Bundesgerichtshof Urteil, 26. Apr. 2001 - I ZR 314/98
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Das beklagte Versandhandelsunternehmen besorgt im Inland den Versand und die sonstige Vertragsabwicklung, wenn Kunden bei der in Straßburg ansässigen S. (im folgenden: S. ) Waren bestellt haben. Die Kundenwerbung führt die S. selbst durch.
Im Frühjahr 1997 warb die S. in Sendungen an private Endverbraucher mit einem sog. Gewinnspiel. Die als "Gewinn-Zertifikat" gestalteten, persönlich adressierten Schreiben waren in verschiedener Weise als zweite und endgültig letzte Gewinnbenachrichtigung bezeichnet, trugen eine Gewinn-Num-
mer und benannten den Angeschriebenen u.a. in der folgenden Weise als Gewinner : "Bargeld-Gewinn (50.000 DM) steht fest: Gewinn-Nr.: 435 543 Gewinner: G.K. [Empfänger]" Es wurde zugesagt, daß der Gewinn sofort nach Posteingang und der vorgeschriebenen Prüfung durch einen Juror an den Angeschriebenen ausgezahlt werde. Der Empfänger wurde weiter wie folgt persönlich angesprochen:
"Beachten Sie bitte die 2 wichtigen Kopien, die wir diesem Brief beigelegt haben. Ja, Sie haben bares Geld gewonnen! Dazu gratulieren wir Ihnen ganz herzlich, allerdings müssen Sie Ihren Gewinn ganz schnell anfordern, denn diese Nachricht wird nicht wiederholt, das heißt für Sie, der Bargeld-Gewinn steht nur noch kurze Zeit zur Auszahlung bereit. Entfernen Sie vorsichtig das Gewinn-Siegel und überzeugen Sie sich gleich persönlich von Ihrem Glück. Wichtig: Senden Sie jetzt rasch das endgültige Gewinn-Zertifikat zusammen mit der Kopie des Gewinn-Zertifikats ein, damit Sie nun endlich Ihren Geldgewinn erhalten können. Und bitte vergessen Sie nicht, die Barcode-Marke auf den Bestellschein aufzukleben, damit Sie auch ganz sicher Ihren Gewinn bekommen. Übrigens hat sich Ihr Gewinn seit der letzten Benachrichtigung nochmals erhöht. Um wieviel, sehen Sie auf der Kopie von Ihrem Gewinn-Zertifikat!"
Zur Begründung, warum die sog. Barcode-Marke unbedingt auf dem Bestellschein aufgeklebt werden müsse, heißt es in dem Schreiben: "Die Barcode -Marke enthält den Gewinnbetrag. Er wird nach Eingang Ihrer Bestellung
elektronisch erfaßt, damit absolut sichergestellt ist, daß Sie Ihren BargeldGewinn erhalten."
Auf der Rückseite des "Gewinn-Zertifikats" ist u.a. folgende Erläuterung abgedruckt:
"So gewinnen Sie: Senden Sie Ihr Gewinn-Zertifikat pünktlich ein. Wenn Ihre GewinnNummer mit einer der ausgedruckten Gewinn-Nummern übereinstimmt , haben Sie aus einem der aufgeführten Gesamtwerte einen Preis gewonnen. Die Höhe des Bargeld-Gewinns richtet sich nach der Anzahl der eingegangenen Gewinn-Zertifikate." Auf einem beigefügten Schreiben befindet sich ein Bestellschein ("Mindestbestellwert : 30,-- DM"). Auf diesem ist - gemäß einem besonderen Hinweis - die Barcode-Marke aufzukleben. Über dem dafür vorgesehenen Feld steht: "WICHTIG: Der Warenversand und unsere Kundenbetreuung erfolgen aus Deutschland."
Die vorgefertigte Rückantwort ist an die S. in Straßburg adressiert. Auf der Rückseite ist "wenn zutreffend" der vorgedruckte Satz anzukreuzen: "JA, ich habe bestellt und fordere meinen Gewinn an."
Der klagende Verbraucherschutzverein e.V. sieht diese Werbung als wettbewerbswidrig an, weil sie irreführend sei und die Teilnahme an dem Gewinnspiel unzulässig mit einer Warenbestellung koppele. Dieser Wettbewerbsverstoß sei auch der Beklagten als Störer zuzurechnen.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen , es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs an private Endverbraucher Waren nebst Rechnung zu versenden,
a) wenn die Warenbestellung auf einer Gewinnspielwerbung beruht , bei der den persönlich angeschriebenen privaten Endverbrauchern ein wertvoller Gewinn, z.B. 50.000,-- DM, angekündigt wird und durch Formulierungen wie "ENDGÜLTIG LETZTE GEWINN-BENACHRICHTIGUNG FÜR ... (Name des Angeschriebenen ) Bargeld-Gewinn (50.000,-- DM) steht fest: GewinnNr. ... (Gewinn-Nummer des Angeschriebenen) Gewinner: ... (Name des Angeschriebenen)", "Ja, Sie haben bares Geld gewonnen ! Dazu gratulieren wir Ihnen ganz herzlich, allerdings müssen Sie Ihren Gewinn ganz schnell anfordern, denn diese Nachricht wird nicht wiederholt, das heißt für Sie, der BargeldGewinn steht nur noch kurze Zeit zur Auszahlung bereit." sowie "Entfernen Sie vorsichtig das Gewinn-Siegel und überzeugen Sie sich gleich persönlich von Ihrem Glück" der Eindruck erweckt wird, der Angeschriebene habe einen wertvollen Preis, z.B. 50.000,-- DM, gewonnen, ohne daß eindeutig und unmißverständlich darauf hingewiesen wird, daß nur die Möglichkeit besteht, den betreffenden Gewinn zu erhalten;
und/oder
b) wenn die Warenbestellung auf einer Gewinnspielwerbung beruht , mit der dem Angeschriebenen nahegelegt wird, zugleich mit der Gewinnanforderung eine Bestellung aufzugeben, und zwar durch Hinweise wie "Und bitte vergessen Sie nicht, die Barcode-Marke auf den Bestellschein aufzukleben, damit Sie auch ganz sicher Ihren Gewinn bekommen" sowie "Diese Barcode -Marke bitte unbedingt auf dem Bestellschein aufkleben! Die Barcode-Marke enthält den Gewinnbetrag. Er wird nach Eingang Ihrer Bestellung elektronisch erfaßt, damit absolut sichergestellt ist, daß Sie Ihren Bargeld-Gewinn erhalten".
Die Beklagte hat ein eigenes wettbewerbswidriges Verhalten in Abrede gestellt. Die Werbung der S. habe sie nicht gekannt.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben.
Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht das landgerichtliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen.
Mit seiner - zugelassenen - Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, begehrt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
I. Das Berufungsgericht hat die Ansicht vertreten, daß der Beklagten nicht untersagt werden könne, Waren, die aufgrund der beanstandeten Gewinnspielwerbung der S. bestellt worden seien, mit Rechnungen zu versenden. Es sei allerdings nach §§ 1, 3 UWG wettbewerbswidrig, Kunden durch eine irreführende Gewinnmitteilung anzulocken und diese Mitteilung mit der Aufforderung zu verbinden, Waren zu bestellen. Die Durchführung der in dieser Weise angebahnten Geschäfte sei jedoch weder mit einer Täuschung des Verkehrs verbunden noch in anderer Weise wettbewerbswidrig. Die Beklagte könne deshalb nicht als Störer in Anspruch genommen werden, wenn sie an der Abwicklung der Bestellungen mitwirke.
Die Beklagte unterstütze allerdings die wettbewerbswidrige Werbung der S. durch ihre Bereitschaft, die Auslieferung der Waren, die bei der in Frankreich ansässigen S. bestellt worden seien, zu übernehmen. Ohne den in der Werbung der S. herausgestellten Hinweis "WICHTIG: Der Warenversand und unsere Kundenbetreuung erfolgen aus Deutschland" würde ein nicht unbeachtlicher Teil der Angesprochenen von einer Bestellung von vornherein absehen, sei es aus grundsätzlichem Mißtrauen gegenüber Geschäften mit dem Ausland, sei es wegen befürchteter Schwierigkeiten bei der Abwicklung. Diese wettbewerbswidrige Unterstützung der S. bei ihrer Werbung begründe aber keinen Anspruch gegen die Beklagte, die Warenauslieferung zu unterlassen.
Mangels eines entsprechenden Klageantrags könne es offenbleiben, ob der Kläger von der Beklagten verlangen könnte, diejenigen Handlungen zu unterlassen, die es der S. ermöglichten, in ihrer Werbung herauszustellen, daß die Verträge in Deutschland abgewickelt würden.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Revisionsangriffe haben keinen Erfolg.
1. Mit dem Klageantrag zu a) wendet sich der Kläger dagegen, daß die Beklagte an private Endverbraucher Waren mit beigefügter Rechnung versendet , wenn die Warenbestellung auf einer Gewinnspielwerbung beruht, durch die in gleicher Weise wie bei der konkret beanstandeten Werbung der Eindruck erweckt wird, der persönlich angeschriebene Empfänger sei Gewinner eines Geldbetrages in der Größenordnung von 50.000,-- DM, obwohl nicht mehr als die Möglichkeit eines solchen Gewinns gegeben ist.
Nach dem Klageantrag zu b) soll der Beklagten verboten werden, an private Endverbraucher Waren mit beigefügter Rechnung zu versenden, wenn die Warenbestellung auf einer Gewinnspielwerbung beruht, bei der die Gewinnanforderung wie im konkreten Fall mit einer Bestellung verknüpft worden ist. Aufgrund der Verbindung der Klageanträge zu a) und zu b) mit "und/oder" wird mit der Klage eine Verurteilung zur Unterlassung auch für den Fall begehrt, daß die unter a) und b) aufgeführten Umstände zusammentreffen.
2. Das Unterlassungsbegehren ist selbst dann nicht begründet, wenn alle im Klageantrag unter a) und b) genannten Umstände vorliegen. Erst recht ist der Klageantrag unbegründet, wenn nur jeweils die unter a) oder b) aufgeführten Umstände gegeben sind.
Der Unterlassungsantrag richtet sich dagegen, daß die Beklagte durch die Abwicklung von Verträgen, die unter der Einwirkung der Gewinnspielwer-
bung zustande gekommen sind, an einem Wettbewerbsverstoß der S. mitwirkt.
a) Es bedarf keiner näheren Darlegung, daß die Gewinnspielwerbung der S. , die nach deutschem Wettbewerbsrecht zu beurteilen ist (vgl. BGHZ 113, 11, 15 - Kauf im Ausland; BGH, Urt. v. 26.11.1997 - I ZR 148/95, GRUR 1998, 419 f. = WRP 1998, 386 - Gewinnspiel im Ausland; Urt. v. 14.5.1998 - I ZR 10/96, GRUR 1998, 945, 946 = WRP 1998, 854 - Co-Verlagsvereinbarung ), wettbewerbswidrig ist. Die Werbung ist geeignet, Empfängern der Werbeschreiben , die dieses nicht sehr genau und kritisch lesen, vorzuspiegeln, daß ihnen ein Gewinn bereits sicher sei, während bei Einsendung des GewinnZertifikats nur die Möglichkeit eines Gewinns besteht (§ 3 UWG). Der Umstand, daß viele der Empfänger, die das Schreiben als Mitteilung eines bereits auszuzahlenden Bargeldgewinns verstehen, zweifeln werden, ob die S. als ein gewerbliches Unternehmen ihnen wirklich ein Geldgeschenk machen wolle, schließt die Annahme einer wettbewerbswidrigen Irreführung nicht aus. Die Werbung ist jedenfalls geeignet, durch Irreführung die Hoffnung zu begründen, daß - wie angekündigt - ein Geldgewinn ausgezahlt werde, und durch Ausbeutung dieser Hoffnung den eigenen Warenabsatz zu fördern.
Weiterhin ist die Kopplung der Teilnahme am Gewinnspiel mit einer Warenbestellung nach § 1 UWG wettbewerbswidrig (vgl. BGH, Urt. v. 21.2.1975 - I ZR 46/74, WRP 1976, 100, 101 - MARS; Urt. v. 19.12.1975 - I ZR 120/74, WRP 1976, 172, 173 f. - Versandhandels-Preisausschreiben).
b) Der Unterlassungsantrag des Klägers wendet sich aber nicht gegen ein Verhalten, mit dem ein solcher Wettbewerbsverstoß der S. gefördert wird, sondern gegen die Teilnahme der Beklagten an der Abwicklung der Ver-
träge, die aufgrund der beanstandeten Werbung zustande gekommen sind. Dieses im Inland stattfindende Verhalten ist nach deutschem Wettbewerbsrecht zu beurteilen.
Nach dem gegebenen Sachverhalt handelt jedoch weder die S. wettbewerbswidrig im Sinne des § 1 UWG, wenn sie die durch ihre Gewinnspielwerbung zustande gebrachten Verträge abwickelt, noch die Beklagte, wenn sie die technische Durchführung der Vertragsabwicklung durch die Versendung bestellter Waren unter Beifügung von Rechnungen übernimmt. Dies gilt auch dann, wenn unterstellt wird, daß der Beklagten bei dieser Tätigkeit die vorausgegangene Werbung der S. bekannt ist.
(1) Die Abwicklung von Verträgen, zu deren Abschluß der Kunde durch wettbewerbswidrige Mittel veranlaßt werden konnte, ist als solche grundsätzlich nicht wettbewerbswidrig. Zweck des § 1 UWG ist es, die Lauterkeit des Wettbewerbs im Interesse der Marktbeteiligten und der Allgemeinheit zu schützen. Die Abwicklung von Verträgen wird deshalb von dieser Vorschrift nur dann erfaßt, wenn sie nach den gesamten Umständen auch selbst als unlauteres Wettbewerbsverhalten zu würdigen ist. In vielen Fällen wird dies deshalb nicht der Fall sein, weil der Wettbewerbsverstoß für den Vertragsschluß letztlich nicht ursächlich geworden ist, etwa weil der durch eine Werbung nur unzureichend oder irreführend unterrichtete Verbraucher vor Vertragsschluß Kenntnis von allen maßgeblichen Umständen erhalten hat (vgl. BGH, Urt. v. 16.11.2000 - I ZR 186/98, WRP 2001, 392, 394 f. - 1-Pfennig-Farbbild, m.w.N.). Aber auch dann, wenn der Vertrag unter der Einwirkung des wettbewerbswidrigen Verhaltens zustande gekommen ist und deshalb Willensmängel vorliegen, die zur Anfechtbarkeit oder Nichtigkeit des Vertrages führen oder ein Rücktrittsrecht nach § 13a UWG begründen, wird die Durchführung des Vertrages nicht allein
dadurch selbst wettbewerbsrechtlich unlauter. Die Vorschrift des § 1 UWG richtet sich nicht schlechthin gegen anstößiges Verhalten von Gewerbetreibenden und dessen Folgen. Der darin enthaltene Begriff der Sittenwidrigkeit ist vielmehr wettbewerbsbezogen auszulegen (vgl. BGHZ 140, 134, 138 f. - Hormonpräparate; 144, 255, 265 - Abgasemissionen; BGH, Urt. v. 5.10.2000 - I ZR 224/98, GRUR 2001, 354, 356 = WRP 2001, 255 - Verbandsklage gegen Vielfachabmahner, m.w.N.). Dies erfordert bei der Beurteilung einer Vertragsabwicklung die Prüfung, ob auch von dieser selbst eine unlautere Störung des Wettbewerbs auf dem Markt ausgeht.
Die Revision macht ohne Erfolg geltend, daß im vorliegenden Fall Umstände gegeben seien, die auch den Vollzug der Verträge, die unter dem Eindruck der wettbewerbswidrigen Werbung der S. geschlossen worden seien, wettbewerbswidrig machten. Die S. hat allerdings zielgerichtet und systematisch grob wettbewerbswidrige Mittel eingesetzt, um Verbraucher zu Warenbestellungen zu veranlassen. Der Warenabsatz durch Abwicklung der auf diese Weise zustande gebrachten Verträge war dementsprechend Teil des Gesamtplans der S. . Ein solcher - durchaus typischer - Zusammenhang zwischen wettbewerbswidriger Werbung und Vertragsabwicklung genügt jedoch grundsätzlich nicht, um auch der Vertragsabwicklung den Stempel der Wettbewerbswidrigkeit aufzudrücken.
(2) Entgegen der Ansicht der Revision ist der vorliegende Fall nicht vergleichbar mit den Fallgestaltungen, in denen der Senat auch die Fruchtziehung aus einem wettbewerbswidrigen Verhalten als wettbewerbsrechtlich unlauter beurteilt hat (vgl. BGHZ 123, 330, 332 ff. - Folgeverträge I; BGH, Urt. v. 26.1.1995 - I ZR 39/93, GRUR 1995, 358, 360 = WRP 1995, 389 - Folgeverträge II; Urt. v. 26.11.1997 - I ZR 109/95, GRUR 1998, 415, 416 = WRP 1998,
383 - Wirtschaftsregister; vgl. dazu auch BGH, Urt. v. 8.10.1998 - I ZR 7/97, GRUR 1999, 261, 264 = WRP 1999, 94 - Handy-Endpreis). In diesen Fällen ging es darum, daß Gewerbetreibende oder Angehörige der freien Berufe durch rechnungsähnlich aufgemachte Angebotsschreiben dazu veranlaßt worden waren, die angegebenen Beträge als geschuldet zu überweisen. Nach dem Inhalt der Angebotsschreiben sollten diese Zahlungen als stillschweigende Annahme des getarnten Angebots verstanden werden. Das gesamte Vorgehen war danach darauf angelegt, die Betroffenen in eine "Vertragsfalle" zu locken und sie dann an dem scheinbar geschlossenen Vertrag festzuhalten. Unter solchen Umständen ist auch der Versuch, gegen Betroffene unter Berufung auf den behaupteten Vertrag Ansprüche herzuleiten, als eigene Störung des lauteren Wettbewerbs zu beurteilen (vgl. dazu Köhler/Piper, UWG, 2. Aufl., § 1 Rdn. 803; v. Ungern-Sternberg, WRP 2000, 1057, 1060 f.).
Ein derartiger Sachverhalt ist hier nicht gegeben. Die von der Werbung der S. angesprochenen Verbraucher wissen, daß sie bei der Warenbestellung Verträge schließen, zu deren Erfüllung sie verpflichtet sind. Die beanstandete Werbung ist lediglich geeignet, die Verbraucher mit unlauteren Mitteln zu solchen Bestellungen zu veranlassen.
(3) Die Abwicklung von Verträgen, die aufgrund einer wettbewerbswidrigen Werbung der vorliegenden Art zustande gekommen sind, wäre allerdings dann wettbewerbswidrig, wenn das Verhalten des Werbenden als Betrug (§ 263 StGB) zu werten sein sollte und die Vertragsabwicklung als eine - bis zur Beendigung mögliche (vgl. BGHSt 2, 344, 345 f.; BGH, Beschl. v. 2.10.1998 - 2 StR 389/98, wistra 1999, 21; Cramer in Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch , 26. Aufl., § 263 Rdn. 180; Jescheck/Weigend, Strafrecht AT, 5. Aufl., § 64 III 2 b) - Teilnahme daran (§ 27 StGB). In diesem Fall könnte ein
Unternehmen, das die Vertragsabwicklung übernimmt, wegen seines Tatbeitrags auch wettbewerbsrechtlich als Störer in Anspruch genommen werden, weil dann auch von der Vertragsabwicklung eine Beeinträchtigung des lauteren Wettbewerbs ausgehen würde. Gleiches würde auch dann gelten, wenn zwar nicht festgestellt werden kann, ob und gegebenenfalls welchen Kunden gegenüber ein vollendeter Betrug vorliegt (etwa weil die Kausalität der Täuschung nicht feststellbar ist), das Verhalten des Werbenden aber jedenfalls als versuchter Betrug zu würdigen ist und die Vertragsabwicklung ohne Rücksicht darauf durchgeführt wird, ob der betreffende Kunde Opfer des auf Betrug angelegten Vorgehens geworden ist oder nicht (vgl. dazu auch BGH GRUR 1998, 415, 416 f. - Wirtschaftsregister; v. Ungern-Sternberg, WRP 2000, 1057, 1061).
Im vorliegenden Fall erfüllt das Verhalten der S. nach den getroffenen Feststellungen weitgehend den Tatbestand des Betruges. Ihre Werbung zielte darauf ab, Verbraucher durch Täuschung in den Glauben zu versetzen, sie hätten einen hohen Geldbetrag gewonnen und könnten diesen erhalten, wenn sie nur Waren mit einem Mindestbestellwert von 30,-- DM bestellten. Ein im Sinne des § 263 StGB bedeutsamer Irrtum wird weder dadurch ausgeschlossen , daß der Getäuschte den Irrtum hätte vermeiden können (vgl. BGHSt 34, 199, 201; Lackner/Kühl, Strafgesetzbuch, 23. Aufl., § 263 Rdn. 20), noch dadurch , daß er an der Richtigkeit der ihm gemachten Erklärungen noch gewisse Zweifel hat (vgl. BGH, Urt. v. 8.5.1990 - 1 StR 144/90, wistra 1990, 305; Cramer aaO § 263 Rdn. 40; Tröndle/Fischer, Strafgesetzbuch, 50. Aufl., § 263 Rdn. 40). Die Täuschung hat bei vielen der Angesprochenen zur Folge, daß diese Warenbestellungen aufgeben, die sie andernfalls unterlassen hätten. Der Vertragsschluß als solcher stellt allerdings keinen Schaden im Sinne des § 263 StGB dar, wenn die bestellte Ware für den Getäuschten sinnvoll verwendbar und im Vergleich zum Kaufpreis nicht minderwertig ist (vgl. BGHSt 3, 99, 102 f.;
16, 220, 221 f.; 23, 300, 302; Cramer aaO § 263 Rdn. 128; Nack in MüllerGugenberger /Bieneck, Wirtschaftsstrafrecht, 3. Aufl., § 47 Rdn. 52 ff., 59 ff.). Etwas anderes hat der Kläger hier nicht vorgetragen. Bei dieser Sachlage kann die unter den Parteien umstrittene Frage, ob die Beklagte bereits bei der Abwicklung der Verträge Kenntnis von der Werbung der S. hatte, offenbleiben.
3. Die Revision meint, dem Klagebegehren sei jedenfalls deshalb unter dem Gesichtspunkt der Störerhaftung stattzugeben, weil die Beklagte nach den getroffenen Feststellungen bewußt einen Beitrag zu der unlauteren Werbung der S. geleistet habe, indem sie dieser die Werbung mit der Vertragsabwicklung im Inland ermöglicht habe. Damit kann die Revision jedoch nicht durchdringen, weil der Kläger ein solches Verhalten nicht zum Gegenstand seiner Klageanträge gemacht hat.
Die Revision rügt insoweit weiter, das Berufungsgericht habe jedenfalls seine Pflicht verletzt, auf die Stellung sachdienlicher Anträge hinzuwirken (§ 139 ZPO). Den Entscheidungsgründen sei zu entnehmen, daß das Berufungsgericht eine Störerhaftung der Beklagten als gegeben ansehe, wenn diese es der S. ermögliche, in ihrer Werbung die Vertragsabwicklung in Deutschland herauszustellen. Auf entsprechende Anregung hätte der Kläger hilfsweise beantragt, die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, der S. dadurch einen werbenden Hinweis auf die Abwicklung von Verträgen in Deutschland zu ermöglichen, daß sie ihre Adresse für die Vertragsabwicklung zur Verfügung stellt, den Warenversand und/oder die Rechnungsstellung übernimmt und/oder sonst den Vollzug der Verträge unterstützt.
Auch mit diesem Vorbringen kann die Revision keinen Erfolg haben. Die Vorschrift des § 139 ZPO verpflichtete das Berufungsgericht nicht, den Kläger
zu einem Antrag zu veranlassen, der auf einem anderen Sachverhalt beruht, als er bisher vorgetragen hatte, und mit dem deshalb ein neuer Streitgegenstand in den Prozeß eingeführt worden wäre (vgl. BGHZ 7, 208, 211 f.; 24, 269, 278; Zöller/Greger, ZPO, 22. Aufl., § 139 Rdn. 5, 11; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 22. Aufl., § 139 Rdn. 10).
III. Die Revision war danach auf Kosten des Klägers zurückzuweisen (§ 97 Abs. 1 ZPO).
Erdmann v. Ungern-Sternberg Starck
Pokrant Schaffert
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Annotations
(1) Dieses Gesetz dient dem Schutz der Mitbewerber, der Verbraucher sowie der sonstigen Marktteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Handlungen. Es schützt zugleich das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb.
(2) Vorschriften zur Regelung besonderer Aspekte unlauterer geschäftlicher Handlungen gehen bei der Beurteilung, ob eine unlautere geschäftliche Handlung vorliegt, den Regelungen dieses Gesetzes vor.
(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.
(2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.
(3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.
(4) Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Geschäftliche Handlungen, die für den Unternehmer vorhersehbar das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern wesentlich beeinflussen, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Handlungen oder die diesen zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen besonders schutzbedürftig sind, sind aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe zu beurteilen.
(1) Dieses Gesetz dient dem Schutz der Mitbewerber, der Verbraucher sowie der sonstigen Marktteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Handlungen. Es schützt zugleich das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb.
(2) Vorschriften zur Regelung besonderer Aspekte unlauterer geschäftlicher Handlungen gehen bei der Beurteilung, ob eine unlautere geschäftliche Handlung vorliegt, den Regelungen dieses Gesetzes vor.
(1) Bei der Festlegung einer angemessenen Vertragsstrafe nach § 13 Absatz 1 sind folgende Umstände zu berücksichtigen:
- 1.
Art, Ausmaß und Folgen der Zuwiderhandlung, - 2.
Schuldhaftigkeit der Zuwiderhandlung und bei schuldhafter Zuwiderhandlung die Schwere des Verschuldens, - 3.
Größe, Marktstärke und Wettbewerbsfähigkeit des Abgemahnten sowie - 4.
wirtschaftliches Interesse des Abgemahnten an erfolgten und zukünftigen Verstößen.
(2) Die Vereinbarung einer Vertragsstrafe nach Absatz 1 ist für Anspruchsberechtigte nach § 8 Absatz 3 Nummer 1 bei einer erstmaligen Abmahnung bei Verstößen nach § 13 Absatz 4 ausgeschlossen, wenn der Abgemahnte in der Regel weniger als 100 Mitarbeiter beschäftigt.
(3) Vertragsstrafen dürfen eine Höhe von 1 000 Euro nicht überschreiten, wenn die Zuwiderhandlung angesichts ihrer Art, ihres Ausmaßes und ihrer Folgen die Interessen von Verbrauchern, Mitbewerbern und sonstigen Marktteilnehmern in nur unerheblichem Maße beeinträchtigt und wenn der Abgemahnte in der Regel weniger als 100 Mitarbeiter beschäftigt.
(4) Verspricht der Abgemahnte auf Verlangen des Abmahnenden eine unangemessen hohe Vertragsstrafe, schuldet er lediglich eine Vertragsstrafe in angemessener Höhe.
(5) Ist lediglich eine Vertragsstrafe vereinbart, deren Höhe noch nicht beziffert wurde, kann der Abgemahnte bei Uneinigkeit über die Höhe auch ohne Zustimmung des Abmahnenden eine Einigungsstelle nach § 15 anrufen. Das Gleiche gilt, wenn der Abgemahnte nach Absatz 4 nur eine Vertragsstrafe in angemessener Höhe schuldet. Ist ein Verfahren vor der Einigungsstelle anhängig, so ist eine erst nach Anrufung der Einigungsstelle erhobene Klage nicht zulässig.
(1) Dieses Gesetz dient dem Schutz der Mitbewerber, der Verbraucher sowie der sonstigen Marktteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Handlungen. Es schützt zugleich das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb.
(2) Vorschriften zur Regelung besonderer Aspekte unlauterer geschäftlicher Handlungen gehen bei der Beurteilung, ob eine unlautere geschäftliche Handlung vorliegt, den Regelungen dieses Gesetzes vor.
(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Der Versuch ist strafbar.
(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
- 1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat, - 2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen, - 3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt, - 4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder - 5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.
(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.
(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.
(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).
(7) (weggefallen)
(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.
(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.
(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.
(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.
(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)