Bundesgerichtshof Urteil, 22. Feb. 2018 - IX ZR 83/17

ECLI:ECLI:DE:BGH:2018:220218UIXZR83.17.0
bei uns veröffentlicht am22.02.2018
vorgehend
Amtsgericht Groß-Gerau, 62 C 85/15, 03.02.2016
Landgericht Darmstadt, 24 S 24/16, 10.03.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 83/17 Verkündet am:
22. Februar 2018
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO § 261 Abs. 3 Nr. 1; Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 Art. 29 Abs. 1, 3
Eine bei einem deutschen Gericht erhobene Klage ist von Anfang an unzulässig,
wenn wegen desselben Anspruchs zwischen denselben Parteien bereits eine Klage
bei einem international zuständigen Gericht eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen
Union anhängig ist.
ZPO § 91a, § 261 Abs. 3 Nr. 1; Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 Art. 29
Abs. 1, 3
Wird ein vor einem deutschen Gericht anhängiges Verfahren wegen einer in einem
anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union wegen desselben Anspruchs zwischen
denselben Parteien bereits anhängigen Klage ausgesetzt, bewirkt die Feststellung
der Zuständigkeit des ausländischen Gerichts im inländischen Verfahren nicht
die Erledigung der Hauptsache.
BGH, Urteil vom 22. Februar 2018 - IX ZR 83/17 - LG Darmstadt
AG Groß-Gerau
ECLI:DE:BGH:2018:220218UIXZR83.17.0

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 16. November 2017 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Grupp, Dr. Schoppmeyer und Meyberg

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil der 24. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt vom 10. März 2017 aufgehoben.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Groß-Gerau vom 3. Februar 2016 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten der Rechtsmittelverfahren zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger ist Rechtsanwalt mit Niederlassung in Salzburg, Österreich. Er vertrat im Jahr 2013 den Beklagten sowie dessen ebenfalls in Deutschland wohnhafte Geschwister in einem Zivilprozess vor dem Bezirksgericht Hallein in Österreich. Das für seine Tätigkeit angefallene Honorar in Höhe von 3.447,54 € machte der Kläger nebst weiteren Kosten gegen den Beklagten und dessen Geschwister als Auftraggeber in Österreich gerichtlich geltend. Seine im Juli 2014 beim Bezirksgericht Hallein erhobene, auf Zahlung von insgesamt 3.965,18 € gerichtete Klagewurde an das Bezirksgericht Salzburg verwiesen und dort mangels internationaler Zuständigkeit mit Beschluss vom 27. Februar 2015 abgewiesen. Der Kläger legte hiergegen Rekurs zum Landesgericht Salzburg ein. Mit rechtskräftigem Beschluss vom 20. August 2015 stellte dieses die internationale Zuständigkeit des Bezirksgerichts Salzburg fest und verwies das Verfahren im Übrigen an das Bezirksgericht zurück, wo sich die Parteien am 6. Oktober 2015 in Höhe der Klageforderung verglichen.
2
Im März 2015 hat der Kläger sein Honorar auch vor deutschen Gerichten geltend gemacht, gegen den Beklagten beim Amtsgericht Groß-Gerau. Dieses hat mit Beschluss vom 30. Juli 2015 das Verfahren bis zur Entscheidung der österreichischen Gerichte über ihre Zuständigkeit ausgesetzt. Nach dem Abschluss des Verfahrens in Österreich hat der Kläger den Rechtsstreit vor dem Amtsgericht Groß-Gerau für erledigt erklärt. Der Beklagte hat sich der Erledigungserklärung nicht angeschlossen.
3
Das Amtsgericht hat die nunmehr auf Feststellung der Erledigung gerichtete Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landgericht den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt der Beklagte die Wiederherstellung des Urteils des Amtsgerichts.

Entscheidungsgründe:


4
Die Revision des Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückweisung der Berufung des Klägers.

I.


5
Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Die ursprüngliche Zahlungsklage habe sich nach Rechtshängigkeit dadurch erledigt, dass sich die österreichischen Gerichte für international zuständig erklärt hätten, so dass das Rechtsschutzbedürfnis für eine Klage gleichen Inhalts in Deutschland entfallen sei. Die Klage vor dem Amtsgericht Groß-Gerau sei bei Einreichung nicht unzulässig gewesen. Die Vorschrift des § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO gelte nicht für den Fall von Klagen in unterschiedlichen Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Gemäß Art. 29 der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. Nr. L 351/1, fortan "EuGVVO nF") sei das Verfahren bei dem später angerufenen Gericht auszusetzen, bis die Zuständigkeit des zuerst angerufenen Gerichts feststehe. Solange dieses nicht über seine internationale Zuständigkeit entschieden habe, sei die Klage vor dem später angerufenen Gericht schwebend zulässig. Art. 29 EuGVVO nF wolle es gerade ermöglichen, dass bei Gerichten verschiedener Mitgliedstaaten Klagen mit demselben Streitgegenstand anhängig gemacht werden. Diesem Regelungszweck liefe es zuwider, müsste ein Kläger, wenn sich das von ihm berechtigterweise zuerst angerufene Gericht tatsächlich für zuständig erklärt, die Kosten des zweiten Verfahrens tragen.

II.


6
Die Revision ist begründet. Das Berufungsgericht hat zu Unrecht eine Erledigung der Hauptsache festgestellt.
7
1. Wenn ein Kläger die Hauptsache für erledigt erklärt, der Beklagte dem aber widerspricht und Klageabweisung beantragt, hat das Gericht durch Urteil zu entscheiden, ob Erledigung eingetreten ist oder nicht (BGH, Urteil vom 6. Dezember 1984 - VII ZR 64/84, NJW 1986, 588 f). Die Hauptsache ist erledigt , wenn die Klage im Zeitpunkt des nach ihrer Zustellung eingetretenen erledigenden Ereignisses zulässig und begründet war und durch das behauptete Ereignis unzulässig oder unbegründet wurde (BGH, Urteil vom 17. Juli 2003 - IX ZR 268/02, BGHZ 155, 392, 395; vom 27. Januar 2010 - VIII ZR 58/09, BGHZ 184, 128 Rn. 18; jeweils mwN). Das Gericht muss die Klage abweisen, wenn eine der beiden Voraussetzungen nicht vorlag (BGH, Urteil vom 17. April 1984 - IX ZR 153/83, BGHZ 91, 126, 127).
8
2. Von diesem Maßstab ist das Berufungsgericht ausgegangen. Es hat aber zu Unrecht angenommen, dass die vor dem Amtsgericht erhobene Zahlungsklage bis zu der als maßgeblich angesehenen Entscheidung des Landesgerichts Salzburg über die internationale Zuständigkeit der österreichischen Gerichte schwebend zulässig gewesen und erst infolge dieser Entscheidung unzulässig geworden sei. Die vor dem Amtsgericht erhobene Klage war von Anfang an unzulässig, weil der Kläger wegen desselben Anspruchs gegen den Beklagten bereits vor einem international zuständigen Gericht in Österreich einen Rechtsstreit führte, der bis zu dessen vergleichsweiser Beendigung rechtshängig blieb.
9
a) Die Rechtshängigkeit der Streitsache hat nach deutschem Zivilprozessrecht die Wirkung, dass während der Dauer der Rechtshängigkeit die Streitsache von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht werden kann (§ 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO). Dadurch soll verhindert werden, dass der Beklagte und die Gerichte sich in mehreren Verfahren mit derselben Sache befassen müssen und dass einander widersprechende Urteile ergehen (vgl. BGH, Urteil vom 17. Januar 1952 - IV ZR 106/51, BGHZ 4, 314, 322; vom 17. Mai2001 - IX ZR 256/99, NJW 2001, 3713; vom 7. März 2002 - III ZR 73/01, NJW 2002, 1503 unter II. 1.). Das deutsche Prozessrecht behandelt die anderweitige Rechtshängigkeit als negative Prozessvoraussetzung, die von Amts wegen zu beachten ist (st. Rspr., grundlegend RGZ 160, 338, 344 f; BGH, Urteil vom 15. Januar 1985 - X ZR 16/83, WM 1985, 673; vom 28. Mai 2008 - XII ZR 61/06, BGHZ 176, 365 Rn. 19; MünchKomm-ZPO/Becker-Eberhard, 5. Aufl., § 261 Rn. 5 und 42). Eine später gegen dieselbe Partei über denselben Streitgegenstand erhobene Klage ist während der Dauer der anderweitigen Rechtshängigkeit von Anfang an unzulässig (BGH, Beschluss vom 2. Dezember 2014 - XI ZB 17/13, WM 2015, 69 Rn. 15; BAG, NZA 2015, 124 Rn. 34; MünchKommZPO /Becker-Eberhard, aaO § 261 Rn. 42).
10
b) § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO regelt unmittelbar nur die Wirkungen der Rechtshängigkeit einer Streitsache vor einem deutschen Gericht. Die Rechtshängigkeit der Streitsache vor einem ausländischen Gericht steht nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der Rechtshängigkeit vor einem inländischen Gericht aber gleich, wenn das ausländische Urteil hier anzuerkennen sein wird (vgl. etwa BGH, Urteil vom 18. März 1987 - IVb ZR 24/86, WM 1987, 826; vom 12. Februar 1992 - XII ZR 25/91, FamRZ 1992, 1058, 1059; vom 24. Oktober 2000 - XI ZR 300/99, NJW 2001, 524, 525; vom 28. Mai 2008, aaO Rn. 17). Sie steht unter dieser Voraussetzung einer nachfolgenden Klage in gleicher Weise von Anfang an entgegen, wie gemäß § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO die anderweitige Rechtshängigkeit der Streitsache in Deutschland.
11
c) Aus Art. 29 EuGVVO nF ergibt sich nicht, dass die in Deutschland erhobene Klage abweichend von den vorstehenden Grundsätzen zunächst zulässig war.
12
aa) Für den hier gegebenen Fall der doppelten Rechtshängigkeit einer Streitsache bei Gerichten verschiedener Mitgliedstaaten der Europäischen Union bestimmt Art. 29 Abs. 1 und 3 EuGVVO nF, dass das später angerufene Gericht das Verfahren von Amts wegen auszusetzen hat, bis die Zuständigkeit des zuerst angerufenen Gerichts feststeht; sobald dies der Fall ist, hat sich das später angerufene Gericht zugunsten des zuerst angerufenen Gerichts für unzuständig zu erklären. Die doppelte Rechtshängigkeit ein und desselben Streitgegenstandes ist danach wie im deutschen Zivilprozessrecht auch im Verhältnis zwischen den Gerichten verschiedener Mitgliedstaaten der Europäischen Union beachtlich und steht einer Sachentscheidung des später angerufenen Gerichts entgegen. Im Interesse einer geordneten und abgestimmten Rechtspflege innerhalb der Gemeinschaft sollen so weit wie möglich Parallelverfahren und widersprüchliche Entscheidungen in verschiedenen Mitgliedstaaten verhindert werden (für Art. 21 des Übereinkommens von Brüssel von 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen - ABl. EG 1972 Nr. L 299 S. 32, EuGVÜ - Jenard-Bericht, ABl. EG 1979 Nr. C 59 S. 1, 41; vgl. auch Erwägungsgrund 21 der EuGVVO nF), die sich daraus ergeben können, dass einem Kläger in den Zuständigkeitsbestimmungen die Wahl zwischen mehreren Gerichtsständen in verschiedenen Mitgliedstaaten ermöglicht wird (für das EuGVÜ Dohm, Die Einrede ausländischer Rechtshängigkeit im deutschen internationalen Zivilprozess, 1996, S. 33; für Art. 27 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 - EuGVVO aF - Geimer in Geimer/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 3. Aufl., Art. 27 Rn. 1; für Art. 29 EuGVVO nF Rauscher/ Leible, Europäisches Zivilprozess- und Kollisionsrecht, 4. Aufl., Art. 29 Brüssel Ia-VO Rn. 9).
13
bb) Die Regelung der Verordnung hat Vorrang vor dem Prozessrecht der einzelnen Mitgliedstaaten (Simons in Simons/Hausmann, Brüssel I-Verordnung, 2012, vor Artt. 27-30 Rn. 15; Rauscher/Staudinger, aaO, Einl. Brüssel Ia-VO Rn. 27 ff; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 23. Aufl., § 261 Rn. 49, 53; MünchKommZPO /Becker-Eberhard, 5. Aufl., § 261 Rn. 73; zu Art. 21 EuGVÜ OLGR Stuttgart 2001, 288, 289). Der Vorrang gilt jedoch nur insoweit, als die Regelung der Verordnung reicht. Art. 29 EuGVVO nF bestimmt die Rechtsfolge der doppelten Rechtshängigkeit dahin, dass sich das später angerufene Gericht, sobald die Zuständigkeit des zuerst angerufenen Gerichts feststeht, für unzuständig zu erklären hat. In welcher Weise und auf wessen Kosten der später begonnene Rechtsstreit prozessual beendet wird, überlässt die Regelung dem nationalen Recht (vgl. Dohm, aaO S. 190). Die deutsche Rechtsprechung hat schon zu den früheren Bestimmungen in Art. 21 EuGVÜ und Art. 27 EuGVVO aF entschieden , dass die Klage bei dem später angerufenen Gericht als unzulässig abzuweisen ist (BGH, Urteil vom 9. Oktober 1985, NJW 1986, 662; vom 8. Februar 1995 - VIII ZR 14/94, NJW 1995, 1758, 1759; vgl. auch BGH, Urteil vom 19. Februar 2013 - VI ZR 45/12, BGHZ 196, 180 Rn. 11). Dies entspricht der Rechtslage nach § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO. Die durch die anderweitige Rechtshängigkeit bewirkte Unzulässigkeit der späteren Klage besteht von Anfang an. Deswegen ist dem Kläger auch der Weg versperrt, die Kosten über eine Erledigungserklärung auf den Beklagten abzuwälzen.
14
d) Selbst unter der Annahme, Art. 29 EuGVVO nF regle auch den Zeitpunkt , ab dem die Klage beim später angerufenen Gericht unzulässig ist, träfe die Ansicht des Berufungsgerichts, die spätere Klage sei bis zur Feststellung der Zuständigkeit des zuerst angerufenen Gerichts zulässig, nicht zu. Eine solche vorübergehende Zulässigkeit der später erhobenen Klage kann nicht aus dem Umstand abgeleitet werden, dass Art. 29 Abs. 1 EuGVVO nF eine Aussetzung des Verfahrens vorschreibt, bis die Zuständigkeit des zuerst angerufenen Gerichts feststeht. Das Aussetzungsgebot betrifft ausschließlich das vom Zweitgericht einzuhaltende Verfahren.
15
aa) Nach der ursprünglichen Regelung in Art. 21 EuGVÜ hatte sich, wenn bei Gerichten verschiedener Vertragsstaaten Klagen wegen desselben Anspruchs zwischen denselben Parteien anhängig gemacht wurden, das später angerufene Gericht von Amts wegen zugunsten des zuerst angerufenen Gerichts für unzuständig zu erklären. Falls die Unzuständigkeit des zuerst angerufenen Gerichts geltend gemacht wurde, konnte das Gericht, das sich für unzuständig zu erklären hätte, die Entscheidung aussetzen. Diese Regelung brachte zum Ausdruck, dass eine zweite Klage unzulässig war, wenn in einem anderen Vertragsstaat bereits eine Klage über denselben Anspruch vor einem international zuständigen Gericht anhängig war. Durch Art. 8 des Übereinkommens über den Beitritt des Königreichs Spanien und der Portugiesischen Republik von 1989 (ABl. EG 1989 Nr. L 285, S. 1) wurde die Regelung dahin geändert, dass die bisher fakultative Aussetzung obligatorisch wurde. Eine sofortige Prozessabweisung durch das Zweitgericht wurde in den Fällen als zu radikal angesehen , in denen die Erhebung der zweiten identischen Klage zur Fristwahrung oder Verjährungsunterbrechung erfolgte (vgl. hierzu für das Lugano-Übereinkommen Jenard/Möller, ABl. EG 1990 Nr. C 189 S. 57, 78 Nr. 64; übernommen für das EuGVÜ nF, vgl. Cruz/Real/Jenard-Bericht zum Beitrittsübereinkommen 1989, ABl. EG 1990 Nr. C 189 S. 35, 48 Nr. 28). Der Ausgangspunkt, dass die zweite Klage angesichts der bereits bei einem anderen, international zuständigen Gericht anhängigen Klage unzulässig ist, änderte sich dadurch nicht. Es sollte lediglich vermieden werden, dass nach sofortiger Abweisung der zweiten Klage ein neues Verfahren eingeleitet werden musste, sofern sich später die Unzuständigkeit des zuerst angerufenen Gerichts herausstellte (vgl. Bäumer, Die ausländische Rechtshängigkeit und ihre Auswirkungen auf das internationale Zivilverfahrensrecht, 1999, S. 192).
16
bb) Die Regelung in Art. 29 Abs. 1 und 3 EuGVVO nF entspricht, wie schon die Vorgängerregelung in Art. 27 EuGVVO aF, im Wesentlichen derjenigen in Art. 21 EuGVÜ nF. Auch sie schiebt lediglich die Befugnis des Zweitgerichts , sich im Hinblick auf die doppelte Rechtshängigkeit für unzuständig zu erklären, zeitlich hinaus (vgl. Stein/Jonas/Wagner, ZPO, 22. Aufl., Art. 27 EuGVVO Rn. 58; Nieroba, Die europäische Rechtshängigkeit nach der EuGVVO an der Schnittstelle zum nationalen Zivilprozessrecht, 2006, S. 156). Das Zweitgericht hat die Entscheidung des Erstgerichts zur internationalen Zuständigkeit abzuwarten und im Verfahren bis dahin innezuhalten. Hierdurch sollen negative Kompetenzkonflikte vermieden werden, die im Falle einer sofortigen Abweisung der zweiten Klage wegen der anderweitigen Rechtshängigkeit drohten, wenn sich das erste Verfahren letztlich doch mangels internationaler Zuständigkeit als unzulässig erweist (für Art. 21 Abs. 2 EuGVÜ aF JenardBericht , aaO, S. 41; MünchKomm-ZPO/Gottwald, 4. Aufl., Art. 27 EuGVVO Rn. 21). Die Parteien sollen in einem solchen Fall nicht mit ihrem Prozess von neuem beginnen müssen (für Art. 21 Abs. 2 EuGVÜ aF Jenard-Bericht, aaO; für die EuGVVO nF Rauscher/Leible, aaO, Art. 29 Brüssel Ia-VO Rn. 38; Zöller/ Geimer, ZPO, 32. Aufl., Art. 29 EuGVVO Rn. 1). Damit ist den Interessen des Klägers im Rahmen des von Art. 29 EuGVVO nF verfolgten Regelungszwecks hinreichend Rechnung getragen. Eine weitergehende Bevorzugung seiner Interessen gebietet Art. 29 EuGVVO nF nicht. Insbesondere bezweckt die Bestimmung entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht, dass ein Kläger gegen ein und denselben Beklagten wegen desselben Streitgegenstandes bei Gerichten verschiedener Mitgliedstaaten ohne Kostenrisiko gerichtlich vorgehen kann. Art. 29 EuGVVO nF dient auch dem Schutz des Beklagten vor der Gefahr, sich einer doppelten Verurteilung und entsprechenden Kostenfolgen ausgesetzt zu sehen (zu Art. 21 EuGVÜ BGH, Beschluss vom 28. November 1985 - III ZR 3/85, RIW 1986, 217 f).
17
3. Der Senat erachtet ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV an den Gerichtshof der Europäischen Union im Streitfall nicht für erforderlich. Der Regelungsumfang des Art. 29 EuGVVO nF ist angesichts der Gesetzgebungsmaterialien derart offenkundig, dass keinerlei Raum für einen vernünftigen Zweifel bleibt. Der Senat ist davon überzeugt, dass diese Gewissheit auch für die Gerichte der übrigen Mitgliedstaaten und den Gerichtshof besteht (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - C-283/81, Cilfit, Slg. 1982, 3415 Rn. 16). Das Verfahren der Aussetzung und die prozessualen Folgen der Unzuständigkeit des später angerufenen Gerichts richten sich hingegen nach nationalem Recht.

III.


18
Das Urteil des Berufungsgerichts kann deshalb keinen Bestand haben und ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Aufhebung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist, kann der Senat selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO).
Kayser Gehrlein Grupp
Schoppmeyer Meyberg
Vorinstanzen:
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(1) Durch die Erhebung der Klage wird die Rechtshängigkeit der Streitsache begründet.

(2) Die Rechtshängigkeit eines erst im Laufe des Prozesses erhobenen Anspruchs tritt mit dem Zeitpunkt ein, in dem der Anspruch in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht oder ein den Erfordernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 entsprechender Schriftsatz zugestellt wird.

(3) Die Rechtshängigkeit hat folgende Wirkungen:

1.
während der Dauer der Rechtshängigkeit kann die Streitsache von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht werden;
2.
die Zuständigkeit des Prozessgerichts wird durch eine Veränderung der sie begründenden Umstände nicht berührt.

(1) Haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zu Protokoll der Geschäftsstelle den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen durch Beschluss. Dasselbe gilt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes widerspricht, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(2) Gegen die Entscheidung findet die sofortige Beschwerde statt. Dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt. Vor der Entscheidung über die Beschwerde ist der Gegner zu hören.

(1) Durch die Erhebung der Klage wird die Rechtshängigkeit der Streitsache begründet.

(2) Die Rechtshängigkeit eines erst im Laufe des Prozesses erhobenen Anspruchs tritt mit dem Zeitpunkt ein, in dem der Anspruch in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht oder ein den Erfordernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 entsprechender Schriftsatz zugestellt wird.

(3) Die Rechtshängigkeit hat folgende Wirkungen:

1.
während der Dauer der Rechtshängigkeit kann die Streitsache von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht werden;
2.
die Zuständigkeit des Prozessgerichts wird durch eine Veränderung der sie begründenden Umstände nicht berührt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
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17. Juli 2003
Bürk
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
Erklärt der Beklagte nach Klagezustellung mit einer bereits vor Klageerhebung der
Klageforderung aufrechenbar gegenüberstehenden Forderung gegen diese die Aufrechnung
, so ist trotz der materiell-rechtlichen Rückwirkung der Aufrechnung (§ 389
BGB) erst die Aufrechnungserklärung das "erledigende Ereignis" für eine bis dahin
zulässige und begründete Klage.
BGH, Urteil vom 17. Juli 2003 - IX ZR 268/02 - LG Landshut
AG Landshut
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 17. Juli 2003 durch die Richter Kirchhof, Dr. Ganter, Raebel, Kayser und
Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Landshut vom 23. Oktober 2002 wird auf Kosten des Beklagten zu 1) zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin hat Zahlung eines restlichen Steuerberaterhonorars in Höhe von 3.916,32 klagten mit Schreiben vom 10. Dezember 1999 in Rechnung gestellt hat. Sie hat die Klageforderung mit Mahnbescheid vom 29. Dezember 2000 rechtshängig gemacht. Die Beklagten haben eingewendet, Auftraggeber der Klägerin sei lediglich der Beklagte zu 1) gewesen , und haben weiter einzelne Ansätze der Rechnung bestritten. Im Verlaufe des Rechtsstreites hat der Beklagte zu 1) mit einer ihm durch rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts Landshut vom 14. März 2001 zugesprochenen Forderung gegen die Klägerin in Höhe von 3.000 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 1. Mai 1998 gegen die Klageforderung aufgerechnet. Die Klägerin hat die Hauptsache in Höhe von 1.632,72 3.193,33 DM) für erledigt erklärt, die Verurteilung der Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung von 2.283,59
(= 4.466,32 DM) und, da die Beklagten der Erledigungserklärung nicht zu- stimmten, die Feststellung der teilweisen Erledigung der Hauptsache begehrt.
Das Amtsgericht hat den Beklagten zu 1) zur Zahlung von 1.401,43 nebst 10,5 % Zinsen seit dem 20. September 2000 verurteilt und die Klage im übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, ein Anspruch gegen die Beklagte zu 2) stehe der Klägerin nicht zu, weil diese nicht Auftraggeberin der Klägerin sei. Aus der Rechnung vom 10. Dezember 1999 seien die dort angesetzten Beträge für Bericht und Antrag zur Bilanz zu streichen, weil die Klägerin insoweit keinen Auftrag des Beklagten zu 1) gehabt habe; ferner seien weitere Vorschußzahlungen sowie die zur Aufrechnung gestellte Forderung in ! "$#% '& ( ) * ) + , - . / 0 0 1 324 5 6 . 7 98 Höhe von 1.632,72 sich die Hauptsache in dieser Höhe erledigt habe, sei zurückzuweisen. Die Forderung des Beklagten zu 1) sei bereits vor Rechtshängigkeit der Klageforderung entstanden. Wegen § 389 BGB sei auf den Eintritt der Aufrechnungslage abzustellen, so daß die Klage unbegründet gewesen sei.
Die Berufung der Klägerin blieb ohne Erfolg, soweit sie die Verurteilung des Beklagten zu 1) zur Zahlung eines weiteren Betrages von 679,05 egehrte. Hingegen stellte das Berufungsgericht auf die Berufung der Klägerin fest, daß sich der Rechtsstreit in bezug auf den Beklagten zu 1) in Höhe von , :! ,"';< + = ?>@ /ABAC / ( D E>@FG + / H ! + I ) + , - 1.632,72 nicht die Aufrechnungslage, sondern die im Prozeß abgegebene Aufrechnungserklärung das erledigende Ereignis dar, durch das die zunächst zulässige und begründete Klage unbegründet geworden sei. Dagegen wendet sich der Beklagte zu 1) mit der - zugelassenen - Revision.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist nicht begründet.

I.


1. Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft, da sie vom Berufungsgericht im Tenor des angefochtenen Urteils zugelassen worden ist. Daß in den Entscheidungsgründen von der Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO die Rede ist, berührt die Bindung des Revisionsgerichts an die Zulassung (§ 543 Abs. 2 Satz 2 ZPO) nicht, weil die Zulassungsgründe für die Rechtsbeschwerde mit denjenigen für die Revision übereinstimmen (§ 543 Abs. 2 Satz 1, § 574 Abs. 2 ZPO). Aus den Entscheidungsgründen ergibt sich jedoch, daß das Berufungsgericht die Revision nur hinsichtlich eines Teils des Streitgegenstandes zugelassen hat. Denn es führt dort zur Zulassung aus, zu der hier für einen Teil des Streitgegenstandes streitentscheidenden Frage, ob bei einer Erledigung durch Aufrechnung auf den Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung oder der Aufrechnungslage abzustellen sei, liege eine divergierende obergerichtliche Rechtsprechung vor. Diese Ausführungen lassen deutlich erkennen, daß das Berufungsgericht nur hinsichtlich eines rechtlich selbständigen und abtrennbaren Teils des Streitstoffes, über den gesondert hätte entschieden werden können (Antrag auf Feststellung der teilweisen Erledigung der Hauptsache durch die von dem Beklagten zu 1) erklärte Aufrechnung), eine die Anrufung des Revisionsgerichts rechtfertigende Rechtsfrage gesehen hat. In einem solchen Fall ist die Zulassung trotz der uneingeschränkten Zulassung der Revision im Tenor auf diesen Teil des Streit-
gegenstandes beschränkt (vgl. BGH, Urt. v. 5. Februar 1998 - III ZR 103/97, NJW 1998, 1138, 1139 f; v. 9. Januar 2001 - VI ZR 407/99, NJW 2001, 969, 970; v. 29. Januar 2003 - XII ZR 92/01, z.V.b. in BGHZ).
2. Die gemäß § 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte Revision ist auch im übrigen zulässig, insbesondere ergibt sich - ungeachtet der weiten Antragsfassung - aus der Revisionsbegründung hinreichend deutlich, daß mit der Revision nur die Aufhebung des Berufungsurteils hinsichtlich des zugelassenen Teils des Streitgegenstandes begehrt wird. Denn nur insoweit ist der Beklagte zu 1) durch die angefochtene Entscheidung beschwert.

II.


Die Revision ist jedoch unbegründet.
1. Ohne Erfolg macht die Revision geltend, das Berufungsurteil enthalte keine hinreichenden Gründe im Sinne des § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, weil die Berufungsanträge nicht aufgenommen seien. Es genügt, daß aus den Ausführungen des Berufungsgerichts hinreichend deutlich wird, was die Parteien mit ihren Rechtsmitteln erstrebt haben (vgl. BGH, Urt. v. 26. Februar 2003 - VIII ZR 262/02, z.V.b. in BGHZ; Urt. v. 6. Juni 2003 - V ZR 392/02, z.V.b.). Das ist hier der Fall.
2. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt, daß der . J Rechtsstreit in bezug auf den Beklagten zu 1) in Höhe von 1.632,72 Hauptsache erledigt ist.


a) Die Hauptsache ist erledigt, wenn die Klage im Zeitpunkt des nach ihrer Zustellung eingetretenen erledigenden Ereignisses zulässig und begründet war und durch das behauptete Ereignis unzulässig oder unbegründet wurde (BGHZ 106, 359, 366 f; BGH, Urt. v. 6. Dezember 1984 - VII ZR 64/84, NJW 1986, 588, 589). Ein vor Rechtshängigkeit liegendes Ereignis kann die Hauptsache nicht erledigen (BGHZ 83, 12, 14; 127, 156, 163).
Die Parteien streiten in der Revisionsinstanz nur noch darüber, ob die Klage durch die von dem Beklagten zu 1) erklärte Aufrechnung in Höhe von H ! K 05 , - H ! LG M N @ /OGP 0 Q ) @P RP S , ,O' T ' 1.632,72 eklagte zu 1) meint, wegen der Rückwirkung der Aufrechnungserklärung gemäß § 389 BGB von Anfang an unbegründet war. Die Feststellung der Vorinstanzen , daß die Klageforderung in dieser Höhe bis zur Aufrechnung gegen den Beklagten zu 1) bestanden hat und durch die Aufrechnung mit der dem Beklagten zu 1) vor Rechtshängigkeit der Klageforderung aufrechenbar zuste- 6 P /H ! U ) V WO' X 0 T P Y ( henden Gegenforderung in Höhe von 1.632,72 Parteien nicht beanstandet. Sie läßt einen Rechtsfehler auch nicht erkennen.
Ebensowenig bestehen an der Zulässigkeit der Klage hinsichtlich des durch Aufrechnung erloschenen Teils der Klageforderung Bedenken wegen eines möglicherweise fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses (vgl. Axel Schulte, Die Kostenentscheidung bei der Aufrechnung durch den Beklagten im Zivilprozeß , 1990 S. 56; N. Schneider MDR 2000, 507, 508). Insbesondere war die Klägerin nicht gehalten, ihrerseits gegen die Forderung des Beklagten zu 1) mit ihrer Honorarforderung aufzurechnen, statt diese in vollem Umfange klageweise geltend zu machen. Bei der Gegenforderung des Beklagten zu 1) handelte
es sich um eine von der Klägerin zunächst bestrittene Kaufpreisforderung, die in keinem rechtlichen Zusammenhang mit der Honorarforderung der Klägerin stand. In dem über diese Forderung des Beklagten zu 1) anhängigen Rechtsstreit mußte sich die Klägerin schon wegen § 145 Abs. 3 ZPO nicht mit einer (Hilfs-)Aufrechnung verteidigen. Da sie die Gegenforderung des Beklagten zu 1) bestritt, war es ihr bis zu deren rechtskräftiger Feststellung auch nicht zuzumuten, von einer gerichtlichen Geltendmachung ihrer eigenen Forderung in Höhe der Gegenforderung des Beklagten zu 1) abzusehen und sich statt dessen durch Aufrechnung zu befriedigen. Nach ihrer rechtskräftigen Verurteilung zur Bezahlung der Forderung des Beklagten zu 1) war ihr die Verteidigung gegen diese Forderung im Wege der Aufrechnung durch § 767 Abs. 2 ZPO verwehrt. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes beurteilt sich die Frage, wann eine gegen den festgestellten Anspruch geltend gemachte Einwendung entstanden ist, nach materiellem Recht, wobei für die Aufrechnung nicht auf die Ausübung dieses Gestaltungsrechts, sondern ohne Rücksicht auf eine etwaige Kenntnis auf die Aufrechnungslage, also darauf abzustellen ist, wann sich die Forderungen objektiv aufrechenbar gegenübergestanden haben (BGHZ 24, 97, 98; 34, 274, 279; 100, 222, 225).

b) Wenn die Aufrechnungslage (§ 387 BGB) - wie im vorliegenden Fall - bereits vor Zustellung der Klage bestanden hat, ist in Literatur und Rechtsprechung umstritten, ob das erledigende Ereignis die Aufrechnungslage oder die Aufrechnungserklärung (§ 388 Satz 1 BGB) ist.
aa) Ein Teil der jüngeren Rechtsprechung und die überwiegende Kommentarliteratur sehen wegen der materiell-rechtlichen Rückwirkung nach § 389 BGB die Aufrechnungslage als erledigendes Ereignis an und verneinen dem-
nach, wenn die Aufrechnungslage schon vor Klageerhebung bestanden hat, eine Erledigung der Hauptsache, weil diese nur durch ein nach Klagezustellung liegendes Ereignis eintreten kann (vgl. OLG Hamm MDR 2000, 296, 297 = OLG-Report 2000, 100; OLG Jena OLG-Report 1997, 135, 136; Münch- Komm-ZPO/Lindacher, 2. Aufl. § 91a Rn. 134; Musielak/Wolst, ZPO 3. Aufl. § 91a Rn. 57; Zöller/Vollkommer, ZPO 23. Aufl. § 91a Rn. 58 "Aufrechnung"; Bamberger/Roth/Dennhardt, BGB § 389 Rn. 3; Erman/Westermann, BGB 10. Aufl. § 389 Rn. 5; MünchKomm-BGB/Schlüter, 4. Aufl. § 389 Rn. 11; Palandt /Heinrichs, BGB 62. Aufl. § 389 Rn. 2).
bb) Die Gegenansicht hält demgegenüber die durch § 389 BGB angeordnete Rückwirkung als lediglich materiell-rechtliche Fiktion für die verfahrensmäßige Frage der Erledigung der Hauptsache für bedeutungslos und stellt auf den tatsächlichen Vorgang der Erledigungserklärung als erledigendes Ereignis ab (vgl. BayObLG NJW-RR 2002, 373 f; OLG Düsseldorf NJW-RR 2001, 432 = MDR 2000, 540; Thomas/Putzo, ZPO 25. Aufl. § 91a Rn. 4 a.E.; Stein/Jonas/Bork, ZPO 21. Aufl. § 91a Rn. 6 Fn. 12; Heistermann NJW 2001, 3527 f; N. Schneider, aaO; Schulte, aaO S. 58 ff, 64).
cc) Das Reichsgericht hat kurz nach dem Inkrafttreten des BGB - ohne nähere Begründung - ausgesprochen, daß der Kläger wegen der Rückwirkung der Aufrechnungserklärung nach § 389 BGB kostenfällig sei, wenn schon vor Beginn des Prozesses die beiden Forderungen einander gegenüber gestanden hätten, obgleich in einem solchen Falle die Beseitigung des Klageanspruchs erst durch die Erklärung erfolge (RGZ 50, 389, 391). Später hat es die Erledigung der Hauptsache nur in einem Fall angenommen, in dem die zur Aufrechnung gestellte Forderung im Laufe des Rechtsstreites für die beklagte Partei
entstanden war (RGZ 57, 381, 384). In der Entscheidung RGZ 58, 414, in der es um die Kostenentscheidung bei der Fortsetzung eines von dem Konkursverwalter angestrengten Anfechtungsrechtsstreites nach Aufhebung des Konkurses zwischen dem bisherigen Gemeinschuldner und dem Anfechtungsgeg- ner ging, hat das Reichsgericht offengelassen, ob in dem Falle, daß die Aufrechnungslage bereits vor Beginn des Rechtsstreites bestand, "die rückwirkende Kraft der Aufrechnung zu einem abweichenden Resultate führen kann" (aaO S. 417).
Der Bundesgerichtshof hatte sich in der Entscheidung vom 6. Dezember 1984 (VII ZR 64/84, NJW 1986, 588) mit dem Sachverhalt zu befassen, daß der Kläger mit einem Teil der in einem Erstprozeß im Jahre 1976 rechtshängig gemachten Klageforderung gegen eine Forderung des Beklagten in einem von diesem im Jahre 1980 angestrengten Zwischenprozeß aufgerechnet und sodann im Erstprozeß die Hauptsache im Hinblick auf die im Zwischenprozeß erklärte Aufrechnung insoweit für erledigt erklärt hatte. Der Bundesgerichtshof hat eine Erledigung mit der Begründung angenommen, diese sei materiell eingetreten durch die begründete Aufrechnung der streitgegenständlichen Forderung mit ebenfalls begründeten Gegenforderungen des Beklagten; dies sei das "erledigende Ereignis". Da die Klage bis zu diesem Zeitpunkt zulässig und begründet gewesen sei, sei somit Erledigung eingetreten (aaO S. 589). Nach dem festgestellten Sachverhalt bestand allerdings kein Anhaltspunkt dafür, daß die Aufrechnungslage bereits vor Klageerhebung in dem Erstprozeß bestanden haben könnte.

c) Der Senat schließt sich auch für den Fall, daß die Aufrechnungslage bereits vor Rechtshängigkeit der Klageforderung bestanden hat, der Auffas-
sung an, daß nicht die Aufrechnungslage, sondern erst die Aufrechnung als solche, also die Aufrechnungserklärung, das erledigende Ereignis darstellt.
aa) Ein erledigendes Ereignis ist der Eintritt einer Tatsache mit Auswirkungen auf die materiell-rechtlichen Voraussetzungen der Zulässigkeit oder Begründetheit der Klage (vgl. Musielak/Wolst aaO Rn. 10). Die materiell-rechtliche Wirkung, die bei der Aufrechnung die Geltendmachung der Klageforderung berührt, ist deren Erlöschen. Dieser Erfolg wird aber, wie § 389 BGB eindeutig besagt, (erst) durch die Aufrechnung, d.h. durch die Aufrechnungserklärung (§ 388 Satz 1 BGB) "bewirkt" und nicht (bereits) durch die Aufrechnungslage (vgl. BGHZ 109, 47, 51). Das Vorliegen einer Aufrechnungslage führt, wenn und solange die Aufrechnung nicht erklärt wird, noch nicht zum Erlöschen der beiderseitigen Forderungen (BGHZ 2, 300, 303 f).
bb) Tritt die Erlöschenswirkung erst mit der Erklärung der Aufrechnung ein, so war die Klage bis dahin zulässig und begründet. Die von § 389 BGB angeordnete Fiktion ("gilt") der Rückwirkung des Erlöschens auf den Zeitpunkt der Aufrechnungslage ändert daran nichts. Diese Fiktion der Rückwirkung hat lediglich zur Folge, daß nicht nur die Hauptforderungen erlöschen, sondern auch Ansprüche z.B. auf Verzugszinsen für den Zeitraum bis zur Erklärung der Aufrechnung, die ohne die Rückwirkung nach wie vor bestünden, ab dem Zeitpunkt der Aufrechnungslage wegfallen (vgl. BGHZ 80, 269, 278 f). Diese materiell -rechtliche Rückwirkung tritt aber gleichfalls erst mit Abgabe der Aufrechnungserklärung ein. Sie steht damit der Auffassung, daß prozessual die Aufrechnungserklärung und nicht die Aufrechnungslage das erledigende Ereignis darstellt, nicht entgegen.
cc) Weder die Abwägung der Interessen der Beteiligten noch sonstige Billigkeitserwägungen vermögen ein abweichendes Ergebnis zu rechtfertigen. Zwar mag es zutreffen, daß sich der Inhaber einer aufrechenbaren Forderung wegen § 389 BGB ab Bestehen der Aufrechnungslage "wirtschaftlich nicht mehr als Schuldner zu fühlen" braucht (so Palandt/Heinrichs aaO), weil er jederzeit durch Erklärung der Aufrechnung die Forderung seines Gläubigers rückwirkend zum Erlöschen bringen kann. Gleichwohl wird damit nicht schon die Aufrechnungslage zum "relevanten" Erledigungsereignis (vgl. aber MünchKomm -ZPO/Lindacher aaO). Es ist grundsätzlich dem beklagten Schuldner zur freien Entscheidung überlassen, ob und wann er durch Erklärung der Aufrechnung (§ 388 Satz 1 BGB) die Erlöschenswirkung (mit der materiell-rechtlichen Folge des § 389 BGB) eintreten lassen will. Fordert ihn der Kläger vorprozessual zur Zahlung auf, so vermag der Schuldner, dem die Aufrechnungslage bekannt ist, durch Erklärung der Aufrechnung vor Rechtshängigkeit eine etwaige Klage von Anfang an unbegründet zu machen. Sieht der Kläger von einer vorprozessualen Aufforderung ab, können ihm gemäß § 93 ZPO die Prozeßkosten zur Last fallen.
Dagegen besteht für den klagenden Gläubiger nicht in jedem Falle die Möglichkeit, sich seinerseits vor Klageerhebung durch Erklärung der Aufrechnung gegen die Forderung des beklagten Schuldners zu befriedigen. Für ihn kann die Aufrechnung aus Rechtsgründen ausgeschlossen sein, z.B. wenn dem Beklagten eine Schadensersatzforderung gegen ihn zusteht (§ 393 BGB) oder die Forderung des Klägers vor Klageerhebung noch einredebehaftet ist (§ 390 Satz 1 BGB). Die Aufrechnung vor Klageerhebung kann dem Kläger /Gläubiger ferner aus tatsächlichen Gründen unmöglich sein, wenn etwa der Beklagte die Gegenforderung durch Abtretung oder im Wege der Erbfolge er-
langt hat (möglicherweise sogar erst nach Klageerhebung) und dies dem Kläger nicht bekannt ist. Im übrigen kann der Kläger - wie der Beklagte - gute Gründe haben, von einer Aufrechnungserklärung zunächst abzusehen, so wenn Kläger und/oder Beklagter mehrere Forderungen haben, mit denen und gegen die aufgerechnet werden kann. Für den Kläger kann es ferner beispielsweise naheliegen, von einer Aufrechnung abzusehen, wenn die Forderung des Beklagten demnächst verjährt (vgl. § 390 Satz 2 BGB).
Würde man bei einer vor Rechtshängigkeit gegebenen Aufrechnungslage bereits diese grundsätzlich als erledigendes Ereignis ansehen, so daß bei einer erst im Prozeß erklärten Aufrechnung des Beklagten die Klage gleichwohl als von Anfang an unbegründet zu behandeln wäre, hätte dies zur Folge, daß auch in den soeben genannten Fällen der Kläger weder durch Klagerücknahme noch durch eine Erledigungserklärung verhindern könnte, mit den durch die Klageerhebung verursachten Kosten belastet zu werden, sofern der Beklagte der Erledigung nicht zustimmt (§§ 91, 269 Abs. 3 ZPO a.F.). Auch § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung (§ 26 Nr. 2 EGZPO) zwingt den Kläger nicht, die Klage zurückzunehmen, statt sie für erledigt zu erklären. Ist dagegen die Erledigung der Hauptsache durch Erklärung der Aufrechnung im Prozeß eingetreten, erlaubt es die bei übereinstimmender Erledigungserklärung der Parteien gemäß § 91a ZPO nach billigem Ermessen zu treffende Kostenentscheidung, bei der Verteilung der Kostenlast zu berücksichtigen , ob und gegebenenfalls welcher Partei es billigerweise zuzumuten war, die Aufrechnung bereits vorgerichtlich zu erklären.

III.


Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Kirchhof Ganter Raebel
Kayser Bergmann
18
1. Die Hauptsache ist erledigt, wenn die Klage im Zeitpunkt des nach ihrer Zustellung eingetretenen erledigenden Ereignisses zulässig und begründet war und durch dieses Ereignis unzulässig oder unbegründet wurde (BGHZ 155, 392, 395; 106, 359, 366 f.). Ein erledigendes Ereignis ist der Eintritt einer Tatsache mit Auswirkungen auf die materiell-rechtlichen Voraussetzungen der Zulässigkeit oder Begründetheit der Klage (BGHZ 155, 392, 398).

(1) Durch die Erhebung der Klage wird die Rechtshängigkeit der Streitsache begründet.

(2) Die Rechtshängigkeit eines erst im Laufe des Prozesses erhobenen Anspruchs tritt mit dem Zeitpunkt ein, in dem der Anspruch in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht oder ein den Erfordernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 entsprechender Schriftsatz zugestellt wird.

(3) Die Rechtshängigkeit hat folgende Wirkungen:

1.
während der Dauer der Rechtshängigkeit kann die Streitsache von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht werden;
2.
die Zuständigkeit des Prozessgerichts wird durch eine Veränderung der sie begründenden Umstände nicht berührt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 256/99 Verkündet am:
17. Mai 2001
Bürk
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Zur anderweitigen Rechtshängigkeit der Streitsache.
BGH, Urteil vom 17. Mai 2001 - IX ZR 256/99 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 17. Mai 2001 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Kreft und die Richter
Stodolkowitz, Dr. Zugehör, Dr. Ganter und Raebel

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 18. Juni 1999, berichtigt durch Beschluß vom 29. Juli 1999, im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage abgewiesen worden ist.
In diesem Umfang wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien streiten um einen Versteigerungserlös. Der Kläger, seine - damals mit dem Beklagten verheiratete - Tochter und der Beklagte waren seit 1986 zu je 1/3-Anteil Eigentümer eines Hausgrundstücks in Hamburg. Auf Antrag des Klägers und seiner Tochter, deren Ehe mit dem Beklagten inzwischen geschieden worden ist, wurde das Grundstück am 6. Februar 1998 zur Aufhebung der Gemeinschaft zwangsversteigert und am 13. Februar 1998 dem Ersteher zugeschlagen.

Der gerichtliche Teilungsplan vom 16. April 1998 sah vor, von dem Versteigerungserlös einen Teilbetrag von 543.098,21 DM an den Beklagten auszuzahlen , weil dieser drei Tage vor dem Versteigerungstermin zwei Eigentümergrundschulden über je 500.000 DM an seinem Grundstücksanteil hatte eintragen lassen; der übrige Erlös sollte für alle drei Miteigentümer beim Amtsgericht hinterlegt werden. Dagegen hat der Kläger im vorliegenden Rechtsstreit Widerspruchsklage gemäß §§ 115, 180 Abs. 1 ZVG, § 878 Abs. 1 ZPO erhoben mit dem Antrag, den Teilungsplan dahin zu ändern, daß der Erlös in Höhe von 300.000 DM zur Ablösung eines Darlehens, das zur Finanzierung des Kaufpreises für das versteigerte Grundstück aufgenommen worden war, und im übrigen zu gleichen Teilen an die Grundeigentümer ausgezahlt werden sollte; hilfsweise sollten je 543.098,21 DM an die Grundeigentümer gezahlt werden. Der Teilungsplan wurde am 11. Juni 1998 ausgeführt, nachdem die rechtzeitige Klageerhebung nicht nachgewiesen worden war; später wurde der restliche Erlös im Einvernehmen der Beteiligten bei einer Bank hinterlegt.
Nach Ausführung des Teilungsplans hat der Kläger sein Klagebegehren im ersten Rechtszuge dahin geändert, den Beklagten zu verurteilen, der Auszahlung von je 543.098,21 DM aus dem hinterlegten Resterlös nebst aufgelaufenen Zinsen an den Kläger und dessen Tochter zuzustimmen. Diese hat während des ersten Rechtszuges mit Zustimmung des Beklagten 466.376,21 DM aus dem hinterlegten Erlös erhalten; daraufhin hat der Kläger den Anspruch auf Zustimmung zur Auszahlung von 543.098,21 DM an seine Tochter für erledigt erklärt. Der Beklagte hat geltend gemacht, der Kläger sei aufgrund einer mündlichen Vereinbarung bei Erwerb des Hausgrundstücks zur Übereignung seines Grundstücksanteils, an dessen Stelle der Erlösanteil ge-
treten sei, an ihn - den Beklagten - und dessen geschiedene Ehefrau verpflichtet. Außerdem hat der Beklagte ein Zurückbehaltungsrecht ausgeübt mit der Begründung, der Kläger sei ihm zur Erstattung von Aufwendungen für das versteigerte Grundstück in Höhe von 48.055,16 DM für die Zeit von 1995 bis 5. August 1998 verpflichtet. Der Beklagte hat Widerklage erhoben auf Ersatz eines Zinsverlustes von 3.318,93 DM, der infolge des Widerspruchs des Klägers gegen den Teilungsplan entstanden sei, sowie auf Erstattung der genannten Aufwendungen. Das Landgericht, das eine Klageänderung angenommen und diese trotz des Widerspruchs des Beklagten als sachdienlich zugelassen hat, hat dem verbliebenen Klageanspruch stattgegeben und die Widerklage abgewiesen.
Während des Berufungsverfahrens hat der Kläger nach seinem Vorbringen "seinen Anteil" aus dem Versteigerungserlös erhalten, nachdem er eine Bürgschaft über 580.000 DM gestellt hatte. Ebenfalls im Berufungsverfahren hat der Beklagte erklärt, seine Widerklage solle "lediglich hilfsweise erhoben sein". Das Oberlandesgericht hat - unter Zurückweisung der Berufung im übrigen - den Klageanspruch auf Zustimmung zur Auszahlung von 543.098,21 DM aus dem hinterlegten Versteigerungserlös nebst aufgelaufenen Zinsen als unzulässig abgewiesen, weil die Streitsache insoweit bereits in einem Rechtsstreit vor dem Landgericht Aachen/Oberlandesgericht Köln rechtshängig sei.
In jenem Parallelprozeß hat der Beklagte 1995 Klage erhoben mit dem Antrag, den Kläger des vorliegenden Rechtsstreits zur Übereignung seines Grundstücksanteils an ihn - den hiesigen Beklagten - und dessen inzwischen geschiedene Ehefrau Zug um Zug gegen Rückgabe einer Grundschuld über 300.000 DM an seinem Grundstück in Aachen zu verurteilen. Diese Klage ist
mit der behaupteten mündlichen Übereignungsabrede bei Erwerb des Grundstücks in Hamburg begründet worden. Das Landgericht Aachen hat diese Klage abgewiesen. Im Berufungsverfahren jenes Rechtsstreits hat der hiesige Beklagte zuletzt den Hauptantrag gestellt, den Kläger des vorliegenden Rechtsstreits zu verurteilen, den auf diesen entfallenden Anteil von 543.098,21 DM am hinterlegten Versteigerungserlös zuzüglich aufgelaufener Zinsen an ihn und seine geschiedene Ehefrau - mit der erwähnten Zug um ZugEinschränkung - freizugeben, hilfsweise an den Beklagten des vorliegenden Rechtsstreits 476.259,82 DM nebst Zinsen - ebenfalls mit der genannten Zug um Zug-Einschränkung - zu zahlen. Diesen Hilfsantrag hat der Kläger des Parallelprozesses damit begründet, in Höhe des verlangten Betrages habe der hiesige Kläger Aufwendungen für das gemeinsame Grundstück in Hamburg bis 1994 zu erstatten. Das Oberlandesgericht Köln hat als Berufungsgericht im Parallelprozeß die Verhandlung gemäß § 148 ZPO bis zur rechtskräftigen Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits ausgesetzt, weil die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen bestehe.
Mit seiner Revision begehrt der Kläger, das Urteil des Landgerichts im vorliegenden Rechtsstreit wiederherzustellen. Die Anschlußrevision des Beklagten , mit der dieser das Berufungsurteil insoweit angegriffen hat, als zu seinem Nachteil entschieden worden ist, hat der Senat nicht angenommen.

Entscheidungsgründe:


Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils, soweit zum Nachteil des Klägers erkannt worden ist, und in diesem Umfang zur Zurückverweisung der Sache (§§ 564, 565 Abs. 1 ZPO).

A.


Die Klage ist zulässig.

I.


Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts steht dem Zustimmungsanspruch nicht das Prozeßhindernis der anderweitigen Rechtshängigkeit der Streitsache entgegen (§ 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO). Dieses soll verhindern, daß der Beklagte sich in derselben Sache in mehreren Verfahren verteidigen muß und einander widersprechende Urteile ergehen (BGHZ 4, 314, 322).
1. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, daß aufgrund der Hauptanträge in den Berufungsverfahren der beiden Prozesse dieselbe Streitsache rechtshängig ist, weil insoweit der Streitgegenstand beider Verfahren übereinstimmt.
Nach der heute herrschenden prozeßrechtlichen Auffassung ist Gegenstand des Rechtsstreits ein prozessualer Anspruch; dieser wird bestimmt durch das allgemeine Rechtsschutzziel und die erstrebte konkrete Rechtsfolge, die sich aus dem Klageantrag ergeben, sowie durch den Lebenssachverhalt (Klagegrund ), aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet (BGHZ 117, 1, 5; BGH, Urteil vom 6. Mai 1999 - IX ZR 250/98, WM 1999, 1689, 1690 m.w.N.).

a) Der ursprüngliche Streitgegenstand im vorliegenden Prozeß, gemäß der Widerspruchsklage den gerichtlichen Plan zur Verteilung des Versteigerungserlöses in dem vom Kläger erstrebten Sinne zu ändern (§§ 878, 880 ZPO mit § 115 Abs. 1, § 180 Abs. 1 ZVG), war nicht identisch mit demjenigen der ursprünglichen Klage im Parallelprozeß, den Kläger des vorliegenden Rechtsstreits zur Übereignung seines Grundstücksanteils zu verurteilen. Schon die Rechtsschutzziele dieser Klagebegehren stimmten nicht überein.

b) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts wurden der Streitgegenstand der Übereignungsklage im Parallelprozeß und derjenige im vorliegenden Rechtsstreit nicht identisch, als der hiesige Kläger nach Ausführung des Teilungsplans anstelle seiner ursprünglichen Widerspruchsklage die Zustimmung des Beklagten zur Auszahlung des hinterlegten Resterlöses verlangte. Auch insoweit stimmten schon die Rechtsschutzziele nicht überein.
Deswegen kann es dahingestellt bleiben, ob der Wechsel des Klageanspruchs im vorliegenden Rechtsstreit gemäß der Ansicht der Revision nach § 264 Nr. 3 ZPO zulässig war oder wegen einer Ä nderung des Klagegrundes der gerichtlichen Zulassung bedurfte (§ 263 ZPO), nachdem der Beklagte einer
Klageänderung widersprochen hatte. Selbst wenn der letztgenannte Fall vorliegen sollte, so hat das Landgericht die geänderte Klage rechtsfehlerfrei für sachdienlich gehalten (vgl. BGH, Urteil vom 30. November 1999 - VI ZR 219/98, NJW 2000, 800, 803). Die gegenteilige Ansicht des Berufungsgerichts ist unzutreffend, weil entgegen seiner Meinung damals noch keine Identität der Streitgegenstände gegeben war.

c) Der Streitgegenstand der im vorliegenden Prozeß verbliebenen Klage , den Beklagten zur Zustimmung zur Auszahlung des auf den Kläger entfallenden Teils des hinterlegten Resterlöses zu verurteilen, stimmt allerdings mit demjenigen des letzten Hauptantrags im Berufungsverfahren des Parallelprozesses überein, den Kläger des vorliegenden Rechtsstreits zu verurteilen, den auf ihn entfallenden Erlösanteil an den hiesigen Beklagten und dessen geschiedene Ehefrau freizugeben.
aa) Der Übergang von der Übereignungs- zur Zustimmungsklage im Parallelprozeß nach Versteigerung des Grundstücks war nicht mit einer Ä nderung des Klagegrundes verbunden und deswegen gemäß § 264 Nr. 3 ZPO zulässig.
Zur Begründung der Übereignungsklage war vorgebracht worden, zwischen dem Kläger des vorliegenden Rechtsstreits einerseits und dessen Tochter sowie dem hiesigen Beklagten andererseits sei bei Erwerb des Grundstücks in Hamburg eine mündliche Vereinbarung getroffen worden. Danach habe der Kläger des vorliegenden Rechtsstreits seinen Grundstücksanteil nur erhalten, weil er bei Erwerb des Grundstücks zur Sicherung eines Darlehens zur Kaufpreisfinanzierung eine Grundschuld an seinem Grundstück in Aachen
bestellt habe; bei Rückgabe dieser Sicherheit sei der Grundstücksanteil des hiesigen Klägers an dessen Tochter und dem Beklagten des vorliegenden Rechtsstreits zu übertragen.
Der im Berufungsverfahren des Parallelprozesses zuletzt gestellte Freigabeantrag ist damit begründet worden, daß ein Erlösanteil des Klägers als Surrogat an die Stelle des Grundstücksanteils getreten sei. Dieser Lebenssachverhalt stimmt mit demjenigen überein, der dem ursprünglichen Klagebegehren im Parallelprozeß zugrunde gelegen hat.
bb) Die Streitgegenstände der letzten Zustimmungsbegehren in beiden Prozessen sind gemäß den insoweit zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichts identisch. Das allgemeine Rechtsschutzziel und die erstrebte Rechtsfolge decken sich; unerheblich ist es insoweit, daß die Prozesse mit umgekehrten Parteirollen geführt werden (Schumann, in: Stein/Jonas, ZPO 21. Aufl. § 261 Rdn. 55; Zöller/Greger, ZPO 22. Aufl. § 261 Rdn. 8a). Auch der zugrunde liegende Lebenssachverhalt ist im wesentlichen derselbe; unerheblich ist es, ob die Klagevorträge in den beiden Prozessen in allen Einzelheiten übereinstimmen (BGH, Urteil vom 11. Dezember 1986 - IX ZR 165/85, WM 1987, 367, 368). Im Parallelprozeß stützt der hiesige Beklagte seinen letzten Klageanspruch auf die behauptete Vereinbarung der Grundeigentümer bei Erwerb des Grundstücks, hilfsweise auf den Ausgleich von Aufwendungen für dieses Grundstück bis 1994. Mit dem Einwand einer solchen Vereinbarung und einem Zurückbehaltungsrecht wegen Ausgleichs von Aufwendungen für das versteigerte Grundstück in der Zeit von 1995 bis 5. August 1998 wehrt sich der Beklagte des vorliegenden Rechtsstreits gegen das Zustimmungsverlangen des Klägers.

2. Die Revision beanstandet mit Erfolg die Ansicht des Berufungsgerichts , die - identische - Streitsache sei im Parallelprozeß zuerst rechtshängig geworden.
Die Rechtshängigkeit eines erst während des Rechtsstreits erhobenen Anspruchs tritt mit dem Zeitpunkt ein, in dem der Anspruch in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht oder ein den Erfordernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO entsprechender Schriftsatz zugestellt wird (§ 261 Abs. 2 ZPO).

a) Im Parallelprozeß wurde der - diesen Vorschriften entsprechende - Schriftsatz des Beklagten des vorliegenden Rechtsstreits vom 7. Juli 1998, der den neuen Antrag auf Zahlung des Erlösanteils des hiesigen Klägers enthalten hat, diesem nicht zugestellt, sondern formlos übersandt.
Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung kann die Zustellung dieses Schriftsatzes nicht gemäß § 187 ZPO als "innerhalb der nächsten Tage" nach dem 7. Juli 1998, jedenfalls als vor dem 23. Juli 1998 bewirkt angesehen werden. Ein Zustellungsmangel kann gemäß dieser Vorschrift nur dann geheilt werden, wenn das Gericht eine Zustellung vornehmen wollte (BGHZ 7, 268, 270; BGH, Urteil vom 16. Oktober 1956 - VI ZR 174/55, NJW 1956, 1878, 1879). Das war jedoch nicht der Fall. Der anwaltliche Vermerk auf der ersten Seite des Schriftsatzes vom 7. Juli 1998 "von Amts wegen zuzustellen" ist handschriftlich gestrichen worden; daneben hat die Geschäftsstelle des Gerichts die formlose Absendung einer Abschrift vermerkt.
Danach ist der - nunmehr auf Freigabe gerichtete - Anspruch im Parallelprozeß erst rechtshängig geworden mit der Geltendmachung in der mündlichen Verhandlung vom 30. November 1998.

b) Dagegen ist der Zustimmungsanspruch des Klägers im vorliegenden Rechtsstreit bereits rechtshängig geworden, als der Schriftsatz vom 6. Juli 1998 dem Beklagten am 23. Juli 1998 zugestellt worden ist.

II.


Für den hier geltend gemachten Anspruch besteht das erforderliche Rechtsschutzinteresse.
Der Kläger hat nach seinem Vorbringen den auf ihn entfallenden Anteil aus dem hinterlegten Versteigerungserlös nur gegen Stellung einer Bürgschaft erhalten. Danach steht die begehrte uneingeschränkte Zustimmung des Beklagten zur Auszahlung des Erlösanteils an den Kläger noch aus. Sollte die Bürgschaft als Sicherheitsleistung zur Vollstreckung des vorläufig vollstreckbaren Urteils des Landgerichts beigebracht worden sein, so wäre eine Freigabe, die der Beklagte zur Abwendung der Vollstreckung erklärt hat, keine Erfüllung des Klageanspruchs (vgl. BGHZ 86, 267, 269; BGH, Urteil vom 22. Mai 1990 - IX ZR 229/89, NJW 1990, 2756).

B.


I.


Das Berufungsgericht hat - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - nicht geprüft, ob die Zustimmungsklage begründet ist. Das muß nachgeholt werden. Dafür weist der Senat auf folgendes hin:
1. Der Kläger hat einen solchen Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB schlüssig dargelegt.
Die Gemeinschaft der Grundeigentümer wurde durch die Zwangsversteigerung des Grundstücks gemäß §§ 753 BGB, 180 ff. ZVG noch nicht auseinandergesetzt ; vielmehr wurde dadurch die Auseinandersetzung nur vorbereitet. An die Stelle des Grundstücks ist zunächst der Versteigerungserlös getreten (vgl. §§ 90-92 ZVG), an dessen Stelle die Forderung der Gemeinschaft gegen die ursprüngliche Hinterlegungsstelle (BGH, Urteil vom 13. Januar 1993 - XII ZR 212/90, WM 1993, 849, 853). Da zur Auszahlung des hinterlegten Resterlöses gemäß §§ 12, 13 der Hinterlegungsordnung die Zustimmung der Beteiligten erforderlich ist, hat der Beklagte im Sinne des § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB bezüglich des Anteils des Klägers "in sonstiger Weise" auf dessen Kosten eine Rechtsposition erlangt, und zwar nach dem Klagevortrag ohne rechtlichen Grund (BGH, Urteil vom 14. April 1987 - IX ZR 237/86, WM 1987, 878, 879; vgl. auch BGHZ 52, 99, 102; BGH, Urteil vom 15. November 1989 - IVb ZR 60/88, WM 1990, 113, 114). An dieser Rechtsposition des Beklagten hat sich nichts dadurch geändert, daß der Resterlös später im Einvernehmen der Beteiligten bei einer Bank hinterlegt worden ist. Den Bereicherungsanspruch kann
der Kläger allein geltend machen, weil nur noch sein Erlösanteil Gegenstand des Rechtsstreits ist, die Berichtigung einer Gesamtschuld gemäß § 755 BGB nicht mehr verlangt wird und der Beklagte lediglich im Innenverhältnis der Parteien einen Anspruch nach § 756 BGB im Wege eines Zurückbehaltungsrechts geltend macht (§ 420 BGB; vgl. BGHZ 90, 194, 195 f.).
2. Rechtlich unerheblich ist der Einwand des Beklagten, der Erlösanteil stehe dem Kläger nicht zu, weil ihm der Grundstücksanteil "mit treuhänderischer Bindung" und "gewissermaßen pro forma" eingeräumt worden sei. Das sei darauf zurückzuführen, daß der Kläger eine günstigere Finanzierung des Grundstückskaufpreises ermöglicht habe, indem er der kreditgebenden Bank eine Grundschuld an seinem Grundstück in Aachen bestellt habe. Die Parteien seien sich einig gewesen, daß der Kläger seinen Anteil am versteigerten Grundstück nach Ablösung der Grundstücksverbindlichkeit und Entlassung aus der persönlichen Haftung an den Beklagten und dessen Ehefrau "zurückübertragen" solle.
Selbst wenn eine solche mündliche Vereinbarung, die der Kläger bestritten hat, zustande gekommen ist, so ist sie unwirksam, weil sie als Verpflichtung zur Übertragung eines Grundstücksteils der notariellen Beurkundung bedurft hätte (§§ 125, 313 BGB; vgl. BGH, Urteil vom 27. Oktober 1972 - V ZR 41/70, WM 1973, 82 f.). Daß sich eine Übertragungspflicht bereits aus dem Gesetz ergeben könnte (BGH aaO), ist nicht ersichtlich.
3. Zumindest gegenüber einem Teil des Klageanspruchs kann das vom Beklagten geltend gemachte Zurückbehaltungsrecht (§ 273 BGB) wegen Ausgleichs von Aufwendungen in Höhe von 48.055,16 DM für das versteigerte
Grundstück von 1995 bis 5. August 1998 rechtserheblich sein. Insoweit kann der Beklagte einen Anspruch gemäß § 756 BGB erheben, der sich auf die Grundstücksgemeinschaft gründet und bei deren Aufhebung aus dem auf den Kläger entfallenden Teil des Versteigerungserlöses zu erfüllen ist.

a) Mit einer solchen Gegenforderung, die sich aus demselben Rechtsverhältnis ergibt wie der Klageanspruch, darf der Beklagte im Rahmen eines Zurückbehaltungsrechts die - nach seinem Vorbringen noch ausstehende - endgültige Auseinandersetzung der Gemeinschaft betreiben (vgl. BGH, Urteil vom 15. November 1989, aaO; vom 13. Januar 1993, aaO; Zeller/Stöber, ZVG 16. Aufl. § 180 Rdn. 17 ff.). Entgegen der Ansicht der Revision ergibt sich aus dem Senatsurteil vom 14. April 1987 (aaO), auf das im Urteil des IVbZivilsenats vom 15. November 1989 (aaO) Bezug genommen wird, nichts anderes , soweit es dort heißt, Ansprüche, die keine Zuteilung aus dem Versteigerungserlös rechtfertigten, begründeten kein Zurückbehaltungsrecht gegenüber dem Anspruch auf Zustimmung zu einer der Rechtslage entsprechenden Verteilung des Erlöses. Diese Ausführungen haben sich auf den damals entschiedenen Fall bezogen, daß dem Kläger für Forderungen, die nicht durch Grundstücksrechte gesichert waren, kein Zurückbehaltungsrecht gegenüber dem Anspruch des Beklagten auf Zustimmung zu einer Verteilung des Erlöses zugebilligt worden ist, die der Rechtslage entsprochen hat. Um solche Forderungen aus einem anderen Rechtsverhältnis geht es im vorliegenden Falle nicht; vielmehr begehrt hier der Beklagte aus demselben Rechtsverhältnis der Grundstücksgemeinschaft deren endgültige Auseinandersetzung und damit eine Erlösverteilung , die der Rechtslage entspricht. Nachdem die Beteiligten einvernehmlich den Resterlös bei einer Bank hinterlegt haben, besteht auch kein Grund dafür, den Zustimmungsanspruch des Klägers gegenüber der Gegen-
forderung des Beklagten zu privilegieren (vgl. BGH, Urteil vom 15. November 1989, aaO).

b) Zur Prüfung dieser Gegenforderung wird auf die Urteile des Bundesgerichtshofs vom 20. Mai 1987 (IVa ZR 42/86, NJW 1987, 3001 f) und vom 25. Mai 1992 (II ZR 232/91, NJW 1992, 2282 f) verwiesen.

c) Sollte der Beklagte eine Gegenforderung schlüssig dargelegt haben, so wird zu prüfen sein, ob dieser die vom Kläger behaupteten Ansprüche gegen den Beklagten entgegenstehen.
Kreft Stodolkowitz Zugehör
Ganter Raebel

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 73/01
Verkündet am:
7. März 2002
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ein außergerichtlicher Vergleich beendet den Rechtsstreit nicht unmittelbar.
Einer neuen Klage auf Erfüllung des Vergleichs kann daher, wenn er
nicht novierend, sondern lediglich schuldabändernd wirken soll, die fortdauernde
Rechtshängigkeit der Streitsache entgegenstehen.
BGH, Urteil vom 7. März 2002 - III ZR 73/01 - OLG München
LG Memmingen
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. März 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Rinne und die Richter
Dr. Wurm, Dr. Kapsa, Dörr und Galke

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 24. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München, Zivilsenate in Augsburg, vom 21. Dezember 2000 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Die Parteien streiten um die Erfüllung eines außergerichtlich geschlossenen Vergleichs.
In einem vor dem Landgericht Leipzig geführten Vorprozeß nahm die Klägerin die Beklagte auf Zahlung einer Maklerprovision in Höhe von
156.125 DM in Anspruch. Unter dem 7./14. September 1998 schlossen die Parteien sodann privatschriftlich eine Vereinbarung, in der es heiût:
"Zur Beilegung des unter dem Aktenzeichen ... beim Landgericht Leipzig anhängigen Rechtsstreits zwischen den Parteien sind sich diese darüber einig, daû Frau Sch. (Beklagte) DM 100.000 (netto) in der Verteilung, wie unten aufgeführt, zahlt ... Im einzelnen: 1. Frau V. Sch. zahlt wegen ihrer Provisionsverpflichtung aus der Provisionsvereinbarung vom 05.11.1997 DM 42.730,00 zuzüglich Mehrwertsteuer an die R. Gesellschaft mbH (Klägerin). ... 5. Frau V. Sch. erklärt sich ... bereit, die Kosten dieses Rechtsstreites und zwar sowohl die gerichtlichen wie auch die auûergerichtlichen Kosten der Klägerin zu übernehmen. ... 7. Nachdem sämtliche Forderungen beglichen sind, wird die Klägerin die Klage zurücknehmen.
Mit der vorliegenden, beim Landgericht Memmingen erhobenen Klage verlangt die Klägerin Zahlung der in Ziffer 1 des Vertrags bestimmten Summe von 49.566,80 DM (einschlieûlich Mehrwertsteuer) sowie der ihr im Rechtsstreit vor dem Landgericht Leipzig entstandenen gerichtlichen und auûergerichtlichen Kosten in Höhe von 11.427,30 DM, insgesamt 60.994,10 DM. Die Beklagte hat die Wirksamkeit des Vergleichs bestritten und sich auf anderweitige Rechtshängigkeit der Streitsache berufen.
Landgericht und Oberlandesgericht haben der Klage stattgegeben. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe


Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


Das Berufungsgericht hat die Klage für zulässig gehalten. Ihr stehe nicht die von Amts wegen zu beachtende doppelte Rechtshängigkeit entgegen. Die Streitgegenstände beider Klagen seien nämlich nicht identisch. Während es vor dem Landgericht Leipzig um die Zahlung einer Maklerprovision gegangen sei, klage die Klägerin hier aus einem neu geschaffenen Rechtsgrund, einem Vergleich, und somit aus einem anderen Lebenssachverhalt, als er dem Rechtsstreit vor dem Landgericht Leipzig zugrunde gelegen habe.

II.


Diese Ausführungen sind von Rechtsirrtum beeinfluût.
1. Nach § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO kann während der Dauer der Rechtshängigkeit die Streitsache von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht werden. Dadurch soll verhindert werden, daû der Beklagte sich in derselben Sache in mehreren Verfahren verteidigen muû und daû einander widersprechende
Urteile ergehen (BGHZ 4, 314, 322). Voraussetzung ist, daû die Streitgegenstände in beiden Prozessen übereinstimmen. Die Identität des hier zur Entscheidung gestellten Klagegegenstands mit dem des in Leipzig geführten Rechtsstreits läût sich indessen mindestens auf der Grundlage des revisionsrechtlich als richtig zu unterstellenden Sachverhalts nicht verneinen.

a) Gegenstand des Rechtsstreits ist nach der heute herrschenden und vom Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung vertretenen prozeûrechtlichen Auffassung ein prozessualer Anspruch; er wird bestimmt durch das allgemeine Rechtsschutzziel und die erstrebte konkrete Rechtsfolge, wie sie sich aus dem Klageantrag ergeben, sowie durch den Lebenssachverhalt (Klagegrund ), aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet (BGHZ 117, 1, 5; 132, 240, 243; BGH, Urteil vom 17. Mai 2001 - IX ZR 256/99 - NJW 2001, 3713 m.w.N.).

b) Ordnen die Parteien ihr in einem anhängigen Rechtsstreit streitiges Rechtsverhältnis im Vergleichswege auûergerichtlich neu, so ist zu unterscheiden : Ein anderer Lebenssachverhalt und Klagegrund liegt vor, wenn die Beteiligten unter Aufhebung des alten Schuldverhältnisses ein neues vereinbaren (Novation) und hierdurch ihre beiderseitigen Forderungen ohne Rücksicht auf die früheren Streitigkeiten auf eine völlig neue Grundlage stellen (so im Fall RG ZZP 55, 136 m. Anm. Rosenberg). Enthält hingegen der Vergleich nur eine die Identität des ursprünglichen Schuldverhältnisses wahrende Modifikation des Streitverhältnisses, so gehört der Vergleichsschluû als unselbständiges Element zu dem einheitlichen Lebenssachverhalt, aus dem der Kläger seinen ursprünglichen Anspruch hergeleitet hat und mit dem er jetzt seinen - modifizierten - Klageanspruch begründet. Unter diesen Umständen sind die
Streitgegenstände - vorausgesetzt, daû auch der Inhalt des Anspruchs (Zahlung , Unterlassung usw.) erhalten bleibt - vorher und nachher identisch (vgl. Bork, Der Vergleich, S. 431 ff., 440).

c) Das Berufungsgericht scheint ohne nähere Begründung von einer Novation ausgegangen zu sein. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Ein Vergleich wirkt regelmäûig nicht schuldumschaffend (BGHZ 52, 39, 46; BGH, Urteil vom 25. Juni 1987 - VII ZR 214/86 - NJW-RR 1987, 1426, 1427; jeweils m.w.N.). Novierende Wirkung hat er nur bei einem durch Auslegung zu ermittelnden entsprechenden Parteiwillen, für den hier das Berufungsgericht nichts festgestellt hat und gegen den auch spricht, daû die Parteien in Ziffer 1 des Vergleichs auf ihre ursprüngliche Provisionsvereinbarung vom 5. November 1997 Bezug nehmen. Der Senat kann die Frage jedoch nicht abschlieûend entscheiden, da den Parteien zunächst Gelegenheit gegeben werden muû, zu diesem in seiner Bedeutung nicht hinreichend erfaûten Punkt ergänzend vorzutragen. Für das Revisionsverfahren ist indes zugunsten der Beklagten davon auszugehen, daû der auûergerichtliche Vergleich die Provisionsforderung der Klägerin nicht völlig ersetzen, sondern diese lediglich inhaltlich umgestalten sollte. Dann handelt es sich aber bei der mit der zweiten Klage geltend gemachten Forderung auf Zahlung von 49.566,80 DM um einen Teil desselben prozessualen Anspruchs, wie er Gegenstand des Ursprungsverfahrens vor dem Landgericht Leipzig war. Das gilt zwar nicht auch für den auûerdem eingeklagten Kostenerstattungsanspruch. Die einer Partei aus der Führung eines Rechtsstreits entstandenen gerichtlichen und auûergerichtlichen Kosten können allerdings regelmäûig einfacher und billiger im Kostenerstattungsverfahren nach §§ 104 ff. ZPO geltend gemacht werden. Für eine selbständige Klage
fehlt daher grundsätzlich das Rechtsschutzinteresse (vgl. nur BGHZ 111, 168, 171).
2. Die Identität beider Streitgegenstände bei der erwähnten revisionsrechtlich gebotenen Sachverhaltsunterstellung dürfte ausnahmsweise dann nicht zur Unzulässigkeit der zweiten Klage führen, wenn infolge des auûergerichtlich geschlossenen Vergleichs eine Fortführung des Ursprungsverfahrens ihrerseits nicht mehr zulässig wäre und die mit einer doppelten Rechtshängigkeit verbundenen Gefahren, denen die Bestimmung des § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO begegnen will, in Wahrheit daher nicht bestünden. So verhält es sich aber nicht.

a) Anders als ein Prozeûvergleich beendet der auûergerichtliche Vergleich den Rechtsstreit nicht unmittelbar. Nach der vom Reichsgericht eingeleiteten Rechtsprechung gewährt er allerdings vermöge seines sachlich-rechtlichen Inhalts dem Beklagten eine Einrede gegen den durch den Vergleich erledigten Anspruch und führt so mittelbar dazu, daû der Kläger das Verfahren nicht fortsetzen darf (RGZ 142, 1, 3 f. = JW 1934, 92 m. Anm. Lent; RGZ 161, 350, 353; BAG NJW 1973, 918, 919 = AP Nr. 21 zu § 794 ZPO m. Anm. J. Blomeyer; s. ferner BGH, Urteil vom 29. Januar 1964 - V ZR 39/62 - LM Nr. 12/13 zu § 794 Abs. 1 Ziffer 1 ZPO = MDR 1964, 313; BAGE 36, 112, 117 ff.; BAG NJW 1969, 1469). Demgegenüber wollen wesentliche Teile des Schrifttums einem auûergerichtlichen Vergleich als einem bloûen Rechtsgeschäft des materiellen Rechts grundsätzlich auch nur materiellrechtliche Wirkungen zuerkennen und ihm Bedeutung für das Verfahren lediglich dann beimessen , wenn sich eine Partei gleichzeitig zu einem bestimmten prozessualen Verhalten, insbesondere einer Klagerücknahme oder Erledigungserklärung, verpflichtet hat (Bork aaO S. 447 f.; Wagner, Prozeûverträge, S. 511 ff.; im Er-
gebnis ähnlich Lent, JW 1934, 92 ff.; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 60. Aufl., Anhang § 307 Rn. 1; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozeûrecht, 15. Aufl., § 131 VI 2 S. 775; Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 21. Aufl., § 794 Rn. 68 ff., 72; s. ferner BVerwG NJW 1994, 3206, 3207).

b) Der Streitfall nötigt nicht dazu, zu diesen unterschiedlichen Ansätzen Stellung zu nehmen. Kommt es allein auf den materiellrechtlichen Inhalt des Vergleichs an, so kann er einer Fortsetzung des Prozesses nur insoweit entgegenstehen , als in ihm der ursprünglich eingeklagte Anspruch erledigt worden ist, nicht dagegen, soweit dieser in der Vereinbarung aufrechterhalten wurde und vom Kläger nunmehr, um einen Titel zu erlangen, weiterverfolgt wird (so wohl auch Stein/Jonas/Münzberg, § 794 Rn. 69 f.; Wieczorek/Schütze/Paulus, ZPO, 3. Aufl, § 794 Rn. 66). Diese letztgenannte Voraussetzung ist auf der Grundlage des vom Senat unterstellten Sachverhalts bei Ziffer 1 der Vereinbarung vom 7./14. September 1998 gegeben. Ist demgegenüber eine im Vergleich getroffene Abrede über die Beendigung des anhängigen Rechtsstreits maûgebend, hängt die Beurteilung von der in Ziffer 7 dieser Vereinbarung getroffenen Regelung ab. Darin hat die Klägerin eine Klagerücknahme jedoch nur für den Fall zugesagt, daû sämtliche im Vergleich geregelten Forderungen beglichen sind. Da diese Bedingung bislang nicht eingetreten ist, steht auch unter diesem Gesichtspunkt einer Fortführung des Rechtsstreits vor dem Landgericht Leipzig nichts im Wege.
3. Den Streit der Parteien über die Wirksamkeit eines auûergerichtlichen Vergleichs und die Erfüllung der darin geregelten Ansprüche grundsätzlich dem Gericht des Ausgangsverfahrens zuzuweisen, entspricht zugleich dem Gebot der Prozeûwirtschaftlichkeit. Ein solches Verfahren ist kostengünstiger
und führt auch dazu, daû in der Mehrzahl der Fälle die beteiligten Richter den Prozeûstoff bereits kennen. Darin liegt es nicht wesentlich anders als beim Streit um die Wirksamkeit eines Prozeûvergleichs, der nach ständiger Rechtsprechung in dem früheren Prozeû zu entscheiden ist (BGHZ 28, 171, 174; Senatsurteil BGHZ 142, 253, 254 f. m.w.N.). Daû diese Verfahrensweise mit der nicht immer sicheren Abgrenzung zwischen Novation und Schuldabänderung belastet sein kann, ist hinzunehmen.

III.


Somit ist das angefochtene Urteil aufzuheben. Das Berufungsgericht wird - gegebenenfalls nach ergänzendem Vorbringen der Parteien - zu klären haben, ob die auûergerichtliche Vereinbarung vom 7./14. September 1998 als Novation auszulegen ist oder ob sie nach dem Parteiwillen lediglich das ursprüngliche Schuldverhältnis unter Wahrung seiner Identität abändern sollte. Gegen die weitere Annahme des Berufungsgerichts, daû der Vergleich wirksam zustande gekommen ist und die Beklagte sich gemäû § 162 Abs. 1 BGB so behandeln lassen muû, als sei die in Ziffer 3 des Vergleichs vorausgesetzte Genehmigung der Schuldübernahme fristgemäû erteilt worden, bestehen keine rechtlichen Bedenken.
Rinne Wurm Kapsa Dörr Galke
19
Das Prozesshindernis anderweitiger Rechtshängigkeit unterliegt wie jede andere (negative) Prozessvoraussetzung der Amtsprüfung (vgl. BGH Urteil vom 20. Januar 1989 - V ZR 173/87 - NJW 1989, 2064 f.; Zöller/Greger ZPO 26. Aufl. § 261 Rdn. 11). An tatsächliche Feststellungen des Berufungsgerichts, die eine Prozessvoraussetzung betreffen, ist das Revisionsgericht daher nicht nach § 559 Abs. 2 ZPO gebunden (BGHZ 31, 279, 282; 48, 12 15; Zöller/Gummer aaO § 559 Rdn. 11).
15
(2) Ist zwischen den Parteien bereits eine Klage über denselben Streitgegenstand anhängig, so ist eine erneute Klage unzulässig (§ 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO) und ohne weitere Sachprüfung abzuweisen.

(1) Durch die Erhebung der Klage wird die Rechtshängigkeit der Streitsache begründet.

(2) Die Rechtshängigkeit eines erst im Laufe des Prozesses erhobenen Anspruchs tritt mit dem Zeitpunkt ein, in dem der Anspruch in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht oder ein den Erfordernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 entsprechender Schriftsatz zugestellt wird.

(3) Die Rechtshängigkeit hat folgende Wirkungen:

1.
während der Dauer der Rechtshängigkeit kann die Streitsache von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht werden;
2.
die Zuständigkeit des Prozessgerichts wird durch eine Veränderung der sie begründenden Umstände nicht berührt.

11
Art. 27 EuGVVO ist den Prozessvoraussetzungen und damit der Zulässigkeit der Klage zuzuordnen. Die Vorschrift normiert ebenso wie das Prozess- hindernis der anderweitigen Rechtshängigkeit gemäß § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO eine negative Prozessvoraussetzung (vgl. zu Art. 21 EuGVÜ BGH, Urteile vom 9. Oktober 1985 - IVb ZR 36/84, NJW 1986, 662; vom 20. November 2003 - I ZR 294/02, BGHZ 157, 66, 68 zu Art. 31 Abs. 2 CMR; OLG Stuttgart, OLGR 2001, 288, 289). Die Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO, auch EuGVO oder Brüssel I-VO genannt, in Kraft getreten am 1. März 2002) ersetzt in den Grenzen ihres zeitlichen, räumlichen und sachlichen Anwendungsbereichs das Brüsseler EWG-Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27. September 1968 (EuGVÜ, BGBl. II 1972, S. 774, vgl. Rauscher/Staudinger, EuZPR/EuIPR, Bearb. 2011, Einl. Brüssel I-VO Rn. 1 f.). Sie ist im Streitfall nach Art. 1 Abs. 1 Satz 1 EuGVVO anzuwenden. Das vor belgischen Gerichten anhängige Verfahren stellt ebenso wie das vorliegende Verfahren eine Zivilsache im Sinne des Art. 1 Abs. 1 Satz 1 EuGVVO dar. Dem steht nicht entgegen, dass es sich bei dem dortigen Verfahren um ein Adhäsionsverfahren handelt (vgl. auch Art. 5 Nr. 4 EuGVVO).

(1) Durch die Erhebung der Klage wird die Rechtshängigkeit der Streitsache begründet.

(2) Die Rechtshängigkeit eines erst im Laufe des Prozesses erhobenen Anspruchs tritt mit dem Zeitpunkt ein, in dem der Anspruch in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht oder ein den Erfordernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 entsprechender Schriftsatz zugestellt wird.

(3) Die Rechtshängigkeit hat folgende Wirkungen:

1.
während der Dauer der Rechtshängigkeit kann die Streitsache von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht werden;
2.
die Zuständigkeit des Prozessgerichts wird durch eine Veränderung der sie begründenden Umstände nicht berührt.

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.