Bundesgerichtshof Urteil, 19. Sept. 2019 - IX ZR 22/17

bei uns veröffentlicht am19.09.2019
vorgehend
Oberlandesgericht Nürnberg, 12 U 59/15, 21.12.2016
Landgericht Nürnberg-Fürth, 6 O 3686/14, 17.11.2014

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 22/17
Verkündet am:
19. September 2019
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Ein Rechtsanwalt, der mit der zwangsweisen Durchsetzung einer Forderung beauftragt
worden ist und einen Titel gegen einen Schuldner des Mandanten erwirkt
hat, hat zügig die Zwangsvollstreckung zu betreiben, soweit pfändbares Vermögen
bekannt ist oder mit den Möglichkeiten, welche die Zivilprozessordnung bietet, ermittelt
werden kann (Bestätigung von BGH, Urt. vom 7. September 2017 - IX ZR
71/16, WM 2017, 1938 Rn. 11).

b) Bestehen Anhaltspunkte dafür, dass eine Verzögerung der Zwangsvollstreckung
zum Ausfall des Mandanten führen würde, muss der beauftragte Rechtsanwalt die
Zwangsvollstreckung mit besonderer Beschleunigung betreiben. Er muss dann unter
den verfügbaren Vollstreckungsmöglichkeiten diejenige auswählen, die am
schnellsten zu einem Ergebnis führt.
BGH, Urteil vom 19. September 2019 - IX ZR 22/17 - OLG Nürnberg
LG Nürberg-Fürth
ECLI:DE:BGH:2019:190919UIXZR22.17.0

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 19. September 2019 durch den Richter Grupp als Vorsitzenden, die Richterin Lohmann, den Richter Prof. Dr. Pape, die Richterin Möhring und den Richter Dr. Schoppmeyer

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 21. Dezember 2016 wird auf Kosten der Widerbeklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Widerkläger nahm die G. GmbH (nachfolgend nur: F. GmbH) auf Schadensersatz wegen des Erwerbs von stillen Beteiligungen und Genussrechten in Anspruch. Die widerbeklagte Sozietät von Rechtsanwälten vertrat ihn - wie zuvor schon andere Geschädigte - im Rechtsstreit gegen die F. GmbH. Mit Urteil vom 26. Juni 2012 sprach das Landgericht Karlsruhe dem Widerkläger 42.275 € nebst Zinsen zu, Zug um Zug gegen Abtretung seiner Rechte aus den Beteiligungen. Die Widerbeklagte beantragte am 27. Juni 2012 die Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung und forderte beim Widerkläger eine Prozessbürgschaft an, um vollstrecken zu können. Am 8. Juli 2012 wurde das Urteil an die F. GmbH zugestellt. Am nächsten Tag übermittelte der Widerkläger die Prozessbürgschaft an die Widerbeklagte. Diese erhielt am 11. Juli 2012 die vollstreckbare Ausfertigung des Urteils. Am gleichen Tag erteilte sie unter Vorlage der Prozessbürgschaft einen Vollstreckungsauftrag an die Verteilerstelle für Gerichtsvollzieheraufträge. Ein Vollstreckungsversuch am 10. August 2012 blieb erfolglos. Am 26. September 2012 erschien der Geschäftsführer der F. GmbH nicht zum Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung. Dies teilte die Gerichtsvollzieherin unter dem 7. November 2012 der Widerbeklagten mit. Nachdem die Verurteilung bis auf einen Teil der Zinsen rechtskräftig geworden war, stellte die F. GmbH am 8. November 2012 Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen. Am 11. Dezember 2012 beendeten die Parteien das Mandatsverhältnis einvernehmlich. Am 3. Mai 2013 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der F. GmbH eröffnet.
2
Der Widerkläger nimmt die Widerbeklagte auf Schadensersatz in Anspruch , weil seine titulierten Forderungen gegen die F. GmbH nicht mehr zu realisieren seien. Dies beruhe auf Verzögerungen bei der Bearbeitung des Mandats durch die Widerbeklagte. Nach Erledigung der auf negative Feststellung gerichteten Klage hat das Landgericht die Widerklage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Widerbeklagte zur Zahlung von 42.275 € nebst Zinsen verurteilt, Zug um Zug gegen Abtretung der im Vorprozess titulierten Ansprüche. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision erstrebt die Widerbeklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


3
Die zulässige Revision hat in der Sache keinen Erfolg.

I.


4
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Widerbeklagte habe die Möglichkeit einer Insolvenz der F. GmbH und eines drohenden Forderungsausfalls gekannt, weil sie schon am 12. Januar 2011 im Internet darüber berichtet habe. Sie hätte deshalb jede Verzögerung der Zwangsvollstreckung vermeiden müssen. Der Auftrag an die Widerbeklagte habe auch die Zwangsvollstreckung einschließlich einer Forderungspfändung umfasst. Die Widerbeklagte habe es unterlassen, eine Sicherungsforderungspfändung gegenüber der S. (nachfolgend nur: S. ) vorzunehmen, die schon nach Erhalt der einfachen Urteilsausfertigung am 27. Juni 2012 möglich gewesen wäre. Die Widerbeklagte habe zudem eine Vorpfändung gegenüber der S. unterlassen. Zuletzt habe die Widerbeklagte es unterlassen, nach Erhalt der vollstreckbaren Ausfertigung eine Forderungspfändung gegenüber der S. zu beantragen. Von einem Konto bei diesem Institut habe die Widerbeklagte gewusst.
5
Der Widerkläger habe mit dem Beweismaß des § 287 ZPO nachgewiesen , dass ihm aus der Pflichtverletzung ein Schaden entstanden sei. Bei sofortiger Zwangsvollstreckung wäre der Widerkläger befriedigt worden, weil die Zwangsvollstreckung für andere Mandanten im Februar und Mai 2012 noch erfolgreich gewesen sei. Einem Schaden des Widerklägers stehe nicht der Einwand entgegen, eine pflichtgemäße Zwangsvollstreckung würde der Insolvenzanfechtung unterfallen. Die Widerbeklagte hätte spätestens am 11. Juli 2012 eine Forderungspfändung beantragen können. Gemäß § 287 ZPO sei davon auszugehen, dass ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss noch im Juli
2012
der S. als Drittschuldnerin zugestellt worden wäre. Eine Anfechtung gemäß §§ 130 bis 132 InsO scheitere am Fristablauf, zu den Anfechtungstatbeständen der §§ 134 ff InsO sei nichts vorgetragen. Ein Benachteiligungsvorsatz im Sinne des § 133 InsO und dessen Kenntnis lasse sich der Veröffentlichung der Widerbeklagten vom 12. Januar 2011 nicht entnehmen. Die Widerbeklagte habe mit dem drohenden Aus für die F. GmbH nicht deren Zahlungsunfähigkeit behauptet, sondern ins Blaue hinein einen Verdacht geäußert. Auch sei nicht anzunehmen, dass die Internet-Veröffentlichung dem Insolvenzverwalter bekannt geworden wäre.

II.


6
Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.
7
1. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht eine Pflichtverletzung der Widerbeklagten darin gesehen, dass diese es unterlassen hat, nach Erhalt der vollstreckbaren Ausfertigung des erwirkten Urteils alle Forderungen der

F.

GmbH aus ihrer Geschäftsverbindung mit der S. zu pfänden.
8
a) Ein Rechtsanwalt hat seinen Auftrag so zu erledigen, dass Nachteile für den Mandanten möglichst vermieden werden. Ein Rechtsanwalt, der mit der zwangsweisen Durchsetzung einer Forderung beauftragt worden ist und einen Titel gegen einen Schuldner des Mandanten erwirkt hat, hat zügig die Zwangsvollstreckung zu betreiben, soweit pfändbares Vermögen bekannt ist oder mit den Möglichkeiten, welche die Zivilprozessordnung bietet, ermittelt werden kann. Gibt es Anhaltspunkte dafür, dass die Insolvenz des Schuldners bevorsteht , muss der Anwalt den Mandanten so weit belehren, dass dieser in Kennt- nis der absehbaren Chancen und Risiken eine eigenverantwortliche Entscheidung über das weitere Vorgehen treffen kann (BGH, Urteil vom 7. September 2017 - IX ZR 71/16, WM 2017, 1938 Rn. 11, 13; Vill in G. Fischer/Vill/D. Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch der Anwaltshaftung, 4. Aufl., § 2 Rn. 258). Zu diesem Vorgehen kann die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner gehören. Droht dem Mandanten ein Rechtsverlust, hat der Anwalt diesem durch geeignete Maßnahmen entgegenzuwirken (BGH, Urteil vom 17. März 2016 - IX ZR 142/14, WM 2016, 2091 Rn. 9). Deshalb muss der Anwalt die Zwangsvollstreckung mit besonderer Beschleunigung betreiben, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass eine Verzögerung zum Ausfall des Mandanten führen würde.
9
b) Das Berufungsgericht hat unangegriffen festgestellt, dass der Auftrag an die Widerbeklagte auch die Zwangsvollstreckung aus einem erlangten Titel beinhaltete und ein unverzüglich beantragter Pfändungs- und Überweisungsbeschluss noch im Juli 2012 der S. zugestellt worden wäre. Das Berufungsgericht hat weiter festgestellt, dass die Widerbeklagte die Kontoverbindung der F. GmbH bei der S. aus dem Zeichnungsschein der Geldanlage kannte, die Widerbeklagte von erfolgreichen Zwangsvollstreckungen gegen die F. GmbH noch im Februar und Mai 2012 wusste und dass die Widerbeklagte die Möglichkeit einer Insolvenz der F. GmbH und eines deshalb drohenden Forderungsausfalls kannte, nachdem die Widerbeklagte schon am 12. Januar 2011 im Internet unter anderem auf die Gefahr einer Insolvenz hingewiesen hatte. Die Verfahrensrügen, mit denen sich die Revision gegen diese Feststellungen wendet, hat der Senat geprüft, aber nicht für durchgreifend erachtet. Insoweit wird gemäß § 564 ZPO von einer Begründung abgesehen.
10
c) In dieser Lage war die Widerbeklagte verpflichtet, unverzüglich nach Erhalt der vollstreckbaren Ausfertigung die Forderungen der F. GmbH aus ihrer Geschäftsverbindung mit der S. zu pfänden, weil diese Vollstreckungsmaßnahme das schnellste Ergebnis versprach.
11
Mit der Kontoverbindung bei der S. war der Widerbeklagten pfändbares Vermögen bekannt. Zwar macht die Revision geltend, auf einem Konto, das im Zeichnungsschein für die Einzahlung der Geldanlage genannt sei, befinde sich erfahrungsgemäß kein Guthaben mehr, das im Rahmen einer Rückabwicklung der Anlage gepfändet werden könne. Es ist aber nicht entscheidend , ob die Widerbeklagte einen solchen Erfahrungssatz zugrunde legen durfte. Denn jedenfalls musste sie davon ausgehen, dass die F. GmbH nicht vermögenslos war, zumal die Widerbeklagte von erfolgreichen Zwangsvollstreckungen im Februar und Mai 2012 wusste. Die Kontoverbindung zur S. gab ihr einen deutlichen Anhaltspunkt dafür, wo sie Bestandteile des Vermögens der F. GmbH aufspüren konnte.
12
Der Vollstreckungsgläubiger kann die Guthaben sämtlicher von einem Kreditinstitut geführten Konten des Schuldners pfänden, ohne deren Kontonummern angeben zu müssen (vgl. BGH, Urteil vom 28. April 1988 - IX ZR 151/87, ZIP 1988, 871; Stein/Jonas/Würdinger, ZPO, 23. Aufl., § 829 Rn. 44). Die Pfändung des Kontoguthabens umfasst nicht nur das Guthaben am Tag der Zustellung des Pfändungsbeschlusses, sondern gemäß § 833a ZPO auch die Tagesguthaben der folgenden Tage. Auch ist der Anspruch auf Auszahlung eines zugesagten Darlehens mit dessen Abruf pfändbar (BGH, Urteil vom 29. März 2001 - IX ZR 34/00, BGHZ 147, 193, 195 ff; Beschluss vom 3. Dezember 2015 - IX ZR 131/15, WM 2016, 135 Rn. 3). Die Pfändung künftiger Forderungen ist möglich, wenn schon eine Rechtsbeziehung besteht, aus der die künftige Forderung nach ihrem Inhalt und nach der Person des Drittschuldners bestimmt werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 13. März 1981 - I ZR 5/79, BGHZ 80, 172, 181; BeckOK-ZPO/ Riedel, 2019, § 829 Rn. 7).
13
Schon das Wissen, dass die F. GmbH bei der S. ein Konto unterhielt, ermöglichte der Widerbeklagten also, auf potentielle Vermögenswerte der Schuldnerin im Wege der Forderungspfändung zuzugreifen. Eine solche Pfändung ist nicht rechtsmissbräuchlich (vgl. BGH, Beschluss vom 19. März 2004 - IXa ZB 229/03, WM 2004, 934, 935). Die Forderungspfändung hätte die Widerbeklagte nach Erhalt der vollstreckbaren Ausfertigung am 11. Juli 2012 ohne vermeidbare Verzögerung veranlassen müssen, weil sie Anhaltspunkte für eine bevorstehende Insolvenz der Schuldnerin hatte.
14
2. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht festgestellt, dass dem Widerkläger aus der Pflichtverletzung der Widerbeklagten ein Schaden entstanden ist.
15
a) Die Ursächlichkeit einer von dem anwaltlichen Berater begangenen Pflichtverletzung für einen dadurch angeblich entstandenen Schaden gehört zur haftungsausfüllenden Kausalität, für deren Nachweis die in § 287 ZPO vorgesehenen Beweiserleichterungen gelten. Deshalb reicht eine deutlich überwiegende , auf gesicherter Grundlage beruhende Wahrscheinlichkeit, dass ein Schaden entstanden sei, für die richterliche Überzeugungsbildung aus (BGH, Urteil vom 18. März 2004 - IX ZR 255/00, WM 2004, 2217, 2219 mwN; vgl. auch BGH, Beschluss vom 14. Juni 2012 - IX ZR 149/10, juris Rn. 2).
16

b) Diesen Maßstab hat das Berufungsgericht zugrunde gelegt und es als erwiesen angesehen, dass der Widerkläger bei sofortiger Zwangsvollstreckung nach Urteilserlass befriedigt worden wäre, weil die Zwangsvollstreckung für andere Mandanten im Februar und Mai 2012 erfolgreich war. Diese Bewertung wird von der Revision nicht angegriffen. Diese Forderungspfändung wäre noch im Juli 2012 und damit deutlich früher als die sich hinziehenden Vollstreckungsversuche des Gerichtsvollziehers erfolgt.
17
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, ein Rechtsanwalt, der eine zügige Zwangsvollstreckung unterlasse, müsse beweisen, dass es auch bei pflichtgemäßem Vorgehen zu keiner Befriedigung gekommen wäre. Diese Ansicht trifft zwar nicht zu (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Juli 2005 - IX ZR 66/03, juris Rn. 3 ff). Das angefochtene Urteil beruht aber nicht auf ihr, weil das Berufungsgericht keine Beweislastentscheidung getroffen, sondern sich auf seine Überzeugung von der Wahrheit der Behauptung des Widerklägers gestützt hat.
18
c) Ein Schaden des Widerklägers entfällt auch nicht deshalb, weil der Verwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der F. GmbH den Vollstreckungserlös im Wege der Insolvenzanfechtung vom Widerkläger herausverlangen könnte. Das Berufungsgericht hat die Voraussetzungen einer Anfechtung gemäß §§ 130 bis 132, 134 ff InsO verneint, was die Revision hinnimmt.
19
Eine Vorsatzanfechtung gemäß § 133 InsO hat das Berufungsgericht der Sache nach ausgeschlossen, weil sich eine Kenntnis der Widerbeklagten von einem Benachteiligungsvorsatz der F. GmbH nicht aus der InternetVeröffentlichung vom 12. Januar 2011 ergebe. Es kann dahinstehen, ob diese Feststellung mit der weiteren Feststellung des Berufungsgerichts vereinbar ist, die Widerbeklagte habe die Möglichkeit einer Insolvenz der F. GmbH und einen deshalb drohenden Forderungsausfall gekannt, weil sie schon am 12. Januar 2011 im Internet darauf hingewiesen habe, dass G. GmbH "vor dem Aus" stünden, starke Verluste erzielt worden seien und die Gefahr einer Insolvenz drohe.
20
Rechtsfehlerfrei ist jedenfalls die weitere, selbständig tragende Begründung des Berufungsgerichts, wonach keine ausreichende Wahrscheinlichkeit (§ 287 ZPO) dafür bestehe, dass der Insolvenzverwalter einen Anspruch aus Vorsatzanfechtung gegen den Widerkläger geltend gemacht hätte, wenn die Widerbeklagte pflichtgemäß gegen die F. GmbH vollstreckt hätte. Die Beweiswürdigung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. An dessen Feststellungen ist das Revisionsgericht gemäß § 559 Abs. 2 ZPO gebunden. Das Revisionsgericht kann lediglich überprüfen, ob sich der Tatrichter entsprechend dem Gebot des § 286 Abs. 1 ZPO mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 19/14, NJW 2016, 942 Rn. 32). Die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts entspricht diesen Anforderungen.
21
Einer Anfechtung der Befriedigung des Widerklägers durch Zwangsvollstreckung in das Vermögen der F. GmbH hätte im Übrigen auch entgegengestanden , dass es grundsätzlich an einer Rechtshandlung des Schuldners als Voraussetzung für die Anfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO fehlt, wenn der Gläubiger eine Befriedigung im Wege der Zwangsvollstreckung erlangt. Nach der Rechtsprechung des Senats kann eine im Rahmen oder aus Anlass einer Zwangsvollstreckung erfolgte Vermögensverlagerung zwar dann außer- halb des Drei-Monats-Zeitraums anfechtbar sein, wenn dazu zumindest auch eine selbstbestimmte Rechtshandlung des Schuldners beigetragen hat, mit der dieser die Vollstreckungsmaßnahme gefördert hat und dies die Qualifizierung der Vermögensverlagerung als Rechtshandlung des Schuldners rechtfertigt (vgl. BGH, Urteil vom 27. Mai 2003 - IX ZR 169/02, BGHZ 155, 75, 79; vom 10. Februar 2005 - IX ZR 211/02, BGHZ 162, 143, 147 ff; vom 1. Juni 2017 - IX ZR 114/16, ZInsO 2017, 1479 Rn. 6 f mwN). Für eine derartige Unterstützungshandlung des Schuldners oder eine der Handlung gleichstehende Unterlassung , die zum Erfolg der Vollstreckungsmaßnahme hätte beitragen können, ist aber im Streitfall nichts ersichtlich. Eine Anfechtung der Vollstreckung wegen vorsätzlicher Gläubigerbenachteiligung wäre deshalb auch unter diesem Gesichtspunkt nicht in Betracht gekommen.
Grupp Lohmann Pape
Möhring Schoppmeyer

Vorinstanzen:
LG Nürnberg-Fürth, Entscheidung vom 17.11.2014 - 6 O 3686/14 -
OLG Nürnberg, Entscheidung vom 21.12.2016 - 12 U 59/15 -

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(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Schadensersatz weg

Zivilprozessordnung - ZPO | § 287 Schadensermittlung; Höhe der Forderung


(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit e

Zivilprozessordnung - ZPO | § 286 Freie Beweiswürdigung


(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 559 Beschränkte Nachprüfung tatsächlicher Feststellungen


(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt

Insolvenzordnung - InsO | § 133 Vorsätzliche Benachteiligung


(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Tei

Insolvenzordnung - InsO | § 130 Kongruente Deckung


(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, 1. wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, we

Zivilprozessordnung - ZPO | § 564 Keine Begründung der Entscheidung bei Rügen von Verfahrensmängeln


Die Entscheidung braucht nicht begründet zu werden, soweit das Revisionsgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 547.

Insolvenzordnung - InsO | § 134 Unentgeltliche Leistung


(1) Anfechtbar ist eine unentgeltliche Leistung des Schuldners, es sei denn, sie ist früher als vier Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden. (2) Richtet sich die Leistung auf ein gebräuchliches Gelegenheitsg

Zivilprozessordnung - ZPO | § 833a Pfändungsumfang bei Kontoguthaben


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(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

9
aa) Ein Rechtsanwalt ist im Rahmen des ihm erteilten Mandates verpflichtet , den Auftraggeber umfassend zu belehren, seine Belange nach jeder Richtung wahrzunehmen und seinen Auftrag so zu erledigen, dass Nachteile für den Mandanten möglichst vermieden werden. Droht dem Mandanten ein Rechtsverlust, hat er diesem durch geeignete Maßnahmen entgegenzuwirken (vgl. etwa BGH, Urteil vom 18. März 1993 - IX ZR 120/92, WM 1993, 1376, 1377; Vill in G. Fischer/Vill/D. Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch der Anwaltshaftung , 4. Aufl., § 2 Rn. 51). Der Mandant kann von ihm die Kenntnis der einschlägigen Rechtsnormen erwarten, bei deren Auslegung er sich grundsätzlich an der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu orientieren hat. Hinweise, Belehrungen und Empfehlungen sind in der Regel an der höchstrichterlichen Rechtsprechung auszurichten (BGH, Urteil vom 28. September 2000 - IX ZR 6/99, BGHZ 145, 256, 263; vom 6. November 2008 - IX ZR 140/07, BGHZ 178, 258 Rn. 9). Fehlt eine höchstrichterliche Rechtsprechung, kann der Rechtsanwalt sich die erforderlichen Kenntnisse etwa durch Einsichtnahme in eines der üblichen Erläuterungsbücher verschaffen (Vill, aaO § 2 Rn. 84; Fahrendorf in Fahrendorf /Mennemeyer/Terbille, Die Haftung des Rechtsanwalts, 8. Aufl., Rn. 527). Ungewöhnliche Fallgestaltungen, die weder Gegenstand einer höchstrichterlichen oder instanzgerichtlichen Entscheidung waren noch in einem der gängigen Kommentare oder Lehrbüchern behandelt wurden, hat er auf der Grundlage eigener, juristisch begründeter Überlegungen zu bearbeiten.

Die Entscheidung braucht nicht begründet zu werden, soweit das Revisionsgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 547.

Die Pfändung des Guthabens eines Kontos bei einem Kreditinstitut umfasst das am Tag der Zustellung des Pfändungsbeschlusses bei dem Kreditinstitut bestehende Guthaben sowie die Tagesguthaben der auf die Pfändung folgenden Tage.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 34/00 Verkündet am:
29. März 2001
Bürk
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
Die Ansprüche des Bankkunden gegen das Kreditinstitut aus einem vereinbarten
Dispositionskredit ("offene Kreditlinie") sind, soweit der Kunde den Kredit in Anspruch
nimmt, grundsätzlich pfändbar.
BGH, Urteil vom 29. März 2001 - IX ZR 34/00 - OLG Hamm
LG Essen
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 30. November 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Kreft und die
Richter Stodolkowitz, Dr. Zugehör, Dr. Ganter und Raebel

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 31. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 22. November 1999 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Das klagende Land erließ am 2. April 1998 durch das zuständige Finanzamt wegen einer Steuerforderung gegen T. W. (im folgenden: Vollstrekkungsschuldner ) in Höhe von damals rd. 59.000 DM eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung , durch die alle Ansprüche des Steuerschuldners gegen die verklagte Sparkasse, bei der dieser u.a. ein Girokonto mit der Nummer ... unterhielt , unter Anordnung der Einziehung gepfändet wurden. Die Verfügung bezog sich u.a. auf "alle dem Vollstreckungsschuldner gegenwärtig und künftig
gegen ... (die Beklagte) zustehenden Ansprüche ... auf ... Auszahlung, Gutschrift oder Überweisung an sich und an Dritte von Kreditmitteln aus bereits abgeschlossenen und künftigen Kreditverträgen (z.B. Kredit oder Überziehungskredit ohne besondere Zweckbindung oder Kredit für betriebliche Zwekke , falls Betriebssteuern geschuldet werden)". Das genannte Konto wies damals einen Soll-Saldo von 32.563,10 DM aus, der bis zum 12. Juni 1998 auf 22.956,51 DM zurückgeführt wurde. In diesem Zeitraum wurden aufgrund von Verfügungen des Vollstreckungsschuldners insgesamt 146.969,82 DM von dem Konto abgebucht. Die Beklagte überwies insgesamt 18.000 DM an das Finanzamt; im übrigen wies das Konto kein Guthaben aus. Der Kläger verlangt von der Beklagten Begleichung der jetzt noch bestehenden Steuerschuld von 37.601,25 DM mit der Begründung, in dieser Höhe hätte die Beklagte wegen der Pfändung keine Verfügungen über das Konto zulassen dürfen.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger den Klageanspruch weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.

I.


Das Berufungsgericht hat den Vortrag des Klägers als richtig unterstellt, die Beklagte habe sich, nachdem sie die Pfändungs- und Einziehungsverfügung erhalten habe, mit dem Vollstreckungsschuldner darauf verständigt, daß dieser trotz des negativen Kontostands Barabhebungen und Überweisungen vornehmen und das Konto mit Lastschriften, "Kartenzahlungen" und sonstigen Verfügungen belasten dürfe. In diesem Sachverhalt hat das Berufungsgericht zu Recht die vertragliche Einräumung eines Dispositionskredits gesehen, die die Beklagte verpflichtete, die Geldmittel für die Kontoverfügungen des Vollstreckungsschuldners bereitzustellen. Das Berufungsgericht hat jedoch gemeint , die sich daraus ergebenden Ansprüche des Vollstreckungsschuldners gegen die Beklagte seien von der Pfändung nicht erfaßt worden. Diese rechtliche Beurteilung trifft nicht zu.
1. Die Zusage der Beklagten, Verfügungen über das Konto auch dann zuzulassen, wenn sie nicht durch ein Guthaben abgedeckt waren, gab dem Vollstreckungsschuldner, soweit er sich entschloß, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen, und solange der Kreditvertrag bestand, einen Anspruch darauf, den jeweils durch Barabhebung, Ausstellung einer Überweisung oder in sonstiger Weise angeforderten - "abgerufenen" - Geldbetrag darlehensweise zur Verfügung gestellt zu bekommen. Eine Pflicht zur Inanspruchnahme dieser Kreditmöglichkeit, mit der gleichzeitig die entsprechende Rückzahlungsverpflichtung des Vollstreckungsschuldners begründet wurde, bestand für diesen freilich nicht. Es spricht deshalb viel für die Annahme, daß bei einem derartigen Dispositionskredit bis zum jeweiligen Abruf noch kein Anspruch auf Auszahlung
gegen die Bank besteht, der einem Abtretungsempfänger oder einem Pfandgläubiger das Recht geben könnte, sich ohne Mitwirkung des Kontoinhabers die für diesen bereitgestellten Kreditmittel auszahlen zu lassen. Aus diesem Grund wird im Schrifttum überwiegend angenommen, das Recht zum Abruf eines Dispositionskredits sei weder selbständig pfändbar noch werde es von einer Pfändung des Auszahlungsanspruchs erfaßt (vgl. Wagner WM 1998, 1659 f m. umfangr. Nachw.; a.A. Grunsky JZ 1985, 491; vgl. auch ders. ZZP 95 [1982], 264, 271 ff). Darauf ist hier nicht weiter einzugehen. Eine Pflicht des Kreditinstituts zur Auszahlung besteht jedenfalls, sobald und soweit der Kontoinhaber durch eine entsprechende Verfügung (Verlangen nach Barauszahlung , Ausstellung eines Überweisungsauftrags und dergl.) in Höhe eines bestimmten Geldbetrages die Kreditzusage in Anspruch nimmt. Ein sich daraus ergebender Auszahlungsanspruch des Kreditnehmers läßt sich nicht deswegen verneinen, weil seine Entstehung mit der Inanspruchnahme des Kredits - etwa durch Verlangen nach Auszahlung oder durch Überweisung - zusammenfiele (unzutreffend OLG Schleswig NJW 1992, 579, 580). Dies ist schon aus tatsächlichen Gründen nicht der Fall; denn der Auszahlungshandlung der Bank geht der Abruf durch den Kunden immer voraus (vgl. Gaul KTS 1989, 3, 16 f).
2. Der Kläger hat die durch die Kontoverfügungen des Vollstreckungsschuldners entstandenen Kreditauszahlungsansprüche wirksam gepfändet.

a) Bei Erlaß der Pfändungs- und Überweisungsverfügung vom 2. April 1998 bestanden diese Ansprüche zwar noch nicht. Pfändbar sind jedoch auch zukünftige Forderungen, wenn schon eine Rechtsbeziehung zwischen Schuldner und Drittschuldner besteht, aus der die spätere Forderung nach ihrem Inhalt und der Person des Drittschuldners bestimmt werden kann (BGHZ 53, 29,
32). Das war hier entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung aufgrund des Krediteröffnungsvertrags der Fall. Die Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 2. April 1998 führte als gepfändet u.a. ausdrücklich Ansprüche "aus bereits abgeschlossenen und künftigen Kreditverträgen" auf, wobei erläuternd insbesondere Überziehungskredite erwähnt waren. Damit erstreckte sich die Pfändung auf im Zusammenhang mit dem Girovertrag eingeräumte, erst später entstehende oder fällig werdende Kreditauszahlungsansprüche.

b) Der Anspruch auf Auszahlung eines zugesagten Darlehens ist grundsätzlich abtretbar und damit auch pfändbar (BGH, Urt. v. 26. April 1978 - VIII ZR 18/77, JR 1978, 419, 420). Eine Pfändung des Anspruchs erfaßt den Darlehensbetrag als solchen und nicht nur die zeitweilige Nutzung des Kapitals (so Häuser ZIP 1983, 891, 899 f; Olzen ZZP 97 [1984], 1, 7 ff; anders aber wohl ders. EWiR 1994, 517, 518). Es trifft zwar zu, daß die Gewährung eines Darlehens, da es zurückgezahlt werden muß, wirtschaftlich nur eine Kapitalnutzung bedeutet. Gegenstand der Zwangsvollstreckung sind aber nicht wirtschaftliche Vorteile, sondern die dem Schuldner gehörenden Vermögensgegenstände. Der durch den Darlehensvertrag begründete Anspruch richtet sich auf die Verschaffung einer bestimmten Geldsumme (Gaul KTS 1989, 3, 11; Lwowski, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch, 1997, § 33 Rdnr. 43). Deren Auszahlung belastet den Darlehensnehmer zwar mit der Rückzahlungsverpflichtung. Das schmälert aber die dem Zugriff in der Zwangsvollstreckung unterliegende Auszahlungsforderung als solche nicht; denn den erst später fällig werdenden Rückzahlungsanspruch kann der Darlehensgeber der gegen ihn gerichteten Forderung auf Auszahlung nicht in Form eines Zurückbehaltungsrechts entgegenhalten.

c) Im Schrifttum wird teilweise angenommen, ein Dispositionskredit sei zweckgebunden und aus diesem Grund nicht pfändbar. Das Kreditinstitut stelle dem Kunden den Kredit nicht schlechthin, sondern nur unter der Voraussetzung zur Verfügung, daß er seine wirtschaftliche Position durch Nutzung des Kapitals stärke und damit zugleich die Chancen der Bank erhöhe, das Geld zurückzuerhalten (Erman, Gedächtnisschrift für Rudolf Schmidt, 1966, S. 261, 267 f); zwischen der Bank und dem Kunden bestehe ein besonderes Vertrauensverhältnis und der Dispositionskredit stehe ausschließlich zur Verfügung des Schuldners (Lwowski/Weber ZIP 1980, 609, 611; Nassall NJW 1986, 168 f; im Ergebnis auch Ensthaler/Herget, Gemeinschaftskommentar zum HGB 5. Aufl. § 357 Rdnr. 11; Rosenberg/Schilken, Zwangsvollstreckungsrecht 10. Aufl. § 54 I 1 a bb). Es wird auch die Ansicht vertreten, der Zugriff auf ein Unternehmenskonto sei auf betriebliche Gläubiger beschränkt (Bauer DStR 1982, 280, 281 f; Carl DStR 1988, 765, 769).
Nach § 851 Abs. 1 ZPO ist eine Forderung nicht pfändbar, soweit sie nicht abtretbar ist. Bei einer vereinbarten Zweckbindung, mit der die Zahlung an den ursprünglichen Gläubiger zum Leistungszweck gemacht wird (§ 399 Alt. 1 BGB), ist die Forderung trotz des weitergehenden Wortlauts des § 851 Abs. 2 ZPO jedenfalls dann unpfändbar, wenn die Bindung treuhänderischen Charakter hat (BGHZ 94, 316, 322; BGH, Urt. v. 30. März 1978 - VII ZR 331/75, LM ZPO § 851 Nr. 3; v. 16. Dezember 1999 - IX ZR 270/98, WM 2000, 264, 265). Von einer treuhänderischen Bindung kann bei einem bankgeschäftlichen Dispositionskredit nicht ohne weiteres die Rede sein. Darüber hinaus fehlt es bei ihm überhaupt an einer vereinbarten Zweckbindung, wenn die Bank dem Kontoinhaber das Kapital zur freien Verfügung überläßt.

d) Der Kontoinhaber, der von einer vereinbarten Kreditlinie Gebrauch macht, indem er zu Lasten seines debitorischen Kontos Geld abhebt oder an andere überweist, tut dies nicht, um dadurch einem (anderen) Gläubiger die Möglichkeit des Zugriffs auf dieses Geld zu verschaffen. Deshalb wird gegen die Annahme der Pfändbarkeit solcher Geldmittel eingewandt, dem Vollstrekkungsschuldner werde auf diese Weise ein letztlich - wegen der Verwendung des Geldes für einen von ihm nicht bestimmten Zweck - nicht gewollter Kredit aufgedrängt. Das sei von der Privatautonomie nicht gedeckt; die Höchstpersönlichkeit des Rechts zum "Abruf" des Kredits müsse daher auch die Bestimmung des Zwecks der Kreditaufnahme einbeziehen (Lwowski/Bitter, WMFestgabe für Thorwald Heller, Sonderheft vom 9. Mai 1994, S. 57, 70; dies. WuB VI E. § 829 ZPO 2.96 S. 1331; LG Münster WM 1996, 1847; Lwowski, Bankrechtshandbuch aaO § 33 Rdnr. 54).
Dieser Einwand gegen die Pfändbarkeit ist nicht tragfähig. Eine einseitige Zweckbestimmung, die der Drittschuldner einer trotz vorangegangener Pfändung an den Vollstreckungsschuldner geleisteten Zahlung gibt, schließt die sich aus den §§ 135, 136 ZPO ergebenden Folgen nicht aus (BGH, Urt. v. 20. November 1997 - IX ZR 152/96, WM 1998, 40, 43). Für eine Zweckbestimmung des Vollstreckungsschuldners kann nichts anderes gelten; die Privatautomie gebietet bei der Inanspruchnahme einer Kreditzusage keinen solchen Schutz des Vollstreckungsschuldners. Dieser könnte anderenfalls bestimmen, daß der durch den "Abruf" seinem Vermögen einverleibte Auszahlungsanspruch gegen das Kreditinstitut trotz des Vollstreckungszugriffs eines Gläubigers nicht diesem zufließen, sondern zugunsten eines anderen Gläubigers verwendet oder das Geld statt dessen an ihn, den Schuldner selbst, ausgezahlt werden solle. Damit wäre ihm gestattet, einen Teil seines Vermögens der Voll-
streckung zu entziehen. Bei Auszahlung an einen anderen wäre das Geld für den vollstreckenden Gläubiger verloren; bei Auszahlung an den Schuldner wäre die Vollstreckung zumindest wesentlich erschwert (so zu Recht Olzen EWiR 1994, 518). Auch wenn der Schuldner nicht verpflichtet ist, zur Begleichung seiner Schuld einen Kredit aufzunehmen, bedeutet das nicht, daß er unter Ausschaltung des Vollstreckungsgläubigers einen tatsächlich aufgenommenen Kredit anderweitig verwenden dürfte. Das wäre mit Sinn und Zweck der Zwangsvollstreckung, der grundsätzlich das gesamte Vermögen des Schuldners unterliegt, nicht vereinbar.

e) Der sich aus der Kreditzusage ergebende Auszahlungsanspruch des Kontoinhabers wird durch das bankrechtliche Pfandrecht, das auch an Ansprüchen des Kunden gegen das Kreditinstitut bestehen kann (Nr. 21 Abs. 1 AGBSparkassen ; Nr. 21 Abs. 1 AGB-Banken), nicht berührt. Der Kredit soll die Liquidität des Kreditnehmers erhöhen. Damit wäre es nicht vereinbar, wenn die zur Verfügung gestellten Mittel sofort wieder zur Abdeckung anderweitiger Ansprüche der Bank gegen den Kunden abgeschöpft würden (Gaul KTS 1989, 3, 26 m.w.N.; Wagner WM 1998, 1657, 1666).

f) Das Berufungsgericht hat die Klage letztlich wegen der nach seiner Meinung nicht hinnehmbaren Auswirkungen abgewiesen, die die Pfändung eines Dispositionskredits haben könne: die Bank, die trotz der Pfändung den jeweiligen Betrag an ihren Kunden auszahle oder anderweitig überweise, müßte ihn an den Vollstreckungsgläubiger ein zweites Mal zahlen und der Vollstrekkungsschuldner hätte ihr dementsprechend den Betrag zweifach zu erstatten; ferner hätte die Pfändung eine Blockade des Kontos zur Folge, die mit Sinn und Zweck einer Zwangsvollstreckung kaum mehr vereinbar sei. Diese Ausfüh-
rungen greifen Ä ußerungen im Schrifttum und in der Instanzrechtsprechung auf, die mit gleichen (Lwowski/Bitter, WM-Festgabe für Thorwald Heller aaO S. 70 f; Lwowski, Bankrechtshandbuch aaO § 33 Rdnr. 54 f; Nassall NJW 1986, 168, 169; Ensthaler/Herget aaO § 357 Rdnr. 11; OLG Schleswig NJW 1992, 579, 580) oder ähnlichen Erwägungen (Lwowski/Weber ZIP 1980, 609, 611 f: es handle sich um eine Zwangsumschuldung und der Gläubiger werde letztlich mit dem "Geld der Bank" befriedigt) von einer Bewertung der Interessenlage her die Zulassung einer solchen Pfändung ablehnen. Die dort vorgetragenen Bedenken sind jedoch unbegründet.
Eine zweimalige Zahlung kann die Bank dadurch vermeiden, daß sie die Pfändung beachtet. Eine "Zwangsumschuldung" ist damit nicht verbunden. Ohne besondere Zweckvereinbarung muß es der Bank gleichgültig sein, an wen sie den Kreditbetrag auszahlt; sie könnte dann auch nichts dagegen einwenden , wenn ihr Kreditnehmer das Geld freiwillig zur Befriedigung dieses bestimmten Gläubigers verwenden würde. Zahlt die Bank den Geldbetrag trotzdem nicht an den Vollstreckungsgläubiger, sondern nach der Weisung des Schuldners aus, dann besteht zwar für diesen eine doppelte Zahlungspflicht. Aber die zusätzliche Belastung wird dadurch ausgeglichen, daß der Vollstrekkungsschuldner von seiner Verbindlichkeit gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger befreit worden ist.
Es trifft zu, daß das Girokonto des Bankkunden - insbesondere des Kaufmanns - heute zum "Knotenpunkt seiner Zahlungsströme" (Wagner ZIP 1985, 849, 856), zur "Drehscheibe des Zahlungsverkehrs" (Häuser WM 1990, 129) geworden ist. Dementsprechend kann der Schuldner besonders empfindlich getroffen werden, wenn im Wege der Vollstreckung an dieser Stelle zuge-
griffen wird. Es stimmt auch, daß die Pfändungsmaßnahme sich als allgemeine "Verfügungssperre" (so das Berufungsgericht) auswirken kann, sei es, daß der Schuldner nunmehr von Verfügungen absieht, sei es, daß die Bank die Pfändung zum Anlaß nimmt, den Kredit zu kündigen (vgl. Nr. 26 Abs. 2 d AGBSparkassen ; Nr. 19 Abs. 3 AGB-Banken). Gelegentlich wird den Kreditinstituten in der Literatur ausdrücklich empfohlen, im Fall einer Kontenpfändung "das Konto zu sperren" (Lwowski, Bankrechtshandbuch § 33 Rdnr. 55; Lwowski /Bitter WuB VI E. § 829 ZPO 2.96 S. 1332). Diese einschneidenden Folgen einer Pfändung in die vereinbarte Kreditlinie rechtfertigen es indessen nicht, die Vollstreckung vor dieser Maßnahme haltmachen zu lassen. Gerade weil das laufende Konto der Kristallisationspunkt der Geldbewegungen des Kontoinhabers ist, muß der vollstreckende Gläubiger darauf zugreifen können. Wenn kaum noch Bargeld "in die Tasche" des Schuldners gelangt, stellt es keine ausreichende (schonendere) Alternative dar, den Gläubiger auf die Möglichkeit der Pfändung des Geldes nach Auszahlung vom - überzogenen - Konto zu verweisen. Da ihm die Herkunft der auf das Konto gelangenden Gelder oft unbekannt ist, hilft es ihm auch wenig, wenn ihm der Zugriff "an der Quelle" (Canaris, Bankvertragsrecht 4. Aufl., Rdnr. 190; Häuser, WM 1990, 129) angeraten wird; diese kann zudem durch Sicherungsabtretungen - nicht selten zugunsten der Hausbank - bereits verstopft sein (Wagner WM 1998, 1657, 1665). Die staatliche Aufgabe der Zwangsvollstreckung würde unvertretbar eingeschränkt, wenn der Schuldner im Zusammenwirken mit der Bank durch ein debitorisch geführtes Konto die Befriedigung des vollstreckenden Gläubigers vereiteln und das ihm von der Bank zur Verfügung gestellte Geld dort einsetzen könnte, wo er es für sinnvoller hält (so zu Recht Wagner WM 1998, 1657, 1664). Der Schuldner kann sich aus der durch die Zwangsvollstreckungsmaßnahme herbeigeführten "Blockade" befreien, indem er den ihm zur Verfügung stehenden Kredit zur Be-
friedigung des pfändenden Gläubigers einsetzt. Das verstößt nicht gegen Sinn und Zweck der Zwangsvollstreckung. Wer seinen Zahlungsverkehr ausschließlich mit Hilfe von Kredit abwickelt, muß es sich gefallen lassen, die ihm auf diese Weise zur Verfügung stehenden Geldmittel erst dann weiter nutzen zu können , wenn er daraus den pfändenden Gläubiger befriedigt hat.
Die Vollstreckungsmaßnahme muß nicht zwangsläufig eine Blockade des Kontos und damit bei einem Schuldner, der über keine sonstige Liquidität mehr verfügt, die Insolvenz herbeiführen. Die Bank wird das Konto schwerlich unabhängig von der Größe des Pfändungsbetrages sperren. Entscheidend wird immer eine Bonitätsprüfung unter Berücksichtigung vorhandener Sicherheiten sein. Es besteht für die Bank auch die Möglichkeit, ihrem Kunden einen treuhänderisch gebundenen Sanierungskredit zu gewähren, um auf diese Weise den unmittelbaren Zugriff der Gläubiger auf die Geldmittel zu verhindern. Ist der Kunde nach Einschätzung durch die Bank in keiner Weise mehr kreditwürdig , dann kann es freilich zur Zahlungseinstellung und damit zur Insolvenz des Vollstreckungsschuldners kommen. Das ist jedoch keine schlechthin unangemessene Folge der Pfändungsmaßnahme und zwingt nicht zu einer Einschränkung der Einzelzwangsvollstreckung. Je nach Größe der Forderung, derentwegen vollstreckt wird, kann schon darin, daß sie nicht beglichen wird, die Zahlungsunfähigkeit zum Ausdruck kommen. Es erscheint nicht unter allen Umständen wünschenswert, ein sich am Rande der Insolvenz bewegendes Unternehmen allein mit Hilfe eines ständig debitorisch geführten Bankkontos am Leben zu erhalten und auf diese Weise die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zu verzögern.

g) Die Revisionserwiderung macht geltend, § 309 AO sehe die Möglichkeit der Pfändung einer aus einer Kreditzusage entstehenden zukünftigen Forderung nicht vor. Unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten müßten steuerbegründende Tatbestände so bestimmt gefaßt sein, daß der Steuerpflichtige die auf ihn entfallende Steuerlast im voraus berechnen könne. Der gleiche Grundsatz gelte auch, wenn eine Steuerrechtsnorm wegen einer Steuerforderung in Rechtsbeziehungen zwischen dem Steuerpflichtigen und einem Dritten eingreife. Zumindest für diesen müßten Inhalt und Umfang der Eingriffsbefugnis klar erkennbar sein. Dies sei hier nicht der Fall; das führe zur Unwirksamkeit der Pfändungsmaßnahme.
Dieser Einwand ist schon deswegen verfehlt, weil im Rechtsstreit zwischen dem Gläubiger und dem Drittschuldner die Existenz eines Pfändungsbeschlusses oder einer Pfändungsverfügung hingenommen werden muß, sofern dieser öffentlich-rechtliche Akt nicht nichtig ist (vgl. BGHZ 66, 79, 80 f). Letzteres trifft für die Pfändungs- und Einziehungsverfügung des Klägers ersichtlich nicht zu. Sodann hat die Zwangsvollstreckungsbefugnis der Finanzbehörden keine andere Qualität als die des Vollstreckungsgerichts. Die für die Pfändung von zukünftigen Forderungen geltenden Vollstreckungsvorschriften der Abgabenordnung stimmen inhaltlich mit denen der Zivilprozeßordnung überein; nur das Vollstreckungsverfahren unterscheidet sich von demjenigen der Zivilprozeßordnung dadurch, daß das Finanzamt als Gläubiger selbst die Vollstrekkungsmaßnahmen erlassen kann (BGHZ 49, 197, 199; vgl. auch Tipke/Kruse, AO 9. Aufl. § 309 Rdnr. 3; Klein, AO 7. Aufl. § 309 Rdnr. 8 ff). Ob die gepfändete Forderung hinreichend bestimmt oder bestimmbar ist, ist nicht anders zu beurteilen als bei der Pfändung nach der Zivilprozeßordnung. Die insoweit geltenden Voraussetzungen sind hier, wie oben ausgeführt worden ist, erfüllt.
In die Rechte der Beklagten als Drittschuldnerin ist nicht unangemessen eingegriffen worden, weil ihre Rechtsstellung dem Kläger gegenüber keine schlechtere ist als gegenüber ihrem Kreditnehmer. Den Nachteil, doppelt zahlen und deshalb beim Vollstreckungsschuldner zusätzlich Rückgriff nehmen zu müssen, hätte sie durch Beachtung der Pfändung vermeiden können.

II.


Das Berufungsurteil ist danach aufzuheben. Die Sache ist nicht entscheidungsreif. Die Beklagte hat bestritten, mit dem Vollstreckungsschuldner vereinbart zu haben, er könne über das Konto trotz fehlender Deckung verfügen. Die bloße Duldung einer Kontoüberziehung gibt nach der Rechtsprechung des Senats dem Kunden gegen die Bank keinen pfändbaren Anspruch auf
Kredit (BGHZ 93, 315, 325). Damit die insoweit erforderlichen tatsächlichen Feststellungen getroffen werden können, ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Kreft Stodolkowitz Zugehör
Ganter Raebel
3
Der Anspruch auf Auszahlung eines zugesagten Darlehens ist mit dessen Abruf pfändbar (BGH, Urteil vom 25. Oktober 2007 - IX ZR 157/06, WM 2008, 168 Rn. 14). Vor dem Abruf des Kontoinhabers ist kein Anspruch auf Auszahlung gegen die Bank vorhanden, der einem Abtretungs- oder Pfändungsgläubiger das Recht geben könnte, sich ohne Mitwirkung des Kontoinhabers Kreditmittel auszahlen zu lassen (BGH, Urteil vom 22. Januar 2004 - IX ZR 39/03, BGHZ 157, 350, 356). Das Pfandrecht des beklagten Landes ist folglich erst mit dem Abruf der Kreditmittel durch die Überweisungsaufträge und damit durch eine gemäß § 133 Abs. 1 InsO anfechtbare Rechtshandlung des Schuldners entstanden. War die Überweisung nicht durch ein insolvenzfestes Pfändungspfandrecht des beklagten Landes gedeckt, so liegt eine objektive Gläubigerbenachteiligung vor, weil auch die Zahlung mit Mitteln eines vom Schuldner abgerufenen Dispositionskredits gläubigerbenachteiligende Wirkung hat (BGH, Urteil vom 9. Juni 2011 - IX ZR 179/08, WM 2011, 1343 Rn. 20; vom 14. Juni 2012 - IX ZR 145/09, WM 2012, 1401 Rn. 22).

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt werden.

(2) Hat das Berufungsgericht festgestellt, dass eine tatsächliche Behauptung wahr oder nicht wahr sei, so ist diese Feststellung für das Revisionsgericht bindend, es sei denn, dass in Bezug auf die Feststellung ein zulässiger und begründeter Revisionsangriff erhoben ist.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

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aa) Die Beweiswürdigung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. An dessen Feststellungen ist das Revisionsgericht gemäß § 559 Abs. 2 ZPO gebunden. Das Revisionsgericht kann lediglich überprüfen, ob sich der Tatrichter entsprechend dem Gebot des § 286 Abs. 1 ZPO mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (BGH, Urteil vom 22. Mai 2014 - I ZR 109/13, TranspR 2015, 33 Rn. 15 mwN). Die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts entspricht diesen Anforderungen.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

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1. Die Anfechtung gemäß § 133 Abs. 1 InsO setzt eine Rechtshandlung des Schuldners und damit dessen willensgeleitetes, verantwortungsgesteuertes Handeln voraus. Der Schuldner muss darüber entscheiden können, ob er eine Leistung erbringt oder verweigert. Grundsätzlich fehlt es an einer solchen Rechtshandlung des Schuldners, wenn der Gläubiger eine Befriedigung im Wege der Zwangsvollstreckung erlangt.