Bundesgerichtshof Urteil, 16. Mai 2019 - III ZR 176/18
vorgehend
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 16. Mai 2019 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Herrmann, die Richter Tombrink, Dr. Remmert und Reiter sowie die Richterin Dr. Böttcher
für Recht erkannt:
Von den Kosten des dritten Rechtszuges trägt die Beklagte 4/5, die Klägerin 1/5. Von Rechts wegen
Tatbestand
- 1
- Die Klägerin nimmt die Beklagte, soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung, auf Schadensersatz wegen behauptet fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit dem Erwerb einer Beteiligung an einem geschlossenen Lebensversicherungsfonds in Anspruch.
- 2
- Die Klägerin zeichnete am 16. Dezember 2005 nach einer in Anwesenheit ihres Ehemanns erfolgten Beratung durch den damaligen Mitarbeiter der Beklagten R. eine treuhänderische Beteiligung an der K. GmbH & Co. KG über 20.000 € zuzüglich 5 % Agio. Die Klägerin erhielt Ausschüttungen von 3.200 €. 2015 hat sie die Beklagte auf Schadensersatz mit der Begründung in Anspruch genommen, sie sei weder anleger- noch anlagegerecht beraten worden. Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme die Klage bezüglich des Lebensversicherungsfonds abgewiesen. Soweit die Klage bezüglich eines weiteren Fonds Erfolg hatte, hat die Beklagte keine Berufung eingelegt. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht der Klage bezüglich des Lebensversicherungsfonds im Wesentlichen - ohne Ersatz des behaupteten entgangenen Gewinns und der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten - stattgegeben. Hiergegen richten sich die vom Berufungsgericht beschränkt zugelassene Revision der Beklagten und die Anschlussrevision der Klägerin.
Entscheidungsgründe
I.
- 3
- Die Rechtsmittel beider Parteien sind statthaft und auch im Übrigen zulässig.
- 4
- 1. Das Berufungsgericht hat die Revision nur zugunsten der Beklagten und insoweit beschränkt auf den Vorwurf einer nicht anlegergerechten Beratung zugelassen.
- 5
- Die Zulassung der Revision kann auf einen selbständigen Teil des Gesamtstreitstoffs beschränkt werden. Voraussetzung dafür ist eine Selbständigkeit in dem Sinne, dass der von der Beschränkung erfasste Teil des Streitstoffs in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht unabhängig vom übrigen Prozessstoff beurteilt werden kann und auch im Fall einer Zurückverweisung kein Wider- spruch zum nicht anfechtbaren Teil des Streitstoffs auftreten kann. Allerdings muss es sich hierbei weder um einen eigenen Streitgegenstand handeln noch muss der betroffene Teil des Streitstoffs auf der Ebene der Berufungsinstanz teilurteilsfähig sein (vgl. nur Senat, Beschluss vom 16. Dezember 2010 - III ZR 127/10, WM 2011, 526 Rn. 5; Urteil vom 18. Oktober 2018 - III ZR 497/16, NJW 2019, 215 Rn. 11, 13; jeweils mwN).
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- Im Tenor des Berufungsurteils ist die Revision zugelassen worden, soweit die Beklagte über die landgerichtliche Entscheidung hinaus verurteilt wurde , und im Übrigen, soweit die Berufung zurückgewiesen wurde, nicht zugelassen worden. Eine solche Beschränkung der Zulassung auf eine Partei ist grundsätzlich zulässig (vgl. nur Senat, Urteil vom 10. Januar 2019 - III ZR 109/17, WM 2019, 304 Rn. 14 mwN). Auch im Fall einer Zurückverweisung würde sich kein Widerspruch zu dem von der Zulassung ausgenommenen Teil des Streitstoffs ergeben.
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- Eine (hier weitergehende) Beschränkung der Zulassung kann sich auch aus den Entscheidungsgründen ergeben (vgl. nur BGH, Urteil vom 12. Mai 2010 - VIII ZR 96/09, NJW 2010, 3015 Rn. 18; Senat, Urteile vom 18. Oktober 2018, aaO Rn. 11 und vom 10. Januar 2019, aaO mwN). Bezieht sich die Rechtsfrage, zu deren Klärung das Berufungsgericht die Revision zugelassen hat, auf einen abtrennbaren Teil des Streitstoffs, ist die Entscheidung grundsätzlich so auszulegen, dass das Berufungsgericht die Revision lediglich beschränkt auf diesen Teil des Streitgegenstands zugelassen hat (vgl. nur BGH aaO und Senat aaO). Die beiden im angefochtenen Urteil (S. 20) angesprochenen Fragen, derentwegen das Oberlandesgericht die Revision zugelassen hat, beziehen sich nur auf den Vorwurf der nicht anlegergerechten Beratung. Bezüglich der nicht objekt(anlage)gerechten Beratung hat das Oberlandesgericht kei- nen Klärungsbedarf gesehen und insoweit bereits das Vorliegen einer Pflichtverletzung unter Bezugnahme auf das Senatsurteil vom 19. Oktober 2017 (III ZR 565/16, BGHZ 216, 245) verneint. Das Berufungsurteil ist deshalb so auszulegen, dass die Revision nur beschränkt auf den Vorwurf nicht anlegergerechter Beratung zugelassen worden ist. Nach der Senatsrechtsprechung ist eine solche Beschränkung zulässig (vgl. Versäumnisurteil vom 23. März 2017 - III ZR 93/16, NJW 2017, 2187; siehe auch zur Beschränkung auf einzelne Pflichtverletzungen eines Anlageberaters Beschluss vom 16. Dezember 2010, aaO Rn. 6; Urteil vom 17. September 2015 - III ZR 385/14, WM 2015, 1935 Rn. 13). Auch im Fall einer Zurückverweisung würde sich kein Widerspruch zu dem von der Zulassung ausgenommenen Teil des Streitstoffs ergeben.
- 8
- 2. Die Anschlussrevision der Klägerin ist als unselbständiges Rechtsmittel statthaft und auch im Übrigen zulässig. Der Umstand, dass das Berufungsgericht die Revision nur beschränkt auf die Beklagte zugelassen hat, hindert nach der ausdrücklichen Regelung des § 554 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht eine Anschluss -, sondern nur eine selbständige Revision. Die Anschlussrevision ist als unselbständiges Rechtsmittel allerdings akzessorischer Natur. Dieser Abhängigkeit würde es widersprechen, wenn mit ihr Streitstoff eingeführt werden könnte, der mit dem Gegenstand der Hauptrevision weder in einem rechtlichen noch in einem wirtschaftlichen Zusammenhang steht. Als Anschlussrevision ist ein Rechtsmittel daher nur dann statthaft, wenn es einen einheitlichen Lebenssachverhalt betrifft, der mit dem von der Revision erfassten Streitgegenstand in einem unmittelbaren rechtlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang steht (vgl. nur Senat, Urteil vom 10. Januar 2019, aaO Rn. 19 mwN). Diese Voraussetzung ist hier jedoch erfüllt. Die Anschlussrevision betrifft die Frage entgangenen Gewinns und außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten im Hinblick auf die streitgegenständliche Kapitalanlage und die daraus abgeleitete Schadensersatzfor- derung, die den Gegenstand der Revision bildet. Auch soweit die Klägerin (vorsorglich ) eine pflichtwidrig unterlassene Aufklärung über Rückvergütungen /Provisionen und einen Prospektfehler bezüglich des Blindpoolrisikos geltend macht, besteht der notwendige Zusammenhang.
II.
- 9
- Die Rechtsmittel der Parteien sind nicht begründet.
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- 1. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass der Klägerin gegen die Beklagte ein Anspruch auf Schadensersatz zustehe, weil die von deren damaligem Mitarbeiter R. durchgeführte Beratung nicht anlegergerecht gewesen sei. Die Verfehlung des Anlageziels der Klägerin stehe fest. Ihre "Anlegermentalität /Anlagestrategie" sei nach dem persönlichen Beraterbogen "risikobewusst (Erwartungen über Kapitalmarktniveau, gesteigerte Risikobereitschaft)" gewesen. Dies habe die Klägerin in ihrer Anhörung auch bestätigt. Insoweit sei aber unstreitig, dass die streitgegenständliche Anlage nicht dieser Anlagementalität entsprochen habe. Die Klägerin habe vorgetragen, dass die Anlage spekulativen Charakter gehabt habe und deshalb nur einem Anleger mit hoher Risikobereitschaft hätte empfohlen werden dürfen. Die Kategorie "spekulativ (hohe Ertragserwartung, hohe Risikobereitschaft)" sei im Beraterbogen aber gerade nicht angekreuzt worden. Dem diesbezüglichen Vortrag sei die Beklagte weder in erster noch - trotz der entsprechenden Hinweisverfügung des Senatsvorsitzenden - in zweiter Instanz entgegengetreten. Die Zuordnung einer Kapitalbeteiligung zu einer Risikoklasse sei aber eine dem (Sachverständigen-)Beweis zugängliche Tatsachenfrage. Die diesbezügliche Tatsachenbehauptung der Klägerin sei daher als unstreitig zu behandeln und vom Gericht nicht weiter zu überprüfen. Mit der streitgegenständlichen Anlage sei daher das Anlageziel der Klägerin verfehlt worden. Anderes würde nur dann gelten, wenn R. , was die Beklagte aber selbst nicht behaupte, die Klägerin darauf hingewiesen hätte, dass er ihr eine von ihrem Anlageziel her eigentlich ungeeignete Anlage anbiete und die Klägerin daraufhin für diese konkrete Beteiligung ihre Anlagestrategie geändert hätte, etwa weil ihr die Anlage trotz der größeren Risiken attraktiv erschienen sei.
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- Die von der Beklagten erhobene Verjährungseinrede greife nicht durch. Zwar sei bezogen auf den Klagevortrag, Ziel sei eine werterhaltende Anlage (Vermögenssicherung, Altersvorsorge) gewesen, im Hinblick auf den Inhalt des von der Klägerin unterzeichneten Beraterbogens von grob fahrlässiger Unkenntnis (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB) der Verfehlung dieses Ziels auszugehen. Die Klägerin habe sich in ihren Schriftsätzen später aber den Vortrag der Beklagten, wonach sie ausweislich der Angaben im Beraterbogen risikobewusst gewesen sei, ausdrücklich hilfsweise zu eigen gemacht. Dieses Hilfsvorbringen sei prozessual , obwohl es im Widerspruch zum Hauptvorbringen stehe, beachtlich, da es auch den persönlichen Angaben der Klägerin bei der Anhörungentspreche und insoweit ein Verstoß gegen die Wahrheitspflicht nicht feststellbar sei. Eine grob fahrlässige Unkenntnis der Verfehlung dieses Anlagezieles im Hinblick auf den spekulativen und insoweit hochrisikobehafteten Charakter der empfohlenen Anlage lasse sich jedoch nicht feststellen. Es gebe keinen konkreten Anhaltspunkt im Beraterbogen für einen risikobewussten Anleger, anhand dessen er habe erkennen können, geschweige denn müssen, dass die ihm empfohlene Beteiligung spekulativ und deshalb in eine höhere als die gewünschte Risikostufe einzuordnen sei.
- 12
- Von der Kausalität des diesbezüglichen Beratungsfehlers für die Anlageentscheidung der Klägerin sei auszugehen. Es sei insoweit schon zweifelhaft, ob die Beklagte eine solche Kausalität überhaupt sinnvoll bestreiten könne. Je- denfalls habe sie kein taugliches Beweismittel für ihre Behauptung angeboten, die Aufklärungspflichtverletzung sei nicht kausal. Der benannte Zeuge Reindl sei ungeeignet, da er diesbezüglich allenfalls Spekulationen anstellen könne. Die Beklagte sei deshalb grundsätzlich zum Schadensersatz verpflichtet.
- 13
- Allerdings sei der behauptete entgangene Gewinn nicht schlüssig dargelegt. Es fehle schon an Vortrag, wie das Geld anderweitig angelegt worden wäre. Auch ein Anspruch auf Freistellung von den außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten scheide aus. Die Klägerin behaupte zwar eine zunächst nur auf die außergerichtliche Vertretung gerichtete Mandatierung, lege die ihrem Prozessbevollmächtigten zu Beginn des Mandats erteilte Vollmacht aber nicht vor, sodass davon auszugehen sei, dass diese - wie dem Senat aus zahlreichen Parallelfällen bekannt sei - die gerichtliche Vertretung schon mitumfasst habe. Vor allem sei aber zu berücksichtigen, dass die Klägerin nach ihrem eigenen Vortrag die Forderung ihrer Anwälte längst bezahlt habe, so dass sie keine Freistellung mehr verlangen könne. Einen Zahlungsantrag habe sie aber nicht gestellt.
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- 2. Die Revision der Beklagten hat keinen Erfolg.
- 15
- a) Die Rüge der Revision, das Berufungsgericht sei rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass der Lebensversicherungsfonds ein der höchsten Risikoklasse zuzuordnendes Anlageprodukt darstelle, geht fehl.
- 16
- Entgegen der Auffassung der Beklagten handelt es sich bei dieser Zuordnung nicht um eine Rechtsfrage. Zwar mag die Zuordnung von Wertungen abhängen und mögen die Grenzen - sowohl für die Eingruppierung einzelner Anleger als auch die Verortung einzelner Anlagen - in vielen Fällen nicht immer trennscharf zu bestimmen sein, wie es die Revision geltend macht. Es geht aber im Kern um eine Tatsache, die deshalb auch streitig oder unstreitig sein kann.
- 17
- Letzteres ist im Berufungsurteil festgestellt worden, ohne dass die Beklagte einen Tatbestandsberichtigungsantrag (§ 320 ZPO) gestellt hat. Nach § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO unterliegt der Beurteilung des Revisionsgerichts nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Gemäß § 314 Satz 1 ZPO liefert dabei der Tatbestand - vorbehaltlich abweichender Angaben im Sitzungsprotokoll (§ 314 Satz 2 ZPO) - Beweis für das mündliche Vorbringen einer Partei. Die Beweiswirkung erstreckt sich auch darauf, ob eine bestimmte Behauptung bestritten ist oder nicht (siehe nur BGH, Urteile vom 17. Mai 2000 - VIII ZR 216/99, NJW 2000, 3007; vom 8. November 2007 - I ZR 99/05, NJW-RR 2008, 1566 Rn. 15 und vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, BGHZ 211, 123 Rn. 57). Zum Tatbestand in diesem Sinne gehören auch tatsächliche Feststellungen, die sich in den Entscheidungsgründen finden (vgl. nur BGH, Urteile vom 17. Mai 2000 aaO; vom 8. November 2007 aaO; vom 18. September 2012 - XI ZR 344/11, BGHZ 195, 1 Rn. 40 und vom 10. Januar 2017 - II ZR 94/15, BGHZ 213, 224 Rn. 31). Eine Verfahrensrüge nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO kommt zur Korrektur entsprechender tatbestandlicher Feststellungen des Berufungsgerichts nicht in Betracht. Wird keine Tatbestandsberichtigung beantragt, kann die behauptete Unrichtigkeit des Tatbestands im Revisionsverfahren nicht im Rahmen von § 559 Abs. 1 Satz 2, § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO berücksichtigt werden (vgl. nur BGH, Urteile vom 18. September 2012 aaO; vom 11. November 2014 - XI ZR 265/13, BGHZ 203, 162 Rn. 44 und vom 12. Juli 2016 aaO).
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- Die Beklagte kann deshalb nicht damit gehört werden, die Behauptung der Klägerin sei, was das Berufungsgericht verfahrensfehlerhaft unter Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG übersehen habe, tatsächlich gar nicht unstreitig gewesen. Zudem hat das Oberlandesgericht im Rahmen der Verfügung des Vorsitzenden vom 11. April 2018 (GA II 346) darauf hingewiesen, dass die Behauptung unstreitig sei, ohne dass die Beklagte dem entgegengetreten wäre. Letzteres hat das Berufungsgericht im Übrigen auch zu Recht angenommen. Die mit der Revision für ihre gegenteilige Argumentation in Bezug genommenen Sätze in der Klageerwiderung bezogen sich auf die in der Klage im Hinblick auf das dort angegebene Anlageziel der sicheren Altersversorgung behauptete Fehlberatung , nicht aber auf die vom Berufungsgericht festgestellte Pflichtverletzung.
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- Ob - so die Beklagte in ihrer Revisionsbegründung - die Beteiligung tatsächlich nicht spekulativ und nicht besonders riskant gewesen ist beziehungsweise die (zusätzliche) Wertung im Berufungsurteil, das Oberlandesgericht halte die Beteiligung im Übrigen auch selbst für spekulativ, falsch ist, spielt im Revisionsverfahren keine Rolle, da die diesbezügliche Darstellung der Klägerin aus den vorstehenden Gründen im Instanzenzug "unstreitig" war. Deshalb geht auch der Vorwurf der Beklagten ins Leere, die Auffassung des Berufungsgerichts , die Risikostruktur des Fonds widerspreche der Anlegermentalität der Klägerin, verletze die Grenzen richterlicher Beweiswürdigung.
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- b) Die Rüge der Beklagten, das Oberlandesgericht habe verkannt, dass selbst nach seinen Feststellungen eine anlegergerechte Beratung vorliege, geht ebenfalls fehl.
- 21
- Zu Unrecht beruft sich die Beklagte insoweit auf das Urteil des XI. Zivilsenats vom 22. März 2011 (XI ZR 33/10, BGHZ 189, 13 Rn. 24). Danach ist es gerade die Aufgabe des Anlageberaters, ausschließlich Produkte zu empfehlen, die mit den Anlagezielen des Kunden - Anlagezweck und Risikobereitschaft - tatsächlich übereinstimmen. Erkundigt er sich nicht bereits - wie von der Rechtsprechung und aufsichtsrechtlich gefordert - vor seiner Anlageempfehlung nach der Risikobereitschaft des Kunden, so kann er seiner Pflicht zu einer anlegergerechten Empfehlung nur dadurch entsprechen, dass er sich noch vor der Anlageentscheidung seines Kunden die Gewissheit verschafft, dass dieser die Risiken des Finanzprodukts in jeder Hinsicht verstanden hat. Dies hat der Berater sicherzustellen. Andernfalls kann er nicht davon ausgehen, dass seine Empfehlung der Risikobereitschaft des Kunden entspricht.
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- Diese Entscheidung ist bereits deshalb nicht einschlägig, weil das Berufungsgericht gerade nicht festgestellt hat, dass der Berater R. sich die Gewissheit verschafft beziehungsweise sichergestellt hat, dass die Klägerin die Risiken des Finanzprodukts in jeder Hinsicht verstanden hat. Dass (so die Revision in diesem Zusammenhang) das Berufungsgericht festgestellt habe, dass die Klägerin den Prospekt vor der Zeichnung erhalten hat, ist zum einen unzutreffend - das Berufungsgericht hat lediglich festgestellt, dass die Klägerin nicht bewiesen habe, den Prospekt nicht rechtzeitig erhalten zu haben -, zum anderen nicht entscheidend. Denn allein daraus folgt keine Gewissheit, dass die Klägerin die Risiken des Finanzprodukts in jeder Hinsicht verstanden hat. Insoweit hätte hier im Übrigen im Rahmen der anlegergerechten Beratung, da "unstreitig" die Beteiligung nicht mit der Anlegermentalität/Anlagestrategie und dem Anlageziel der Klägerin vereinbar war (s.o.), in jedem Fall auch eine Aufklärung über diese Unvereinbarkeit erfolgen müssen, damit die Klägerin frei entscheiden konnte, ob sie die Anlage trotzdem zeichnet. Dies hat das Berufungsgericht aber nicht festgestellt, sondern im Gegenteil in seinem Urteil ausgeführt, dass die Beklagte eine entsprechende Aufklärung durch R. selbst nicht behaup- tet habe. Auch der Kurzhinweis auf einige Risiken der Beteiligung im unteren Teil des Beraterbogens lässt keinen verlässlichen Schluss auf eine entsprechende Kenntnis der Klägerin zu noch war er geeignet, R. die Gewissheit zu vermitteln, dass der Klägerin die Abweichung von ihrem Anlageziel bewusst war.
- 23
- c) Die Rüge der Revision, das Berufungsgericht hätte den Zeugen R. zur Kausalität der Pflichtverletzung vernehmen müssen, ist unbegründet. Die von der Beklagten in Bezug genommene Rechtsprechung, wonach ein Beweisantrag wegen Ungeeignetheit des Beweismittels nur dann abgelehnt werden kann, wenn es ausgeschlossen erscheint, dass das Beweismittel zu dem Beweisthema sachdienliche Erkenntnisse erbringen kann, wobei insoweit größte Zurückhaltung geboten ist (siehe nur BGH, Beschluss vom 10. April 2018 - VI ZR 378/17, NJW 2018, 2803 Rn. 19 mwN), ist nicht einschlägig.
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- Nach der ständigen Senatsrechtsprechung spricht für den Ursachenzusammenhang zwischen einer Aufklärungspflichtverletzung und der Anlageentscheidung eine durch die Lebenserfahrung begründete tatsächliche Vermutung. Es ist insoweit grundsätzlich Sache des Aufklärungspflichtigen, die Vermutung, dass der Anlageinteressent bei richtiger Aufklärung von der Zeichnung der Anlage abgesehen hätte, durch konkreten - und im Bestreitensfall zu beweisenden - Vortrag zu entkräften (siehe nur Urteile vom 8. Juli 2010 - III ZR 249/09, BGHZ 186, 152 Rn. 20 und vom 16. März 2017 - III ZR 489/16, WM 2017, 708 Rn. 32; jeweils mwN; a.A. BGH, Urteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 28 ff: volle Umkehrung der Darlegungs- und Beweislast; diese Abweichung ist hier jedoch nicht entscheidungserheblich). Insoweit stellt sich im Übrigen die vom Berufungsgericht in der Begründung der Revisionszulassung thematisierte Frage, ob die Beklagte die Kausalität bestreiten kann, nicht. Ein bloßes Bestreiten reicht in Fällen der Aufklärungs- und Beratungspflichtverletzung ohnehin nicht aus. Zur Entkräftung genügte die in der Revisionsbegründung in Bezug genommene Behauptung in der Klageerwiderung (S. 4), etwaige Beratungspflichtverletzungen seien im Hinblick auf den Inhalt des Beraterbogens für die Anlageentscheidung der Klägerin nicht kausal geworden, nicht, abgesehen davon, dass sich diese Behauptung nicht auf den zu diesem Zeitpunkt noch nicht thematisierten Vorwurf bezog, auch für einen risikobewussten Anleger sei die Beteiligung ungeeignet. Im Übrigen handelt es sich bei der Frage , wie sich die Klägerin entschieden hätte, um eine innere (hypothetische) Tatsache. Eine Parteivernehmung der Klägerin hat die Beklagte nicht beantragt. Der Beweisantrag, einen Dritten als Zeugen - hier den Berater R. - zu einer nicht seine Person betreffenden inneren Tatsache zu vernehmen, setzt aber voraus, dass schlüssig dargelegt wird, aufgrund welcher Umstände der Zeuge etwas hierzu aussagen kann (vgl. nur Senat, Beschluss vom 1. August 2007 - III ZR 35/07, juris Rn. 7; BGH, Urteile vom 4. Mai 1983 - VIII ZR 94/82, NJW 1983, 2034, 2035; vom 13. Juli 1988 - IVa ZR 67/87, NJW-RR 1988, 1529 f; vom 30. April 1992 - VII ZR 78/91, NJW 1992, 2489 und vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, NJW 2012, 2427 Rn. 44). Auch hieran fehlte es. Entsprechender Vortrag kann in der Revisionsinstanz nicht nachgeholt werden, abgesehen davon , dass die diesbezüglichen Ausführungen - der Zeuge R. könne zu dem Inhalt und den äußeren Umständen des Beratungsgesprächs Bekundungen machen, aus denen sich Rückschlüsse ziehen ließen, mit welcher Entschlossenheit und welchem Erwartungshorizont die Klägerin die Zeichnung der Anlage betrieben habe - substanzlos sind.
- 25
- d) Das Berufungsgericht ist in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise zu dem Ergebnis gelangt, dass der Anspruch auf Schadensersatz nicht verjährt ist.
- 26
- aa) Die vom Oberlandesgericht im Rahmen der Begründung der Revisionszulassung angesprochene und auch von der Beklagten thematisierteFrage ("Inwieweit kann sich eine Klagepartei, die zunächst behauptet, sie habe kein Kapitalverlustrisiko eingehen wollen, mit prozessualer Beachtlichkeit hilfsweise darauf berufen, die von der Beklagten in Bezug genommene Eintragung im Beraterbogen , wonach sie "risikobewusst" war, sei entgegen ihrem Hauptvorbringen zutreffend, weshalb sie eine Verfehlung ihres Anlageziels - anders als ein streng sicherheitsorientierter Anleger - nicht im Sinne des § 199 Abs. 1 BGB anhand des Beraterbogens habe erkennen müssen?") stellt sich im vorliegenden Fall nicht. Die Klägerin hat im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung vor dem Landgericht angegeben, dass der Beraterbogen in ihrem Beisein ausgefüllt und die entsprechenden Eintragungen beziehungsweise Ankreuzungen mit ihr besprochen worden seien. Sie erinnere sich noch daran, dass "wir bewusst die Ankreuzung unter der Anlegermentalität bei risikobewusst vorgenommen haben." Damit hat sie das von ihrem Prozessbevollmächtigten schriftsätzlich zuvor behauptete Ziel einer sicheren Anlage zur Altersversorgung selbst korrigiert. In einem solchen Fall gehen die persönlichen Angaben der Partei dem schriftsätzlichen Vortrag des Prozessbevollmächtigten grundsätzlich vor (vgl. auch BGH, Urteile vom 1. März 1957 - VIII ZR 286/56, LM § 141 ZPO Nr. 2 und vom 22. Oktober 1968 - VI ZR 178/67, VersR 1969, 58, 59). Deshalb kann nicht angenommen werden, die Klägerin mache im Hauptvorbringen ein anderes Anlageziel als im Hilfsvorbringen geltend. Vor diesem Hintergrund kommt es nicht mehr darauf an, wann Hilfsvorbringen, das in Widerspruch zum Hauptvorbringen steht, unzulässig und deshalb unbeachtlich ist (vgl. hierzu Senat, Urteil vom 10. Januar 1985 - III ZR 93/83, NJW 1985, 1841, 1842; BGH, Urteile vom 25. Januar 1956 - V ZR 190/54, BGHZ 19, 387, 390 f; vom 3. Juni 1959 - V ZR 155/58, BeckRS 1959, 31205939; vom 19. Juni 1995 - II ZR 255/93, WM 1995, 1536, 1539 und vom 30. Januar 2015 - V ZR 63/13, NJW 2015, 1678 Rn. 11).
- 27
- bb) Soweit das Berufungsgericht in tatrichterlicher Würdigung eine grob fahrlässige Unkenntnis der Klägerin (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB) im Hinblick auf den angenommenen Beratungsfehler verneint hat, ist diese revisionsrechtlich nur eingeschränkt überprüfbare Bewertung (siehe hierzu nur Senat, Versäumnisurteil vom 23. März 2017 - III ZR 93/16, WM 2017, 799 Rn. 8 und Urteil vom 20. Juli 2017 - III ZR 296/15, WM 2017, 1702 Rn. 24; jeweils mwN) nicht zu beanstanden. Zwar mag, wie der Prozessbevollmächtigte der Beklagten in der mündlichen Verhandlung des Senats ausgeführt hat, auch zu berücksichtigen sein, dass sich die Klägerin gegenüber dem Berater als "risikobewusst" eingeordnet , jedoch zugleich erklärt hat, ein Totalverlustrisiko nicht in Kauf nehmen zu wollen. Gleichwohl ist es ihr nicht als grob fahrlässig anzulasten, wenn ihr der Widerspruch zwischen ihrer in dieser Hinsicht fehlendenRisikobereitschaft und einem in dem "Persönlichen Beraterbogen" enthaltenen Hinweis auf ein solches Wagnis entgangen ist. Die dortige Angabe, dass es "im schlimmsten Fall zu einem teilweisen oder ganzen Verlust der Einlage" kommen könne, war, nachdem verschiedene andere Risiken aufgeführt waren, unter der irreführenden Überschrift "Kumulation" enthalten und damit eingeleitet, dass "die genannten Risiken" auch kumuliert auftreten und so zu den Verlusten führen könnten. Zudem war der Text in sehr kleiner Schrift gehalten. Bei dieser Sachlage, in der das Totalverlustrisiko unter einem anderen Schlagwort, inhaltlich unter begrenzten Voraussetzungen und optisch unauffällig dargestellt wird, fällt der Klägerin allenfalls einfache Fahrlässigkeit zur Last.
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- 3. Die Anschlussrevision der Klägerin hat ebenfalls keinen Erfolg.
- 29
- a) Das Berufungsgericht hat den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf Erstattung entgangener Anlagezinsen rechtsfehlerfrei verneint.
- 30
- aa) Allerdings umfasst der Schadensersatzanspruch wegen schuldhafter Verletzung eines Beratungsvertrags nach § 252 Satz 1 BGB den entgangenen Gewinn. Dazu gehören grundsätzlich auch entgangene Anlagezinsen. Nach § 252 Satz 2 BGB gilt als entgangen der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte. Insoweit spricht die allgemeine Lebenserfahrung dafür, dass Eigenkapital ab einer gewissen Höhe erfahrungsgemäß nicht ungenutzt bleibt, sondern angelegt wird. Dafür, dass und in welcher Höhe durch das schädigende Ereignis ein solcher Gewinn entgangen ist, ist der Geschädigte darlegungs- und beweispflichtig. § 252 Satz 2 BGB enthält lediglich eine die Regelung des § 287 ZPO ergänzende Beweiserleichterung. Der Geschädigte kann sich deshalb zwar auf die Behauptung und den Nachweis der Anknüpfungstatsachen beschränken, bei deren Vorliegen die in § 252 Satz 2 BGB geregelte Vermutung eingreift. Die Wahrscheinlichkeit einer Gewinnerzielung im Sinne von § 252 BGB aufgrund einer zeitnahen alternativen Investitionsentscheidung des Geschädigten und deren Umfang kann jedoch nur anhand seines Tatsachenvortrages dazu beurteilt werden, für welche konkrete Form der Kapitalanlage er sich ohne das schädigende Ereignis entschieden hätte (vgl. nur BGH, Urteile vom 24. April 2012 - XI ZR 360/11, WM 2012, 1188 Rn. 11, 13 und vom 28. Mai 2013 - XI ZR 184/11, juris Rn. 41, 43).
- 31
- bb) Insoweit geht der Vortrag der Anschlussrevision fehl, die Klägerin habe in der Klage geltend gemacht, sie hätte sich im Falle einer korrekten Beratung durch die Beklagte statt für die streitgegenständliche Anlage dafür entschieden , das Geld auf einem Tagesgeldkonto mit einem Zinssatz von 1,5 % anzulegen. In der Klage (S. 32 f) hat sich die Klägerin in diesem Zusammenhang lediglich auf die oben angesprochene Wahrscheinlichkeit berufen, dass bei fehlerfreier Beratung das Geld nicht ungenutzt geblieben, sondern zinsträchtig anderweitig angelegt worden wäre. Im Folgenden hat sie zur Höhe der nicht näher bezeichneten Alternativanlage ausgeführt, dass sie damit "wenigstens die durch festverzinsliche Wertpapiere erreichbare Durchschnittsrendite" oder "mindestens die durch Anlage des Kapitals auf einem Tagesgeldkonto zum Zeichnungszeitpunkt vorliegenden Tagesgeldzinsen" hätte erzielen können. Dass sie die Zeichnungssumme tatsächlich alternativ entsprechend konservativ in festverzinsliche Wertpapiere oder auf einem Tagesgeldkonto angelegt hätte, hat die Klägerin aber gerade nicht behauptet, was im Übrigen angesichts der von ihr im Beraterbogen erklärten Anlegermentalität/Anlagestrategie "risikobewusst (Ertragserwartung über Kapitalmarktniveau, gesteigerte Risikobereitschaft )" auch nicht glaubhaft gewesen wäre. Bei einer auf letzteres bezogenen Empfehlung des Beraters und der entsprechenden Zeichnung einer solchen Anlage wären zwar Renditen von mehr als 1,5 % sicherlich ohne weiteres möglich gewesen. Angesichts des gesteigerten Risikos einer solchen Anlage ist es aber revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn das Berufungsgericht nicht die Überzeugung hat gewinnen können, dass ein entsprechender Gewinn mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte.
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- b) Das Berufungsgericht hat die Beklagte auch zu Recht nicht zum Ersatz außergerichtlicher Kosten der Klägerin verurteilt. Dies folgt bereits daraus, dass die Klägerin keinen Ersatz, sondern Freistellung von der diesbezüglichen Forderung ihrer Prozessbevollmächtigten verlangt hat. Nach § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist das Gericht nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist; dies gilt insbesondere für Nebenforderungen (§ 308 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Da die Klägerin nach ihrem Vortrag im Schriftsatz vom 30. Juni 2016 (S. 37) die Kostenrechnung ihrer Prozessbevollmächtigten vom 11. Dezember 2014 bereits beglichen hat, kommt keine Freistellung von der bereits erfüllten und nach § 362 Abs. 1 BGB erloschenen Forderung, sondern nur ein Ersatz der hierzu aufgewandten Kosten in Betracht. Dies hat die Klägerin aber nicht beantragt. Der eindeutige Antrag auf Freistellung kann auch nicht als Antrag auf Schadensersatz ausgelegt werden. Letzterer stellt gegenüber ersterem ein aliud und kein minus dar. Das Urteil des Berufungsgerichts ist insoweit auch keine unzulässige Überraschungsentscheidung im Sinne des § 139 Abs. 2 Satz 1 ZPO. Zum einen gilt die Hinweispflicht nach der ausdrücklichen Regelung in § 139 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht für Nebenforderungen. Zum anderen hat das Berufungsgericht in seinem Urteil (S. 19) festgestellt, dass den Prozessbevollmächtigten der Klägerin das Problem aus einem Parallelverfahren bekannt gewesen sei. Hierzu verhält sich die Anschlussrevision nicht. Der Vorwurf einer Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG iVm § 139 Abs. 1, 2 ZPO) geht daher fehl.
- 33
- c) Soweit die Klägerin weiter eine pflichtwidrig unterlassene Aufklärung über eine erhaltene Rückvergütung/Provision und einen Aufklärungsfehler bezüglich des Blindpoolrisikos geltend macht, kommt es hierauf, da die Revision der Beklagten keinen Erfolg hat, nicht mehr entscheidungserheblich an. Im Übrigen sind die Rügen unbegründet. Die Auffassung der Klägerin, eine 100%ige Tochtergesellschaft einer Bank (wie hier die Beklagte als Tochter der P. AG) sei - wie eine Bank selbst und damit anders als ein freier Anlageberaterimmer verpflichtet, ihre Kunden ungefragt über die Höhe der von ihr erwarteten Vergütung aufzuklären, steht in Widerspruch zur Senatsrechtsprechung (siehe nur Urteile vom 19. Juli 2012 - III ZR 308/11, WM 2012, 1574 Rn. 12 ff; vom 6. Dezember 2012 - III ZR 307/11, WM 2013, 119 Rn. 14 f und vom 18. April 2013 - III ZR 225/12, BKR 2013, 288 Rn. 15 f), von der abzuweichen die Ausführungen der Anschlussrevision keine Veranlassung geben. Bezüglich des Blindpoolrisikos hat die Klägerin in dem mit der Anschlussrevision in Bezug ge- nommenen Schriftsatz vom 9. August 2016 (dort S. 1-3) nicht geltend gemacht, dass die Darstellung im Prospekt fehlerhaft sei, sondern lediglich, dass sie auf dieses Risiko weder durch rechtzeitige Übergabe des Prospekts noch durch mündliche Aufklärung seitens des Beraters R. hingewiesen worden sei und auch die kurze Passage unter der Rubrik "Portfolio" im Beraterbogen keine ausreichende Aufklärung darstelle. Die Rüge einer Verletzung des rechtlichen Gehörs durch das Berufungsgericht, das bezüglich des Prospekts in Übereinstimmung mit dem Landgericht davon ausgegangen ist, dass der Klägerin der Nachweis einer unterlassenen rechtzeitigen Übergabe nicht gelungen sei, geht insoweit fehl. Mit der Anschlussrevision kann ein (angeblicher) Prospektfehler nicht erstmals geltend gemacht werden.
Reiter Böttcher
Vorinstanzen:
LG Hannover, Entscheidung vom 03.05.2017 - 7 O 162/15 -
OLG Celle, Entscheidung vom 19.07.2018 - 11 U 103/17 -
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BUNDESGERICHTSHOF
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 19. Oktober 2017 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Herrmann, die Richter Tombrink, Dr. Remmert und Reiter sowie die Richterin Pohl
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
- 1
- Der Kläger nimmt die Beklagte auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit der Beteiligung an einem Schiffsfonds in Anspruch.
- 2
- Der Kläger beteiligte sich mit Beitrittserklärung vom 29. Januar 2008 mit 20.000 € zzgl. 5 % Agio an der D. GmbH & Co. KG. In der Beitrittserklärung bestätigte er in einem gesondert unterschriebenen Empfangsbekenntnis, ein Exemplar des Verkaufsprospekts vor der Unterzeichnung der Beitrittserklärung erhalten zu haben. Der Beteiligung waren Ende 2007 und am Tag der Zeichnung Gespräche mit dem bis Juni 2012 für die Beklagte tätigen selbständigen Handelsvertreter M. vorangegangen.
- 3
- Das Beteiligungskapital der Fondsgesellschaft beträgt ausweislich des Emissionsprospekts (S. 32) 49.300.000 €. Die Vertriebskosten sind mit 7.395.000 € ausgewiesen.Das Agio beläuft sich auf 2.465.000 € (5 % auf das Beteiligungskapital).
- 4
- Der Kläger hat, soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung, geltend gemacht, unter Berücksichtigung des Agios von 5 % seien - aufklärungspflichtige - Innenprovisionen von 20 % geflossen. Der Emissionsprospekt sei ihm nicht übergeben worden. Bei gehöriger Aufklärung hätte er die Beteiligung nicht gezeichnet.
- 5
- Die Beklagte hat vorgetragen, aus der Beitrittserklärung sei ersichtlich, dass dem Kläger der Prospekt übergeben worden sei. Die Prospektübergabe sei rechtzeitig erfolgt. Zudem müsse es ihr möglich sein, den Vortrag des Klägers mit Nichtwissen zu bestreiten. Der Prospekt kläre hinreichend über alle Risiken der Anlage auf. Im Hinblick auf die Vertriebskosten sei ihr keine Aufklärungspflichtverletzung anzulasten. Sie habe keine Provisionszahlungen von über 15 % erhalten. Das Agio sei bei der Ermittlung der Innenprovisionen nicht zu berücksichtigen.
- 6
- Das Landgericht hat - unter Klageabweisung im Übrigen - die Beklagte verurteilt, an den Kläger 19.959 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Rückübertragung der Anteile des Klägers an der Fondsgesellschaft zu zahlen und den Kläger von allen Schäden und Nachteilen - insbesondere von Rückforderungs- ansprüchen nach § 172 Abs. 4 HGB - freizustellen, die unmittelbar oder mittelbar aus der vom Kläger gezeichneten Beteiligung resultieren. Ferner hat es festgestellt, dass sich die Beklagte seit dem 28. Juni 2014 bezüglich der Rückübertragung der Beteiligung des Klägers an der Fondsgesellschaft in Annahmeverzug befindet. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich ihre vom Berufungsgericht zugelassene Revision.
Entscheidungsgründe
- 7
- Die zulässige Revision hat auch in der Sache Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
- 8
- Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Beklagte dürfe die vom Kläger behauptete Nichtübergabe des Emissionsprospekts nicht mit Nichtwissen bestreiten. Es handele sich um einen Sonderfall der sekundären Darlegungslast. Zwar müsse der Anleger die Nichtübergabe des Emissionsprospekts darlegen und beweisen. Wenn ein Anspruchsteller - wie vorliegend - eine negative Tatsache behaupte, müsse der die Tatsache bestreitende Anspruchsgegner jedoch aktiv darlegen, wann und wie sich die Tatsache verwirklicht habe, das heißt wie im Einzelnen beraten beziehungsweise aufgeklärt worden sei. Daraus folge, dass die Beklagte die Nichtübergabe der Prospekte nicht mit Nichtwissen bestreiten dürfe. Könne sie ihrer eigenständigen Darlegungspflicht nicht genügen , sei zu ihrem Nachteil davon auszugehen, dass die darzulegende positive Tatsache nicht vorliege. Es komme nicht darauf an, ob die Beklagte ihr Unvermögen zu substantiiertem Sachvortrag zu vertreten habe. Verfüge der Anspruchsgegner über keine eigenen Erkenntnisse zum Beratungsgeschehen, obliege es ihm, sich bei dem damals für ihn tätigen Berater mit Nachdruck nach dem Beratungsverlauf zu erkundigen. Antworte der Berater nicht oder teile er mit, ihm fehle jede Erinnerung, dürfe der Anspruchsgegner eine rechtzeitige Prospektübergabe nicht ohne Verstoß gegen die prozessuale Wahrheitspflicht ins Blaue hinein behaupten. Eine Behauptung ins Blaue hinein lasse sich auch nicht dadurch rechtfertigen, dass der Anleger in der Beitrittserklärung eine vorformulierte Empfangsquittung für den Emissionsprospekt unterzeichnet habe, der sich das einen rechtzeitigen Empfang bestätigende Datum nicht entnehmen lasse. Dementsprechend habe die Beklagte nicht ins Blaue hinein behaupten dürfen, eine Übergabe des Prospekts im ersten Beratungstermin Ende 2007 sei rechtzeitig gewesen, weil sie keine belastbare Grundlage für die Behauptung dieser Prospektübergabe habe. Sie könne sich auch nicht auf ein einfaches Bestreiten beziehungsweise ein Bestreiten mit Nichtwissen zurückziehen. Mithin sei nicht von einer rechtzeitigen Prospektübergabe auszugehen.
- 9
- Es sei eine Aufklärungspflicht über die Höhe der Innenprovisionen anzunehmen , die - wenn auch nur unter Einbeziehung des Agios von 5 % - eine Quote von 15 % des Eigenkapitals überstiegen. Die Eigenkapitalbeschaffungskosten stünden zum Eigenkapital in einem Verhältnis von genau 15 %. Dieser Quote sei nach zutreffender Auffassung das Agio hinzuzurechnen. Der durchschnittliche Anleger habe regelmäßig den Gesamtbetrag einschließlich des Agios für Augen, den er aufbringen müsse, um die Beteiligung zu erwerben. Von diesem Gesamtbetrag werde er bei der Überlegung ausgehen, ob sich die Anlage für ihn rentiere. Daher komme es für seine Anlageentscheidung regelmäßig darauf an, welcher Anteil dieses Gesamtbetrages nicht der Schaffung oder Erhöhung der Werthaltigkeit der Anlage, sondern nur der Eigenkapitalbeschaffung diene. Dies rechtfertige es, das Agio bei der Ermittlung des Verhältnisses der Eigenkapitalbeschaffungskosten zum Eigenkapital zu berücksichtigen.
II.
- 10
- Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
- 11
- 1. Das Berufungsgericht hat allerdings zu Recht und mit zutreffender Begründung eine Aufklärungspflicht der Beklagten über die Höhe der Provisionen angenommen.
- 12
- a) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats hat ein Anlagevermittler oder -berater den Erwerber einer von ihm empfohlenen Anlage unaufgefordert über Vertriebsprovisionen aufzuklären, wenn diese eine Größenordnung von 15 % des von den Anlegern einzubringenden Kapitals überschreiten. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass Vertriebsprovisionen solchen Umfangs Rückschlüsse auf eine geringere Werthaltigkeit und Rentabilität der Kapitalanlage eröffnen und dies wiederum einen für die Investitionsentscheidung derart bedeutsamen Umstand darstellt, dass der Anlageinteressent hierüber informiert werden muss (z.B. Senat, Urteil vom 12. Februar 2004 - III ZR 359/02, BGHZ 158, 110, 116 ff, 121; dem folgend Senat, Urteile vom 23. Juni 2016 - III ZR 308/15, WM 2016, 1333 Rn. 11; vom 12. Dezember 2013 - III ZR 404/12, WM 2014, 118 Rn. 14; vom 3. März 2011 - III ZR 170/10, WM 2011, 640 Rn. 16, 22 und vom 9. Februar 2006 - III ZR 20/05, NJW-RR 2006, 685 Rn. 5; Beschluss vom 29. Januar 2015 - III ZR 547/13, BeckRS 2015, 04824 Rn. 8). Für die Bewertung einer Geldanlage kann allein schon der Umstand, in welchem Umfang dem vom Anleger zu zahlenden Preis Provisionen für die Vermittlung des Eigenkapitals gegenüberstehen, von maßgeblicher Bedeutung sein (Senat, Urteil vom 9. Februar 2006 aaO).
- 13
- aa) Bezugsgröße für die Höhe aufklärungspflichtiger Provisionen (von mehr als 15 %) ist nach der Rechtsprechung des Senats das von den Anlegern einzubringende Eigenkapital (Senat, Urteile vom 12. Februar 2004 aaO S. 117 f und vom 9. Februar 2006 aaO).
- 14
- bb) Zu dem von den Anlegern einzubringenden Eigenkapital sind die zu zahlenden Provisionen ins Verhältnis zu setzen. Hierzu gehört auch ein auf das Beteiligungskapital zu zahlendes Agio (vgl. Senat, Urteil vom 12. Februar 2004 aaO S. 117 f [unter II 2 c aa (2)] sowie S. 121 [unter II 2 c bb (3): Bezugnahme auf Schirp/Mosgo, BKR 2002, 354, 358 f]; OLG Düsseldorf, Urteil vom 6. November 2014 - I-16 U 19/14, juris Rn. 56).
- 15
- Das Agio ist - gemeinsam mit den aus dem Eigenkapital zu zahlenden Vertriebsprovisionen - für die Werthaltigkeit der Investition als Ausgangspunkt der Aufklärungspflicht des Anlageberaters von Bedeutung. Die Werthaltigkeit der Kapitalanlage kann im Fall einer hohen Provision maßgeblich nachteilig beeinflusst sein, weil die für die Provisionen benötigten Beträge nicht für das eigentliche Anlageobjekt zur Verfügung stehen. Dabei stellt aus der - wert- und renditeorientierten - Sicht des Anlegers der insgesamt von ihm zu zahlende Betrag (einschließlich Agio) die "Kapitalanlage" dar (so zutreffend OLG Düsseldorf aaO). Für ihn ist nicht allein von Bedeutung, in welchem Umfang das von ihm eingebrachte Eigenkapital in das Anlageobjekt investiert wird und wie hoch seine Rendite bezogen auf diese Summe ist. Mögen im Einzelfall die sich insofern ergebenden Beträge und Relationen für ihn noch annehmbar erscheinen, so kann sich dies ändern, wenn der weitere Betrag, den er in Gestalt des Agios investiert hat, in die Wert- und Renditeberechnung einbezogen wird. Denn er wird stets den Gesamtbetrag seiner Investition (einschließlich Agio) betrachten, um beurteilen zu können, ob sie sich hinsichtlich Werthaltigkeit und Rendite lohnt.
- 16
- Steigen die Kosten für die Vermittlung des Eigenkapitals im Verhältnis zu letzterem, wird ab einer bestimmten Größenordnung der Vermittlungskosten der Rückschluss auf eine geringere Werthaltigkeit der gesamten Kapitalanlage (einschließlich Agio) eröffnet. Dabei ist es ohne Bedeutung, ob die Kosten für die Vermittlung des Eigenkapitals aus diesem selbst oder einem zusätzlich zu entrichtenden Aufschlag (Agio) bestritten werden (OLG Düsseldorf aaO). Denn sie fließen, obwohl Bestandteil des vom Anleger investierten Gesamtbetrages, in jedem Fall nicht in das eigentliche Anlageobjekt.
- 17
- cc) Zur Beurteilung der Werthaltigkeit und Rentabilität der Kapitalanlage durch den Anleger ist dagegen nicht die Summe der Vermittlungskosten (einschließlich Agio) rechnerisch ins Verhältnis zu dem Gesamtaufwand des Anlegers (einschließlich Agio) zu setzen (so aber OLG Düsseldorf aaO). Der Rückschluss auf die Werthaltigkeit der Kapitalanlage ergibt sich aus dem Verhältnis der Vertriebskosten zum einzubringenden Eigenkapital. Denn die Rentierlichkeit einer Anlage ist typischerweise bereits dann in Frage gestellt, wenn mehr als 15 % des einzubringenden Eigenkapitals in Kapitalvermittlungskosten fließen. Dem entspricht, dass der Rechtsverkehr üblicherweise dieser Relation für die Beurteilung der Werthaltigkeit und Renditeträchtigkeit der Anlage maßgebliche Bedeutung beimisst. Dies zeigt sich etwa an dem Beispiel des provisionspflichtigen Erwerbs einer Immobilie, bei dem der Käufer in aller Regel das Verhältnis der Provision zu dem Kaufpreis in den Blick nimmt.
- 18
- dd) Soweit die Revision die Auffassung vertritt, das Agio habe bei der Berechnung des Schwellenwerts von 15 % außer Betracht zu bleiben, weil dieser Aufschlag erkennbar nicht der Investition in das Anlageobjekt diene und eine Fehlvorstellung des Anlegers hinsichtlich des Anlagebetrags nicht entstehe , vermag der Senat dem nicht zu folgen. Auch die aus dem - von den Anlegern eingebrachten - Eigenkapital entrichteten Vertriebsprovisionen dienen nicht der Investition in das Anlageobjekt der Fondsgesellschaft (hier: dem Schiff). Gerade deshalb verringern sie potenziell die Werthaltigkeit der Gesamtinvestition und sind daher nach der Senatsrechtsprechung aufklärungspflichtig , wenn sie einen bestimmten Schwellenwert überschreiten. Insofern besteht zwischen ihnen und dem Agio kein Unterschied. Zwar trifft es zu, dass bei dem Anleger, wenn ein offen ausgewiesener Ausgabeaufschlag betroffen ist, insoweit keine Fehlvorstellung hinsichtlich der Werthaltigkeit des Anlagebetrags entstehen kann (BGH, Urteil vom 3. Juni 2014 - XI ZR 147/12, WM 2014, 1382 Rn. 17). Eine umfassende Beurteilung der Werthaltigkeit der Kapitalanlage ist dem Anleger indes nur möglich, wenn er sowohl das - offen ausgewiesene - Agio als auch die weiteren, vom Eigenkapital zu entrichtenden Vertriebsprovisionen kennt. Erst das Verhältnis der gesamten Kosten der Eigenkapitalvermittlung zum einzubringenden Eigenkapital ermöglicht den Rückschluss auf eine etwaige geringere Werthaltigkeit der Anlage.
- 19
- b) Nach Maßgabe der vorgenannten Grundsätze war der Kläger über die Gesamthöhe der Provisionen aufzuklären, da diese unter Einschluss des Agios unstreitig eine Größenordnung von 15 % des einzubringenden Kapitals überstiegen.
- 20
- 2. Von Rechtsfehlern beeinflusst ist jedoch die Auffassung des Berufungsgerichts , es sei nicht von einer rechtzeitigen Prospektübergabe (als Mittel der Aufklärung über die Höhe der Provisionen) auszugehen.
- 21
- a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs trägt derjenige , der eine Aufklärungs- oder Beratungspflichtverletzung behauptet, hierfür die Darlegungs- und Beweislast; die mit dem Nachweis einer negativen Tatsache verbundenen Schwierigkeiten werden dadurch ausgeglichen, dass die andere Partei die behauptete Fehlberatung substantiiert bestreiten und darlegen muss, wie im Einzelnen beraten beziehungsweise aufgeklärt worden sein soll; dem Anspruchsteller obliegt sodann der Nachweis, dass diese Darstellung nicht zutrifft (z.B. Senat, Urteile vom 20. Juli 2017 - III ZR 296/15, WM 2017, 1702 Rn. 12; vom 5. Mai 2011 - III ZR 84/10, juris Rn. 17 und vom 11. Mai 2006 - III ZR 205/05, WM 2006, 1288 Rn. 7; BGH, Urteile vom 14. Juli 2009 - XI ZR 152/08, NJW 2009, 3429 Rn. 38 und vom 24. Januar 2006 - XI ZR 320/04, BGHZ 166, 56 Rn. 15).
- 22
- Diese Grundsätze gelten auch für behauptete Aufklärungs- und Beratungsmängel im Zusammenhang mit einer Kapitalanlage (Senat, Urteile vom 20. Juli 2017 und vom 5. Mai 2011; jeweils aaO). Dementsprechend trägt der Anleger für die nicht rechtzeitige Übergabe des Emissionsprospekts die Darlegungs - und Beweislast (z.B. Senat, Urteile vom 6. Dezember 2012 - III ZR 66/12, WM 2013, 68 Rn. 16; vom 19. November 2009 - III ZR 169/08, BKR 2010, 118 Rn. 25 und vom 11. Mai 2006 aaO Rn. 6; Beschluss vom 30. November 2006 - III ZR 93/06, NJW-RR 2007, 775 Rn. 5). Die mit dem Nachweis der negativen Tatsache der fehlenden Prospektübergabe verbundenen Schwierigkeiten werden dadurch ausgeglichen, dass die andere Partei die behauptete fehlende Übergabe substantiiert bestreiten muss. Im Regelfall geschieht dies durch die Darlegung, wann und unter welchen Umständen der Prospekt übergeben wurde.
- 23
- b) Der für die Darlegung negativer Tatsachen maßgebliche Gesichtspunkt der Möglichkeit und Zumutbarkeit ist indes nicht auf die darlegungs- und beweispflichtige Partei beschränkt, sondern auch auf Seiten der anderen Partei zu berücksichtigen. Die Darlegung, wann und unter welchen Umständen der Prospekt übergeben worden ist, muss ihr zumutbar sein (zur Zumutbarkeit des substantiierten Bestreitens negativer Tatsachen vgl. BGH, Urteile vom 7. Dezember 1998 - II ZR 266/97, BGHZ 140, 156, 158 f; vom 8. Oktober 1992 - I ZR 220/90, NJW-RR 1993, 746, 747 und vom 19. September 1966 - II ZR 62/64, BeckRS 1966, 30403398; Zöller/Greger, ZPO, 31. Aufl., Vor § 284 Rn. 24; Schäfer in Ellenberger/Schäfer, Fehlgeschlagene Wertpapieranlagen, S. 359 f; Radig/Schedensack, WM 2015, 506, 514; Krupp, EWiR 2017, 431, 432; möglicherweise einschränkend Laumen in Baumgärtel/Laumen/Prütting, Handbuch der Beweislast, 3. Aufl., Kap. 22 Rn. 34). Begegnet im Einzelfall die nicht beweispflichtige Partei im Hinblick auf eine ihr obliegende Substantiierungslast ebenfalls Schwierigkeiten, weil sie die entsprechenden Tatsachen nicht kennt und auch nicht in Erfahrung zu bringen vermag, kann von ihr eine solche Substantiierung nicht gefordert werden (Radig/Schedensack aaO). Andernfalls würde in einem solchen Fall, in dem sowohl der darlegungs- und beweisbelasteten Partei als auch der Gegenpartei Vortrag nicht möglich oder nicht zumutbar ist, letztlich die Darlegungslast vollständig umgekehrt und der Gegenpartei - unabhängig von ihren Kenntnissen und Erkenntnismöglichkeiten - auferlegt. Dies wäre durch die Darlegungsschwierigkeiten des Anspruchstellers bei negativen Tatsachen nicht gerechtfertigt (vgl. Laumen aaO: Zumutbarkeitskriterium bei sekundärer Behauptungslast ermöglicht Abwägung der Parteiinteressen). Die nach Lage des Falles und im Rahmen des Zumutbaren strengere Substantiie- rungslast der für die negative Tatsache nicht beweispflichtigen Partei hat nur den Sinn, die Schwierigkeiten des sogenannten Negativbeweises auszugleichen (Schäfer aaO S. 359). Begegnet auch sie - mit zumutbarem Aufwand nicht überwindbaren - Schwierigkeiten und kann der entscheidungserhebliche Sachverhalt von keiner Partei aufgeklärt werden, geht dies zu Lasten der Partei, die die Darlegungslast trägt. Das ist, soweit die Verletzung von Aufklärungs- und Beratungspflichten betroffen ist, der Anspruchsteller.
- 24
- c) Unter Anwendung dieser Grundsätze hat die Beklagte die vom Kläger behauptete fehlende Übergabe des Emissionsprospekts hinreichend bestritten.
- 25
- aa) Die Beklagte hat sich, worauf die Revision zutreffend hinweist, nicht nur mit Nichtwissen erklärt, sondern die rechtzeitige Übergabe des Prospekts an den Kläger durch den Handelsvertreter M. positiv behauptet.
- 26
- Sie hat mit der Klageerwiderung vom 30. März 2015 (S. 6 ff) vorgetragen , aus der Beitrittserklärung ergebe sich, dass dem Kläger der Prospekt übergeben worden sei; er habe dies mit seiner Unterschrift bestätigt. Sie habe unter Bezugnahme auf die vom Kläger in den jeweiligen Beitrittserklärungen jeweils abgegebene Empfangsbestätigung vorgetragen, dass die Prospekte rechtzeitig übergeben worden seien. Nähere Angaben seien ihr nicht zumutbar. Mit ihrer Berufungsbegründung vom 14. Juli 2016 (S. 5) hat sie ausgeführt, eine Übergabe des Prospekts im ersten Beratungstermin Ende 2007 sei rechtzeitig gewesen. Mit Schriftsatz vom 14. September 2016 (S. 2) hat sie schließlich darauf hingewiesen, die Nichtübergabe des Prospekts werde von ihr nicht bloß mit Nichtwissen bestritten. Es handele sich vielmehr um einen Fall des substantiierten Bestreitens unter Bezugnahme auf die Empfangsbestätigung in der Beitrittserklärung.
- 27
- Ergänzend hat die Beklagte Hergang und Inhalt der Beratungsgespräche mit Nichtwissen bestritten. In diesem Zusammenhang hat sie vorgetragen, sie habe den Handelsvertreter M. mit Schreiben vom 8. Juli 2014 (Anlage B 6), 17. November 2015 und 9. Dezember 2015 (Anlage BB 1) um Stellungnahme gebeten. Dieser habe nicht reagiert.
- 28
- bb) Damit hat die Beklagte die vom Kläger behauptete fehlende Übergabe des Emissionsprospekts hinreichend bestritten. Zwar hat sie nicht dargelegt, wann und unter welchen Umständen die Übergabe des Prospekts erfolgt sein soll. Ein solcher Vortrag ist von ihr nach den besonderen Umständen des vorliegenden Falles indes auch nicht zu verlangen.
- 29
- (1) Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass der Kläger mit dem von ihm gesondert unterschriebenen Empfangsbekenntnis in der Beitrittserklärung vom 29. Januar 2008 bestätigt hat, ein Exemplar des Verkaufsprospekts vor Unterzeichnung der Beitrittserklärung erhalten zu haben.
- 30
- Zwar ergibt sich, wie das Berufungsgerichtzutreffend ausführt, aus dem Empfangsbekenntnis nicht das Datum der Prospektübergabe. Aus der Bestätigung kann daher nicht auf die Rechtzeitigkeit der Übergabe geschlossen werden (zum Erfordernis der rechtzeitigen Übergabe des Prospekts als Mittel der Aufklärung des Anlegers vgl. Senat, Urteil vom 18. Februar 2016 - III ZR 14/15, WM 2016, 504 Rn. 16 mwN). Es wird jedoch - im Widerspruch zu der prozessualen Behauptung des Klägers - die Übergabe des Prospekts als solche bestätigt (vgl. § 309 Nr. 12 Hs. 2 BGB zur AGB-rechtlichen Wirksamkeit eines gesondert unterschriebenen Empfangsbekenntnisses). Dieser Umstand kann bei den Anforderungen, die an das Maß des Bestreitens der Beklagten gestellt und aus der Behauptung des Klägers, ein Prospekt sei ihm nicht übergeben worden, hergeleitet werden, nicht unberücksichtigt bleiben. Hätte der Kläger, wie es mit dem von ihm unterschriebenen Empfangsbekenntnis vereinbar wäre, behauptet, den Prospekt lediglich nicht rechtzeitig empfangen zu haben, hätte es ihm oblegen, den Zeitpunkt der Übergabe darzulegen. Es handelte sich dann nicht mehr - wie im Fall einer gänzlich fehlenden Übergabe - um eine negative Tatsache, deren Darlegung dem Kläger Schwierigkeiten bereitet, sondern um eine positive Tatsache (Zeitpunkt der Übergabe), deren Darlegung dem Kläger grundsätzlich möglich und zumutbar ist (zur Darlegungs- und Beweislast des Anlegers betreffend den streitigen Zeitpunkt einer unstreitig erfolgten Prospektübergabe vgl. Senat, Urteile vom 19. November 2009 - III ZR 169/08, BKR 2010, 118 Rn. 25 und vom 11. Mai 2006 - III ZR 205/05, WM 2006, 1288 Rn. 6). Die fehlende Rechtzeitigkeit der Übergabe ist in diesem Zusammenhang keine negative Tatsache, sondern eine dem Beweis nicht zugängliche rechtliche Wertung.
- 31
- (2) Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte das Datum der Prospektübergabe weder kennt noch mit ihr zumutbaren Mitteln in Erfahrung bringen kann. Denn der Zeuge M. , bei dem allein eine Erkundigung der Beklagten in Betracht kommt, ist nicht mehr als selbständiger Handelsvertreter für sie tätig (zur fehlenden Erkundigungsobliegenheit der mit Nichtwissen bestreitenden Partei bei ausgeschiedenen Geschäftsführern, Vorstandsmitgliedern und Mitarbeitern vgl. Senat, Urteil vom 9. Juli 1987 - III ZR 229/85, ZIP 1987, 1102, 1104 (Geschäftsführer); BGH, Urteile vom 30. April 2015 - IX ZR 1/13, WM 2015, 1246 Rn. 18 (Organmitglied; Amtsvorgänger eines Insolvenzverwalters ) und vom 10. Oktober 1994 - II ZR 95/93, NJW 1995, 130, 131 (Vorstandsmitglied , Mitarbeiter); Schäfer aaO S. 360). Er steht der Beklagten nicht (mehr) näher als dem Kläger und ist für sie auch nicht leichter erreichbar. Auf die konkreten, mit Schreiben vom 17. November 2015 und Erinnerungsschreiben vom 9. Dezember 2015 erfolgten Nachfragen der Beklagten betreffend die Übergabe der Prospekte hat er nicht geantwortet. Ein darüber hinausgehendes Vorgehen der Beklagten gegenüber dem nicht mehr für sie tätigen Zeugen M. , etwa - wie das Berufungsgericht meint - mittels eines Hinweises auf eine nachwirkende Auskunftspflicht oder auf bei Nichterfüllung dieser Pflicht drohende Schadensersatzansprüche, ist der Beklagten nicht zumutbar. Solche Maßnahmen zur Aufklärung des Sachverhalts, verbunden möglicherweise mit ihrer langwierigen prozessualen Durchsetzung und deren nicht absehbarem Erfolg, können von der Beklagten als Gegner des darlegungs- und beweispflichtigen Klägers auch in Abwägung mit dessen Interessen nicht gefordert werden.
- 32
- (3) Dem vom Kläger unterschriebenen Empfangsbekenntnis und der Unzumutbarkeit weiterer Aufklärungsmaßnahmen auf Seiten der Beklagten ist bei den Anforderungen an das Bestreiten der Beklagten Rechnung zu tragen. Sie reduzieren das Maß an Substantiierung, das von der Beklagten erwartet werden kann. Insbesondere stellt sich ihr Vortrag - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - nicht als ein Bestreiten ins Blaue hinein dar.
- 33
- (a) Eine Partei genügt ihrer Darlegungslast, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen. Das Gericht muss anhand des Parteivortrags beurteilen können, ob die gesetzlichen Voraussetzungen der an eine Behauptung geknüpften Rechtsfolgen erfüllt sind. Genügt das Parteivorbringen diesen Anforderungen an die Substantiierung, kann der Vortrag weiterer Einzeltatsachen, die etwa den Zeitpunkt und den Vorgang bestimmter Ereignisse betreffen, nicht verlangt werden; es ist dann Sache des Tatrichters, bei der Beweisaufnahme die benannten Zeugen nach Einzelheiten zu befragen, die ihm für die Zuverlässigkeit der Bekundungen erforderlich erscheinen (z.B. Senat, Urteile vom 23. Juni 2016 - III ZR 308/15, WM 2016, 1333 Rn. 18; vom 6. Dezember 2012 - III ZR 66/12, WM 2013, 68 Rn. 10 und vom 15. Mai 2003 - III ZR 7/02, juris Rn. 15; BGH, Urteile vom 2. April 2007 - II ZR 325/05, WM 2007, 1025 Rn. 23 und vom 13. Dezember 2002 - V ZR 359/01, NJW-RR 2003, 491; Beschlüsse vom 6. Februar 2014 - VII ZR 160/12, NJW-RR 2014, 456 Rn. 12 und vom 31. Juli 2013 - VII ZR 59/12, NJW 2013, 3180 Rn. 11). Hierbei ist auch zu berücksichtigen, welche Angaben einer Partei zumutbar und möglich sind. Falls sie keinen Einblick in die Geschehensabläufe hat und ihr die Beweisführung deshalb erschwert ist, darf sie auch nur vermutete Tatsachen unter Beweis stellen. Sie ist grundsätzlich nicht gehindert, Tatsachen zu behaupten, über die sie keine genauen Kenntnisse hat, die sie aber nach Lage der Dinge für wahrscheinlich hält (z.B. Senat, Urteil vom 15. Mai 2003 aaO; BGH, Urteile vom 24. Juni 2014 - VI ZR 560/13, WM 2014, 1470 Rn. 36; vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 40; vom 13. Dezember 2002 aaO; vom 25. April 1995 - VI ZR 178/94, NJW 1995, 2111, 2112 und vom 4. März 1991 - II ZR 90/90, NJW-RR 1991, 888, 891; Beschluss vom 11. Oktober 2016 - VI ZR 547/14, juris Rn. 10). Die Ablehnung eines Beweises für eine erhebliche Tatsache ist nur zulässig, wenn die unter Beweis gestellte Tatsache so ungenau bezeichnet ist, dass ihre Erheblichkeit nicht beurteilt werden kann oder wenn sie ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich ins Blaue hinein aufgestellt worden ist, mithin aus der Luft gegriffen ist und sich deshalb als Rechtsmissbrauch darstellt. Bei der Annahme von Willkür in diesem Sinne ist allerdings Zurückhaltung geboten. In der Regel wird sie nur bei Fehlen jeglicher Anhaltspunkte vorliegen (z.B. Senat, Urteil vom 15. Mai 2003; BGH, Urteile vom 24. Juni 2014, 8. Mai 2012, 13. Dezember 2002, 25. April 1995 und 4. März 1991; jeweils aaO).
- 34
- (b) Nach diesen Grundsätzen hat die Beklagte ihrer Substantiierungslast genügt und die Behauptung des Klägers, ein Emissionsprospekt sei ihm nicht übergeben worden, nicht ins Blaue hinein, sondern ausreichend bestritten.
- 35
- Sie hat unter Bezugnahme auf das vom Kläger in der Beitrittserklärung vom 29. Januar 2008 gesondert unterschriebene Empfangsbekenntnis vorgetragen , der Emissionsprospekt sei dem Kläger übergeben worden. In Anbetracht der Bezugnahme auf das Empfangsbekenntnis des Klägers, aus dem sich greifbare Anhaltspunkte für den Erhalt des Prospekts vor der Zeichnung der Beteiligung ergeben, ist dieser Vortrag der Beklagten nicht willkürlich ins Blaue hinein aufgestellt oder aus der Luft gegriffen.
- 36
- Zwar ergibt sich, wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, aus dem Empfangsbekenntnis nichts für einen rechtzeitigen Empfang des Emissionsprospekts , der es dem Kläger ermöglicht hätte, seinen Inhalt vor Zeichnung der Beteiligung zur Kenntnis zu nehmen (vgl. hierzu Senat, Urteil vom 18. Februar 2016 - III ZR 14/15, WM 2016, 504 Rn. 16 mwN). Ein solcher Vortrag war von der Beklagten indes auch nicht zu fordern. Die erhöhte Substantiierungslast des beklagten Anlageberaters betreffend die Übergabe des Emissionsprospekts beruht auf der Behauptung einer negativen Tatsache durch den Anleger, der gänzlich fehlenden Übergabe des Prospekts. Zwar wird sie im Regelfall die Darlegung des Zeitpunkts und der Umstände der Prospektübergabe erfordern. Die Übergabe des Emissionsprospekts kann jedoch vom Anlageberater im Ausnahmefall auch auf andere Weise substantiiert vorgetragen werden, insbesondere durch die Bezugnahme auf ein den Erhalt des Prospekts bestätigendes, nach § 309 Nr. 12 Hs. 2 BGB wirksames Empfangsbekenntnis. Dies gilt jedenfalls dann, wenn dem Anlageberater die Darlegung des Zeitpunkts und der Umstände der Übergabe des Prospekts nicht möglich und zumutbar ist.
- 37
- So liegt der Fall hier. Der Beklagten ist - wie ausgeführt - weiterer Vortrag zu den Umständen der von ihr behaupteten Prospektübergabe nicht möglich, weil sie diese Umstände nicht kennt und auch nicht mit zumutbaren Mitteln in Erfahrung zu bringen vermag. Vor diesem besonderen Hintergrund genügt die auf das vom Kläger unterschriebene Empfangsbekenntnis gestützte Behauptung einer erfolgten Prospektübergabe. Vortrag zum Zeitpunkt der Prospektübergabe kann von der Beklagten hingegen nicht verlangt werden. Vielmehr ist es Sache des Tatrichters, auf den Beweisantritt des Klägers den von diesem benannten Zeugen M. zu der Prospektübergabe und gegebenenfalls zu ihrem Zeitpunkt zu befragen.
- 38
- d) Da die Beklagte die vom Kläger behauptete fehlende Übergabe des Emissionsprospekts gemäß § 138 Abs. 2 ZPO hinreichend (positiv) bestritten hat, kommt es auf die - vom Berufungsgericht verneinte - Frage, ob der Anlageberater die vom Anleger behauptete fehlende Übergabe des Emisssionsprospekts gemäß § 138 Abs. 4 ZPO mit Nichtwissen bestreiten darf, nicht an. Von einer fehlenden Prospektübergabe kann nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand nicht ausgegangen werden.
- 39
- 3. Zutreffend hat das Berufungsgericht eine kenntnisabhängige Verjährung etwaiger Schadensersatzansprüche des Klägers wegen der mangelnden Aufklärung über die Höhe der Vertriebsprovisionen verneint (Seite 9 der Entscheidungsgründe ). Denn die Beklagte hat insofern die Einrede der Verjährung nicht erhoben.
- 40
- a) Die Verjährung mehrerer eigenständiger und hinreichend deutlich voneinander abgrenzbarer Pflichtverletzungsvorwürfe in Anlageberatungsfällen ist materiell-rechtlich selbständig zu beurteilen. Die kenntnisabhängige regelmäßige Verjährungsfrist nach §§ 195, 199 Abs. 1 BGB berechnet sich für jeden dieser Beratungsfehler gesondert, so dass die Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB für jede Pflichtverletzung getrennt zu prüfen sind (Senat, Urteil vom 18. Juni 2015 - III ZR 198/14, NJW 2015, 2407 Rn. 14 mwN). Vor diesem Hintergrund ist, wenn der beklagte Anlageberater die Einrede der Verjährung nur in Bezug auf von ihm einzeln aufgeführte Pflichtverletzungen erhebt, der Eintritt der Verjährung auch nur in Bezug auf diese Pflichtverletzungen zu prüfen.
- 41
- b) So liegt der Fall hier. Die Beklagte hat in ihrer Klageerwiderung vom 30. März 2015 (S. 12 ff) die Einrede der Verjährung (nur) für die Aufklärungsrügen , die sich aus den Beraterbögen ergeben (Totalverlustrisiko, Renditerisiko, Fungibilität, Währungsrisiko), für den das Wiederaufleben der Kommanditistenhaftung betreffenden Aufklärungsmangel und "wegen der Rückvergütungen" erhoben. Dabei ist mit dem die Rückvergütungen betreffenden Aufklärungsmangel ersichtlich die entsprechende Rüge des Klägers in dessen Klageschrift (S. 12 f unter B II 6 "Rückvergütungen") in Bezug genommen, nicht hingegen die weitere Rüge des Klägers betreffend die mangelnde Aufklärung über die Höhe der Innenprovisionen (Klageschrift S. 11 unter B II 5 "Innenprovisionen"). Insofern hat die Beklagte bereits eine Aufklärungspflicht in Abrede gestellt, nicht aber die Einrede der Verjährung hinsichtlich einer diesbezüglichen Aufklärungspflichtverletzung erhoben. Das Berufungsgericht hat daher zu Recht keine weiteren Feststellungen zur (kenntnisabhängigen) Verjährung einer solchen Pflichtverletzung getroffen.
III.
- 42
- Das angefochtene Urteil ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO), das die Beweisaufnahme zu der vom Kläger behaupteten und unter Beweis gestellten fehlenden Übergabe des Emissionsprospekts nachzuholen haben wird.
Reiter Pohl
Vorinstanzen:
LG Hannover, Entscheidung vom 07.04.2016 - 8 O 28/15 -
OLG Celle, Entscheidung vom 27.10.2016 - 11 U 60/16 -
Tenor
-
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 24. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main mit Sitz in Darmstadt vom 22. Januar 2016 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage im Hinblick auf den Vorwurf nicht anlegergerechter Beratung abgewiesen worden ist.
-
In diesem Umfang wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
-
Von Rechts wegen
Tatbestand
- 1
-
Die Klägerin macht gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche wegen Beratungspflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Zeichnung von Genussrechtsbeteiligungen an der inzwischen insolventen I. mbH (zuletzt H. GmbH) vom 19. August, 17. September und 6. Dezember 2007 geltend.
- 2
-
Das Landgericht hat der Klage nach Durchführung einer Beweisaufnahme im Wesentlichen stattgegeben. Hierbei ist der Einzelrichter, soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung, davon ausgegangen, dass die Beratung der Klägerin nicht anlegergerecht gewesen sei. Denn diese habe eine sichere Anlage für ihre Altersvorsorge gewollt. Die für die Beklagte tätige Beraterin K. habe die Beteiligungen als sicher und risikolos empfohlen, obwohl es sich um ein spekulatives Anlageprodukt mit bestehendem und sich vorliegend auch realisiertem Totalverlustrisiko gehandelt habe. Der Anspruch auf Schadensersatz sei nicht verjährt. Soweit sich im kleingedruckten Text der Zeichnungsscheine auch Risikohinweise befänden, stehe fest, dass die Klägerin den Text bei der Unterzeichnung nicht gelesen und deshalb die Diskrepanz zur erfolgten Beratung nicht erkannt habe. Das Verhalten der Klägerin sei insoweit allenfalls als normal fahrlässig einzustufen, sodass die Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht vorlägen.
- 3
-
Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage mit der Begründung abgewiesen, das Unterschreiben der Zeichnungsscheine ohne vorherige Lektüre des Inhalts sei grob fahrlässig. Hiergegen richtet sich die vom Senat beschränkt auf den Vorwurf der nicht anlegergerechten Beratung zugelassene Revision der Klägerin.
Entscheidungsgründe
- 4
-
Die Revision führt zur teilweisen Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Hierbei war über das Rechtsmittel antragsgemäß durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Das Urteil beruht aber inhaltlich nicht auf der Säumnis der Beklagten, sondern auf der Berücksichtigung des gesamten Sach- und Streitstands (vgl. nur Senat, Versäumnisurteil vom 10. November 2016 - III ZR 235/15, WM 2017, 280 Rn. 18 mwN).
-
I.
- 5
-
Das Berufungsgericht hat, soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung, im Wesentlichen ausgeführt:
- 6
-
Die erstinstanzlichen Feststellungen zu Grund und Höhe des Anspruchs könnten dahinstehen, da die Klageforderung jedenfalls verjährt sei. Das Landgericht habe eine grob fahrlässige Unkenntnis der Klägerin von den anspruchsbegründenden Tatsachen im Jahre 2007 verneint, da keine Veranlassung oder Verpflichtung bestanden habe, die Zeichnungsscheine zu lesen. Diese Auffassung teile das Berufungsgericht nicht. In den Scheinen fänden sich Hinweise auf die Risiken der Anlage als Unternehmensbeteiligung. Es sei mit Rechtssicherheitsgesichtspunkten unvereinbar, wiederholt Verträge zu unterzeichnen und später dann deren Verbindlichkeit mit dem Hinweis zu leugnen, die Erklärungen nicht gelesen und mithin bewusst gegen eigene Interessen die Augen vor deren Inhalt verschlossen zu haben. Die Klägerin hätte die Scheine als Minimalanforderung der Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten lesen müssen. Dann wäre sofort der Widerspruch zum Inhalt der Beratung aufgefallen. Der Klägerin sei bewusst gewesen, dass sie sich zur Hingabe von Geld gegen Empfang eines Anlageprodukts verpflichtet habe. Die Scheine enthielten insoweit eine rechtsgeschäftliche Erklärung. Es gebe keinen Grund, die Unterschrift als unverbindlich und rechtsfolgenlos anzusehen. Ihre Willenserklärung müsse sich die Klägerin vielmehr ähnlich wie bei einer Blankounterschrift zurechnen lassen.
-
II.
- 7
-
Das angefochtene Urteil hält im Umfang der beschränkten Revisionszulassung der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
- 8
-
1. Grobe Fahrlässigkeit setzt einen objektiv schwerwiegenden und subjektiv nicht entschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt voraus. Grob fahrlässige Unkenntnis im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB liegt vor, wenn dem Gläubiger die Kenntnis deshalb fehlt, weil er ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt oder das nicht beachtet hat, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen, wie etwa dann, wenn sich dem Gläubiger die den Anspruch begründenden Umstände förmlich aufgedrängt haben. Dem Gläubiger muss persönlich ein schwerer Obliegenheitsverstoß in seiner eigenen Angelegenheit der Anspruchsverfolgung, eine schwere Form von "Verschulden gegen sich selbst" vorgeworfen werden können. Sein Verhalten muss schlechthin "unverständlich" beziehungsweise "unentschuldbar" sein. Hierbei unterliegt die Feststellung, ob die Unkenntnis des Gläubigers von verjährungsauslösenden Umständen auf grober Fahrlässigkeit beruht, als Ergebnis tatrichterlicher Würdigung einer Überprüfung durch das Revisionsgericht dahingehend, ob der Streitstoff umfassend, widerspruchsfrei und ohne Verstoß gegen Denkgesetze, allgemeine Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften gewürdigt worden ist, und ob der Tatrichter den Begriff der groben Fahrlässigkeit verkannt oder bei der Beurteilung des Grads des Verschuldens wesentliche Umstände außer Betracht gelassen hat (vgl. nur Senatsurteile vom 8. Juli 2010 - III ZR 249/09, BGHZ 186, 152 Rn. 27 f und vom 17. März 2016 - III ZR 47/15, WM 2016, 732 Rn. 10 f; jeweils mwN).
- 9
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2. Die Würdigung des Oberlandesgerichts ist insoweit nicht frei von Rechtsfehlern.
- 10
-
Zwar handelt es sich bei der Zeichnung der Beteiligungen um rechtsverbindliche Willenserklärungen. Dies reicht aber für sich allein nicht aus, um zum Nachteil des Anlegers automatisch den Vorwurf grober Fahrlässigkeit bei unterlassener Lektüre des kleingedruckten Inhalts der Zeichnungsscheine zu rechtfertigen. Vielmehr darf insoweit der Kontext, in dem es zu den Zeichnungen gekommen ist, nicht ausgeblendet werden.
- 11
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Im Rahmen der von einem Anlageberater geschuldeten anlegergerechten Beratung müssen die persönlichen wirtschaftlichen Verhältnisse des Kunden berücksichtigt und insbesondere das Anlageziel, die Risikobereitschaft und der Wissensstand des Anlageinteressenten abgeklärt werden. Die empfohlene Anlage muss unter Berücksichtigung des Anlageziels auf die persönlichen Verhältnisse des Kunden zugeschnitten sein (vgl. nur Senat, Urteil vom 11. Dezember 2014 - III ZR 365/13, WM 2015, 128 Rn. 13 mwN). In Bezug auf das Anlageobjekt ist der Berater verpflichtet, den Kunden rechtzeitig, richtig und sorgfältig sowie verständlich und vollständig zu beraten. Insbesondere muss er den Interessenten über die Eigenschaften und Risiken unterrichten, die für die Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können (vgl. nur Senat, Urteil vom 18. Februar 2016 - III ZR 14/15, WM 2016, 504 Rn. 15 mwN). Insoweit besteht bei einem Anleger, der die besonderen Erfahrungen und Kenntnisse eines Beraters in Anspruch nimmt, die berechtigte Erwartung, dass er die für seine Entscheidung notwendigen Informationen in dem Gespräch mit dem Berater erhält. Der Anleger darf grundsätzlich auf die Ratschläge, Auskünfte und Mitteilungen, die der Berater ihm in der persönlichen Besprechung unterbreitet, vertrauen. Er muss regelmäßig nicht damit rechnen, dass er aus dem Text eines Zeichnungsscheins, der ihm nach Abschluss der Beratung zum (formalen) Vollzug der bereits getroffenen Anlageentscheidung vorgelegt wird, substantielle Hinweise auf Eigenschaften und Risiken der Kapitalanlage erhält. Erst recht muss er nicht davon ausgehen, dass von ihm zur Vermeidung des Vorwurfs grober Fahrlässigkeit erwartet wird, den Text durchzulesen, um die erfolgte Beratung auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Die unterlassene Lektüre ist daher in einer solchen Situation für sich allein genommen nicht schlechthin "unverständlich" oder "unentschuldbar" und begründet deshalb im Allgemeinen kein in subjektiver und objektiver Hinsicht "grobes Verschulden gegen sich selbst". Eine andere Beurteilung kann etwa dann in Betracht kommen, wenn der Berater den Anleger ausdrücklich darauf hinweist, er solle den Text vor Unterzeichnung durchlesen, und er dem Kunden die hierzu erforderliche Zeit lässt oder wenn in deutlich hervorgehobenen, ins Auge springenden Warnhinweisen auf etwaige Anlagerisiken hingewiesen wird oder wenn der Anleger auf dem Zeichnungsschein gesonderte Warnhinweise zusätzlich unterschreiben muss.
- 12
-
Der vom Landgericht aufgrund der Beweisaufnahme festgestellte konkrete Ablauf der Beratung der Klägerin bietet insoweit keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Annahme grober Fahrlässigkeit. Hierbei war das Oberlandesgericht im Rahmen des § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO an die von der 1. Instanz festgestellten Tatsachen gebunden, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründeten und eine erneute Feststellung geboten. Soweit einzelne Formulierungen im angefochtenen Urteil nahelegen, dass der Einzelrichter die Beweiswürdigung für zweifelhaft erachtet hat, hätte er die Beweisaufnahme wiederholen müssen (vgl. nur Senat, Beschluss vom 30. November 2011 - III ZR 165/11 Rn. 5 f, auch zu hier nicht einschlägigen Ausnahmen). Da dies nicht geschehen ist, musste er von dem Beweisergebnis ausgehen. Insoweit hat das Landgericht unter anderem festgestellt, dass die Zeugin K. im Anschluss an das Beratungsgespräch und die bereits getroffene Anlageentscheidung jeweils den Zeichnungsschein ausgefüllt und ihn der Klägerin dann nur noch zur Unterschrift vorgelegt hat, wobei keine Hinweise mehr erfolgten und keine Erörterung inhaltlicher Art mehr stattfand. Ein solcher Ablauf leuchtet auch unmittelbar ein. Denn da die Zeugin selbst eingeräumt hat, die Klägerin unzutreffend beraten zu haben, hatte sie keinerlei Interesse daran, dass die Klägerin zeitlich ausreichend Gelegenheit erhielt, den kleingedruckten Text im Einzelnen zu lesen. Wird in einer solchen Situation der Schein nur kurz zur Unterschrift und nicht länger zur eingehenden Lektüre vorgelegt, kann im Kontext der Zeichnungen nicht von grober Fahrlässigkeit gesprochen werden.
- 13
-
3. Da die verjährungsrechtliche Begründung des Berufungsgerichts das angefochtene Urteil nicht trägt, ist die Entscheidung aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
-
Rechtsbehelfsbelehrung
-
Gegen dieses Versäumnisurteil steht der säumigen Partei der Einspruch zu. Dieser ist beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe von einem an diesem Gericht zugelassenen Rechtsanwalt binnen einer Notfrist von zwei Wochen ab der Zustellung des Versäumnisurteils durch Einreichung einer Einspruchsschrift einzulegen.
-
Die Einspruchsschrift muss das Urteil, gegen das der Einspruch gerichtet wird, bezeichnen und die Erklärung enthalten, dass und, wenn der Rechtsbehelf nur teilweise eingelegt werden soll, in welchem Umfang gegen dieses Urteil Einspruch eingelegt werde.
-
In der Einspruchsschrift sind die Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen, vorzubringen. Auf Antrag kann der Vorsitzende des erkennenden Senats die Frist für die Begründung verlängern. Bei Versäumung der Frist für die Begründung ist damit zu rechnen, dass das nachträgliche Vorbringen nicht mehr zugelassen wird.
-
Im Einzelnen wird auf die Verfahrensvorschriften in § 78, § 296 Abs. 1, 3, 4, § 338, § 339 und § 340 ZPO verwiesen.
-
Seiters
Reiter
Liebert
Pohl
Arend
(1) Der Revisionsbeklagte kann sich der Revision anschließen. Die Anschließung erfolgt durch Einreichung der Revisionsanschlussschrift bei dem Revisionsgericht.
(2) Die Anschließung ist auch statthaft, wenn der Revisionsbeklagte auf die Revision verzichtet hat, die Revisionsfrist verstrichen oder die Revision nicht zugelassen worden ist. Die Anschließung ist bis zum Ablauf eines Monats nach der Zustellung der Revisionsbegründung zu erklären.
(3) Die Anschlussrevision muss in der Anschlussschrift begründet werden. § 549 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 und die §§ 550 und 551 Abs. 3 gelten entsprechend.
(4) Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Revision zurückgenommen, verworfen oder durch Beschluss zurückgewiesen wird.
(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem
- 1.
der Anspruch entstanden ist und - 2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren
- 1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und - 2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.
(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.
(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.
(1) Enthält der Tatbestand des Urteils Unrichtigkeiten, die nicht unter die Vorschriften des vorstehenden Paragraphen fallen, Auslassungen, Dunkelheiten oder Widersprüche, so kann die Berichtigung binnen einer zweiwöchigen Frist durch Einreichung eines Schriftsatzes beantragt werden.
(2) Die Frist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils. Der Antrag kann schon vor dem Beginn der Frist gestellt werden. Die Berichtigung des Tatbestandes ist ausgeschlossen, wenn sie nicht binnen drei Monaten seit der Verkündung des Urteils beantragt wird.
(3) Das Gericht entscheidet ohne Beweisaufnahme. Bei der Entscheidung wirken nur diejenigen Richter mit, die bei dem Urteil mitgewirkt haben. Ist ein Richter verhindert, so gibt bei Stimmengleichheit die Stimme des Vorsitzenden und bei dessen Verhinderung die Stimme des ältesten Richters den Ausschlag. Eine Anfechtung des Beschlusses findet nicht statt. Der Beschluss, der eine Berichtigung ausspricht, wird auf dem Urteil und den Ausfertigungen vermerkt. Erfolgt der Berichtigungsbeschluss in der Form des § 130b, ist er in einem gesonderten elektronischen Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.
(4) Die Berichtigung des Tatbestandes hat eine Änderung des übrigen Teils des Urteils nicht zur Folge.
(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt werden.
(2) Hat das Berufungsgericht festgestellt, dass eine tatsächliche Behauptung wahr oder nicht wahr sei, so ist diese Feststellung für das Revisionsgericht bindend, es sei denn, dass in Bezug auf die Feststellung ein zulässiger und begründeter Revisionsangriff erhoben ist.
Der Tatbestand des Urteils liefert Beweis für das mündliche Parteivorbringen. Der Beweis kann nur durch das Sitzungsprotokoll entkräftet werden.
Tenor
-
Auf die Nichtzulassungsbeschwerden der Beklagten zu 2 und der Streithelferin des Beklagten zu 1 wird der Beschluss des 7. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 24. August 2017 aufgehoben.
-
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
-
Gegenstandswert: 20.539,90 €
Gründe
-
I.
- 1
-
Der Kläger beansprucht von den Beklagten Schadensersatz aufgrund eines Verkehrsunfalls. Am Abend des 4. November 2015 gegen 18:00 Uhr fuhren der Kläger mit seinem Fahrzeug und der Beklagte zu 1 als Fahrer des bei der Beklagten zu 2 haftpflichtversicherten Fahrzeugs Mercedes S 500 L nebeneinander; der Kläger auf dem linken Fahrtrichtungsstreifen und der Beklagte zu 1 auf dem rechten Fahrtrichtungsstreifen. Als sich die Fahrzeuge annähernd auf gleicher Höhe befanden, kam es zur seitlichen Kollision beider Fahrzeuge. An dem Pkw des Klägers entstand ein Sachschaden in Höhe von 18.923,00 €. Diesen, die Kostenpauschale sowie Freistellungsansprüche wegen vorgerichtlicher Gutachterkosten und Anwaltskosten macht der Kläger mit der vorliegenden Klage geltend. Die Beklagte zu 2 beruft sich darauf, dass der Unfall von dem Kläger und dem Beklagen zu 1 willentlich herbeigeführt worden sei.
- 2
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Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten zu 2 und der Streithelferin des Beklagten zu 1 durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Beklagte zu 2 - zugleich auch als Streithelferin des Beklagten zu 1 (beide im folgenden auch "Beklagte zu 2") - mit ihren Nichtzulassungsbeschwerden.
-
II.
- 3
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Die Nichtzulassungsbeschwerden haben Erfolg. Sie führen gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des angegriffenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht. Das Berufungsgericht hat den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt.
- 4
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1. Das Berufungsgericht hat - soweit hier erheblich - ausgeführt, die Beweiswürdigung des Landgerichts in Bezug auf die Behauptung der Beklagten zu 2, es liege ein manipulierter Unfall vor, sei nicht zu beanstanden. Die Haftung des Schädigers entfalle nur dann, wenn in ausreichendem Maße Umstände vorlägen, die die Feststellung gestatteten, dass es sich bei dem behaupteten Unfall um ein manipuliertes Geschehen handele. Hier sei zwar nicht von der Hand zu weisen, dass es einige solche Anzeichen gebe. Im Ergebnis reichten diese Umstände aber nicht aus. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Beklagte zu 1 möglicherweise nur unaufmerksam oder abgelenkt gewesen sei und deshalb seine Fahrspur nicht eingehalten habe. Der Unfall habe sich auf einer vielbefahrenen Straße bei einer Geschwindigkeit von 50 km/h ereignet. Die Ehefrau des Klägers sei mit im Fahrzeug und dem Risiko eines Personenschadens ausgesetzt gewesen.
- 5
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Für die Einholung eines Unfallrekonstruktionsgutachtens fehle es an entsprechenden Anknüpfungstatsachen. Durch ein solches Gutachten könne nämlich nicht bewiesen werden, ob der Beklagte zu 1 willentlich oder absichtlich die Kollision herbeigeführt habe oder nicht. Es sei unstreitig, dass es eine streifende Kollision zwischen den beteiligten Fahrzeugen gegeben habe. Auf den ersten Blick ergebe sich anhand der eingereichten Fotodokumentationen der beteiligten Fahrzeuge ein kompatibles Schadensbild, das mit der Schilderung des Unfallhergangs durch die unbeteiligten Zeugen K. in Einklang zu bringen sei.
- 6
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2. Diese Erwägungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand und verletzen die Beklagte zu 2 in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör.
- 7
-
a) Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Das Gebot des rechtlichen Gehörs soll als Prozessgrundrecht sicherstellen, dass die Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ergeht, welche ihren Grund in unterlassener Kenntnisnahme und Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Parteien haben. In diesem Sinne gebietet Art. 103 Abs. 1 GG in Verbindung mit den Grundsätzen der Zivilprozessordnung die Berücksichtigung erheblicher Beweisanträge. Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots verstößt gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze findet (Senat, Beschluss vom 27. Oktober 2015 - VI ZR 355/14, NJW 2016, 641 Rn. 6 mwN; BVerfG, WM 2012, 492 f.).
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b) So verhält es sich im Streitfall. Die Nichtzulassungsbeschwerde beanstandet zu Recht, dass das Berufungsgericht den unter Beweis gestellten Vortrag der Beklagten zu 2, bei einem (tatsächlichen) Unfall sei ein unfallverhütendes bzw. beendendes Fahrmanöver (auch) des Klägers zu erwarten gewesen, nicht ausreichend berücksichtigt hat und aus diesem Grund einem erheblichen Beweisangebot nicht nachgegangen ist.
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aa) Die Ablehnung eines Beweisantrags wegen Ungeeignetheit des Beweismittels kommt nur dann in Betracht, wenn es völlig ausgeschlossen erscheint, dass das Beweismittel zu dem Beweisthema sachdienliche Erkenntnisse erbringen kann (BGH, Urteil vom 23. Oktober 2014 - III ZR 82/13, WM 2014, 2212 Rn. 17 mwN). Insoweit ist größte Zurückhaltung geboten (BGH, Urteil vom 26. November 2003 - IV ZR 438/02, BGHZ 157, 79, 84 f.). Darüber hinaus scheidet die Ablehnung eines Beweisantrags als ungeeignet aus, wenn dadurch ein noch nicht erhobener Beweis vorab gewürdigt wird, weil dies eine unzulässige Beweisantizipation darstellt (BGH, Urteil vom 23. Oktober 2014, ebenda).
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bb) Das Berufungsgericht hat (nur) darauf abgestellt, dass ein Sachverständiger keine Aussage dazu treffen kann, ob der Beklagte zu 1 das Fahrzeug willentlich auf die andere Spur gelenkt hat, oder schlicht abgelenkt war. Es hat sich in diesem Zusammenhang nicht mit dem Vortrag der Beklagten zu 2 auseinandergesetzt, dass (auch) die (Nicht-)reaktion des Klägers nicht plausibel zu erklären sei und ein Unfallrekonstruktionsgutachten insoweit weiteres ergeben könne. Das ist auch unter Berücksichtigung der Angaben des Klägers bei seiner Anhörung nicht von der Hand zu weisen, vor allem, nachdem der Vorgang nach der Aussage der Zeugen K. so viel Zeit in Anspruch genommen hat, dass der Zeuge K. noch vor dem Unfall die Lichthupe getätigt und die Warnblinkanlage angeschaltet hat. Vor diesem Hintergrund findet die Nichtberücksichtigung des Antrags der Beklagten zu 2 auf Einholung eines Unfallrekonstruktionsgutachtens im Prozessrecht keine Stütze, Art. 103 Abs. 1 GG.
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c) Die Gehörsverletzung ist entscheidungserheblich. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht bei der gebotenen Berücksichtigung des Vortrags der Beklagten zu 2 zu einer anderen Beurteilung gelangt wäre. Bei der neuen Würdigung wird das Berufungsgericht auch zu beachten haben, dass der Tatrichter bei der Beurteilung einer Fachwissen voraussetzenden Frage auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens nur verzichten kann, wenn er entsprechende eigene besondere Sachkunde auszuweisen vermag (BGH, Urteil vom 23. Oktober 2014, aaO, Rn. 18 mwN).
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3. Die weitere Rüge der Nichtzulassungsbeschwerden hat der Senat geprüft und für nicht durchgreifend erachtet. Von einer Begründung wird insoweit abgesehen (§ 544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO).
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Galke
von Pentz
Offenloch
Roloff
Allgayer
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Berichtigungsbeschluss vom 28. Juni 2018
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Der Beschluss des Senats vom 10. April 2018 wird gemäß § 319 Abs. 1 ZPO wie folgt berichtigt: In der Randnummer 3 (Gründe) muss es anstatt "des Klägers" lauten: "der Beklagten zu 2".
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Galke
von Pentz
Offenloch
Roloff
Allgayer
(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem
- 1.
der Anspruch entstanden ist und - 2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren
- 1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und - 2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.
(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.
(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.
(1) Das Gericht soll das persönliche Erscheinen beider Parteien anordnen, wenn dies zur Aufklärung des Sachverhalts geboten erscheint. Ist einer Partei wegen großer Entfernung oder aus sonstigem wichtigen Grund die persönliche Wahrnehmung des Termins nicht zuzumuten, so sieht das Gericht von der Anordnung ihres Erscheinens ab.
(2) Wird das Erscheinen angeordnet, so ist die Partei von Amts wegen zu laden. Die Ladung ist der Partei selbst mitzuteilen, auch wenn sie einen Prozessbevollmächtigten bestellt hat; der Zustellung bedarf die Ladung nicht.
(3) Bleibt die Partei im Termin aus, so kann gegen sie Ordnungsgeld wie gegen einen im Vernehmungstermin nicht erschienenen Zeugen festgesetzt werden. Dies gilt nicht, wenn die Partei zur Verhandlung einen Vertreter entsendet, der zur Aufklärung des Tatbestandes in der Lage und zur Abgabe der gebotenen Erklärungen, insbesondere zu einem Vergleichsabschluss, ermächtigt ist. Die Partei ist auf die Folgen ihres Ausbleibens in der Ladung hinzuweisen.
(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem
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der Anspruch entstanden ist und - 2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren
- 1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und - 2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.
(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.
(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.
Tenor
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Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 24. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main mit Sitz in Darmstadt vom 22. Januar 2016 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage im Hinblick auf den Vorwurf nicht anlegergerechter Beratung abgewiesen worden ist.
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In diesem Umfang wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
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Von Rechts wegen
Tatbestand
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Die Klägerin macht gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche wegen Beratungspflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Zeichnung von Genussrechtsbeteiligungen an der inzwischen insolventen I. mbH (zuletzt H. GmbH) vom 19. August, 17. September und 6. Dezember 2007 geltend.
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Das Landgericht hat der Klage nach Durchführung einer Beweisaufnahme im Wesentlichen stattgegeben. Hierbei ist der Einzelrichter, soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung, davon ausgegangen, dass die Beratung der Klägerin nicht anlegergerecht gewesen sei. Denn diese habe eine sichere Anlage für ihre Altersvorsorge gewollt. Die für die Beklagte tätige Beraterin K. habe die Beteiligungen als sicher und risikolos empfohlen, obwohl es sich um ein spekulatives Anlageprodukt mit bestehendem und sich vorliegend auch realisiertem Totalverlustrisiko gehandelt habe. Der Anspruch auf Schadensersatz sei nicht verjährt. Soweit sich im kleingedruckten Text der Zeichnungsscheine auch Risikohinweise befänden, stehe fest, dass die Klägerin den Text bei der Unterzeichnung nicht gelesen und deshalb die Diskrepanz zur erfolgten Beratung nicht erkannt habe. Das Verhalten der Klägerin sei insoweit allenfalls als normal fahrlässig einzustufen, sodass die Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht vorlägen.
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Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage mit der Begründung abgewiesen, das Unterschreiben der Zeichnungsscheine ohne vorherige Lektüre des Inhalts sei grob fahrlässig. Hiergegen richtet sich die vom Senat beschränkt auf den Vorwurf der nicht anlegergerechten Beratung zugelassene Revision der Klägerin.
Entscheidungsgründe
- 4
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Die Revision führt zur teilweisen Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Hierbei war über das Rechtsmittel antragsgemäß durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Das Urteil beruht aber inhaltlich nicht auf der Säumnis der Beklagten, sondern auf der Berücksichtigung des gesamten Sach- und Streitstands (vgl. nur Senat, Versäumnisurteil vom 10. November 2016 - III ZR 235/15, WM 2017, 280 Rn. 18 mwN).
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I.
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Das Berufungsgericht hat, soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung, im Wesentlichen ausgeführt:
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Die erstinstanzlichen Feststellungen zu Grund und Höhe des Anspruchs könnten dahinstehen, da die Klageforderung jedenfalls verjährt sei. Das Landgericht habe eine grob fahrlässige Unkenntnis der Klägerin von den anspruchsbegründenden Tatsachen im Jahre 2007 verneint, da keine Veranlassung oder Verpflichtung bestanden habe, die Zeichnungsscheine zu lesen. Diese Auffassung teile das Berufungsgericht nicht. In den Scheinen fänden sich Hinweise auf die Risiken der Anlage als Unternehmensbeteiligung. Es sei mit Rechtssicherheitsgesichtspunkten unvereinbar, wiederholt Verträge zu unterzeichnen und später dann deren Verbindlichkeit mit dem Hinweis zu leugnen, die Erklärungen nicht gelesen und mithin bewusst gegen eigene Interessen die Augen vor deren Inhalt verschlossen zu haben. Die Klägerin hätte die Scheine als Minimalanforderung der Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten lesen müssen. Dann wäre sofort der Widerspruch zum Inhalt der Beratung aufgefallen. Der Klägerin sei bewusst gewesen, dass sie sich zur Hingabe von Geld gegen Empfang eines Anlageprodukts verpflichtet habe. Die Scheine enthielten insoweit eine rechtsgeschäftliche Erklärung. Es gebe keinen Grund, die Unterschrift als unverbindlich und rechtsfolgenlos anzusehen. Ihre Willenserklärung müsse sich die Klägerin vielmehr ähnlich wie bei einer Blankounterschrift zurechnen lassen.
-
II.
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Das angefochtene Urteil hält im Umfang der beschränkten Revisionszulassung der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
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1. Grobe Fahrlässigkeit setzt einen objektiv schwerwiegenden und subjektiv nicht entschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt voraus. Grob fahrlässige Unkenntnis im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB liegt vor, wenn dem Gläubiger die Kenntnis deshalb fehlt, weil er ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt oder das nicht beachtet hat, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen, wie etwa dann, wenn sich dem Gläubiger die den Anspruch begründenden Umstände förmlich aufgedrängt haben. Dem Gläubiger muss persönlich ein schwerer Obliegenheitsverstoß in seiner eigenen Angelegenheit der Anspruchsverfolgung, eine schwere Form von "Verschulden gegen sich selbst" vorgeworfen werden können. Sein Verhalten muss schlechthin "unverständlich" beziehungsweise "unentschuldbar" sein. Hierbei unterliegt die Feststellung, ob die Unkenntnis des Gläubigers von verjährungsauslösenden Umständen auf grober Fahrlässigkeit beruht, als Ergebnis tatrichterlicher Würdigung einer Überprüfung durch das Revisionsgericht dahingehend, ob der Streitstoff umfassend, widerspruchsfrei und ohne Verstoß gegen Denkgesetze, allgemeine Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften gewürdigt worden ist, und ob der Tatrichter den Begriff der groben Fahrlässigkeit verkannt oder bei der Beurteilung des Grads des Verschuldens wesentliche Umstände außer Betracht gelassen hat (vgl. nur Senatsurteile vom 8. Juli 2010 - III ZR 249/09, BGHZ 186, 152 Rn. 27 f und vom 17. März 2016 - III ZR 47/15, WM 2016, 732 Rn. 10 f; jeweils mwN).
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2. Die Würdigung des Oberlandesgerichts ist insoweit nicht frei von Rechtsfehlern.
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Zwar handelt es sich bei der Zeichnung der Beteiligungen um rechtsverbindliche Willenserklärungen. Dies reicht aber für sich allein nicht aus, um zum Nachteil des Anlegers automatisch den Vorwurf grober Fahrlässigkeit bei unterlassener Lektüre des kleingedruckten Inhalts der Zeichnungsscheine zu rechtfertigen. Vielmehr darf insoweit der Kontext, in dem es zu den Zeichnungen gekommen ist, nicht ausgeblendet werden.
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Im Rahmen der von einem Anlageberater geschuldeten anlegergerechten Beratung müssen die persönlichen wirtschaftlichen Verhältnisse des Kunden berücksichtigt und insbesondere das Anlageziel, die Risikobereitschaft und der Wissensstand des Anlageinteressenten abgeklärt werden. Die empfohlene Anlage muss unter Berücksichtigung des Anlageziels auf die persönlichen Verhältnisse des Kunden zugeschnitten sein (vgl. nur Senat, Urteil vom 11. Dezember 2014 - III ZR 365/13, WM 2015, 128 Rn. 13 mwN). In Bezug auf das Anlageobjekt ist der Berater verpflichtet, den Kunden rechtzeitig, richtig und sorgfältig sowie verständlich und vollständig zu beraten. Insbesondere muss er den Interessenten über die Eigenschaften und Risiken unterrichten, die für die Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können (vgl. nur Senat, Urteil vom 18. Februar 2016 - III ZR 14/15, WM 2016, 504 Rn. 15 mwN). Insoweit besteht bei einem Anleger, der die besonderen Erfahrungen und Kenntnisse eines Beraters in Anspruch nimmt, die berechtigte Erwartung, dass er die für seine Entscheidung notwendigen Informationen in dem Gespräch mit dem Berater erhält. Der Anleger darf grundsätzlich auf die Ratschläge, Auskünfte und Mitteilungen, die der Berater ihm in der persönlichen Besprechung unterbreitet, vertrauen. Er muss regelmäßig nicht damit rechnen, dass er aus dem Text eines Zeichnungsscheins, der ihm nach Abschluss der Beratung zum (formalen) Vollzug der bereits getroffenen Anlageentscheidung vorgelegt wird, substantielle Hinweise auf Eigenschaften und Risiken der Kapitalanlage erhält. Erst recht muss er nicht davon ausgehen, dass von ihm zur Vermeidung des Vorwurfs grober Fahrlässigkeit erwartet wird, den Text durchzulesen, um die erfolgte Beratung auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Die unterlassene Lektüre ist daher in einer solchen Situation für sich allein genommen nicht schlechthin "unverständlich" oder "unentschuldbar" und begründet deshalb im Allgemeinen kein in subjektiver und objektiver Hinsicht "grobes Verschulden gegen sich selbst". Eine andere Beurteilung kann etwa dann in Betracht kommen, wenn der Berater den Anleger ausdrücklich darauf hinweist, er solle den Text vor Unterzeichnung durchlesen, und er dem Kunden die hierzu erforderliche Zeit lässt oder wenn in deutlich hervorgehobenen, ins Auge springenden Warnhinweisen auf etwaige Anlagerisiken hingewiesen wird oder wenn der Anleger auf dem Zeichnungsschein gesonderte Warnhinweise zusätzlich unterschreiben muss.
- 12
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Der vom Landgericht aufgrund der Beweisaufnahme festgestellte konkrete Ablauf der Beratung der Klägerin bietet insoweit keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Annahme grober Fahrlässigkeit. Hierbei war das Oberlandesgericht im Rahmen des § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO an die von der 1. Instanz festgestellten Tatsachen gebunden, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründeten und eine erneute Feststellung geboten. Soweit einzelne Formulierungen im angefochtenen Urteil nahelegen, dass der Einzelrichter die Beweiswürdigung für zweifelhaft erachtet hat, hätte er die Beweisaufnahme wiederholen müssen (vgl. nur Senat, Beschluss vom 30. November 2011 - III ZR 165/11 Rn. 5 f, auch zu hier nicht einschlägigen Ausnahmen). Da dies nicht geschehen ist, musste er von dem Beweisergebnis ausgehen. Insoweit hat das Landgericht unter anderem festgestellt, dass die Zeugin K. im Anschluss an das Beratungsgespräch und die bereits getroffene Anlageentscheidung jeweils den Zeichnungsschein ausgefüllt und ihn der Klägerin dann nur noch zur Unterschrift vorgelegt hat, wobei keine Hinweise mehr erfolgten und keine Erörterung inhaltlicher Art mehr stattfand. Ein solcher Ablauf leuchtet auch unmittelbar ein. Denn da die Zeugin selbst eingeräumt hat, die Klägerin unzutreffend beraten zu haben, hatte sie keinerlei Interesse daran, dass die Klägerin zeitlich ausreichend Gelegenheit erhielt, den kleingedruckten Text im Einzelnen zu lesen. Wird in einer solchen Situation der Schein nur kurz zur Unterschrift und nicht länger zur eingehenden Lektüre vorgelegt, kann im Kontext der Zeichnungen nicht von grober Fahrlässigkeit gesprochen werden.
- 13
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3. Da die verjährungsrechtliche Begründung des Berufungsgerichts das angefochtene Urteil nicht trägt, ist die Entscheidung aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
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Rechtsbehelfsbelehrung
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Gegen dieses Versäumnisurteil steht der säumigen Partei der Einspruch zu. Dieser ist beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe von einem an diesem Gericht zugelassenen Rechtsanwalt binnen einer Notfrist von zwei Wochen ab der Zustellung des Versäumnisurteils durch Einreichung einer Einspruchsschrift einzulegen.
-
Die Einspruchsschrift muss das Urteil, gegen das der Einspruch gerichtet wird, bezeichnen und die Erklärung enthalten, dass und, wenn der Rechtsbehelf nur teilweise eingelegt werden soll, in welchem Umfang gegen dieses Urteil Einspruch eingelegt werde.
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In der Einspruchsschrift sind die Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen, vorzubringen. Auf Antrag kann der Vorsitzende des erkennenden Senats die Frist für die Begründung verlängern. Bei Versäumung der Frist für die Begründung ist damit zu rechnen, dass das nachträgliche Vorbringen nicht mehr zugelassen wird.
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Im Einzelnen wird auf die Verfahrensvorschriften in § 78, § 296 Abs. 1, 3, 4, § 338, § 339 und § 340 ZPO verwiesen.
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Seiters
Reiter
Liebert
Pohl
Arend
Der zu ersetzende Schaden umfasst auch den entgangenen Gewinn. Als entgangen gilt der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte.
(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.
(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.
Der zu ersetzende Schaden umfasst auch den entgangenen Gewinn. Als entgangen gilt der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte.
(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird.
(2) Wird an einen Dritten zum Zwecke der Erfüllung geleistet, so finden die Vorschriften des § 185 Anwendung.
(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.
(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.
(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.
(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.
(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.
(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.
(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.
(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.
(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.
(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
- 1
- Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit einer Beteiligung an der F. & E. VIP M. 2 GmbH & Co. KG (im Folgenden: VIP 2-Fonds) und der F. & E. VIP M. 3 GmbH & Co. KG (im Folgenden: VIP 3-Fonds) in Anspruch.
- 2
- Die Klägerin war langjährige Kundin der Beklagten. Die Beklagte ist eine 100 %ige Tochter der Stadtsparkasse D. , deren Kundin die Klägerin - seit Jahrzehnten - ebenfalls war. Ab dem Jahr 2002 wurde die Klägerin von dem Mitarbeiter P. der Beklagten beraten. Dieser suchte die Klägerin, die damals noch als niedergelassene Ärztin berufstätig war, am 25. November 2002 in ihren Praxisräumen auf. Nach einem Beratungsgespräch unterzeichnete die Klägerin eine Beteiligungserklärung an dem VIP 2-Fonds in Höhe von 50.000 €. Dabei waren 55 % der Beteiligung als Bareinlage zu erbringen nebst einem 3 %igen Agio auf den Zeichnungsbetrag. Die restliche Einlage von 45 % sollte zunächst fremdfinanziert werden. Die Klägerin leistete die Bareinlage und das Agio in voller Höhe.
- 3
- Am 12. November 2003 zeichnete die Klägerin - erneut nach Beratung durch den Mitarbeiter P. der Beklagten - eine Beteiligung an dem VIP 3- Fonds in Höhe von 80.000 € zuzüglich eines Agios von 5 %. Die Klägerin leiste- te die volle Zeichnungssumme zuzüglich Agio in Höhe von insgesamt 84.000 €.
- 4
- Die Beklagte war hinsichtlich der beiden Fonds von der V. AG als Vertriebspartnerin für die Eigenkapitalvermittlung gewonnen worden. Sie erhielt von ihr für die Vermittlung der Fondsanteile auf der Grundlage einer Vertriebs- und Vergütungsvereinbarung jeweils Provisionen in einer das Agio übersteigenden Höhe, ohne dass die genaue Provisionshöhe der Klägerin offen gelegt wurde.
- 5
- Die Klägerin macht unter anderem geltend, dass sie nicht über die Provisionen und deren Höhe aufgeklärt worden sei und die Anlagen nicht gezeichnet hätte, wenn sie die Rückvergütungen, insbesondere deren Höhe, gekannt hätte. Die Beklagte habe - bezogen auf die Zeichnungssumme- Provisionen in Höhe von 21,6 % vereinnahmt. Die Klägerin hat im Wesentlichen die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 29.000 € (VIP 2-Fonds) und 84.000 € (VIP 3-Fonds) nebst Zinsen begehrt, jeweils Zug um Zug gegen Abgabe eines Angebots auf Übertragung der Beteiligungen sowie Abtretung aller aus ihnen folgenden Rechte.
- 6
- Das Landgericht hat der Klage weitgehend stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Es hat auf die Anschlussberufung der Klägerin das Urteil des Landgerichts teilweise abgeändert und festgestellt, dass der Rechtsstreit betreffend den Schadensersatz wegen der Beteiligung an dem VIP 3-Fonds im Umfang von am 13. Januar 2012 gezahlten 68.000 € erledigt ist. Mit der vom Senat zugelassenen Revision ver- folgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
- 7
- Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
- 8
- Nach Auffassung des Berufungsgerichts hat die Beklagte ihre Pflichten als Anlageberaterin verletzt, indem sie die Klägerin nicht über die Höhe der ihr für den Vertrieb der Fondsbeteiligungen zufließenden Rückvergütungen aufgeklärt hat.
- 9
- Die Beklagte könne nicht einwenden, als selbständige Finanzberaterin treffe sie keine Verpflichtung gegenüber ihren Kunden, ungefragt über eine von ihr bei der empfohlenen Anlage erwartete Provision aufzuklären. Denn bei der Beklagten handele es sich nicht um einen bankunabhängigen Anlageberater. Die gesellschaftsrechtliche Ausgliederung der Anlageberatung aus dem Tätigkeitsbereich der Sparkasse mache sie nicht automatisch zu einem freien Anlageberater. Vielmehr komme es darauf an, ob die Beratungsgesellschaft sich aus Sicht des Kunden nach außen nicht nur gesellschaftsrechtlich, sondern auch im Übrigen als von der Bank im Unternehmensverbund unabhängige Beraterin darstelle. Hiervon könne bei der Beklagten nicht ausgegangen werden. Diese demonstriere vielmehr - nicht zuletzt durch den Gebrauch von deren Firmenlogo - ihr besonderes Näheverhältnis zur Sparkasse. Dabei nutze sie sowohl die Erkenntnisse und die Kundendaten als auch das Vertrauen der langjährigen Kunden der Sparkasse. Der Klägerin sei in keiner Weise bewusst gemacht worden, dass sie den Geschäftsbereich "ihrer" Sparkasse verlassen und sich in die Hände eines selbständigen Unternehmens begeben würde. Eine klare Grenzziehung zwischen der Sparkasse einerseits und der Beklagten andererseits habe es nicht gegeben. Vielmehr sei Kunden wie der Klägerin der Eindruck vermittelt worden, dass ihnen als "Premiumkunden" mit der Betreuung durch die ausgegliederte Beratungsgesellschaft eine ganz individuelle und besonders qualifizierte Beratung seitens der Sparkasse zuteilwerden solle.
- 10
- Die Klägerin habe ohne nähere Aufklärung nicht damit rechnen müssen, dass der Beklagten ein Entgelt für die Vermittlung der Fondsanlagen zufließe. Sie habe annehmen dürfen, die vertragliche Beziehung zur Beklagten sei gleichsam in ihre Geschäfts- und Vertrauensbeziehung zur Sparkasse "eingebettet". Damit habe sie davon ausgehen dürfen, die Beklagte partizipiere an den Entgelten wie den Kontoführungsgebühren, die die Sparkasse regelmäßig für ihre Dienstleistungen vom Kunden erhalte.
- 11
- Bei den an die Beklagte geflossenen Zahlungen habe es sich um aufklärungspflichtige Rückvergütungen gehandelt. Sie seien aus den im jeweiligen Fondsprospekt offen ausgewiesenen Vertriebskosten gezahlt worden, wobei die Beklagte als Empfängerin ungenannt geblieben sei. Damit seien die seitens der Klägerin geleisteten Zahlungen "hinter deren Rücken" an die Beklagte zurückgeflossen , womit deren besonderes Interesse, gerade diese Beteiligungen zu empfehlen, für die Klägerin nicht erkennbar gewesen sei.
- 12
- Über diese Rückvergütungen sei die Klägerin von der Beklagten nicht ordnungsgemäß aufgeklärt worden. Dabei könne offen bleiben, ob der Zeuge P. die Klägerin grundsätzlich darüber informiert habe, dass die Beklagte eine Provision erhalte. Denn jedenfalls sei die Klägerin nicht über die konkrete Höhe der Rückvergütungen aufgeklärt worden. Da mit der Provisionshöhe zwangsläufig auch das Vertriebsinteresse steige, könne der Kunde letzteres nur bei Kenntnis der genauen Höhe der Vergütung realistisch beurteilen. Die Höhe der Provisionszahlungen sei dem Anleger daher immer ungefragt zu offenbaren. Den Fondsprospekten sei weder zu entnehmen gewesen, dass die Beklagte in den Genuss der dort ausgewiesenen Vertriebsprovisionen oder des Agios kommen solle, noch in welcher tatsächlichen Höhe Rückzahlungen an sie geflossen seien. Auf die Frage, ob die Prospekte rechtzeitig an die Klägerin übergeben worden seien, komme es daher nicht an.
II.
- 13
- Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
- 14
- 1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht der Klägerin kein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte wegen einer unterbliebenen Aufklärung über eine Provision oder Rückvergütung wegen der gezeichneten Fonds zu. Eine solche Pflicht bestand für die Beklagte nicht.
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- a) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats ist ein freier nicht bankmäßig gebundener Anlageberater nicht verpflichtet, den Anleger ungefragt über den Umstand und die Höhe einer Provision aufzuklären. Für den Anleger liegt es bei einer Beratung durch einen freien Anlageberater auf der Hand, dass dieser von der kapitalsuchenden Anlagegesellschaft Vertriebsprovisionen erhält , die jedenfalls wirtschaftlich betrachtet dem vom Anleger an die Anlagegesellschaft gezahlten Betrag entnommen werden. Da der Anlageberater mit der Beratung als solcher sein Geld verdienen muss, kann berechtigterweise nicht angenommen werden, dass er diese Leistung insgesamt kostenlos erbringt. Sind ein Agio oder Kosten für die Eigenkapitalbeschaffung ausgewiesen, so liegt für den Anleger klar erkennbar zutage, dass aus diesen Mitteln auch Vertriebsprovisionen bezahlt werden, an denen sein Anlageberater partizipiert. Unter diesen Umständen besteht regelmäßig kein schützenswertes Vertrauen des Anlegers darauf, dass der Anlageberater keine Leistungen des Kapitalsuchenden erhält; vielmehr sind dem Anleger sowohl die Provisionsvergütung des Beraters durch den Kapitalsuchenden als auch der damit (möglicherweise) verbundene Interessenkonflikt bewusst. Soweit es um die genaue Höhe derdem Anlageberater zukommenden Provision geht, ist es bei gebotener Abwägung der gegenüberstehenden Interessen der Vertragsparteien Sache des Anlegers - dem generell das Provisionsinteresse des Beraters bekannt ist -, dieserhalb bei den Anlageberatern nachzufragen (vgl. nur Senatsurteil vom 19. Juli 2012 - III ZR 308/11, NJW 2012, 2952 Rn. 12 mwN). Hiervon unberührt bleibt die generelle Pflicht des Anlageberaters, im Rahmen der objektgerechten Beratung unaufgefordert über Vertriebsprovisionen Aufklärung zu geben, wenn diese eine Größenordnung von 15 % des von den Anlegern einzubringenden Kapitals überschreiten (Senatsurteile vom 3. März 2011 - III ZR 170/10, NJW-RR 2011, 913 Rn. 16, 22; vom 5. Mai 2011 - III ZR 84/10, BeckRS 2011, 13871 Rn. 10 und vom 10. November 2011 - III ZR 245/10, NJW-RR 2012, 372 Rn. 11).
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- b) Ein selbständiges Unternehmen der "Finanzgruppe" einer Sparkasse, das als 100 %ige Tochtergesellschaft (GmbH) der Sparkasse hauptsächlich auf dem Gebiet der Anlageberatung tätig ist, ist hinsichtlich der Verpflichtung, seine Kunden ungefragt über die von ihm bei der empfohlenen Anlage erwartete Provision aufzuklären, wie ein freier Anlageberater zu behandeln (vgl. Senatsurteile vom 19. Juli 2012 aaO Rn. 14 und vom 6. Dezember 2012 - III ZR 307/11, WM 2013, 119 Rn. 15). Bei der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise kann ein Anleger, der sich durch einen solchen Anlageberater über Anlagemöglichkeiten beraten lässt, nicht berechtigterweise annehmen, der Anlageberater würde diese Leistung kostenlos erbringen. Dabei ist in den Vordergrund zu stellen , dass es sich in diesen Fällen bei den Beratern um selbständige juristische Personen handelt, die selbst kein Kreditinstitut sind und keine "klassischen" Bankgeschäfte betreiben. Sie sind, ungeachtet des Umstands, dass sie zur "Finanzgruppe der Sparkasse" gehören - was durch die Verwendung des Firmenlogos betont wird - und ihre Kunden im Wesentlichen aus dem Kundenstamm der Sparkasse gewinnen, eigenständige Unternehmen, zu deren Haupttätigkeit - nicht anders als bei sogenannten "freien" Anlageberatern - die Beratung bei der Geldanlage gehört. Bei gebotener typisierender Betrachtungsweise ist einem Anleger auch bei einer solchen Anlageberatung bewusst, dass der Berater Provision seitens der Kapitalsuchenden erhält, zumal er keine Vergütung für die Anlageberatung selbst, die Verwaltung von Konten oder sonstige Dienstleistungen seitens des Anlegers erhält. Ein Anleger hat damit auch bei der Beratung durch eine "Sparkassentochter" kein schutzwürdiges Vertrauen darauf, dass diese kein Geld seitens des Kapitalsuchenden für die Vermittlung des jeweiligen Anlageprodukts erhält (Senatsurteile aaO).
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- c) Die Umstände im vorliegenden Fall geben keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung. Auch hier ist in den von der Klägerin gezeichneten Beteiligungserklärungen ein Agio offen ausgewiesen worden. Angesichts ihrer langjährigen Geschäftsbeziehung nicht nur zur Sparkasse, sondern gerade auch zur Beklagten war der Klägerin bekannt, dass die Beklagte eine selbständige juristische Person ist. Letzteres geht zudem aus der von der Klägerin unterzeichneten Widerrufsbelehrung zum VIP 2-Fonds und der von ihr gezeichneten Beteiligungserklärung zum VIP 3-Fonds hervor, auf denen jeweils ein die rechtliche Selbständigkeit der Beklagten ausweisender Stempelabdruck angebracht ist. Die Klägerin wusste des Weiteren, dass die Beklagte jedenfalls von ihr keine Zahlung für die Anlageberatung erhalten hat. Die Beklagte ist deshalb als "freier" Anlageberater anzusehen, der über die von ihm erhaltenen Rückvergütungen und Provisionszahlungen nicht aufzuklären brauchte. Insofern kann sich aus einer unterbliebenen Aufklärung deshalb kein Schadensersatzanspruch für die Klägerin ergeben.
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- d) Soweit die Klägerin unter Hinweis auf ihr zweitinstanzliches Vorbringen geltend gemacht hat, die Beklagte habe, bezogen auf die Zeichnungssumme , Provisionen über 21,6 % - und damit mehr als 15 % - vereinnahmt, kann eine solche Provisionshöhe der Entscheidung des Senats nicht zugrunde gelegt werden. Abgesehen davon, dass entsprechende Feststellungen des Berufungsgerichts fehlen, ist der Vortrag der Klägerin hierzu auch widersprüchlich. Insbesondere erschließt sich aus ihrer in Bezug genommenen Berufungserwiderung und ihren Ausführungen in der Nichtzulassungsbeschwerdeerwiderung nicht, wieso sich aus einer auf der Grundlage der Bareinlage ermittelten Rückvergütung von (angeblich) 11,9 % bezogen auf die (höhere) Zeichnungssumme eine solche von 21,6 % ergeben soll. Unklar ist auch, woraus sich eine - vorliegend ohnehin nicht gegebene - verborgene Innenprovision von mindestens 18,4 % errechnet. Schließlich ist eine "21,6 %-Schwelle des III. Senats", die die Beklagte "gerissen" haben soll, in der Senatsrechtsprechung nicht bekannt.
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- 2. Das Urteil ist daher aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, da die Sache noch nicht zur Entscheidung reif ist (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 ZPO). Das Berufungsgericht wird sich mit den weiter geltend gemachten Aufklärungspflichtverletzungen und den Einwendungen der Beklagten auseinanderzusetzen ha- ben, wozu Stellung zu nehmen der Senat im derzeitigen Verfahrensstadium keinen Anlass hat.
Tombrink Remmert
Vorinstanzen:
LG Dortmund, Entscheidung vom 14.09.2011 - 2 O 465/10 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 05.06.2012 - I-34 U 147/11 -