Bundesgerichtshof Urteil, 17. Aug. 2011 - I ZR 223/10

bei uns veröffentlicht am17.08.2011
vorgehend
Landgericht Koblenz, 4 HKO 121/09, 02.03.2010
Oberlandesgericht Koblenz, 9 U 258/10, 01.12.2010

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 223/10 Verkündet am:
17. August 2011
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 17. August 2011 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Pokrant, Prof. Dr. Büscher, Dr. Kirchhoff und Dr. Koch

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten zu 1 und die Anschlussrevision des Klägers gegen das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 1. Dezember 2010 werden zurückgewiesen.
Von den im Revisionsverfahren angefallenen Gerichtskosten und den dort angefallenen außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen der Kläger 1/6 und die Beklagte zu 1 5/6. Die in der Revisionsinstanz angefallenen außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2 trägt der Kläger. Die Beklagte zu 1 behält ihre außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens auf sich.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger ist der Ende 2008 gegründete GIG - Verband für Gewerbetreibende im Glücksspielwesen e.V. Er nimmt die Beklagte zu 1, die staatliche Lottogesellschaft von Rheinland-Pfalz, und deren Geschäftsführer, den Beklag- ten zu 2, wegen eines Verstoßes gegen das Verbot der Teilnahme Minderjähriger an öffentlichen Glücksspielen in Anspruch.
2
Die Verbandssatzung des Klägers enthält in § 3 folgende Zweckbestimmung : 1. Der Verein fördert insbesondere im Sinne der § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG und § 3 UKlaG die gewerblichen oder selbständigen beruflichen Interessen seiner Mitglieder und von Personen, die sich unmittelbar oder mittelbar im Wirtschaftsbereich des Geschicklichkeits-, Gewinn- und Glücksspielwesens einschließlich Lotterien, Ausspielungen und Wetten (der "Vereinsinteressenbereich" ) betätigen und/oder betätigen wollen, unter Ausschluss von Interessen von juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder privatrechtlichen Gesellschaften, an denen juristische Personen des öffentlichen Rechts unmittelbar oder mittelbar beteiligt sind. Insbesondere hat der Verein den Zweck und die Aufgaben, im Vereinsinteressenbereich:
a) den lauteren Wettbewerb in Übereinstimmung mit den verfassungsrechtlichen und/oder gesetzlichen Vorgaben zu fördern, auf faire gesetzliche Rahmenbedingungen für eine freie Entfaltung verantwortungsvoller unternehmerischer Tätigkeit, insbesondere seiner Mitglieder , hinzuwirken oder solche Rahmenbedingungen gegebenenfalls zu erhalten sowie unverhältnismäßigen staatlichen Maßnahmen und Beschränkungen einer freien und verantwortungsbewussten Ausübung beruflicher und unternehmerischer Grundfreiheitsrechte politisch und rechtlich entgegenzuwirken;
b) das Marktverhalten von Marktteilnehmern zu beobachten und auf die Einhaltung der geltenden gesetzlichen Vorgaben und Bestimmungen hin zu kontrollieren; …
c) den unlauteren, leistungswidrigen Wettbewerb in allen Erscheinungs- formen … im Zusammenwirken mit Behörden und Gerichten zu bekämpfen ; …
3
Der Kläger hat behauptet, eine damals 17-jährige Schülerin habe am 4. April 2009 in zwei Lotto-Annahmestellen der Beklagten jeweils unproblematisch ein Rubbellos erwerben können.
4
Der Kläger hat, soweit für die Revisionsinstanz noch von Interesse, beantragt , den Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verbieten, bei geschäftlichen Handlungen im Bereich des Glücksspielwesens Personen unter 18 Jahren (Minderjährigen) die Teilnahme an öffentlichen Glücksspielen zu ermöglichen und/oder diese Handlungen durch Dritte zu begehen hilfsweise den Beklagten aufzugeben, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um das Verbot der Teilnahme von Personen unter 18 Jahren (Minderjährigen) an öffentlichen Glücksspielen sicherzustellen und durchzusetzen.
5
Das Landgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen, weil sie rechtsmissbräuchlich sei. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht dem Hauptantrag gegen die Beklagte zu 1 beschränkt auf den Verkauf von Rubellosen stattgegeben und die Berufung im Übrigen zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte zu 1 ihre in der Berufungsinstanz gestellten Anträge weiter. Der Kläger begehrt im Wege der Anschlussrevision, seinem Antrag im Umfang der berufungsgerichtlichen Verurteilung der Beklagten zu 1 auch gegenüber dem Beklagten zu 2 stattzugeben. Die Parteien beantragen jeweils, das gegnerische Rechtsmittel zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


6
I. Das Berufungsgericht hat die Klage für zulässig und teilweise begründet gehalten. Dazu hat es ausgeführt:
7
Der Klageantrag sei hinreichend bestimmt. Der Kläger sei auch klagebefugt nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG. Ihm gehörten jedenfalls sieben Mitglieder an, die in Rheinland-Pfalz über eine Erlaubnis zur gewerblichen Spielvermittlung verfügten. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe zudem fest, dass der Kläger nach seiner finanziellen Ausstattung zur Erfüllung seiner satzungsgemäßen Aufgaben in der Lage sei.
8
Der Kläger handele auch nicht rechtsmissbräuchlich nach § 8 Abs. 4 UWG. Es stehe einem Verband wie einem einzelnen Gewerbetreibenden frei, ob und gegen welche Mitbewerber er Klage erheben wolle. Die Annahme eines Rechtsmissbrauchs komme nur bei sachfremden Erwägungen in Betracht. Nach dem Vorbringen der Beklagten sei aber nicht davon auszugehen, dass der Kläger, der sich nur dagegen wende, dass staatliche Lottogesellschaften gegen das Verbot der Teilnahme Minderjähriger am Glücksspiel verstießen, gleichartige Verstöße seiner Mitglieder planmäßig dulde. Unerheblich sei, ob sich Mitglieder des Klägers in anderer Weise wettbewerbswidrig verhielten.
9
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei erwiesen, dass am 4. April 2009 zwei Lottoannahmestellen der Beklagten zu 1 in Rheinland-Pfalz durch Verkauf von Rubbellosen gegen das Verbot der Teilnahme Minderjähriger am Glücksspiel verstoßen hätten. Die Beklagte zu 1 hafte für diese Wettbewerbsverstöße ohne Entlastungsmöglichkeit nach § 8 Abs. 2 UWG. Der Unterlassungsanspruch des Klägers sei aber auf den Verkauf von Rubbellosen beschränkt. Die anderen von der Beklagten zu 1 angebotenen Glücksspiele unterlägen anderen Spielregeln und seien deshalb nicht gleichartig mit Rubbellosen. Umstände, die eine Erstbegehungsgefahr hinsichtlich aller angebotenen Glücksspiele rechtfertigten, habe der Kläger nicht dargelegt.
10
Gegenüber dem Beklagten zu 2 sei die Klage unbegründet, weil er die im Rahmen der alltäglichen Geschäftstätigkeit der Lottoannahmestellen begangenen Wettbewerbsverstöße nicht gekannt habe und auch nicht habe kennen müssen.

11
Der Hilfsantrag des Klägers sei unbegründet. Es fehle an einem fortdauernden Störungszustand, der den mit dem Hilfsantrag geltend gemachten Leistungsanspruch rechtfertige.
12
II. Die Revision, mit der sich die Beklagte zu 1 gegen ihre Verurteilung zur Unterlassung wendet, hat keinen Erfolg.
13
1. Die Klage ist - wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat - zulässig.
14
a) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger die Anforderungen des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG an die Verbandsklagebefugnis hinsichtlich seiner Mitgliederstruktur erfüllt. Erheblich im Sinne des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG ist die Zahl der Mitglieder des Verbands auf dem einschlägigen Markt dann, wenn diese Mitglieder als Unternehmen - bezogen auf den maßgeblichen Markt - in der Weise repräsentativ sind, dass ein missbräuchliches Vorgehen des Verbands ausgeschlossen werden kann. Das kann auch schon bei einer geringen Zahl auf dem betreffenden Markt tätiger Mitglieder anzunehmen sein (BGH, Urteil vom 23. Oktober 2008 - I ZR 197/06, GRUR 2009, 692 Rn. 12 = WRP 2009, 811 - Sammelmitgliedschaft VI, mwN). Insbesondere dann, wenn - wie im Streitfall - der Marktzutritt rechtlich oder tatsächlich stark beschränkt ist, dürfen nur geringe Anforderungen an die repräsentative Mitgliederzahl gestellt werden. Andernfalls würde die wettbewerbliche Kontrolle marktstarker Unternehmen oder Oligopole unangemessen beschränkt.
15
Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass dem Kläger sieben Mitglieder angehören, die eine Erlaubnis als gewerbliche Spielvermittler in RheinlandPfalz erhalten haben. Unter Berücksichtigung der Besonderheiten des hier maßgeblichen Marktes reichen diese Mitglieder aus, um im Freibeweis festzustellen , dass es dem Kläger bei der Rechtsverfolgung nach der Struktur seiner Mitglieder um die ernsthafte kollektive Wahrnehmung der Mitgliederinteressen geht (vgl. BGH, GRUR 2009, 692 Rn. 12 - Sammelmitgliedschaft VI).
16
Es kommt deshalb nicht mehr darauf an, ob bei der Feststellung der Klagebefugnis zu berücksichtigen ist, dass die übrigen Mitglieder des Klägers eine schlechthin verbotene Glücksspieltätigkeit ausüben könnten, was möglicherweise ihrer Berücksichtigung als Mitbewerber der Beklagten (§ 2 Nr. 3 UWG) oder Unternehmen, die Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben (§ 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG), entgegenstehen würde (ebenfalls offengelassen in BGH, Urteil vom 28. Oktober 2004 - I ZR 59/02, GRUR 2005, 176 = WRP 2005, 94 - Nur bei Lotto).
17
b) Zu Recht hat das Berufungsgericht auch angenommen, dass der Kläger nach seiner finanziellen Ausstattung imstande ist, seine satzungsgemäße Aufgabe der Verfolgung gewerblicher Interessen tatsächlich wahrzunehmen.
18
aa) Das Berufungsgericht hat auf der Grundlage der Angaben des Geschäftsführers des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungssenat angenommen, dass der Kläger zu jener Zeit über liquide Mittel in Höhe von etwa 380.000 € verfügte. Dass diese finanzielle Ausstattung den Kläger in die Lage versetzt, seine satzungsmäßige Aufgabe der Verfolgung von Wettbewerbsverstößen gegen glücksspielrechtliche Bestimmungen tatsächlich wahrzunehmen , kann bei den insoweit üblichen Gegenstandswerten nicht ernsthaft in Frage gestellt werden. Darauf, ob eine rechtsverbindliche Nachschusspflicht der Mitglieder zugunsten des Klägers besteht, kommt es danach nicht mehr an.
19
bb) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Feststellung des Berufungsgerichts , dass der Kläger 23 Wettbewerbsverfahren gleichzeitig geführt hat. Eventuelle Kostenbelastungen aus einem Prozessverlust dieser Verfahren sind weder sofort noch zu einem späteren Zeitpunkt gleichzeitig zu erwarten. Schon deshalb führt die für den Verband bestehende Notwendigkeit, etwaige gegnerische Prozesskostenerstattungsansprüche abdecken zu müssen, nicht dazu, dass er jederzeit liquide Mittel in Höhe des maximalen theoretischen Gesamtkostenrisikos sämtlicher von ihm begonnener und kostenmäßig noch nicht beendeter Gerichtsverfahren vorhalten muss. Eine solche Anforderung würde die Möglichkeit kleinerer Verbände, deren Mitglieder sich beispielsweise aus mittelständischen Unternehmen rekrutieren, zur Prozessführung in sachlich nicht gerechtfertigter Weise einschränken, obwohl solchen Verbänden gerade auf oligopolistischen Märkten eine wichtige Funktion für die Aufrechterhaltung lauteren Wettbewerbs zukommen kann. Das Erfordernis einer am theoretischen Gesamtkostenrisiko ausgerichteten Finanzausstattung könnte zudem die Bildung neuer Verbände behindern und so zu einer Verfestigung bestehender Verbandsstrukturen führen, die letztlich in Widerspruch zu der grundrechtlich verbürgten Koalitionsfreiheit (Art. 9 Abs. 1 GG) geraten könnte.
20
cc) Allerdings reicht es nicht aus, wenn die finanzielle Ausstattung eines Verbands zwar jeweils die Kosten des gerade zu entscheidenden Verfahrens abdeckte, dabei aber gänzlich unberücksichtigt bliebe, dass der Verband gleichzeitig eine Vielzahl anderer Verfahren führt, aus denen sich für ihn Kostenbelastungen ergeben können. Legt der Verband aber eine die Kosten des Streitfalls vielfach übersteigende liquide Finanzausstattung dar und ist nicht bekannt geworden, dass er in der Vergangenheit Zahlungspflichten für Prozesskosten nicht nachgekommen ist, so kann eine unzureichende finanzielle Ausstattung des Verbands grundsätzlich nur angenommen werden, wenn das bei zurückhaltender Betrachtung realistische Kostenrisiko des Verbands seine dafür verfügbaren Mittel spürbar übersteigt.
21
c) Im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht eine Rechtsmissbräuchlichkeit der Klage nach § 8 Abs. 4 UWG verneint.
22
aa) Einem nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG klagebefugten Verband ist es grundsätzlich nicht verwehrt, nur gegen bestimmte Verletzer gerichtlich vorzugehen. Die Entscheidung hierüber steht ebenso in seinem freien Ermessen, wie es dem einzelnen Gewerbetreibenden freisteht, ob und gegen welche Mitbewerber er Klage erheben will. Eine unzumutbare Benachteiligung des (allein) angegriffenen Verletzers gegenüber anderen - etwa deshalb, weil nunmehr er allein die angegriffenen Handlungen unterlassen müsse - ist darin schon deshalb nicht zu sehen, weil es dem Verletzer grundsätzlich offensteht, seinerseits gegen gleichartige Verletzungshandlungen seiner vom Verband nicht angegriffenen Mitbewerber vorzugehen (BGH, Urteil vom 12. Dezember 1996 - I ZR 7/94, GRUR 1997, 537, 538 = WRP 1997, 721 - Lifting-Creme; Urteil vom 23. Januar 1997 - I ZR 29/94, GRUR 1997, 681, 683 = WRP 1997, 715 - Produktwerbung; Urteil vom 17. September 1998 - I ZR 119/96, GRUR 1999, 515, 516 = WRP 1999, 424 - Bonusmeilen).
23
bb) Allerdings können besondere Umstände, insbesondere sachfremde Erwägungen, im Einzelfall eine andere Beurteilung nahelegen. Solche besonderen Umstände sind im Streitfall jedoch nicht ersichtlich.
24
(1) Der Senat hat in der Vergangenheit entschieden, dass es selbst bei identischer Werbung noch nicht als rechtsmissbräuchlich angesehen werden kann, wenn ein Verband, der die Frage der Wettbewerbswidrigkeit eines bestimmten Verhaltens höchstrichterlich klären lassen will, zunächst gegen einen Dritten und nicht gegen ein eigenes Mitglied gerichtlich vorgeht (BGH, GRUR 1997, 537, 538 - Lifting-Creme; GRUR 1997, 681, 683 - Produktwerbung). Hieraus kann aber nicht geschlossen werden, dass ein Verband, der auch eindeutige Wettbewerbsverstöße der eigenen Mitglieder nicht verfolgt, stets rechtsmissbräuchlich handelt.
25
(2) Allerdings kann es als rechtsmissbräuchlich anzusehen sein, wenn ein Verband gegen außenstehende Dritte vorgeht, den unlauteren Wettbewerb durch gleichartige Verletzungshandlungen der eigenen Mitglieder jedoch planmäßig duldet (BGH, GRUR 1997, 681, 683 - Produktwerbung, in diesem Sinne etwa auch Fezer/Büscher, UWG, 2. Aufl., § 8 Rn. 292; MünchKomm.UWG/ Fritzsche, § 8 Rn. 472; Jestaedt in Ahrens, Der Wettbewerbsprozess, 6. Aufl., § 20 Rn. 25; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 9. Aufl., Kap. 13 Rn. 59). Zwar gibt es grundsätzlich keine Obliegenheit eines Verbands, gegen eigene Mitglieder vorzugehen, auf die sich außenstehende Dritte berufen könnten. Die Prozessführungsbefugnis der Verbände zur Förderung gewerblicher Interessen findet ihre Rechtfertigung aber darin, dass die Bekämpfung unlauterer Wettbewerbshandlungen nicht nur im Interesse des unmittelbar Betroffenen, sondern auch im öffentlichen Interesse liegt (BGH, Urteil vom 5. Oktober 1989 - I ZR 56/89, GRUR 1990, 282, 284 = WRP 1990, 364 - Wettbewerbsverein IV; Urteil vom 9. Dezember 1993 - I ZR 276/91, GRUR 1994, 304, 305 = WRP 1994, 181 - Zigarettenwerbung in Jugendzeitschriften).
26
(3) Bei Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte ist es eine Frage der Gesamtumstände des Einzelfalls, ob das dauerhaft selektive Vorgehen eines Verbands ausschließlich gegen Nichtmitglieder als rechtsmissbräuchlich anzusehen ist. Dabei lassen sich allerdings bestimmte Fallgruppen bilden. So ist es insbesondere rechtsmissbräuchlich, wenn der Verband mit einem selektiven Vorgehen ausschließlich gegen Nichtmitglieder bezweckt, neue Mitglieder zu werben, denen er nach einem Beitritt Schutz vor Verfolgung verspricht. Ein solcher Fall liegt hier aber schon deswegen nicht vor, weil die vom Kläger angegriffenen staatlichen Lottogesellschaften von der Mitgliedschaft beim Kläger kraft Verbandssatzung ausgeschlossen sind.
27
Andererseits kann sich eine dauerhafte Beschränkung der Verfolgung von Wettbewerbsverstößen auf Nichtmitglieder für einen Verband aus der Natur der Sache ergeben, wenn sie schon aus seinem - rechtlich unbedenklichen - Verbandszweck folgt. In einem solchen Fall ist ein Rechtsmissbrauch zu verneinen. Unbedenklich wäre es beispielsweise, wenn der satzungsgemäße Zweck eines Verbandes mittelständischer Unternehmen des Hotel- und Gaststättengewerbes auf die Abwehr unlauteren Wettbewerbs durch Großbetriebe dieser Branche gerichtet wäre oder wenn ein Verband forschender Pharmaunternehmen sich seinem Satzungszweck entsprechend gegen unlautere Praktiken der Generikahersteller wendete.
28
(4) Der Kläger ist ein Verband, bei dem eine dauerhafte Beschränkung der Verfolgung von Wettbewerbsverstößen auf Nichtmitglieder schon aus dem Verbandszweck folgt. Aus § 3 seiner Satzung ergibt sich deutlich, dass er ausschließlich die Förderung der Interessen privater Gewerbetreibender im Glücksspielwesen bezweckt und dazu den lauteren Wettbewerb fördern und das Marktverhalten von Marktteilnehmern beobachten will. Die staatlichen Lottogesellschaften sowie Unternehmen des Glücksspielwesens mit unmittelbarer oder mittelbarer Beteiligung juristischer Personen des öffentlichen Rechts sind ausdrücklich von der Mitgliedschaft ausgeschlossen. Der Zweck des Klägers ist danach satzungsgemäß darauf ausgerichtet, die Interessen der privaten Glücksspielwirtschaft gegenüber den etablierten staatlichen Anbietern zu schützen. Dann ist es nicht rechtsmissbräuchlich, wenn er sich - auch dauerhaft - auf die Verfolgung von Wettbewerbsverstößen der staatlichen Lottogesellschaften beschränkt.
29
(5) Anders als die Revision meint, kann auch keine Rede davon sein, dass bei einer weiteren Duldung des Verhaltens des Klägers dem unerlaubten Veranstalten von Glücksspielen (§ 284 StGB) Vorschub geleistet würde. Zwischen wettbewerbsrechtlichen Klagen des Klägers gegen staatliche Lottogesellschaften einerseits und möglichen Rechtsverstößen seiner Mitglieder andererseits besteht kein Zusammenhang. Insbesondere werden die Möglichkeiten der Lottogesellschaften, anderer Marktteilnehmer oder der Behörden nicht beeinträchtigt , gegen Rechtsverstöße von Mitgliedern des Klägers vorzugehen.
30
2. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht einen Verstoß der Lottoannahmestellen der Beklagten zu 1 gegen das Verbot der Teilnahme Minderjähriger an öffentlichen Glücksspielen durch Verkauf von Rubbellosen in den beiden vom Kläger konkret beanstandeten Fällen festgestellt und die Haftung der Beklagten zu 1 für diese Verstöße bejaht. Die Revision erhebt dagegen auch keine Rügen. Die Revision der Beklagten zu 1 ist somit zurückzuweisen.
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III. Die Anschlussrevision, mit der sich der Kläger gegen die Abweisung der Klage gegen den Beklagten zu 2 wendet, hat ebenfalls keinen Erfolg.
32
Ein Geschäftsführer haftet für das wettbewerbswidrige Verhalten der Gesellschaft dann, wenn er die Rechtsverletzung entweder selbst veranlasst oder aber gekannt und pflichtwidrig nicht verhindert hat (vgl. BGH, Urteil vom 22. April 2009 - I ZR 216/06, GRUR 2009, 845 Rn. 47 = WRP 2009, 1001 - Internet-Videorecorder). Diese Voraussetzungen für eine Haftung des Beklagten zu 2 hat der Kläger nicht dargelegt.
33
Soweit der Kläger dafür, dass Verstöße gegen die Minderjährigenschutzvorschriften des Glücksspielstaatsvertrags für die Beklagte zu 1 ein "dauerhaftes und wiederkehrendes Problem seien", auf Urteile der Landgerichte Köln und Dortmund verweist, betrafen diese nicht die Beklagten, sondern die Westdeutsche Lotterie. Der unter dem Titel "Lottoanbieter lassen Kinder wetten" erschienene Artikel des Nachrichtenmagazins FOCUS aus dem Jahr 2008 verhält sich nicht über die Beklagten. Soweit die Beklagte zu 1 nach einem Urteil des Landgerichts Koblenz vom Januar 2009 in einigen Annahmestellen Automaten aufgestellt hatte, an denen auch Minderjährige Rubbellose ziehen konnten, hat sie diese Automaten schon vor Verkündung dieses Urteils entfernt. Die "MysteryShopping -Studie", auf die der Kläger weiter Bezug nimmt und nach der Minderjährige in einer erheblichen Zahl von Fällen auch in Rheinland-Pfalz Lose und Lotteriescheine erwerben konnten, wurde in Form von Testbesuchen zwischen dem 2. und 14. März 2009 durchgeführt. Unabhängig von den seitens der Beklagten gegen diese Studie geltend gemachten Bedenken konnte vom Beklagten zu 2 jedenfalls nicht erwartet werden, schon bis zum 4. April 2009, dem Tag der für den Streitfall maßgeblichen Testbesuche, neue wirksame Maßnahmen zur Gewährleistung des Minderjährigenschutzes an allen Lotterieannahmestellen in Rheinland-Pfalz umzusetzen. Die vom Kläger vorgelegte Mitteilung des Innenministeriums Rheinland-Pfalz vom 12. März 2009, nach der der Beklagten zu 1 ab sofort erlaubt wurde, minderjährige Testkäufer zur Überprüfung des Jugendschutzes in Lotto-Annahmestellen einzusetzen, zeigt aber, dass die Beklagten selbst wirksame Maßnahmen zur Durchsetzung des Verbots der Teilnahme Minderjähriger am öffentlichen Glücksspiel eingeleitet hatten.
34
Das Berufungsgericht konnte deshalb ohne Verletzung des rechtlichen Gehörs des Klägers eine Haftung des Beklagten zu 2 sowohl hinsichtlich des Haupt- als auch hinsichtlich des Hilfsantrags verneinen.
35
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 1 ZPO.
Bornkamm Pokrant Büscher
Kirchhoff Koch
Vorinstanzen:
LG Koblenz, Entscheidung vom 02.03.2010 - 4 HKO 121/09 -
OLG Koblenz, Entscheidung vom 01.12.2010 - 9 U 258/10 -

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(1) Wer eine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, kann auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht bereits dann, wenn eine derartige Zuwiderhandlung gegen § 3 oder § 7 droht.

(2) Werden die Zuwiderhandlungen in einem Unternehmen von einem Mitarbeiter oder Beauftragten begangen, so sind der Unterlassungsanspruch und der Beseitigungsanspruch auch gegen den Inhaber des Unternehmens begründet.

(3) Die Ansprüche aus Absatz 1 stehen zu:

1.
jedem Mitbewerber, der Waren oder Dienstleistungen in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich vertreibt oder nachfragt,
2.
denjenigen rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen, die in der Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände nach § 8b eingetragen sind, soweit ihnen eine erhebliche Zahl von Unternehmern angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben, und die Zuwiderhandlung die Interessen ihrer Mitglieder berührt,
3.
den qualifizierten Einrichtungen, die in der Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 des Unterlassungsklagengesetzes eingetragen sind, oder den qualifizierten Einrichtungen aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die in dem Verzeichnis der Europäischen Kommission nach Artikel 4 Absatz 3 der Richtlinie 2009/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen (ABl. L 110 vom 1.5.2009, S. 30), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2018/302 (ABl. L 60I vom 2.3.2018, S. 1) geändert worden ist, eingetragen sind,
4.
den Industrie- und Handelskammern, den nach der Handwerksordnung errichteten Organisationen und anderen berufsständischen Körperschaften des öffentlichen Rechts im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben sowie den Gewerkschaften im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben bei der Vertretung selbstständiger beruflicher Interessen.

(4) Stellen nach Absatz 3 Nummer 2 und 3 können die Ansprüche nicht geltend machen, solange ihre Eintragung ruht.

(5) § 13 des Unterlassungsklagengesetzes ist entsprechend anzuwenden; in § 13 Absatz 1 und 3 Satz 2 des Unterlassungsklagengesetzes treten an die Stelle der dort aufgeführten Ansprüche nach dem Unterlassungsklagengesetz die Ansprüche nach dieser Vorschrift. Im Übrigen findet das Unterlassungsklagengesetz keine Anwendung, es sei denn, es liegt ein Fall des § 4e des Unterlassungsklagengesetzes vor.

(1) Die in den §§ 1 bis 2 bezeichneten Ansprüche auf Unterlassung, auf Widerruf und auf Beseitigung stehen zu:

1.
den qualifizierten Einrichtungen, die in der Liste nach § 4 eingetragen sind, oder den qualifizierten Einrichtungen aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die in dem Verzeichnis der Europäischen Kommission nach Artikel 4 Absatz 3 der Richtlinie 2009/22/EG eingetragen sind,
2.
den qualifizierten Wirtschaftsverbänden, die in die Liste nach § 8b des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb eingetragen sind, soweit ihnen eine erhebliche Zahl von Unternehmern angehört, die Waren und Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben, und die Zuwiderhandlung die Interessen ihrer Mitglieder berührt,
3.
den Industrie- und Handelskammern, den nach der Handwerksordnung errichteten Organisationen und anderen berufsständischen Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie den Gewerkschaften im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben bei der Vertretung selbstständiger beruflicher Interessen.
Der Anspruch kann nur an Stellen im Sinne des Satzes 1 abgetreten werden. Stellen nach Satz 1 Nummer 1 und 2 können die Ansprüche nicht geltend machen, solange ihre Eintragung ruht.

(2) Die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bezeichneten Stellen können die folgenden Ansprüche nicht geltend machen:

1.
Ansprüche nach § 1, wenn Allgemeine Geschäftsbedingungen gegenüber einem Unternehmer (§ 14 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) oder einem öffentlichen Auftraggeber (§ 99 Nummer 1 bis 3 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen) verwendet oder wenn Allgemeine Geschäftsbedingungen zur ausschließlichen Verwendung zwischen Unternehmern oder zwischen Unternehmern und öffentlichen Auftraggebern empfohlen werden,
2.
Ansprüche nach § 1a, es sei denn, eine Zuwiderhandlung gegen § 288 Absatz 6 des Bürgerlichen Gesetzbuchs betrifft einen Anspruch eines Verbrauchers.

(1) Wer eine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, kann auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht bereits dann, wenn eine derartige Zuwiderhandlung gegen § 3 oder § 7 droht.

(2) Werden die Zuwiderhandlungen in einem Unternehmen von einem Mitarbeiter oder Beauftragten begangen, so sind der Unterlassungsanspruch und der Beseitigungsanspruch auch gegen den Inhaber des Unternehmens begründet.

(3) Die Ansprüche aus Absatz 1 stehen zu:

1.
jedem Mitbewerber, der Waren oder Dienstleistungen in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich vertreibt oder nachfragt,
2.
denjenigen rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen, die in der Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände nach § 8b eingetragen sind, soweit ihnen eine erhebliche Zahl von Unternehmern angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben, und die Zuwiderhandlung die Interessen ihrer Mitglieder berührt,
3.
den qualifizierten Einrichtungen, die in der Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 des Unterlassungsklagengesetzes eingetragen sind, oder den qualifizierten Einrichtungen aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die in dem Verzeichnis der Europäischen Kommission nach Artikel 4 Absatz 3 der Richtlinie 2009/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen (ABl. L 110 vom 1.5.2009, S. 30), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2018/302 (ABl. L 60I vom 2.3.2018, S. 1) geändert worden ist, eingetragen sind,
4.
den Industrie- und Handelskammern, den nach der Handwerksordnung errichteten Organisationen und anderen berufsständischen Körperschaften des öffentlichen Rechts im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben sowie den Gewerkschaften im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben bei der Vertretung selbstständiger beruflicher Interessen.

(4) Stellen nach Absatz 3 Nummer 2 und 3 können die Ansprüche nicht geltend machen, solange ihre Eintragung ruht.

(5) § 13 des Unterlassungsklagengesetzes ist entsprechend anzuwenden; in § 13 Absatz 1 und 3 Satz 2 des Unterlassungsklagengesetzes treten an die Stelle der dort aufgeführten Ansprüche nach dem Unterlassungsklagengesetz die Ansprüche nach dieser Vorschrift. Im Übrigen findet das Unterlassungsklagengesetz keine Anwendung, es sei denn, es liegt ein Fall des § 4e des Unterlassungsklagengesetzes vor.

12
Erheblich i.S. des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG13 Abs. 2 Nr. 2 UWG a.F.) ist die Zahl der Mitglieder des Verbands auf dem einschlägigen Markt dann, wenn diese Mitglieder als Unternehmen - bezogen auf den maßgeblichen Markt - in der Weise repräsentativ sind, dass ein missbräuchliches Vorgehen des Verbands ausgeschlossen werden kann. Wie der Senat nach Erlass des zweiten Berufungsurteils klargestellt hat, kann dies auch schon bei einer geringen Zahl auf dem betreffenden Markt tätiger Mitglieder anzunehmen sein (BGH, Urt. v. 1.3.2007 - I ZR 51/04, GRUR 2007, 809 Tz. 15 = WRP 2007, 1088 - Krankenhauswerbung ; Urt. v. 16.11.2006 - I ZR 218/03, GRUR 2007, 610 Tz. 18 = WRP 2007, 778 - Sammelmitgliedschaft V). Darauf, ob diese Verbandsmitglieder nach ihrer Zahl und ihrem wirtschaftlichen Gewicht im Verhältnis zu allen anderen auf dem Markt tätigen Unternehmen repräsentativ sind, kommt es nicht entscheidend an (BGH GRUR 2007, 809 Tz. 15 - Krankenhauswerbung). Dies er- gibt sich schon daraus, dass andernfalls die Klagebefugnis von Verbänden auf oligopolistischen Märkten unangemessen eingeschränkt würde. Anders als das Berufungsgericht meint, ist die Gesamtzahl der in der Branche tätigen Unternehmen und deren Marktbedeutung daher nicht von entscheidender Bedeutung. Ebenso wenig brauchte der Kläger zu Bedeutung und Umsatz seiner (mittelbaren oder unmittelbaren) Mitglieder vorzutragen. Dem Zweck des Gesetzes, die Klagebefugnis der Verbände auf Fälle zu beschränken, die die Interessen einer erheblichen Zahl von verbandsangehörigen Wettbewerbern berühren, wird schon dann hinreichend Rechnung getragen, wenn im Wege des Freibeweises festgestellt werden kann, dass es dem Verband bei der betreffenden Rechtsverfolgung nach der Struktur seiner Mitglieder um die ernsthafte kollektive Wahrnehmung der Mitgliederinteressen geht (BGH, Urt. v. 11.7.1996 - I ZR 79/94, GRUR 1996, 804 = WRP 1996, 1034 - Preisrätselgewinnauslobung

(1) Im Sinne dieses Gesetzes ist

1.
„geschäftliche Entscheidung“ jede Entscheidung eines Verbrauchers oder sonstigen Marktteilnehmers darüber, ob, wie und unter welchen Bedingungen er ein Geschäft abschließen, eine Zahlung leisten, eine Ware oder Dienstleistung behalten oder abgeben oder ein vertragliches Recht im Zusammenhang mit einer Ware oder Dienstleistung ausüben will, unabhängig davon, ob der Verbraucher oder sonstige Marktteilnehmer sich entschließt, tätig zu werden;
2.
„geschäftliche Handlung“ jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen unmittelbar und objektiv zusammenhängt; als Waren gelten auch Grundstücke und digitale Inhalte, Dienstleistungen sind auch digitale Dienstleistungen, als Dienstleistungen gelten auch Rechte und Verpflichtungen;
3.
„Marktteilnehmer“ neben Mitbewerber und Verbraucher auch jede weitere Person, die als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen tätig ist;
4.
„Mitbewerber“ jeder Unternehmer, der mit einem oder mehreren Unternehmern als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis steht;
5.
„Nachricht“ jede Information, die zwischen einer endlichen Zahl von Beteiligten über einen öffentlich zugänglichen elektronischen Kommunikationsdienst ausgetauscht oder weitergeleitet wird; nicht umfasst sind Informationen, die als Teil eines Rundfunkdienstes über ein elektronisches Kommunikationsnetz an die Öffentlichkeit weitergeleitet werden, soweit diese Informationen nicht mit dem identifizierbaren Teilnehmer oder Nutzer, der sie erhält, in Verbindung gebracht werden können;
6.
„Online-Marktplatz“ ein Dienst, der es Verbrauchern ermöglicht, durch die Verwendung von Software, die von einem Unternehmer oder in dessen Namen betrieben wird, einschließlich einer Website, eines Teils einer Website oder einer Anwendung, Fernabsatzverträge (§ 312c des Bürgerlichen Gesetzbuchs) mit anderen Unternehmern oder Verbrauchern abzuschließen;
7.
„Ranking“ die von einem Unternehmer veranlasste relative Hervorhebung von Waren oder Dienstleistungen, unabhängig von den hierfür verwendeten technischen Mitteln;
8.
„Unternehmer“ jede natürliche oder juristische Person, die geschäftliche Handlungen im Rahmen ihrer gewerblichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit vornimmt, und jede Person, die im Namen oder Auftrag einer solchen Person handelt;
9.
„unternehmerische Sorgfalt“ der Standard an Fachkenntnissen und Sorgfalt, von dem billigerweise angenommen werden kann, dass ein Unternehmer ihn in seinem Tätigkeitsbereich gegenüber Verbrauchern nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der anständigen Marktgepflogenheiten einhält;
10.
„Verhaltenskodex“ jede Vereinbarung oder Vorschrift über das Verhalten von Unternehmern, zu welchem diese sich in Bezug auf Wirtschaftszweige oder einzelne geschäftliche Handlungen verpflichtet haben, ohne dass sich solche Verpflichtungen aus Gesetzes- oder Verwaltungsvorschriften ergeben;
11.
„wesentliche Beeinflussung des wirtschaftlichen Verhaltens des Verbrauchers“ die Vornahme einer geschäftlichen Handlung, um die Fähigkeit des Verbrauchers, eine informierte Entscheidung zu treffen, spürbar zu beeinträchtigen und damit den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

(2) Für den Verbraucherbegriff ist § 13 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend anwendbar.

(1) Wer eine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, kann auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht bereits dann, wenn eine derartige Zuwiderhandlung gegen § 3 oder § 7 droht.

(2) Werden die Zuwiderhandlungen in einem Unternehmen von einem Mitarbeiter oder Beauftragten begangen, so sind der Unterlassungsanspruch und der Beseitigungsanspruch auch gegen den Inhaber des Unternehmens begründet.

(3) Die Ansprüche aus Absatz 1 stehen zu:

1.
jedem Mitbewerber, der Waren oder Dienstleistungen in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich vertreibt oder nachfragt,
2.
denjenigen rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen, die in der Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände nach § 8b eingetragen sind, soweit ihnen eine erhebliche Zahl von Unternehmern angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben, und die Zuwiderhandlung die Interessen ihrer Mitglieder berührt,
3.
den qualifizierten Einrichtungen, die in der Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 des Unterlassungsklagengesetzes eingetragen sind, oder den qualifizierten Einrichtungen aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die in dem Verzeichnis der Europäischen Kommission nach Artikel 4 Absatz 3 der Richtlinie 2009/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen (ABl. L 110 vom 1.5.2009, S. 30), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2018/302 (ABl. L 60I vom 2.3.2018, S. 1) geändert worden ist, eingetragen sind,
4.
den Industrie- und Handelskammern, den nach der Handwerksordnung errichteten Organisationen und anderen berufsständischen Körperschaften des öffentlichen Rechts im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben sowie den Gewerkschaften im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben bei der Vertretung selbstständiger beruflicher Interessen.

(4) Stellen nach Absatz 3 Nummer 2 und 3 können die Ansprüche nicht geltend machen, solange ihre Eintragung ruht.

(5) § 13 des Unterlassungsklagengesetzes ist entsprechend anzuwenden; in § 13 Absatz 1 und 3 Satz 2 des Unterlassungsklagengesetzes treten an die Stelle der dort aufgeführten Ansprüche nach dem Unterlassungsklagengesetz die Ansprüche nach dieser Vorschrift. Im Übrigen findet das Unterlassungsklagengesetz keine Anwendung, es sei denn, es liegt ein Fall des § 4e des Unterlassungsklagengesetzes vor.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 59/02 Verkündet am:
28. Oktober 2004
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Nur bei Lotto
UWG a.F. § 3 Satz 1
Die Werbeaussage "Oddset, die Sportwette mit festen Quoten, nur bei Lotto!"
erweckt auch bei denjenigen Adressaten der Werbung, die kein spezielles Vorverständnis
des Begriffs "Oddset" besitzen, den Eindruck, daß der Lottoblock
der einzige Anbieter solcher Wetten sei.
BGH, Urt. v. 28. Oktober 2004 - I ZR 59/02 - OLG München
LG München I
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. Oktober 2004 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann
und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Pokrant, Dr. Büscher und Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 29. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 20. Dezember 2001 aufgehoben.
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 21. Zivilkammer des Landgerichts München I vom 4. Mai 2001 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Rechtsmittel werden dem Beklagten auferlegt.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin, ein in der DDR im Jahr 1990 gegründetes Unternehmen mit Sitz in G. , bietet Sportwetten an, für die sie bundesweit wirbt. Sie stützt sich hierbei auf einen Bescheid des Magistrats der Stadt G. (Gewerbeamt) vom 14. September 1990, mit dem ihr die Gewerbeerlaubnis für den "Abschluß von Sportwetten - Buchmacher" erteilt worden ist. Bemühungen der Verwaltungsbe-
hörden, der Klägerin das Geschäft mit Sportwetten zu untersagen, sind erfolglos geblieben, weil die Verwaltungsgerichte davon ausgegangen sind, daß die Gewerbeerlaubnis vom 14. September 1990 trotz des Außerkrafttretens des Gewerberechts der DDR und auch ungeachtet der gesetzlichen Neuregelung durch das Thüringer Lotteriegesetz im Jahre 1994 weiterhin wirksam sei. Mehrere wegen des Verdachts der Veranstaltung eines ungenehmigten Glücksspiels durchgeführte Ermittlungsverfahren sind eingestellt worden.
Der beklagte F. veranstaltet seit 1999 durch die Staatliche Lotterieverwaltung, eine staatliche Einrichtung ohne eigene Rechtspersönlichkeit im Geschäftsbereich des Finanzministeriums, als Mitglied des Deutschen Lotto- und Totoblocks (im weiteren: Lottoblock) ebenfalls Sportwetten. Er ist Inhaber der aufgrund Anmeldung vom 7. August 1998 am 6. November 1998 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingetragenen Wort-/Bildmarke mit dem Wortbestandteil "ODDSET DIE SPORTWETTE" sowie der am 27. März 2000 eingetragenen Wortmarke "ODDSET". Er bietet unter der auch von den anderen dem Lottoblock angehörenden Unternehmen genutzten Bezeichnung "ODDSET Die Sportwette" in B. Sportwetten zu festen Gewinnquoten an. Diese Art von Wetten hat in England und Skandinavien, wo sie als "Oddset" bezeichnet werden, eine lange Tradition. Seit 1990 wird sie zunehmend auch in der Bundesrepublik Deutschland angeboten. Bei der 1999 erfolgten Änderung des Rennwett- und Lotterierechts haben der Bundesgesetzgeber und mehrere Landesgesetzgeber den Begriff "Oddset" als Synonym für Sportwetten mit festen Gewinnquoten verwendet.
Im Februar 2000 warb der Beklagte für die von ihm angebotenen Sportwetten im Fernsehen mit dem Slogan
"Oddset, die Sportwette mit festen Quoten, nur bei Lotto!".

Die Klägerin hat diese Werbung als irreführend beanstandet. Der Beklagte spiegele mit ihr wahrheitswidrig vor, daß Sportwetten mit festen Gewinnquoten allein von den Lotto-Unternehmen angeboten würden. Bei dem Begriff "Oddset" handele es sich zudem ausweislich der Begründungen des Bundesgesetzgebers und der Landesgesetzgeber für die Änderung des Rennwett- und Lotterierechts um ein für Sportwetten allgemein gebräuchliches Synonym.
Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Unterlassung des beanstandeten Werbeslogans, Auskunftserteilung und Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch.
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Er hat geltend gemacht, mit der beanstandeten Werbung werde lediglich behauptet, daß die unter der inzwischen bekannten Marke "Oddset" angebotenen Wetten nur von den staatlichen Lotterieunternehmen veranstaltet würden. Der verständige und durchschnittlich informierte Verbraucher wisse, daß Sportwetten mit festen Gewinnquoten nicht nur von den staatlichen Lotterieunternehmen, sondern auch von anderen Unternehmen angeboten würden. Die Verwendung des Begriffs in dem am 1. April 2000 in Kraft getretenen Gesetz zur Änderu ng des Rennwett- und Lotteriegesetzes sei insoweit nicht aussagekräftig.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben.
Mit der Berufung hat der Beklagte des weiteren geltend gemacht, daß die Klägerin über keine, zumindest aber über keine für B. geltende Genehmigung für die Veranstaltung von Sportwetten verfüge.
Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen.

Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageansprüche weiter. Der Beklagte beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat die Klägerin als aus § 3 UWG a.F. aktivlegitimiert angesehen, aber gemeint, diese habe den ihr obliegenden Nachweis für die behauptete Irreführung nicht erbracht. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Der Umstand, daß die Klägerin von ihrem Geschäftssitz in G. aus tätig werde und die Tätigkeit des Beklagten sich auf B. beschränke, stehe der Annahme eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses nicht entgegen, weil die beanstandete Werbung des Beklagten bundesweit ausgestrahlt und damit nicht nur für dessen Wettangebot, sondern auch für die Leistungen der weiteren im Lottoblock zusammengeschlossenen Länder geworben worden sei. Ungeachtet des vom Bundesverwaltungsgericht bestätigten gesetzlichen Monopols des Beklagten für das Veranstalten von Sportwetten in B. könne im übrigen jedermann mit der Klägerin entsprechende Wettverträge schriftlich, telefonisch oder per Telefax abschließen. Die Klägerin wäre zwar dann nicht aktivlegitimiert , wenn ihr Verhalten den Straftatbestand des unerlaubten Veranstaltens von Glücksspielen erfüllte. Sie könne sich insoweit jedoch auf die ihr erteilte und von den Verwaltungsgerichten auch weiterhin als ausreichende Grundlage für ihre Tätigkeit angesehene Gewerbeerlaubnis stützen.
Die Klägerin habe aber nicht nachgewiesen, daß ein relevanter Teil der zumindest als potentielle Teilnehmer derartiger Sportwetten in Betracht kom-
menden Personen die Werbeaussage dahin verstehe, daß Sportwetten mit festen Quoten nur von den Lotto-Unternehmen angeboten würden.
Verstehe der Verkehr – wie die Mitglieder des Senats - den Begriff "Oddset" nicht als Synonym für Sportwetten mit festen Quoten, sondern als Bezeichnung der von den Lotto-Unternehmen angebotenen Wette, rechtfertige auch die Verwendung des bestimmten Artikels "die Sportwette mit festen Quoten, nur bei Lotto!" nicht die Annahme, der angesprochene Verkehr werde meinen, daß es Sportwetten mit festen Gewinnquoten nur bei Lotto gebe. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch und dem Wortsinn beschreibe dieser Zusatz den vorangestellten Begriff "Oddset". Der Umstand, daß die staatlichen LotterieUnternehmen ein weitgehendes Monopol für das Veranstalten von Glücksspielen besäßen, lege das von der Klägerin behauptete Verständnis ebenfalls nicht ohne weiteres nahe. Auch wenn man davon ausgehe, daß die Werbung dennoch von einem nicht völlig unerheblichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise anders verstanden werden könne, habe kein Anlaß bestanden, zu der Frage der Irreführungsgefahr von Amts wegen ein demoskopisches Gutachten einzuholen.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Klägerin hat Erfolg. Sie führt zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Das Berufungsgericht hat zwar zutreffend die Aktivlegitimation der Klägerin bejaht (zu nachstehend 1.). Zu Unrecht hat es aber gemeint, daß von einer Irreführung i.S. der §§ 3 Satz 1, 5 Abs. 1 UWG nicht ausgegangen werden könne (zu nachstehend 2.).
1. Das Berufungsgericht hat die Klägerin mit Recht als klagebefugt und aktivlegitimiert angesehen (§ 3 UWG a.F., § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG). Zwischen
den Parteien besteht ein konkretes Wettbewerbsverhältnis. Beide bieten Sportwetten an.
Der Klägerin fehlt die Klagebefugnis auch nicht deshalb, weil, wie der Beklagte geltend macht, deren Betätigung als Sportwettunternehmen als verboten anzusehen wäre. Hierbei kann die Frage unentschieden bleiben, ob es für die Klagebefugnis eines Mitbewerbers grundsätzlich von Bedeutung ist, daß sich seine gewerbliche Betätigung als erlaubt darstellt (vgl. dazu OLG Hamburg WRP 1957, 80; 1982, 533 f.; OLG Bremen GRUR 1988, 137, 138; Melullis, Handbuch des Wettbewerbsprozesses, 3. Aufl., Rdn. 364; Pastor/Ahrens/ Jestaedt, Der Wettbewerbsprozeß, 4. Aufl., Kap. 23 Rdn. 16; Baumbach/Hefermehl , Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., Einl. UWG Rdn. 324 und § 13 UWG a.F. Rdn. 12). Im Streitfall ist vielmehr entscheidend, daß sich die Klägerin für ihre Betätigung als Sportwettunternehmen auf die ihr am 14. September 1990 erteilte Gewerbeerlaubnis stützen kann, wobei Gründe für deren Nichtigkeit sowie dafür, daß sie nicht fortgilt, von den für die Klägerin örtlich zuständigen Verwaltungsgerichten in Thüringen (VG Gera, Beschl. v. 13.1.1997 - 1 E 1274/96 GE; Thüringer OVG GewArch 2000, 118, 119 ff.) ausdrücklich verneint worden sind (vgl. OLG Nürnberg OLG-Rep 2001, 154; vgl. auch BGH, Urt. v. 11.10.2001 - I ZR 172/99, GRUR 2002, 269, 270 = WRP 2002, 323 - Sportwetten-Genehmigung ).
2. Das Berufungsgericht hat, soweit es die mit der Klage beanstandete Werbung der Beklagten als nicht nachweislich irreführend i.S. des § 3 Satz 1 UWG a.F. (nunmehr: §§ 3, 5 Abs. 1 UWG) beurteilt hat, verkannt, daß es nach der Lebenserfahrung nicht darauf ankommt, ob den angesprochenen Verkehrskreisen oder immerhin erheblichen Teilen von ihnen (vgl. dazu BGH, Urt. v. 2.10.2003 - I ZR 252/01, GRUR 2004, 162, 163 = WRP 2004, 225 - Mindestverzinsung ) geläufig ist, daß "Oddset" als Bezeichnung für Sportwetten oder für
Sportwetten mit festen Gewinnquoten anzusehen ist. Entscheidend ist vielmehr, daß sich bei der angegriffenen Werbebehauptung nicht erkennen läßt, daß es sich bei "Oddset" um eine Marke des Beklagten handelt, deren Verwendung allein diesem vorbehalten ist.
Der Verbraucher entnimmt der angegriffenen Werbung, daß es sich bei der "Oddset" genannten Wette um eine Sportwette mit festen Gewinnquoten handelt. Sie vermittelt dem Verbraucher darüber hinaus den Eindruck, daß diese Sportwette allein von den dem Lottoblock angehörenden Unternehmen angeboten wird. Das trifft unstreitig nicht zu. Auch andere Veranstalter bieten Sportwetten mit festen Gewinnquoten an.
Ein davon abweichendes Verständnis des Begriffs "Oddset" dahin, daß es sich dabei um einen vom Beklagten mehr oder weniger frei gewählten (Phantasie-)Namen handele, der auf eine bestimmte Art von Sportwetten hinweise , die beim Beklagten bzw. dem Deutschen Lotto- und Totoblock nur entsprechend bezeichnet werde, liegt nach dem Gesamtzusammenhang, in dem der Begriff in der angegriffenen Werbung steht, gerade auch für diejenigen Verbraucher fern, die ihn bislang nicht gekannt und mit ihm daher auch keine konkreten Vorstellungen verbunden haben. Auch bei denjenigen Adressaten der Werbung, die kein spezielles Vorverständnis des Begriffs "Oddset" besitzen, entsteht, da der das schlagwortartig "Oddset" benannte Angebot der Beklagten beschreibende Teilsatz der Werbeaussage mit dem bestimmten Artikel "die" eingeleitet und sodann darauf hingewiesen wird, daß allein der Lottoblock das Produkt anbiete, der Eindruck, daß allein der Lottoblock solche Wetten anbiete. Für den Werbeadressaten liegt die Annahme fern, die Alleinstellungsbehauptung des Beklagten beziehe sich lediglich auf die Bezeichnung "Oddset" als eine Marke der Beklagten. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht bei der wettbewerbsrechtlichen Beurteilung zudem außer Betracht gelassen, daß die staat-
lichen Lotterieunternehmen auf dem Gebiet des Veranstaltens von Glücksspielen ein gewachsenes weitgehendes Monopol besitzen. Der mit der beanstandeten Werbeaussage angesprochene Verkehr wird auch deshalb zu der - nicht zutreffenden - Auffassung gelangen, allein die staatlichen Lotterieunternehmen böten Sportwetten mit festen Gewinnquoten an.
3. Im Hinblick darauf, daß der Beklagte von den die Wettbewerbswidrigkeit seiner Werbung begründenden Umständen nach dem vorstehend Ausgeführten zumindest hätte Kenntnis haben müssen, ist er der Klägerin gegenüber außer zur Unterlassung auch zum Schadensersatz verpflichtet (§§ 3, 13 Abs. 6 Nr. 1 UWG a.F. und nunmehr §§ 3, 5 Abs. 1, § 9 Abs. 1 UWG). Da der Eintritt eines Schadens bei der Klägerin zudem als hinreichend wahrscheinlich erscheint , ist deren Feststellungsantrag ebenfalls begründet (vgl. BGH, Urt. v. 20.12.2001 - I ZR 215/98, GRUR 2002, 715, 717 = WRP 2002, 977 - ScannerWerbung , m.w.N.).
Die Klägerin kann schließlich auch die von ihr begehrten Auskünfte über die Art und den Umfang der vom Beklagten durchgeführten unzulässigen Werbemaßnahmen verlangen; denn sie benötigt diese Auskünfte, um den ihr dadurch möglicherweise entstandenen Schaden ermitteln und geltend machen zu können (§ 242 BGB).
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Ullmann v. Ungern-Sternberg Pokrant
Büscher Schaffert

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.

(2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind verboten.

(3) Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig. Maßnahmen nach den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden.

(1) Wer eine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, kann auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht bereits dann, wenn eine derartige Zuwiderhandlung gegen § 3 oder § 7 droht.

(2) Werden die Zuwiderhandlungen in einem Unternehmen von einem Mitarbeiter oder Beauftragten begangen, so sind der Unterlassungsanspruch und der Beseitigungsanspruch auch gegen den Inhaber des Unternehmens begründet.

(3) Die Ansprüche aus Absatz 1 stehen zu:

1.
jedem Mitbewerber, der Waren oder Dienstleistungen in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich vertreibt oder nachfragt,
2.
denjenigen rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen, die in der Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände nach § 8b eingetragen sind, soweit ihnen eine erhebliche Zahl von Unternehmern angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben, und die Zuwiderhandlung die Interessen ihrer Mitglieder berührt,
3.
den qualifizierten Einrichtungen, die in der Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 des Unterlassungsklagengesetzes eingetragen sind, oder den qualifizierten Einrichtungen aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die in dem Verzeichnis der Europäischen Kommission nach Artikel 4 Absatz 3 der Richtlinie 2009/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen (ABl. L 110 vom 1.5.2009, S. 30), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2018/302 (ABl. L 60I vom 2.3.2018, S. 1) geändert worden ist, eingetragen sind,
4.
den Industrie- und Handelskammern, den nach der Handwerksordnung errichteten Organisationen und anderen berufsständischen Körperschaften des öffentlichen Rechts im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben sowie den Gewerkschaften im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben bei der Vertretung selbstständiger beruflicher Interessen.

(4) Stellen nach Absatz 3 Nummer 2 und 3 können die Ansprüche nicht geltend machen, solange ihre Eintragung ruht.

(5) § 13 des Unterlassungsklagengesetzes ist entsprechend anzuwenden; in § 13 Absatz 1 und 3 Satz 2 des Unterlassungsklagengesetzes treten an die Stelle der dort aufgeführten Ansprüche nach dem Unterlassungsklagengesetz die Ansprüche nach dieser Vorschrift. Im Übrigen findet das Unterlassungsklagengesetz keine Anwendung, es sei denn, es liegt ein Fall des § 4e des Unterlassungsklagengesetzes vor.

(1) Wer ohne behördliche Erlaubnis öffentlich ein Glücksspiel veranstaltet oder hält oder die Einrichtungen hierzu bereitstellt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Als öffentlich veranstaltet gelten auch Glücksspiele in Vereinen oder geschlossenen Gesellschaften, in denen Glücksspiele gewohnheitsmäßig veranstaltet werden.

(3) Wer in den Fällen des Absatzes 1

1.
gewerbsmäßig oder
2.
als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat,
wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(4) Wer für ein öffentliches Glücksspiel (Absätze 1 und 2) wirbt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

47
c) Auch die Beklagten zu 2 und 3 sind zur Unterlassung verpflichtet. Als Geschäftsführern der Beklagten zu 1 ist ihnen deren wettbewerbswidriges Verhalten zuzurechnen, weil sie dieses wenn nicht selbst veranlasst, so doch zumindest gekannt haben und hätten verhindern können (vgl. BGH, Urt. v. 26.9.1985 – I ZR 86/83, GRUR 1986, 248, 250 f. – Sporthosen). Die für den Unterlassungsanspruch erforderliche und wegen der begangenen Rechtsverletzung zu vermutende Wiederholungsgefahr ist nicht dadurch entfallen, dass die Beklagten zu 2 und 3 nicht mehr Geschäftsführer der Beklagten zu 1 sind. Es ist nicht auszuschließen, dass sie das Geschäftsmodell so oder im Kern in gleicher Weise als Einzelkaufleute oder als Verantwortliche eines anderen Unternehmens weiter betreiben oder wieder aufnehmen werden (vgl. BGH, Urt. v. 3.6.1976 – X ZR 57/73, GRUR 1976, 579, 582 f. – Tylosin).

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.