Bundesgerichtshof Urteil, 12. Feb. 2009 - VII ZR 230/07
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger macht Ansprüche aus einem Baubetreuungsvertrag geltend.
- 2
- Die Beklagten schlossen am 8. November 2005 mit dem Kläger als Auftragnehmer einen schriftlichen Baubetreuungsvertrag. § 1 des Vertrages lautet: "Der Auftraggeber beauftragt den Auftragnehmer mit der Betreuung seines Bauvorhabens gemäß der als Anlage beigefügten Planungen/ Skizzen auf Basis der ebenfalls als Anlage beigefügten bzw. ausgehändigten Baubeschreibung im Ort: E., Straße: S., Flur-Nr. gemäß Lageplan oder einem anderen noch zu benennenden Grundstück zu einem Festpreis von 175.000 € incl. der gesetzlichen Mehrwertsteuer von z. Zt.
- 3
- Nach § 10 des Vertrages sind bei einem Rücktritt eines Vertragspartners dem anderen Vertragspartner entstandene Kosten zu ersetzen.
- 4
- Der Kläger hatte seine angebotenen Leistungen in einem Kurzexposé wie folgt beschrieben: "Objekt: Grundstück in E. auf Erbpacht ca. 500 qm, Erschließungsbeitrag 8.000,00 Euro. EFH Neubau ca. 125 qm Wohnfläche, voll unterkellert, schlüsselfertig (außer Maler, Fliesen, Boden) Baukosten € 175.000,00, Gesamtkosten 183.000,00 Euro zzgl. Grunderwerbsteuer - nur auf den Grundstücksanteil -, Notarkosten und Grundbucheintragungen ebenso, keine Maklerprovision."
- 5
- Anfang Dezember 2005 nahmen die Beklagten von der Durchführung des Vertrages Abstand. Zu einem Grundstückserwerb war es nicht gekommen.
- 6
- Der Kläger behauptet, er habe für erstellte Planungsunterlagen des Architektenbüros K. 4.212,00 € bezahlen müssen. Diesen Betrag sowie vorprozessuale Rechtsanwaltskosten in Höhe von 243,68 € hat der Kläger geltend gemacht. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg. Mit der vom Landgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter.
Entscheidungsgründe:
- 7
- Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
- 8
- Das Berufungsgericht verneint einen Anspruch des Klägers nach § 10 des Baubetreuungsvertrages, weil dieser Vertrag entgegen § 311 b Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. § 11 Abs. 2 ErbbauRG nicht notariell beurkundet worden und deshalb nach § 125 Satz 1 BGB nichtig sei. Zwar enthalte der Vertrag keine Verpflichtung eines Vertragspartners, das Eigentum an einem Grundstück zu übertragen oder zu erwerben oder ein Erbbaurecht zu bestellen oder zu erwerben. § 311 b Abs. 1 BGB gelte jedoch auch dann, wenn zwischen einem Baubetreuungsvertrag und einem Grundstückserwerb eine rechtliche Einheit im Sinne eines einheitlichen Vertragswillens der Vertragsparteien bestehe. Dies sei der Fall, wenn der Baubetreuungsvertrag und der Grundstückserwerb miteinander stehen und fallen sollten. So liege die Sache hier.
- 9
- Ein starkes Indiz für einen einheitlichen Vertragswillen in diesem Sinn sei es, wenn die Leistungspflicht des Auftragnehmers auf ein bestimmtes Grundstück beschränkt sei. Der Kläger habe seine Leistung für ein konkretes Grundstück angeboten, das den Beklagten nicht gehört habe, an dem sie kein Erbbaurecht gehabt hätten und in Ansehung dessen sie auch noch keinen Erwerbsvertrag abgeschlossen gehabt hätten. Da sie auch kein anderes Grundstück oder Erbbaurecht bereits erworben gehabt hätten, stehe der Zusatz im Vertrag "oder einem anderen noch zu benennenden Grundstück" einem einheitlichen Vertragswillen zwischen Baubetreuungsvertrag und einem Grundstückserwerb nicht entgegen.
- 10
- Auch die in § 10 erfolgte konkludente Vereinbarung eines Rücktrittsrechts für beide Parteien spreche nicht gegen einen einheitlichen Vertragswillen. Denn die rechtliche Einheit zwischen einem Baubetreuungsvertrag und einem zu dessen Durchführung erforderlichen Grundstückserwerb bestehe nur dann nicht, wenn dem Kunden das Recht eingeräumt sei, sich bis zu dem Zeitpunkt eines wirksamen Grundstückserwerbs vom Vertrag folgenlos zu lösen. Das sei wegen der Kostenersatzpflicht nach einem Rücktritt hier nicht der Fall. Für diese Wertung spreche auch der Rechtsgedanke des § 3 Abs. 1, insbesondere Nr. 1 MaBV.
- 11
- Schließlich könne auch nicht gegen einen einheitlichen Vertragswillen ein etwaiges Interesse der Beklagten an einem isolierten Abschluss des Baubetreuungsvertrages angeführt werden, sich die Ende 2005 auslaufende Eigenheimzulage zu erhalten. Denn am 8. November 2005 sei ausreichend Zeit gewesen , noch im Jahr 2005 auch den Grundstückserwerb zu regeln und eine notarielle Beurkundung herbeizuführen.
II.
- 12
- Das hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
- 13
- 1. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass sich der Formzwang der §§ 311 b Abs. 1 Satz 1 BGB, 11 Abs. 2 ErbbauRG auch auf den Baubetreuungsvertrag erstreckte, wenn dieser mit dem Erbbaurechtserwerbsvertrag eine rechtliche Einheit bildete. Eine solche bestand, wenn die Vertragsparteien den Willen hatten, beide Verträge in der Weise miteinander zu verknüpfen, dass sie miteinander stehen und fallen sollten. Hierbei reicht es auch aus, wenn nur einer der Vertragspartner einen solchen Einheitswillen er- kennen lässt und der andere Partner ihn anerkennt oder zumindest hinnimmt. Es ist dabei nicht erforderlich, dass an jedem der verknüpften Rechtsgeschäfte jeweils dieselben Parteien beteiligt sind (vgl. BGH, Urteil vom 6. Dezember 1979 - VII ZR 313/78, BGHZ 76, 43, 48 f.; Urteil vom 6. November 1980 - VII ZR 12/80, BGHZ 78, 346, 349).
- 14
- 2. Eine rechtliche Einheit eines Vertrages mit einem Grundstücksgeschäft besteht allerdings nicht bereits dann, wenn dieser Vertrag von dem Grundstückskaufvertrag abhängig ist, sondern nur, wenn umgekehrt das Grundstücksgeschäft nach dem Willen der Parteien von dem weiteren Vertrag abhängig ist (BGH, Urteil vom 26. November 1999 - V ZR 251/98, NJW 2000, 951; Urteil vom 13. Juni 2002 - VII ZR 321/00, BauR 2002, 1541 = NZBau 2002, 502 = ZfBR 2002, 777). Denn erst bei einer Abhängigkeit des Grundstücksgeschäfts von dem weiteren Vertrag besteht Anlass, zur Wahrung der Funktionen des § 311 b BGB (Warn- und Schutzfunktion, Gewährsfunktion für richtige, vollständige und rechtswirksame Wiedergabe des Parteiwillens, Beweisfunktion) das Formgebot auf den weiteren Vertrag auszudehnen. An dieser Beurteilung ändert sich nichts, wenn zunächst der weitere Vertrag und alsdann der Grundstücksvertrag geschlossen wird. Die Frage der Formbedürftigkeit ist von der zeitlichen Abfolge der Verträge nicht abhängig (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juni 2002 - VII ZR 321/00, aaO).
- 15
- 3. Es ist Sache des Tatrichters festzustellen, ob eine solche Abhängigkeit besteht (BGH, Urteil vom 24. September 1987 - VII ZR 306/86, BGHZ 101, 393, 397). Das Berufungsgericht hat angenommen, dass beide Verträge miteinander stehen und fallen sollten. Damit hat es eine wechselseitige Abhängigkeit und auch festgestellt, dass der Erbbaurechtserwerbsvertrag nicht ohne den Baubetreuungsvertrag geschlossen werden sollte. Diese Feststellung ist aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Das Berufungsgericht hat aus einer Gesamtwürdigung der Umstände in rechtlich einwandfreier Weise hierauf geschlossen. Damit war eine eventuell anzunehmende Vermutung der rechtlichen Selbstständigkeit der Verträge aufgrund der Tatsache, dass sie in zwei verschiedenen Urkunden geschlossen werden sollten, jedenfalls widerlegt.
- 16
- a) Ein geeignetes und starkes Indiz für den Willen der Beklagten, den Erbbaurechtsvertrag nicht ohne den Baubetreuungsvertrag abschließen zu wollen , ist der vom Berufungsgericht festgestellte konkrete Bezug des Baubetreuungsvertrages auf das in Aussicht genommene Grundstück in E. Dass nach dem Wortlaut des Baubetreuungsvertrags die Leistungen des Klägers auch hinsichtlich eines "anderen noch zu benennenden Grundstücks" geschuldet gewesen wären, steht dem nicht entgegen. Denn die vom Berufungsgericht festgestellte Art des Angebots der Leistung des Klägers mit dem Kurzexposé deutet darauf hin, dass die Beklagten gerade an einer Durchführung des Bauvorhabens in E. auf dem dortigen Erbpachtgrundstück nur unter den Bedingungen des vom Kläger angebotenen Baubetreuungsvertrages interessiert waren.
- 17
- b) Auch die nach der Auslegung des Berufungsgerichts im Vertrag vorgesehene Möglichkeit des Rücktritts jeder Vertragspartei spricht nicht gegen einen Verknüpfungswillen der Beklagten im dargestellten Sinne. Das hat das Berufungsgericht im Ergebnis ebenfalls zutreffend gewertet. Entgegen seiner Ansicht kommt es hierfür aber nicht darauf an, ob und in welcher Art ein Rücktritt für eine Vertragspartei nachteilige Folgen hätte. Das Rücktrittsrecht kann die Abhängigkeit des Vertrags über den Erwerb eines Erbbaurechts vom Baubetreuungsvertrag nicht auflösen. Entscheidend ist, dass der Vertrag in dem Fall, in dem die Beteiligten - wie in erster Linie vorgesehen - von dem Rücktrittsrecht keinen Gebrauch machen, nur zusammen mit dem weiteren Vertrag Geltung haben soll (vgl. BGH, Urteil vom 24. September 1987 - VII ZR 306/86, BGHZ 101, 393, 398). Sofern aus den Entscheidungen des Senats vom 6. Dezember 1979 - VII ZR 313/78, BGHZ 76, 43 und vom 6. November 1980 - VII ZR 12/80, BGHZ 78, 346 etwas anderes entnommen werden könnte, hält der Senat hieran nicht fest.
- 18
- c) Sämtliche Umstände waren dem Kläger bekannt. Nach seinem objektiven Empfängerhorizont konnte er einen hieraus abzuleitenden Verknüpfungswillen der Beklagten daher mindestens erkennen. Er hat ihn deshalb durch den Abschluss des Bauträgervertrages hingenommen.
III.
- 19
- Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Vorinstanzen:
AG Traunstein, Entscheidung vom 01.06.2007 - 321 C 2150/06 -
LG Traunstein, Entscheidung vom 24.10.2007 - 5 S 2374/07 -
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Annotations
(1) Zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft sowie zur Änderung des Inhalts eines Schuldverhältnisses ist ein Vertrag zwischen den Beteiligten erforderlich, soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt.
(2) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 entsteht auch durch
- 1.
die Aufnahme von Vertragsverhandlungen, - 2.
die Anbahnung eines Vertrags, bei welcher der eine Teil im Hinblick auf eine etwaige rechtsgeschäftliche Beziehung dem anderen Teil die Möglichkeit zur Einwirkung auf seine Rechte, Rechtsgüter und Interessen gewährt oder ihm diese anvertraut, oder - 3.
ähnliche geschäftliche Kontakte.
(3) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 kann auch zu Personen entstehen, die nicht selbst Vertragspartei werden sollen. Ein solches Schuldverhältnis entsteht insbesondere, wenn der Dritte in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst.
(1) Auf das Erbbaurecht finden die sich auf Grundstücke beziehenden Vorschriften mit Ausnahme der §§ 925, 927, 928 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie die Vorschriften über Ansprüche aus dem Eigentum entsprechende Anwendung, soweit sich nicht aus diesem Gesetz ein anderes ergibt. Eine Übertragung des Erbbaurechts, die unter einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung erfolgt, ist unwirksam.
(2) Auf einen Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, ein Erbbaurecht zu bestellen oder zu erwerben, findet der § 311b Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechende Anwendung.
Ein Rechtsgeschäft, welches der durch Gesetz vorgeschriebenen Form ermangelt, ist nichtig. Der Mangel der durch Rechtsgeschäft bestimmten Form hat im Zweifel gleichfalls Nichtigkeit zur Folge.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)