Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 314/98 Verkündet am:
26. April 2001
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Gewinn-Zertifikat

a) Die Abwicklung von Verträgen, zu deren Abschluß der Kunde durch wettbewerbswidrige
Mittel veranlaßt werden konnte, ist als solche grundsätzlich
nicht wettbewerbswidrig. Zweck des § 1 UWG ist es, die Lauterkeit des
Wettbewerbs im Interesse der Marktbeteiligten und der Allgemeinheit zu
schützen. Die Abwicklung von Verträgen wird deshalb von dieser Vorschrift
nur dann erfaßt, wenn sie nach den gesamten Umständen auch selbst als
unlauteres Wettbewerbsverhalten zu würdigen ist.

b) Zur Frage der Wettbewerbswidrigkeit der Teilnahme an der Abwicklung von
Verträgen, die durch betrügerisches Verhalten zustande gekommen sind.
BGH, Urteil vom 26. April 2001 - I ZR 314/98 -OLG Karlsruhe
LG Offenburg
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 26. April 2001 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann
und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Starck, Pokrant und Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe - 4. Zivilsenat in Freiburg - vom 12. November 1998 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Das beklagte Versandhandelsunternehmen besorgt im Inland den Versand und die sonstige Vertragsabwicklung, wenn Kunden bei der in Straßburg ansässigen S. (im folgenden: S. ) Waren bestellt haben. Die Kundenwerbung führt die S. selbst durch.
Im Frühjahr 1997 warb die S. in Sendungen an private Endverbraucher mit einem sog. Gewinnspiel. Die als "Gewinn-Zertifikat" gestalteten, persönlich adressierten Schreiben waren in verschiedener Weise als zweite und endgültig letzte Gewinnbenachrichtigung bezeichnet, trugen eine Gewinn-Num-
mer und benannten den Angeschriebenen u.a. in der folgenden Weise als Gewinner : "Bargeld-Gewinn (50.000 DM) steht fest: Gewinn-Nr.: 435 543 Gewinner: G.K. [Empfänger]" Es wurde zugesagt, daß der Gewinn sofort nach Posteingang und der vorgeschriebenen Prüfung durch einen Juror an den Angeschriebenen ausgezahlt werde. Der Empfänger wurde weiter wie folgt persönlich angesprochen:
"Beachten Sie bitte die 2 wichtigen Kopien, die wir diesem Brief beigelegt haben. Ja, Sie haben bares Geld gewonnen! Dazu gratulieren wir Ihnen ganz herzlich, allerdings müssen Sie Ihren Gewinn ganz schnell anfordern, denn diese Nachricht wird nicht wiederholt, das heißt für Sie, der Bargeld-Gewinn steht nur noch kurze Zeit zur Auszahlung bereit. Entfernen Sie vorsichtig das Gewinn-Siegel und überzeugen Sie sich gleich persönlich von Ihrem Glück. Wichtig: Senden Sie jetzt rasch das endgültige Gewinn-Zertifikat zusammen mit der Kopie des Gewinn-Zertifikats ein, damit Sie nun endlich Ihren Geldgewinn erhalten können. Und bitte vergessen Sie nicht, die Barcode-Marke auf den Bestellschein aufzukleben, damit Sie auch ganz sicher Ihren Gewinn bekommen. Übrigens hat sich Ihr Gewinn seit der letzten Benachrichtigung nochmals erhöht. Um wieviel, sehen Sie auf der Kopie von Ihrem Gewinn-Zertifikat!"
Zur Begründung, warum die sog. Barcode-Marke unbedingt auf dem Bestellschein aufgeklebt werden müsse, heißt es in dem Schreiben: "Die Barcode -Marke enthält den Gewinnbetrag. Er wird nach Eingang Ihrer Bestellung
elektronisch erfaßt, damit absolut sichergestellt ist, daß Sie Ihren BargeldGewinn erhalten."
Auf der Rückseite des "Gewinn-Zertifikats" ist u.a. folgende Erläuterung abgedruckt:
"So gewinnen Sie: Senden Sie Ihr Gewinn-Zertifikat pünktlich ein. Wenn Ihre GewinnNummer mit einer der ausgedruckten Gewinn-Nummern übereinstimmt , haben Sie aus einem der aufgeführten Gesamtwerte einen Preis gewonnen. Die Höhe des Bargeld-Gewinns richtet sich nach der Anzahl der eingegangenen Gewinn-Zertifikate." Auf einem beigefügten Schreiben befindet sich ein Bestellschein ("Mindestbestellwert : 30,-- DM"). Auf diesem ist - gemäß einem besonderen Hinweis - die Barcode-Marke aufzukleben. Über dem dafür vorgesehenen Feld steht: "WICHTIG: Der Warenversand und unsere Kundenbetreuung erfolgen aus Deutschland."
Die vorgefertigte Rückantwort ist an die S. in Straßburg adressiert. Auf der Rückseite ist "wenn zutreffend" der vorgedruckte Satz anzukreuzen: "JA, ich habe bestellt und fordere meinen Gewinn an."
Der klagende Verbraucherschutzverein e.V. sieht diese Werbung als wettbewerbswidrig an, weil sie irreführend sei und die Teilnahme an dem Gewinnspiel unzulässig mit einer Warenbestellung koppele. Dieser Wettbewerbsverstoß sei auch der Beklagten als Störer zuzurechnen.
Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen , es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs an private Endverbraucher Waren nebst Rechnung zu versenden,

a) wenn die Warenbestellung auf einer Gewinnspielwerbung beruht , bei der den persönlich angeschriebenen privaten Endverbrauchern ein wertvoller Gewinn, z.B. 50.000,-- DM, angekündigt wird und durch Formulierungen wie "ENDGÜLTIG LETZTE GEWINN-BENACHRICHTIGUNG FÜR ... (Name des Angeschriebenen ) Bargeld-Gewinn (50.000,-- DM) steht fest: GewinnNr. ... (Gewinn-Nummer des Angeschriebenen) Gewinner: ... (Name des Angeschriebenen)", "Ja, Sie haben bares Geld gewonnen ! Dazu gratulieren wir Ihnen ganz herzlich, allerdings müssen Sie Ihren Gewinn ganz schnell anfordern, denn diese Nachricht wird nicht wiederholt, das heißt für Sie, der BargeldGewinn steht nur noch kurze Zeit zur Auszahlung bereit." sowie "Entfernen Sie vorsichtig das Gewinn-Siegel und überzeugen Sie sich gleich persönlich von Ihrem Glück" der Eindruck erweckt wird, der Angeschriebene habe einen wertvollen Preis, z.B. 50.000,-- DM, gewonnen, ohne daß eindeutig und unmißverständlich darauf hingewiesen wird, daß nur die Möglichkeit besteht, den betreffenden Gewinn zu erhalten;
und/oder

b) wenn die Warenbestellung auf einer Gewinnspielwerbung beruht , mit der dem Angeschriebenen nahegelegt wird, zugleich mit der Gewinnanforderung eine Bestellung aufzugeben, und zwar durch Hinweise wie "Und bitte vergessen Sie nicht, die Barcode-Marke auf den Bestellschein aufzukleben, damit Sie auch ganz sicher Ihren Gewinn bekommen" sowie "Diese Barcode -Marke bitte unbedingt auf dem Bestellschein aufkleben! Die Barcode-Marke enthält den Gewinnbetrag. Er wird nach Eingang Ihrer Bestellung elektronisch erfaßt, damit absolut sichergestellt ist, daß Sie Ihren Bargeld-Gewinn erhalten".
Die Beklagte hat ein eigenes wettbewerbswidriges Verhalten in Abrede gestellt. Die Werbung der S. habe sie nicht gekannt.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben.
Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht das landgerichtliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen.
Mit seiner - zugelassenen - Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, begehrt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat die Ansicht vertreten, daß der Beklagten nicht untersagt werden könne, Waren, die aufgrund der beanstandeten Gewinnspielwerbung der S. bestellt worden seien, mit Rechnungen zu versenden. Es sei allerdings nach §§ 1, 3 UWG wettbewerbswidrig, Kunden durch eine irreführende Gewinnmitteilung anzulocken und diese Mitteilung mit der Aufforderung zu verbinden, Waren zu bestellen. Die Durchführung der in dieser Weise angebahnten Geschäfte sei jedoch weder mit einer Täuschung des Verkehrs verbunden noch in anderer Weise wettbewerbswidrig. Die Beklagte könne deshalb nicht als Störer in Anspruch genommen werden, wenn sie an der Abwicklung der Bestellungen mitwirke.
Die Beklagte unterstütze allerdings die wettbewerbswidrige Werbung der S. durch ihre Bereitschaft, die Auslieferung der Waren, die bei der in Frankreich ansässigen S. bestellt worden seien, zu übernehmen. Ohne den in der Werbung der S. herausgestellten Hinweis "WICHTIG: Der Warenversand und unsere Kundenbetreuung erfolgen aus Deutschland" würde ein nicht unbeachtlicher Teil der Angesprochenen von einer Bestellung von vornherein absehen, sei es aus grundsätzlichem Mißtrauen gegenüber Geschäften mit dem Ausland, sei es wegen befürchteter Schwierigkeiten bei der Abwicklung. Diese wettbewerbswidrige Unterstützung der S. bei ihrer Werbung begründe aber keinen Anspruch gegen die Beklagte, die Warenauslieferung zu unterlassen.
Mangels eines entsprechenden Klageantrags könne es offenbleiben, ob der Kläger von der Beklagten verlangen könnte, diejenigen Handlungen zu unterlassen, die es der S. ermöglichten, in ihrer Werbung herauszustellen, daß die Verträge in Deutschland abgewickelt würden.

II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Revisionsangriffe haben keinen Erfolg.
1. Mit dem Klageantrag zu a) wendet sich der Kläger dagegen, daß die Beklagte an private Endverbraucher Waren mit beigefügter Rechnung versendet , wenn die Warenbestellung auf einer Gewinnspielwerbung beruht, durch die in gleicher Weise wie bei der konkret beanstandeten Werbung der Eindruck erweckt wird, der persönlich angeschriebene Empfänger sei Gewinner eines Geldbetrages in der Größenordnung von 50.000,-- DM, obwohl nicht mehr als die Möglichkeit eines solchen Gewinns gegeben ist.
Nach dem Klageantrag zu b) soll der Beklagten verboten werden, an private Endverbraucher Waren mit beigefügter Rechnung zu versenden, wenn die Warenbestellung auf einer Gewinnspielwerbung beruht, bei der die Gewinnanforderung wie im konkreten Fall mit einer Bestellung verknüpft worden ist. Aufgrund der Verbindung der Klageanträge zu a) und zu b) mit "und/oder" wird mit der Klage eine Verurteilung zur Unterlassung auch für den Fall begehrt, daß die unter a) und b) aufgeführten Umstände zusammentreffen.
2. Das Unterlassungsbegehren ist selbst dann nicht begründet, wenn alle im Klageantrag unter a) und b) genannten Umstände vorliegen. Erst recht ist der Klageantrag unbegründet, wenn nur jeweils die unter a) oder b) aufgeführten Umstände gegeben sind.
Der Unterlassungsantrag richtet sich dagegen, daß die Beklagte durch die Abwicklung von Verträgen, die unter der Einwirkung der Gewinnspielwer-
bung zustande gekommen sind, an einem Wettbewerbsverstoß der S. mitwirkt.

a) Es bedarf keiner näheren Darlegung, daß die Gewinnspielwerbung der S. , die nach deutschem Wettbewerbsrecht zu beurteilen ist (vgl. BGHZ 113, 11, 15 - Kauf im Ausland; BGH, Urt. v. 26.11.1997 - I ZR 148/95, GRUR 1998, 419 f. = WRP 1998, 386 - Gewinnspiel im Ausland; Urt. v. 14.5.1998 - I ZR 10/96, GRUR 1998, 945, 946 = WRP 1998, 854 - Co-Verlagsvereinbarung ), wettbewerbswidrig ist. Die Werbung ist geeignet, Empfängern der Werbeschreiben , die dieses nicht sehr genau und kritisch lesen, vorzuspiegeln, daß ihnen ein Gewinn bereits sicher sei, während bei Einsendung des GewinnZertifikats nur die Möglichkeit eines Gewinns besteht (§ 3 UWG). Der Umstand, daß viele der Empfänger, die das Schreiben als Mitteilung eines bereits auszuzahlenden Bargeldgewinns verstehen, zweifeln werden, ob die S. als ein gewerbliches Unternehmen ihnen wirklich ein Geldgeschenk machen wolle, schließt die Annahme einer wettbewerbswidrigen Irreführung nicht aus. Die Werbung ist jedenfalls geeignet, durch Irreführung die Hoffnung zu begründen, daß - wie angekündigt - ein Geldgewinn ausgezahlt werde, und durch Ausbeutung dieser Hoffnung den eigenen Warenabsatz zu fördern.
Weiterhin ist die Kopplung der Teilnahme am Gewinnspiel mit einer Warenbestellung nach § 1 UWG wettbewerbswidrig (vgl. BGH, Urt. v. 21.2.1975 - I ZR 46/74, WRP 1976, 100, 101 - MARS; Urt. v. 19.12.1975 - I ZR 120/74, WRP 1976, 172, 173 f. - Versandhandels-Preisausschreiben).

b) Der Unterlassungsantrag des Klägers wendet sich aber nicht gegen ein Verhalten, mit dem ein solcher Wettbewerbsverstoß der S. gefördert wird, sondern gegen die Teilnahme der Beklagten an der Abwicklung der Ver-
träge, die aufgrund der beanstandeten Werbung zustande gekommen sind. Dieses im Inland stattfindende Verhalten ist nach deutschem Wettbewerbsrecht zu beurteilen.
Nach dem gegebenen Sachverhalt handelt jedoch weder die S. wettbewerbswidrig im Sinne des § 1 UWG, wenn sie die durch ihre Gewinnspielwerbung zustande gebrachten Verträge abwickelt, noch die Beklagte, wenn sie die technische Durchführung der Vertragsabwicklung durch die Versendung bestellter Waren unter Beifügung von Rechnungen übernimmt. Dies gilt auch dann, wenn unterstellt wird, daß der Beklagten bei dieser Tätigkeit die vorausgegangene Werbung der S. bekannt ist.
(1) Die Abwicklung von Verträgen, zu deren Abschluß der Kunde durch wettbewerbswidrige Mittel veranlaßt werden konnte, ist als solche grundsätzlich nicht wettbewerbswidrig. Zweck des § 1 UWG ist es, die Lauterkeit des Wettbewerbs im Interesse der Marktbeteiligten und der Allgemeinheit zu schützen. Die Abwicklung von Verträgen wird deshalb von dieser Vorschrift nur dann erfaßt, wenn sie nach den gesamten Umständen auch selbst als unlauteres Wettbewerbsverhalten zu würdigen ist. In vielen Fällen wird dies deshalb nicht der Fall sein, weil der Wettbewerbsverstoß für den Vertragsschluß letztlich nicht ursächlich geworden ist, etwa weil der durch eine Werbung nur unzureichend oder irreführend unterrichtete Verbraucher vor Vertragsschluß Kenntnis von allen maßgeblichen Umständen erhalten hat (vgl. BGH, Urt. v. 16.11.2000 - I ZR 186/98, WRP 2001, 392, 394 f. - 1-Pfennig-Farbbild, m.w.N.). Aber auch dann, wenn der Vertrag unter der Einwirkung des wettbewerbswidrigen Verhaltens zustande gekommen ist und deshalb Willensmängel vorliegen, die zur Anfechtbarkeit oder Nichtigkeit des Vertrages führen oder ein Rücktrittsrecht nach § 13a UWG begründen, wird die Durchführung des Vertrages nicht allein
dadurch selbst wettbewerbsrechtlich unlauter. Die Vorschrift des § 1 UWG richtet sich nicht schlechthin gegen anstößiges Verhalten von Gewerbetreibenden und dessen Folgen. Der darin enthaltene Begriff der Sittenwidrigkeit ist vielmehr wettbewerbsbezogen auszulegen (vgl. BGHZ 140, 134, 138 f. - Hormonpräparate; 144, 255, 265 - Abgasemissionen; BGH, Urt. v. 5.10.2000 - I ZR 224/98, GRUR 2001, 354, 356 = WRP 2001, 255 - Verbandsklage gegen Vielfachabmahner, m.w.N.). Dies erfordert bei der Beurteilung einer Vertragsabwicklung die Prüfung, ob auch von dieser selbst eine unlautere Störung des Wettbewerbs auf dem Markt ausgeht.
Die Revision macht ohne Erfolg geltend, daß im vorliegenden Fall Umstände gegeben seien, die auch den Vollzug der Verträge, die unter dem Eindruck der wettbewerbswidrigen Werbung der S. geschlossen worden seien, wettbewerbswidrig machten. Die S. hat allerdings zielgerichtet und systematisch grob wettbewerbswidrige Mittel eingesetzt, um Verbraucher zu Warenbestellungen zu veranlassen. Der Warenabsatz durch Abwicklung der auf diese Weise zustande gebrachten Verträge war dementsprechend Teil des Gesamtplans der S. . Ein solcher - durchaus typischer - Zusammenhang zwischen wettbewerbswidriger Werbung und Vertragsabwicklung genügt jedoch grundsätzlich nicht, um auch der Vertragsabwicklung den Stempel der Wettbewerbswidrigkeit aufzudrücken.
(2) Entgegen der Ansicht der Revision ist der vorliegende Fall nicht vergleichbar mit den Fallgestaltungen, in denen der Senat auch die Fruchtziehung aus einem wettbewerbswidrigen Verhalten als wettbewerbsrechtlich unlauter beurteilt hat (vgl. BGHZ 123, 330, 332 ff. - Folgeverträge I; BGH, Urt. v. 26.1.1995 - I ZR 39/93, GRUR 1995, 358, 360 = WRP 1995, 389 - Folgeverträge II; Urt. v. 26.11.1997 - I ZR 109/95, GRUR 1998, 415, 416 = WRP 1998,
383 - Wirtschaftsregister; vgl. dazu auch BGH, Urt. v. 8.10.1998 - I ZR 7/97, GRUR 1999, 261, 264 = WRP 1999, 94 - Handy-Endpreis). In diesen Fällen ging es darum, daß Gewerbetreibende oder Angehörige der freien Berufe durch rechnungsähnlich aufgemachte Angebotsschreiben dazu veranlaßt worden waren, die angegebenen Beträge als geschuldet zu überweisen. Nach dem Inhalt der Angebotsschreiben sollten diese Zahlungen als stillschweigende Annahme des getarnten Angebots verstanden werden. Das gesamte Vorgehen war danach darauf angelegt, die Betroffenen in eine "Vertragsfalle" zu locken und sie dann an dem scheinbar geschlossenen Vertrag festzuhalten. Unter solchen Umständen ist auch der Versuch, gegen Betroffene unter Berufung auf den behaupteten Vertrag Ansprüche herzuleiten, als eigene Störung des lauteren Wettbewerbs zu beurteilen (vgl. dazu Köhler/Piper, UWG, 2. Aufl., § 1 Rdn. 803; v. Ungern-Sternberg, WRP 2000, 1057, 1060 f.).
Ein derartiger Sachverhalt ist hier nicht gegeben. Die von der Werbung der S. angesprochenen Verbraucher wissen, daß sie bei der Warenbestellung Verträge schließen, zu deren Erfüllung sie verpflichtet sind. Die beanstandete Werbung ist lediglich geeignet, die Verbraucher mit unlauteren Mitteln zu solchen Bestellungen zu veranlassen.
(3) Die Abwicklung von Verträgen, die aufgrund einer wettbewerbswidrigen Werbung der vorliegenden Art zustande gekommen sind, wäre allerdings dann wettbewerbswidrig, wenn das Verhalten des Werbenden als Betrug (§ 263 StGB) zu werten sein sollte und die Vertragsabwicklung als eine - bis zur Beendigung mögliche (vgl. BGHSt 2, 344, 345 f.; BGH, Beschl. v. 2.10.1998 - 2 StR 389/98, wistra 1999, 21; Cramer in Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch , 26. Aufl., § 263 Rdn. 180; Jescheck/Weigend, Strafrecht AT, 5. Aufl., § 64 III 2 b) - Teilnahme daran (§ 27 StGB). In diesem Fall könnte ein
Unternehmen, das die Vertragsabwicklung übernimmt, wegen seines Tatbeitrags auch wettbewerbsrechtlich als Störer in Anspruch genommen werden, weil dann auch von der Vertragsabwicklung eine Beeinträchtigung des lauteren Wettbewerbs ausgehen würde. Gleiches würde auch dann gelten, wenn zwar nicht festgestellt werden kann, ob und gegebenenfalls welchen Kunden gegenüber ein vollendeter Betrug vorliegt (etwa weil die Kausalität der Täuschung nicht feststellbar ist), das Verhalten des Werbenden aber jedenfalls als versuchter Betrug zu würdigen ist und die Vertragsabwicklung ohne Rücksicht darauf durchgeführt wird, ob der betreffende Kunde Opfer des auf Betrug angelegten Vorgehens geworden ist oder nicht (vgl. dazu auch BGH GRUR 1998, 415, 416 f. - Wirtschaftsregister; v. Ungern-Sternberg, WRP 2000, 1057, 1061).
Im vorliegenden Fall erfüllt das Verhalten der S. nach den getroffenen Feststellungen weitgehend den Tatbestand des Betruges. Ihre Werbung zielte darauf ab, Verbraucher durch Täuschung in den Glauben zu versetzen, sie hätten einen hohen Geldbetrag gewonnen und könnten diesen erhalten, wenn sie nur Waren mit einem Mindestbestellwert von 30,-- DM bestellten. Ein im Sinne des § 263 StGB bedeutsamer Irrtum wird weder dadurch ausgeschlossen , daß der Getäuschte den Irrtum hätte vermeiden können (vgl. BGHSt 34, 199, 201; Lackner/Kühl, Strafgesetzbuch, 23. Aufl., § 263 Rdn. 20), noch dadurch , daß er an der Richtigkeit der ihm gemachten Erklärungen noch gewisse Zweifel hat (vgl. BGH, Urt. v. 8.5.1990 - 1 StR 144/90, wistra 1990, 305; Cramer aaO § 263 Rdn. 40; Tröndle/Fischer, Strafgesetzbuch, 50. Aufl., § 263 Rdn. 40). Die Täuschung hat bei vielen der Angesprochenen zur Folge, daß diese Warenbestellungen aufgeben, die sie andernfalls unterlassen hätten. Der Vertragsschluß als solcher stellt allerdings keinen Schaden im Sinne des § 263 StGB dar, wenn die bestellte Ware für den Getäuschten sinnvoll verwendbar und im Vergleich zum Kaufpreis nicht minderwertig ist (vgl. BGHSt 3, 99, 102 f.;
16, 220, 221 f.; 23, 300, 302; Cramer aaO § 263 Rdn. 128; Nack in MüllerGugenberger /Bieneck, Wirtschaftsstrafrecht, 3. Aufl., § 47 Rdn. 52 ff., 59 ff.). Etwas anderes hat der Kläger hier nicht vorgetragen. Bei dieser Sachlage kann die unter den Parteien umstrittene Frage, ob die Beklagte bereits bei der Abwicklung der Verträge Kenntnis von der Werbung der S. hatte, offenbleiben.
3. Die Revision meint, dem Klagebegehren sei jedenfalls deshalb unter dem Gesichtspunkt der Störerhaftung stattzugeben, weil die Beklagte nach den getroffenen Feststellungen bewußt einen Beitrag zu der unlauteren Werbung der S. geleistet habe, indem sie dieser die Werbung mit der Vertragsabwicklung im Inland ermöglicht habe. Damit kann die Revision jedoch nicht durchdringen, weil der Kläger ein solches Verhalten nicht zum Gegenstand seiner Klageanträge gemacht hat.
Die Revision rügt insoweit weiter, das Berufungsgericht habe jedenfalls seine Pflicht verletzt, auf die Stellung sachdienlicher Anträge hinzuwirken (§ 139 ZPO). Den Entscheidungsgründen sei zu entnehmen, daß das Berufungsgericht eine Störerhaftung der Beklagten als gegeben ansehe, wenn diese es der S. ermögliche, in ihrer Werbung die Vertragsabwicklung in Deutschland herauszustellen. Auf entsprechende Anregung hätte der Kläger hilfsweise beantragt, die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, der S. dadurch einen werbenden Hinweis auf die Abwicklung von Verträgen in Deutschland zu ermöglichen, daß sie ihre Adresse für die Vertragsabwicklung zur Verfügung stellt, den Warenversand und/oder die Rechnungsstellung übernimmt und/oder sonst den Vollzug der Verträge unterstützt.
Auch mit diesem Vorbringen kann die Revision keinen Erfolg haben. Die Vorschrift des § 139 ZPO verpflichtete das Berufungsgericht nicht, den Kläger
zu einem Antrag zu veranlassen, der auf einem anderen Sachverhalt beruht, als er bisher vorgetragen hatte, und mit dem deshalb ein neuer Streitgegenstand in den Prozeß eingeführt worden wäre (vgl. BGHZ 7, 208, 211 f.; 24, 269, 278; Zöller/Greger, ZPO, 22. Aufl., § 139 Rdn. 5, 11; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 22. Aufl., § 139 Rdn. 10).
III. Die Revision war danach auf Kosten des Klägers zurückzuweisen (§ 97 Abs. 1 ZPO).
Erdmann v. Ungern-Sternberg Starck
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(3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.

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Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 17. Juli 1998 im Kostenpunkt und im übrigen teilweise aufgehoben und insgesamt wie folgt neu gefaßt: Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Ulm (Donau) vom 17. Februar 1998 im Kostenpunkt aufgehoben und im übrigen in der Weise geändert , daß im Tenor des vorbezeichneten Urteils unter Nr. 1 a das Wort "insbesondere" und die Wörter "und/oder" sowie die Verurteilung zu Nr. 1 b entfallen. Die Klage wird auch im Umfang der Abänderung abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien betreiben Einzelhandelsmärkte, in denen s ie unter anderem die Entwicklung von Filmen und die Fertigung von entsprechenden Abzügen anbieten.
Die Beklagte warb am 27. Oktober 1997 in einer - nachstehend verkleinert wiedergegebenen - Beilage zur S. -Presse U. unter der Überschrift "Treue lohnt sich" damit, daß sie einen Farbabzug der Größe 9 x 13 cm von einem Kleinbild-Negativ-Farbfilm in der Zeit vom 27. bis zum 31. Oktober 1997 für einen Pfennig herstellen würde. Der Preis sollte nur in Verbindung mit einer sogenannten Popline-Erstentwicklung gelten. Hierfür berechnete die Beklagte 3,50 DM für die Entwicklung des Films sowie 1,-- DM für den mit den Bildern jeweils - unabhängig von einer entsprechenden Beauftragung - stets mitgelieferten sogenannten Indexabzug, so daß sich ein 24-Bilder-Auftrag auf insgesamt 4,74 DM belief.

Die Klägerin hat die Anzeige unter dem Gesichtspunkt eines Verstoßes gegen das Verbot des übertriebenen Anlockens und des Behinderungswettbewerbs , des Ankündigens einer unzulässigen Sonderveranstaltung sowie einer irreführenden Werbung als wettbewerbswidrig beanstandet.
Sie hat beantragt,
die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen,

a) im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken für die Entwicklung von Farbbildabzügen in der Größe 9 x 13 cm vom Kleinbild-Negativ mit der Aussage "1 Pfennig", insbesondere wie dies in der beanstandeten Anzeige ersichtlich ist, zu werben und/ oder

b) im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken Farbbildabzüge in der Größe 9 x 13 cm vom Kleinbild-Negativ für 1 Pfennig pro Abzug zu verkaufen.
Weiterhin hat sie beantragt, die Beklagte zur Auskunftserteilung zu verurteilen und deren Schadensersatzverpflichtung festzustellen; außerdem hat sie in der Berufungsinstanz einen Hilfsantrag gestellt.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat die beanstandete Werbung damit verteidigt, daß außer im hier nicht gegebenen und auch von
der Klägerin selbst nicht geltend gemachten Fall einer Verdrängungsabsicht ein durch den Preis bewirktes Anlocken von Kunden nicht gegen § 1 UWG verstoße und daß auch die Voraussetzungen der weiteren von der Klägerin geltend gemachten Verbotsgründe nicht vorlägen.
Das Landgericht hat der Klage bis auf einen Teil des Auskunftsanspruchs stattgegeben.
Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (OLG Stuttgart OLG-Rep 1998, 401).
Diese verfolgt mit der Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt , ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat in der angegriffenen Werbung und in der Durchführung der beworbenen Aktion eine wegen übertriebenen Anlockens nach § 1 UWG unzulässige Wertreklame gesehen. Geldwerte Vergünstigungen als deren wesentliches Kennzeichen könnten auch dann vorliegen, wenn Leistungen zu einem ungewöhnlich niedrigen, nur als Scheinentgelt anzusehenden Preis gewährt würden. Dies sei hier der Fall, da, wie der durchschnittliche Fotoamateur erkenne, der Preis von einem Pfennig bei ca. 1/30, eventuell sogar 1/45 des durchschnittlich geforderten Preises für einen entsprechenden Fotoabzug liege. Die Beklagte sei sich bei der Gewährung dieser Vergünstigung bewußt, daß sie den Interessenten dadurch zum Aufsuchen ihres Ge-
schäfts veranlasse, wo er dann mit ihrem übrigen, normal kalkulierten Warenangebot konfrontiert werde. Die Wirkung des übertriebenen Anlockens werde noch dadurch verstärkt, daß die Beklagte die Werbeaktion mit der Werbung für andere Artikel ihres Angebots verbunden und mit der Schlagzeile "Treue lohnt sich" sowie dem Hinweis auf ihre Preisgarantie geworben habe.
II. Die hiergegen gerichtete Revision hat teilweise Erfolg.
1. Die dem Hauptantrag der Klägerin entsprechende Verurteilung der Beklagten durch das Berufungsgericht hat keinen Bestand, weil dieser danach die Werbung für die Entwicklung von Farbbildabzügen in der Größe 9 x 13 cm vom Kleinbild-Negativ mit der Preisangabe "1 Pfennig" generell untersagt worden ist. Die Beklagte hat so allgemein nicht für die Entwicklung entsprechender Abzüge zu dem genannten Preis geworben. Ihre Werbung war nämlich u.a. dadurch gekennzeichnet, daß das Angebot auf fünf Tage befristet und außerdem auf die Fälle beschränkt war, in denen eine Erstentwicklung erfolgte. Damit bringt der der Verurteilung zugrunde gelegte Klageantrag das Charakteristische der beanstandeten Werbung jedenfalls teilweise nicht mehr zum Ausdruck und reicht daher über eine noch zulässige Verallgemeinerung der beanstandeten Verhaltensweise hinaus (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 10.12.1998 - I ZR 141/96, GRUR 1999, 509, 511 = WRP 1999, 421 - Vorratslücken; Urt. v. 15.7.1999 - I ZR 204/96, GRUR 1999, 1017, 1018 = WRP 1999, 1035 - Kontrollnummernbeseitigung I).
2. Bei einem zu weit gefaßten wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsantrag , dem eine konkrete Werbemaßnahme zugrunde liegt, ist der Klage im allgemeinen zu entnehmen, daß jedenfalls die konkret beanstandete Werbemaßnahme untersagt werden soll (vgl. z.B. BGHZ 126, 287, 296 = GRUR 1994, 844
= WRP 1994, 822 - Rotes Kreuz; BGH, Urt. v. 17.10.1996 - I ZR 153/94, GRUR 1997, 308, 311 = WRP 1997, 306 - Wärme fürs Leben; Urt. v. 3.12.1998 - I ZR 74/96, GRUR 1999, 760 = WRP 1999, 842 - Auslaufmodelle II). Dies ist hier schon deshalb der Fall, weil die Klägerin mit dem Insbesondere-Zusatz im Klageantrag zum Ausdruck gebracht hat, daß sie jedenfalls die Untersagung der beanstandeten Werbung in ihrer konkreten Ausgestaltung erstrebte (BGH, Urt. v. 8.10.1998 - I ZR 72/97, WRP 1999, 505, 507 - Nur 1 Pfennig; Urt. v. 8.10.1998 - I ZR 107/97, WRP 1999, 512, 515 - Aktivierungskosten, je m.w.N.).
3. Soweit sich der Antrag zu a) auf die konkrete Verletzungsform bezieht , steht der Klägerin der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zu.

a) Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts stellt sich die beanstandete Werbung allerdings nicht als übertriebenes Anlocken nach § 1 UWG dar.
Bei dem mit dem Auftrag über die Entwicklung des Films und die Herstellung eines sogenannten Indexabzugs zum Preis von insgesamt 4,50 DM gekoppelten Erwerb von Erstabzügen handelt es sich aus der insoweit maßgeblichen Sicht des Verkehrs ungeachtet der Gestaltung der beanstandeten Werbeanzeige um ein Gesamtangebot. Das ergibt sich zum einen aus der Tatsache , daß Erstabzüge die vorherige Entwicklung des Films voraussetzen, und zum anderen daraus, daß die Beklagte mit dem entwickelten Film und den Abzügen stets auch einen sogenannten Indexabzug mitliefert, den sie mit 1,-- DM in Rechnung stellt. Bei diesem Gesamtangebot kann in der alleinigen Ankündigung des besonders günstigen Preises für einen Teil der zu erbringenden Leistung kein unsachliches Mittel erblickt werden. Denn die Werbung mit der besonders günstigen Abgabe der Abzüge stellt sich als legitimer Hinweis auf den
durch verschiedene Bestandteile bestimmten günstigen Preis der angebotenen Gesamtleistung und damit als Hinweis auf die eigene Leistungsfähigkeit dar. Die Anlockwirkung, die von einem attraktiven Angebot ausgeht, ist nicht wettbewerbswidrig , sondern gewollte Folge des Leistungswettbewerbs (BGHZ 139, 368, 374 = GRUR 1999, 264 = WRP 1999, 90 - Handy für 0,00 DM; BGH, Urt. v. 28.4.1994 - I ZR 68/92, GRUR 1994, 743, 745 = WRP 1994, 610 - Zinsgünstige Kfz-Finanzierung durch Herstellerbank; Urt. v. 25.9.1997 - I ZR 84/95, GRUR 1998, 500, 502 = WRP 1998, 388 - Skibindungsmontage).

b) Die Beklagte hat mit der beanstandeten Werbung aber gegen ihre Verpflichtung, die verschiedenen Preisbestandteile der von ihr angebotenen Gesamtleistung zu einem Endpreis im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung zur Regelung der Preisangaben (v. 14.3.1985, BGBl. I S. 580 in der Fassung der 3. Ä nderungsVO v. 22.7.1997, BGBl. I S. 1910 - PAngV) zusammenzufassen , und damit zugleich gegen § 1 UWG verstoßen. Daß die Preisbestandteile zum Teil, nämlich was die bei jedem Film anfallenden Kosten für die Entwicklung (3,50 DM) und den Indexabzug (1,-- DM) anlangte, fix waren und im übrigen von der Anzahl der vom Kunden bestellten Abzüge abhingen, stand dieser Verpflichtung nicht entgegen. Zu berücksichtigen ist, daß die Filme regelmäßig eine bestimmte, vorgegebene Anzahl von Bildern umfassen. Der Beklagten wäre es daher ohne weiteres möglich gewesen, in der Anzeige jedenfalls für die üblichen Filme wie insbesondere solche, die für 24 und 36 Aufnahmen vorgesehen sind, entsprechende Endpreise anzugeben. Im Hinblick darauf verstößt die Beklagte, soweit sie von einer solchen Endpreisangabe absieht und statt dem den besonders günstigen Preis eines einzelnen Bestandteils herausstellt, gegen § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV.

c) Unter diesen Umständen kann es offenbleiben, ob, wie die Klägerin im Berufungsverfahren geltend gemacht hat, der Verbraucher durch die beanstandete Werbung auch i.S. des § 3 UWG irregeführt wird.
4. Nicht begründet ist die Klage dagegen insoweit, als sich die Klägerin mit ihrem Antrag zu b) dagegen wendet, daß die Beklagte Farbbilder im Format 9 x 13 cm zum Stückpreis von 1 Pfennig abgibt.
Das Berufungsgericht hat die Verurteilung der Beklagten in diesem Punkt - aus seiner Sicht folgerichtig - damit begründet, daß durch die fortdauernde Bereitschaft der Beklagten, Abzüge zum Preis von 1 Pfennig abzugeben, die Kunden auch weiterhin in unlauterer Weise angelockt würden. Da jedoch in dem beanstandeten Angebot kein übertriebenes Anlocken liegt, kann ein solcher Wettbewerbsverstoß auch bei der Durchführung der Aktion nicht fortwirken. Zur Begründung dieses Antrags kann sich die Klägerin auch nicht darauf stützen, daß die konkret beanstandete Anzeige gegen § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV und möglicherweise auch gegen § 3 UWG verstößt. Die Abgabe von Waren, die unter Verstoß gegen Bestimmungen der Preisangabenverordnung oder auf irreführende Weise beworben worden sind, ist für sich genommen nicht wettbewerbswidrig nach § 1 UWG, weil nicht angenommen werden kann, daß der in der Werbung liegende Verstoß bei der Entscheidung des Kunden für das beworbene Angebot noch fortwirkt; denn es ist niemals auszuschließen, daß die durch die Werbeanzeige unzureichend oder irreführend informierten Verbraucher vor Vertragsschluß Kenntnis von allen maßgeblichen Umständen erlangt haben (vgl. BGH, Urt. v. 8.10.1998 - I ZR 7/97, GRUR 1999, 261, 264 = WRP 1999, 94 - Handy-Endpreis; Urt. v. 6.10.1999 - I ZR 63/97, Umdr. S. 5).
5. Ohne Erfolg bleibt die Revision demgegenüber auch insoweit, als die Beklagte - bezogen auf das ihr jetzt noch verbotene Verhalten - zur Auskunftserteilung verurteilt und ihre Verpflichtung zur Leistung von Schadensersatz festgestellt worden ist. Insoweit genügt es, daß nach der Lebenserfahrung der Eintritt eines Schadens in der Zukunft mit einiger Sicherheit zu erwarten ist (BGHZ 130, 205, 220 f. - Feuer, Eis & Dynamit; BGH, Urt. v. 24.5.2000 - I ZR 222/97, WRP 2000, 1402, 1404 - Falsche Herstellerpreisempfehlung, m.w.N.). Wegen der fortbestehenden Wiederholungsgefahr ist - entgegen der Auffassung der Revision - eine zeitliche Beschränkung der Ansprüche auf den Zeitraum der Werbeaktion nicht veranlaßt. Die Revisionserwiderung weist im übrigen mit Recht darauf hin, daß die Klägerin zur Berechnung des ihr etwa entstandenen Schadens auch die Auskunft der Beklagten über die von dieser verkauften Abzüge benötigt.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Erdmann Starck Bornkamm
Büscher Schaffert

(1) Bei der Festlegung einer angemessenen Vertragsstrafe nach § 13 Absatz 1 sind folgende Umstände zu berücksichtigen:

1.
Art, Ausmaß und Folgen der Zuwiderhandlung,
2.
Schuldhaftigkeit der Zuwiderhandlung und bei schuldhafter Zuwiderhandlung die Schwere des Verschuldens,
3.
Größe, Marktstärke und Wettbewerbsfähigkeit des Abgemahnten sowie
4.
wirtschaftliches Interesse des Abgemahnten an erfolgten und zukünftigen Verstößen.

(2) Die Vereinbarung einer Vertragsstrafe nach Absatz 1 ist für Anspruchsberechtigte nach § 8 Absatz 3 Nummer 1 bei einer erstmaligen Abmahnung bei Verstößen nach § 13 Absatz 4 ausgeschlossen, wenn der Abgemahnte in der Regel weniger als 100 Mitarbeiter beschäftigt.

(3) Vertragsstrafen dürfen eine Höhe von 1 000 Euro nicht überschreiten, wenn die Zuwiderhandlung angesichts ihrer Art, ihres Ausmaßes und ihrer Folgen die Interessen von Verbrauchern, Mitbewerbern und sonstigen Marktteilnehmern in nur unerheblichem Maße beeinträchtigt und wenn der Abgemahnte in der Regel weniger als 100 Mitarbeiter beschäftigt.

(4) Verspricht der Abgemahnte auf Verlangen des Abmahnenden eine unangemessen hohe Vertragsstrafe, schuldet er lediglich eine Vertragsstrafe in angemessener Höhe.

(5) Ist lediglich eine Vertragsstrafe vereinbart, deren Höhe noch nicht beziffert wurde, kann der Abgemahnte bei Uneinigkeit über die Höhe auch ohne Zustimmung des Abmahnenden eine Einigungsstelle nach § 15 anrufen. Das Gleiche gilt, wenn der Abgemahnte nach Absatz 4 nur eine Vertragsstrafe in angemessener Höhe schuldet. Ist ein Verfahren vor der Einigungsstelle anhängig, so ist eine erst nach Anrufung der Einigungsstelle erhobene Klage nicht zulässig.

(1) Dieses Gesetz dient dem Schutz der Mitbewerber, der Verbraucher sowie der sonstigen Marktteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Handlungen. Es schützt zugleich das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb.

(2) Vorschriften zur Regelung besonderer Aspekte unlauterer geschäftlicher Handlungen gehen bei der Beurteilung, ob eine unlautere geschäftliche Handlung vorliegt, den Regelungen dieses Gesetzes vor.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 224/98 Verkündet am:
5. Oktober 2000
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Verbandsklage gegen Vielfachabmahner
Die Abmahnung von Wettbewerbsverstößen kann einem Gewerbetreibenden
nicht schon deshalb allgemein als wettbewerbswidrige Behinderung der abgemahnten
Mitbewerber untersagt werden, weil die Abmahntätigkeit in keinem
vernünftigen wirtschaftlichen Verhältnis zum Umfang seiner eigenen gewerblichen
Tätigkeit steht.
Ein Rechtsanwalt, der gegen § 45 Abs. 1 Nr. 4 BRAO verstößt, handelt damit
nicht zugleich wettbewerbswidrig, auch wenn diese Vorschrift eine sog. wertbezogene
Norm ist.
BGH, Urt. v. 5. Oktober 2000 - I ZR 224/98 - OLG München
LG München I
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 5. Oktober 2000 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr. Erdmann und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Starck, Prof. Dr. Bornkamm
und Pokrant

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 29. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 30. Juli 1998 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Kläger ist der DSW Deutscher Schutzverband gegen Wirtschaftskriminalität e.V., zu dessen satzungsgemäßen Zwecken die Förderung gewerblicher Interessen im Sinne des § 13 UWG gehört. Dem Kläger gehören zahlreiche Industrie- und Handelskammern, der Deutsche Industrie- und Handelstag und der Deutsche Handwerkskammertag an. Alle in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Makler sind Mitglied einer Industrie- und Handelskammer.
Der Beklagte ist als Rechtsanwalt in München zugelassen. Im Jahr 1997 hat er nach eigenem Sachvortrag etwa 150 Abmahnungen gegen Unternehmen
der Immobilienbranche ausgesprochen. Von diesen sind sieben Abmahnungen, die in der Zeit zwischen dem 6. Juni und dem 15. Juli 1997 versandt wurden (Anlage K 5), Grundlage des vorliegenden Rechtsstreits. Sie richteten sich gegen Anbieter von Immobilien in Berlin, Leipzig, Chemnitz und anderen Orten in den neuen Bundesländern, weil von ihnen veröffentlichte Zeitungsanzeigen wettbewerbswidrig seien. Gerügt wurden dabei Verstöße gegen die Preisangabenverordnung und irreführende Werbeangaben. Die Abmahnungen waren jeweils mit der Forderung verbunden, Anwaltsgebühren in Höhe von insgesamt 930,12 DM zu erstatten.
Am 9. Oktober 1997 wurde dem Beklagten gemäß § 34c GewO die Erlaubnis erteilt, gewerbsmäßig Bauvorhaben als Bauherr in eigenem Namen für eigene oder fremde Rechnung vorzubereiten oder durchzuführen und dazu Vermögenswerte von Erwerbern, Mietern, Pächtern oder sonstigen Nutzungsberechtigten oder von Bewerbern um Erwerbs- oder Nutzungsrechte zu verwenden.
Der Kläger hat behauptet, der Beklagte sei nicht in der Immobilienbranche tätig oder - wenn doch - nur zu dem Zweck, bei Abmahnungen als Wettbewerber auftreten zu können. Er habe deshalb zu Unrecht gegenüber den abgemahnten Unternehmen die einem Wettbewerber zustehende Klagebefugnis in Anspruch genommen. Mit seinen Abmahnungen handele der Beklagte jedenfalls mißbräuchlich. Er mahne massenhaft einfach festzustellende Bagatellverstöße ab, vorwiegend in der Absicht, als Rechtsanwalt Abmahngebühren zu erzielen. Sein Verhalten sei zugleich eine wettbewerbswidrige Behinderung der abgemahnten Unternehmen. Dabei sei auch zu berücksichtigen, daß der Beklagte bei den Abmahnungen als Rechtsanwalt unzulässig in Angelegenheiten
tätig werde, mit denen er zuvor schon in seinem angeblichen Zweitberuf als Bauträger und Altbausanierer befaßt gewesen sei.
Der Kläger hat - hilfsweise neben einem vom Landgericht rechtskräftig abgewiesenen Hauptantrag - beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Unternehmen, die den Erwerb von bebauten Grundstücken und/oder Wohneigentum anbieten und/oder die Vermittlung von unbebauten Grundstücken bzw. Wohneigentum anbieten, im eigenen Namen als Bauträger/ Altbausanierer abzumahnen wie in den Anlagen K 5 und/oder gegen diese gerichtlich vorzugehen.
Daneben hat der Kläger den Ersatz der Kosten seiner Abmahnung in Höhe von 294,25 DM nebst 4 % Zinsen verlangt.
Der Beklagte hat ein wettbewerbswidriges Verhalten in Abrede gestellt. Er stehe zu den abgemahnten Unternehmen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis. Mit einem Partner habe er in Berlin mehrere Altbauten erworben, um sie nach ihrer Sanierung und Aufteilung in Eigentumswohnungen zu verkaufen. Dies sei während des Rechtsstreits auch weitgehend geschehen. Die Abmahnungen seien notwendige Abwehrmaßnahmen gegen Wettbewerbsverstöße, durch die Wettbewerber eine hohe Anlockwirkung für ihre Angebote erzielen könnten.
Das Landgericht hat - unter Abweisung des Hauptantrags - dem Hilfsantrag des Klägers stattgegeben.
Gegen diese Verurteilung hat der Beklagte Berufung eingelegt. Der Kläger hat beantragt, die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, daß in der Verurteilung (als Korrektur eines offensichtlichen Schreibfehlers) das Wort "unbebauten" durch "bebauten" ersetzt werde.
Das Berufungsgericht hat auf die Berufung des Beklagten die Klage unter Aufhebung des landgerichtlichen Urteils auch hinsichtlich des Hilfsantrags abgewiesen (OLG München OLG-Rep. 1999, 213).
Mit seiner (zugelassenen) Revision, deren Zurückweisung der Beklagte beantragt, verfolgt der Kläger seinen in der Berufungsinstanz zuletzt gestellten Antrag weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision des Klägers bleibt ohne Erfolg.
I. Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob der Klageanspruch nach § 1 UWG begründet wäre, wenn der Beklagte systematisch mißbräuchlich im Sinne des § 13 Abs. 5 UWG abgemahnt haben sollte. Von einer derartigen Abmahntätigkeit könne nicht ausgegangen werden. Es sei bereits nicht dargelegt , daß die sieben dem Rechtsstreit zugrunde gelegten Abmahnungen miß-
bräuchlich gewesen seien. Der Beklagte sei auf dem Immobilienmarkt in Berlin gewerblich tätig. Er habe dort zusammen mit einem Partner mehrere Altbauten erworben, die nach Aufteilung in Eigentumswohnungen an Erwerber veräußert würden. Mit den Abmahnungen seien - soweit ersichtlich zu Recht - irreführende Werbeangaben beanstandet worden. Zur Geltendmachung der entsprechenden Unterlassungsansprüche sei der Beklagte zumindest nach § 13 Abs. 2 Nr. 1 UWG befugt gewesen. Ob die beanstandeten Wettbewerbsverstöße - auch die Verstöße gegen die Preisangabenverordnung - durchweg geeignet gewesen seien, den Wettbewerb auf dem Immobilienmarkt wesentlich zu beeinträchtigen , könne dahinstehen. Der Beklagte vertrete seine Ansicht dazu jedenfalls mit nachvollziehbaren Argumenten und handele nicht mißbräuchlich, wenn er diese Frage gegebenenfalls einer gerichtlichen Klärung zuführe.
Die sonstigen Umstände könnten den Vorwurf einer mißbräuchlichen Abmahntätigkeit nicht begründen. Die Zahl von sieben Abmahnungen sei dafür eine zu schmale Basis. Darauf, daß der Beklagte im Jahr 1997 unstreitig etwa 140 weitere Abmahnungen ausgesprochen habe, könne nicht entscheidend abgestellt werden, weil über deren Inhalt und Gegenstand nichts vorgetragen sei. Die Gebührenforderungen des Beklagten seien nicht überhöht. Der Kläger habe auch nicht schlüssig vorgetragen, daß sich der Beklagte auf die Abmahnung klarer und einfacher Wettbewerbsverstöße beschränke. Der Beklagte mahne im übrigen auch andere Handlungen als Verstöße gegen die Preisangabenverordnung ab.
Das begehrte Verbot könne auch nicht darauf gestützt werden, daß der Beklagte bei seinen Abmahnungen gegen § 45 Abs. 1 Nr. 4 BRAO verstoße.
Nach dieser Vorschrift dürfe ein Rechtsanwalt nicht tätig werden, wenn er in derselben Angelegenheit außerhalb seiner Anwaltstätigkeit bereits beruflich tätig gewesen sei. Ein solcher Sachverhalt liege hier jedoch nicht vor. Der Beklagte überprüfe den Immobilienteil von Tageszeitungen auf wettbewerbswidrige Anzeigen für Kapitalanleger und verfasse Abmahnungen, wenn es ihm angezeigt erscheine. Dieser einheitliche Vorgang könne nicht in eine Vorbefassung als Immobilienkaufmann und eine Nachbefassung als Rechtsanwalt aufgespalten werden. Dazu komme, daß der Beklagte zur Abwehr wettbewerbswidriger Werbung und damit ausschließlich im eigenen Interesse tätig werde. In einem solchen Fall verbiete § 45 Abs. 1 Nr. 4 BRAO ausweislich seiner Entstehungsgeschichte eine anwaltliche Tätigkeit nicht.
II. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
1. Entgegen der Ansicht der Revision behindert der Beklagte seine Mitbewerber nicht wettbewerbswidrig im Sinne des § 1 UWG, wenn er Anbieter oder Vermittler von bebauten Grundstücken oder von Wohnungseigentum in gleicher Weise wie in den aus der Anlage K 5 ersichtlichen Fällen wegen Wettbewerbsverstößen abmahnt.

a) Der Kläger hat die mit dem Klageantrag beanstandete Art und Weise der Abmahnungen durch Bezugnahme auf die in der Anlage K 5 zusammengefaßten Abmahnschreiben konkretisiert. Der Klageantrag ist - auch unter Heranziehung der Klagebegründung - so auszulegen, daß es nicht darauf ankommen soll, ob sich die Abmahnung gegen wettbewerbswidriges oder wettbewerbskonformes Verhalten richtet und ob es um einen leichten oder um einen
schwerwiegenden Wettbewerbsverstoß geht. Wäre dies anders, wäre der Klageantrag unbestimmt und damit als unzulässig abzuweisen, weil die Frage, ob ein abgemahntes Verhalten wettbewerbswidrig und dies gegebenenfalls auch in schwerwiegender Art und Weise ist, nicht dem Vollstreckungsverfahren überlassen werden darf.

b) Der Klageantrag zielt, soweit er auf eine behauptete rechtswidrige Behinderung von Mitbewerbern gestützt ist, darauf ab, dem Beklagten ein Abmahnen im Immobilienbereich allgemein zu untersagen, weil er, falls er überhaupt Wettbewerber sei, seine Klagebefugnis jedenfalls mißbrauche. Der Antrag ist insoweit damit begründet, daß der Beklagte im Jahr 1997 etwa 150 Abmahnungen versandt und damit eine Abmahntätigkeit entfaltet hat, die insgesamt in keinem vernünftigen wirtschaftlichen Verhältnis zum Umfang seiner eigenen gewerblichen Tätigkeit steht. Mit dieser Erwägung kann der Klageantrag jedoch schon deshalb nicht zugesprochen werden, weil sie in Widerspruch zu dem § 13 Abs. 5 UWG zugrunde liegenden Rechtsgedanken steht, daß die Geltendmachung eines wettbewerbsrechtlichen Anspruchs nur jeweils im Einzelfall und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände als mißbräuchlich angesehen werden kann (vgl. im übrigen auch Deutsch, WRP 1999, 25, 29).

c) Abmahnungen, wie sie mit dem Klageantrag beanstandet werden, können nicht als wettbewerbswidrige Behinderung der Mitbewerber angesehen werden. Eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung ist selbst dann, wenn das beanstandete Verhalten rechtmäßig ist, nur ausnahmsweise wettbewerbswidrig (vgl. BGH, Urt. v. 8.2.1963 - Ib ZR 132/61, WRP 1965, 97, 99 - Kaugummikugeln ; Urt. v. 13.12.1984 - I ZR 107/82, GRUR 1985, 571, 573 = WRP 1985, 212 - Feststellungsinteresse; Urt. v. 30.6.1994 - I ZR 40/92, GRUR 1994, 841,
843 = WRP 1994, 739 - Suchwort; Köhler in Köhler/Piper, UWG, § 1 Rdn. 166 ff.; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 7. Aufl., Kap. 41 Rdn. 75 ff.). Dies gilt um so mehr, wenn - wie hier - sogar davon auszugehen ist, daß das abgemahnte Verhalten rechtswidrig ist. Daran ändert sich grundsätzlich auch dann nichts, wenn der Abmahnende nicht klagebefugt ist oder anzunehmen ist, daß die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs unter Berücksichtigung der gesamten Umstände im Sinne des § 13 Abs. 5 UWG mißbräuchlich ist. Ein Verlangen, ein rechtswidriges Verhalten zu unterlassen, kann nicht als wettbewerbswidrige Behinderung des abgemahnten Wettbewerbers behandelt werden, weil dieser das beanstandete Verhalten ohnehin nicht wiederholen dürfte. Allerdings stellt die Abmahnung eines dazu nicht Berechtigten (mit der zugleich erhobenen Forderung von Anwaltsgebühren) bereits als solche eine Beeinträchtigung des laufenden Geschäftsbetriebs dar, die unterblieben wäre, wenn der Abmahnende nicht zu Unrecht einen eigenen Unterlassungsanspruch geltend gemacht hätte. Eine solche unbefugte Rechtsverfolgung muß aber - jedenfalls wenn tatsächlich ein Wettbewerbsverstoß vorliegt - grundsätzlich ebenso hingenommen werden wie auch sonst unbegründete Ansprüche von Wettbewerbern (vgl. dazu auch BGH, Urt. v. 16.4.1969 - I ZR 5960 /67, GRUR 1969, 479, 481 = WRP 1969, 280 - Colle de Cologne). Dies gilt in gleicher Weise für die gerichtliche Geltendmachung des mit der Abmahnung behaupteten Anspruchs.
Der Wettbewerber kann im übrigen, wenn er erkennt, daß es an der Sachbefugnis des Abmahnenden fehlt, das Abmahnschreiben als solches unbeachtet lassen. Es steht ihm zudem frei, sich gegen die Abmahnung mit einer negativen Feststellungsklage zur Wehr zu setzen.

d) Ein Anspruch des Klägers aus § 13 Abs. 2 Nr. 2 in Verbindung mit § 1 UWG scheitert im übrigen auch daran, daß die Abmahnung wettbewerbswidriger Handlungen nicht als eine wesentliche Beeinträchtigung des lauteren Wettbewerbs behandelt werden kann.
2. Der Kläger verlangt von dem Beklagten weiterhin Unterlassung der Abmahnung von Anbietern und Vermittlern von bebauten Grundstücken und Wohneigentum mit der Begründung, daß dieser bei den Abmahnungen gegen § 45 Abs. 1 Nr. 4 BRAO verstoße und deshalb zugleich wettbewerbswidrig im Sinne des § 1 UWG handele. Dem Beklagten sei es nach § 45 Abs. 1 Nr. 4 BRAO untersagt, in Angelegenheiten, mit denen er außerhalb seiner Anwaltstätigkeit bereits als Bauträger und Altbausanierer befaßt gewesen sei, als Rechtsanwalt durch Abmahnungen tätig zu werden.
Entgegen der Ansicht der Revision steht dem Kläger auch ein solcher Anspruch gegen den Beklagten nicht zu. Für die Entscheidung kann dabei offenbleiben , ob der behauptete Verstoß gegen § 45 Abs. 1 Nr. 4 BRAO vorliegt. Der geltend gemachte Anspruch ist schon deshalb unbegründet, weil das mit ihm angegriffene Verhalten selbst dann, wenn es zugleich gegen die Bundesrechtsanwaltsordnung verstoßen sollte, jedenfalls kein nach § 1 UWG sittenwidriges Handeln wäre. Auf die Frage, ob der Beklagte bei seinen Abmahnungen gegen § 45 Abs. 1 Nr. 4 BRAO verstoßen hat, kommt es danach nicht mehr an (vgl. dazu - zum vorliegenden Fall - AnwG München AnwBl. 1999, 285, diesem zustimmend Jessnitzer/Blumberg, BRAO, 9. Aufl., § 45 Rdn. 6).

a) Zweck des § 1 UWG ist es, dem unmittelbar betroffenen Wettbewerber einen Anspruch zu geben, damit dieser selbst gegen unlautere Mittel und
Methoden des Wettbewerbs vorgehen kann und damit zugleich in die Lage versetzt wird, sich gegen Schädigungen zur Wehr zu setzen, die er durch Wettbewerbsverzerrungen infolge unlauteren Wettbewerbs erleidet oder befürchten muß. Die Anspruchsnorm ist so die Grundlage für einen deliktsrechtlichen Individualschutz. Diesen Grundcharakter verliert der Anspruch des unmittelbar betroffenen Wettbewerbers nicht dadurch, daß die Durchsetzung von Ansprüchen aus § 1 UWG auch den Interessen der anderen Wettbewerber und sonstigen Marktbeteiligten, insbesondere der selbst nicht anspruchsberechtigten Verbraucher, und dem Allgemeininteresse an einem lauteren Wettbewerb dienen soll und durch § 13 UWG der Kreis der Anspruchsberechtigten - wegen des betroffenen Interesses der Allgemeinheit - auf bestimmte andere Wettbewerber , Verbände und Kammern erweitert ist (vgl. BGH, Urt. v. 11.5.2000 - I ZR 28/98, WRP 2000, 1116, 1119 - Abgasemissionen [zum Abdruck in BGHZ vorgesehen], m.w.N.). Im Hinblick auf die Zielsetzung des § 1 UWG, in der dargelegten Weise die Lauterkeit des Wettbewerbs im Interesse der Marktbeteiligten und der Allgemeinheit zu schützen, ist der darin enthaltene Begriff der Sittenwidrigkeit wettbewerbsbezogen auszulegen (vgl. BGHZ 140, 134, 138 f. - Hormonpräparate; BGH, Urt. v. 6.10.1999 - I ZR 46/97, GRUR 2000, 237, 238 = WRP 2000, 170 - Giftnotruf-Box; BGH WRP 2000, 1116, 1119 - Abgasemissionen, m.w.N.).

b) Die Beurteilung, ob ein beanstandetes Wettbewerbsverhalten sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG ist, erfordert regelmäßig eine - am Schutzzweck des § 1 UWG auszurichtende - Würdigung des Gesamtcharakters des Verhaltens nach seinem konkreten Anlaß, seinem Zweck, den eingesetzten Mitteln, seinen Begleitumständen und Auswirkungen.
Wenn das zu überprüfende Wettbewerbsverhalten zugleich gegen ein Gesetz verstößt, das - wie z.B. die Vorschriften des Arzneimittelgesetzes - dem Schutz wichtiger Gemeinschaftsgüter wie dem Schutz der Gesundheit der Bevölkerung dient, indiziert die Verletzung einer derartigen wertbezogenen Norm grundsätzlich die wettbewerbsrechtliche Unlauterkeit mit der Folge, daß es regelmäßig nicht der Feststellung weiterer Unlauterkeitsumstände bedarf. Dies hat seinen Grund darin, daß es auch dann, wenn die verletzte Norm keinen unmittelbar wettbewerbsbezogenen Zweck verfolgt, in der Zielsetzung des § 1 UWG liegt zu verhindern, daß Wettbewerb unter Mißachtung gewichtiger Interessen der Allgemeinheit betrieben wird (vgl. BGHZ 140, 134, 138 f. - Hormonpräparate ; BGH GRUR 2000, 237, 238 - Giftnotruf-Box; BGH WRP 2000, 1116, 1120 - Abgasemissionen).

c) Die Vorschrift des § 45 Abs. 1 Nr. 4 BRAO ist eine sog. wertbezogene Norm. Sie verfolgt den Zweck, die Gefahr von Interessenkollisionen bei der anwaltlichen Tätigkeit einzudämmen. Sie soll damit die Unabhängigkeit und Integrität der Anwälte und das Vertrauen in die Rechtspflege stärken (vgl. Henssler/ Prütting, BRAO, § 45 Rdn. 3 f.; Kleine-Cosack, BRAO, 3. Aufl., § 45 Rdn. 1).
Ein Rechtsanwalt, der gegen § 45 Abs. 1 Nr. 4 BRAO verstößt, handelt damit jedoch nicht zugleich wettbewerbswidrig. Ein solcher Verstoß hat nur insofern einen Bezug zum Wettbewerbsgeschehen, als der Anwalt andernfalls in der betreffenden Sache nicht tätig werden könnte; er fällt deshalb mit dem Auftreten des Rechtsanwalts im Wettbewerb zusammen. Ein derartiger bei der Wettbewerbshandlung lediglich mitverwirklichter Gesetzesverstoß begründet nicht ohne weiteres die Wettbewerbswidrigkeit des Verhaltens. Daran ändert
auch der Umstand nichts, daß die verletzte Gesetzesvorschrift eine wertbezogene Norm ist.
Die Vorschrift des § 45 Abs. 1 Nr. 4 BRAO hat als solche keinen Bezug zum Wettbewerb. Ihr kommt weder primär noch sekundär die Funktion zu, die Gegebenheiten eines bestimmten Marktes zu regeln. Soweit sie einen Rechtsanwalt im Einzelfall vom Tätigwerden ausschließt und damit insoweit auch als Wettbewerber, ist dies nur ein Reflex ihrer beabsichtigten andersartigen Wirkung. Ein Gesetzesverstoß, der mit einem Tätigwerden unter Verletzung des § 45 Abs. 1 Nr. 4 BRAO begangen wird, strahlt nicht in der Weise auf die Handlung aus, daß diese gerade auch als Wettbewerbsverhalten gegen die guten Sitten im Wettbewerb verstößt. Das Interesse der Allgemeinheit daran, daß die Vorschrift des § 45 Abs. 1 Nr. 4 BRAO eingehalten wird, gilt nicht der Lauterkeit des Wettbewerbs, sondern ausschließlich der Wahrung einer geordneten Rechtspflege und der Aufrechterhaltung der Integrität der Anwaltschaft.
Die ihrem Grundcharakter nach deliktsrechtlichen wettbewerbsrechtlichen Ansprüche geben danach keine Grundlage dafür, Verstöße gegen § 45 Abs. 1 Nr. 4 BRAO zu unterbinden. Diese Ansprüche sind den Wettbewerbern und den gegebenenfalls in ihrem Interesse tätigen Verbänden im Sinne des § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG nicht gegeben, damit diese zur Reinhaltung ihres jeweiligen Berufsstandes beitragen können. Noch weniger ist dazu ein Verband wie der Kläger berufen, der nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG darauf beschränkt ist, bei der Rechtsverfolgung die gewerblichen Interessen seiner Mitglieder wahrzunehmen. Die Bundesrechtsanwaltsordnung sieht vielmehr für die Bewahrung der Integrität des Berufsstandes eigene Rechtsbehelfe und Verfahren vor, de-
nen nicht ohne einen Zusammenhang mit dem Wettbewerbsgeschehen durch wettbewerbsrechtliche Unterlassungsklagen vorgegriffen werden darf.
III. Die Revision des Klägers gegen das Berufungsurteil war danach auf seine Kosten zurückzuweisen (§ 97 Abs. 1 ZPO).
Erdmann v. Ungern-Sternberg Starck
Bornkamm Pokrant

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)