|
|
| Mit seiner Klage verlangt der Kläger von der Beklagten unter dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung und des Schadensersatzes wegen Verschuldens bei Vertragsabschluss die Rückzahlung vermeintlich rechtsgrundlos gezahlter Versicherungsprämien im Gesamtbetrag von 8.525,44 EUR zu einer Rentenversicherung zuzüglich Verzinsung für die Zeit vom 1.3.1999 bis 31.5.2012 i. H. v. 4.488,80 EUR. Einen von der Beklagten als „Rückkaufswert“ ausgekehrten Betrag in Höhe von 7.821,70 EUR lässt sich der Kläger anrechnen. Hierdurch errechnet sich per Saldo in der Hauptsache ein klageweise geltend gemachter Forderungsbetrag von 5.192,54 EUR. Hieraus verlangt der Kläger weiter laufende Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz. Daneben verlangt er Erstattung vorgerichtlich aufgewandter Rechtsanwaltskosten in Höhe von 667,35 EUR nebst Rechtshängigkeitszinsen in gesetzlicher Höhe. |
|
| Der Kläger hatte die Rentenversicherung aufgrund seines Antrags vom 26.1.1999 mit Wirkung zum 1.3.1999 bei der Beklagten abgeschlossen. Mit Anwaltsschreiben vom 10.12.2009 ließ der Kläger dem Vertragsabschluss unter Bezugnahme auf § 5 a VVG in der bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung (im Folgenden: „VVG a. F.“) widersprechen, hilfsweise den Versicherungsvertrag kündigen. |
|
| Die Beklagte wies den Widerspruch zurück, ließ die Kündigung jedoch gelten. Sie bezifferte den Rückkaufswert mit Schreiben vom 30.12.2009 auf 8.264,97 EUR, von dem sie Kapitalertragssteuer in Höhe von 443,27 EUR abzog und den Rest in Höhe von 7.821,70 EUR an den Kläger ausbezahlte. |
|
| Der Kläger macht geltend, die erforderliche Widerspruchsbelehrung sei in drucktechnischer Hinsicht nicht hinreichend hervorgehoben gewesen; außerdem benenne sie die „fristauslösenden Unterlagen“ nicht zutreffend. Sie liste nämlich mehr Unterlagen auf, als für die Ingangsetzung der Widerspruchsfrist erforderlich. Der juristisch nicht vorgebildete Verbraucher könne sich daher kein zutreffendes Bild davon machen, ob mit der Übersendung der Unterlagen die Frist bereits zu laufen begonnen habe oder nicht. Wegen dieser formalen und inhaltlichen Mängel der Widerspruchsbelehrung sei die Widerspruchsfrist gem. § 5 a VVG a. F. nicht in Gang gesetzt worden. Der Vertragsabschluss sei auch nicht gemäß der Regelung in § 5 a Abs. 2 S. 4 VVG a. F. nach Ablauf eines Jahres nach Zahlung der Erstprämie wirksam geworden. Diese Vorschrift widerspreche europäischem Gemeinschaftsrecht, wie im Übrigen das gesamte § 5 a Abs. 1, Abs. 2 S. 1 VVG a. F. zu Grunde liegende Vertragsschlussmodell („Policenmodell“). Ihm habe deshalb noch im Dezember 2009 ein Widerspruchsrecht zugestanden, das er wirksam ausgeübt habe. Folge des ausgeübten Widerspruchsrechts sei der Wegfall des Rechtsgrundes für das Behaltendürfen der gezahlten Versicherungsprämien und der daraus gezogenen Nutzungen in Höhe des gesetzlichen Zinssatzes. |
|
| Hilfsweise, nämlich für den Fall, dass der Versicherungsvertrag wider Erwarten doch wirksam zu Stande gekommen sein sollte, begehrt der Kläger im Wege der Stufenklage, einen bislang noch nicht ausgezahlten Teil des Rückkaufswertes an ihn auszukehren. Der Umstand, dass die Beklagte bei einem Gesamtbetrag gezahlter Prämien von 8.525,44 EUR lediglich 7.821,70 EUR als Rückkaufswert an den Kläger ausbezahlt habe, lasse vermuten, dass die Beklagte unzulässig Abschlusskosten nach dem Zillmerungsverfahren zuzüglich sog. Stornokosten abgezogen habe. Hierüber müsse die Beklagte vorab Auskunft erteilen, um die Bezifferung des restlichen Rückkaufswertes zu ermöglichen. |
|
| Die Beklagte trat dem Klagebegehren entgegen. |
|
| Wegen des Parteivorbringens im ersten Rechtszug im Einzelnen wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen. |
|
| Das Landgericht wies die Klage ab, maßgeblich mit der Begründung, der Versicherungsvertrag sei wirksam zu Stande gekommen. Der Kläger habe das ihm zustehende Widerspruchsrecht nicht fristgemäß ausgeübt. |
|
| Eine Ergänzung des bisher ausgezahlten Rückkaufswertes komme nicht in Betracht, da der Kläger in jedem Fall mehr als den ihm nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung zustehenden Betrag - die Hälfte des ungezillmerten Deckungskapitals - erhalten habe. |
|
| Wegen der getroffenen tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts und seiner rechtlichen Erwägungen wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen. |
|
| Unter Bezugnahme auf sein bisheriges Vorbringen und dessen vertiefender Wiederholung verfolgt der Kläger mit seiner Berufung sein erstinstanzliches Begehren in vollem Umfang weiter. |
|
|
|
| unter Abänderung des am 04.09.2013 verkündeten Urteils des Landgerichts Stuttgart, Az: 18 0 260/13: |
|
|
|
|
|
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 5.192,54 nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. |
|
|
|
|
|
|
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Rechtsanwaltskosten für die außergerichtliche Tätigkeit in Höhe von EUR 667,35 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. |
|
|
| hilfsweise für den Fall, dass sich das Gericht den Ausführungen zu § 5 a VVG a.F. nicht anschließt: |
|
|
|
|
|
Die Aussetzung des Verfahrens in entsprechender Anwendung des § 148 ZPO bis zu einer Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union über die im Verfahren vor dem Bundesgerichtshof - IV ZR 76/11 - mit Beschluss vom 28.03.2012 vorgelegten und hier ebenfalls gegenständlichen Rechtsfragen. |
|
|
| Weiterhin wird höchst hilfsweise, für den Fall daß sich das Gericht die Hauptanträge zu Ziffer I. und II. abweisen sollte, beantragt: |
|
| IV. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Auskunft |
|
|
|
|
|
über das zum Zeitpunkt der Kündigung am 01.10.2010 vorhandene Deckungskapital ohne Verrechnung von Abschlusskosten, |
|
|
|
|
|
|
zugleich über die Höhe der abgezogenen Stornokosten |
|
|
|
|
|
|
|
|
über die ungezillmerten Abschlußkosten, die bis zum Zeitpunkt der Vertragsbeendigung entstanden wären, zum Vertrag mit der Versicherungsnummer ... zu erteilen. |
|
|
|
|
|
|
Die Beklagte wird verurteilt, die von ihr erteilten Auskünfte durch Vorlage entsprechender Unterlagen zu belegen und gegebenenfalls die Richtigkeit und Vollständigkeit der Auskünfte an Eides statt zu versichern. |
|
|
|
|
|
|
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen weitergehenden Rückkaufswert in einer nach Erteilung der Auskunft noch zu bestimmenden Höhe nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.10.2010 zu zahlen. |
|
|
|
|
| die Berufung des Klägers zurückzuweisen. |
|
| Unter Bezugnahme auf ihr gesamtes Vorbringen im ersten Rechtszug verteidigt die Beklagte das landgerichtliche Urteil und wiederholt ihre Verjährungseinrede. |
|
| Wegen des Berufungsvorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf die Berufungsbegründungsschrift sowie die Berufungserwiderung Bezug genommen. |
|
| Die Parteien haben einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren gem. § 128 Abs. 2 ZPO zugestimmt. |
|
| 1. Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist hinsichtlich des im Berufungsrechtszug weiter verfolgten Hauptbegehrens unbegründet, hinsichtlich des Hilfsbegehrens hingegen in der Auskunftsstufe zum Teil begründet, zum Teil unbegründet. Hierüber ist vorab durch Teilurteil zu entscheiden. Hinsichtlich der anderen Stufen des Hilfsbegehrens ist die Sache noch nicht entscheidungsreif, weshalb die Entscheidung hierüber ggf. einer weiteren Teil-(Schluss-)-Entscheidung vorbehalten werden muss. |
|
| 2. Hinsichtlich der vorliegend zu treffenden Teilentscheidung sind die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts für den Senat bindend und daher gem. § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO der vorliegenden Entscheidung zu Grunde zu legen. |
|
| 3. Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen hat das Landgericht das Recht hinsichtlich des klägerischen Hauptbegehrens richtig angewandt. Der Kläger kann nämlich aus seiner am 10.12.2009 abgegebenen Widerspruchs- und hilfsweisen Kündigungserklärung keine Ansprüche herleiten, auf die sich sein Berufungsantrag Ziffer 1 stützen könnte. |
|
| 3.1 Bei dem abgeschlossenen Versicherungsvertrag handelt es sich um einen Altvertrag gem. Art. 1 Abs. 1 EGVVG, auf den das Versicherungsvertragsgesetz in der bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung anzuwenden ist. Gemäß § 5 a Abs. 1 Satz 1 VVG in der am 29.07.1994 in Kraft getretenen Gesetzesfassung (im Folgenden: „VVG a. F.“) galt für den Fall, dass der Versicherer dem Versicherungsnehmer bei Antragstellung die Versicherungsbedingungen nicht übergeben oder eine Verbraucherinformation nach § 10 a VAG a. F. nicht überlassen hatte, der Vertrag nach dem sogenannten Policenmodell auf der Grundlage des Versicherungsscheins, der Versicherungsbedingungen und der weiteren für den Vertragsinhalt maßgeblichen Verbraucherinformation als geschlossen, wenn der Versicherungsnehmer nicht innerhalb von 14 Tagen nach Überlassung der Unterlagen in Textform widersprach (die 30-Tage-Frist gem. § 5 a Abs. 2 S. 2 VVG in der zuletzt geltenden Fassung galt für den vorliegenden Fall noch nicht, weil diese besondere Widerspruchsfrist für Lebensversicherungsverträge erst durch Art. 6 des Gesetzes vom 2.12.2004 normiert wurde; im Folgenden ist deshalb stets die Gesetzesfassung vor dem 2.12.2004 in Bezug genommen). |
|
| 3.2 Die Widerspruchsfrist ist gem. § 5 a Abs. 2 S. 1 VVG a. F. in Gang gesetzt worden. |
|
| 3.2.1 Richtig ist zwar der Ansatz des Klägers, dass die unstreitig bereits im Versicherungsantrag enthaltene Widerspruchsbelehrung die Widerspruchsfrist aus formalen Gründen nicht in Gang setzen konnte, weil § 5 a Abs. 2 S. 1 VVG a. F. diese Rechtsfolge daran anknüpfte, dass die Widerspruchsbelehrung „bei Aushändigung des Versicherungsscheins“ erteilt wurde. |
|
| Vertretbar erscheint auch die Auffassung des Klägers, dass die in § 3 der Versicherungsbedingungen enthaltene Widerspruchsbelehrung drucktechnisch nicht ausreichend hervorgehoben war und deshalb die Widerspruchsfrist nicht in Gang setzen konnte. |
|
| 3.2.2 Sowohl in formaler als auch inhaltlicher Hinsicht ausreichend war jedoch die Widerspruchsbelehrung, die die Beklagte dem Kläger in ihrem Begleitschreiben vom 10.2.1999 erteilt hat, mit dem sie dem Kläger den Versicherungsschein und die weiteren erforderlichen Unterlagen übersandt hat (vgl. Anlage B 1, Bl. 54 f d. A.). |
|
| 3.2.2.1 Diese Widerspruchsbelehrung leidet nicht an formellen Unzulänglichkeiten. Gesetzlich gefordert ist gem. § 5 a Abs. 2 S. 1 VVG a. F. lediglich eine „drucktechnisch deutliche Form“ der Widerspruchsbelehrung. Die von der Beklagten gewählte Form eines eigenständigen, durch Fettdruck hervorgehobenen Absatzes am Ende des zweiseitigen Anschreibens (entsprechend dem als Anlage B 2 = Bl. 73 d. A. vorgelegten Muster), mit dem die Beklagte den Versicherungsschein und die erforderlichen Unterlagen dem Kläger übermittelt hat, genügt diesen gesetzlichen Anforderungen. Der Fettdruck reicht aus, um den Blick des Lesers gezielt auf diese Textpassage zu lenken. Auch ist durch die Aufnahme der Belehrung in das Anschreiben sichergestellt, dass sie nicht im Konvolut von Versicherungsschein, Versicherungsbedingungen, Verbraucherinformation und sonstigen Unterlagen „untergeht“. |
|
| Diese Umstände unterscheiden den vorliegenden Fall von dem, der der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 28.1.2004 im Verfahren IV ZR 58/03 zu Grunde lag. Dort war die Widerspruchsbelehrung nämlich inmitten eines 8-seitigen Konvoluts eingegliedert, wo sie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer leicht und nachvollziehbar übersehen konnte. |
|
| Im Übrigen kann entgegen der Auffassung des Klägers auch einem Verbraucher ein Mindestmaß an Aufmerksamkeit in eigenen Angelegenheiten abverlangt werden. Ein gerade einmal zwei Seiten umfassendes, in aufgelockertem Schriftbild abgefasstes Anschreiben zu lesen, überspannt diese Anforderungen keinesfalls. |
|
| 3.2.2.2 Die Widerspruchsbelehrung ist auch inhaltlich nicht zu beanstanden. Sie beschreibt sowohl die Rechtswirkungen eines unterlassenen Widerspruchs als auch die Anforderungen an die Wirksamkeit eines Widerspruchs zutreffend. |
|
| Der Angriff, der juristisch nicht vorgebildete Verbraucher könne sich kein zutreffendes Bild davon machen, ob mit der Übersendung der Unterlagen die Frist bereits zu laufen begonnen habe oder nicht, weil in dem Begleitschreiben zusätzliche Unterlagen aufgelistet seien, die für die Ingangsetzung der Widerspruchsfrist nicht notwendig seien, geht fehl. § 5 a Abs. 2 S. 1 VVG a. F. macht das Anlaufen der Widerspruchsfrist allein davon abhängig, dass dem Versicherungsnehmer die erforderlichen Unterlagen - Versicherungsschein, Versicherungsbedingungen und Verbraucherinformation i. S. v. § 10 a VAG - tatsächlich ausgehändigt wurden. Dies war vorliegend nach den Feststellungen des Landgerichts unstreitig der Fall. Auf die subjektive Kenntnis des Versicherungsnehmers, alle erforderlichen Unterlagen erhalten zu haben, stellt § 5 a Abs. 2 S. 1 VVG a. F. hingegen nicht ab. |
|
| 3.3 Aus alledem ergibt sich, dass der Versicherungsvertrag als Folge der fruchtlos abgelaufenen Widerspruchsfrist Ende Februar 1999 nach Maßgabe des § 5 a Abs. 1, Abs. 2 S. 1 VVG a. F. wirksam zu Stande gekommen ist; der Vertragsschluss vollzog sich hingegen nicht nach der Regelung des § 5 a Abs. 2 S. 4 VVG a. F. |
|
| 3.4 Der nach längst abgelaufener Widerspruchsfrist am 10.12.2009 erklärte Widerspruch des Klägers konnte demnach keine Rechtswirkungen entfalten. Den Prämienzahlungen des Klägers mangelt es somit nicht am erforderlichen Rechtsgrund. |
|
| 3.5 Der Senat hält das in § 5 a Abs. 1 VVG a. F. normierte Policenmodell für europarechtskonform. |
|
| 3.5.1 § 5 a VVG a. F. setzt Art. 31 Abs. 1 der Richtlinie 92/96 EWG des Rates vom 10. November 1992 nicht fehlerhaft um. Art. 36 Abs. 1 der ablösenden Richtlinie 2002/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. November 2002 kann vorliegend nicht als Prüfungsmaßstab herangezogen werden, weil die Richtlinie 2002/83/EG im Zeitpunkt des vorliegenden Vertragsabschlusses noch nicht in Kraft war. Lediglich der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass § 5 a VVG a. F. auch diese Richtlinien-Vorschrift nicht fehlerhaft umsetzt. Die genannten Richtlinien-Bestimmungen haben folgenden Wortlaut: "Vor Abschluss des Versicherungsvertrages sind dem Versicherungsnehmer mindestens die in Anhang II Buchstabe A aufgeführten Angaben mitzuteilen" bzw. "Vor Abschluss des Versicherungsvertrages sind dem Versicherungsnehmer mindestens die in Anhang III Buchstabe A aufgeführten Angaben mitzuteilen". Hiergegen verstößt § 5 a Abs. 1 VVG a. F. nicht. |
|
| Gem. § 5 a Abs. 1 S. 1 VVG ist der Vertrag bis zum Ablauf einer 14-tägigen Widerspruchsfrist nach vollständiger Überlassung des Versicherungsscheins und der näher bezeichneten Unterlagen sowie der Belehrung über das Widerspruchsrecht schwebend unwirksam. Damit ist gewährleistet, dass die vertragliche Bindung des Versicherungsnehmers erst eintritt, nachdem ihm die erforderliche Verbraucherinformation vorgelegen hat. Die Zielsetzung der genannten Richtlinien-Bestimmungen ist damit erreicht. |
|
| 3.5.2 Im Übrigen machen die genannten Richtlinien keine Vorgaben für das Versicherungsvertragsrecht, sondern bezwecken ausdrücklich die Harmonisierung der Versicherungsaufsicht. |
|
| 3.5.2.1 So lauten die Erwägungsgründe Nrn. 5 und 19 zu Artikel 31 und Anhang II. A. der Richtlinie 92/96/EWG: |
|
| „(5) Der gewählte Ansatz besteht in einer wesentlichen, notwendigen und ausreichenden Harmonisierung, um zu einer gegenseitigen Anerkennung der Zulassungen und der Aufsichtssysteme zu gelangen, die die Erteilung einer einheitlichen, innerhalb der ganzen Gemeinschaft gültigen Zulassung sowie die Anwendung des Grundsatzes der Aufsicht durch den Herkunftsmitgliedstaat erlaubt. |
|
| (19) Die Harmonisierung des für den Versicherungsvertrag geltenden Rechts ist keine Vorbedingung für die Verwirklichung des Binnenmarkts im Versicherungssektor. Die den Mitgliedstaaten belassene Möglichkeit, die Anwendung ihres eigenen Rechts für Versicherungsverträge vorzuschreiben, bei denen die Versicherungsunternehmen Verpflichtungen in ihrem Hoheitsgebiet eingehen, stellt deshalb eine hinreichende Sicherung für die Versicherungsnehmer dar.“ |
|
| Die Erwägungsgründe Nrn. 2 und 44 zu Artikel 36 Abs. 1 der Richtlinie 2002/83/EG bestimmen: |
|
| „(2) Zur Erleichterung der Aufnahme und der Ausübung der Tätigkeiten der Lebensversicherung sind gewisse Unterschiede zwischen dem Aufsichtsrecht der verschiedenen Mitgliedstaaten zu beseitigen, wobei ein angemessener Schutz der Versicherten und der Begünstigten in allen Mitgliedstaaten gewahrt bleiben muss. Zu diesem Zweck sind insbesondere die Vorschriften über die an Lebensversicherungsunternehmen gestellten finanziellen Anforderungen zu koordinieren. |
|
| (44) Die in den Mitgliedstaaten geltenden Vorschriften des Vertragsrechts für die in dieser Richtlinie genannten Tätigkeiten sind unterschiedlich. Die Harmonisierung des für den Versicherungsvertrag geltenden Rechts ist keine Vorbedingung für die Verwirklichung des Binnenmarkts im Versicherungssektor. Die den Mitgliedstaaten belassene Möglichkeit, die Anwendung ihres eigenen Rechts für Versicherungsverträge vorzuschreiben, bei denen die Versicherungsunternehmen Verpflichtungen in ihrem Hoheitsgebiet eingehen, stellt deshalb eine hinreichende Sicherung für die Versicherungsnehmer dar. Die Freiheit der Wahl eines anderen Vertragsrechts als das des Staates der Verpflichtung kann in bestimmten Fällen nach Regeln gewährt werden, in denen die spezifischen Umstände berücksichtigt werden.“ |
|
| 3.5.2.2 Eine andere Zielrichtung ist auch nicht dem Erwägungsgrund Nr. 52 der Richtlinie 2002/83/EG zu entnehmen, den die Kommission der Europäischen Gemeinschaften betreffend eines Beschwerdeverfahrens in dem Aufforderungsschreiben an die Bundesrepublik Deutschland vom 04.04.2006, AZ. 2005/5046K(2006)1309, als Grund für einen möglichen Verstoß des Policenmodells gegen Artikel 36 Abs. 1 der Richtlinie 2002/83/EG heranzog (vgl. auch die schriftliche Stellungnahme der Kommission vom 12.10.2006, AZ.: 2005/5046K(2006)4688): |
|
| „(52) Im Rahmen eines Versicherungsbinnenmarkts wird dem Verbraucher eine größere und weiter gefächerte Auswahl von Verträgen zur Verfügung stehen. Um diese Vielfalt und den verstärkten Wettbewerb voll zu nutzen, muss er im Besitz der notwendigen Informationen sein, um den seinen Bedürfnissen am ehesten entsprechenden Vertrag auszuwählen. Da die Dauer der Verpflichtungen sehr lang sein kann, ist diese Information für den Verbraucher noch wichtiger. Folglich sind die Mindestvorschriften zu koordinieren, damit er klare und genaue Angaben über die wesentlichen Merkmale der ihm angebotenen Produkte und über die Stellen erhält, an die etwaige Beschwerden der Versicherungsnehmer, Versicherten oder Begünstigten des Vertrages zu richten sind.“ |
|
| Diese Erklärung ist vielmehr im Zusammenhang mit dem Inhalt des Erwägungsgrundes Nr. 2 zu deuten, so dass sich die Mindestvorschriften ausschließlich auf das unterschiedliche Aufsichtsrecht der verschiedenen Mitgliedstaaten beziehen. |
|
| 3.5.2.3 Den Vorgaben für die Regelung der Versicherungsaufsicht hat der Gesetzgeber durch die Umsetzung in § 10 a VAG a. F. Genüge getan. |
|
| 3.5.2.4 Damit trifft § 5 a VVG von vornherein keine Regelungen für die Geltungsbereiche, auf die die genannten Richtlinien abzielen und es besteht kein Bedürfnis, das Normverständnis des § 5 a VVG an dasjenige der in Rede stehenden Richtlinien-Bestimmungen anzupassen. |
|
| 3.5.3 Auch ein Verstoß gegen Artt. 31 Abs. 1, 43 Abs. 2 der Richtlinie 92/49/EWG des Rates vom 18.06.1992 (Dritte Schadenversicherungsrichtlinie) liegt nicht vor. |
|
| 3.5.3.1 Die genannten Regelungen haben folgenden Wortlaut: |
|
|
|
| (1) Vor Abschluss eines Versicherungsvertrags sind dem Versicherungsnehmer folgende Informationen zur Verfügung zu stellen: |
|
| - auf den Vertrag anwendbares Recht für den Fall, dass die Parteien keine Wahlfreiheit haben, oder, wenn die Parteien das anwendbare Recht frei wählen können, das von dem Versicherungsunternehmen vorgeschlagene Recht; |
|
| - Bestimmungen zur Bearbeitung von den Vertrag betreffenden Beschwerden der Versicherungsnehmer, gegebenenfalls einschließlich des Hinweises auf eine Beschwerdestelle; dies gilt unbeschadet der Möglichkeit für den Versicherungsnehmer, den Rechtsweg zu beschreiten. |
|
|
|
|
|
| (2) Wird eine Versicherung im Rahmen der Niederlassungsfreiheit oder der Dienstleistungsfreiheit angeboten, so ist dem Versicherungsnehmer, bevor irgendeine Verpflichtung eingegangen wird, der Mitgliedstaat des Sitzes und gegebenenfalls der Zweigniederlassung, mit dem bzw. der der Vertrag geschlossen wird, mitzuteilen.“ |
|
| 3.5.3.2 Diese Richtlinie betrifft nach Artikel 2 Abs. 1 Richtlinie 92/49/EWG i. V. m. Artikel 1 der Richtlinie 73/239 EWB die Aufnahme und Ausübung der selbständigen Tätigkeit der Direktversicherung durch Versicherungsunternehmen, die in einem Mitgliedstaat niedergelassen sind oder sich dort niederzulassen wünschen, aber ausdrücklich nicht die Lebensversicherung. Im Übrigen ist auch § 10 a VAG a. F. dieser Vorgabe nachgekommen. |
|
| 3.5.4 Die Richtlinie 93/13/EWG vom 05.04.1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen sieht unter anderem vor, dass der Verbraucher die Möglichkeit haben muss, von allen Vertragsklauseln Kenntnis zu nehmen. Durch die Möglichkeit des Widerspruchs bewirkt das Policenmodell entsprechend der Zielsetzung der Richtlinie einen wirksamen und ausreichenden Schutz vor Überrumpelung des Verbrauchers mit unangemessenen Klauseln. |
|
| 3.5.5 Die europarechtliche Unbedenklichkeit des Policenmodells kann auch nicht durch die Stellungnahme der Europäischen Kommission im Vertragsverletzungsverfahren 2005/5046 in Zweifel gezogen werden. Ersichtlich hat die Kommission den Vertragsschlussmechanismus nach den Regelungen des § 5 a Abs. 1, Abs. 2 S. 1 VVG a. F. verkannt. Erst aufgrund der Stellungnahme des deutschen Ministeriums der Justiz vom 4.4.2006 [K ( 2006), 1309, S. 4 f] hat die Kommission die Rechtslage des nationalen deutschen Rechts richtig erfasst. Sie hat die zunächst erhobenen Bedenken anschließend fallen gelassen und stattdessen bemängelt, dass das nationale deutsche Recht dem Verbraucher eine „Widerspruchslast“ aufbürde. Dass diese Erwägung keine Substanz hat, liegt auf der Hand. Zahlreiche gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften sehen die Verwirklichung des Verbraucherschutzes durch Gewährung von Widerrufsrechten vor, so dass der Verbraucher die „Widerrufslast“ tragen muss. Obwohl das Widerspruchsrecht gem. § 5 a Abs. 1, Abs. 2 S. 1 VVG a. F. dogmatisch anders einzuordnen ist als ein Widerrufsrecht, ergibt sich hieraus kein Unterschied in der Belastung des Verbrauchers, ein ihm eingeräumtes Erklärungs-/Gestaltungsrecht ausüben zu müssen, um in den Genuss des rechtspolitisch verfolgten Schutzes zu gelangen. |
|
| Es hat daher eine gewisse Konsequenz, dass die Kommission das Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland nicht fortgeführt hat, obwohl in den nachfolgenden 1 1/2 Jahren bis zum Inkrafttreten des neuen VVG noch zahllose weitere Versicherungsverträge nach dem angeblich beanstandungswürdigen Policenmodell abgeschlossen wurden. |
|
| 3.5.6 Auch die Erwägungen der Generalanwältin vom 11.7.2013 im Vorabentscheidungsverfahren RS-209/12 des Europäischen Gerichtshofs über die Vorlage des Bundesgerichtshofs im Verfahren IV ZR 76/11 begründen keine Zweifel an der europarechtlichen Konformität des Policenmodells. |
|
| Die Generalanwältin hat im Kern beanstandet, dass die nationale deutsche Regelung in § 5 a VVG den Verbraucherschutz zeitlich vor dem Vertragsabschluss zu gewährleisten versuche, während das Gemeinschaftsrecht einen wirksamen Verbraucherschutz durch die Einräumung eines dem Vertragsabschluss zeitlich nachfolgenden Widerrufsrecht verlange. Bei näherer Betrachtung stellt sich dies als eine rein formalistische, jedoch inhaltsleere Argumentation dar. Sie bleibt nämlich jede Antwort auf die Frage schuldig, weshalb ein dem Vertragsabschluss nachgelagerter Schutzmechanismus den Verbraucher besser schützen soll als ein zeitlich vorverlagerter Mechanismus, der bereits das wirksame Zustandekommen eines Vertrages zu unterbinden vermag. Wie oben dargestellt, kann es keinem Zweifel unterliegen, dass der bundesdeutsche Gesetzgeber durch das Gemeinschaftsrecht nicht gehindert ist, den Vertragsschlussmechanismus national eigenständig zu regeln, und zwar auch im Sinne des Policenmodells. Dass das Gemeinschaftsrecht es erfordern sollte, neben dem Verbraucherschutz, wie er wirkungsgleich durch die Einräumung eines Widerspruchsrechts bewirkt wird, einen weiteren Schutzmechanismus durch Einräumung eines dem Vertragsschluss nachgelagerten Widerrufsrechts bereitzustellen, lässt sich mit den inhaltlichen Vorgaben des gemeinschaftsrechtlichen Anliegens eines wirksamen Verbraucherschutzes nicht rechtfertigen. |
|
| Die Vorabentscheidung des EuGH in der Sache C-209/12 vom 19.12.2013 gibt keinen Hinweis darauf, dass das Policenmodell als solches europarechtswidrig sein könnte. Der Gerichtshof hat vielmehr ausdrücklich betont, dass Gegenstand der Entscheidung alleine und ausschließlich die Regelung des vorliegend nicht einschlägigen § 5 a Abs. 2 S. 4 VVG a. F. ist, nicht hingegen das Policenmodell als solches. |
|
| 3.5.7 Der Senat hält daher an seiner bisherigen, in zahllosen Parallelfällen dargelegten und veröffentlichten Auffassung fest, dass es an der Vereinbarkeit des Policenmodells mit dem europäischen Gemeinschaftsrecht keinen Zweifel geben kann. Er sieht sich hierin in der bisher in Erscheinung getretenen Haltung des Bundesgerichtshofs bestätigt. Dessen Vorlageentscheidung vom 28.3.2012 im Verfahren IV ZR 76/11 an den Europäischen Gerichtshof bezieht sich ausdrücklich nur auf die Frage, ob § 5 a Abs. 2 S. 4 VVG a. F. mit europäischem Gemeinschaftsrecht vereinbar sei oder nicht. Die Vereinbarkeit der Regelungen in § 5 a Abs. 1, Abs. 2 S. 1 VVG a. F. mit EU-Recht hingegen scheint der Bundesgerichtshof nicht in Zweifel zu ziehen. Der Senat nimmt jedoch zur Kenntnis, dass ein solcher Zweifel nunmehr von der Generalanwältin ernstlich geltend gemacht wird. Im Hinblick auf Art. 267 AEUV ist die Zulassung der Revision bei einem ansonsten nicht dem Revisionsverfahren zugänglichen Verfahrensstreitwert die Konsequenz. |
|
| 3.6 Dass der EuGH in der oben angeführten Entscheidung die zeitliche Befristung des Widerrufsrechts nach § 5 a Abs. 2 S. 4 VVG a. F. für unvereinbar mit dem Unionsrecht hält, ist für die Entscheidung des vorliegenden Falles bedeutungslos, da nach den bindenden tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts kein Sachverhalt vorliegt, der der Regelung des § 5 a Abs. 2 S. 4 VVG a. F. unterfällt. |
|
| 3.7 Im Ergebnis hat die Klage somit hinsichtlich des vorrangig verfolgten Begehrens keinen Erfolg. Dies gilt auch hinsichtlich der vorgerichtlichen Anwaltskosten, die die Tätigkeit der klägerischen Prozessbevollmächtigten im Zusammenhang mit dem vorrangigen Hauptbegehren betrafen. Die Berufung des Klägers ist insoweit zurückzuweisen. |
|
| 4. Erfolg hat hingegen die Berufung des Klägers insoweit, als das Landgericht die hilfsweise erhobene Stufenklage insgesamt, also auch bezüglich des derzeit noch unbezifferten Leistungsantrags abgewiesen hat. Entgegen der Auffassung des Landgerichts lässt sich der Misserfolg des Leistungsbegehrens derzeit nicht mit der erforderlichen Sicherheit erkennen. |
|
| 4.1 Im Ansatz ist der Auffassung des Klägers beizutreten, dass die vereinbarte Verrechnung von Abschlusskosten mit den gezahlten Beiträgen, wie sie in § 13 der Versicherungsbedingungen vorgesehen ist, der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle nicht Stand hält. Es mangelt der Verrechnungsregelung schon an der erforderlichen Transparenz, weil die Versicherungsbedingungen in den Abschnitten über die Beitragsfreistellung und die Kündigung (§ 6 der Versicherungsbedingungen) den Versicherungsnehmer nicht bereits an dieser Stelle über die wirtschaftlichen Folgen unterrichten (vgl. BGH, Urteil vom 26.6.2013 - IV ZR 39/10 - = VersR 2013, 1381 - 1387 Rn. 50). Rechtsfolge der Intransparenz ist die Unwirksamkeit der Regelungen über die Verrechnung der Abschlusskosten (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB). |
|
| 4.2 Gleiches gilt für die Regelung des Stornoabzugs. Dieser ist in § 6 (1) Abs. 3, (5) Abs. 1 S. 2 der Versicherungsbedingungen angesprochen. Allerdings kann der durchschnittliche Versicherungsnehmer, auf dessen Verständnis abzustellen ist, der Regelung nicht entnehmen, mit welchem Abzugsbetrag er im Falle einer vorzeitigen Kündigung des Versicherungsvertrags rechnen muss. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer kann sich nämlich keine Vorstellung davon machen, wie hoch die als Berechnungsgrundlage bezeichnete „Differenz zwischen der erforderlichen Deckungsrückstellung zum Rentenbeginn und der vorhandenen Deckungsrückstellung“ wenigstens der Größenordnung nach ist oder sein kann. |
|
| 4.3 Folge der unwirksamen Regelungen ist, dass ein Stornoabzug nicht vorgenommen werden kann, weil es an der gem. § 176 Abs. 4 VVG a. F. erforderlichen wirksamen vertraglichen Grundlage mangelt. |
|
| 4.4 Auch die Abschlusskosten können nicht mit den anfänglichen Prämienbeiträgen verrechnet werden. Die dadurch entstehende Vertragslücke kann jedoch - anders als im Falle der unwirksamen Stornoabzugsregelung - im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung geschlossen werden. |
|
| 4.4.1 Nach der Entscheidung des BGH vom 26.6.2013 (aaO Rn. 53) schuldet der Versicherer in einem solchen Fall die versprochene Leistung (vorliegend den Garantiewert von 10.328 DM = 5.280,62 EUR, den der von der Beklagten ausgezahlte Betrag deutlich überstiegen hat), mindestens jedoch die Hälfte des ungezillmerten Deckungskapitals. Darunter ist das bis zur Kündigung gebildete Deckungskapital ohne jeglichen Abzug von Abschlusskosten zu verstehen (BGH aaO Rn. 55). Wie hoch dieses Deckungskapital im vorliegenden Fall war, hat die Beklagte bislang nicht offenbart. Der mit Schreiben vom 30.12.2009 mitgeteilte Rückkaufswert von 8.264,97 EUR beziffert die Höhe des ungezillmerten Deckungskapitals nicht. Dem Schreiben lässt sich auch nicht entnehmen, ob ein Stornoabzug vorgenommen wurde. Die Beklagte hat zwar mit der Berufungserwiderung ausdrücklich klargestellt, dass ein solcher nicht vorgenommen worden sei (der Klageerwiderung vom 2.8.2013, dort S. 9 u. lässt sich dies in solcher Klarheit nicht entnehmen) und hat zugleich betont, dass der ermittelte Rückkaufswert die Vorgaben des BGH-Urteils vom 12.10.2005 berücksichtigt habe. Eine bezifferte Darstellung des ungezillmerten Deckungskapitals fehlt jedoch. Der Kläger kann deshalb nicht rechnerisch nachvollziehen, ob ihm die Beklagte den ihm zustehenden Mindestwert - vermindert um die im Wege des Quellenabzugs abzuführende Kapitalertragsteuer - ausbezahlt hat. Mehr als den Mindestwert kann der Kläger im vorliegenden Fall hingegen nicht verlangen, weil der vertraglich versprochene Garantiewert jedenfalls hinter dem bereits ausgezahlten Rückkaufswert zurückbleibt (s. o.). |
|
| 4.4.2 Der Kläger kann nicht anhand des Vergleichs von Prämienzahlung und Rückkaufswert beurteilen, ob die bereits vorgenommene Auszahlung seinen Anspruch in vollem Umfang erfüllt. Das Deckungskapital ist zu definieren als die Summe der verzinslich angesammelten Sparanteile eines konkreten Vertrags (vgl. Prölss/Martin/Reiff, VVG, 28. A., VVG § 169 Rn. 31 unter Bezugnahme auf § 11 Abs. 1 S. 1 VAG). Dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer ist regelmäßig nicht bekannt, wie hoch die aus seinen Prämienzahlungen für die Zwecke der Deckungsrückstellung abgeführten Sparanteile sind, erst recht jedoch nicht die daraus erwirtschafteten Zinsen. Bei einer Laufzeit von Vertragsbeginn bis zur Vertragskündigung von mehr als 9 1/2 Jahren können diese Zinsen eine beachtliche Größenordnung erreicht haben, insbesondere wenn berücksichtigt wird, dass deutsche Lebensversicherungen zu großen Teilen in risikoarme, z. T. langlaufende Wertpapiere investieren, die in den Jahren 1999 bis ca. 2004 noch gute und langfristige Renditen erwirtschafteten. Aus der von der Beklagten vorgenommenen Gegenüberstellung von Prämienzahlungen und beziffertem Rückkaufswert lässt sich daher nur mit einiger Wahrscheinlichkeit, nicht jedoch mit der erforderlichen Sicherheit erschließen, dass der im Schreiben der Beklagten vom 30.12.2009 dargestellte Rückkaufswert tatsächlich den Mindestwert erreicht, der dem Kläger zusteht. |
|
| 4.4.3 Der Kläger hat deshalb gem. § 242 BGB Anspruch auf Auskunftserteilung über die im Zeitpunkt der Kündigung erreichten Höhe des ungezillmerten Deckungskapitals (BGH, Urteil vom 26.6.2013 - IV ZR 39/10 - Rn. 52 ff), wie dies der Kläger mit seinem Klageantrag IV a) begehrt. |
|
| 4.4.4 Der Auskunftsanspruch kann nicht mit der Begründung verneint werden, dass der mit ihm vorzubereitende Anspruch auf Auszahlung eines Restes des Rückkaufswertes im Zeitpunkt seiner gerichtlichen Geltendmachung bereits verjährt gewesen sei. |
|
| 4.4.4.1 Zwar würde die Verjährung der Hauptforderung, deren Durchsetzung der Auskunftsanspruch dienen soll, letzterem die rechtliche Grundlage entziehen. Der aus § 242 BGB herzuleitende Auskunftsanspruch hat nämlich lediglich dienende und unterstützende Funktion, um die Durchsetzung des Hauptanspruchs zu ermöglichen. Gibt es hingegen keinen durchsetzbaren Hauptanspruch, so besteht auch kein anerkennenswertes Bedürfnis, ihn vorzubereiten und zu unterstützen. |
|
| 4.4.4.2 Vorliegend kann jedoch nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden, dass der Hauptanspruch tatsächlich verjährt ist. Zwar entsteht der Anspruch auf Auszahlung des Rückkaufswertes bereits mit der Kündigung des Versicherungsvertrags; fällig wird die Leistung jedoch erst mit dem Zugang der Abrechnung seitens des Versicherers (BGH NJW 2011, 73 ff Rn. 18 f). Erst ab diesem Zeitpunkt beginnt die dreijährige Jahresendverjährung gem. §§ 195, 199 Abs. 1 BGB zu laufen. Auf die 5-jährige Verjährungsfrist des § 12 Abs. 1 S. 1, 2. Altern., S. 2 VVG a. F. kommt es nicht an. Gem. Art. 1 Abs. 1 EGVVG kann auf den vorliegenden Fall das VVG a. F. nicht angewandt werden, weil die vorliegend zu beurteilende Kündigung nach dem 1.1.2009 erfolgte. Die Beklagte erteilte die Abrechnung mit ihrem als Anlage K 3 = Bl. 34 d. A. vorgelegten Schreiben vom 30.12.2009. Zutreffend hat das Landgericht ausgeführt, dass eine Verjährung nur dann eingetreten wäre, wenn das Schreiben dem Kläger noch im Jahr 2009 zugegangen wäre. Ob dies der Fall war, lässt sich nicht feststellen. Die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte behauptet solches schon nicht; erst recht bietet sie keinen Beweis hierfür an. Dies geht zu ihren Lasten, so dass die Verjährungseinrede im Ergebnis ins Leere geht. |
|
| 4.5 Keinen Erfolg haben hingegen die Auskunftsbegehren zu Ziffer IV b) und c). Hinsichtlich der Stornokosten hat die Beklagte in der Berufungserwiderung ausdrücklich vortragen lassen, solche seien nicht abgezogen worden (Berufungserwiderung S. 3, 3. Absatz). Die geforderte Auskunft ist insoweit erteilt. |
|
| Auskunft über die ungezillmerten Abschlusskosten, die bis zum Zeitpunkt der Vertragsbeendigung entstanden wären, ist nicht zu erteilen, da eine solche Auskunft keinerlei Relevanz für den verfolgten, bislang unbezifferten Leistungsanspruch haben könnte. Wie sich aus der Begründung der Klageschrift, dort S. 20, letzter Absatz (Bl. 25 d. A.) ergibt, beruht dieser Antrag auf der Annahme, dass zur Ermittlung des ungezillmerten Deckungskapitals die Abschlusskosten auf die gesamte planmäßige Vertragslaufzeit umzulegen seien. Diese Annahme ist falsch; die Abschlusskosten bleiben vielmehr gänzlich außer Ansatz (BGH, Urteil vom 26.6.2013 - IV ZR 39/10 - Rn. 55). Die Höhe der Abschlusskosten ist somit für die Ermittlung des ungezillmerten Deckungskapitals unerheblich. Der Kläger benötigt zur Bezifferung der Leistungsstufe die mit dem Klageantrag IV. c) begehrte Auskunft nicht. |
|
| 4.6. Der in der Auskunftsstufe verfolgte Anspruch auf Vorlage von Belegen zum Nachweis der Richtigkeit der erteilten Auskünfte besteht nicht. Es fehlt schon an der Bestimmtheit, welche Belege die Beklagte vorlegen soll. Im Übrigen könnte ein Beleg nur durch Vorlage aller internen Rechnungswerke über die Sparanteile der vereinnahmten Prämien, die hiermit erwirtschafteten Erträge, deren Verteilung auf die einzelnen Versicherungsverträge usw. erfolgen. Zu einer solch weitreichenden Offenlegung von Betriebsinterna und - geheimnissen ist die Beklagte mangels Zumutbarkeit nicht verpflichtet. Demzufolge ist die Berufung des Klägers auch in diesem Punkt zurückzuweisen. |
|
| 5. Nicht entscheidungsreif ist die Sache hinsichtlich der weiteren möglichen Stufen der Stufenklage. |
|
|
|
| Die Zulassung der Revision bezüglich der Zurückweisung der Berufung betreffend das Hauptbegehren des Klägers erfolgt wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache, die im Hinblick auf den Schlussantrag der Generalanwältin im Verfahren des EuGH zu C-209/12 nicht mehr verneint werden kann. |
|