vorgehend
Landgericht Frankenthal (Pfalz), 6 O 437/02, 30.11.2004
Landgericht Zweibrücken, 4 U 299/04, 28.09.2006

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 239/06 Verkündet am:
20. Mai 2009
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
CAD-Software
UrhG § 97 Abs. 1 (F: 23.6.1995)
Wer ein fremdes, urheberrechtlich geschütztes Computerprogramm zum Herunterladen
ins Internet einstellt, darf sich nicht darauf verlassen, dass es sich dabei
mangels entgegenstehender Anhaltspunkte um ein Programm handelt, mit
dessen öffentlicher Zugänglichmachung der Berechtigte einverstanden ist. Er
muss vielmehr zuvor sorgfältig prüfen, ob der Berechtigte das Programm zur
öffentlichen Zugänglichmachung freigegeben hat.
BGH, Urteil vom 20. Mai 2009 - I ZR 239/06 - OLG Zweibrücken
LG Frankenthal
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. Mai 2009 durch die Richter Dr. Bergmann, Pokrant,
Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Koch

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 28. September 2006 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin verlangt von dem beklagten Land Schadensersatz wegen Verletzung urheberrechtlicher Nutzungsrechte an einem Computerprogramm.
2
Die Klägerin ist Herstellerin der CAD-Software Eagle, mit der Platinen für elektronische Schaltungen entworfen werden können. Sie bietet eine kostenpflichtige Vollversion für Lizenznehmer an und stellt daneben im Internet eine kostenlose „Lightversion“ mit eingeschränktem Funktionsumfang zur Verfügung, die jedermann herunterladen, nutzen und weiterverbreiten darf. Beide Versionen enthalten dieselben Programmdateien. Zur Nutzung der Vollversion muss in eine zusätzliche Datei mit dem Namen „License.Key“ ein Registrierungscode eingegeben werden. Diesen Code liefert die Klägerin ihren Lizenznehmern nur in Papierform aus. Die Lizenznehmer der Klägerin erhalten darüber hinaus eine weitere Datei mit der Bezeichnung „License.Doc“, die allgemeine CopyrightInformationen enthält.
3
Das beklagte Bundesland Rheinland-Pfalz ist Dienstherrin des Fachhochschulprofessors für Elektrotechnik an der Fachhochschule Koblenz Dr. A. . Dieser betreute von Ende 1998 bis April 1999 die Studenten G. und J. bei der Anfertigung ihrer Diplomarbeiten. Als einer der beiden Studenten seine Arbeitsergebnisse Dr. A. auf dessen Computer an der Fachhochschule präsentieren wollte, traten beim Herunterladen der „Lightversion“ des hierfür benötigten Programms der Klägerin aus dem Internet Schwierigkeiten auf. Deshalb stellte der Student J. eine Vollversion des Programms zur Verfügung, die ihm die F. GmbH, bei der er damals arbeitete, überlassen hatte. Die Klägerin hatte der F. GmbH die Software im Sommer 1998 verkauft und lizenziert. Das Programm wurde von einer CD auf den PC überspielt. Dadurch wurde das Programm der Klägerin in der „Lightversion“ auf dem Rechner Dr. A. zum Laufen gebracht.
4
Am 14. Juni 1999 übertrug Dr. A. die auf seinem PC befindliche Version der Software zusammen mit den Dateien „License.Key“ und „License.Doc“ auf den öffentlichen Downloadbereich des Servers der Fachhochschule. In der Datei „License.Key“ war die F. GmbH als Lizenznehmer einer Vollversion aufgeführt. Die Datei „License.Doc“ war um eine Zeile erweitert, in die der Registrierungscode eingegeben war. Dadurch konnte das Programm über das In- ternet von jedermann aufgerufen, heruntergeladen und als Vollversion genutzt werden. Im August 1999 informierte ein Mitarbeiter des Rechenzentrums der Fachhochschule Koblenz die Klägerin, dass auf dem Server der Fachhochschule eine Raubkopie der Vollversion ihrer Software Eagle zum Herunterladen für jedermann bereitstehe und zumindest 92-mal heruntergeladen worden sei.
5
Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen Verletzung ihrer urheberrechtlichen Nutzungsrechte auf Zahlung eines nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie berechneten Schadensersatzes von 129.456 € nebst Zinsen in Anspruch.
6
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Zahlungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


7
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klägerin stehe kein Schadensersatzanspruch zu. Es sei zwar rechtswidrig, dass Dr. A. eine Vollversion des Programms der Klägerin auf den Server der Fachhochschule geladen habe. Es sei jedoch nicht bewiesen, dass Dr. A. dabei schuldhaft gehandelt habe. Hierzu hat das Berufungsgericht ausgeführt:
8
Vor dem Heraufladen eines Computerprogramms auf den allgemein zugänglichen Teil eines Servers müsse nur dann untersucht werden, welche Version des Programms auf dem eigenen PC vorhanden sei, wenn es zumindest irgendwelche Anhaltspunkte für eine insofern unklare Situation gebe. Eine solche Situation habe hier nicht vorgelegen. Es habe für Dr. A. keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass es sich um eine Vollversion des Programms ge- handelt habe und die Datei „License.Doc“ manipuliert worden sei. Der Student J. habe seine Datei zur Verfügung gestellt, weil die „Lightversion“ des Programms nicht gelaufen sei. Nur diese Version habe aufgerufen werden sollen und sei dann auch nach dem Überspielen der Datei des Studenten J. auf den PC Dr. A. gelaufen. Dr. A. habe sich zudem bei der Klägerin zuvor nach dem Unterschied zwischen der „Lightversion“ und der Vollversion erkundigt. Ihm sei mitgeteilt worden, die Vollversion sei nur durch Eingabe des Registrierungscodes lauffähig. Dr. A. habe keinen Registrierungscode eingegeben und auch nicht damit rechnen müssen, dass ein Diplomand ihm eine derart manipulierte Datei überlasse.
9
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Klägerin hat Erfolg.
10
1. Die Erwägungen, mit denen das Berufungsgericht einen Anspruch der Klägerin gegen das beklagte Land auf Schadensersatz aus § 839 Abs. 1 BGB i.V. mit Art. 34 Satz 1 GG verneint hat, halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
11
a) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten nach § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Dabei trifft die Verantwortlichkeit nach Art. 34 Satz 1 GG grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft , in deren Diensten er steht, wenn jemand die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes verletzt.
12
b) Die Vorinstanzen haben den Fachhochschulprofessor an der Fachhochschule Koblenz Dr. A. zutreffend als Beamten im staatsrechtlichen Sinne angesehen. Er stand zum Zeitpunkt der Verletzungshandlung als Hoch- schulbediensteter nach § 43 Abs. 1 HochSchG Rheinland-Pfalz im unmittelbaren Dienst des beklagten Landes.
13
c) Das Berufungsgericht ist auch mit Recht davon ausgegangen, dass Dr. A. eine ihm der Klägerin gegenüber obliegende Amtspflicht verletzt hat.
14
aa) Zu den Amtspflichten Dr. A. bei der Wahrnehmung seiner hoheitlichen Lehrtätigkeit gehörte auch die Pflicht, sich aller Eingriffe in fremde Rechte zu enthalten, die eine unerlaubte Handlung im Sinne des bürgerlichen Rechts darstellen. Dazu zählen auch Eingriffe in die durch das Urheberrechtsgesetz geschützten Rechte. Ein Beamter, der in Ausübung seines öffentlichen Amtes eine unerlaubte Handlung in diesem Sinn begeht, verletzt dadurch zugleich eine ihm dem Träger des Rechts oder Rechtsguts gegenüber obliegende Amtspflicht (BGH, Urt. v. 16.1.1992 - I ZR 36/90, GRUR 1993, 37, 38 = WRP 1992, 373 - Seminarkopien, m.w.N.).
15
bb) Dr. A. hat das ausschließliche Nutzungsrecht der Klägerin an dem Computerprogramm (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG) verletzt.
16
(1) Für die Beurteilung des hier in Rede stehenden Schadensersatzanspruchs ist die Rechtslage maßgeblich, die zum Zeitpunkt der ihm zugrunde gelegten Verhaltensweise am 14. Juni 1999 gegolten hat. Nach § 15 Abs. 2 UrhG a.F. hat der Urheber das ausschließliche Recht, sein Werk in unkörperlicher Form öffentlich wiederzugeben. In entsprechender Anwendung dieser Vorschrift hat der Urheber darüber hinaus ein Recht an der Bereithaltung seines Werkes zum Abruf durch eine Öffentlichkeit. Dieses Recht der öffentlichen Zugänglichmachung ist zwar erst mit Wirkung zum 13. September 2003 allgemein in § 15 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 i.V. mit § 19a UrhG und speziell für Computerprogramme in § 69c Nr. 4 UrhG ausdrücklich geregelt worden; es hat aber schon zuvor bestanden (vgl. Schricker/v. Ungern-Sternberg, Urheberrecht, 3. Aufl., § 19a UrhG Rdn. 34 ff.; Schricker/Loewenheim aaO § 69c UrhG Rdn. 40; vgl. auch BGHZ 156, 1, 13 f. - Paperboy).
17
(2) Nach dem von der Beklagten nicht bestrittenen Vorbringen der Klägerin ist davon auszugehen, dass der CAD-Software Eagle Urheberrechtsschutz zukommt (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG) und der Klägerin insoweit ausschließliche Nutzungsrechte zustehen. Diese ausschließlichen Rechte der Klägerin hat Dr. A. verletzt, indem er die CAD-Software Eagle zusammen mit den Dateien „License.Key“ und „License.Doc“ auf den öffentlichen Downloadbereich des Servers der Fachhochschule übertragen und damit für jedermann jederzeit den Internetzugriff auf das Programm eröffnet und dessen Nutzung als Vollversion ermöglicht hat.
18
Dr. A. hat dabei, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, rechtswidrig gehandelt. Die Klägerin hatte in eine öffentliche Zugänglichmachung dieses Programms nicht eingewilligt. Sie war zwar mit einer kostenlosen Nutzung und Verbreitung der „Lightversion“ ihres Programms einverstanden. Bei dem von Dr. A. auf den Server der Fachhochschule übertragenen Programm handelte es sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts jedoch nicht um eine solche „Lightversion“, sondern um eine Vollversion, die die Klägerin der F. GmbH im Sommer 1998 verkauft und lizenziert hatte. Diese Version umfasste - anders als die „Lightversion“ - die Datei „License.Key“, die die F. GmbH als Lizenznehmer einer Vollversion aufführte, und die Datei „License.Doc“, die den für eine Nutzung als Vollversion erforderlichen Registrierungscode enthielt. Da sich die Einwilligung der Klägerin auf diese konkrete Version nicht bezog, kommt es entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung auch nicht darauf an, auf welche Art und Weise bei ihr die Vollversion aufgerufen werden konnte.
19
d) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts scheitert ein Schadensersatzanspruch jedoch nicht am mangelnden Verschulden Dr. A. .
20
aa) Der Annahme eines Verschuldens steht nicht der Grundsatz entgegen , dass einen Beamten in der Regel kein Verschulden trifft, wenn ein mit mehreren Rechtskundigen besetztes Kollegialgericht die Amtstätigkeit als objektiv rechtmäßig angesehen hat (vgl. dazu BGHZ 97, 97, 107; 117, 240, 250; BGH, Urt. v. 18.11.2004 - III ZR 347/03, VersR 2005, 1582, 1583 m.w.N.). Landgericht und Berufungsgericht haben das Verhalten Dr. A. zutreffend nicht als objektiv rechtmäßig, sondern als rechtswidrig angesehen.
21
bb) Das Berufungsgericht hat gemeint, vor dem Heraufladen eines Computerprogramms auf den allgemein zugänglichen Teil eines Servers müsse nur dann untersucht werden, welche Version auf dem eigenen PC vorhanden sei, wenn es zumindest irgendwelche Anhaltspunkte für eine insofern unklare Situation gebe. Es hat angenommen, im Streitfall sei eine solche Situation nicht gegeben. Damit hat das Berufungsgericht, wie die Revision mit Recht rügt, die im Urheberrecht geltenden Sorgfaltsanforderungen verkannt.
22
(1) Im Urheberrecht gelten generell hohe Sorgfaltsanforderungen und begründet daher bereits leichte Fahrlässigkeit den Vorwurf einer Sorgfaltspflichtverletzung (vgl. BGH, Urt. v. 10.10.1991 - I ZR 147/89, GRUR 1993, 34, 36 = WRP 1992, 160 - Bedienungsanweisung). Die Revision macht mit Recht geltend, dass besonders hohe Sorgfaltsanforderungen zu stellen sind, wenn - wie hier - ein Computerprogramm zum Herunterladen ins Internet eingestellt wird. Eine solche Verhaltensweise führt zu einer hochgradigen Gefährdung der Verwertungsrechte des Urhebers, weil ein ohne Einschränkungen im Internet zum Download bereitgestelltes Computerprogramm jederzeit von jedermann heruntergeladen und weiterverbreitet werden kann. Wer ein fremdes, urheber- rechtlich geschütztes Computerprogramm zum Herunterladen ins Internet einstellt , darf sich nicht darauf verlassen, dass es sich dabei mangels entgegenstehender Anhaltspunkte um ein Programm handelt, mit dessen öffentlicher Zugänglichmachung der Berechtigte einverstanden ist. Er muss vielmehr zuvor sorgfältig prüfen, ob der Berechtigte das Programm zur öffentlichen Zugänglichmachung freigegeben hat.
23
(2) Nach diesen Maßstäben hat Dr. A. fahrlässig gehandelt.
24
Insoweit kommt es nicht darauf an, ob Dr. A. - wie das Berufungsgericht gemeint hat - keine Anhaltspunkte dafür hatte, dass es sich um eine Vollversion des Programms handelte und die Datei „License.Doc“ manipuliert war. Selbst wenn Dr. A. nicht wusste, dass die Datei „License.Doc“ um eine Zeile erweitert und dort der zur Nutzung des Programms als Vollversion erforderliche Registrierungscode eingefügt war, handelte er fahrlässig, als er das Programm der Klägerin zusammen mit den Dateien „License.Key“ und „License.Doc“ auf den Server der Fachhochschule übertrug.
25
Entscheidend ist, dass Dr. A. sich vor der Übertragung des Programms einschließlich der Dateien „License.Key“ und „License.Doc“ von seinem PC auf den Server der Fachhochschule nicht vergewisserte, dass es sich bei dem auf seinem PC befindlichen Programm tatsächlich nur um die „Lightversion“ des Programms der Klägerin handelte. Eine solche Überprüfung war insbesondere deshalb geboten, weil das auf dem Rechner Dr. A. befindliche Programm erst durch das Überspielen der von dem Studenten J. zur Verfügung gestellten Vollversion des Programms, das die Klägerin der F. GmbH verkauft und lizenziert hatte, zum Laufen gebracht worden war.
26
Bei der gebotenen sorgfältigen Überprüfung hätte Dr. A. festgestellt, dass es sich bei dem auf seinem Rechner befindlichen Programm nicht um die von der Klägerin freigegebene „Lightversion“, sondern um die an die F. GmbH verkaufte und lizenzierte Vollversion handelte. Er hätte insbesondere auch festgestellt, dass in der Datei „License.Key“ die F. GmbH als Lizenznehmer einer Vollversion aufgeführt und in der Datei „License.Doc“ der zur Nutzung des Programms als Vollversion erforderliche Registrierungscode eingetragen war. Hätte er sich zu einer solchen Überprüfung nicht in der Lage gesehen, hätte er vor einer Veröffentlichung des Programms bei der Klägerin nachfragen müssen, ob er dazu befugt ist. Statt dessen hätte er auf dem Server der Fachhochschule auch einfach einen Hyperlink auf die Internet-Seite der Klägerin setzen und seinen Studenten damit auf vollkommen unverfängliche Weise zu einem rechtmäßigen Download der neuesten „Lightversion“ dieses Programms verhelfen können.
27
2. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen kann ein Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen das beklagte Land aus § 839 Abs. 1 BGB i.V. mit Art. 34 Satz 1 GG nicht verneint werden.
28
a) Der Klägerin ist aus der Amtspflichtverletzung ein Schaden entstanden.
29
Bei einer Verletzung von Nutzungsrechten führt bereits der Eingriff in die allein dem Rechtsinhaber zugewiesene Nutzungsmöglichkeit als solcher zu einem Schaden im Sinne des Schadensersatzrechts (vgl. BGH, Urt. v. 14.5.2009 - I ZR 98/06 Tz. 69 - Tripp-Trapp-Stuhl, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt, m.w.N.). Der Klägerin ist daher bereits dadurch ein Schaden entstanden, dass Dr. A. die CAD-Software Eagle unbefugt auf den öffentlichen Downloadbereich des Servers der Fachhochschule hochgeladen und damit in das aus- schließliche Recht der Klägerin zur öffentlichen Zugänglichmachung ihres Computerprogramms eingegriffen hat.
30
b) Fällt dem Beamten - wie hier - lediglich Fahrlässigkeit zu Last, so kann er nach § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB zwar nur in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag. Die Klägerin kann jedoch nicht auf anderweitige Ersatzmöglichkeiten verwiesen werden.
31
Es kann dahinstehen, ob - wie die Revision geltend macht - eine Verweisung des Verletzten auf andere Ersatzmöglichkeiten bei Urheberrechtsverletzungen in gleicher Weise wie bei bestimmten Verletzungen allgemeiner Verkehrssicherungspflichten (vgl. BGHZ 118, 368, 370 ff.) von vornherein ausscheidet. Derartige anderweitige Ersatzmöglichkeiten gibt es im Streitfall jedenfalls nicht. Gegen die beiden Studenten bestehen schon deshalb keine Ersatzansprüche , weil sie für das Heraufladen des Programms auf den Server der Fachhochschule nicht verantwortlich sind. Ersatzansprüche wegen des Herunterladens des Programms vom Server kommen als anderweitige Ersatzmöglichkeit nicht in Betracht, weil es sich dabei um eine gegenüber dem unbefugten Heraufladen des Programms weitere, eigenständige Verletzung der ausschließlichen Nutzungsrechte der Klägerin handelt.
32
c) Für den der Klägerin infolge der Amtspflichtverletzung entstandenen Schaden hat nach Art. 34 Satz 1 GG das beklagte Land als Dienstherr Dr. A. einzustehen, da Dr. A. beim Übertragen des Programms auf den Server in Ausübung seines ihm anvertrauten öffentlichen Lehramtes gehandelt hat.
33
Ob ein bestimmtes Verhalten einer Person als Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes anzusehen ist, bestimmt sich danach, ob die ei- http://www.juris.de/jportal/portal/t/co1/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE300542001&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint - 12 - gentliche Zielsetzung, in deren Sinn die Person tätig wurde, hoheitlicher Tätigkeit zuzurechnen ist und - falls dies zutrifft - ob zwischen dieser Zielsetzung und der schädigenden Handlung ein so enger äußerer und innerer Zusammenhang besteht, dass die Handlung ebenfalls als noch dem Bereich hoheitlicher Betätigung angehörend angesehen werden muss (st. Rspr.; vgl. nur BGHZ 147, 169, 171; 118, 304, 305 m.w.N.; BGH GRUR 1993, 37, 38 - Seminarkopien, m.w.N.). So verhält es sich hier.
34
Dr. A. hat das Programm der Klägerin auf den Server der Fachhochschule übertragen, um es seinen Studenten im Rahmen ihres Studiums zum Herunterladen zur Verfügung zu stellen. Es besteht damit ein unmittelbarer sachlicher Zusammenhang mit der ihm übertragenen Lehrtätigkeit als Fachhochschulprofessor für Elektrotechnik an der Fachhochschule Koblenz.
35
3. Der Senat kann nicht in der Sache selbst entscheiden, da diese noch nicht zur Endentscheidung reif ist (vgl. § 561 Abs. 3 ZPO).
36
Das Berufungsgericht hat - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - bislang keine Feststellungen zur Höhe des Schadensersatzanspruchs der Klägerin getroffen.
37
III. Danach ist auf die Revision der Klägerin das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
38
Für das weitere Verfahren wird auf Folgendes hingewiesen:
39
Die Klägerin kann ihren Schaden nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie berechnen und als Schadensersatz danach eine angemessene und übliche Lizenzgebühr beanspruchen (vgl. BGH, Urt. v. 22.3.1990 - I ZR 59/88, GRUR 1990, 1008, 1009 - Lizenzanalogie, m.w.N.). Soweit sich für das öffentli- che Zugänglichmachen der Software keine übliche Lizenzgebühr ermitteln lässt, kann die angemessene Lizenzgebühr geschätzt werden. Im Rahmen dieser Schätzung können die Zahl der Abrufe des Programms vom Server der Fachhochschule und die von der Klägerin im Jahre 1999 für die Vollversion des Programms geforderte Lizenzgebühr von 1.392 € Anhaltspunkte bieten.
Bergmann Pokrant Büscher
Schaffert Koch
Vorinstanzen:
LG Frankenthal, Entscheidung vom 30.11.2004 - 6 O 437/02 -
OLG Zweibrücken, Entscheidung vom 28.09.2006 - 4 U 299/04 -

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(1) Wer das Urheberrecht oder ein anderes nach diesem Gesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, kann von dem Verletzten auf Beseitigung der Beeinträchtigung, bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht.

(2) Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des verletzten Rechts eingeholt hätte. Urheber, Verfasser wissenschaftlicher Ausgaben (§ 70), Lichtbildner (§ 72) und ausübende Künstler (§ 73) können auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine Entschädigung in Geld verlangen, wenn und soweit dies der Billigkeit entspricht.

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit bleibt der Rückgriff vorbehalten. Für den Anspruch auf Schadensersatz und für den Rückgriff darf der ordentliche Rechtsweg nicht ausgeschlossen werden.

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit bleibt der Rückgriff vorbehalten. Für den Anspruch auf Schadensersatz und für den Rückgriff darf der ordentliche Rechtsweg nicht ausgeschlossen werden.

(1) Zu den geschützten Werken der Literatur, Wissenschaft und Kunst gehören insbesondere:

1.
Sprachwerke, wie Schriftwerke, Reden und Computerprogramme;
2.
Werke der Musik;
3.
pantomimische Werke einschließlich der Werke der Tanzkunst;
4.
Werke der bildenden Künste einschließlich der Werke der Baukunst und der angewandten Kunst und Entwürfe solcher Werke;
5.
Lichtbildwerke einschließlich der Werke, die ähnlich wie Lichtbildwerke geschaffen werden;
6.
Filmwerke einschließlich der Werke, die ähnlich wie Filmwerke geschaffen werden;
7.
Darstellungen wissenschaftlicher oder technischer Art, wie Zeichnungen, Pläne, Karten, Skizzen, Tabellen und plastische Darstellungen.

(2) Werke im Sinne dieses Gesetzes sind nur persönliche geistige Schöpfungen.

(1) Der Urheber hat das ausschließliche Recht, sein Werk in körperlicher Form zu verwerten; das Recht umfaßt insbesondere

1.
das Vervielfältigungsrecht (§ 16),
2.
das Verbreitungsrecht (§ 17),
3.
das Ausstellungsrecht (§ 18).

(2) Der Urheber hat ferner das ausschließliche Recht, sein Werk in unkörperlicher Form öffentlich wiederzugeben (Recht der öffentlichen Wiedergabe). Das Recht der öffentlichen Wiedergabe umfasst insbesondere

1.
das Vortrags-, Aufführungs- und Vorführungsrecht (§ 19),
2.
das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung (§ 19a),
3.
das Senderecht (§ 20),
4.
das Recht der Wiedergabe durch Bild- oder Tonträger (§ 21),
5.
das Recht der Wiedergabe von Funksendungen und von öffentlicher Zugänglichmachung (§ 22).

(3) Die Wiedergabe ist öffentlich, wenn sie für eine Mehrzahl von Mitgliedern der Öffentlichkeit bestimmt ist. Zur Öffentlichkeit gehört jeder, der nicht mit demjenigen, der das Werk verwertet, oder mit den anderen Personen, denen das Werk in unkörperlicher Form wahrnehmbar oder zugänglich gemacht wird, durch persönliche Beziehungen verbunden ist.

Das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung ist das Recht, das Werk drahtgebunden oder drahtlos der Öffentlichkeit in einer Weise zugänglich zu machen, dass es Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich ist.

Der Rechtsinhaber hat das ausschließliche Recht, folgende Handlungen vorzunehmen oder zu gestatten:

1.
die dauerhafte oder vorübergehende Vervielfältigung, ganz oder teilweise, eines Computerprogramms mit jedem Mittel und in jeder Form. Soweit das Laden, Anzeigen, Ablaufen, Übertragen oder Speichern des Computerprogramms eine Vervielfältigung erfordert, bedürfen diese Handlungen der Zustimmung des Rechtsinhabers;
2.
die Übersetzung, die Bearbeitung, das Arrangement und andere Umarbeitungen eines Computerprogramms sowie die Vervielfältigung der erzielten Ergebnisse. Die Rechte derjenigen, die das Programm bearbeiten, bleiben unberührt;
3.
jede Form der Verbreitung des Originals eines Computerprogramms oder von Vervielfältigungsstücken, einschließlich der Vermietung. Wird ein Vervielfältigungsstück eines Computerprogramms mit Zustimmung des Rechtsinhabers im Gebiet der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum im Wege der Veräußerung in Verkehr gebracht, so erschöpft sich das Verbreitungsrecht in bezug auf dieses Vervielfältigungsstück mit Ausnahme des Vermietrechts;
4.
die drahtgebundene oder drahtlose öffentliche Wiedergabe eines Computerprogramms einschließlich der öffentlichen Zugänglichmachung in der Weise, dass es Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich ist.

(1) Zu den geschützten Werken der Literatur, Wissenschaft und Kunst gehören insbesondere:

1.
Sprachwerke, wie Schriftwerke, Reden und Computerprogramme;
2.
Werke der Musik;
3.
pantomimische Werke einschließlich der Werke der Tanzkunst;
4.
Werke der bildenden Künste einschließlich der Werke der Baukunst und der angewandten Kunst und Entwürfe solcher Werke;
5.
Lichtbildwerke einschließlich der Werke, die ähnlich wie Lichtbildwerke geschaffen werden;
6.
Filmwerke einschließlich der Werke, die ähnlich wie Filmwerke geschaffen werden;
7.
Darstellungen wissenschaftlicher oder technischer Art, wie Zeichnungen, Pläne, Karten, Skizzen, Tabellen und plastische Darstellungen.

(2) Werke im Sinne dieses Gesetzes sind nur persönliche geistige Schöpfungen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 347/03 Verkündet am:
18. November 2004
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zu den Amtspflichten bei der Ernennung einer großen Zahl von Beamten.
BGH, Urteil vom 18. November 2004 - III ZR 347/03 - OLG Brandenburg
LG Potsdam
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. November 2004 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die
Richter Streck, Dr. Kapsa, Galke und Dr. Herrmann

für Recht erkannt:
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 11. November 2003 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten des Revisionsrechtszuges zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Die Klägerin macht gegen das beklagte Land Amtshaftung sansprüche geltend, weil sie als Lehrerin im Angestelltenverhältnis weiterbeschäftigt und nicht verbeamtet worden ist.
Die am 5. August 1951 geborene Klägerin unterrichtet seit 1974 Biologie und Chemie, seit 1980 auch das Fach Musik. Ab 1991 war sie in der von dem Beklagten getragenen Kooperationsschule F. in der Sekundarstufe I eingesetzt.
Auf der Grundlage eines Rundschreibens des Ministeriums f ür Bildung, Jugend und Sport vom 10. Mai 1994 (betreffend: Verbeamtungskonzeption im Bereich des Schuldienstes) übernahm das beklagte Land, von seinen annähernd 24.000 überwiegend als Angestellte beschäftigten Lehrern etwa 14.000 in das Beamtenverhältnis. Hierfür galt nach § 4 Abs. 2 der Bewährungsanforderungsverordnung des Landes Brandenburg vom 20. August 1991 (GVBl S. 378) - abweichend von der allgemeinen Altersgrenze bis zur Vollendung des 45. Lebensjahres für die Einstellung von Beamten gemäß § 10 Satz 1 LBG - bis zum 31. Dezember 1996 die Vollendung des 50. Lebensjahres als Grenze. Auch der Kooperationsschule F. wurde eine Reihe von Planstellen zugewiesen. Eine Ausschreibung erfolgte nicht, vielmehr verfaßte der Schulleiter eine Vorschlagsliste , die die Klägerin nicht berücksichtigte. Bis Ende September 1996 wurden auf diese Weise mehrere Planstellen besetzt. Am 30. September 1996 beantragte die Klägerin schriftlich, ebenfalls verbeamtet zu werden. Daraufhin erhielt sie unter dem 8. Oktober 1996 einen ablehnenden und mit einer Rechtsmittelbelehrung versehenen Bescheid folgenden Inhalts:
"Auf den bisher erstellten Listen wurden Sie nicht zur Verbeamtung vorgesehen. Da eine Verbeamtung immer das Vorhandensein einer entsprechenden Stelle bedingt, diese jedoch bereits für die vorgesehenen Verbeamtungen vergeben sind, sehe ich derzeit keine Möglichkeit, ihrem Wunsch gerecht zu werden."
Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 1. No vember 1996 Widerspruch ein. Die am 30. September 1996 noch nicht besetzten fünf Planstellen der Besoldungsgruppe A 12 wurden bis zum Ende des Jahres 1996 an Mitbewerber der Klägerin vergeben, darunter am 20. November 1996 an die mit "befriedigend" beurteilte Lehrerin B. und am 11. Dezember 1996 an den Ehemann der Klägerin, der ebenfalls die Note "befriedigend" erhalten hatte.
Am 5. Dezember 1996 hielt die Klägerin eine Probestunde ab, auf deren Grundlage sie unter dem 20. Dezember 1996 - der Klägerin bekanntgegeben im Januar 1997 - eine dienstliche Beurteilung mit der Gesamtbewertung "gut" erhielt. Die Klägerin wurde lediglich in das Verfahren um die Besetzung der letzten, durch das Ausscheiden der dafür vorgesehenen Lehrkraft aus gesundheitlichen Gründen noch offenen Beamtenstelle einbezogen. Diese vergab der Beklagte am 30. Dezember 1996 an den mit "sehr gut" beurteilten Bewerber K. . Unter dem 14. April 1997 wurde mit Rücksicht hierauf sowie wegen des Außerkrafttretens der Bewährungsanforderungsverordnung der Widerspruch der Klägerin zurückgewiesen.
Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin in erster Linie die Feststellung , daß der Beklagte zum Ersatz derjenigen Schäden verpflichtet sei, die ihr aus der unterlassenen Ernennung zur Beamtin auf Probe seit dem 1. Juni 1997 entstehen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht hat ihr im Hauptantrag stattgegeben. Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Beklagten.

Entscheidungsgründe


Die Revision bleibt ohne Erfolg.

I.


Das Berufungsgericht, dessen Urteil in kurzer Zusammenfassun g und mit zustimmender Anmerkung Jakob in NJ 2004, 367 veröffentlich ist, bejaht einen Amtshaftungsanspruch der Klägerin nach § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG. Das beklagte Land habe bei der Besetzung der ab 30. September 1996 an andere Bewerber vergebenen Planstellen in mehrfacher Hinsicht gegen ihm der Klägerin gegenüber obliegende Amtspflichten verstoßen; für die vorausgegangene Zeit seien hingegen Ansprüche der Klägerin jedenfalls gemäß § 839 Abs. 3 BGB ausgeschlossen, weil diese es bis dahin schuldhaft versäumt habe , einen Antrag auf Verbeamtung zu stellen (Hinweis auf Senatsurteil vom 5. Dezember 2002 - III ZR 148/02 - NVwZ 2003, 502). Keine Amtspflichtverletzung liege allerdings angesichts der Besonderheiten der Situation in der fehlenden Ausschreibung der Planstellen. Ein Verstoß gegen Amtspflichten bestehe aber darin, daß der Beklagte die Klägerin nach dem 30. September 1996 zumindest fahrlässig nicht in das Verfahren zur Besetzung sämtlicher der Schule zugewiesenen und damals noch vakanten Planstellen einbezogen und statt dessen sie - evident rechtswidrig - allein an dem Besetzungsverfahren für eine einzige Planstelle beteiligt habe. Soweit in dem Widerspruchsbescheid vom 14. April 1997 ausgeführt werde, zum Zeitpunkt der Antragstellung seien die übrigen Planstellen bereits besetzt gewesen, sei dies unzutreffend, da in der Folgezeit noch weitere fünf Bewerber zu Beamten ernannt worden seien. Eine weitere schuldhafte Amtspflichtverletzung liege darin, daß das beklagte Land die Klägerin nicht rechtzeitig in gehöriger Weise über die beabsichtigte Besetzung der fünf Planstellen mit Mitbewerbern unterrichtet habe, um ihr Gelegenheit zu einem effektiven Rechtsschutz zu geben. Jedenfalls bei den Ernennungen , die bis Mitte Dezember 1996 vorgenommen worden seien, namentlich der Verbeamtung des Ehemanns der Klägerin und der Kollegin B. , habe eine solche Möglichkeit bestanden.

Diese Amtspflichtverletzungen seien für den geltend gema chten Schaden ursächlich geworden. Bei pflichtgemäßem Handeln hätte die Klägerin bis zum 31. Dezember 1996 zur Beamtin auf Probe ernannt werden müssen. Im Hinblick auf ihre bessere Beurteilung wäre sie nach den vorrangigen Auswahlkriterien der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung zumindest den Mitbewerbern B. und P. vorzuziehen gewesen. Die demgegenüber von dem beklagten Land angeführten weiteren Merkmale des Unterrichtens von Mangelfächern sowie der besonderen Eignung für das angestrebte Schulprofil hätten beide Konkurrenten ebenfalls nicht besser erfüllt. Das auch nur geringfügig höhere Lebensalter des Ehemanns der Klägerin stelle lediglich ein Hilfskriterium dar, das nur bei gleicher Eignung Berücksichtigung finden könne. Gleiches gelte für die vom Beklagten weiter zugunsten der Mitbewerber angeführten Zusatzqualifikationen. Bei einer ordnungsgemäßen Mitteilung der getroffenen Auswahlentscheidung hätte die Klägerin ferner die Möglichkeit gehabt , über eine verwaltungsgerichtliche Konkurrentenklage mit einem Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung die Besetzung der Planstellen durch die schlechter beurteilten Mitbewerber zu verhindern und auf diese Weise ihre eigene Ernennung durchzusetzen.
Der Amtshaftungsanspruch sei nicht nach § 839 Abs. 3 BGB a usgeschlossen. Gegen die Ernennung des Mitbewerbers K. habe die Klägerin nicht mit Aussicht auf Erfolg vorgehen können. Rechtsmittel gegen die Ernennung der Lehrerin B. habe sie jedenfalls nicht schuldhaft unterlassen, da sie von deren bevorstehender Ernennung keine Kenntnis gehabt und auch sonst nicht über genügende Informationen verfügt habe. In bezug auf ihren Ehemann habe die Klägerin ebensowenig ein Rechtsmittel schuldhaft ver-
säumt. Zum einen habe sie auch in dieser Beziehung keine Kenntnis von den Einzelheiten des Besetzungsverfahrens sowie vom Inhalt ihrer eigenen dienstlichen Beurteilung besessen, und zum anderen habe sie aus zeitlichen Gründen keine hinreichende Gelegenheit gehabt, einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz zu stellen. Schließlich sei der Anspruch der Klägerin auch nicht verjährt. Die erforderliche Kenntnis vom Schaden habe sie frühestens mit der Zustellung des Widerspruchsbescheids vom 14. April 1997 erlangt. Ihre Klage sei aber bereits am 29. März 2000 beim Landgericht eingegangen und alsbald zugestellt worden.

II.


Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision i m Ergebnis und überwiegend auch in der Begründung stand.
1. Der Senat muß nicht entscheiden, ob Amtspflichtverletzungen auf seiten des beklagten Landes schon darin liegen, daß es die im Rahmen der Verbeamtungsaktion zu besetzenden Planstellen nicht ausgeschrieben hat. Ebensowenig kommt es im Ergebnis darauf an, inwieweit der Beklagte die Klägerin über das Ergebnis des behördeninternen Auswahlverfahrens hinsichtlich der nach dem 30. September 1996 noch offenen Stellen unterrichten mußte (vgl. zu dieser Frage BVerfG NJW 1990, 501; Senatsurteil BGHZ 129, 226, 229 ff.; BVerwGE 118, 370, 374; BVerwG NVwZ 2004, 1257); insofern sind die von der Revision unter anderem geäußerten Bedenken, daß die Klägerin auch bei vollständiger Information bis zum Außerkrafttreten der Bewährungsanforderungsverordnung am 31. Dezember 1996 ihre Ernennung zur Beamtin tatsächlich
nicht hätte erreichen können und daß sie anschließend wegen ihres Alters die gesetzlichen Voraussetzungen dafür nach § 10 Satz 1 LBG nicht mehr erfüllte, etwaige Versäumnisse daher für den Schaden nicht ursächlich geworden wären , nicht ohne weiteres - von Gründen des effektiven Rechtsschutzes abgesehen (Art. 19 Abs. 4, 33 Abs. 2 GG) - von der Hand zu weisen. Mit Recht hat das Berufungsgericht aber einen Verstoß gegen Amtspflichten jedenfalls darin gesehen , daß der Dienstherr die Klägerin nach deren Antrag vom 30. September 1996 nicht an den Verfahren zur Besetzung sämtlicher damals noch vakanter fünf Planstellen beteiligt hat.
Der Bewerber um eine Beamtenstelle hat zwar grundsätzl ich keinen Anspruch auf Übernahme in das Beamtenverhältnis (BVerfGE 39, 334, 354; 108, 282, 295; BVerwGE 28, 155, 160 f.; 68, 109, 110; 75, 133, 135). Er hat aber, sofern er den formalen Anforderungen genügt, Anspruch auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie sachliche Entscheidung (Art. 33 Abs. 2 GG, § 12 Abs. 2 LBG; BVerfG NVwZ 2003, 200; BVerwGE 118, 370, 372; BVerwG NJW 2004, 870 und NVwZ 2004, 1257; jeweils zur Beförderung; Battis, BBG, 3. Aufl. 2004, § 8 Rn. 32). Dieses Ermessen haben die Beamten des beklagten Landes der Klägerin gegenüber in vier Fällen, darunter der Ernennung der Lehrerin B. und des Ehemanns der Klägerin, von vornherein nicht gebraucht, sie haben vielmehr verfahrensfehlerhaft die zu besetzenden Planstellen als bereits durch die Auswahlentscheidung des Schulleiters vergeben behandelt. Ohne Erfolg beruft sich die Revision demgegenüber auf bereits erteilte Zusagen. Abgesehen davon, daß ausdrückliche und schriftliche (§ 38 Abs. 1 LVwVfG) Zusicherungen solchen Inhalts weder vorgetragen noch festgestellt sind, wären sie auch wegen der bei Beamtenernennungen einzuhaltenden Förmlichkeiten nach
den §§ 38 Abs. 2, 44 Abs. 2 Nr. 2 LVwVfG und § 8 Abs. 1 LBG offensichtlich nichtig gewesen.
Die Amtspflichten zu fehlerfreiem Ermessensgebrauch bestan den auch - und gerade - gegenüber der Klägerin als geschützter "Dritter". Das ergibt sich schon daraus, daß sie deren unmittelbarem Individualinteresse dienten (vgl. Senatsurteil BGHZ 129, 226, 232).
2. Dem Berufungsgericht ist weiter darin zuzustimmen, daß die Verletzung dieser Amtspflichten angesichts des für Amtsträger geltenden objektivierten Sorgfaltsmaßstabes (vgl. nur Senatsurteile BGHZ 106, 323, 329 f.; 146, 153, 165; Urteil vom 11. Dezember 1997 - III ZR 52/97 - NJW 1998, 1307, 1308) zumindest fahrlässig war. Daran vermag auch der Hinweis der Revision auf die nach der Rechtsprechung des Senats grundsätzlich zu beachtende "Kollegialgerichtsrichtlinie" nichts zu ändern. Hiernach trifft den Beamten in der Regel kein Verschulden, wenn ein mit mehreren Rechtskundigen besetztes Kollegialgericht die Amtstätigkeit als objektiv rechtmäßig angesehen hat (Senatsurteile BGHZ 117, 240, 250; 150, 172, 184; Urteil vom 8. Mai 2003 - III ZR 294/02 - WM 2003, 1116, 1117 = NJW-RR 2003, 1434, 1436; jeweils m.w.N.). Dieser Grundsatz gilt indes etwa dann nicht, wenn die Annahme des Kollegialgerichts, die Amtshandlung sei rechtmäßig gewesen, auf einer unzureichenden tatsächlichen oder rechtlichen Beurteilungsgrundlage beruht, beispielsweise das Gericht den Sachverhalt nicht sorgfältig und erschöpfend gewürdigt hat (Senatsurteile BGHZ 115, 141, 150; vom 20. Juli 2000 - III ZR 64/99 - NVwZ-RR 2000, 746, 748 und vom 24. Januar 2002 - III ZR 103/01 - NJW 2002, 1265, 1266). So liegt es hier in bezug auf das landgerichtliche Urteil in erster Instanz. Die Kammer hat die Vergabepraxis des Beklagten im Ansatz nicht unter dem er-
örterten verfahrensrechtlichen Gesichtspunkt in den Blick genommen und geprüft. Von den außerdem ergangenen verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen im Zusammenhang mit der Verbeamtung von Lehrern, auf die die Revision sich ebenfalls beruft, hat der Beklagte lediglich ein einziges Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vorgelegt, das sich mit der vorliegenden Fallgestaltung nicht befaßt und überdies von einem Einzelrichter stammt.
3. Ebenso erfolglos wendet sich die Revision gegen die Feststellung des Berufungsgerichts, bei pflichtgemäßem Handeln des beklagten Landes hätte die Klägerin bis zum 31. Dezember 1996 zur Beamtin auf Probe ernannt werden müssen, weil sie nach den vorrangigen Auswahlkriterien der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung (Art. 33 Abs. 2 GG, § 12 Abs. 1 LBG; vgl. Senatsurteil BGHZ 129, 226, 228, 233 f.; BVerwGE 80, 123, 124; 118, 370, 376 f.) jedenfalls den Mitbewerbern B. und P. vorzuziehen gewesen wäre. Diese tatrichterliche Würdigung ist frei von Rechtsfehlern. Die wesentliche und in erster Linie maßgebende Grundlage für die Leistungsbeurteilung im Verhältnis zwischen den Beamtenbewerbern konnten hier, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, nur ihre gerade zu diesem Zweck erfolgten dienstlichen Beurteilungen bilden (vgl. BVerwG NVwZ 2004, 1257, 1258), nicht dagegen die von der Revision ins Feld geführte auch langjährige, aber nicht wie eine frühere Beurteilung objektivierbare subjektive Einschätzung seitens des Schulleiters nach dessen Vorschlagslisten; diese waren - wenn überhaupt - selbst vor dem Hintergrund der historischen Besonderheiten des Falles allenfalls ein nachrangiges Kriterium bei sonst gleicher Leistungsbeurteilung der Kandidaten.
4. Die Klägerin hat es ferner nicht fahrlässig unterlassen, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden (§ 839 Abs. 3 BGB). Gegen den Bescheid vom 8. Oktober 1996, mit dem ihr Antrag auf Verbeamtung abgelehnt wurde, hat sie den ihr als Rechtsbehelf bezeichneten Widerspruch eingelegt. Anträge auf Erlaß einstweiliger Anordnungen gegen die vom Beklagten vorgesehene Ernennung von Konkurrenten als weitere Rechtsbehelfe konnte sie zumutbar nicht stellen. Dem steht - von allem anderen abgesehen - schon entgegen, daß ihr das Ergebnis ihrer eigenen dienstlichen Beurteilung erst im Januar 1997 bekanntgegeben wurde und sie bis dahin aus ihrer Sicht nicht substantiiert geltend machen konnte, besser qualifiziert als ihre Mitbewerber zu sein. Soweit das beklagte Land in der mündlichen Revisionsverhandlung darauf verwiesen hat, der Klägerin sei das Ergebnis ihrer Probestunde mündlich bekanntgegeben worden, fehlt es an entsprechenden Feststellungen des Berufungsgerichts (§ 559 Abs. 1 ZPO). Das Land verhält sich auch widersprüchlich, wenn es sich gegen den Vorwurf einer Verletzung von Informationspflichten über die beabsichtigte Ernennung von Mitbewerbern damit verteidigt, hierdurch ermöglichte Anträge auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung hätten der Klägerin nicht zum Erfolg verhelfen können (oben unter 1.), und gleichzeitig unter dem Blickwinkel des § 839 Abs. 3 BGB der Klägerin ansinnt, bei Gefahr des Haftungsausschlusses eben diese Anträge zu stellen.
5. Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch ist schließlich nicht verjährt. Nach der Rechtsprechung des Senats unterbrach nach den hier noch anwendbaren früheren Verjährungsregeln (Art. 229 § 6 EGBGB) die Inanspruchnahme von Primärrechtsschutz gegen den Erlaß oder Vollzug eines amtspflichtwidrigen Verwaltungsakts in entsprechender Anwendung des § 209 Abs. 1 BGB a.F. die Verjährung des Amtshaftungsanspruchs (BGHZ 95, 238,
242; 97, 97, 110 ff.; 103, 242, 246; 122, 317, 323 f.; Urteil vom 20. Juli 2000 - III ZR 64/99 - NVwZ-RR 2000, 746, 749). Das galt nicht nur für die verwaltungsgerichtliche Klage, sondern bereits für die Einleitung des Widerspruchverfahrens , wie hier (BGHZ 95, 238, 244; Senatsurteil vom 12. Oktober 2000 - III ZR 121/99 - VersR 2001, 1424 = NVwZ 2001, 468). Eine derartige Unterbrechung dauerte bis zur rechtskräftigen Entscheidung oder sonstigen Erledigung des Verfahrens fort (§ 211 Abs. 1 BGB a.F.). Im Streitfall konnte dementsprechend die Verjährung der hier einheitlichen unerlaubten Handlung vor der Entscheidung über den Widerspruch der Klägerin mit Datum vom 14. April 1997 grundsätzlich nicht - oder nicht neu - beginnen. Die Klageschrift ist aber innerhalb der Dreijahresfrist des § 852 Abs. 1 BGB a.F. bei Gericht eingegangen und alsbald zugestellt worden (§ 270 Abs. 3 ZPO a.F.). Im übrigen hatte die Klägerin hinreichende Kenntnis vom Schaden ebenfalls frühestens mit Zustellung des Widerspruchsbescheids, selbst wenn sie - trotz ihres unerledigten Antrags und der Rechtsverletzungen des Beklagten im Berufungsverfahren - nach dem 31. Dezember 1996 nicht mehr in das Beamtenverhältnis hätte übernommen werden dürfen. Eine verläßliche Beurteilung dieser nicht einfachen und zweifelhaften Rechtsfragen war von der Klägerin vor diesem Zeitpunkt nicht zu erwarten.
Schlick Streck Kapsa
Galke Herrmann

Ergibt die Begründung des Berufungsurteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit bleibt der Rückgriff vorbehalten. Für den Anspruch auf Schadensersatz und für den Rückgriff darf der ordentliche Rechtsweg nicht ausgeschlossen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 98/06 Verkündet am:
14. Mai 2009
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Tripp-Trapp-Stuhl

a) Der Verletzergewinn ist nach einer Verletzung urheberrechtlicher Nutzungsrechte
nach § 97 Abs. 1 UrhG nur insoweit herauszugeben, als er auf der
Rechtsverletzung beruht. Beim urheberrechtsverletzenden Verkauf einer unfreien
Bearbeitung kommt es insoweit maßgeblich darauf an, inwieweit der
Entschluss der Käufer zum Erwerb der angegriffenen Ausführung gerade
darauf zurückzuführen ist, dass diese die Züge erkennen lässt, auf denen der
Urheberrechtsschutz des benutzten Werkes beruht. Jedenfalls dann, wenn
es um die Verletzung des Urheberrechts an einem Werk der angewandten
Kunst geht, kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass der
Verletzergewinn im Falle einer identischen Nachahmung vollständig auf der
Verletzung beruht. Vielmehr sind in einem solchen Fall regelmäßig auch andere
Faktoren wie die Funktionalität oder der günstige Preis der unfreien Bearbeitung
für die Kaufentscheidung maßgeblich.

b) Haben innerhalb einer Lieferkette mehrere Lieferanten nacheinander urheberrechtliche
Nutzungsrechte verletzt, ist der Verletzte zwar grundsätzlich
berechtigt, von jedem Verletzer innerhalb der Verletzerkette die Herausgabe
des von diesem erzielten Gewinns als Schadensersatz zu fordern. Der vom
Lieferanten an den Verletzten herauszugebende Gewinn wird aber durch Ersatzzahlungen
gemindert, die der Lieferant seinen Abnehmern wegen deren
Inanspruchnahme durch den Verletzten erbringt.
BGH, Urteil vom 14. Mai 2009 - I ZR 98/06 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. Dezember 2008 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr. Bornkamm und die Richter Pokrant, Prof. Dr. Büscher, Dr. Bergmann und
Dr. Koch

für Recht erkannt:
Auf die Revisionen der Parteien wird das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 5. Zivilsenat, vom 24. April 2006 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels der Klägerin im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als in Höhe von 357.253,52 € nebst Zinsen zum Nachteil der Beklagten und in Höhe von 253.701,05 € nebst Zinsen zum Nachteil der Klägerin erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin ist Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte an dem von ihr hergestellten und vertriebenen Kinderhochstuhl „Tripp-Trapp“. Die Be- klagte vertrieb in den Jahren 1997 bis 2002 den Kinderhochstuhl „Alpha“, der dem Tripp-Trapp-Stuhl im Aussehen ähnlich ist. Die Alpha-Stühle hatte die Beklagte von der Hauck Ltd. Hong Kong und der Hauck GmbH & Co. KG bezogen. Die beiden Stühle sind nachfolgend abgebildet: Tripp-Trapp Alpha
2
Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte habe durch den Vertrieb der Alpha-Stühle ihre Nutzungsrechte an dem Tripp-Trapp-Stuhl verletzt. Sie hat in einem Vorprozess die Hauck GmbH & Co. KG und deren Komplementärin sowie die Geschäftsführer der Komplementärin auf Unterlassung, die Hauck GmbH & Co. KG darüber hinaus auf Auskunftserteilung und Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht – weitgehend erfolgreich – in Anspruch genommen (OLG Hamburg ZUM-RD 2002, 181). In einem gesonderten Rechtsstreit – in dem der Senat heute gleichfalls eine Entscheidung getroffen hat (BGH, Urt. v. 14.5.2009 – I ZR 99/06), – verlangt sie von ihnen die Zahlung von Schadensersatz. Im vorliegenden Rechtstreit beansprucht sie von der Beklagten Schadensersatz in Form der Herausgabe des Verletzergewinns.
3
In erster Instanz hat die Klägerin die Zahlung von 576.053,75 € beansprucht. Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 567.208,31 € stattgegeben. Die Beklagte hat mit ihrer Berufung die vollständige Abweisung der Klage beantragt , während die Klägerin mit ihrer Anschlussberufung ihren Klageantrag in voller Höhe weiterverfolgt hat. Nach Ablauf der Anschlussberufungsfrist hat die Klägerin ihre Klage auf 679.114,15 € erhöht. Das Berufungsgericht hat die Klageerweiterung als unzulässig erachtet und die Verurteilung in Höhe von 357.253,52 € aufrechterhalten. Dagegen haben beide Parteien die vom Berufungsgericht zugelassene Revision eingelegt. Die Beklagte erstrebt die vollständige Abweisung der Klage, während die Klägerin ihren Zahlungsantrag auch insoweit weiterverfolgt, als die Klage in den Vorinstanzen abgewiesen worden ist. Die Parteien beantragen jeweils, das Rechtsmittel der Gegenseite zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


4
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klageerweiterung in der Berufungsinstanz sei unzulässig. Die Beklagte habe der Klägerin wegen der Verletzung ihrer Nutzungsrechte gemäß § 97 Abs. 1 UrhG (a.F.) Schadensersatz nach der von ihr gewählten Berechnungsmethode der Herausgabe des Verletzergewinns in Höhe von 357.253,52 € zu leisten. Hierzu hat das Berufungsgericht ausgeführt:
5
Der Tripp-Trapp-Stuhl genieße als Werk der angewandten Kunst nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG Urheberrechtsschutz. Der Alpha-Stuhl sei eine rechtsverletzende Nachbildung des geschützten Tripp-Trapp-Stuhls in Form einer unfreien Bearbeitung im Sinne von § 23 UrhG.
6
Wegen des Vertriebs der von der Hauck Hong Kong Ltd. gelieferten 44.013 Alpha-Stühle könne die Klägerin von der Beklagten Schadensersatz in Höhe von 357.253,52 € beanspruchen. Der von der Beklagten aus dem Vertrieb dieser Stühle erzielte Gewinn betrage – ohne Berücksichtigung der Klageerweiterung – 445.851,69 €. Der Klägerin stehe allerdings nur derjenige Anteil an dem Verletzergewinn zu, der gerade mit der Rechtsverletzung in Zusammenhang stehe. Die Beklagte könne sich nicht mit Erfolg darauf berufen, die Klägerin könne den Verletzergewinn nur anteilig beanspruchen, weil der Tripp-TrappStuhl auf vorbekannten Formenschatz zurückgreife. Es komme entscheidend auf den Gesamteindruck des Tripp-Trapp-Stuhls an, der Bezugnahmen auf vorbekannten Formenschatz in der Wahrnehmung der angesprochenen Verkehrskreise in den Hintergrund treten lasse. Den besonderen gestalterischen „Witz“ des Tripp-Trapp-Stuhls, der darin bestehe, dass der Stuhl durch die „L“-Form einen frei schwebenden bzw. ungestützten Charakter vermittele, habe der Alpha -Stuhl durch die eher willkürlich hinzugefügten Stützbalken nicht übernommen. Wegen des abweichenden optischen Eindrucks sei ein prozentualer Abschlag in Höhe von 10% von dem nicht um die weiteren Gemeinkosten bereinigten Verletzergewinn angemessen, aber auch ausreichend. Eine Quotierung des Gewinns der Beklagten nach dem Maß der technischen bzw. gestalterischen Anteile komme nicht in Betracht. Insoweit fehle es an einem hinreichend konkreten Sachvortrag der Beklagten dazu, wie entsprechende Gewinnanteile zu berechnen oder zu schätzen seien. Der sich hieraus ergebende Gewinnanteil von 401.266,52 € sei um die der Beklagten erwachsenen Gemeinkosten zu kürzen. Die Beklagte könne höhere Abzugspositionen als die von der Klägerin selbst eingeräumten 1 € pro Stuhl (44.013 €) nicht geltend machen. Dieser Betrag sei allerdings selbst dann zugrunde zu legen, wenn die Klägerin ihn in prozessualer Hinsicht nicht zugestanden habe und sich hieran nicht mehr festhalten lassen wolle. Danach ergebe sich ein an die Klägerin herauszugebender Schadensersatzbetrag von 357.253,52 €.
7
Wegen des Vertriebs der von der Hauck GmbH & Co. KG gelieferten 22.531 Alpha-Stühle stehe der Klägerin dagegen kein Schadensersatzanspruch in Form der Herausgabe des Verletzergewinns zu, weil sie bereits die Hauck GmbH & Co. KG in einem gesonderten Rechtsstreit erfolgreich auf Schadensersatz in Form der Herausgabe des dieser aus dem Inverkehrbringen der Stühle zugeflossenen Gewinns in Anspruch genommen habe. Der Verletzte sei nicht berechtigt, den Verletzergewinn auf allen Stufen der Verletzerkette einer gestuften Handelsbeziehung abzuschöpfen.
8
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Beklagten hat Erfolg , die Revision der Klägerin ist teilweise begründet.
9
1. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht die Erhöhung des ursprünglichen Zahlungsantrags von 576.053,75 € um 103.060,40 € auf einen Betrag von 679.114,15 € als in der Berufungsinstanz unzulässig und deshalb in diesem Rechtsstreit nicht mehr berücksichtigungsfähig erachtet.
10
a) Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass es sich bei der Erhöhung des Zahlungsantrags um eine Klageerweiterung im Sinne des § 264 Nr. 2 ZPO gehandelt hat. Die Klägerin hat damit den Klageantrag in der Hauptsache erweitert, ohne den Klagegrund zu ändern. Sie hat mit der Klageerhöhung geltend gemacht, ihr stehe wegen der Urheberrechtsverletzung der Beklagten ein weitergehender Schadensersatzanspruch in Form der Herausgabe des Verletzergewinns zu. Bei der Ermittlung des herauszugebenden Verletzergewinns sei der von der Beklagten durch den Verkauf der Alpha -Stühle erzielte Gewinn lediglich um die von der Beklagten für den Erwerb dieser Stühle tatsächlich gezahlten Netto-Einkaufspreise und nicht um die – der Berechnung der Klageforderung irrtümlich zugrunde gelegten – höheren BruttoEinkaufspreise zu vermindern.
11
b) Mit Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass sich aus der Bestimmung des § 533 ZPO, die die Zulässigkeit einer Klageänderung in der Berufungsinstanz regelt, keine Anforderungen an die Zulässigkeit der Klageerweiterung ergeben, weil eine Klageerweiterung nach der ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung des § 264 Nr. 2 ZPO nicht als eine Klageänderung anzusehen ist (BGHZ 158, 295, 305 f.). Die Zulässigkeit der Klageerweiterung hängt demnach weder davon ab, dass der Gegner einwilligt oder das Gericht sie für sachdienlich hält, noch setzt sie voraus, dass sie auf Tatsachen gestützt werden kann, die das Berufungsgericht bei seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat.
12
c) Das Berufungsgericht ist weiter zutreffend davon ausgegangen, dass eine zulässige Klageerweiterung in der Berufungsinstanz ein zulässiges Rechtsmittel voraussetzt und dass ein zulässiges Rechtsmittel nur vorliegt, wenn der Rechtsmittelführer – noch bei Schluss der mündlichen Verhandlung – die aus dem erstinstanzlichen Urteil folgende Beschwer beseitigen will und den in erster Instanz erhobenen Klageanspruch wenigstens teilweise weiterverfolgt (BGHZ 155, 21, 26; BGH, Urt. v. 30.11.2005 – XII ZR 112/03, NJW-RR 2006, 442, 443, jeweils m.w.N.).
13
Diese Voraussetzung ist hier erfüllt. Die Klägerin hat eine fristgerechte und auch im Übrigen zulässige Anschlussberufung eingelegt. Mit dieser wendet sie sich dagegen, dass das Landgericht ihr nicht wie beantragt 576.053,75 €, sondern nur 567.208,31 € als Schadensersatz zuerkannt hat, und verfolgt insoweit ihren erstinstanzlichen Klageantrag weiter. Die Zulässigkeit der Anschlussberufung ist auch nicht etwa entfallen. Die Klägerin hat die Beseitigung der Beschwer aus dem erstinstanzlichen Urteil noch bei Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht verfolgt (vgl. dazu BGH, Urt. v. 15.3.2002 – V ZR 39/01, NJW-RR 2002, 1435, 1436; BGH NJW-RR 2006, 442, 443).
14
d) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts scheitert die Zulässigkeit der Klageerweiterung nicht daran, dass diese außerhalb der zulässigen Anschlussberufung der Klägerin liegt.
15
aa) Das Berufungsgericht hat angenommen, Anträge dürften in der Berufungsinstanz grundsätzlich nur innerhalb der Beschwer bis zum Ablauf der Begründungsfrist erweitert werden, sofern der Berufungskläger sich im Rahmen der ursprünglichen Berufungsbegründung halte und nicht neue Gründe nachschieben müsse, die nach § 533 i.V.mit § 529 ZPO nicht eingeführt werden könnten. Danach sei die Antragserweiterung im Streitfall unzulässig. Die Klägerin verfolge mit ihrer zulässigen Anschlussberufung zwar ihr Klagebegehren in zweiter Instanz insoweit weiter, als das Landgericht die Klage abgewiesen habe. Dieses Begehren habe aber nichts mit der Klageerweiterung zu tun, mit der die Klägerin einen abweichenden Sachverhalt zur Entscheidung stelle. Insoweit sei die Klägerin durch die erstinstanzliche Entscheidung nicht beschwert, so dass die Klageerweiterung außerhalb der zulässigen Anschlussberufung liege.
16
bb) Damit hat das Berufungsgericht die von ihm zur Begründung seiner Auffassung herangezogene Kommentierung (Zöller/Heßler, ZPO, 27. Aufl., § 520 Rdn. 31) missverstanden und die Anforderungen an die Zulässigkeit einer Klageerweiterung in der Berufungsinstanz überspannt. Die Erweiterung eines Rechtsmittels ist allerdings nach dem Ablauf der Begründungsfrist nur insoweit zulässig, als sich der erweiterte Antrag noch im Rahmen der mit der Rechtsmittelbegründung vorgebrachten Anfechtungsgründe hält. Nach dem Ablauf der Begründungsfrist kann die Zielrichtung des Rechtsmittels nicht mehr in der Weise geändert werden, dass nunmehr eine sich aus dem angefochtenen Urteil ergebende, innerhalb der Begründungsfrist aber nicht geltend gemachte Beschwer bekämpft wird. Von diesem Fall der eingeschränkten Rechtsmitteleinlegung , die nach dem Ablauf der Begründungsfrist im Sinne einer weitergehenden Anfechtung des erstinstanzlichen Urteils erweitert wird, ist jedoch die hier vorliegende Fallgestaltung zu unterscheiden, dass die Klage vor dem Berufungsgericht erweitert wird, indem ein Anspruch in den Rechtsstreit eingeführt wird, mit dem das erstinstanzliche Gericht nicht befasst war. Wenn der abgewiesene Kläger – wie hier – erst Berufung einlegt und sodann die Klage erweitert , hängt die Zulässigkeit der Klageerweiterung nicht davon ab, dass diese sich innerhalb der Beschwer oder im Rahmen der Berufungsbegründung hält (vgl. BGH, Urt. v. 24.2.1988 – IVb ZR 45/87, NJW-RR 1988, 1465 m.w.N.).
17
e) Die Zulässigkeit der Klageerweiterung in der Berufungsinstanz scheitert entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts auch nicht daran, dass die Klägerin sämtliche für die Klageerweiterung maßgeblichen Tatsachen bereits vor Einleitung des Rechtsstreits kannte und die mit der Klageerweiterung in zweiter Instanz geltend gemachten Beträge daher bereits in erster Instanz hätte geltend machen können.
18
Eine derart weitgehende Einschränkung der Möglichkeit, die Klage noch in der Berufungsinstanz zu erweitern, ergibt sich weder aus dem Gesetz noch aus den vom Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 (BGBl I, S. 1887) hinsichtlich des Berufungsverfahrens verfolgten Zielen. Die Möglichkeit der Klageerweiterung in der Berufungsinstanz dient der http://www.juris.de/jportal/portal/t/28gw/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=8&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR308210994BJNE001801140&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 10 - Prozessökonomie und damit dem Ziel der Zivilprozessreform, die Effizienz innerhalb der Ziviljustiz zu steigern (vgl. BGHZ 158, 295, 306 f.). Neuer Tatsachenvortrag in der Berufungsinstanz ist zwar, auch soweit er zur Begründung einer Klageerweiterung dient, nur unter den Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO zuzulassen (vgl. BGH, Urt. v. 8.12.2005 – VII ZR 191/04, NJW-RR 2006, 390). Eine Klageerweiterung, die allein auf neuen und nach § 531 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassenden Tatsachenvortrag gestützt ist, ist daher – insoweit nicht anders als eine Klageänderung (§ 533 Nr. 2, § 529 Abs. 1 Nr. 2 ZPO) – unzulässig. Die Tatsachen, auf die die Klägerin ihre Klageerweiterung stützt, sind jedoch nicht neu im Sinne des § 531 Abs. 2 ZPO. Die Anlagen K 17 und K 19, mit denen die Klägerin die Neuberechnung ihres Schadensersatzanspruchs begründet, lagen bereits in der ersten Instanz vor. Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung der Beklagten stellt es keinen neuen Tatsachenvortrag dar, dass die Klägerin aus diesen Anlagen erstmals in der Berufungsinstanz rechtliche Schlussfolgerungen gezogen hat, die zu einer neuen Berechnung führen.
19
2. Die Beklagte ist der Klägerin, wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat, nach § 97 Abs. 1 UrhG a.F. zum Schadensersatz verpflichtet, weil sie deren ausschließliches Nutzungsrecht an dem urheberrechtlich geschützten Tripp-Trapp-Stuhl widerrechtlich und schuldhaft verletzt hat.
20
a) Die Frage, inwieweit der Klägerin Schadensersatzansprüche zustehen , richtet sich nach dem zur Zeit der beanstandeten Handlung geltenden Recht. Das vorliegende Verfahren hat nur rechtsverletzende Handlungen aus den Jahren 1997 bis 2002 zum Gegenstand. Auf den in Rede stehenden Schadensersatzanspruch ist danach ausschließlich § 97 Abs. 1 UrhG a.F. anwendbar.
21
b) Die Revision der Beklagten hat die Beurteilung des Berufungsgerichts hingenommen, dass der Tripp-Trapp-Stuhl als Werk der angewandten Kunst gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 UrhG Urheberrechtsschutz genießt.
22
c) Die Beklagte hat das ausschließliche Nutzungsrecht der Klägerin am urheberrechtlich geschützten Tripp-Trapp-Stuhl dadurch widerrechtlich verletzt, dass sie den Alpha-Stuhl ohne Einwilligung des Urhebers des Tripp-TrappStuhls in Verkehr gebracht hat. Bei dem Alpha-Stuhl handelt es sich, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, um eine Bearbeitung des TrippTrapp -Stuhls, die gemäß § 23 Satz 1 UrhG nur mit Einwilligung des Urhebers des bearbeiteten Werkes verwertet werden darf. Zur Begründung seiner Auffassung hat das Berufungsgericht auf die Ausführungen des Oberlandesgerichts Hamburg in dem von der Klägerin mit der Herstellerin des Alpha-Stuhls und Lieferantin der Beklagten geführten Vorprozess verwiesen, denen es sich insoweit uneingeschränkt angeschlossen hat. Die Revision der Beklagten macht geltend, die – im Verhältnis zur hiesigen Beklagten nicht bindenden – Feststellungen des Oberlandesgerichts Hamburg in diesem Vorprozess seien rechtsfehlerhaft; bei dem Alpha-Stuhl handele es sich nicht um eine unzulässige unfreie Bearbeitung (§ 23 Satz 1 UrhG), sondern um eine zulässige freie Benutzung (§ 24 Abs. 1 UrhG) des Tripp-Trapp-Stuhls. Damit hat sie keinen Erfolg.
23
aa) Eine unzulässige unfreie Bearbeitung (§ 23 Satz 1 UrhG) ist gegeben , wenn diejenigen künstlerischen Züge eines Werkes nachgeahmt worden sind, die diesem insgesamt seine schutzfähige eigenpersönliche Prägung verleihen (BGH, Urt. v. 27.5.1981 – I ZR 102/79, GRUR 1981, 820, 823 – Stahlrohrstuhl II). Eine zulässige freie Benutzung (§ 24 Abs. 1 UrhG) liegt dagegen vor, wenn die dem geschützten älteren Werk entlehnten Züge in dem neuen Werk zurücktreten, so dass die Benutzung des älteren Werkes durch das neue- re Werk nur noch als Anregung zu einem neuen, selbständigen Werkschaffen erscheint (BGHZ 122, 53, 60 – Alcolix; 154, 260, 267 – Gies-Adler, m.w.N.). Bei der Beurteilung, ob eine unfreie Bearbeitung oder eine freie Benutzung vorliegt, ist durch Vergleich der einander gegenüberstehenden Werke zu ermitteln, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang eigenschöpferische Züge des älteren Werkes übernommen worden sind; maßgebend für die Entscheidung ist letztlich ein Vergleich des jeweiligen Gesamteindrucks der Gestaltungen, in dessen Rahmen sämtliche übernommenen schöpferischen Züge in einer Gesamtschau zu berücksichtigen sind (BGH, Urt. v. 8.7.2004 – I ZR 25/02, GRUR 2004, 855, 857 = WRP 2004, 1293 – Hundefigur, m.w.N.).
24
bb) Das Oberlandesgericht Hamburg ist in seiner Entscheidung im Vorprozess , auf die das Berufungsgericht verwiesen hat, von diesen Grundsätzen ausgegangen und hat näher ausgeführt, dass es sich danach bei dem AlphaStuhl nicht um eine freie Benutzung, sondern um eine abhängige Bearbeitung des Tripp-Trapp-Stuhls handele. Bei der Ausgestaltung des Alpha-Stuhls seien gerade die Formelemente nachgeahmt worden, in denen die schöpferische Eigenart und künstlerische Gestaltung des Tripp-Trapp-Stuhls zum Ausdruck kämen. Ein außerhalb des Schutzbereichs des Tripp-Trapp-Stuhls liegender Gesamteindruck werde durch den Alpha-Stuhl nicht vermittelt. Trotz eines gewissen Bemühens um die Herausarbeitung von Unterschieden sei der erforderliche Abstand nicht eingehalten, weil die Wesenszüge des Tripp-Trapp-Stuhls gegenüber dem Alpha-Stuhl nicht verblassten bzw. völlig zurückträten.
25
(1) Die Revision der Beklagten setzt dem ohne Erfolg entgegen, die eigenpersönlichen Züge des Tripp-Trapp-Stuhls lägen vor allem in dessen „L“Form , dabei handele es sich um das entscheidende gestalterische Merkmal, das den optischen Gesamteindruck präge. Von einer unfreien Bearbeitung des Tripp-Trapp-Stuhls ließe sich daher nur sprechen, wenn auch für den Alpha- Stuhl die „L“-Form aus der Seitenansicht charakteristisch wäre. Das sei aber angesichts des Einflusses, den die zusätzliche hintere Stützstrebe zwischen den Kufen und den Seitenholmen bei dem Alpha-Stuhl habe, nicht der Fall. Die Seitenansicht der beiden Stühle zeige, dass gerade die Elemente des Freischwebenden und Ungestützten, die bei dem Tripp-Trapp-Stuhl die urheberrechtlich maßgebenden Elemente seien, bei dem Alpha-Stuhl fehlten, da dieser wegen der eingebauten Stützen eine nach hinten nicht mehr offene Dreiecksform aufweise, die insgesamt zu einem kompakten und stabilen Eindruck führe.
26
Mit dieser Beurteilung versucht die Revision der Beklagten lediglich, die Beurteilung des Tatrichters durch ihre eigene zu ersetzen, ohne dabei einen Rechtsfehler des Berufungsgerichts aufzuzeigen. Das Oberlandesgericht Hamburg hat in seiner vom Berufungsgericht insoweit in Bezug genommenen Entscheidung durchaus berücksichtigt, dass der Tripp-Trapp-Stuhl vor allem durch die „L“-Form geprägt wird und bei dem Alpha-Stuhl aufgrund der Stützstreben in der Seitenansicht der Eindruck einer Dreiecksform entstehen könnte; seine Beurteilung , der Alpha-Stuhl stelle dennoch nur eine unfreie Nachbildung des Tripp-Trapp-Stuhls dar, ist frei von Rechtsfehlern.
27
Das Oberlandesgericht Hamburg hat ausgeführt, der Tripp-Trapp-Stuhl werde maßgeblich, aber keineswegs ausschließlich durch die markante „L“Form der parallelen Seitenstreben geprägt; in der Gesamtbetrachtung stehe die „L“-Form im Vordergrund, weil der Stuhl damit im rückwärtigen Bereich in gewissem Umfang freischwebend bzw. ungestützt wirke. Der Alpha-Stuhl habe die wesentlichen Gestaltungsmerkmale des Tripp-Trapp-Stuhls so weitgehend übernommen, dass sich dem Betrachter ein optischer Gesamteindruck biete, der demjenigen des geschützten Werkes in seiner die schöpferische Eigenart prägenden Gestaltung weitgehend entspreche. Gerade die typischen Formelemente seien auch beim Alpha-Stuhl vorhanden, dieser entspreche in Grund- form, Aufbau und Abmessungen dem Tripp-Trapp-Stuhl praktisch nahezu vollständig. Der Betrachter erkenne auf den ersten Blick, dass es sich bei dem Alpha -Stuhl nicht um ein eigenständig entwickeltes Möbelstück, sondern um eine gezielte Kopie des Tripp-Trapp-Stuhls handele.
28
Die vorhandenen Unterschiede seien nicht geeignet, dem Alpha-Stuhl einen eigenen Gesamteindruck zu vermitteln, hinter dem die individuellen Züge des Tripp-Trapp-Stuhls verblassten. Dabei komme es allein auf die nach hinten verschobene Querverbindung zwischen den Kufen sowie auf die zusätzlichen Stützstreben an. Bei isolierter Betrachtung könnten diese Abweichungen in der Seitenansicht den etwas stabileren und kompakteren Eindruck eines geschlossenen Dreiecks vermitteln. Eine solche isolierte Betrachtung sei jedoch nicht entscheidungsrelevant, da davon auszugehen sei, dass der kunstinteressierte Betrachter das geschützte Werk ebenfalls kenne. In einer solchen Situation gewönnen Übereinstimmungen ein erheblich höheres Gewicht als Abweichungen. Kenne der Betrachter die markante „L“-Form des Tripp-Trapp-Stuhls, so finde er sie trotz der Veränderungen (Stützstreben) auf den ersten Blick im AlphaStuhl wieder. Das „L“ sei im Alpha-Stuhl vollkommen unverändert enthalten. Die zusätzlichen Stützstreben wirkten offensichtlich als nachträglich eingefügter Zusatz, der etwa die Stabilität des Sitzmöbels verstärken solle, hingegen nicht als gestalterischer Gegenpunkt, der die charakteristischen Wesenszüge des Originalwerks verblassen ließe. Trotz dieser durchaus markanten Stützstreben, scheine die markante „L“-Form des geschützten Werks unverändert durch.
29
(2) Die Revision der Beklagten rügt vergeblich, das Berufungsgericht hätte nicht den Beweisantrag der Beklagten zu der Frage übergehen dürfen, ob der Alpha-Stuhl ein an dem Tripp-Trapp-Stuhl bestehendes Urheberrecht verletze. Die Beklagte habe sich hierzu auf den Sachverständigen Prof. L. und das von diesem erstattete Gutachten berufen, aus dem sich ergebe, dass http://www.juris.de/jportal/portal/t/f9l/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=1&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE041778007&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/glp/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=9&fromdoctodoc=yes&doc.id=BORE106588300&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/glp/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=9&fromdoctodoc=yes&doc.id=BORE106588300&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint - 15 - der Alpha-Stuhl keine rechtsverletzende Nachbildung des Tripp-Trapp-Stuhls sei, und habe ergänzend die Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens beantragt.
30
Für die Beurteilung, ob eine unfreie Bearbeitung oder eine freie Benutzung eines Werkes der angewandten Kunst vorliegt, ist – wie unter II 2 c aa ausgeführt – letztlich ein Vergleich des jeweiligen Gesamteindrucks der Gestaltungen maßgeblich (BGH GRUR 2004, 855, 857 – Hundefigur, m.w.N.). Für die Ermittlung des jeweiligen Gesamteindrucks und den Vergleich kommt es auf das ästhetische Urteil des für Kunst empfänglichen und mit Kunstfragen einigermaßen vertrauten Menschen an (vgl. BGHZ 62, 331, 336 f. – Schulerweiterung ; BGH, Urt. v. 8.2.1980 – I ZR 32/78, GRUR 1980, 853, 854 – Architektenwechsel ; Urt. v. 2.10.1981 – I ZR 137/79, GRUR 1982, 107, 110 – KirchenInnenraumgestaltung ; Urt. v. 19.3.2008 – I ZR 166/05, GRUR 2008, 984 Tz. 20 = WRP 2008, 1440 – St. Gottfried). Da das Berufungsgericht nach seinen, von der Revision der Beklagten unangegriffenen Feststellungen insoweit – nicht zuletzt infolge seiner Spezialzuständigkeit im Urheberrecht – über ausreichende eigene Sachkunde verfügt, musste es weder dem von der Beklagten vorgelegten Gutachten von Prof. L. folgen noch ein gerichtliches Sachverständigengutachten einholen.
31
d) Gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe bei der Verletzung der Rechte der Klägerin schuldhaft gehandelt, wendet sich die Revision der Beklagten nicht.
32
3. Der Klägerin steht gegen die Beklagte wegen des ihre ausschließlichen Nutzungsrechte am Tripp-Trapp-Stuhl verletzenden Vertriebs der von der Hauck Ltd. Hong Kong bezogenen Alpha-Stühle gemäß § 97 Abs. 1 Satz 2 UrhG a.F. ein Anspruch auf Schadensersatz nach der von ihr gewählten Be- rechnungsmethode der Herausgabe des Verletzergewinns in Höhe von – ohne Berücksichtigung der Klageerweiterung – bis zu 361.654,82 € zu.
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Das Berufungsgericht hat der Berechnung des Verletzergewinns den von der Beklagten aus dem Vertrieb von 44.013 Alpha-Stühlen aus den Lieferungen der Hauck Hong Kong Ltd. in dem hier interessierenden Zeitraum von 1997 bis 2002 erzielten Gewinn von – ohne Berücksichtigung der Klageerweiterung – 445.851,69 € zugrunde gelegt. Dagegen haben die Revisionen der Parteien keine Einwände erhoben. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen , dass die Klägerin nicht diesen Gesamtgewinn als Verletzergewinn herausverlangen kann. Der Gesamtgewinn ist zum einen um sämtliche Kosten zu bereinigen , die – ebenso wie die Einkaufs- und Materialkosten – dem Vertrieb der das Nutzungsrecht der Klägerin verletzenden Alpha-Stühle unmittelbar zugerechnet werden können. Der Verletzergewinn ist zum anderen nur insoweit herauszugeben , als er auf der Urheberrechtsverletzung beruht.
34
Die Revision der Klägerin beanstandet ohne Erfolg, dass das Berufungsgericht vom Gesamtgewinn Vertriebskosten von 1 € pro Stuhl abgezogen hat (dazu unter II 3 a). Die Beurteilung des Berufungsgerichts, wegen fehlender Kausalität der Urheberrechtsverletzung für den Verletzergewinn sei ein Abschlag von 10% angemessen, ist dagegen nicht frei von Rechtsfehlern (dazu unter II 3 b). Bei der Berechnung des Schadensersatzanspruchs hat das Berufungsgericht zu Unrecht zunächst den Kausalitätsabschlag vorgenommen und erst danach die Vertriebskosten abgezogen; bei zutreffender Berechnung ist der Schadensersatzanspruch in Höhe von bis zu 361.654,82 € begründet (dazu unter II 3 c).
35
a) Das Berufungsgericht hat den Gesamtgewinn mit Recht lediglich um die von der Klägerin selbst unterstellten Kosten von 44.013 € (1 € pro verkauftem Stuhl) gekürzt.
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aa) Zur Ermittlung des Verletzergewinns ist der Gesamtgewinn um sämtliche Kosten zu bereinigen, die der Herstellung und dem Vertrieb der schutzrechtsverletzenden Gegenstände unmittelbar zugerechnet werden können (vgl. BGHZ 145, 366, 372 f. – Gemeinkostenanteil; BGH, Urt. v. 21.9.2006 – I ZR 6/04, GRUR 2007, 431 Tz. 24 = WRP 2007, 533 – Steckverbindergehäuse ; vgl. zur Anwendung dieser Grundsätze im Urheberrecht OLG Düsseldorf GRUR 2004, 53; OLG Köln GRUR-RR 2005, 247).
37
bb) Das Berufungsgericht hat von dem erzielten Gewinn einen pauschalen Betrag von 1 € pro verkauftem Stuhl abgezogen. Bei diesen – vom Berufungsgericht missverständlich als Gemeinkosten bezeichneten – Aufwendungen handelt es sich unstreitig um pauschale Kosten für die Fracht bzw. den Vertrieb eines Alpha-Stuhles. Derartige Kosten sind den die Nutzungsrechte der Klägerin verletzenden Alpha-Stühlen unmittelbar zurechenbar und daher grundsätzlich abzugsfähig. Die gegen die Höhe dieses Abzugsbetrages gerichteten Einwände der Revision der Klägerin haben keinen Erfolg.
38
Die Revision der Klägerin macht vergeblich geltend, das Berufungsgericht habe rechtsfehlerhaft angenommen, der von der Klägerin unterstellte Abzugsbetrag von 1 € pro Stuhl sei der Entscheidung des Rechtsstreits zugrunde zu legen, selbst wenn die Klägerin diesen in prozessualer Hinsicht nicht zugestanden habe und sich hieran nicht mehr bindend festhalten lassen wolle. Die Klägerin habe bei der Bezifferung des jedenfalls von ihr beanspruchten Klagebetrages von 576.053,75 € bzw. – nach der Klageerweiterung – von 679.114,15 € einen Abzug vom Gewinn der Beklagten von 66.544 € für denkbar und akzeptabel erachtet. Sie habe zum Ausdruck gebracht, dass sie für die Berechnung des Schadensersatzanspruchs großzügig einen Vertriebskostenanteil von 1 € pro Stuhl (66.544 € für 44.013 von der Hauck Hong Kong Ltd. und 22.531 von der Hauck GmbH & Co. KG bezogene Stühle) unterstelle, ohne diesen zuzugestehen. Sie habe einen Vertriebskostenanteil von 1 € pro Stuhl demnach nicht etwa zugestanden und erst recht nicht neben weiteren Abzugsbeträgen. Sollte daher – entgegen der Auffassung der Klägerin – von dem Verletzergewinn ein Kausalitätsabschlag von 10% vorzunehmen sein, könne der Betrag von 66.544 € nicht erneut im Rahmen der Vertriebskosten abgezogen werden; jedenfalls müsse dieser Betrag dann auf den Kausalitätsabschlag angerechnet werden. Damit dringt die Revision der Klägerin nicht durch.
39
Es kann dahinstehen, ob die Klägerin sich an der Abzugsposition von 1 € pro Stuhl – die sie nicht zugestanden hat und an der sie sich nicht mehr festhalten lassen will – festhalten lassen muss, weil sie – wie das Berufungsgericht angenommen hat – auf dieser Grundlage ihren Schadensersatzanspruch berechnet und den Klageantrag formuliert und damit die Angemessenheit dieses Abzugsbetrages zum Gegenstand ihres eigenen Sachvortrags gemacht hat. Darauf kommt es nicht an. Das Berufungsgericht hat – von der Revision der Klägerin unangegriffen – festgestellt, dass der Beklagten abzugsfähige Vertriebskosten für jeden einzelnen Stuhl entstanden sind. Es hat weiter ausgeführt , es widerspreche jeder Lebenserfahrung, dass der Betrag von 1 € pro verkauftem Stuhl die Vertriebskosten der Beklagten abdecke. Das Berufungsgericht hat demnach angenommen, dass der Beklagten zumindest Vertriebskosten von 1 € pro Stuhl entstanden sind. Diese Beurteilung liegt im Rahmen des tatrichterlichen Schätzungsermessens und lässt keinen Rechtsfehler erkennen.
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b) Die Beurteilung des Berufungsgerichts, wegen fehlender Kausalität der Urheberrechtsverletzung für den Verletzergewinn sei ein Abschlag von 10% angemessen, ist dagegen nicht frei von Rechtsfehlern.
41
aa) Mit Recht ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass der Verletzergewinn nur insoweit herauszugeben ist, als er auf der Rechtsverletzung beruht (vgl. für das Urheberrecht BGH, Urt. v. 30.1.1959 – I ZR 82/57, GRUR 1959, 379, 380 – Gasparone; Urt. v. 10.7.1986 – I ZR 102/84, GRUR 1987, 37, 39 f. – Videolizenzvertrag; BGHZ 150, 32, 42 – Unikatrahmen; für das Markenrecht BGH, Urt. v. 6.10.2005 – I ZR 322/02, GRUR 2006, 419 Tz. 15 = WRP 2006, 587 – Noblesse; für das Geschmacksmusterrecht BGH, Urt. v. 13.7.1973 – I ZR 101/72, GRUR 1974, 53, 54 – Nebelscheinwerfer ; BGHZ 145, 366, 375 – Gemeinkostenanteil; für den wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz BGHZ 119, 20, 29 – Tchibo/Rolex II; BGH GRUR 2007, 431 Tz. 37 – Steckverbindergehäuse). Bei der urheberrechtsverletzenden Verwertung einer Bearbeitung kommt es insoweit maßgeblich darauf an, inwieweit der Entschluss der Käufer zum Erwerb der Bearbeitung gerade darauf zurückzuführen ist, dass diese die Züge erkennen lässt, auf denen der Urheberrechtsschutz des benutzten Werkes beruht. Dabei ist dies nicht im Sinne einer adäquaten Kausalität, sondern – vergleichbar mit der Bemessung der Mitverschuldensanteile im Rahmen des § 254 BGB – im Sinne einer wertenden Zurechnung zu verstehen (BGH GRUR 2007, 431 Tz. 37 – Steckverbindergehäuse ; vgl. OLG Frankfurt GRUR-RR 2003, 274, 278). Für diese ist nicht allein der quantitative Umfang, sondern mehr noch der qualitative Wert des Entnommenen von Bedeutung (BGH GRUR 1959, 379, 382 – Gasparone).
42
Die Höhe des Anteils, zu dem der erzielte Gewinn auf der Rechtsverletzung beruht, ist vom Tatrichter gemäß § 287 ZPO nach seinem Ermessen zu schätzen, wenn nicht ausnahmsweise jeglicher Anhaltspunkt für eine Schät- zung fehlt (vgl. für das Urheberrecht BGHZ 150, 32, 43 – Unikatrahmen; für das Markenrecht BGH GRUR 2006, 419 Tz. 16 – Noblesse; für den wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz BGHZ 119, 20, 30 f. – Tchibo/Rolex II; BGH GRUR 2007, 431 Tz. 38 – Steckverbindergehäuse). Vom Revisionsgericht ist nur zu prüfen, ob die tatrichterliche Schätzung auf grundsätzlich falschen oder offenbar unsachlichen Erwägungen beruht oder ob wesentliche Tatsachen außer Acht gelassen worden sind, insbesondere ob schätzungsbegründende Tatsachen, die von den Parteien vorgebracht worden sind oder sich aus der Natur der Sache ergeben, nicht gewürdigt wurden (vgl. BGH, Urt. v. 6.10.2005 – I ZR 266/02, GRUR 2006, 136 Tz. 24 = WRP 2006, 274 – Pressefotos; GRUR 2007, 431 Tz. 38 – Steckverbindergehäuse). Dies ist hier der Fall.
43
bb) Die Revision der Beklagten macht zutreffend geltend, dass die Annahme des Berufungsgerichts, eine Quotierung des Gewinns der Beklagten nach dem Maß der technischen bzw. gestalterischen Anteile komme im Streitfall nicht in Betracht, auf Rechtsfehlern beruht.
44
(1) Das Berufungsgericht hat im Hinblick darauf, dass es sich bei dem Alpha-Stuhl zwar um eine sehr weitgehende, aber nicht identische Nachbildung des Tripp-Trapp-Stuhls handele, einen Abschlag von 10% vom vollen Verletzergewinn für angemessen erachtet. Es ist demnach erkennbar davon ausgegangen , dass bei einer identischen Nachahmung des Tripp-Trapp-Stuhls der gesamte mit dem Verkauf des Alpha-Stuhls erzielte Gewinn auf der Urheberrechtsverletzung beruhen würde. Davon kann aber jedenfalls bei einer – hier gegebenen – Verletzung der an einem Werk der angewandten Kunst bestehenden urheberrechtlichen Nutzungsrechte nicht ohne weiteres ausgegangen werden.
45
(2) Werke der angewandten Kunst unterscheiden sich von Werken der „reinen“ (zweckfreien) Kunst darin, dass sie einem Gebrauchszweck dienen (vgl. BGH, Urt. v. 22.6.1995, I ZR 119/93, GRUR 1995, 581, 582 = WRP 1995, 908 – Silberdistel). Für die Entscheidung zum Kauf eines Gebrauchsgegenstandes – wie hier eines Kinderhochstuhls – ist, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, regelmäßig nicht nur die ästhetische Gestaltung, sondern auch die technische Funktionalität von Bedeutung. Es kann daher nicht ohne weiteres angenommen werden, dass der durch die identische Nachahmung eines urheberrechtlich geschützten Gebrauchsgegenstandes erzielte Gewinn in vollem Umfang darauf beruht, dass jeder Kaufentschluss – und damit der gesamte Gewinn – allein durch das imitierte Aussehen und nicht durch andere wesentliche Umstände wie etwa die technische Funktionalität oder den niedrigen Preis verursacht worden ist (vgl. zum wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz BGHZ 119, 20, 29 – Tchibo/Rolex II). Es bedarf daher einer besonderen Begründung , weshalb die Entscheidung zum Kauf der unfreien Bearbeitung eines urheberrechtlich geschützten Werkes der angewandten Kunst allein oder auch nur überwiegend davon bestimmt sein soll, dass diese Bearbeitung die Züge erkennen lässt, auf denen der Urheberrechtsschutz des benutzten Werkes beruht. Das Berufungsgericht hat – von seinem Standpunkt aus folgerichtig – hierzu keine Feststellungen getroffen. Es ist Sache der Klägerin, die die Darlegungs - und Beweislast dafür trägt, dass der Verletzergewinn auf der Urheberrechtsverletzung beruht, dazu vorzutragen.
46
Anhaltspunkte für eine Gewichtung der für den Kaufentschluss maßgeblichen ästhetischen und funktionalen Merkmale können sich insbesondere aus der Art des Gebrauchsgegenstandes ergeben. So wird der Funktionalität bei Möbeln erfahrungsgemäß eine größere Bedeutung für die Kaufentscheidung zukommen als bei Schmuck. Das Berufungsgericht wird sich daher auch mit dem von der Revision der Beklagten als übergangen gerügten Vorbringen der Beklagten in der Berufungsinstanz zu beschäftigen haben, dass das gestalterische Element eines Kinderstuhls keinesfalls die einzige und nicht einmal die wesentliche Motivation zum Kauf eines bestimmten Stuhles darstelle, vielmehr für um das Wohl ihres Kindes besorgte Eltern die Funktionalität und Sicherheit des Stuhles im Vordergrund stünden und auch der Hauptgrund für den Kauf eines Tripp-Trapp- bzw. Alpha-Hochstuhls seien.
47
cc) Die vom Berufungsgericht bislang gegebene Begründung trägt nicht dessen Annahme, wegen des abweichenden optischen Eindrucks des AlphaStuhls erscheine ein Kausalitätsabschlag in Höhe von 10% ausreichend.
48
(1) Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der besondere gestalterische „Witz“ des Tripp-Trapp-Stuhls bestehe darin, dass dieser durch die „L“-Form einen frei schwebenden bzw. ungestützten Charakter vermittele. Dieses Merkmal habe der Alpha-Stuhl durch die eher willkürlich hinzugefügten Stützbalken nicht übernommen. Wegen des abweichenden optischen Eindrucks des AlphaStuhls erscheine ein Abschlag von 10% auf den nicht um die weiteren Gemeinkosten bereinigten Verletzergewinn angemessen, aber auch ausreichend, um den Umsatz- bzw. Gewinnauswirkungen Rechnung zu tragen, die sich aus den – insbesondere gestalterischen – Unterschieden der beiden Stühle ergäben. Hinsichtlich der für diesen Abschlag maßgeblichen gestalterischen Umstände und deren Gewichtung könne auf die Ausführungen des Oberlandesgerichts Hamburg im Vorprozess Bezug genommen werden.
49
(2) Diese Ausführungen des Berufungsgerichts lassen nicht hinreichend deutlich erkennen, weshalb ein Kausalitätsabschlag von nur 10% ausreichen soll, um dem Umstand Rechnung zu tragen, dass der Alpha-Stuhl nicht die „L“Form des Tripp-Trapp-Stuhls übernommen hat. Das Berufungsgericht hat in der „L“-Form den gestalterischen „Witz“ des Tripp-Trapp-Stuhls gesehen, die die- sem demnach in besonderem Maße schöpferische Eigenart und damit urheberrechtlichen Schutz verleiht. Es bedarf daher näherer Begründung, weshalb die fehlende Übernahme gerade dieses charakteristischen Merkmals des TrippTrapp -Stuhls keinen höheren Kausalitätsabschlag rechtfertigt. Die Bezugnahme auf die Feststellungen des Oberlandesgerichts Hamburg im Vorprozess vermag insoweit eine eigene Begründung des Berufungsgerichts nicht zu ersetzen.
50
Das Oberlandesgericht Hamburg hat sich in seinem Urteil nicht mit der Frage befasst, inwieweit sich die gestalterischen Unterschiede der beiden Stühle auf die Ursächlichkeit der Urheberrechtsverletzung für den Verletzergewinn auswirken. Es hat sich in den im vorliegenden Zusammenhang maßgeblichen Passagen seines Urteils vielmehr allein mit der Frage auseinandergesetzt, ob der Alpha-Stuhl einen so großen Abstand zu den eigenpersönlichen Zügen des Tripp-Trapp-Stuhls einhält, dass es sich bei ihm nicht um eine (unzulässige) unfreie Bearbeitung, sondern um eine (zulässige) freie Benutzung des TrippTrapp -Stuhls handelt. Dabei ist das Oberlandesgericht zutreffend davon ausgegangen , dass zur Beurteilung dieser Frage vor allem auf die Übereinstimmungen und nicht auf die Unterschiede zwischen den Stühlen abzustellen ist (vgl. BGH, Urt. v. 26.9.1980 – I ZR 17/78, GRUR 1981, 267, 269 – Dirlada; Urt. v. 11.3.1993 – I ZR 264/91 – GRUR 1994, 191, 193 – Asterix-Persiflagen). Es hat zwar auch Feststellungen zu den Unterschieden in der Gestaltung der Stühle getroffen, die der Beurteilung, inwieweit der Verletzergewinn auf der Urheberrechtsverletzung beruht, zugrunde gelegt werden können. Da das Oberlandesgericht sich im Vorprozess mit dieser Frage jedoch nicht selbst auseinandergesetzt hat, sind hierzu eigene Ausführungen des Berufungsgerichts erforderlich.
51
dd) Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, die Beklagten könnten nicht mit Erfolg geltend machen, der Klägerin stehe ein Anspruch auf Herausgabe des Verletzergewinns nur anteilig zu, weil der Tripp-Trapp-Stuhl zum Teil auf vorbekannten Formenschatz zurückgreife. Ein Verletzergewinn, der allein darauf zurückzuführen wäre, dass der Alpha-Stuhl ebenso wie der Tripp-Trapp-Stuhl auf einen vorbekannten Formenschatz zurückgreift, würde allerdings, wie das Berufungsgericht richtig erkannt hat, nicht auf der Urheberrechtsverletzung beruhen. Die Klägerin kann für Gestaltungselemente des Tripp-Trapp-Stuhls, die einem vorbekannten Formenschatz zum Zeitpunkt der Schöpfung zuzurechnen sind, keinen urheberrechtlichen Schutz beanspruchen. Die Revision der Beklagten macht vergeblich geltend, das Berufungsgericht hätte danach einen prozentualen Abschlag auf den herauszugebenden Verletzergewinn vornehmen müssen.
52
(1) Die Revision der Beklagten beruft sich ohne Erfolg darauf, das Oberlandesgericht Hamburg habe in seinem Urteil im Vorprozess festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Werkschöpfung des Tripp-Trapp-Stuhls verschiedene Kinderhochstühle bekannt gewesen seien, in denen bereits Stilmittel – insbesondere die „L“-Grundform der Seitenholme in Verbindung mit am Boden verlaufenden Kufen – Verwendung gefunden hätten, die auch im Tripp-Trapp-Stuhl wiederkehrten. Die Revision der Beklagten berücksichtigt nicht, dass das Oberlandesgericht Hamburg – im Zusammenhang mit der Erörterung der Frage, ob dem beanspruchten Urheberrechtsschutz des Tripp-Trapp-Stuhls ein vorbekannter Formenschatz entgegengehalten werden kann – weiter festgestellt hat, dass gerade die Gestaltungsmerkmale, die die ästhetische Wirkung des TrippTrapp -Stuhls bestimmten, durch keine der Entgegenhaltungen vorweggenommen worden sei und dass der Tripp-Trapp-Stuhl in seinem ästhetischen Gesamteindruck von allen vorbekannten Formen abweiche.
53
(2) Die Revision der Beklagten macht ferner ohne Erfolg geltend, der Umstand, dass urheberrechtlicher Schutz aufgrund eines Gesamteindrucks bejaht werde, führe – wie sich der „Gasparone“-Entscheidung des Senats (GRUR 1959, 379, 380) entnehmen lasse – nicht ohne weiteres dazu, dass der Verletzergewinn in ungekürzter Höhe herauszugeben sei; vielmehr gelte der Grundsatz , dass der Verletzergewinn nur in der Höhe herauszugeben sei, in welcher er gerade auf der Rechtsverletzung beruhe. Das Berufungsgericht hat angenommen , der dominierende Gesamteindruck des Tripp-Trapp-Stuhls lasse Bezugnahmen auf den vorbekannten Formenschatz in der Wahrnehmung der angesprochenen Verkehrskreise in den Hintergrund treten. Es hat demnach nicht feststellen können, dass Bezugnahmen des Tripp-Trapp-Stuhls auf den vorbekannten Formenschatz für die Kaufentscheidung der angesprochenen Verkehrskreise von Bedeutung waren. Es ist daher nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht unter diesem Gesichtspunkt keinen Abschlag vom Verletzergewinn vorgenommen hat.
54
ee) Die Revision der Beklagten macht schließlich ohne Erfolg geltend, das Berufungsgericht hätte bei der Frage, in welcher Höhe die Beklagte zur Herausgabe des erzielten Verletzergewinns verpflichtet ist, den geringen Grad des Verschuldens der Beklagten berücksichtigen müssen. Es kann dahinstehen , ob – wie das Berufungsgericht angenommen hat – der Verschuldensgrad für die Haftung auf Herausgabe des Verletzergewinns im Urheberrecht ohne Bedeutung ist (vgl. dazu v. Ungern-Sternberg, GRUR 2008, 291, 298 f.; ders., GRUR 2009, 460, 465). Das Berufungsgericht hat jedenfalls mit Recht angenommen , dass der Beklagten kein geringes Verschulden zur Last fällt.
55
Die Revision der Beklagten macht insoweit vergeblich geltend, die Beklagte hätte sich als Abnehmerin auf die rechtmäßige Herstellung des Stuhls durch die Lieferantin verlassen dürfen. Die Händlerin treffe keine umfassende Prüfungspflicht und ohnehin grundsätzlich ein geringeres Verschulden als den Hersteller. Das Berufungsgericht hat diese Einwände der Beklagten mit Recht für unbeachtlich gehalten. Das Berufungsgericht hat – von der Revision der Be- klagten unangegriffen – festgestellt, der Tripp-Trapp-Stuhl sei bereits im Jahre 1997 ein weithin bekanntes Möbelstück und „Trendsetter“ bei der Gestaltung von Kinderhochstühlen gewesen. Es sei als völlig lebensfremd auszuschließen, dass die auf den Vertrieb von Gebrauchsgegenständen für Kinder spezialisierte Beklagte bei Aufnahme der Geschäftsbeziehungen über eine Lieferung des Alpha -Stuhls keine gesicherte Kenntnis von der Existenz des Tripp-Trapp-Stuhls und dessen konkreter Formgebung gehabt haben könnte. Angesichts der augenfälligen Übereinstimmungen zwischen beiden Stühlen bis in viele kleinste Details habe die Möglichkeit einer urheberrechtsverletzenden Gestaltung bei objektiver Betrachtung auf der Hand gelegen. Wenn sich die Beklagte derartigen Bedenken verschlossen und gegebenenfalls auf gegenteilige Versicherungen ihrer Lieferanten vertraut habe, könne nicht von einer lediglich leichten Fahrlässigkeit ausgegangen werden. Diese Ausführungen lassen keinen Rechtsfehler erkennen.
56
c) Die Revision der Klägerin beanstandet mit Recht, dass das Berufungsgericht zunächst den Kausalitätsabschlag vorgenommen und erst danach die Vertriebskosten abgezogen hat.
57
aa) Das Berufungsgericht hat insoweit ausgeführt: Weil der Gesamtgewinn von 445.851,69 € nicht vollständig auf der Urheberrechtsverletzung beruhe , seien davon 10% (44.585,17 €) abzuziehen, so dass der Klägerin ein Gewinnanteil von 401.266,52 € zustehe. Dieser Gewinnanteil sei weiter um die der Beklagten erwachsenen Gemeinkosten von 1 € pro verkauftem Stuhl (44.013 €) zu kürzen, so dass sich ein Schadensersatzbetrag von 357.253,52 € errechne.
58
bb) Die vom Berufungsgericht gewählte Berechnungsreihenfolge ist nicht richtig, weil sie dazu führt, dass sich der Kausalitätsabschlag auf die Vertriebskosten erstreckt. Richtigerweise ist der Kausalitätsabschlag auf den Verletzer- gewinn zu beschränken. Von dem Gesamtgewinn sind daher zunächst die Vertriebskosten abzuziehen; erst danach ist der Verletzergewinn um den Kausalitätsabschlag zu vermindern. Damit ergibt sich folgende Berechnung: Der Gesamtgewinn von 445.851,69 € ist um die Vertriebskosten von 1 € pro verkauftem Stuhl (44.013 €) zu kürzen, so dass sich ein Verletzergewinn von 401.838,69 € errechnet. Hiervon ist zumindest ein Kausalitätsabschlag von 10% (40.183,87 €) vorzunehmen, so dass der Schadensersatzanspruch bis zu 361.654,82 € beträgt.
59
4. Der von der Klägerin gegen die Beklagte wegen des Vertriebs der von der Hauck GmbH & Co. KG gelieferten Alpha-Stühle geltend gemachte Schadensersatzanspruch aus § 97 Abs. 1 Satz 2 UrhG a.F. kann entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht mit der Begründung verneint werden, die Klägerin habe bereits die Hauck GmbH & Co. KG als Lieferantin erfolgreich auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Der Klägerin steht gegen die Beklagte insoweit ein Anspruch auf Schadensersatz nach der von ihr gewählten Berechnungsmethode der Herausgabe des Verletzergewinns in Höhe von – ohne Berücksichtigung der Klageerweiterung – bis zu 156.545,39 € zu.
60
a) Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, die Beklagte habe im Zeitraum von 1997 bis 2002 insgesamt 22.531 der von der Herstellerin Hauck GmbH & Co. KG bezogenen Alpha-Stühle in Deutschland verkauft und habe damit – ohne Berücksichtigung der Klageerweiterung – einen Gewinn von 196.470,32 € erzielt. Dagegen haben die Revisionen der Parteien keine Einwände erhoben. Der Verletzergewinn ist entsprechend den unter II 3 dargestellten Grundsätzen zu berechnen: Danach ist der Gesamtgewinn von 196.470,32 € zunächst um die Vertriebskosten von 1 € pro verkauftem Stuhl (22.531 €) zu kürzen, so dass sich ein Verletzergewinn von 173.939,32 € errechnet. Dieser ist sodann um einen Kausalitätsabschlag von zumindest 10% (17.393,93 €) zu vermindern, so dass der Schadensersatzanspruch bis zu 156.545,39 € beträgt.
61
b) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klägerin könne nicht die Herausgabe dieses Verletzergewinns verlangen, weil sie insoweit bereits die Hauck GmbH & Co. KG in einem gesonderten Rechtsstreit – in dem der Senat heute gleichfalls eine Entscheidung getroffen hat (BGH, Urt. v. 14.5.2009 – I ZR 99/06) – erfolgreich auf Schadensersatz durch Herausgabe des dieser aus dem Inverkehrbringen der Stühle zugeflossenen Gewinns in Anspruch genommen habe. Der Verletzte sei nicht berechtigt, den Verletzergewinn auf allen Stufen der Verletzerkette einer gestuften Handelsbeziehung abzuschöpfen. Aus dem Wesen der Gesamtschuld und der Lehre von der Erschöpfung sei zu schließen, dass der Verletzte bei stufenmäßig aufeinanderfolgenden Benutzungshandlungen an derselben Sache im Ergebnis nicht besser gestellt sein könne als bei nur einer Benutzungshandlung und er daher, wenn er von dem Hersteller des schutzrechtsverletzenden Gegenstandes Schadensersatz verlangt und erhalten habe, nicht auch noch dessen Abnehmer auf Unterlassung oder Schadensersatz in Anspruch nehmen könne (OLG Düsseldorf GRUR 1989, 365, 367; Rogge/Grabinski in Benkard, Patentgesetz, 10. Aufl., § 139 Rdn. 20). Gegen diese Beurteilung wendet sich die Revision der Klägerin mit Erfolg. Der Verletzte ist grundsätzlich berechtigt, von jedem Verletzer innerhalb einer Verletzerkette die Herausgabe des von diesem erzielten Gewinns als Schadensersatz zu fordern.
62
aa) Unter dem Gesichtspunkt der Erschöpfung sind, wie das Berufungsgericht selbst zutreffend angenommen hat, Ausgleichsansprüche eines Verletzten gegen nachfolgende Verletzer in einer Verletzerkette (hier die Beklagte) nicht ausgeschlossen, wenn der vorangehende Verletzer in der Verletzerkette (hier die Hauck GmbH & Co. KG) Schadensersatz geleistet hat. Schadenser- satzleistungen eines Verletzers in einer Verletzerkette führen nicht zu einer Erschöpfung des Verbreitungsrechts.
63
(1) Sind das Original oder Vervielfältigungsstücke eines Werkes mit Zustimmung des zur Verbreitung Berechtigten im Gebiet der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum im Wege der Veräußerung in den Verkehr gebracht worden, so ist nach § 17 Abs. 2 UrhG ihre Weiterverbreitung mit Ausnahme der Vermietung zulässig. Das ausschließliche Recht des Urhebers nach § 17 Abs. 1 UrhG, das Original oder Vervielfältigungsstücke seines Werkes der Öffentlichkeit anzubieten oder in Verkehr zu bringen, ist dann insoweit erschöpft.
64
(2) Die für eine Erschöpfung des Verbreitungsrechts erforderliche Zustimmung des Berechtigten zum Inverkehrbringen des Werkstücks kann nicht nur im Voraus (als Einwilligung), sondern auch im Nachhinein (als Genehmigung ) erteilt werden. Allein in der Geltendmachung und Entgegennahme von Schadensersatz wegen einer Verletzung des Verbreitungsrechts ist jedoch grundsätzlich keine Genehmigung des unbefugten Inverkehrbringens zu sehen (vgl. BGHZ 148, 221, 232 – Spiegel-CD-ROM; Götz, GRUR 2001, 295, 297; Allekotte, Mitt. 2004, 1, 5 f.). Anders kann es möglicherweise zu bewerten sein, wenn der Berechtigte von dem Verletzer vollen Schadensersatz ausdrücklich auch für die unbefugte Nutzung durch die Abnehmer des Verletzers fordert und entgegennimmt (vgl. zum Patentrecht OLG Hamburg, Urt. v. 16.7.1998 – 3 U 192/97, juris Tz. 36, m.w.N.). Dies ist hier jedoch nicht der Fall.
65
(3) Eine entsprechende Anwendung des Erschöpfungsgrundsatzes auf Rechtsverletzungen in Verletzerketten verbietet sich, wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat, auch deshalb, weil sie im Hinblick darauf zu unstimmigen Ergebnissen führen kann, dass die Erschöpfung die Freiheit des Ver- triebs nur in nachfolgenden und nicht in vorangehenden Vertriebsstufen bewirkt (Götz, GRUR 2001, 295, 297). Leistet ein in der Verletzerkette vorangehender Verletzer Schadensersatz, wären danach Schadensersatzansprüche gegen nachfolgende Verletzer ausgeschlossen; leistet ein in der Verletzerkette nachfolgender Verletzer Schadensersatz, bestünden hingegen Schadensersatzansprüche gegen vorangehende Verletzer fort.
66
bb) Auch unter dem Gesichtspunkt der Gesamtschuld können, anders als das Berufungsgericht angenommen hat, Schadensersatzleistungen eines Verletzers in einer Verletzerkette andere Verletzer in der Verletzerkette grundsätzlich nicht von ihrer Schadensersatzpflicht befreien.
67
(1) Die Erfüllung durch einen Gesamtschuldner wirkt zwar nach § 422 Abs. 1 Satz 1 BGB auch für die übrigen Schuldner. Mehrere Verletzer innerhalb einer Verletzerkette haften jedoch nur dann als Gesamtschuldner, wenn sie durch eine gemeinschaftlich begangene unerlaubte Handlung einen Schaden verursacht haben (§ 830 Abs. 1 Satz 1 BGB) oder für den aus einer unerlaubten Handlung entstehenden Schaden nebeneinander verantwortlich sind (§ 840 Abs. 1 BGB). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.
68
(2) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass jeder Verletzer innerhalb einer Verletzerkette das Verbreitungsrecht des Berechtigten verletzt und dem Rechtsinhaber daher nach § 97 Abs. 1 UrhG a.F. bei Verschulden zum Schadensersatz verpflichtet ist. Das Berufungsgericht hat auch nicht verkannt, dass mehrere Schädiger nur dann nach § 830 Abs. 1 Satz 2 BGB oder § 840 Abs. 1 BGB als Gesamtschuldner haften, wenn sie für denselben Schaden verantwortlich sind. Beide Vorschriften setzen schon nach ihrem Wortlaut („den Schaden“) die Entstehung eines einheitlichen Schadens voraus. Nur dann, wenn mehrere Personen – sei es als Beteiligte im Sinne des § 830 Abs. 1 Satz 2 BGB oder als Nebentäter im Sinne des § 840 Abs. 1 BGB – durch deliktisch zurechenbares Verhalten für denselben Schaden (oder Schadensteil) verantwortlich sind, besteht die für eine Gesamtschuld erforderliche innere Verbundenheit der Schadensersatzforderungen des Geschädigten, die die Täter zu einer Tilgungsgemeinschaft im Rahmen des Leistungsinteresses des Geschädigten zusammenfasst. Weder § 830 Abs. 1 Satz 2 BGB noch § 840 Abs. 1 BGB können jedoch Anwendung finden, wenn von mehreren Schädigern jeder für sich einen (getrennten) Schaden verursacht (BGH, Urt. v. 22.1.1985 – VI ZR 28/83, GRUR 1985, 398, 400 – Nacktfoto). So verhält es sich hier.
69
Bei einer Verletzung von Nutzungsrechten führt bereits der Eingriff in die allein dem Rechtsinhaber zugewiesene Nutzungsmöglichkeit als solcher zu einem Schaden im Sinne des Schadensersatzrechts (vgl. BGHZ 166, 253, 266 – Markenparfümverkäufe; 173, 374, 383 – Zerkleinerungsvorrichtung, Melullis, GRUR Int. 2008, 679, 682; v. Ungern-Sternberg, GRUR 2009, 460, 462 m.w.N.). Jeder Verletzer innerhalb einer Verletzerkette greift durch das unbefugte Inverkehrbringen des Schutzgegenstandes erneut in das ausschließlich dem Rechtsinhaber zugewiesene Verbreitungsrecht ein (vgl. Tilmann, GRUR 2003, 647, 653). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die hier vorliegende Fallgestaltung nicht deshalb anders zu beurteilen, weil die Verletzungshandlungen auf allen Vertriebsstufen nach Art und Umfang insofern inhaltsgleich sind, als sowohl die Hauck GmbH & Co. KG als Hersteller und Lieferant als auch die Beklagte als Abnehmer und Veräußerer die Stühle jeweils zum Zwecke des Inverkehrbringens handeln (vgl. aber Götz, GRUR 2001, 295, 298 f.; Allekotte, Mitt. 2004, 1, 8 ff.; Gärtner/Bosse, Mitt. 2008, 492, 497). Für die gesamtschuldnerische Haftung mehrerer Verletzer in einer Verletzerkette kommt es nicht darauf an, ob die Verletzungshandlungen gleichartig oder gleichgerichtet sind, sondern allein darauf, ob sie denselben Schaden verursachen.
70
cc) Die Inanspruchnahme sämtlicher Verletzer innerhalb einer Verletzerkette erscheint entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts auch im Hinblick auf den der Bestimmung des § 816 Abs. 1 Satz 1 BGB zugrunde liegenden Rechtsgedanken nicht systemwidrig.
71
Der Berechtigte hat im Falle einer ihm gegenüber unwirksamen Verfügung eines Nichtberechtigten über einen Gegenstand zwar nur die Wahl, entweder vom Empfänger die Herausgabe des Gegenstands zu verlangen oder die Verfügung zu genehmigen und von dem Verfügenden nach § 816 Abs. 1 Satz 1 BGB die Herausgabe des Veräußerungserlöses zu fordern.
72
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts müssen entsprechende Grundsätze jedoch nicht etwa deshalb im hier vorliegenden Fall gelten, weil der Geschädigte durch sein Vorgehen gegen den Erstverletzer zum Ausdruck bringt, dass er den aus der rechtsverletzenden Handlung erzielten Gewinn „an der Quelle“ abschöpfen will. Diese Betrachtungsweise berücksichtigt nicht, dass es im Streitfall an einer vergleichbaren Interessenlage fehlt, weil die Klägerin nicht die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung, sondern Schadensersatz beansprucht und das Verlangen und Entgegennehmen von Schadensersatz nicht zu einer Genehmigung des unbefugten Inverkehrbringens führt (vgl. oben unter II 4 b aa).
73
dd) Die Herausgabe des Verletzergewinns auf allen Handelsstufen führt entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung der Beklagten zwar nicht stets, wohl aber dann zu einer ungerechtfertigten Besserstellung des Verletzten, soweit ein Verletzer, der – wie hier die Hauck GmbH & Co. KG als Hersteller und Lieferant der Alpha-Stühle – in der Verletzerkette weiter oben platziert ist, von Verletzern, die – wie hier die Beklagte als Abnehmer und Veräußerer der AlphaStühle – in der Verletzerkette weiter unten stehen, wegen deren Inanspruch- nahme durch den Verletzten mit Erfolg in Regress genommen wird. In einem solchen Fall mindert die Ersatzzahlung des Lieferanten an seine Abnehmer dessen an den Verletzten herauszugebenden Gewinn. Die – hier in Rede stehende – Verpflichtung des Abnehmers zur Herausgabe seines Verletzergewinns an den Verletzten, bleibt davon jedoch unberührt.
74
(1) Bei der Bemessung des Schadensersatzanspruchs des Verletzten gegen den Hersteller der rechtsverletzenden Gegenstände auf Herausgabe des Verletzergewinns sind allerdings Ersatzzahlungen, die der Hersteller deshalb an seine Abnehmer leistet, weil diese am Weitervertrieb der rechtsverletzenden Gegenstände gehindert sind, nicht abzuziehen. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass bei der Bemessung des Schadensersatzes anhand des Verletzergewinns fingiert wird, der Rechtsinhaber hätte ohne die Rechtsverletzung durch Verwertung seines Schutzrechts den gleichen Gewinn wie der Verletzer erzielt. Ein Gewinn des Rechtsinhabers wäre jedoch nicht durch Schadensersatzzahlungen an seine Abnehmer geschmälert worden (BGHZ 150, 32, 44 – Unikatrahmen).
75
(2) Anders verhält es sich bei Ersatzzahlungen, die der Hersteller deshalb an seine Abnehmer leistet, weil der Rechtsinhaber die Abnehmer wegen des Weitervertriebs der rechtsverletzenden Gegenstände auf Schadensersatz in Anspruch genommen hat. Hat der Rechtsinhaber nicht nur von den Abnehmern , sondern auch vom Hersteller Schadensersatz in Form der Herausgabe des Verletzergewinns verlangt und erhalten, erzielt er infolge der unbefugten Verwertung seines Schutzrechts einen höheren Gewinn, als er ohne diese Rechtsverletzungen erzielt hätte.
76
(a) Diese Besserstellung des Verletzten ist grundsätzlich nicht zu beanstanden. Der Anspruch auf Herausgabe des Verletzergewinns ist kein Anspruch auf Ersatz des konkret entstandenen Schadens, sondern zielt in anderer Weise auf einen billigen Ausgleich des Vermögensnachteils, den der verletzte Rechtsinhaber erlitten hat. Es wäre unbillig, dem Verletzer einen Gewinn zu belassen, der auf der unbefugten Nutzung des Ausschließlichkeitsrechts beruht. Die Abschöpfung des Verletzergewinns dient zudem der Sanktionierung des schädigenden Verhaltens und auf diese Weise der Prävention gegen eine Verletzung der besonders schutzbedürftigen Immaterialgüterrechte (BGHZ 145, 366, 371 f. – Gemeinkostenanteil, m.w.N.).
77
Es stünde im Widerspruch zu diesem, dem Schadensausgleich durch Herausgabe des Verletzergewinns zugrunde liegenden Rechtsgedanken, wenn einzelne Verletzer innerhalb einer Verletzerkette ihren durch widerrechtliche und schuldhafte Verletzung eines Schutzrechts erzielten Gewinn behalten dürften , soweit der Verletzte bereits von anderen Verletzern deren Verletzergewinn herausverlangt hat. Der Verletzer eines Schutzrechts hat keinen schützenswerten Anspruch auf Erzielung oder Einbehalt eines Gewinns aus einer schutzrechtsverletzenden Handlung. Jeder Verletzer muss daher seinen gesamten Gewinn auskehren, unabhängig davon, ob der Verletzte den von den Verletzern erzielten Gewinn selbst hätte erzielen können (vgl. BGHZ 145, 366, 375 – Gemeinkostenanteil , m.w.N.).
78
(b) Die Besserstellung des Verletzten ist allerdings nicht gerechtfertigt, wenn der Hersteller seinen Abnehmern wegen deren Inanspruchnahme durch den Rechtsinhaber Schadensersatz leistet. Nehmen die Abnehmer den Hersteller mit Erfolg in Regress, lässt sich eine Berechtigung des Verletzten, den vollen Verletzergewinn sowohl der Abnehmer als auch des Herstellers zu verlangen und zu behalten, nicht mit der Erwägung rechtfertigen, dass es unbillig wäre , dem Verletzer einen Gewinn zu lassen, der auf der unbefugten Nutzung eines Schutzrechts beruht. Denn der auf der unbefugten Nutzung des Schutz- rechts beruhende Gewinn des Herstellers wird aufgezehrt, soweit er seinen Abnehmern wegen deren Inanspruchnahme durch den Verletzten Schadensersatz leistet. Die Haftung des Herstellers wird daher – wenn der Schaden nach dem Verletzergewinn berechnet wird – durch den von ihm erwirtschafteten Gewinn nicht nur begründet, sondern auch begrenzt. Daraus folgt:
79
Hat der Hersteller seinen Abnehmern wegen deren Inanspruchnahme durch den Rechtsinhaber Schadensersatz geleistet, bevor er vom Rechtsinhaber auf Herausgabe des Verletzergewinns in Anspruch genommen wird, ist der von dem Hersteller an den Rechtsinhaber als Schadensersatz herauszugebende Verletzergewinn von vornherein um den an die Abnehmer gezahlten Schadensersatz gemindert. Hat der Hersteller dem Rechtsinhaber den Verletzergewinn herausgegeben, bevor er seinen Abnehmern wegen deren Inanspruchnahme durch den Rechtsinhaber Schadensersatz leistet, kann er vom Rechtsinhaber wegen späteren Wegfalls des rechtlichen Grundes für die Leistung gemäß § 812 Abs. 1 Satz 2 Fall 1 BGB die Herausgabe des überzahlten Verletzergewinns beanspruchen. Dieser Bereicherungsanspruch des Herstellers entsteht mit der Erfüllung der Regressforderung der Abnehmer; er ist, soweit erforderlich , in einem gesonderten Prozess – gegebenenfalls im Wege der Vollstreckungsgegenklage – geltend zu machen.
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III. Auf die Revisionen der Parteien ist danach das Berufungsurteil unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels der Klägerin insoweit aufzuheben , als das Berufungsgericht die Beklagte zur Zahlung von 357.253,52 € verurteilt und die mit der Anschlussberufung einschließlich der Klageerweiterung verfolgten Klageansprüche in Höhe von 253.701,05 € nebst Zinsen abgewiesen hat. Der Klägerin stehen Schadensersatzansprüche von bis zu 610.954,57 € zu. Sie kann wegen des Vertriebs der von der Hauck Hong Kong Ltd. gelieferten Alpha-Stühle bis zu 361.654,82 € und wegen des Vertriebs der von der Hauck GmbH & Co. KG gelieferten Alpha-Stühle bis zu 156.545,39 € als Schadensersatz beanspruchen. Darüber hinaus sind die mit der Klageerweiterung verfolgten Schadensersatzansprüche bis zu 92.754,36 € begründet (Erhöhung des Gewinns der Beklagten um bis zu 103.060,40 € abzüglich eines Kausalitätsabschlags von zumindest 10%). Im Umfang der Aufhebung ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Bornkamm Pokrant Büscher
Koch Bergmann
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 14.05.2004 - 308 O 485/03 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 24.04.2006 - 5 U 103/04 -

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit bleibt der Rückgriff vorbehalten. Für den Anspruch auf Schadensersatz und für den Rückgriff darf der ordentliche Rechtsweg nicht ausgeschlossen werden.

Ergibt die Begründung des Berufungsurteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.