme an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
19
Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass - sollte sich die Darstellung der Beklagten als richtig erweisen - auch zu prüfen wäre, ob die Parteien eine Vereinbarung darüber getroffen haben, dass das Risiko der unzureichenden Darstellung des Dükers für die Rammarbeiten von der Klägerin übernommen worden ist. Das Zustandekommen einer solchen, im Bewusstsein des übernommenen Risikos getroffenen haftungsbeschränkenden Vereinbarung ist möglich, wenn die Klägerin von der Beklagten lediglich die Dokumentation einer idealisierten geradlinigen Verbindung zwischen Start- und Zielgrube verlangt haben sollte, obwohl ihr in gleicher Weise wie der Beklagten bewusst war, dass diese Art der Ausführung der Werkleistung ungeeignet war für die vertraglich vorausgesetzte Verwendung und zu einer Beschädigung des Dükers durch nachfolgende Erdarbeiten führen konnte. Eine zum Haftungsausschluss führende, rechtsgeschäftliche Risikoübernahme kann in der Regel nur dann angenommen werden, wenn der Unternehmer den Besteller vor der Ausführung der Leistung über das bestehende Risiko hinreichend aufklärt und der Besteller sich gleichwohl mit der Übernahme des Risikos rechtsgeschäftlich einverstanden erklärt (Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 3. Aufl., 6. Teil, Rn. 25 m.w.N.). Feststellungen dazu, ob eine diesen Anforderungen genügende Risikoaufklärung stattgefunden hat oder ob eine solche möglicherweise entbehrlich war, weil die Klägerin sich des übernommenen Risikos und seiner Tragweite ohnehin bewusst war, sind bisher nicht getroffen. Den Parteien ist Gelegenheit zu geben, hierzu ergänzend vorzutragen.
20
Für den Fall, dass eine rechtsgeschäftliche Risikoübernahme nicht festgestellt werden kann, wäre zu prüfen, ob die Beklagte ihre Prüfungs- und Hinweispflicht erfüllt hat. Eine Hinweispflicht der Beklagten besteht nicht, wenn der Klägerin das Risiko ihrer Anordnung klar war. Das hat das Landgericht angenommen.
21
Der Senat weist darauf hin, dass sich für den Fall, dass sich eine Haftungsbeschränkung für die Beklagte nicht ergibt, gegen die von der Revision angegriffene Berücksichtigung eines hälftigen Mitverschuldens der Klägerin revisionsrechtlich keine Bedenken bestehen.
Kniffka Bauner Eick Halfmeier Leupertz
Vorinstanzen:
LG Potsdam, Entscheidung vom 11.02.2010 - 3 O 113/08 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 30.03.2011 - 13 U 16/10 -

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Ist das Werk mangelhaft, kann der Besteller, wenn die Voraussetzungen der folgenden Vorschriften vorliegen und soweit nicht ein anderes bestimmt ist,1.nach § 635 Nacherfüllung verlangen,2.nach § 637 den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforde

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(1) Der Unternehmer hat dem Besteller das Werk frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen.

(2) Das Werk ist frei von Sachmängeln, wenn es die vereinbarte Beschaffenheit hat. Soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart ist, ist das Werk frei von Sachmängeln,

1.
wenn es sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte, sonst
2.
für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Werken der gleichen Art üblich ist und die der Besteller nach der Art des Werkes erwarten kann.
Einem Sachmangel steht es gleich, wenn der Unternehmer ein anderes als das bestellte Werk oder das Werk in zu geringer Menge herstellt.

(3) Das Werk ist frei von Rechtsmängeln, wenn Dritte in Bezug auf das Werk keine oder nur die im Vertrag übernommenen Rechte gegen den Besteller geltend machen können.

Ist das Werk mangelhaft, kann der Besteller, wenn die Voraussetzungen der folgenden Vorschriften vorliegen und soweit nicht ein anderes bestimmt ist,

1.
nach § 635 Nacherfüllung verlangen,
2.
nach § 637 den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen,
3.
nach den §§ 636, 323 und 326 Abs. 5 von dem Vertrag zurücktreten oder nach § 638 die Vergütung mindern und
4.
nach den §§ 636, 280, 281, 283 und 311a Schadensersatz oder nach § 284 Ersatz vergeblicher Aufwendungen verlangen.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Der Unternehmer hat dem Besteller das Werk frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen.

(2) Das Werk ist frei von Sachmängeln, wenn es die vereinbarte Beschaffenheit hat. Soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart ist, ist das Werk frei von Sachmängeln,

1.
wenn es sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte, sonst
2.
für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Werken der gleichen Art üblich ist und die der Besteller nach der Art des Werkes erwarten kann.
Einem Sachmangel steht es gleich, wenn der Unternehmer ein anderes als das bestellte Werk oder das Werk in zu geringer Menge herstellt.

(3) Das Werk ist frei von Rechtsmängeln, wenn Dritte in Bezug auf das Werk keine oder nur die im Vertrag übernommenen Rechte gegen den Besteller geltend machen können.

26
d) Das Berufungsgericht hat dazu keine Feststellungen getroffen. Es hat gemeint, nach der Beweisaufnahme sei offen geblieben, ob die Klägerin sich auf die Tauglichkeit des Konzepts habe verlassen dürfen. Der Beklagte habe den Beweis einer Hinweispflichtverletzung deshalb nicht geführt. Diese Entscheidung beruht auf einer Verkennung der Beweislast. Es ist Sache des Unternehmers , die Voraussetzungen für den Tatbestand darzulegen und zu beweisen , der ihn nach Treu und Glauben ausnahmsweise von der Mängelhaftung befreit. Der Bundesgerichtshof hat deshalb dem Unternehmer die Darlegungs - und Beweislast dafür auferlegt, dass er seiner Prüfungs- und Hinweispflicht nachgekommen ist (BGH, Urteil vom 4. Juni 1973 - VII ZR 112/71, BauR 1973, 313, 315; Urteil vom 29. November 1973 - VII ZR 179/71, BauR 1974, 128). Diese Darlegungs- und Beweislast ist zu Recht in § 13 Nr. 3 VOB/B 2002 klargestellt worden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 69/01 Verkündet am:
15. Oktober 2002
Potsch
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGB § 640 Abs. 1 i.d.F. vom 1.5.2000
Einer Fristsetzung nach § 640 Abs. 1 Satz 2 BGB in der Fassung des Gesetzes zur
Beschleunigung fälliger Zahlungen bedarf es jedenfalls dann nicht, wenn die von der
Rechtsprechung entwickelten Voraussetzungen für eine klageweise Durchsetzung
des Werklohnanspruchs trotz fehlender Abnahme bereits bei Inkrafttreten dieses
Gesetzes vorlagen.
Nur unter besonderen Umständen kann daraus, daß die Partei in der mündlichen
Verhandlung ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel so zeitig vorzubringen hat, wie es
nach der Prozeßlage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten
Prozeßführung entspricht, eine Verpflichtung der Partei abgeleitet werden, Ermittlungen
zur Feststellung ihr nicht bekannter tatsächlicher Umstände anzustellen.
BGH, Urt. v. 15. Oktober 2002 - X ZR 69/01 - OLG Köln
LG Köln
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 15. Oktober 2002 durch die Richter Prof. Dr. Jestaedt,
Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und die Richter Dr. Meier-Beck und
Asendorf

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 2. März 2001 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zu anderweiter Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Zahlung von Werklohn für Lieferung und Montage einer Zu- und Abluftanlage für die Küche und die Gasträume
eines China-Restaurants in Anspruch. In der Auftragsbestätigung der Klägerin hieß es u.a.: "Die Luftmengen und Temperaturen werden gemäß den geltenden Vorschriften ausgeführt. Die Leistung erfolgt zum Pauschalpreis von DM 70.000,-- zuzüglich Mehrwertsteuer. ... Bevor wir mit der Ausführung beginnen können, benötigen wir dringend noch folgende Unterlagen: ... - Haubenanschluß, Anschlußwerte des Herstellers ...". Nach mehrfacher Erinnerung teilte der Beklagte der Klägerin für die Kü-

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chenablufthaube einen Sollvolumenstrom von 3.000 m /h mit.
Nachdem die Klägerin den von ihr in der Küche zunächst eingebauten und vom Beklagten als zu laut beanstandeten Lüfter gegen einen anderen ausgetauscht hatte, verlangte sie vom Beklagten mit Schreiben vom 20. März 1995 die Mitteilung eines Abnahmetermins. Das lehnte der Beklagte mit der Begründung ab, die Abluftanlagen im Damen-WC und in der Küche seien mangelhaft.
Das Landgericht hat nach Einholung eines Sachverständigengutachtens die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Küchenabluftanlage erreiche

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nicht das von den Parteien vereinbarte Luftstromvolumen von 3.000 m /h.
Das Berufungsgericht hat zunächst ein Ergänzungsgutachten eingeholt. Am Tag vor der letzten mündlichen Verhandlung hat der Beklagte einen kurz zuvor erstatteten TÜV-Prüfbericht vorgelegt, in dem für die Küche ein Abluft-
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3 volumen von 3.150 m /h und ein Zuluftvolumen von 1.520 m /h angegeben wird. Das Berufungsgericht hat das erstinstanzliche Urteil abgeändert und den Beklagten zur Zahlung verurteilt.
Hiergegen richtet sich die Revision des Beklagten, mit der er den Klageabweisungsantrag weiterverfolgt.
Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel entgegen.

Entscheidungsgründe:


Die zulässige Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht, dem auch die Entscheidung über die Kosten der Revision zu übertragen ist.
I. Das Berufungsgericht hat festgestellt, der Beklagte habe das Werk der Klägerin weder ausdrücklich noch stillschweigend abgenommen. Diese von der Revision als ihr günstig nicht angegriffene Feststellung läßt keinen Rechtsfehler erkennen.
II. 1. Das Berufungsgericht hat jedoch angenommen, daß der Unternehmer auch ohne Abnahme sofort auf Zahlung seiner Vergütung klagen kann, wenn der Besteller die Abnahme grundlos und endgültig verweigert oder ein vorhandener Mangel nach seiner Art, seinem Umfang und vor allem seinen Auswirkungen derart unbedeutend ist, daß das Interesse des Bestellers an ei-
ner Beseitigung vor Abnahme nicht schützenswert ist und sich seine Verweigerung deshalb als Verstoß gegen Treu und Glauben darstellt. Das entspricht der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urt. v. 25.1.1996 - VII ZR 26/95, NJW 1996, 1280, 1281). Dabei hat das Berufungsgericht allerdings nicht berücksichtigt, daß § 640 Abs. 1 BGB i.d.F. des Gesetzes zur Beschleunigung fälliger Zahlungen hierzu nunmehr eine gesetzliche Regelung enthält, indem er bestimmt, daß die Abnahme wegen unwesentlicher Mängel nicht verweigert werden kann (Satz 2) und daß es der Abnahme gleichsteht, wenn der Besteller das Werk nicht innerhalb einer ihm vom Unternehmer bestimmten angemessenen Frist abnimmt, obwohl er dazu verpflichtet ist (Satz 3). Nach Art. 229 § 1 Abs. 2 Satz 3 EGBGB finden diese Vorschriften auch auf vor dem 1. Mai 2000 abgeschlossene Verträge mit der Maßgabe Anwendung, daß der Lauf der in § 640 Abs. 1 Satz 3 BGB bestimmten Frist erst mit dem 1. Mai 2000 beginnt.
2. Die Nichtberücksichtigung dieser Vorschriften ist im Ergebnis jedoch unschädlich. Dabei kann dahinstehen, ob es nach neuer Rechtslage einer Fristsetzung auch dann bedarf, wenn der Besteller die Abnahme ernsthaft und endgültig verweigert, weil § 640 Abs. 1 BGB keine § 634 Abs. 2 BGB (in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden und gemäß Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB für das Streitverhältnis maßgebenden Fassung; im folgenden: a.F.) entsprechende Vorschrift enthält (so Palandt/Sprau, BGB, 61. Aufl., § 640 Rdn. 8; Roth, JZ 2001, 543, 550; a.A. Motzke, NZBau 2000, 489, 495; Niemöller, BauR 2001, 481, 485; s. ferner Kniffka, ZfBR 2000, 227, 230, der die Fortführung der bisherigen Rechtsprechung für erwägenswert hält). Ebenso kann dahinstehen, ob das vom Berufungsgericht in Bezug genommene Schreiben vom 20. März 1995 eine Fristsetzung nach § 640 Abs. 1 Satz 3 BGB enthält, deren Lauf gemäß
Art. 229 § 1 Abs. 2 Satz 3 EGBGB mit dem 1. Mai 2000 begann. Da durch die Neuregelung die Rechtsstellung des Unternehmers verbessert und nicht verschlechtert werden sollte, bedarf es einer Fristsetzung jedenfalls dann nicht, wenn die Voraussetzungen für einen Zahlungsanspruch des Bestellers ohne Abnahme bereits bei Inkrafttreten des Gesetzes zur Beschleunigung fälliger Zahlungen vorlagen. Die Übergangsregelung schließt das nicht aus, da sie lediglich bestimmt, unter welchen Voraussetzungen seit dem 1. Mai 2000 auch bei vor diesem Zeitpunkt abgeschlossenen Verträgen eine Abnahmeverpflichtung des Bestellers oder ein der Abnahme gleichgestellter Tatbestand entstehen kann.
3. Einen Mangel der Lüftungsanlage im Damen-WC hat das Berufungsgericht verneint. Das wird von der Revision nicht angegriffen und läßt keinen Rechtsfehler erkennen.
4. Das Berufungsgericht meint ferner, der Beklagte sei auch nicht wegen unzureichender Leistung der Abluftanlage in der Restaurantküche zur Verweigerung der Abnahme berechtigt. Der Beklagte habe der Klägerin auf deren Anfrage mitgeteilt, daß die Anlage in der Küche mit einem Volumenstrom

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von 3.000 m /h arbeiten solle; dies sei Gegenstand des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages geworden. Diese Abluftleistung erbringe die Anlage, wie der gerichtliche Sachverständige in seinem vom Berufungsgericht eingeholten Ergänzungsgutachten festgestellt habe und auch der Beklagte dadurch bestätigt habe, daß er unter Bezugnahme auf das TÜV-Gutachten einen ge-

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messenen Volumenstrom von 3.150 m /h vorgetragen habe. Soweit der Be-

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klagte der Ansicht sei, der Sollvolumenstrom betrage 5.674 m /h, sei dies des-
halb unerheblich, weil die seiner Ansicht nach zu geringe Dimensionierung allein in seinen Verantwortungsbereich falle.
Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

a) Durchgreifende Bedenken bestehen bereits gegen die Feststellung des Berufungsgerichts, die Parteien hätten einen Sollvolumenstrom von

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3.000 m /h vereinbart. Das Berufungsgericht bezieht sich hierzu auf das erstinstanzliche Urteil, in dem das Landgericht aus der Bekundung des Zeugen A. , der Beklagte habe ihm gegenüber in einer Besprechung im November

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1994 einen erforderlichen Volumenstrom von 3.000 m /h genannt, folgert, dies sei Bestandteil des Vertrages der Parteien geworden. Die Revision rügt zu Recht, daß Landgericht und Berufungsgericht hierbei den vorgetragenen Sachverhalt nicht ausgeschöpft haben.
Nach der Auftragsbestätigung der Klägerin sollten "die Luftmengen ... gemäß den geltenden Vorschriften ausgeführt" werden; es war dort ferner angegeben , daß die Klägerin, bevor sie mit der Ausführung beginnen könne, dringend die Anschlußwerte des Herstellers (der Ofenhaube) benötige. Das Berufungsgericht hat es unterlassen, den (zunächst) mit diesem Inhalt zustandegekommenen Vertrag auszulegen. Sein Wortlaut deutet darauf hin, daß die Klägerin die Volumenströme so zu dimensionieren hatte, wie dies den anwendbaren gesetzlichen Vorschriften und im übrigen den einschlägigen Normen und sonstigen Regeln der Technik für eine fachgerechte Entlüftung entsprach und die Mitteilung der Anschlußwerte ihr lediglich die für eine entsprechende Auslegung der Anlage notwendigen Informationen über für ihre Leistung vorgegebene Umstände liefern sollte.

Auf der Grundlage einer solchen vertraglichen Regelung stellte aber die Mitteilung des Volumenstromes durch den Beklagten zunächst nur die vereinbarte tatsächliche Information dar. Daß sie nach der Vorstellung der Parteien zugleich eine Änderung oder jedenfalls Konkretisierung des geschuldeten Leistungsinhalts bedeuten sollte, ist zwar nicht ausgeschlossen, bedürfte jedoch zusätzlicher tatsächlicher Anhaltspunkte für eine entsprechende Willensübereinstimmung , die das Berufungsgericht nicht festgestellt hat.

b) Unabhängig hiervon hat das Berufungsgericht nicht berücksichtigt , daß nach ständiger Rechtsprechung ein Fehler im Sinne des § 633 Abs. 1 BGB a.F. schon dann vorliegt, wenn das Werk von der Beschaffenheit abweicht , die es für den vertraglich vorausgesetzten Gebrauch haben muß. Der Auftraggeber hat die Entstehung eines mangelfreien, zweckgerechten Werkes zu gewährleisten. Entspricht die Leistung nicht diesen Anforderungen, so ist sie fehlerhaft, und zwar unabhängig davon, ob die anerkannten Regeln der Technik eingehalten worden sind. Ausschlaggebend ist allein, daß der Leistungsmangel zwangsläufig den angestrebten Erfolg beeinträchtigt (BGHZ 91, 206, 212; BGH, Urt. v. 6.5.1985 - VII ZR 304/83, BauR 1985, 567, 568; Urt. v. 20.4.1989 - VII ZR 80/88, BauR 1989, 462, 464; Urt. v. 19.1.1995 - VII ZR 131/93, NJW-RR 1995, 472 f.; Sen.Urt. v. 17.12.1996 - X ZR 86/94, NJW-RR 1997, 688, 689). Ein Mangel liegt deshalb auch dann vor, wenn eine bestimmte Ausführung der Werkleistung vereinbart ist, sich jedoch als für die beabsichtigte Verwendung untauglich erweist (BGHZ 91, 206, 213; BGH, Urt. v. 20.11.1986 - VII ZR 360/85, BauR 1987, 207, 208).
Nach der vom Berufungsgericht nicht geprüften und daher für das Revisionsverfahren als richtig zu unterstellenden Behauptung des Beklagten muß

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die Lüftungsanlage für einen Abluftvolumenstrom von 5.674 m /h ausgelegt werden. Sie ist daher selbst dann fehlerhaft ausgelegt, wenn die Parteien

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übereinstimmend ein Sollvolumen von 3.000 m /h zugrundegelegt haben.

c) Anders läge es nur dann, wenn der Beklagte der Klägerin eine bindende Anweisung erteilt hätte, die der Klägerin keine Wahl gelassen und absolute Befolgung erheischt hätte (BGHZ 91, 206, 214). Derartiges hat das Berufungsgericht nicht festgestellt.
5. Die vom Berufungsgericht angenommene grundlose Abnahmeverweigerung kann auch nicht aus anderen Gründen angenommen werden.

a) Allerdings trifft den Beklagten ein Mitverschulden an der unzureichenden Dimensionierung des Abluftvolumenstromes, da er der Klägerin fehlerhafte Angaben gemacht hat. Das schloß jedoch die Verpflichtung der Klägerin zu einer fachgerechten Auslegung der Anlage jedenfalls deshalb nicht aus, weil die Klägerin, wie das Berufungsgericht festgestellt hat, bereits vor Abschluß ihrer Arbeiten Kenntnis davon erhalten hat, daß der vom Beklagten angegebene Abluftwert nicht zutraf. Sie bot deshalb dem Beklagten, wie sich aus dem im Berufungsurteil in Bezug genommenen erstinstanzlichen Urteil ergibt, eine Erweiterung der Abluftanlage durch den Einbau von zwei neuen Schall-

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dämpfern und einem Lüfter, ausgelegt für einen Volumenstrom von 6.000 m /h, zu einem Mehrpreis von 7.061,-- DM netto an. Nachdem der Beklagte dieses Angebot nicht annahm, baute die Klägerin den von ihr nach ihrem Vorbringen aufgrund eines Versehens ursprünglich eingebauten - vom Beklagten als zu

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laut gerügten - Lüfter mit einer Leistung von 4.850 m /h wieder aus und an sei-

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ner Stelle einen Lüfter mit einem Sollvolumenstrom von 3.000 m /h ein. Danach hat aber die Klägerin den Lüfter mit dem unzureichenden Sollvolumenstrom erst zu einem Zeitpunkt eingebaut, als ihr der zu geringe Sollwert bereits bekannt war; das durfte sie nicht tun.

b) Die - auch - dadurch verursachte mangelhafte Werkleistung kann auch nicht deshalb allein dem Beklagten angelastet werden, weil er das Zusatzangebot der Klägerin nicht angenommen hat. Da die Parteien einen Pauschalpreis für die Lieferung und Montage der Zu- und Abluftanlage für Küche und Gastraum vereinbart hatten, stand der Klägerin für den leistungsfähigeren Lüfter als solchen keine Mehrvergütung zu. Eine zusätzliche Vergütung konnte sie nur für solche Mehraufwendungen beanspruchen, die ihr durch die nachträgliche Umstellung auf einen höheren Sollvolumenstrom entstanden. Solche Mehraufwendungen hat die Klägerin jedoch nicht beziffert und nicht gefordert.
6. Soweit der Beklagte in der letzten mündlichen Verhandlung unter Bezugnahme auf seinen Schriftsatz vom 11. Januar 2001 und den diesem beigefügten Prüfbericht der TÜV Anlagentechnik GmbH vom 8. Januar 2001 fer-

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ner eine mit 1.530 m /h unzureichende Auslegung der Küchenzuluftanlage bemängelt hat, hat das Berufungsgericht dies zum einen für nicht nachvollziehbar gehalten, da die vorgelegte Meßwerttabelle für die Zuluft keinen Sollwert aufweise. Zum anderen hat es gemeint, der Vortrag sei nach § 528 Abs. 2 ZPO als verspätet zurückzuweisen, weil der Beklagte ihn schon in erster Instanz hätte halten können, insbesondere gemäß TPrüfVO die TÜV-Prüfung schon zu einem wesentlichen früheren Zeitpunkt hätte vornehmen lassen müssen, und die
Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens die Erledigung des entscheidungsreifen Rechtsstreits verzögern würde.
Auch das beanstandet die Revision mit Erfolg.

a) In der Mängelliste des TÜV-Berichts heißt es unter Nr. 11 zur Minderleistung des Küchen-Zuluftvolumenstromes, sie betrage ca. 57 % gegenüber dem unter Punkt 1 der Bemerkungen berechneten Volumenstrom (=

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3.568 m /h). Es wird ferner ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die Bilanz aller Luftströme (Zu- und Abluft) im gesamten Küchenbereich ausgeglichen sein sollte. Ein mangelhafter Zuluftwert war damit nachvollziehbar dargelegt.

b) Die Voraussetzungen des § 528 Abs. 2 ZPO (in der nach § 26 Nr. 5 EGZPO maßgeblichen, bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung) für die Zurückweisung dieses Vorbringens lagen nicht vor.
Nach dieser Vorschrift sind neue Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszug entgegen § 282 Abs. 1 ZPO nicht rechtzeitig vorgebracht oder entgegen § 282 Abs. 2 ZPO nicht rechtzeitig mitgeteilt worden sind, nur zuzulassen, wenn ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder wenn die Partei das Vorbringen im ersten Rechtszug nicht aus grober Nachlässigkeit unterlassen hatte.
Schon ein Verstoß des Beklagten gegen seine Prozeßförderungspflicht kann jedoch nicht angenommen werden. Eine Partei hat nach § 282 Abs. 1 ZPO in der mündlichen Verhandlung ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel,
insbesondere Behauptungen, Bestreiten, Einwendungen, Einreden, Beweis- mittel und Beweiseinreden, so zeitig vorzubringen, wie es nach der Prozeßlage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozeßführung entspricht. Die Vorschrift hält damit die Parteien zu konzentrierter Verfahrensführung an; Vorbringen soll grundsätzlich nicht aus prozeßtaktischen Erwägungen zurückgehalten werden (vgl. MünchKomm./Prütting, ZPO, 2. Aufl., § 282 Rdn. 2, 10; Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl., § 282 Rdn. 3). Eine Verpflichtung, tatsächliche Umstände, die der Partei nicht bekannt sind, erst zu ermitteln, ist daraus grundsätzlich nicht abzuleiten, sondern kann nur durch besondere Umstände begründet werden. Die Verletzung einer anderen Zwecken dienenden öffentlich-rechtlichen Verpflichtung, wie sie das Berufungsgericht hier angenommen hat, reicht zur Begründung einer entsprechenden prozessualen "Ermittlungspflicht" nicht aus.
Zu der für eine Zurückweisung weiterhin erforderlichen groben Nachlässigkeit hat das Berufungsgericht überhaupt keine Feststellungen getroffen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs liegt grobe Nachlässigkeit im Sinne der genannten Bestimmung - gleichermaßen wie im Sinne des § 296 Abs. 2 ZPO - nur dann vor, wenn eine Prozeßpartei ihre Pflicht zur Prozeßführung in besonders gravierender Weise vernachlässigt, wenn sie also dasjenige unterläßt, was nach dem Stand des Verfahrens jeder Partei hätte als notwendig einleuchten müssen (vgl. BVerfG NJW 1985, 1149; BGH, Urt. v. 24.9.1986 - VIII ZR 255/85, NJW 1987, 501, 502; Urt. v. 5.7.1990 - I ZR 164/88, NJW 1991, 493, 494). Die diesen Vorwurf begründenden Tatsachen muß das Gericht in seinem Urteil feststellen (BGH, Urt. v. 8.11.1990 - VII ZR 3/90, NJW-RR 1991, 701; Urt. v. 8.3.1991 - V ZR 339/89, NJW-RR 1991, 767); auch daran fehlt es.

Jestaedt Keukenschrijver Mühlens
Meier-Beck Asendorf
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d) Das Berufungsgericht hat dazu keine Feststellungen getroffen. Es hat gemeint, nach der Beweisaufnahme sei offen geblieben, ob die Klägerin sich auf die Tauglichkeit des Konzepts habe verlassen dürfen. Der Beklagte habe den Beweis einer Hinweispflichtverletzung deshalb nicht geführt. Diese Entscheidung beruht auf einer Verkennung der Beweislast. Es ist Sache des Unternehmers , die Voraussetzungen für den Tatbestand darzulegen und zu beweisen , der ihn nach Treu und Glauben ausnahmsweise von der Mängelhaftung befreit. Der Bundesgerichtshof hat deshalb dem Unternehmer die Darlegungs - und Beweislast dafür auferlegt, dass er seiner Prüfungs- und Hinweispflicht nachgekommen ist (BGH, Urteil vom 4. Juni 1973 - VII ZR 112/71, BauR 1973, 313, 315; Urteil vom 29. November 1973 - VII ZR 179/71, BauR 1974, 128). Diese Darlegungs- und Beweislast ist zu Recht in § 13 Nr. 3 VOB/B 2002 klargestellt worden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 8/10 Verkündet am:
10. Februar 2011
Seelinger-Schardt,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Ein Architekt, der sich zur Erstellung einer Genehmigungsplanung verpflichtet,
schuldet als Werkerfolg grundsätzlich eine dauerhaft genehmigungsfähige Planung.
Etwas anderes gilt dann, wenn der Auftraggeber das Risiko der Genehmigungsfähigkeit
der Planung aufgrund vertraglicher Vereinbarung übernimmt.

b) Es können bauordnungsrechtliche Bedenken von solchem Gewicht gegen die Zulässigkeit
eines Bauvorhabens bestehen, dass der Bauherr ihretwegen nicht ohne
weiteres auf die Rechtmäßigkeit der erteilten Baugenehmigung vertrauen darf (im
Anschluss an BGH, Urteil vom 12. Juni 1975 - III ZR 34/73, NJW 1975, 1968,
1969).

c) Sind dem Auftraggeber Umstände bekannt, aufgrund derer sich die Fehlerhaftigkeit
der Genehmigungsplanung des Architekten aufdrängt, und macht er von der
erteilten Baugenehmigung dennoch Gebrauch, verstößt er regelmäßig gegen die
im eigenen Interesse bestehende Obliegenheit, sich selbst vor Schäden zu bewahren
BGH, Urteil vom 10. Februar 2011 - VII ZR 8/10 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 9. Dezember 2010 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kniffka und
die Richter Dr. Kuffer, Bauner, Halfmeier und Prof. Leupertz

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 23. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 18. Dezember 2009 aufgehoben , soweit zu seinem Nachteil entschieden worden ist. Die Anschlussrevision der Kläger wird zurückgewiesen. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Kläger begehren die Feststellung, dass der beklagte Architekt für Schäden hafte, die durch die Rücknahme der Baugenehmigung für einen gartenseitigen Anbau an ihrem Einfamilienhaus in D. sowie durch eine Abrissverfügung und weitere Maßnahmen der Stadt D. verursacht werden.
2
Die Kläger beauftragten den Beklagten 1990 mit der Erstellung einer Bauplanung für einen An- und Umbau ihres Einfamilienhauses in D. Diese Planung sah auf der zum Nachbargrundstück K. gelegenen Seite einen eingeschossigen Anbau mit einer Dachterrasse vor. Bestandteil des auf Grundlage der Planung des Beklagten eingereichten Bauantrags war ein von ihm erstellter Lageplan, der von den damaligen Eigentümern des benachbarten Grundstücks, den Eheleuten K., unterzeichnet war und deren Zustimmung zur Unterschreitung des Grenzabstands belegen sollte. Dieses Bauvorhaben wurde nicht verwirklicht.
3
Nachdem am 3. Dezember 1997 ein Gespräch mit Mitarbeitern des Bauaufsichtsamtes stattgefunden hatte, beauftragten die Kläger den Beklagten 1998 mit der Bau- und Ausführungsplanung eines zweigeschossigen Anbaus auf der zum Nachbargrundstück K. gelegenen Seite. Am 10. November 1998 fand eine weitere Besprechung im Bauaufsichtsamt betreffend die Genehmigungsfähigkeit des geänderten Bauvorhabens statt, bei der die Klägerin und der Beklagte anwesend waren. Der Beklagte fasste das Ergebnis dieser Besprechung in einer Aktennotiz vom 12. November 1998 zusammen, in der unter anderem festgehalten war, dass eine erneute Nachbarzustimmung notwendig sei. Die Klägerin war hiermit nicht einverstanden und verfasste mit Datum vom 14. November 1998 einen geänderten Gesprächsvermerk, in dem sie auch das Gespräch aus dem Jahr 1997 zusammenfasste und in den sie aufnahm, dass nach den Ergebnissen der beim Bauaufsichtsamt geführten Gespräche eine erneute Zustimmung der Nachbarn nicht erforderlich sei. Diesen Vermerk übersandte sie dem Beklagten, der ihn mit einigen kleineren Korrekturen von technischen Daten, jedoch keinen weiteren Anmerkungen zum Erfordernis der Nachbarzustimmung der Klägerin zurücksandte, die ihn sodann dem Bauaufsichtsamt zuleitete. Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Beklagte die Kläger mündlich darüber aufgeklärt hat, dass die von den Nachbarn K. erteilte Ge- nehmigung nicht für das geänderte Vorhaben gelte. Das Bauvorhaben wurde mit Bescheiden vom 21. Januar 1999 und 26. November 1999 auf der Grundlage der vom Beklagten gefertigten Planung ohne neuerliche Nachbarzustimmung genehmigt, obwohl eine solche aufgrund der zweigeschossigen Bauweise im Bauwich erforderlich gewesen wäre.
4
Im Frühjahr 1999 begannen die Kläger mit der Baumaßnahme. Kurz vor Abschluss der Bauarbeiten legte der neue Eigentümer des Nachbargrundstücks , der Sohn der Eheleute K., am 12. November 1999 Nachbarwiderspruch ein. Daraufhin erließ das Bauaufsichtsamt der Stadt D. am 9. Dezember 1999 eine Stilllegungsverfügung, welche darauf gestützt wurde, dass näher an die Nachbargrenze gebaut worden sei als genehmigt. Mit Bescheid vom 15. Oktober 2002 nahm das Bauaufsichtsamt die Baugenehmigung vom 3. Mai 1993 in der Form der veränderten Ausführungen vom 21. Januar 1999 und 26. November 1999 zurück. Ein Antrag der Kläger auf Abweichung von den notwendigen nachbarlichen Abstandsflächen wurde abgelehnt. Widersprüche der Kläger gegen die Stilllegungsverfügung, die Rücknahmeverfügung und den Ablehnungsbescheid hatten ebenso wie eine nachfolgende Klage vor dem Verwaltungsgericht keinen Erfolg.
5
Mit Ordnungsverfügung vom 6. Juli 2007 forderte das Bauaufsichtsamt der Stadt D. die Kläger zur Beseitigung des Anbaus auf. Gegen diese Verfügung haben sich die Kläger ebenfalls erfolglos verwaltungsrechtlich gewandt.
6
Eine Klage der Kläger gegen den Beklagten auf Feststellung, dass dieser verpflichtet sei, den Klägern als Gesamtgläubigern jeglichen Schaden zu ersetzen , der durch die Stilllegungsverfügung der Stadt D. vom 9. Dezember 1999 verursacht wird, hatte Erfolg. In den Gründen des Feststellungsurteils des Oberlandesgerichts D. vom 26. Oktober 2006 war ausgeführt, dass ein Vermögens- schaden, den die Kläger durch die Rücknahmeverfügung vom 15. Oktober 2002 erleiden, nicht von dem Feststellungsantrag umfasst sei.
7
Das Landgericht hat antragsgemäß festgestellt, dass der Beklagte über den Tenor des Feststellungsurteils des Oberlandesgerichts D. vom 26. Oktober 2006 hinaus verpflichtet sei, den Klägern als Gesamtgläubigern jeglichen Schaden zu ersetzen, der durch die Rücknahme der Baugenehmigung vom 3. Mai 1993 in Gestalt der Bescheide vom 21. Januar 1999 und vom 26. November 1999 zur Errichtung des gartenseitigen Anbaus an ihrem Haus in D. sowie durch die Abrissverfügung der Stadt D. vom 6. Juli 2007 und weitere Maßnahmen der Stadt D. verursacht wird. Die Berufung des Beklagten hatte Erfolg, soweit es um einen Schaden aufgrund der Baugenehmigung vom 26. November 1999 geht. Im Übrigen war sie erfolglos.
8
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter. Mit der Anschlussrevision möchten die Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erreichen.

Entscheidungsgründe:

9
Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, soweit zum Nachteil des Beklagten entschieden worden ist. Die Anschlussrevision hat keinen Erfolg.
10
Auf das Schuldverhältnis finden die bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Gesetze Anwendung (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).

I.

11
Das Berufungsgericht, dessen Urteil in BauR 2010, 1255 veröffentlicht ist, bejaht die Zulässigkeit des Feststellungsantrags (§ 256 ZPO). Dabei sei unerheblich , dass es sich bei dem tatsächlich durchgeführten Anbau gegenüber dem genehmigten wegen eines noch geringeren Grenzabstandes zum Nachbargrundstück um ein "aliud" handele. Denn die für die Abrissverfügung (§§ 61, 6 BauO NRW) notwendige materielle Baurechtswidrigkeit folge ausschließlich aus der Tatsache, dass der bauordnungsrechtlich erforderliche Grenzabstand unzulässig unterschritten werde.
12
Die Klage sei auch weitgehend begründet. Die von dem Beklagten erstellte Genehmigungsplanung in Gestalt der den Baugenehmigungen vom 3. Mai 1993 und 21. Januar 1999 zugrunde liegenden Bauanträge sei mangelhaft im Sinne von § 633 BGB. Denn sie unterschreite den bauordnungsrechtlich vorgeschriebenen Grenzabstand von mindestens drei Metern zum Nachbargrundstück ohne Vorliegen einer wirksamen Nachbargenehmigung. Ein Architekt , der sich - wie der Beklagte - zur Erstellung einer Genehmigungsplanung verpflichte, schulde als Werkerfolg eine dauerhaft genehmigungsfähige Planung.
13
Der Beklagte sei von seiner Haftung für die mangelhafte Genehmigungsplanung nicht ausnahmsweise befreit. Dies ergebe sich weder aus dem Gesichtspunkt einer (ausdrücklichen oder konkludenten) vertraglichen Übernahme des Risikos der Genehmigungsfähigkeit durch die Kläger noch einer Offenkundigkeit der Notwendigkeit einer (erneuten) Nachbarzustimmung noch einer Erteilung pflichtgemäßer Risikohinweise durch den Beklagten.
14
Der Mangel der Genehmigungsplanung sei kausal für den Schaden, den die Kläger mit ihrem Feststellungsbegehren verfolgen. Der Beklagte sei für den Mangel seiner Genehmigungsplanung bzw. die Nichterfüllung seiner Hinweispflicht alleine verantwortlich. Ein Mitverschulden sei den Klägern nicht anzulasten.
15
Die vom Beklagten erhobene Einrede der Verjährung greife nicht durch. Der Gewährleistungsanspruch unterliege der fünfjährigen Verjährungsfrist des § 638 BGB (a.F.) bzw. § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB (n.F.), da die Pflicht, deren Verletzung die Kläger dem Beklagten vorwürfen, eine vertragliche, leistungsbezogene Hauptpflicht sei. Diese mit der Abnahmeverweigerung durch die Kläger am 2. Oktober 2001 beginnende Verjährungsfrist sei durch die Geltendmachung im vorliegenden Verfahren mit Wirkung ab dem 30. September 2006 und damit rechtzeitig gehemmt worden.
16
Unbegründet sei die Klage, soweit es um den Schaden gehe, der durch die Rücknahme der Baugenehmigung vom 26. November 1999 verursacht werde. Den dieser weiteren Baugenehmigung (Nachtrag für einen zusätzlichen Hobbyraum im Keller) zugrunde liegenden Bauantrag habe nicht der Beklagte, sondern der Architekt L. erstellt. Der Beklagte rüge deshalb mit der Berufung zu Recht, dass der Klägervortrag für seine Verantwortlichkeit hinsichtlich dieser Genehmigung nicht ausreiche.

II.

A. Revision des Beklagten
17
Das Berufungsurteil hält nicht in jeder Hinsicht der rechtlichen Nachprüfung stand.
18
1. Ohne Erfolg macht die Revision zunächst geltend, die materielle Baurechtswidrigkeit des errichteten Objekts beruhe auch auf der im Vergleich zur erteilten Genehmigung abweichenden Ausführung mit noch geringeren Abstandsflächen. Das errichtete Objekt stelle ein "aliud" zu dem genehmigten Bauvorhaben dar, so dass die erteilte Baugenehmigung wegen Nichtausübung erloschen sei. Damit sei der Zurechnungszusammenhang zur beanstandeten Planungsleistung unterbrochen. Deshalb fehle es an einem rechtlichen Interesse für die Feststellungsklage, § 256 Abs. 1 ZPO.
19
Dies ist nicht der Fall. Die Revision zieht selbst nicht die Feststellungen des Berufungsgerichts in Zweifel, dass die Baugenehmigung vom 21. Januar 1999 ursächlich für die Errichtung des Anbaus und dass die materielle Baurechtswidrigkeit der dort genehmigten Abstände ursächlich für die Abrissverfügung und seine Bestätigung durch das Verwaltungsgericht war. Zwischen diesem Schaden und der beanstandeten Planungsleistung besteht auch ein Zurechnungszusammenhang, weil das Erfordernis einer genehmigungsfähigen Planung gerade vor derartigen Folgen schützen soll.
20
Es kann dahinstehen, ob die Auffassung der Revision zutrifft, die von der Genehmigung abweichende Bauausführung allein begründe auch dann eine materielle Baurechtswidrigkeit mit denselben Folgen, wenn die Planung des Beklagten genehmigungsfähig und die Baugenehmigung vom 21. Januar 1999 deshalb nicht zu beanstanden gewesen wäre. Dies würde nur dazu führen, dass ein Fall so genannter "Doppelkausalität" für den Schaden vorläge. Ist ein bestimmter Schaden durch mehrere gleichzeitig wirkende Umstände verursacht worden und hätte jede dieser Ursachen für sich allein ausgereicht, um den gesamten Schaden herbeizuführen, dann sind sämtliche Umstände als rechtlich ursächlich zu behandeln, obwohl keiner von ihnen als "conditio sine qua non" qualifiziert werden kann. In diesen Fällen bedarf es einer entsprechenden Modi- fikation der Äquivalenztheorie, weil der eingetretene Schadenserfolg ansonsten auf keine der tatsächlich wirksam gewordenen Ursachen zurückgeführt werden könnte (BGH, Urteil vom 7. Mai 2004 - V ZR 77/03, BauR 2004, 1772 m.w.N.). Ein rechtliches Interesse an der Feststellung, dass jedenfalls auch eine mangelhafte Planungsleistung den Beklagten zum Ersatz des insbesondere in der auf der Rücknahme der Baugenehmigung beruhenden Abrissverfügung liegenden Schadens verpflichtet, ergibt sich hier schon daraus, dass das Feststellungsurteil des Oberlandesgerichts D. vom 26. Oktober 2006 diesen Schaden ausweislich seiner Gründe gerade nicht umfasst.
21
2. Zutreffend ist das Berufungsgericht weiter davon ausgegangen, dass die vom Beklagten erstellte Genehmigungsplanung wegen Verstoßes gegen den bauordnungsrechtlichen Grenzabstand zum Nachbargrundstück nicht genehmigungsfähig und damit mangelhaft nach § 633 BGB war.
22
a) Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats, dass ein Architekt , der sich zur Erstellung einer Genehmigungsplanung verpflichtet, als Werkerfolg grundsätzlich eine dauerhaft genehmigungsfähige Planung schuldet (vgl. BGH, Urteil vom 26. September 2002 - VII ZR 290/01, BauR 2002, 1872 = NZBau 2003, 38 = ZfBR 2003, 31; Urteil vom 21. Dezember 2000 - VII ZR 17/99, BauR 2001, 785, 787 = NZBau 2001, 261, 262 = ZfBR 2001, 310, 311; Urteil vom 25. März 1999 - VII ZR 397/97, BauR 1999, 1195 = ZfBR 1999, 315 m.w.N.). Die vertraglich geschuldete Leistung des Architekten ist deswegen in der Regel nicht erbracht, wenn die angestrebte Baugenehmigung durch die Behörde zunächst erteilt, jedoch später wegen erfolgreichen Drittwiderspruchs aufgehoben wird (vgl. BGH, Urteil vom 25. Februar 1999 - VII ZR 190/97, BauR 1999, 934, 935 = ZfBR 1999, 202). Etwas anderes gilt dann, wenn der Auftraggeber das Risiko der Genehmigungsfähigkeit der Planung aufgrund vertraglicher Vereinbarung übernimmt. Die Parteien eines Archi- tektenvertrages können im Rahmen der Privatautonomie vereinbaren, dass und in welchem Umfang der Auftraggeber rechtsgeschäftlich das Risiko übernimmt, dass die vom Architekten zu erstellende Planung nicht genehmigungsfähig ist (BGH, Urteil vom 26. September 2002 - VII ZR 290/01, aaO; Urteil vom 25. März 1999 - VII ZR 397/97, aaO). Da ein Architektenvertrag einem dynamischen Anpassungsprozess unterliegt, kann eine derartige vertragliche Risikoübernahme durch den Auftraggeber auch nach Vertragsschluss im Rahmen der Abstimmung über das geplante Bauvorhaben erfolgen. Voraussetzung für die vertragliche Risikoübernahme durch den Auftraggeber ist, dass dieser Bedeutung und Tragweite des Risikos erkannt hat, dass die Genehmigung nicht erteilt oder widerrufen wird. Das kann - sofern es nicht bereits offenkundig ist - in der Regel nur angenommen werden, wenn der Architekt den Auftraggeber umfassend über das bestehende rechtliche und wirtschaftliche Risiko aufgeklärt und belehrt hat und der Auftraggeber sich sodann auf einen derartigen Risikoausschluss rechtsgeschäftlich einlässt (vgl. BGH, Urteil vom 9. Mai 1996 - VII ZR 181/93, BauR 1996, 732, 734 = ZfBR 1996, 264, 265).
23
b) Von diesen Grundsätzen geht das Berufungsgericht zutreffend aus.
24
Ohne Erfolg macht die Revision geltend, das Berufungsgericht habe verkannt , dass nach den Behauptungen des Beklagten von vornherein eine Planung vereinbart worden sei, die mit dem Risiko behaftet gewesen sei, dass die vorliegende Nachbarzustimmung nicht ausreiche. Danach habe der Beklagte keine genehmigungsfähige Planung geschuldet. Die Darlegungs- und Beweislast für die Vereinbarung einer genehmigungsfähigen Planung trügen die Kläger.
25
Der Senat muss nicht entscheiden, ob die Auffassung der Revision zutrifft , die Darlegungs- und Beweislast für den Auftrag, eine genehmigungsfähige Planung zu erstellen, trage der Auftraggeber des Architekten, wenn bei Vertragsschluss erhebliche Indizien bestünden, dass das Risiko der Genehmigungsfähigkeit erkannt und vom Auftraggeber übernommen worden sei. Selbst wenn ein Auftragnehmer behaupte, dass eine Unterschreitung des gewöhnlichen Standards vereinbart worden sei, gehe damit nicht die Beweislast auf den Auftragnehmer über.
26
Die von dem Beklagten angeführten Umstände rechtfertigen nicht die Annahme, die Kläger hätten bei der Beauftragung im Jahr 1998 das Risiko der Genehmigungsfähigkeit wegen der fehlenden Nachbarzustimmung übernommen. Insoweit weist der Beklagte lediglich darauf hin, dass die Kläger die Genehmigungsfähigkeit des von ihnen beabsichtigten Bauvorhabens bereits vor seiner Beauftragung mit dem Bauaufsichtsamt erörtert hätten und danach die Entscheidung, den Anbau zweistöckig zu errichten, bei der Beauftragung bereits gefallen gewesen sei.
27
Der Umstand, dass die Kläger nach einem am 3. Dezember 1997 geführten Gespräch mit dem Bauaufsichtsamt vor der Beauftragung des Beklagten möglicherweise davon ausgegangen sind, dass der zweistöckige Anbau ohne erneute Nachbarzustimmung im Bauwich errichtet werden könne, belegt nicht die Auffassung des Beklagten, die Kläger hätten mit ihrem Auftrag die nach dem Vertrag vorausgesetzte Funktion der Genehmigungsplanung dahin beschränken wollen, dass diese nicht dazu führen müsse, eine dauerhafte Genehmigung zu gewährleisten. Beauftragt ein Bauwilliger eine Genehmigungsplanung für ein Bauwerk, das nach seiner Vorstellung im Bauwich errichtet werden soll und ist ihm bekannt, dass eine Genehmigung von der Zustimmung des Nachbarn abhängen könnte, so hat er entgegen der Auffassung der Revision nicht von vornherein das Risiko übernommen, dass sich eine ohne Rücksicht auf die Nachbarzustimmung erfolgte Planung nicht verwirklichen lässt. Vielmehr hat der Planungsauftrag auch die Prüfung zum Gegenstand, ob und inwieweit die Nachbarzustimmung notwendig ist und sich die beabsichtigte Bebauung möglicherweise mit zumutbaren Modifikationen im Bauwich verwirklichen lässt. Das gilt auch dann, wenn der Auftraggeber den Auftrag in der Vorstellung erteilt , eine bereits Jahre zuvor für ein anderes Bauvorhaben erteilte Nachbarzustimmung reiche aus, die beabsichtigte abweichende Bebauung ohne erneute Zustimmung durchführen zu können. Der Architekt muss dies selbständig auf der Grundlage des von ihm zu fordernden Sachwissens überprüfen. Müssen ihm bei dieser Prüfung Bedenken kommen, ob die vorgelegte Nachbarzustimmung für die beabsichtigte Bebauung ausreicht, hat er den Auftraggeber darauf und auf die mit der fehlenden Zustimmung verbundenen Risiken hinzuweisen. Er ist zwar nicht verpflichtet, eine solche Zustimmung einzuholen, sofern ihm dazu kein Auftrag erteilt worden ist. Er muss jedoch die Entscheidung des Auftraggebers darüber herbeiführen, ob diese eingeholt wird. Erst wenn sich herausstellt , dass die Nachbarzustimmung notwendig ist, jedoch vom Bauherrn trotz der entsprechenden Aufklärung nicht eingeholt wird, verdichtet sich die Frage, ob der Bauherr bereit ist, die Planung seiner Bauabsicht trotz des Risikos , dass die Baugenehmigung versagt wird oder durch einen Nachbarwiderspruch zu Fall gebracht wird, weiter zu betreiben. Wird die Planung hingegen ohne die entsprechende Aufklärung erstellt und eine notwendige Nachbarzustimmung nicht herbeigeführt, so ist sie nicht genehmigungsfähig, und der Architekt ist nach § 635 BGB a.F. zum Schadensersatz verpflichtet. Das gilt nach der Rechtsprechung des Senats selbst dann, wenn von vornherein festgestanden hätte, dass die Nachbarzustimmung nicht erteilt wird und die vorgesehene Planung deshalb nicht mangelfrei zu verwirklichen gewesen wäre (BGH, Urteil vom 21. Dezember 2000 - VII ZR 17/99, BauR 2001, 785, 788).
28
Der Beklagte hatte danach im Jahr 1998 zunächst ohne jede Einschränkung den Auftrag übernommen, eine dauerhaft genehmigungsfähige Planung zu erstellen. Es stellt sich deshalb allenfalls die Frage, ob die Kläger später, namentlich im Zusammenhang mit dem zweiten Gespräch beim Bauaufsichtsamt am 10. November 1998, das Risiko der fehlenden Genehmigungsfähigkeit übernommen haben. Da es sich dann um eine Abänderung des bereits geschlossenen Vertrages handeln würde, trägt der Beklagte die Darlegungsund Beweislast für seine Behauptungen, die eine derartige spätere Risikoübernahme rechtfertigen sollen (vgl. BGH, Urteil vom 11. Oktober 1994 - X ZR 30/93, BauR 1995, 92 = ZfBR 1995, 27). Die Revision stützt sich dementsprechend auch in erster Linie auf das Verhalten der Parteien im Zusammenhang mit diesem Gespräch, um eine Risikoübernahme durch die Kläger zu belegen.
29
c) Eine im Zusammenhang mit dem zweiten Gespräch beim Bauaufsichtsamt am 10. November 1998 vereinbarte Übernahme des Risikos, dass die Baugenehmigung durch einen Nachbarwiderspruch aufgehoben wird, hat das Berufungsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise verneint.
30
Weder der handschriftlichen Änderung des Aktenvermerks des Beklagten vom 12. November 1998 durch die Klägerin noch dem Gesprächsvermerk der Klägerin vom 14. November 1998 kann eine vertragliche Risikoübernahme der Genehmigungsfähigkeit der Planung durch die Kläger entnommen werden. Diese Anmerkungen der Klägerin belegen lediglich, dass sie die Auffassung vertrat, eine erneute Nachbarzustimmung sei für das geänderte Bauvorhaben nicht erforderlich, nicht jedoch, dass sie das aus einer fehlenden Nachbarzustimmung resultierende rechtliche und wirtschaftliche Risiko erkannt hat und übernehmen wollte.
31
Der Beklagte hat nicht den Beweis für den von ihm behaupteten Inhalt des Gesprächs im Bauaufsichtsamt am 10. November 1998 sowie des Telefo- nats mit der Klägerin anlässlich der Fertigung ihres Gesprächsvermerks vom 14. November 1998 erbracht. Die Revision setzt ihre entgegenstehende Würdigung lediglich an die Stelle derjenigen des Tatrichters, ohne jedoch Rechtsfehler bei der abweichenden Würdigung durch das Berufungsgericht aufzuzeigen.
32
3. Aus dem Vorstehenden folgt, dass der Beklagte sich auch nicht darauf berufen kann, er hafte nicht nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen über die Haftungsbefreiung eines Unternehmers durch Erfüllung seiner Bedenkenhinweispflicht.
33
a) Auf der Grundlage, dass die Kläger dem Beklagten verbindlich vorgegeben hätten, das Bauwerk im Bauwich auf der Grundlage zu planen, dass eine weitere Zustimmung des Nachbarn nicht notwendig ist, käme allerdings nach diesen Grundsätzen eine Haftungsbefreiung in Betracht (vgl. BGH, Urteil vom 8. November 2007 - VII ZR 183/05, BGHZ 174, 110, 119 ff.; Locher/Koeble/Frik, HOAI, 10. Aufl., § 33 Rn. 109). Trotz Mangelhaftigkeit der Architektenleistung tritt eine Haftungsbefreiung des Architekten ein, wenn ihm eine bindende Vorgabe des Auftraggebers für die Planung gemacht worden ist, er seiner Bedenkenhinweispflicht ordnungsgemäß nachgekommen ist und aus dem Verhalten des Auftraggebers der Schluss gezogen werden durfte, dieser wolle die Fortführung der aus Sicht des Architekten bedenklichen Leistung. Eine Haftungsbefreiung des Architekten kann im Falle einer bindenden Planungsvorgabe auch dann eintreten, wenn er seine Bedenkenhinweispflichten zwar verletzt hat, jedoch gleichzeitig feststeht, dass der Auftraggeber trotz der an sich notwendigen Hinweise auf Durchführung der bedenklichen Leistung bestanden hätte (vgl. BGH, Urteil vom 10. Juli 1975 - VII ZR 243/73, BauR 1975, 420, 421). Ein solcher Fall kann etwa dann angenommen werden, wenn der Auftraggeber nicht aufklärungsbedürftig war, weil er sich der Problematik bewusst war und auch die Tragweite derselben voll erkannt hat bzw. erkennen musste (dazu Kniffka in: Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 3. Aufl., 6. Teil, Rn. 48). Beweisbelastet für die ordnungsgemäße Erfüllung der Bedenkenhinweispflicht bzw. für die Entbehrlichkeit einer Aufklärung des Auftraggebers ist - schon nach allgemeinen Grundsätzen - der Architekt (vgl. BGH, Urteil vom 8. November 2007 - VII ZR 183/05, BGHZ 174, 110 Rn. 26; Urteil vom 4. Juni 1973 - VII ZR 112/71, BauR 1973, 313, 315).
34
b) Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht nicht verkannt und rechtsfehlerfrei sowohl die Erteilung eines ordnungsgemäßen Bedenkenhinweis durch den Beklagten (aa) als auch die Entbehrlichkeit eines solchen Hinweises (bb) verneint.
35
aa) Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass der Beklagte den Klägern keinen ordnungsgemäßen Bedenkenhinweis erteilt hat. Sämtliche von der Revision angeführten Umstände hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei geprüft und gewürdigt. Zutreffend hat es angenommen, dass eine Belehrung der Klägerin über die Notwendigkeit einer erneuten Nachbarzustimmung für das geänderte Bauvorhaben in der Besprechung im Bauaufsichtsamt am 10. November 1998 nicht feststellbar sei. Die Annahme des Berufungsgerichts, in der Aktennotiz des Beklagten vom 12. November 1998 sei kein derartiger Hinweis in laienhaft verständlicher Form enthalten, erweist sich schon deshalb als zutreffend, weil der Beklagte darin lediglich den Gesprächsinhalt vom 10. November 1998 ohne eigene Bewertung wiedergegeben hat. Zudem ist in diesem Vermerk kein Hinweis auf die mit einer fehlenden Nachbarzustimmung verbundenen rechtlichen und wirtschaftlichen Risiken (Nachbarwiderspruch mit anschließender Stilllegungs- und Abrissverfügung) enthalten.
36
Wie bereits ausgeführt hat das Berufungsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen, dass der Beklagte den von ihm behaupteten Bedenkenhinweis im Telefonat mit der Klägerin anlässlich der Fertigung des Vermerks vom 14. November 1998 nicht bewiesen hat.
37
bb) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht weiterhin die Entbehrlichkeit eines Bedenkenhinweises wegen Offenkundigkeit der Notwendigkeit einer erneuten Nachbarzustimmung abgelehnt. Weder der handschriftlichen Änderung des Aktenvermerks des Beklagten vom 12. November 1998 durch die Klägerin noch dem Gesprächsvermerk der Klägerin vom 14. November 1998 lässt sich entnehmen, dass den Klägern die Notwendigkeit einer erneuten Nachbarzustimmung bewusst war und sie die Tragweite dieser Problematik voll erkannt haben. Wie bereits ausgeführt lässt sich diesem Verhalten nur entnehmen, dass die Kläger davon ausgingen, die ursprünglich erteilte Nachbarzustimmung gelte auch für das geänderte Bauvorhaben. Eine andere Beurteilung ist vorliegend auch nicht deshalb gerechtfertigt, weil allen Beteiligten bekannt war, dass der gewünschte Anbau den bauordnungsrechtlich vorgeschriebenen Grenzabstand von mindestens drei Metern (§ 6 Abs. 5 BauO NRW) unterschritt und eine Nachbarzustimmung erforderlich sein könnte. Dass die bereits erteilte Nachbarzustimmung nicht ausreichen könnte, lag zwar nahe, wurde jedoch von den Klägern offenbar anders gesehen. Auch wenn die von den Klägern vertretene Rechtsauffassung zur Tragweite der bereits erteilten Nachbarzustimmung eher fern lag, war sie nicht so offenkundig falsch, dass der Beklagte von einem Bedenkenhinweis befreit war. Dieser hätte den Klägern nicht nur die Bedenken gegen ihre Auffassung verdeutlichen, sondern sie auch darauf hinweisen müssen , welche rechtlichen und wirtschaftlichen Risiken bestanden, wenn sie das Bauwerk ohne eine Nachbarzustimmung errichteten. Dazu hätte auch die Aufklärung darüber gehört, dass selbst die Erteilung einer Baugenehmigung wegen der Möglichkeit eines Nachbarwiderspruchs keine Rechtssicherheit schaffen konnte.
38
Soweit die Revision aus den Umständen ableiten möchte, die Kläger seien sich über die Notwendigkeit der Einholung einer erneuten Nachbarzustimmung vollständig im Klaren gewesen und hätten keiner (weiteren) Beratung bedurft und diese auch nicht gewünscht, setzt sie ihre Würdigung lediglich an die Stelle derjenigen des Tatrichters, ohne jedoch Rechtsfehler bei der abweichenden Würdigung durch das Berufungsgericht aufzuzeigen.
39
4. Rechtsfehlerhaft verneint das Berufungsgericht jedoch ein Mitverschulden der Kläger.
40
a) Die Haftungsverteilung im Rahmen des § 254 BGB kann im Revisionsverfahren darauf überprüft werden, ob alle in Betracht kommenden Umstände vollständig und richtig berücksichtigt und der Abwägung rechtlich zulässige Erwägungen zugrunde gelegt worden sind (BGH, Urteil vom 3. Juni 2008 - VI ZR 223/07, NJW 2008, 3775 m.w.N.).
41
b) Die Mitverschuldensprüfung durch das Berufungsgericht ist unvollständig , da es nicht alle für ein Mitverschulden der Kläger sprechenden Umstände berücksichtigt hat.
42
aa) Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist es, dass das Berufungsgericht eine von ihm unterstellte fahrlässige Mitverursachung der Kläger daran, dass der Beklagte eine baurechtswidrige Genehmigungsplanung erstellt hat, nicht hat ausreichen lassen, um einen Mitverschuldensanteil an der mangelhaften Architektenleistung anzunehmen. Es ist nicht rechtsfehlerhaft, wenn das Berufungsgericht im Zusammenhang mit der Frage, wie die Aussagen der Mitarbeiter der Baugenehmigungsbehörde zu verstehen waren und wie die hierüber gefertigten Aktenvermerke zu lauten hatten, darauf abstellt, dass es die primäre Pflicht des Architekten ist, den Bauherrn im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens aufzuklären und zu belehren, und diese Pflicht durch die Be- rücksichtigung eines nur fahrlässigen Mitverschuldens des Bauherrn ausgehöhlt und entwertet werde (vgl. BGH, Urteil vom 13. Januar 2004 - XI ZR 355/02, BauR 2004, 1154, 1157). Ebenso wenig ist es zu beanstanden, dass das Berufungsgericht betont hat, dass der Beklagte als geistiger Urheber des Baugenehmigungsantrags nebst Plänen für ein Bauvorhaben in der Abstandsfläche mit unzureichender Nachbarzustimmung den wesentlichen Verursachungsanteil an der rechtswidrig erteilten Baugenehmigung gesetzt hat.
43
bb) Das Berufungsgericht hat jedoch nicht berücksichtigt, dass der hier geltend gemachte Schaden auch darauf beruht, dass die Kläger von der rechtswidrig erteilten Baugenehmigung Gebrauch gemacht haben, ohne auf die sich aufdrängende Frage Rücksicht zu nehmen, ob die beeinträchtigten Nachbarn sich hiergegen wehren würden und welche Konsequenzen dies haben könnte. Indem die Kläger, bevor sie mit den erheblichen Investitionen in das Bauvorhaben begannen, die jetzt Grundlage des begehrten Ersatzes für Folgeschäden der mangelhaften Architektenleistung sind, diese Frage nicht abklärten , verstießen sie gegen die ihrem eigenen Interesse dienende Obliegenheit, sich selbst vor Schäden zu bewahren, § 254 Abs. 1 BGB.
44
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts wussten die Kläger, dass der Anbau den bauordnungsrechtlich vorgeschriebenen Grenzabstand von mindestens drei Metern (§ 6 Abs. 5 BauO NRW) unterschritt. Auch wussten sie, dass zur Realisierung des Bauvorhabens deswegen eine Zustimmung des Nachbarn erforderlich war. Weiterhin wussten sie, dass die Bauausführung erheblich von der ursprünglich geplanten abwich (zusätzliches Obergeschoss statt eingeschossiger Anbau mit Terrasse). Dass dies zwangsläufig nachbarrelevante Folgen haben musste, die bereits erteilte Nachbarzustimmung nicht ausreichen könnte und der Nachbar Rechte haben könnte, das Bauvorhaben zu verhindern, drängte sich, worauf die Verwaltungsgerichte bereits hingewiesen haben, ohne weiteres auf. Die Kläger durften vor diesen Umständen nicht die Augen verschließen und allein im Vertrauen darauf, dass der Beklagte ihrer Rechtsauffassung, die erteilte Nachbarzustimmung reiche aus, nicht deutlich genug entgegengetreten ist, das Bauvorhaben in Angriff nehmen. Die Kläger wären vielmehr vor dem Beginn der Bauarbeiten im eigenen Interesse gehalten gewesen, mit den Nachbarn eine Klärung darüber herbeizuführen, ob die erteilte Zustimmung auch die Erweiterung des Bauvorhabens erfasste, oder Rechtsrat einzuholen, ob und wie lange und mit welchen Folgen die Nachbarn sich noch gegen das Bauvorhaben wehren konnten. Hätten sie dies getan, wäre es nach normalem Verlauf der Dinge nicht zu dem Schaden gekommen, der jetzt durch die Rücknahme der Baugenehmigung und die Abrissverfügung entsteht.
45
Die Berücksichtigung dieses Verursachungsbeitrags der Kläger an dem hier in Rede stehenden Schaden ist nicht im Hinblick auf die wesentliche Pflicht des Architekten zur Erstellung einer dauerhaft genehmigungsfähigen Planung ausgeschlossen oder im Ergebnis vollkommen zu vernachlässigen. Zwar wird ein Bauherr regelmäßig darauf vertrauen dürfen, dass sein Architekt eine mangelfreie Genehmigungsplanung erstellt hat. Insbesondere wird ihm normalerweise nicht vorgeworfen werden können, nicht erkannt zu haben, dass die Voraussetzungen für eine genehmigungsfähige Planung fehlen. Das gilt nicht nur für die Beurteilung der technischen Voraussetzungen (vgl. BGH, Urteil vom 29. Oktober 1970 - VII ZR 14/69, VersR 1971, 157), sondern auch für die Beurteilung der rechtlichen Voraussetzungen, ob eine Planung wegen des Unterschreitens der Abstandsflächen der Zustimmung des Nachbarn bedarf.
46
Darum geht es hier jedoch nicht. Zur Beurteilung stand vielmehr allein die Frage, ob die vor mehreren Jahren für einen eingeschossigen Anbau mit Terrasse möglicherweise erteilte Nachbarzustimmung auch für einen zweigeschossigen Anbau gilt. Dass diese offen zutage liegende Rechtsfrage zu beja- hen ist, lag fern. Sind dem Bauherrn solche Umstände bekannt, aufgrund derer sich bereits bei einer laienhaften Bewertung das Risiko der Fehlerhaftigkeit der Planung und damit der Baugenehmigung ableiten lässt, muss er sich sein hieraus abzuleitendes Verschulden gegen sich selbst anrechnen lassen. Denn insoweit geht es nicht nur um spezifische Kenntnisse des Architekten, deretwegen der Bauherr diesen gerade eingeschaltet hat. Vielmehr geht es um die Einschätzung , ob wegen der ein anderes Bauvorhaben betreffenden Nachbarzustimmung ein Risiko dahin besteht, dass und inwieweit der offensichtlich durch das Bauvorhaben betroffene Nachbar Veranlassung und Möglichkeiten hat, später noch dessen Abriss durchzusetzen. Dabei handelt es sich um eine rechtliche Frage, die die Kläger, sofern sie sie nicht selbst überblicken konnten, notfalls durch Einholung von Rechtsrat hätten weiter klären können, wenn sie nicht jedes Risiko durch Bekanntgabe der genehmigten Planung an die Nachbarn und Abwarten ihrer Reaktion ausschließen wollten.
47
Im Ergebnis gilt deshalb im vorliegenden Fall dasselbe wie in Fällen der Amtshaftung für rechtswidrige Baugenehmigungen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs können auch dort bauordnungsrechtliche Bedenken von solchem Gewicht gegen die Zulässigkeit des Bauvorhabens bestehen, dass der Bauherr ihretwegen nicht ohne weiteres auf die Rechtmäßigkeit der erteilten Baugenehmigung vertrauen darf (BGH, Urteil vom 12. Juni 1975 - III ZR 34/73, NJW 1975, 1968). Ein Bauherr trägt deshalb auch dann zur Entstehung des Schadens schuldhaft bei, wenn er mit den Bauarbeiten beginnt, obwohl er weiß - oder mindestens damit rechnen muss -, dass die von ihm geplante Erweiterung seines Bauvorhabens geeignet ist, die Rechte der Nachbarn erheblich zu stören (BGH, Urteil vom 12. Juni 1975 - III ZR 34/73, aaO).
48
5. Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Auffassung des Berufungsgerichts , ein Schadensersatzanspruch sei nicht verjährt, weil die fünfjähri- ge Verjährungsfrist gemäß § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB und nicht die dreijährige Verjährungsfrist gemäß §§ 195, 199 BGB Anwendung finde. Der Senat hat nach Erlass des angefochtenen Urteils entschieden, dass werkvertragliche Gewährleistungsansprüche des Bestellers auch dann der Verjährungsregelung des § 638 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. und nicht der Regelverjährung unterliegen, wenn sie vor der Abnahme entstanden sind. Die Verjährungsfrist beginnt erst zu laufen, wenn die Abnahme erfolgt oder endgültig verweigert wird (BGH, Urteil vom 8. Juli 2010 - VII ZR 171/08, BauR 2010, 1778 = NZBau 2010, 768 = ZfBR 2010, 773). Er hat damit seine frühere gegenteilige Auffassung (BGH, Urteil vom 30. September 1999, VII ZR 162/97, BauR 2000, 128 = NZBau 2000, 22 = ZfBR 2000, 97) aufgegeben. Damit kommt es auch nicht mehr auf die weiteren Angriffe der Revision gegen die Feststellungen des Berufungsgerichts an, die Kläger hätten am 2. Oktober 2001 die Abnahme endgültig verweigert. Wäre dies nicht der Fall, wäre erst recht keine Verjährung eingetreten.
B. Anschlussrevision der Kläger
49
1. Die Kläger rügen ohne Erfolg die Verletzung ihres Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs, Art. 103 Abs. 1 GG. Dieser Anspruch verpflichtet das entscheidende Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Die Anschlussrevision meint, es sei davon auszugehen, dass das Berufungsgericht den Vortrag der Kläger im Schriftsatz vom 11. November 2009 mit dem Bezug auf ein Schreiben vom 22. Mai 1999 nicht zur Kenntnis genommen habe. Dort seien sie dem Berufungsangriff des Beklagten, dass er nichts mit der Erwirkung der Baugenehmigung vom 26. November 1999 zu tun gehabt habe, entgegengetreten.
50
Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein Gericht das von ihm entgegengenommene Vorbringen der Beteiligten auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Die Gerichte brauchen nicht jedes Vorbringen der Beteiligten in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich zu bescheiden. Eine Verletzung der Pflicht, den Vortrag der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und zu erwägen, kann nur angenommen werden, wenn sich dies aus den besonderen Umständen des Falles ergibt (vgl. BVerfGE 96, 205, 216 f. m.w.N.). Nach diesen Maßstäben kann hier keine Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs angenommen werden. Das Berufungsgericht hat die Einwände der Kläger gegen die Berufungsbegründung zwar nicht im Einzelnen in den Entscheidungsgründen beschieden. Jedoch hat es darauf hingewiesen, dass die Kläger dem Berufungsvorbringen zu diesem Punkt nicht hinreichend entgegengetreten seien. Daraus ergibt sich gerade, dass es eine Wertung des Vortrags vorgenommen und diesen damit zur Kenntnis genommen und gewürdigt hat. Es ist aus Rechtsgründen auch nicht zu beanstanden, dass es ihn nicht für hinreichend gehalten hat, eine Verantwortung des Beklagten für den von ihm nicht unterzeichneten und eingereichten Bauantrag für einen Zusatzkeller zu begründen. Das in Bezug genommene Schreiben weist nur darauf hin, dass die Änderung im Kellerbereich "in Abstimmung mit" dem Beklagten in die Planung aufgenommen werde.
51
2. Das Berufungsgericht war auch nicht gehalten, die Kläger darauf hinzuweisen , dass es weiteren Vortrag für notwendig hielt. Die Kläger hatten auf den Berufungsangriff des Beklagten bereits erwidert. Das Berufungsgericht war nicht verpflichtet darauf hinzuweisen, dass dieser Vortrag rechtlich unerheblich war. Es hatte keinen Anlass anzunehmen, dass er unvollständig sein könnte. Es gab keine Anhaltspunkte dafür, dass den Klägern weiterer Vortrag, der ihren Anspruch hätte stützen können, möglich gewesen wäre.

III.

52
Nach alledem ist das Berufungsurteil aufzuheben, soweit zum Nachteil des Beklagten erkannt worden ist. Auf die Revision ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, welches auf Grundlage der aufgezeigten Gesichtspunkte - erforderlichenfalls nach weiteren Tatsachenfeststellungen - eine erneute Abwägung im Rahmen der Mitverschuldensprüfung vorzunehmen haben wird.
Kniffka Kuffer Bauner Halfmeier Leupertz
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 31.10.2008 - 14e O 170/05 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 18.12.2009 - I-23 U 187/08 -
26
d) Das Berufungsgericht hat dazu keine Feststellungen getroffen. Es hat gemeint, nach der Beweisaufnahme sei offen geblieben, ob die Klägerin sich auf die Tauglichkeit des Konzepts habe verlassen dürfen. Der Beklagte habe den Beweis einer Hinweispflichtverletzung deshalb nicht geführt. Diese Entscheidung beruht auf einer Verkennung der Beweislast. Es ist Sache des Unternehmers , die Voraussetzungen für den Tatbestand darzulegen und zu beweisen , der ihn nach Treu und Glauben ausnahmsweise von der Mängelhaftung befreit. Der Bundesgerichtshof hat deshalb dem Unternehmer die Darlegungs - und Beweislast dafür auferlegt, dass er seiner Prüfungs- und Hinweispflicht nachgekommen ist (BGH, Urteil vom 4. Juni 1973 - VII ZR 112/71, BauR 1973, 313, 315; Urteil vom 29. November 1973 - VII ZR 179/71, BauR 1974, 128). Diese Darlegungs- und Beweislast ist zu Recht in § 13 Nr. 3 VOB/B 2002 klargestellt worden.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

(1) Das Prozessgericht kann nach seinem Ermessen die wiederholte Vernehmung eines Zeugen anordnen.

(2) Hat ein beauftragter oder ersuchter Richter bei der Vernehmung die Stellung der von einer Partei angeregten Frage verweigert, so kann das Prozessgericht die nachträgliche Vernehmung des Zeugen über diese Frage anordnen.

(3) Bei der wiederholten oder der nachträglichen Vernehmung kann der Richter statt der nochmaligen Beeidigung den Zeugen die Richtigkeit seiner Aussage unter Berufung auf den früher geleisteten Eid versichern lassen.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

(1) Das Prozessgericht kann nach seinem Ermessen die wiederholte Vernehmung eines Zeugen anordnen.

(2) Hat ein beauftragter oder ersuchter Richter bei der Vernehmung die Stellung der von einer Partei angeregten Frage verweigert, so kann das Prozessgericht die nachträgliche Vernehmung des Zeugen über diese Frage anordnen.

(3) Bei der wiederholten oder der nachträglichen Vernehmung kann der Richter statt der nochmaligen Beeidigung den Zeugen die Richtigkeit seiner Aussage unter Berufung auf den früher geleisteten Eid versichern lassen.