Bundesgerichtshof Urteil, 20. Okt. 2017 - V ZR 42/17

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:201017UVZR42.17.0
bei uns veröffentlicht am20.10.2017
vorgehend
Amtsgericht Landshut, 2 C 1503/14, 19.06.2015
Landgericht Landshut, 12 S 2208/15, 18.01.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 42/17 Verkündet am:
20. Oktober 2017
Langendörfer-Kunz
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Bei einer schon länger bestehenden Einrichtung, die sich wegen ihrer Vorteilhaftigkeit
für beide Seiten objektiv als Grenzeinrichtung darstellt, spricht eine Vermutung
dafür, dass sie mit dem Willen beider Nachbarn errichtet worden ist.
Das Erscheinungsbild einer Grenzeinrichtung ist Bestandteil ihrer Zweckbestimmung
und kann von der ihr immanenten Ausgleichsfunktion zwischen den Interessen
der Grundstücksnachbarn nicht getrennt werden. Es kann daher ohne Zustimmung
des Nachbarn nicht verändert werden (Bestätigung von Senat, Urteil
vom 23. November 1984 V ZR 176/83, NJW 1985, 1458).
BGH, Urteil vom 20. Oktober 2017 - V ZR 42/17 - LG Landshut
AG Landshut
ECLI:DE:BGH:2017:201017UVZR42.17.0

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 20. Oktober 2017 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterin Prof. Dr. Schmidt-Räntsch, den Richter Dr. Kazele, die Richterin Haberkamp und den Richter Dr. Hamdorf

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des Landgerichts Landshut - 1. Zivilkammer - vom 18. Januar 2017 aufgehoben. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Landshut vom 19. Juni 2015 wird zurückgewiesen. Der Beklagte trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Parteien sind Eigentümer benachbarter Grundstücke, die durch einen Maschendrahtzaun mit einer Höhe von 0,65 m bis 1,07 m getrennt werden, der in seinem Verlauf die Grundstücksgrenze schneidet. Die Mieter des Grundstücks des Beklagten errichteten unmittelbar hinter dem Maschendrahtzaun ohne Zustimmung der Kläger einen zunächst elf Meter langen, später auf zwanzig Meter verlängerten Holzflechtzaun mit einer Höhe von 1,80 m.
2
Mit der nach Durchführung eines Schlichtungsverfahrens erhobenen Klage verlangen die Kläger - soweit hier von Interesse - die Beseitigung des Holzflechtzauns und Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Berufungsgericht das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Beklagte beantragt, wollen die Kläger die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils erreichen.

Entscheidungsgründe:


I.


3
Nach Auffassung des Berufungsgerichts handelt es sich bei dem Maschendrahtzaun um eine Grenzanlage im Sinne des § 921 BGB. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs könne deren Erhaltung zwar auch in ihrer äußeren Beschaffenheit und in ihrem Erscheinungsbild verlangt werden. Die durch die Errichtung des Holzflechtzauns erfolgte Veränderung des Erscheinungsbildes rechtfertige aber vorliegend nicht die Annahme eines Beseitigungsanspruchs. Da sich der Holzflechtzaun vollständig auf dem Grundstück des Beklagten befinde, komme nur eine Verletzung des ästhetischen Empfindens der Kläger in Betracht. Ein Abwehranspruch wäre möglicherweise anzunehmen , wenn die Vereinbarung einer gemeinsamen Grenzanlage zumindest konkludent auch ein bestimmtes Erscheinungsbild umfasst hätte. Daran fehle es hier jedoch. Die Einigung der Grundstücksnachbarn auf einen eher niedrigen Maschendrahtzaun sei kein Hinweis darauf, dass sie sich in irgendeiner Weise über die Unveränderlichkeit seines Erscheinungsbildes und die durch ihn gewährleistete Sicht auf das Nachbargrundstück hätten verständigen wollen. Ins- besondere bei einer - hier nur in Betracht kommenden - konkludenten Zustimmung zu der Grenzeinrichtung sei ein solcher Wille der Grundstücksnachbarn fernliegend.

II.


4
Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
5
1. Rechtsfehlerfrei sieht das Berufungsgericht den auf der Grundstücksgrenze der Nachbargrundstücke befindlichen Maschendrahtzaun allerdings als Einrichtung im Sinne des § 921 BGB an.
6
a) Eine Grenzeinrichtung in diesem Sinne liegt vor, wenn die Anlage - nicht notwendigerweise in der Mitte (Senat, Urteil vom 15. Oktober 1999 - V ZR 77/99, BGHZ 143, 1, 3; Urteil vom 17. Januar 2014 - V ZR 292/12, NJWRR 2014, 973 Rn. 35) - von der Grenzlinie geschnitten wird und beiden Grundstücken nutzt, auf denen sie errichtet worden ist (Senat, Urteil vom 18. Mai 2001 - V ZR 119/00, NJW-RR 2001, 1528, 1529; Urteil vom 7. März 2003 - V ZR 11/02, BGHZ 154, 139, 143 ff.; Urteil vom 21. Oktober 2011 - V ZR 10/11, NJW-RR 2012, 346 Rn. 33). Erforderlich für das Vorliegen einer Grenzeinrichtung ist, dass beide Nachbarn ihrer Errichtung als einer gemeinsamen Grenzanlage zustimmen (Senat, Urteil vom 25. Mai 1984 - V ZR 199/82, BGHZ 91, 282, 286 f.; Urteil vom 15. Oktober 1999 - V ZR 77/99, BGHZ 143, 1, 5; Urteil vom 21. Oktober 2011 - V ZR 10/11, NJWRR 2012, 346 Rn. 35; Urteil vom 17. Januar 2014 - V ZR 292/12, NJW-RR 2014, 973 Rn. 40). An die Zustimmung der früheren Eigentümer sind die Par- teien als Rechtsnachfolger gebunden (vgl. Senat, Urteil vom 21. Oktober 2011 - V ZR 10/11, NJW-RR 2012, 346 Rn. 35).
7
b) Diese Voraussetzungen liegen nach den tatrichterlichen Feststellungen vor.
8
aa) Das Berufungsgericht stellt fest, dass der Maschendrahtzaun nicht zur Gänze auf einem der beiden Grundstücke steht, sondern in seinem Verlauf die gemeinsame Grenze schneidet und dass er aufgrund seiner Grenzscheidefunktion beiden Grundstücken dient.
9
bb) Ohne Erfolg wendet sich der Beklagte gegen die Annahme des Berufungsgerichts , aufgrund der nicht unerheblichen Größe der Betonsockel der Metallpfosten hätten die Grundstückseigentümer bei Errichtung des Zauns gewusst oder jedenfalls damit gerechnet, dass sich dieser auf beiden Grundstücken befand, und damit der Grenzanlage zugestimmt. Ob diese tatrichterliche Würdigung frei von Rechtsfehlern ist, bedarf keiner Entscheidung. Denn für das Einverständnis des Nachbarn mit der Grenzeinrichtung spricht eine Vermutung.
10
(1) Nach einer verbreiteten Auffassung enthält § 921 BGB eine gesetzliche Vermutung, die sich nicht nur - wie der Wortlaut nahelegt - auf die Berechtigung zur gemeinschaftlichen Nutzung der Grenzeinrichtung bezieht, sondern auch die Vermutung umfasst, dass diese mit dem Einverständnis der Nachbarn errichtet worden ist. Danach hätte der Nachbar, der eine Grenzeinrichtung verändern oder beseitigen will, nach § 292 Satz 1 ZPO den Vollbeweis für das Fehlen der einvernehmlichen Errichtung der Anlage zu erbringen (BeckOGK/ Vollkommer, 1.11.2017, BGB § 921 Rn. 17 f.; Grziwotz in Grziwotz/Lüke/Saller, Praxishandbuch Nachbarrecht, 2. Aufl., 2. Teil Rn. 63; MüKoBGB/Brückner, 7. Aufl., § 921 Rn. 12 f.; Staudinger/Roth, BGB [2016], § 921 Rn. 9). Demgegenüber will eine andere Meinung nur von einer tatsächlichen Vermutung für ein Einverständnis des Nachbarn mit der Errichtung der Grenzeinrichtung ausgehen (Soergel/Baur, BGB, 13. Aufl., § 921 Rn. 5).
11
(2) Richtig ist, dass bei einer Einrichtung, die sich wegen ihrer Vorteilhaftigkeit für beide Seiten objektiv als Grenzeinrichtung darstellt, eine Vermutung dafür spricht, dass sie mit dem Einverständnis beider Nachbarn errichtet worden ist. Denn die Regelung in den §§ 921, 922 BGB haben zum Ziel, Streit über Vorgänge in der Vergangenheit zu vermeiden (so zutreffend MüKoBGB/ Brückner, 7. Aufl., § 921 Rn. 12); eine scheinbare Grenzeinrichtung soll im Zweifel als eine wirkliche gelten (so im Zusammenhang mit dem Grenzverlauf ausdrücklich Motive III, S. 275 f.; vgl. auch Protokolle III, S. 131; sowie Senat, Urteil vom 15. Oktober 1999 - V ZR 77/99, BGHZ 143, 1, 4; Senat, Urteil vom 17. Januar 2014 - V ZR 292/12, NJW-RR 2014, 973 Rn. 35). Das lässt sich nur erreichen, wenn auch die einvernehmliche Errichtung vermutet wird.
12
(3) Ob es sich dabei um eine gesetzliche oder um eine tatsächliche Vermutung handelt bedarf keiner Entscheidung. Von einer einverständlich errichteten Grenzeinrichtung ist hier nämlich auch dann auszugehen, wenn für das Einverständnis nur eine tatsächliche Vermutung im Sinne einer Beweiserleichterung sprechen sollte. Denn die Revision zeigt keinen zur Erschütterung einer solchen Vermutung geeigneten Vortrag des Beklagten auf. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts konnte keine der Parteien darlegen, von wem der Maschendrahtzaun, dessen Alter mindestens 30 Jahre beträgt, errichtet wurde und welche Kenntnis die damaligen Grundstückseigentümer von dessen Verlauf hatten. Der bloße Hinweis des Beklagten auf einen fehlenden Vortrag der Kläger und den nicht erbrachten Nachweis des Einverständnisses des damali- gen Eigentümers des Nachbargrundstücks mit der Errichtung des Zauns ist bei der Annahme einer tatsächlichen Vermutung unerheblich.
13
cc) Der Maschendrahtzaun hat seine Eigenschaft als Grenzeinrichtung im Sinne des § 921 BGB nicht deshalb verloren, weil er aufgrund seines Zustandes seine Funktion nicht mehr erfüllen könnte (vgl. hierzu Senat, Urteil vom 23. November 1984 - V ZR 176/83, NJW 1985, 1458, 1459). Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts weist er zwar alterstypische Schäden auf, kann aber seine Funktion als Grenzzaun noch erfüllen. Irreparable Schäden liegen nicht vor.
14
2. Rechtsfehlerhaft geht das Berufungsgericht davon aus, dass die Errichtung des Holzflechtzauns unmittelbar hinter dem Maschendrahtzaun der Zustimmung der Kläger nicht bedurfte.
15
a) Nach § 922 Satz 3 BGB darf eine Grenzeinrichtung, an deren Fortbestand einer der Nachbarn ein Interesse hat, nicht ohne seine Zustimmung beseitigt oder geändert werden. Haben Grundstücksnachbarn sich - ausdrücklich oder stillschweigend - für eine bestimmte Grenzeinrichtung entschieden, so kann jeder Nachbar die Erhaltung der Grenzanlage auch in ihrer äußeren Beschaffenheit und in ihrem Erscheinungsbild verlangen. Wird sie in ihrem Erscheinungsbild etwa durch einen daneben errichteten Holzzaun wesentlich beeinträchtigt , so kann nach § 922 Satz 3, § 1004 BGB dessen Beseitigung verlangt werden (vgl. Senat, Urteil vom 23. November 1984 - V ZR 176/83, NJW 1985, 1458, 1459). An dieser Rechtsprechung wird festgehalten.
16
b) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ergibt sich die mit einer Grenzeinrichtung verbundene Zweckbestimmung bereits aus deren objektiver Beschaffenheit; diese lässt sich nicht von optisch-ästhetischen Gesichtspunkten trennen.
17
Für das Vorliegen einer Grenzeinrichtung im Sinne des § 921 BGB ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass die auf der Grundstücksgrenze gelegene Einrichtung ihrer objektiven Beschaffenheit nach dem Vorteil beider Grundstücke dient. So genügt etwa für die Annahme einer Grenzeinrichtung eine zur gemeinsamen Benutzung verwendete und eingerichtete Fläche. Hierunter fällt etwa ein von den Grundstücksnachbarn gemeinsam benutzter Zufahrtsweg , auch wenn er nicht geeignet ist, den genauen Grenzverlauf zu markieren , sondern anderen Zwecken dient (vgl. Senat, Urteil vom 7. März 2003 - V ZR 11/02, BGHZ 154, 139, 143 ff. mwN). Der Vereinbarung einzelner Funktionen einer Grenzeinrichtung bedarf es daher entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht.
18
Auch ist die Grenzeinrichtung in ihrer gesamten Beschaffenheit geschützt. Der in § 922 Satz 3 BGB vorgesehene Bestandsschutz ist nicht auf die Substanz der Grenzeinrichtung beschränkt. Die Vorschrift will auch die Aufhebung oder Minderung des Bestimmungszwecks der Einrichtung und deren Brauchbarkeit in dem bisherigen Umfang für diesen Zweck zum Nachteil des Nachbarn verhindern (vgl. Senat, Urteil vom 27. Juli 2012 - V ZR 2/12, Grundeigentum 2012, 1309 Rn. 8). Geschützt ist dabei auch das nach außen hervortretende Bild der Grenzanlage vor Veränderungen (vgl. Senat, Urteil vom 23. November 1984 - V ZR 176/83, NJW 1985, 1458, 1460; Urteil vom 9. Februar 1979 - V ZR 108/77, BGHZ 73, 272, 274 f.). Das Erscheinungsbild einer Grenzeinrichtung ist Bestandteil ihrer Zweckbestimmung und kann von der ihr immanenten Ausgleichsfunktion zwischen den Interessen der Grundstücksnachbarn nicht getrennt werden. Es kann daher ohne Zustimmung des Nachbarn nicht verändert werden. Die Ausgleichsfunktion umfasst rein optischästhetische Gesichtspunkte, kann aber auch darüber hinausgehen. So kann das äußere Erscheinungsbild auch Bedeutung für den Lichteinfall auf ein Grundstück oder für gestalterische Aspekte, etwa der Erhaltung einer räumlich großzügigen Wirkung einer Außenfläche, haben. Wegen dieser Teilhabe an dem Bestandsschutz einer Grenzanlage nach § 922 Satz 3 BGB bestehen entgegen der Ansicht der Beklagten keine Bedenken gegen den hier geltend gemachten Beseitigungsanspruch unter dem Gesichtspunkt der Eigentumsgarantie nach Art. 14 Abs. 1 GG. Die Regelungen der §§ 921, 922 BGB sind Ausprägungen der Inhalts- und Schrankenbestimmung des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG (vgl. Senat, Urteil vom 11. April 2008 - V ZR 158/07, NJW 2008, 2032 Rn. 18).
19
3. Das Berufungsurteil erweist sich nicht aus anderen Gründen als richtig. Dass die Vornutzerin des Grundstücks des Beklagten über mehrere Jahre hinweg eine Schilfmatte an einem Teilbereich des Maschendrahtzaunes angebracht hatte, ist unerheblich. Hieraus lässt sich allenfalls eine Duldung einer äußerlichen Veränderung der Grenzeinrichtung, die mit dem nunmehr bestehenden Zustand nicht vergleichbar ist, über einen gewissen Zeitraum entnehmen , nicht jedoch ein Einvernehmen der Grundstücksnachbarn damit, dass das äußere Erscheinungsbild der Grenzeinrichtung jederzeit einseitig verändert werden darf.

III.


20
Das angefochtene Urteil kann daher keinen Bestand haben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann selbst entscheiden, weil der Rechtsstreit zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO).

21
1. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts liegen die Voraussetzungen für den Beseitigungsanspruch nach § 922 Satz 3, § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB vor.
22
a) Eine Beeinträchtigung der Grenzeinrichtung ist gegeben. Mit dem niedrigen Maschendrahtzaun ist eine verhältnismäßig unauffällige Art der Markierung der Grundstücksgrenze verbunden, während sich der nun unmittelbar anschließende 1,80 m hohe Holzflechtzaun auf dem Grundstück des Beklagten als eine besonders markante Abgrenzung zum Grundstück der Kläger darstellt.
23
b) Diese Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes des Maschendrahtzauns ist dem Beklagten als Störer zuzurechnen. Zwar wurde die Veränderung des Erscheinungsbildes nicht unmittelbar durch Handlungen des Beklagten, sondern durch die Mieter seines Grundstücks bewirkt. Handlungsstörer im Sinne des § 1004 Abs. 1 BGB ist aber auch derjenige, der die Beeinträchtigung durch einen anderen in adäquater Weise durch seine Willensbetätigung verursacht und in der Lage ist, die unmittelbar auftretende Störung zu verhindern (vgl. Senat, Urteil vom 16. Mai 2014 - V ZR 131/13, MDR 2014, 1019 Rn. 12 mwN; Urteil vom 8. Mai 2015 - V ZR 178/14, MDR 2015, 697 Rn. 10). Der Eigentümer kann daher für Störungshandlungen seines Mieters nach § 1004 BGB verantwortlich gemacht werden, wenn er dem Mieter den Gebrauch seiner Sache mit der Erlaubnis zu der störenden Handlung überlassen hat oder wenn er es unterlässt, den Mieter von unerlaubtem, fremdes Eigentum beeinträchtigenden Gebrauch der Mietsache abzuhalten (vgl. Senat, Urteil vom 7. April 2000 - V ZR 39/99, BGHZ 144, 200, 204 f.; Urteil vom 27. Januar 2006 - V ZR 26/05, MDR 2006, 869). Diese Voraussetzungen liegen nach den Feststellungen des Berufungsgerichts vor. Der Beklagte hat es bislang unterlassen, auf die Mieter mit dem Ziel der Beseitigung der Störungen einzuwirken, sondern sich vielmehr auf den Standpunkt gestellt, dass ein Beseitigungsanspruch der Kläger nicht bestehe.
24
c) Ohne Rechtsfehler und von der Revision unbeanstandet verneint das Berufungsgericht eine Rechtsmissbräuchlichkeit des Beseitigungsverlangens der Kläger.
25
2. Weiterhin können die Kläger Ersatz der geltend gemachten, auf der Grundlage des Streitwerts von 1.500 € berechneten vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 112,75 € nach § 280 Abs. 1 und 2, § 286 Abs. 1 BGB verlangen.

IV.


26
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Stresemann Schmidt-Räntsch Kazele
Haberkamp Hamdorf

Vorinstanzen:
AG Landshut, Entscheidung vom 19.06.2015 - 2 C 1503/14 -
LG Landshut, Entscheidung vom 18.01.2017 - 12 S 2208/15 -

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Werden zwei Grundstücke durch einen Zwischenraum, Rain, Winkel, einen Graben, eine Mauer, Hecke, Planke oder eine andere Einrichtung, die zum Vorteil beider Grundstücke dient, voneinander geschieden, so wird vermutet, dass die Eigentümer der Grundstücke zur Benutzung der Einrichtung gemeinschaftlich berechtigt seien, sofern nicht äußere Merkmale darauf hinweisen, dass die Einrichtung einem der Nachbarn allein gehört.

Sind die Nachbarn zur Benutzung einer der in § 921 bezeichneten Einrichtungen gemeinschaftlich berechtigt, so kann jeder sie zu dem Zwecke, der sich aus ihrer Beschaffenheit ergibt, insoweit benutzen, als nicht die Mitbenutzung des anderen beeinträchtigt wird. Die Unterhaltungskosten sind von den Nachbarn zu gleichen Teilen zu tragen. Solange einer der Nachbarn an dem Fortbestand der Einrichtung ein Interesse hat, darf sie nicht ohne seine Zustimmung beseitigt oder geändert werden. Im Übrigen bestimmt sich das Rechtsverhältnis zwischen den Nachbarn nach den Vorschriften über die Gemeinschaft.

Werden zwei Grundstücke durch einen Zwischenraum, Rain, Winkel, einen Graben, eine Mauer, Hecke, Planke oder eine andere Einrichtung, die zum Vorteil beider Grundstücke dient, voneinander geschieden, so wird vermutet, dass die Eigentümer der Grundstücke zur Benutzung der Einrichtung gemeinschaftlich berechtigt seien, sofern nicht äußere Merkmale darauf hinweisen, dass die Einrichtung einem der Nachbarn allein gehört.

33
aa) Bei der als Zufahrt genutzten Abstandsfläche zwischen den Gebäuden kann es sich um eine Grenzeinrichtung im Sinne des § 921 BGB handeln. Deren Kennzeichen ist, dass sie von der Grundstücksgrenze - nicht notwendigerweise in der Mitte - durchschnitten wird (Senat, Urteil vom 15. Oktober 1999 - V ZR 77/99, BGHZ 143, 1, 3 mwN) und beiden Grundstücken nutzt, auf denen sie errichtet worden ist (Senat, Urteil vom 18. Mai 2001 - V ZR 119/00, WM 2001, 1903, 1905).

Werden zwei Grundstücke durch einen Zwischenraum, Rain, Winkel, einen Graben, eine Mauer, Hecke, Planke oder eine andere Einrichtung, die zum Vorteil beider Grundstücke dient, voneinander geschieden, so wird vermutet, dass die Eigentümer der Grundstücke zur Benutzung der Einrichtung gemeinschaftlich berechtigt seien, sofern nicht äußere Merkmale darauf hinweisen, dass die Einrichtung einem der Nachbarn allein gehört.

Stellt das Gesetz für das Vorhandensein einer Tatsache eine Vermutung auf, so ist der Beweis des Gegenteils zulässig, sofern nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt. Dieser Beweis kann auch durch den Antrag auf Parteivernehmung nach § 445 geführt werden.

Werden zwei Grundstücke durch einen Zwischenraum, Rain, Winkel, einen Graben, eine Mauer, Hecke, Planke oder eine andere Einrichtung, die zum Vorteil beider Grundstücke dient, voneinander geschieden, so wird vermutet, dass die Eigentümer der Grundstücke zur Benutzung der Einrichtung gemeinschaftlich berechtigt seien, sofern nicht äußere Merkmale darauf hinweisen, dass die Einrichtung einem der Nachbarn allein gehört.

Sind die Nachbarn zur Benutzung einer der in § 921 bezeichneten Einrichtungen gemeinschaftlich berechtigt, so kann jeder sie zu dem Zwecke, der sich aus ihrer Beschaffenheit ergibt, insoweit benutzen, als nicht die Mitbenutzung des anderen beeinträchtigt wird. Die Unterhaltungskosten sind von den Nachbarn zu gleichen Teilen zu tragen. Solange einer der Nachbarn an dem Fortbestand der Einrichtung ein Interesse hat, darf sie nicht ohne seine Zustimmung beseitigt oder geändert werden. Im Übrigen bestimmt sich das Rechtsverhältnis zwischen den Nachbarn nach den Vorschriften über die Gemeinschaft.

Werden zwei Grundstücke durch einen Zwischenraum, Rain, Winkel, einen Graben, eine Mauer, Hecke, Planke oder eine andere Einrichtung, die zum Vorteil beider Grundstücke dient, voneinander geschieden, so wird vermutet, dass die Eigentümer der Grundstücke zur Benutzung der Einrichtung gemeinschaftlich berechtigt seien, sofern nicht äußere Merkmale darauf hinweisen, dass die Einrichtung einem der Nachbarn allein gehört.

Sind die Nachbarn zur Benutzung einer der in § 921 bezeichneten Einrichtungen gemeinschaftlich berechtigt, so kann jeder sie zu dem Zwecke, der sich aus ihrer Beschaffenheit ergibt, insoweit benutzen, als nicht die Mitbenutzung des anderen beeinträchtigt wird. Die Unterhaltungskosten sind von den Nachbarn zu gleichen Teilen zu tragen. Solange einer der Nachbarn an dem Fortbestand der Einrichtung ein Interesse hat, darf sie nicht ohne seine Zustimmung beseitigt oder geändert werden. Im Übrigen bestimmt sich das Rechtsverhältnis zwischen den Nachbarn nach den Vorschriften über die Gemeinschaft.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

Werden zwei Grundstücke durch einen Zwischenraum, Rain, Winkel, einen Graben, eine Mauer, Hecke, Planke oder eine andere Einrichtung, die zum Vorteil beider Grundstücke dient, voneinander geschieden, so wird vermutet, dass die Eigentümer der Grundstücke zur Benutzung der Einrichtung gemeinschaftlich berechtigt seien, sofern nicht äußere Merkmale darauf hinweisen, dass die Einrichtung einem der Nachbarn allein gehört.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
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7. März 2003
K a n i k,
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BGHZ: ja
BGHR: ja
Eine Grenzanlage liegt vor, wenn sich die Anlage zumindest teilweise über die
Grenze zweier Grundstücke erstreckt und funktionell beiden Grundstücken dient.
Eine grenzscheidende Wirkung braucht der Anlage nicht zuzukommen.
BGH, Urt. v. 7. März 2003 - V ZR 11/02 - OLG Schleswig
LG Lübeck
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. März 2003 durch die Richter Tropf, Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein, Dr. Gaier
und Dr. Schmidt-Räntsch

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des SchleswigHolsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 21. Dezember 2001 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerinnen sind Miteigentümerinnen des Hausgrundstücks R. 10a/10b in B. Sch. . Im hinteren, straßenabgewandten Bereich ihres Grundstücks befinden sich eine Hoffläche und eine Garage. Dort werden zum Taxibetrieb der Klägerin zu 2 gehörende Kraftfahrzeuge abgestellt und repariert. Die Zufahrt erfolgt von der Straße R. aus über einen knapp drei Meter breiten asphaltierten Weg, der unmittelbar am Wohnhaus der Klägerinnen entlangführt. Der Weg wird in seinem vorderen, straßenzugewandten Bereich von der Grenze des im Eigentum der Beklagten stehenden Nachbargrundstücks R. 12 schräg durchschnitten. An der Einmündung zur Straße R. befindet sich der Weg mit einer Breite von knapp 90 cm auf
dem Grundstück der Klägerinnen, im übrigen auf dem Grundstück der Beklagten. Erst nach etwa fünfzehn Metern verläuft der Weg in seiner gesamten Breite auf dem Grundstück der Klägerinnen.
Die Asphaltdecke des Weges wurde Anfang der siebziger Jahre vom Rechtsvorgänger der Klägerinnen, der auf dem Grundstück eine Autovermietung betrieben hatte, auf einen bestehenden Schotterweg aufgebracht. Der damalige Eigentümer des Grundstücks der Beklagten nutzte den Weg ebenfalls. Er diente ihm als Zufahrt zu seinem auf dem Grundstück R. 12 betriebenen Bäckereiunternehmen. Mit der Asphaltierung des Wegs hatte er sich in Kenntnis des Umstands einverstanden erklärt, daß der Weg teilweise über sein Grundstück verlief.
Der Bäckereibetrieb auf dem Grundstück R. 12 wurde später eingestellt. Die Beklagte erwarb das Grundstück und errichtete auf ihm eine Eigentumswohnungsanlage. In der Absicht, entlang der Grenze zum Grundstück der Klägerinnen eine Mauer zu errichten, forderte sie die Klägerinnen auf, die Asphaltdecke zu entfernen, soweit sie sich auf dem Grundstück R. 12 befindet. Hierzu sind die Klägerinnen nicht bereit. Mit der Klage verlangen sie, der Beklagten zu verbieten, den bestehenden Weg ohne ihre Zustimmung so zu verändern, daß die Zufahrt zum hinteren Teil ihres Grundstücks beeinträchtigt wird. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Mit der im Berufungsurteil zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht meint, bei dem Weg handele es sich um eine Grenzeinrichtung im Sinne von § 921 BGB, die spätestens aufgrund der zwischen den damaligen Grundstückseigentümern getroffenen Abrede, den bestehenden Weg zu asphaltieren, geschaffen worden sei. Zwar diene der Weg nicht der Trennung und Scheidung der benachbarten Grundstücke. Dies sei für die Annahme einer Grenzeinrichtung auch nicht erforderlich. Hierfür reiche es aus, daß die Einrichtung für die Benutzung der Grundstücke in irgendeiner Weise vorteilhaft sei. Das Bestehen einer Grenzeinrichtung führe zu einer grunddienstbarkeitsähnlichen Belastung, die es der Beklagten nach § 922 Satz 3 BGB verbiete, die Einrichtung ohne Zustimmung der Klägerinnen zu verändern oder zu beseitigen.
Das hält der revisionsrechtlichen Prüfung stand.

II.


1. Ohne Erfolg macht die Revision geltend, bei dem Zufahrtsweg handele es sich nicht um eine Grenzeinrichtung, weil der Weg zur Grenzscheidung weder bestimmt noch geeignet ist.

a) Ob das Vorliegen einer Grenzeinrichtung im Sinne von § 921 BGB eine grenzscheidende Wirkung der Einrichtung voraussetzt, ist umstritten. Das
Reichsgericht war der Auffassung, Grenzeinrichtungen seien nur solche mit dem Grund und Boden verbundene, auf der Grenze befindliche Anlagen, die infolge ihrer Gestaltung und Lage aneinander grenzende Grundstücke voneinander scheiden und durch ihre Lage auf der Grenze und ihre die Grundstücke scheidende Wirkung den benachbarten Grundstücken zum Vorteil dienen (RGZ 70, 200, 204 f; ebenso OLG Celle, RdL 1958, 210 m. abl. Anm. Rötelmann ). Im Anschluß hieran ist vornehmlich von der älteren Literatur verlangt worden, eine Grenzeinrichtung müsse die Grenzscheidung bezwecken (Palandt /Hoche, BGB, 14. Aufl. 1955, § 921 Anm. 2), oder - unabhängig von ihrer Zweckbestimmung - zumindest tatsächlich geeignet sein, die betroffenen Grundstücke voneinander zu scheiden (Planck/Strecker, BGB, 5. Aufl. 1933, § 921 Anm. 3a; RGRK-BGB/Pritsch, 11. Aufl. 1959, § 921 Anm. 3; RGRKBGB /Augustin, 12. Aufl. 1979, § 921 Rdn. 7; Harry Westermann, Lehrbuch des Sachenrechts, 2. Aufl. 1953, § 66 IV 1, S. 314; a.M. Rötelmann, RdL 1958, 211). Dagegen besteht in der neueren Rechtsprechung und Literatur weitgehend Einigkeit darüber, daß eine Grenzanlage keine Grenzscheidungsfunktion haben muß, sondern daß es ausreicht, daß die auf der Grenze befindliche Einrichtung in irgendeiner Weise dem Vorteil der benachbarten Grundstücke dient (OLG Düsseldorf, MDR 1968, 322; LG Mannheim, NJW 1964, 408, 409; LG Zweibrücken, MDR 1996, 46; MünchKomm-BGB/Säcker, 3. Aufl., § 921 Rdn. 3; Palandt/Bassenge, BGB, 62. Aufl., § 921 Rdn. 1; Soergel/J.F.Baur, BGB, 13. Aufl., § 921 Rdn. 3; Staudinger/Roth, BGB [2001], § 921 Rdn. 8; Dehner, Nachbarrecht, 7. Aufl., B § 7 I 3, S. 8 f).

b) Der Senat hat zu dieser Frage bislang nicht abschließend Stellung genommen. Im Urteil vom 9. November 1965 (V ZR 84/63, WM 1966, 143, 144 f) hat er einen weniger als einen Meter breiten begehbaren Zwischenraum
zwischen zwei Gebäuden als Grenzeinrichtung angesehen. In der Entscheidung vom 23. November 1984 (V ZR 176/83, NJW 1985, 1458, 1459), die einen auf der Grundstücksgrenze errichteten Holz-Spriegelzaun zum Gegenstand hatte, hat er darauf hingewiesen, daß eine Anlage im Sinne von § 921 BGB auch andere Zwecke als die bloße Grenzscheidung haben könne. Im Urteil vom 22. Juni 1990 (BGHZ 112, 1 ff), das eine das gesamte Grundstück des einen Nachbarn erfassende Durchfahrt betraf, hat er die Frage offen gelassen , weil die Einrichtung nicht zwischen den Grundstücken gelegen war. Im Urteil vom 18. Mai 2001 (V ZR 119/00, WM 2001, 1903, 1904) hat der Senat ausgeführt, eine Grenzeinrichtung sei dadurch gekennzeichnet, daß sie von der Grundstücksgrenze durchschnitten werde und beiden Grundstücken nutze, auf denen sie mit Zustimmung der Nachbarn errichtet sei. Eine Giebelmauer, die allein auf einem Grundstück errichtet sei, werde nicht dadurch zu einer Grenzeinrichtung, daß der Eigentümer des Nachbargrundstücks einen Anbau an die Mauer vornehme.

c) Die Entscheidung des vorliegenden Rechtstreits kann nicht ohne Beantwortung der Frage erfolgen, ob eine Grenzeinrichtung im Sinn von § 921 BGB es erfordert, daß die Einrichtung der Grenzscheidung dient oder hierzu tatsächlich geeignet ist, oder ob es hinreichend ist, daß die Einrichtung dem Vorteil der benachbarten Grundstücke in anderer Weise dient. Der Senat entscheidet diese Frage in letzterem Sinne.
aa) Der Wortlaut von § 921 BGB läßt Raum für beide Auslegungen. Soweit es heißt, daß zwei Grundstücke durch eine Einrichtung "voneinander geschieden“ werden, kann hieraus zwar nicht gefolgert werden, daß die Grundstücksnachbarn eine entsprechende Zweckbestimmung getroffen haben müs-
sen. Im Sinne einer tatsächlichen Eignung der Einrichtung zur Grenzscheidung ließe sich der Gesetzeswortlaut aber durchaus verstehen. Unklar bliebe dabei jedoch, warum die Vorschrift ausdrücklich voraussetzt, daß die Einrichtung "zum Vorteil beider Grundstücke dient“, da bereits die grenzscheidende Wirkung als solche für beide Nachbargrundstücke vorteilhaft ist (Staudinger /Seufert, BGB, 11. Aufl., § 921 Rdn. 2; Dehner, aaO., B § 7 I 3, S. 9). Es liegt daher näher, das Gesetz dahin zu verstehen, daß die Einrichtung "zwischen den Grundstücken“ gelegen, d. h. von der Grenzlinie durchschnitten sein muß, ohne dabei eines der Nachbargrundstücke insgesamt zu erfassen (vgl. Senat, BGHZ 112, 1, 2 f). Bestätigt wird dies durch die Gesetzgebungsgeschichte. Sowohl in § 854 Abs. 1 des ersten Entwurfs als auch in § 834 des zweiten Entwurfs war von einer "auf der Grenze zweier Grundstücke“ befindlichen Einrichtung die Rede. Hieran sollte durch die dem heutigen Gesetzeswortlaut entsprechende Neufassung der Vorschrift in § 905 des dritten Entwurfs in der Sache nichts geändert werden. Es sollte vielmehr lediglich klar gestellt werden, daß die Vermutung eines gemeinschaftlichen Nutzungsrechts nicht vom Nachweis der Grenze abhängt (Planck/Strecker, § 921 Anm. 3b; Staudinger /Seufert, § 921 Rdn. 2; Rötelmann, RdL 1958, 211).
bb) Auch im übrigen findet sich in den Gesetzesmaterialien kein Hinweis darauf, daß eine Grenzeinrichtung nach den Vorstellungen des Gesetzgebers zur Grenzscheidung bestimmt oder geeignet sein müßte. Ausreichend und erforderlich soll vielmehr sein, daß die auf der Grundstücksgrenze gelegene Einrichtung ihrer objektiven Beschaffenheit nach zum Vorteil der beiderseitigen Grundstücke dient. Gerade weil eine Grenzeinrichtung unterschiedlichen Zwecken dienen kann, hat sich der Gesetzgeber zur Verdeutlichung durch Beispiele entschlossen (Motive III, 275). Dies wäre entbehrlich gewesen, wenn
Grenzeinrichtungen nur durch ihre grenzscheidende Funktion gekennzeichnet wären. Durch das Beispiel des "Zwischenraums“ kommt zum Ausdruck, daß für die Annahme einer Grenzeinrichtung eine zur gemeinsamen Benutzung verwendete und eingerichtete Fläche genügt (Motive III, 275). Hierunter fällt auch ein von den Grundstücksnachbarn gemeinsam benutzter Zufahrtsweg, auch wenn er nicht geeignet ist, den genauen Grenzverlauf zu markieren (so auch OLG Düsseldorf, MDR 1968, 322; LG Mannheim, NJW 1964, 408, 409; LG Zweibrücken, MDR 1996, 46; Staudinger/Roth, § 921 Rdn. 5).
cc) Von wesentlicher Bedeutung ist schließlich, daß die Beschränkung von § 921 BGB auf Einrichtungen, die der Grenzscheidung dienen, dem Zweck der Regelung zuwiderläuft. Die Vorschrift trägt dem Umstand Rechnung, daß der Ursprung von Einrichtungen, die dem gemeinsamen Vorteil benachbarter Grundstücke dienen, oftmals weit zurückreicht und sich nicht mehr aufklären läßt. Deshalb und angesichts der Lage zwischen den Grundstücken mit bisweilen unsicherem Grenzverlauf können die rechtlichen Verhältnisse ebenso leicht streitig werden, wie sie schwierig zu ermitteln sind. Dem will § 921 BGB durch die Vermutung eines Rechts zur gemeinschaftlichen Benutzung der Einrichtung begegnen. Damit soll Streitigkeiten zwischen den Nachbarn vorgebeugt und eine volkswirtschaftlich schädliche Zerstörung von für beide Grundstücke vorteilhaften Anlagen verhindert werden (Senat, BGHZ 143, 1, 3 f; Staudinger/Roth, § 921 Rdn. 1; Staudinger/Seufert, § 921 Rdn. 1, 2; Motive III, 274). Diese Gefahr besteht bei allen zwischen zwei Grundstücken gelegenen, beiderseits nutzbaren Einrichtungen unabhängig davon, ob sie eine Grenzscheidungsfunktion haben oder nicht. Derartige Einrichtungen sind auch dann erhaltenswert, wenn sie funktionell den benachbarten Grundstücken andere Vorteile als die Markierung der Grenzlinie bieten. Auch in diesen Fällen ist es
gerechtfertigt, die aus dem Eigentum folgende Befugnis der Grundstücksnachbarn zur Veränderung oder Beseitigung der Einrichtung auf dem jeweiligen Grundstück zu beschränken, weil derartige Maßnahmen den mit der Einrichtung verbundenen Nutzen oftmals vollständig beseitigen würden.
dd) Das bedeutet nicht, daß jede auf der Grenze errichtete Anlage, die für die benachbarten Grundstücke vorteilhaft ist, eine Grenzanlage im Sinne von § 921 BGB bildet. Um eine Grenzanlage im Sinne von § 921 BGB handelt es sich bei einer Anlage nur, wenn sie auf der Grenze errichtet und der Nutzung der aneinander grenzenden Grundstücke untergeordnet ist, d.h. ihre Nutzung nicht kennzeichnet, wie es etwa bei der grenzüberschreitenden Errichtung eines selbständig nutzbaren Gebäudes durch die Eigentümer der Nachbargrundstücke der Fall ist (vgl. Staudinger/Roth, § 921 Rdn. 8). Eine Grenzanlage im Sinne von § 921 BGB liegt auch nicht vor, wenn die Anlage die Nutzung eines der beiden Grundstücke im wesentlichen ausschöpft oder der Vorteil für die beiden Grundstücke sich in der Vereinbarung ihrer gemeinschaftlichen Nutzung erschöpft.
2. Setzt § 921 BGB danach eine grenzscheidende Wirkung der in Rede stehenden Anlage nicht voraus, dann handelt es sich, wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, bei dem teils auf dem Grundstück der Klägerinnen , teils auf dem Grundstück der Beklagten gelegenen und bereits von den vormaligen Eigentümern einverständlich genutzten Zufahrtsweg um eine Grenzeinrichtung, zu deren zweckentsprechender Nutzung die Klägerinnen berechtigt sind (§§ 921, 922 Satz 1 BGB) und deren einseitige Beseitigung oder Veränderung der Beklagten verboten ist (§ 922 Satz 3 BGB). Die Einstel-
lung der Mitbenutzung des Weges durch die Beklagte könnte hieran nichts ändern.
Zur Sicherung ihres grunddienstbarkeitsähnlichen (Motive III, 276) Nutzungsrechts , das eine Erweiterung ihrer Befugnisse aus dem Eigentum bewirkt (Staudinger/Roth, § 922 Rdn. 2), steht den Klägerinnen ein vorbeugender Unterlassungsanspruch gemäß § 1004 Abs. 1 BGB zu (Erman/Hagen/Lorenz, BGB, 10. Aufl., § 922 Rdn. 1; MünchKomm-BGB/Säcker, § 922 Rdn. 7; Soergel /J.F. Baur, § 922 Rdn. 10; vgl. Staudinger/Roth, § 922 Rdn. 5), weil die Beklagte den einseitigen Rückbau des Zufahrtsweges angekündigt hat.
Tropf Krüger Klein Gaier Schmidt-Räntsch

Sind die Nachbarn zur Benutzung einer der in § 921 bezeichneten Einrichtungen gemeinschaftlich berechtigt, so kann jeder sie zu dem Zwecke, der sich aus ihrer Beschaffenheit ergibt, insoweit benutzen, als nicht die Mitbenutzung des anderen beeinträchtigt wird. Die Unterhaltungskosten sind von den Nachbarn zu gleichen Teilen zu tragen. Solange einer der Nachbarn an dem Fortbestand der Einrichtung ein Interesse hat, darf sie nicht ohne seine Zustimmung beseitigt oder geändert werden. Im Übrigen bestimmt sich das Rechtsverhältnis zwischen den Nachbarn nach den Vorschriften über die Gemeinschaft.

8
c) Mit dem Abriss des Hauses der Beklagten ist die Giebelwand freigelegt und dadurch ungeschützt der Witterung ausgesetzt worden. Sie hat auch die wärmeisolierende Funktion des abgerissenen Gebäudes für das Haus der Klägerin verloren. Ein solcher - wovon mangels anderen Vortrags und anderer Anhaltspunkte auszugehen ist - ohne Zustimmung der Klägerin vorgenomme- ner Eingriff verstößt gegen § 922 Satz 3 BGB. Diese Vorschrift schützt nicht nur die Substanz einer Grenzeinrichtung; sie will auch die Aufhebung oder Minderung des Bestimmungszwecks der Einrichtung und deren Brauchbarkeit in dem bisherigen Umfang für diesen Zweck zum Nachteil des Nachbarn verhindern. Dem widerspricht es, wenn der Abriss des Nachbarhauses die Bestands- und Funktionsfähigkeit der gemeinsamen Giebelmauer derart beeinträchtigt, dass der andere Nachbar gezwungen wird, sich durch bauliche Maßnahmen erst wieder die Nutzungsmöglichkeit zu verschaffen, die ihm die Mauer bisher bot (Senat, Urteil vom 28. November 1980 - V ZR 148/79, BGHZ 78, 379, 398 f.; Urteil vom 21. April 1989 - V ZR 248/87, NJW 1989, 2541).

Sind die Nachbarn zur Benutzung einer der in § 921 bezeichneten Einrichtungen gemeinschaftlich berechtigt, so kann jeder sie zu dem Zwecke, der sich aus ihrer Beschaffenheit ergibt, insoweit benutzen, als nicht die Mitbenutzung des anderen beeinträchtigt wird. Die Unterhaltungskosten sind von den Nachbarn zu gleichen Teilen zu tragen. Solange einer der Nachbarn an dem Fortbestand der Einrichtung ein Interesse hat, darf sie nicht ohne seine Zustimmung beseitigt oder geändert werden. Im Übrigen bestimmt sich das Rechtsverhältnis zwischen den Nachbarn nach den Vorschriften über die Gemeinschaft.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

Werden zwei Grundstücke durch einen Zwischenraum, Rain, Winkel, einen Graben, eine Mauer, Hecke, Planke oder eine andere Einrichtung, die zum Vorteil beider Grundstücke dient, voneinander geschieden, so wird vermutet, dass die Eigentümer der Grundstücke zur Benutzung der Einrichtung gemeinschaftlich berechtigt seien, sofern nicht äußere Merkmale darauf hinweisen, dass die Einrichtung einem der Nachbarn allein gehört.

Sind die Nachbarn zur Benutzung einer der in § 921 bezeichneten Einrichtungen gemeinschaftlich berechtigt, so kann jeder sie zu dem Zwecke, der sich aus ihrer Beschaffenheit ergibt, insoweit benutzen, als nicht die Mitbenutzung des anderen beeinträchtigt wird. Die Unterhaltungskosten sind von den Nachbarn zu gleichen Teilen zu tragen. Solange einer der Nachbarn an dem Fortbestand der Einrichtung ein Interesse hat, darf sie nicht ohne seine Zustimmung beseitigt oder geändert werden. Im Übrigen bestimmt sich das Rechtsverhältnis zwischen den Nachbarn nach den Vorschriften über die Gemeinschaft.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

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cc) Nach alledem ist die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe Art. 14 GG verletzt, unbegründet. Der Beklagte übersieht, dass sein Grundstückseigentum durch die Teilhabe des Klägers an der gemeinsamen Giebelwand nach Maßgabe der §§ 922, 741 ff. BGB beschränkt ist.

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

Sind die Nachbarn zur Benutzung einer der in § 921 bezeichneten Einrichtungen gemeinschaftlich berechtigt, so kann jeder sie zu dem Zwecke, der sich aus ihrer Beschaffenheit ergibt, insoweit benutzen, als nicht die Mitbenutzung des anderen beeinträchtigt wird. Die Unterhaltungskosten sind von den Nachbarn zu gleichen Teilen zu tragen. Solange einer der Nachbarn an dem Fortbestand der Einrichtung ein Interesse hat, darf sie nicht ohne seine Zustimmung beseitigt oder geändert werden. Im Übrigen bestimmt sich das Rechtsverhältnis zwischen den Nachbarn nach den Vorschriften über die Gemeinschaft.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

12
bb) Auch ist davon auszugehen, dass der Beklagte in der Lage ist, die unmittelbar auftretende Störung zu verhindern. Die Haftung aus § 1004 Abs. 1 BGB scheidet nämlich nur aus, wenn feststeht, dass der Kläger einen ihm zuerkannten Unterlassungsanspruch unter keinen Umständen durchzusetzen vermag; denn zu einer Leistung, die unstreitig nicht möglich ist - oder der der Einwand des § 275 Abs. 3 BGB entgegensteht -, darf niemand verurteilt werden (vgl. Senat, Urteile vom 7. April 2000 – V ZR 39/99, BGHZ 144, 200, 204 f., und vom 21. Juni 1974 – V ZR 164/72, BGHZ 62, 388, 393). Entgegen der Ansicht der Revision liegen diese Voraussetzungen nicht vor.
10
d) Ob die zweckwidrige Nutzung durch den Sondereigentümer selbst oder durch dessen Mieter erfolgt, ist verjährungsrechtlich unerheblich. Hierfür spricht schon die Regelung des § 14 Nr. 2 WEG, aus der sich ergibt, dass der Wohnungseigentümer für den dort genannten Personenkreis in gleicher Weise wie für eine eigene Nutzung einzustehen hat. Darüber hinaus erschöpft sich die Störung nicht in der Gebrauchsüberlassung; vielmehr ist davon auszugehen, dass der vermietende Wohnungseigentümer auch nach diesem Zeitpunkt in der Lage ist, die weitere Störung zu verhindern (näher Senat, Urteil vom 16. Mai 2014 - V ZR 131/13, NJW 2014, 2640 Rn. 12 ff. mwN). Ohnehin haben hier - ohne dass es darauf in diesem Zusammenhang entscheidend ankäme - in unverjährter Zeit weitere Gebrauchsüberlassungen im Rahmen der Neuvermietungen stattgefunden.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 39/99 Verkündet am:
7. April 2000
R i e g e l ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
-----------------------------------

a) Der Betreiber eines Drogenhilfezentrums und der Vermieter des Grundstücks, auf
dem der Betrieb stattfindet, können als mittelbare Störer für die Behinderung des
Zugangs zu dem Nachbargrundstück durch die Drogenszene verantwortlich sein,
die sich auf der öffentlichen Straße vor den benachbarten Grundstücken bildet.

b) Der Anspruch des Nachbarn auf Einstellung des Betriebes eines Drogenhilfezentrums
wegen Behinderung des Zugangs zu seinem Grundstück kann wegen des
Allgemeininteresses an der Aufrechterhaltung des Betriebes ausgeschlossen
sein; in diesem Falle steht dem Nachbarn ein Ausgleichsanspruch in Geld zu, der
sich an den Grundsätzen der Enteignungsentschädigung ausrichtet.
BGH, Urt. v. 7. April 2000 - V ZR 39/99 - OLG Frankfurt am Main
LG Frankfurt am Main
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. April 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Wenzel und die Richter
Dr. Vogt, Tropf, Schneider und Dr. Lemke

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers und die Anschlußrevision der Beklagten wird, unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel , das Urteil des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 16. Dezember 1998 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als es den Anspruch des Klägers auf nachbarrechtlichen Ausgleich in Geld (Zahlung und Feststellung) abgewiesen und die Beklagten verurteilt hat, Maßnahmen zu ergreifen , damit Nutzer des Drogenhilfezentrums und Drogendealer Bewohner und Besucher nicht am Betreten des Grundstücks des Klägers hindern.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung über den nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch an das Berufungsgericht , das auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden hat, zurückverwiesen. Im weiteren Umfang der Aufhebung wird auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main, 4. Zivilkammer, vom 19. Februar 1997 abgeändert und die Klage abgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger ist Eigentümer eines im Bahnhofsviertel von Frankfurt am Main gelegenen, zur gewerblichen Nutzung bebauten Grundstücks. Die Beklagte zu 1 ist Eigentümerin des Nachbaranwesens, in dem bis 1989 ein Bordell betrieben wurde. Sie hat die Liegenschaft zum Betrieb eines Drogenhilfezentrums , das die Tagesstätte "CaféFix", einen Straßenschalter zum kostenlosen Spritzenaustausch, das Frauen-Café "Kassandra" sowie eine ärztliche Ambulanz umfaßt, an den Beklagten zu 2 vermietet.
Der Kläger hat von den Beklagten in erster Linie die Einstellung des Betriebs des Drogenhilfezentrums verlangt. Hilfsweise hat er deren Verurteilung beantragt, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, damit Nutzer des Drogenhilfezentrums und Drogendealer (a) sein Grundstück nicht betreten und (b) nicht verunreinigen, (c) Bewohner und Besucher nicht am Betreten hindern sowie (d) vor dem Grundstück keine gebrauchten Spritzen zurücklassen und (e) keine Menschenansammlungen bilden. Mit dem weiteren Hilfsantrag hat er wegen Beeinträchtigung der Erträgnisse des Grundstücks ab 1. März 1992 einen nachbarrechtlichen Ausgleich in Höhe von monatlich 15.000 DM geltend gemacht.
Das Landgericht hat dem Hilfsantrag auf Vornahme der zu (a) bis (c) begehrten Maßnahmen stattgegeben. Den Hauptantrag und die weitergehenden Hilfsanträge hat es abgewiesen. Mit der Berufung hat der Kläger den Hauptantrag sowie die Hilfsanträge zu (d) und (e) mit der Maßgabe weiterverfolgt , daß die Verhinderung von Menschenansammlungen schlechthin begehrt werde. Zusätzlich hat er unter den Gesichtspunkten des Schadensersatzes und
des nachbarrechtlichen Ausgleichs die Zahlung von 128.245 DM nebst Zinsen wegen Ertragsminderung in den Jahren 1992 bis 1996 und die Feststellung verlangt, daß die Beklagten den durch den Betrieb des Drogenhilfezentrums weiter entstandenen und entstehenden Schaden zu ersetzen haben. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Klägers und die Berufung der Beklagten , die die volle Abweisung der Klage zum Ziel hatte, zurückgewiesen.
Mit der Revision (Kläger) und der Anschlußrevision (Beklagte) verfolgen die Parteien ihre zweitinstanzlichen Anträge weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsurteil geht davon aus, daß Drogensüchtige und Drogendealer das Grundstück des Klägers betreten, verunreinigen und den Zugang der Bewohner und Besucher behindern. Die Drogenszene erstrecke sich auf den Gehweg vor dem Grundstück des Klägers und habe abträgliche Auswirkungen auf die Vermietbarkeit des Anwesens. Die Menschenansammlungen und die von diesen hinterlassenen Verunreinigungen des Gehsteiges hätten ihre Ursache im Betrieb des Drogenhilfezentrums. Daher sei eine umfassende und dauernde Beseitigung der Beeinträchtigungen nur durch dessen Einstellung zu erreichen. Dies könne der Kläger aber nicht verlangen, denn das Drogenhilfezentrum diene unmittelbar dem öffentlichen Interesse, nämlich der Drogenpolitik der Stadt Frankfurt am Main. Es könne dahinstehen, ob in einem solchen Falle ein Beseitigungsanspruch überhaupt ausscheide oder ausnahmsweise dann bestehe, wenn sich nur durch Schließung des Betriebs we-
sentliche Beeinträchtigungen abwehren ließen. Zur Beseitigung der physischen Einwirkungen auf den Zugang zum Grundstück des Klägers durch Ansammlung von Drogensüchtigen auf dem Gehsteig reiche es aus, wenn die Beklagten durch geeignete Maßnahmen den Zugang freihielten. Die Beklagten könnten eigene Kräfte oder einen privaten Sicherheitsdienst damit beauftragen, die Passage vor dem Drogenhilfezentrum wie auch den Zugang zum Anwesen des Klägers zu sichern. Dies könne - soweit es sich um Kunden des Drogenhilfezentrums handele - notfalls unter Einsatz körperlichen Zwanges geschehen. Da der Kläger die Einstellung des Drogenhilfezentrums nicht verlangen könne, schieden auch Ansprüche auf Schadensersatz oder nachbarrechtlichen Ausgleich aus.
Dies hält den Rechtsmitteln der Parteien nur teilweise stand.

II.


Ohne Erfolg bleibt die Revision des Klägers, soweit sie sich gegen die Abweisung des Hauptantrags auf Einstellung des Betriebs des Drogenhilfezentrums wendet.
1. Der Anspruch scheitert allerdings, wovon das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei ausgeht, nicht daran, daß die Voraussetzungen des Abwehranspruchs aus § 1004 Abs. 1 BGB nicht erfüllt wären.

a) Die vom Berufungsgericht festgestellten Übergriffe auf das Grundstück des Klägers und die Behinderung des Zugangs zu diesem stellen Beein-
trächtigungen des Eigentums im Sinne des § 1004 Abs. 1 BGB dar. Sie gehen über bloß ideelle oder ästhetische Einwirkungen, die nur begrenzt abwehrfähig sind (Senat BGHZ 54, 56, 59; 95, 307, 309), hinaus. Daß der Zugang über einen öffentlichen Weg, hier den Gehsteig vor den benachbarten Grundstücken, verläuft, steht dem Anspruch des Eigentümers auf Beseitigung der Störung nicht entgegen (Senat, Urt. v. 13. März 1998, V ZR 190/97, NJW 1998, 2058 f).

b) Die Beeinträchtigungen sind den Beklagten als Störern zuzurechnen. Allerdings werden die Übergriffe auf das Grundstück des Klägers und die Behinderung des Zuganges nicht unmittelbar durch Handlungen der Beklagten bewirkt. Unmittelbare Handlungsstörer sind die Teilnehmer der Drogenszene, die sich vor den benachbarten Grundstücken bildet. Handlungsstörer im Sinne des § 1004 Abs. 1 BGB ist aber auch derjenige, der die Beeinträchtigung des Nachbarn durch einen anderen in adäquater Weise durch seine Willensbetätigung verursacht (mittelbarer Störer; Senat BGHZ 49, 340, 347). Ein adäquater Zusammenhang besteht dann, wenn eine Tatsache im allgemeinen und nicht nur unter besonders eigenartigen, unwahrscheinlichen und nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Umständen geeignet ist, einen Erfolg dieser Art herbeizuführen (BGHZ 57, 137, 141; 137, 11, 19).
aa) Diese Voraussetzungen sind durch den Betrieb des Drogenhilfezentrums seitens des Beklagten zu 2 erfüllt. Die Ansammlung von Drogensüchtigen und von Drogendealern sowie die damit einhergehenden Übergriffe auf das Grundstück des Klägers und die Verunreinigung des Gehsteigs durch Fixerutensilien , Blut und Fäkalien sind adäquate Folgen des Betriebs des Drogenhilfezentrums. Ä hnlich wie der Lärm von Besuchern eines Clubs, der auf der Straße beim An- und Abfahren verursacht wird (BGH, Urt. v. 11. Juni 1963,
III ZR 55/62, NJW 1963, 2020), oder Beeinträchtigungen durch an einer Bushaltestelle wartende Fahrgäste (Senat, Urt. v. 21. September 1960, V ZR 89/59, JZ 1961, 498) sind derartige Umstände mit dem Drogenhilfezentrum typischerweise verbunden und ihm daher zuzurechnen.
bb) Mittelbare Handlungsstörerin ist auch die Beklagte zu 1. Grundlage hierfür ist ihre Rechtsstellung als Eigentümerin und Vermieterin des Grundstücks , auf dem der störende Betrieb stattfindet. Das Reichsgericht ist in ständiger Rechtsprechung davon ausgegangen, daß der Eigentümer eines Grundstücks für Störungshandlungen seines Mieters verantwortlich gemacht werden kann, wenn er sein Grundstück dem Mieter mit der Erlaubnis zu jenen Handlungen überlassen hat oder wenn er es unterläßt, den Mieter von dem nach dem Mietvertrag unerlaubten, fremdes Eigentum beeinträchtigenden Gebrauch der Mietsache abzuhalten (RGZ 47, 162, 163 f; 97, 25, 26; 134, 231, 234; 159, 129, 136). Der Senat ist dem im Grundsatz gefolgt und hat für den Fall der Überlassung zum störenden Gebrauch hervorgehoben, daß der Anspruch auf Beseitigung nicht an entgegenstehenden vertraglichen Bindungen des Störers scheitern muß (BGHZ 129, 329, 335; Urt. v. 11. November 1966, V ZR 191/63, WM 1966, 1300, 1302; vgl. auch Urt. v. 7. Januar 1966, V ZR 94/65, WM 1966, 343, 345 f; v. 10. Juli 1998, V ZR 60/97, WM 1998, 2203). Der Vorbehalt hat, wie sich aus den Entscheidungen im näheren ergibt, nicht die Störereigenschaft des Überlassenden, sondern dessen Vermögen zum Gegenstand, der Störung abzuhelfen (dazu nachf. c)). Die Rüge der Beklagten, es fehle an der Feststellung, daß der Mietvertrag über die Betriebsräume der Beklagten zu 1 überhaupt eine Handhabe biete, auf den Beklagten zu 2 zum Zwecke der Beseitigung der Beeinträchtigung einzuwirken, ist für den Tatbestand der Störung im Sinne des § 1004 Abs. 1 mithin nicht maßgeblich.


c) Allerdings scheidet eine Haftung aus § 1004 Abs. 1 BGB aus, wenn feststeht, daß der Kläger einen ihm zuerkannten Beseitigungsanspruch unter keinen Umständen durchzusetzen vermag. Zu einer Leistung, die unstreitig nicht möglich ist, darf niemand verurteilt werden (Senat BGHZ 62, 388, 393). Zu diesem Punkte bedurfte indessen das Berufungsurteil, entgegen der Meinung der Beklagten, keiner weiteren tatsächlichen Grundlagen. Daß der Beklagte zu 2 durch Einstellung des von ihm unterhaltenen Betriebes den Störungen ein Ende setzen kann, liegt auf der Hand. Das Unvermögen der Beklagten zu 1, auf den Beklagten zu 2 im Sinne der Abstellung der Störungen einzuwirken , steht nicht fest. Auf Tatsachenvortrag, wonach der Betrieb des Drogenhilfezentrums ausdrücklich Gegenstand des vertraglichen Gebrauchs war, vermag die Anschlußrevision nicht zu verweisen. Aber auch wenn dies der Fall wäre, stünde nicht fest, daß der Beklagten zu 1 ein Recht zur ordentlichen Lösung des Mietvertrags verschlossen wäre, das die vom Kläger verlangte Abhilfe ermöglichte. Im übrigen hat es der Senat genügen lassen, daß die Möglichkeit , auf dem Verhandlungswege der Verurteilung des Vermieters aus § 1004 Abs. 1 BGB Rechnung zu tragen, nicht ausgeschlossen ist. Dies läge im Verhältnis der beiden Beklagten besonders nahe. Vor allem sind aber auch die Einwirkungen der Verurteilung des Beklagten zu 2 auf das bestehende Mietverhältnis in Rechnung zu stellen (Urt. v. 11. November 1966, V ZR 191/63, aaO). Ein Interesse des Beklagten zu 2 an einer mietrechtlichen Gestattung reduziert sich ohne weiteres im Umfang seiner eigenen Verurteilung.
2. Der Abwehranspruch scheitert aber an dem an der Drogenhilfeeinrichtung bestehenden Allgemeininteresse. Nach der ständigen Rechtsprechung
des Bundesgerichtshofs kann ein Abwehranspruch, der die Einstellung eines Betriebs oder einer Anlage zur Folge hätte, ausgeschlossen sein, wenn die störenden Einwirkungen der Erfüllung von Aufgaben dienen, die im Allgemeininteresse liegen und von öffentlich-rechtlichen Trägern oder, wie hier, von unmittelbar dem öffentlichen Interesse verpflichteten gemeinwichtigen Einrichtungen ausgehen (BGHZ 29, 314, 317 [Autobahn]; Senat, Urt. v. 21. September 1960, V ZR 89/59, JZ 1961, 498 f [Omnibushaltestelle]; BGHZ 48, 98, 104 [Autobahn]; BGHZ 60, 119, 122 [Hochspannungsleitung]; Urt. v. 13. Dezember 1979, III ZR 95/78, NJW 1980, 770 [Mülldeponie]; BGHZ 91, 20, 23 [Kläranlage ]; zustimmend Soergel/J.F. Baur, BGB, 12. Aufl., § 903 Rdn. 121; Palandt/ Bassenge, BGB, 59. Aufl., § 906 Rdn. 41; RGRK-Augustin, BGB, 12. Aufl., § 906 Rdn. 69; Staudinger/Gursky, BGB, 1999, § 1004 Rdn. 185; Bender/ Dohle, Nachbarschutz im zivilen Verwaltungsrecht, 1972, Rdn. 124; Nüßgens/ Boujong, Eigentum, Sozialbindung, Enteignung, 1987, Rdn. 223). Dies ist zwar, vor allem mit dem Argument, die Beschränkung des Abwehranspruchs bedürfe hinsichtlich jedes vorrangigen Interesses einer spezialgesetzlichen Regelung, auf Kritik gestoßen (MünchKomm-BGB/Säcker, 3. Aufl., § 906 Rdn. 132; Staudinger /Roth, BGB, 1996, § 906 Rdn. 30; Papier, NJW 1974, 1797 ff; Kleinlein, Das System des Nachbarrechts, S. 229; Martens, Festschrift für Schack, 1966, 85, 90). Ihr vermag sich der Senat in dieser Allgemeinheit aber nicht anzuschließen. Die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze sind, solange eine umfassende gesetzliche Regelung fehlt, unverzichtbar (zutreffend Soergel /J.F. Baur, aaO, § 903 Rdn. 123). Hat zudem, wie hier, das Allgemeininteresse gesetzlichen Ausdruck gefunden (nachstehend aa), ist einem wesentlichen Anliegen der Kritik Rechnung getragen. Bei einer am Eigentum orientierten , die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Mindesteingriffs wahrenden (nachstehend zu bb) und die Duldungspflicht (§ 1004 Abs. 2 BGB) durch
Ausgleichsleistungen (unten zu IV) kompensierenden Handhabung ist die Begrenzung des Abwehranspruchs am Allgemeininteresse rechtsstaatlich unbedenklich.
aa) Bei der Abwägung außer Betracht zu bleiben hat die Frage der Zweckmäßigkeit der zur Lösung des Drogenproblems konzipierten und praktizierten Mittel. Ein gemeinwichtiges Ziel, das sowohl von Vertretern einer vorwiegend suchtpräventiven und abstinenzorientierten Richtung als auch von den Befürwortern einer konsumbegleitenden Hilfeleistung verfolgt wird, ist die Eindämmung der Sucht und die Hilfe für die Drogenabhängigen. An der Bekämpfung des Drogenmißbrauchs hält auch das Dritte Gesetz zur Ä nderung des Betäubungsmittelgesetzes vom 28. März 2000 (BGBl. I S. 302) fest, das die Vermittlung ausstiegsorientierter Angebote der Beratung und Therapie als Mindeststandard für die Sicherheit und Kontrolle beim Verbrauch von Betäubungsmitteln in Drogenkonsumräumen anordnet (§ 10 a Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 BtMG i.d.F. der Gesetzesänderung; vgl. auch Vermittlungsausschuß, BTDrucks. 14/2796). Das Drogenhilfezentrum der Beklagten richtet sich, was im Tatsächlichen unter den Parteien nicht streitig ist, an der bisher geltenden Gesetzeslage aus und verzichtet darauf, den Drogenabhängigen Gelegenheit zum Drogenkonsum in geschlossenen Räumen zu geben. Das "Café Fix" und die ambulante Arztpraxis dienen dazu, Suchtkranken Hilfe bei der Ernährung, Bekleidung und Hygiene (Dusche, Haarpflege, Ungezieferbekämpfung) zu bieten und für eine Betreuung (Substitution, HIV-Therapie) zu sorgen. Die Abgabe steriler Einmalspritzen am Straßenschalter, die Ansteckungsgefahren vorbeugen soll, ist durch die Gesetzesänderung vom 9. September 1992 (BGBl. I S. 1593) aus den Straftatbeständen des § 29 BtMG herausgelöst worden (§ 29 Abs. 1 Satz 2 BtMG).

bb) Die Abweisung des Hauptantrags wird auch den Erfordernissen der Verhältnismäßigkeit und des Mindesteingriffs gerecht. Denn sie wird durch die Verurteilung der Beklagten nach den Hilfsanträgen zu a) und b) flankiert, gegen die sich die Anschlußrevision der Beklagten vergebens wendet (unten zu V). Der Kläger ist damit in der Lage, Beeinträchtigungen, die mit dem Fortbestand des Drogenhilfezentrums nicht unausweislich verbunden sind, abzuwehren.

III.


Keinen Erfolg hat das Rechtsmittel des Klägers auch insoweit, als es die hilfsweise zum Anspruch auf Einstellung des Betriebes verfolgten Anträge zu d) und e) zum Gegenstand hat. Die Ablehnung des Antrags zu d) ist rechtsfehlerfrei darauf gestützt, daß die Herkunft der Spritzen ungeklärt geblieben ist. Den Antrag zu e), Maßnahmen zu ergreifen, damit sich keine Menschenansammlungen vor dem Grundstück des Klägers bilden, hat das Berufungsgericht inhaltlich zu Recht dem Antrag zu c), die Behinderung des Zugangs durch Menschenansammlungen zu beseitigen, zugeordnet. Ein solcher, an sich nach Abschnitt II 1 a) und b) gegebener Anspruch scheitert am Unvermögen der Beklagten , ihn zu erfüllen (vgl. aaO zu c). Weder Kräften der Beklagten selbst noch privaten Sicherheitsdiensten steht, entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts , die Befugnis zu, den Gehsteig vor den Grundstücken der Parteien von Menschenansammlungen freizuhalten. Sie sind auf die "Jedermannsrechte" der Notwehr und Nothilfe (§ 227 BGB), des Notstandes (§ 228, 904 BGB) und der Festnahme nach § 127 StPO beschränkt. Die allgemeinen poli-
zeilichen Befugnisse zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, die zur Durchsetzung des ungehinderten Gemeingebrauchs an der öffentlichen Straße erforderlich werden, sind ihnen verschlossen. Der abgewiesene Hilfsantrag zu e) ist mithin, ebensowenig wie die Verurteilung zum Hilfsantrag c), die die Anschlußrevision mit Erfolg bekämpft (unten zu V), geeignet, die Zugangshindernisse zu beseitigen. Hierüber sind sich die Parteien im Tatsächlichen auch einig. Die Beklagten vertreten zudem ausdrücklich den Standpunkt , nur Maßnahmen der Ordnungspolizei, die sich indessen zurückhalte, könnten eine Besserung bringen.

IV.


Erfolg hat die Revision des Klägers dagegen, soweit sie die Ansprüche auf Zahlung und auf Feststellung der Pflicht der Beklagten zu weiterem Ausgleich in Geld wegen der nicht abwehrbaren Zugangsbehinderungen zum Gegenstand hat.
1. Ein Anspruch auf Schadensersatz nach § 823 BGB kommt allerdings nicht in Betracht. Die den Beklagten auch im Sinne dieser Vorschrift zuzurechnende Verletzung des Eigentums des Klägers geschah nicht widerrechtlich. Dies folgt aus der im Allgemeininteresse begründeten Duldungspflicht gemäß § 1004 Abs. 2 BGB.
2. Rechtsirrig ist hingegen die Auffassung des Berufungsgerichts, an der Duldungspflicht scheitere auch der Anspruch auf nachbarrechtlichen Ausgleich. Dieser Anspruch ist vielmehr Teil des rechtlichen Gefüges, das sich aus
der Versagung des vollen Abwehrrechts (Hauptantrag auf Stillegung des Betriebes ), den verbleibenden Abwehrbefugnissen (Hilfsanträge a) und b)) und der Kompensation der Abwehrlücke durch Geldausgleich zusammensetzt (vgl. oben zu II 2). Der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch tritt in diesem Zusammenhang an die Stelle des primären Abwehrrechts nach § 1004 Abs. 1 BGB. Der Senat hält dabei an einer gefestigten Rechtsprechung fest, die dem Eigentümer, der sich aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen daran gehindert sieht, den Abwehranspruch durchzusetzen, einen Ausgleich in Geld gewährt (BGHZ 72, 289 [Ausschachtungen]; Senat, BGHZ 85, 375 [Grundstücksvertiefung ]; 90, 255 [verunreinigtes Niederschlagswasser]; 111, 158 [Schrotblei ]). Der Inhalt des Ausgleichsanspruchs richtet sich an den Grundsätzen der Enteignungsentschädigung aus (Senat, BGHZ 85, 375, 386; Urt. v. 4. Juli 1997, V ZR 48/96, WM 1997, 2262 f). Bei der Beeinträchtigung der gewerblichen Nutzung eines Grundstücks, um die es hier geht, kann dem Ausgleich, wie seitens des Klägers geschehen, unmittelbar der Ertragsverlust zugrunde gelegt werden. Der Bundesgerichtshof hat dies für Fälle der vorübergehenden Beeinträchtigung wiederholt ausgesprochen (BGHZ 57, 349 [U-Bahnbau]; Senat BGHZ 62, 361 [zeitweise Sondernutzung eines Gehwegs]). Für dauernde Beeinträchtigungen gilt im Grundsatz nichts anderes. Nur ist in diesen Fällen dem Ausgleich der Ertragsminderung mit dem Wert des Objekts eine Grenze gesetzt. Denn der Verkehrswert der entzogenen Substanz, nicht die hypothetische Vermögenslage beim Ausbleiben der Beeinträchtigung, ist für die Obergrenze des Ausgleichsanspruchs bestimmend (BGHZ 57, 359, 368).
3. Bei der erneuten Verhandlung und Entscheidung wird sich das Berufungsgericht nicht auf seine hilfsweise Erwägung, dem Vortrag des Klägers zu den Mietausfällen mangele die Substanz, stützen können. Der Kläger hat die
Mietausfälle für den in Anspruch genommenen Zeitraum detailliert und rechnerisch nachvollziehbar dargestellt. Den erforderlichen Beweis hat er angetreten. Bei der Feststellung der Ursache der Leerstände wird allerdings dem Vortrag der Beklagten, ältere gewerbliche Objekte, zu denen das Anwesen des Klägers zähle, seien in Frankfurt ohnehin nur schwer zu vermieten, nachzugehen sein. Hierbei wird auch der Lage des Grundstücks, einerseits im Bahnhofsviertel, andererseits in Nachbarschaft zu neu erstellten Bürohochhäusern, Rechnung getragen werden müssen.

V.


Die Anschlußrevision der Beklagten bleibt ohne Erfolg, soweit sie sich gegen die auf die Hilfsanträge zu a) und b) erfolgte Verurteilung wendet. Ihre Meinung, die rechtlichen Voraussetzungen einer Haftung der Beklagten als mittelbare Störer lägen nicht vor, trifft aus den zu Abschnitt II 1 dargelegten Gründen nicht zu.
Erfolg hat die Anschlußrevision, soweit sie sich gegen die Verurteilung aus dem Hilfsantrag zu c) wendet. Insoweit gelten die Ausführungen zu dem
mit der Revision weiter verfolgten Hilfsantrag zu e) des Klägers (Abschnitt III) entsprechend.
Wenzel Vogt Tropf Schneider Lemke

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 26/05 Verkündet am:
27. Januar 2006
K a n i k,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch entsprechend § 906 Abs. 2 Satz 2
BGB setzt - wie § 1004 Abs. 1 BGB - voraus, dass der Anspruchsgegner als Störer
zu qualifizieren ist.

b) Als mittelbarer Handlungsstörer kann der Eigentümer für Störungshandlungen
seines Mieters nur verantwortlich gemacht werden, wenn er dem Mieter den
Gebrauch seiner Sache mit der Erlaubnis zu den störenden Handlungen überlassen
hat oder wenn er es unterlässt, den Mieter von dem nach dem Mietvertrag
unerlaubten, fremdes Eigentum beeinträchtigenden Gebrauch der Mietsache abzuhalten.
BGH, Urt. v. 27. Januar 2006 - V ZR 26/05 - LG Berlin
AG Schöneberg
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. Dezember 2005 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und
die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten zu 2 a wird das Urteil der Zivilkammer 28 des Landgerichts Berlin vom 29. Dezember 2004 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten zu 2 a erkannt worden ist.
Auf die Berufung der Beklagten zu 2 und ihrer Streithelferin wird das Urteil des Amtsgerichts Schöneberg vom 12. März 2004 abgeändert. Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der der Streithelferin entstandenen Kosten trägt die Klägerin.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Beklagten zu 2 a gehört eine vermietete Eigentumswohnung, in der im Februar 2000 ein Brand ausbrach. Die Rußentwicklung führte dazu, dass die Fassade des bei der Klägerin gebäudeversicherten Nachbarhauses verunreinigt wurde. Ob das Feuer durch einen technischen Defekt oder durch unsachgemäßen Umgang des Mieters mit elektrischen Geräten herbeigeführt wurde, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Andere Ursachen - Naturereignisse oder Einwirkungen von außenstehenden Dritten - sind indes ausgeschlossen. Nach Ausgleich der für die Fassadensanierung aufgewandten Kosten hat die Klägerin aus übergegangenem Recht u.a. die Beklagten zu 2, die „Eigentümergemeinschaft des Hauses A. straße 36 als Gesellschaft bürgerlichen Rechts“, auf Zah- lung des erstatteten Betrags in Anspruch genommen. Nur insoweit hat das Amtsgericht der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten zu 2 hat das Landgericht lediglich die gegen die Beklagte zu 2 a in deren Eigenschaft als Sondereigentümerin der Wohnung gerichtete Klage für begründet erachtet. Entsprechend hat es das angefochtene Urteil geändert. Dagegen wendet sich die Beklagte zu 2 a (im Folgenden nur noch Beklagte) mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision, mit der sie eine Abweisung der gegen sie gerichteten Klage erstrebt. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:


I.

2
Das Berufungsgericht ist der Auffassung, der Klägerin stehe entsprechend § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch gegen die Beklagte zu, weil diese als Sondereigentümerin die Nutzung der ausschließlich in ihrem Eigentum stehenden Wohnung habe bestimmen können. Die Verunreinigung sei eine nicht mehr entschädigungslos hinzunehmende Beeinträchtigung. Auszugleichen seien sämtliche für die Sanierung aufgewandten Beträge.

II.


3
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Prüfung nicht stand.
4
1. Das Berufungsgericht hat der Klage gegen die Beklagte zu Unrecht stattgegeben. Der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch entsprechend § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB knüpft daran an, dass ein an sich gegebener Unterlassungsanspruch aus besonderen (meist faktischen) Gründen nicht geltend gemacht werden konnte (vgl. Senat, BGHZ 85, 375, 384 ff.; 90, 255, 262 f.; 111, 158, 162 f.; 113, 384, 390 f.; 155, 99, 103 ff. m.w.N.). Er setzt daher – wie § 1004 Abs. 1 BGB – voraus, dass der Anspruchsgegner als Störer zu qualifizieren ist.
Da vorliegend als Brandursache sowohl ein technischer Defekt als auch ein unsachgemäßer Umgang des Mieters der Beklagten mit einer Halogenlampe in Betracht kommt und nicht festgestellt ist, ob die eine oder die andere Ursache zu dem Brand geführt hat, kann das Berufungsurteil nur Bestand haben, wenn die Beklagte in beiden Konstellationen Störerin wäre. Das ist jedoch nicht der Fall. Für eine fahrlässige Brandstiftung ihres Mieters hätte die Beklagte nicht einzustehen.
5
Die Voraussetzungen für die insoweit allein in Betracht kommende Inanspruchnahme der Beklagten als mittelbare Handlungsstörerin liegen nicht vor. Der Anspruch entsprechend § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB ist Ausdruck des nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnisses, das eine Zurechnung des Verschuldens von Hilfspersonen nach § 278 BGB nicht zulässt (vgl. Senat, BGHZ 42, 374, 380). Vor dem Hintergrund dieser Wertung kann der Eigentümer für Störungshandlungen seines Mieters nach § 1004 BGB nur verantwortlich gemacht werden, wenn er dem Mieter den Gebrauch seiner Sache mit der Erlaubnis zu den störenden Handlungen überlassen hat oder wenn er es unterlässt, den Mieter von dem nach dem Mietvertrag unerlaubten, fremdes Eigentum beeinträchtigenden Gebrauch der Mietsache abzuhalten (vgl. Senat, BGHZ 144, 200, 204). So liegt es hier jedoch nicht. Dass die Beklagte die Wohnung ihrem Mieter nicht mit der Erlaubnis zu feuergefährlichem Verhalten überlassen hat, bedarf keiner näheren Begründung. Veranlassung, ihren bislang nicht als Brandverursacher hervorgetretenen Mieter auf besondere Feuergefahren hinzuweisen, hatte sie nicht. Die von der Revision in der mündlichen Verhandlung ins Spiel gebrachte angebliche besondere Feuergefährlichkeit von Halogenlampen ist in den Tatsacheninstanzen nicht vorgetragen worden. Nach Ausbruch des Brandes hatte die Beklagte keine Möglichkeit mehr, den Brand zu verhindern oder einzudämmen.
6
2. Nach allem kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, weil der Rechtsstreit zur Endentscheidung reif ist im Sinne von § 563 Abs. 3 ZPO. Weitere Feststellungen zu der genauen Brandursache scheiden aus. Vor dem Hintergrund der insoweit unergiebig gebliebenen Ermittlungen in dem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren hat die Klägerin beide Schadensursachen alternativ ins Feld geführt.

III.


7
Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits beruht auf § 91 ZPO. Dass die Klägerin die Kosten der – nach wie vor zulässigen – Nebenintervention zu tragen hat, folgt aus § 101 Abs. 1 ZPO. Entgegen der Auffassung der Revision ist der Beitritt der Streithelferin nicht durch Ausscheiden der von ihr unterstützten Partei (vgl. dazu Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Auflage, § 66 Rdn. 17 f.) beendet worden. Auch wenn der Beitritt seinem Wortlaut nach zur Unterstützung der Wohnungseigentümergemeinschaft erklärt worden ist, gilt es zu beachten, dass die Teilrechtsfähigkeit dieser Gemeinschaft damals noch nicht anerkannt war (vgl. Senatsbeschl. v. 2. Juni 2005, V ZB 32/05, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt, NJW 2005, 2061). Ziel der Nebenintervention war es, einer eigenen Inanspruchnahme vorzubeugen. Bei verständiger Würdigung ist die Erklärung daher dahin auszulegen, dass ein Beitritt zur Unterstützung aller Wohnungseigentümer erfolgen sollte.
Krüger Klein Lemke
Schmidt-Räntsch Roth
Vorinstanzen:
AG Schöneberg, Entscheidung vom 12.03.2004 - 17 C 411/01 -
LG Berlin, Entscheidung vom 29.12.2004 - 28 S 1/04 -

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)