Bundesgerichtshof Urteil, 12. Dez. 2019 - I ZR 21/19

bei uns veröffentlicht am12.12.2019
vorgehend
Landgericht Köln, 84 O 98/17, 14.03.2018
Oberlandesgericht Köln, 6 U 61/18, 18.01.2019

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 21/19 Verkündet am:
12. Dezember 2019
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Culatello di Parma
Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. b; Abs. 3

a) Die Frage, ob gegen die Verwendung einer geschützten Ursprungsbezeichnung
für die Vermarktung eines Erzeugnisses ein Unterlassungsanspruch
besteht, ist nach dem Recht des jeweiligen Mitgliedstaats zu beurteilen
, in dem das Erzeugnis vermarktet wird (Art. 13 Abs. 3 der Verordnung
(EU) Nr. 1151/2012).

b) Bereits der Umstand, dass eine nach dem Muster "Ware aus Ort" gebildete
Bezeichnung (hier: "Culatello di Parma") in der Ortsangabe (hier: "di Parma"
) mit einer nach demselben Muster gebildeten geschützten Ursprungsbezeichnung
(hier: "Prosciutto di Parma") übereinstimmt, kann eine Anspielung
im Sinne von Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. b der Verordnung
(EU) Nr. 1151/2012 begründen.
BGH, Urteil vom 12. Dezember 2019 - I ZR 21/19 - OLG Köln
LG Köln
ECLI:DE:BGH:2019:121219UIZR21.19.0

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 12. Dezember 2019 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Koch, die Richter Prof. Dr. Schaffert, Prof. Dr. Kirchhoff, Dr. Löffler und die Richterin Dr. Schwonke
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 18. Januar 2019 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin ist eine Vereinigung im Sinne von Art. 3 Nr. 2, Art. 45 der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 über Qualitätsregelungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel (GrundVO), in der sich Erzeuger zusammengeschlossen haben , um die Herstellung und Vermarktung des unter der geschützten Ursprungsbezeichnung (g.U.) "Prosciutto di Parma" vertriebenen Schinkens zu überwachen und diese unter anderem gegen widerrechtliche Verwendungen gemäß Art. 13 GrundVO zu verteidigen. Die der Produktspezifikation entsprechende Etikettierungsanweisung wird im Handel unter anderem wie folgt umgesetzt :
2
So gekennzeichnete vorverpackte Ware in Scheiben wird in erheblichem Umfang nach Deutschland exportiert. In den Jahren 2013 bis 2015 wurden jährlich mehr als 70 Millionen Packungen unter der Bezeichnung "Prosciutto di Parma" in Deutschland abgesetzt; allein im Jahr 2015 betrug der Werbeauf- wand dafür ca. 900.000 €.
3
Die Beklagte ist ein in der italienischen Provinz Parma ansässiger Hersteller von Fleischprodukten, der in Scheiben geschnittenen Rohschinken unter der Bezeichnung "Culatello di Parma" in Deutschland in folgender Aufmachung vertreibt:
4
Dabei ist das Frontetikett der überwiegend durchsichtigen Plastikverpackung als schmaler rechteckiger schwarzer Streifen gestaltet, auf der die Produktbezeichnung nebst näherer Beschreibung des Produkts in weißer Schrift, eine italienische Flagge sowie eine Landkarte Italiens in grüner Grundfarbe , auf der die Region Emilia Romagna weiß hervorgehoben ist, zu erkennen sind.
5
Die Klägerin hat eingeräumt, dass ein "Culatello" unter der Bezeichnung "Culatello di Parma" auch von Betrieben vertrieben oder jedenfalls beworben wurde, die ihrem Präsidenten und ihrem Vizepräsidenten gehören. Eine weitere Verwendung der Bezeichnung "Culatello di Parma" hat sie bestritten.
6
Nach Ansicht der Klägerin stellt die Verwendung der Produktbezeichnung "Culatello di Parma" eine widerrechtliche Anspielung auf die g.U. "Prosciutto di Parma" dar. Sie hat beantragt, die Beklagte unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu verurteilen , es zu unterlassen, in der Bundesrepublik Deutschland Fleischerzeugnisse unter der Bezeichnung "Culatello di Parma" anzubieten, zu bewerben, in Verkehr zu bringen und/oder einzuführen, wenn dies nicht unter Einhaltung der geltenden Produktspezifikation der geschützten Ursprungsbezeichnung "Prosciutto di Parma" erfolgt, wenn dies geschieht wie nachfolgend abgebildet: [Es folgen die oben Rn. 3 wiedergegebenen Abbildungen.]
7
Darüber hinaus hat sie die Beklagte auf Auskunft über entsprechende Handlungen in Anspruch genommen.
8
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben (OLG Köln, GRUR-RR 2019, 251 = WRP 2019, 362).
9
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe:

10
A. Das Berufungsgericht hat die Klage als zulässig und begründet angesehen. Zur Begründung hat es ausgeführt:
11
Die Nutzung der Bezeichnung "Culatello di Parma " stelle eine unzulässige Anspielung auf "Prosciutto di Parma" dar. Der Unterlassungsanspruch ergebe sich aus Art. 13 Abs. 1 Buchst. b GrundVO in Verbindung mit § 135 Abs. 1 MarkenG, § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG. Die g.U. sei nach Art. 13 Abs. 1 GrundVO nicht nur gegen eine Verwendung der vollständigen Angabe, sondern auch gegen eine Verwendung einzelner ihrer Bestandteile und insbesondere derjenigen Elemente geschützt, die auf die geografische Herkunft der Ware hindeuteten, hier also "di Parma". Bei der Beurteilung, ob eine unzulässige Anspielung vorliege , komme es auf die Verkehrsauffassung des europäischen Verbrauchers an und nicht allein auf die Verbraucher des Mitgliedstaats, in dem das Erzeugnis hergestellt werde. Zu den danach relevanten Verkehrskreisen zählten auch die Mitglieder des Senats des Berufungsgerichts. Eine Anspielung ergebe sich insbesondere daraus, dass die angegriffene Bezeichnung "Culatello di Parma" in den letzten zwei von jeweils drei Wörtern mit der Ursprungsbezeichnung übereinstimme. Hinzu kämen eine hohe visuelle und eine gewisse phonetische Ähnlichkeit der gegenüberstehenden Bezeichnungen. Ferner seien auch die in Bezug genommenen Produkte einander in hohem Maße ähnlich.
12
Zu keinem anderen Ergebnis führe der Vortrag der Beklagten, aufgrund der bereits jahrhundertelangen Kenntnis von der Schinkengattung "Culatello", die auch unter der Bezeichnung "Culatello di Parma" vermarktet worden sei, liege keine Anspielung vor. Dabei sei davon auszugehen, dass die Bezeichnung "Culatello di Parma" im Ursprungsland Italien gebräuchlich sei und daher auch eine gewisse Bekanntheit genieße. Dies schließe aber nicht aus, dass der maßgebliche europäische Verbraucher eine gedankliche Verbindung zwischen den Produkten herstelle. Es sei auch nicht hinreichend dargelegt, dass der durchschnittliche europäische Verbraucher Kenntnis von den traditionsbedingten Unterschieden der Schinkensorten habe. Die Darlegungen der Beklagten bezögen sich im Wesentlichen auf Verbraucher in Italien. Schließlich bestünden auch objektive Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte bewusst auf das Produkt der Klägerin anspiele. Trotz einiger Unterschiede sei von einer erkennbaren Anlehnung an den Eindruck der Verpackung des von der Klägerin hergestellten Schinkens auszugehen, die bei vergleichbaren Produkten auf dem deutschen Markt so nicht festzustellen sei. Im Rahmen einer Gesamtwürdigung wirkten die Teilübernahme der Bezeichnung, die Produktähnlichkeit sowie der visuelle Dreiklang besonders schwer zu Lasten der Beklagten. Die geringere phonetische Ähnlichkeit, soweit diese selbständig neben der visuellen Ähnlichkeit beurteilt werden könne, und die objektiven Anhaltspunkte für eine bewusste Anspielung durch die Beklagte wirkten in dieselbe Richtung.
13
Gegen die angenommene Weite des Schutzbereichs von Art. 13 Abs. 1 Buchst. b GrundVO könne die Beklagte nicht einwenden, dass es eine geschützte geografische Angabe "Coppa di Parma" gebe. Kennzeichnungspflichten aus Art. 17 und Art. 26 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 1169/2011 könne die Beklagte durch die ihr erlaubte isolierte Verwendung der Bezeichnung "Culatello" erfüllen. Der Verweis der Beklagten auf italienische höchstgerichtliche Rechtsprechung sei nicht geeignet, diese rechtliche Würdigung zu erschüttern. Diese Rechtsprechung befasse sich nicht mit der Auslegung von Art. 13 GrundVO oder deren Vorgängervorschriften.
14
Das Vorgehen der Klägerin sei schließlich nicht rechtsmissbräuchlich. Auch wenn die Unternehmen des Präsidenten und des Vizepräsidenten der Klägerin früher Produkte unter der Bezeichnung "Culatello di Parma" vertrieben hätten, sei dieser Vertrieb eingestellt und weigere sich allein die Beklagte nach entsprechender Ansprache durch die Klägerin, von der weiteren Vermarktung des Produkts abzusehen.
15
Der Auskunftsanspruch folge dem Unterlassungsanspruch.
16
B. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Beklagten bleibt ohne Erfolg. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die beanstandete Nutzung der Bezeichnung "Culatello di Parma" eine unzulässige Anspielung auf die für die Klägerin geschützte Bezeichnung "Prosciutto di Parma" darstellt.
17
I. Die Klage ist zulässig, insbesondere liegt die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte vor.
18
1. Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte, die auch unter Geltung des § 545 Abs. 2 ZPO in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfen ist, folgt im Streitfall aus Art. 7 Nr. 2 Brüssel-Ia-VO. Danach kann eine Person , die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, in einem anderen Mitgliedstaat vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht, verklagt werden, wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden.
19
Die Beklagte hat ihren satzungsmäßigen Sitz, der für die Anwendung der Verordnung gemäß Art. 63 Abs. 1 Buchst. a Brüssel-Ia-VO ihrem Wohnsitz entspricht , im Mitgliedstaat Italien. Unerlaubte Handlungen im Sinne von Art. 7 Nr. 2 Brüssel-Ia-VO sind auch Verletzungen einer g.U. gemäß der Grundverordnung.
20
Die Wendung "Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht" meint sowohl den Ort der Verwirklichung des Schadenserfolgs als auch den Ort des für den Schaden ursächlichen Geschehens, so dass der Beklagte nach Wahl des Klägers vor dem Gericht eines dieser beiden Orte verklagt werden kann. Dabei kommt es nur darauf an, ob der Kläger schlüssig vorgetragen hat, im Inland sei ein schädigendes Ereignis eingetreten (vgl. BGH, Urteil vom 15. Februar 2018 - I ZR 138/16, GRUR 2018, 924 Rn. 12 bis 18 = WRP 2018, 1074 - ORTLIEB I, mwN). Bei der behaupteten Verletzung einer g.U. liegt der Ort der Verwirklichung des Schadenserfolgs der unerlaubten Handlung in dem Mitgliedstaat, in dem die angegriffenen Verletzungshandlungen erfolgt sind (hier: Anbieten, Bewerben usw.). Die Klage ist nach dem Antrag auf Handlungen in Deutschland beschränkt.
21
2. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ergibt sich ferner aus Art. 26 Brüssel-Ia-VO, weil sich die Beklagte auf das Verfahren vor den deutschen Gerichten eingelassen hat, ohne deren fehlende internationale Zuständigkeit zu rügen.
22
II. Die Klage ist begründet.
23
1. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass sich der Schutzumfang der eingetragenen Ursprungsbezeichnung"Prosciutto di Parma" nach Art. 13 Abs. 1 GrundVO richtet und eine widerrechtliche Verwendung der geschützten Ursprungsbezeichnung einen Unterlassungsanspruch aus § 135 Abs. 1 Satz 1 MarkenG sowie einen Auskunftsanspruch aus § 135 Abs. 1 Satz 3 in Verbindung mit § 19 MarkenG begründet, zu dessen Geltendmachung die Klägerin gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG befugt ist.
24
Die Grundverordnung regelt die Rechtsfolgen einer widerrechtlichen Verwendung einer geschützten Ursprungsbezeichnung nicht selbst. Sie bestimmt vielmehr in Art. 13 Abs. 3 GrundVO, dass die Mitgliedstaaten die angemessenen administrativen und rechtlichen Schritte unternehmen, um die widerrechtliche Verwendung von geschützten Ursprungsbezeichnungen für Erzeugnisse zu vermeiden oder zu beenden, die im jeweiligen Mitgliedstaat erzeugt oder vermarktet werden.
25
Wird die Unterlassung der Verwendung einer geschützten Ursprungsbezeichnung bei der Vermarktung eines Erzeugnisses beansprucht, ist die Frage, inwieweit ein solcher Unterlassungsanspruch besteht, daher nach dem Recht des jeweiligen Mitgliedstaats zu beurteilen, in dem das Erzeugnis vermarktet wird. Im Streitfall möchte die Klägerin der Beklagten die Verwendung der Bezeichnung "Culatello di Parma" für Fleischprodukte untersagen lassen, weil sie darin eine widerrechtliche Anspielung auf die geschützte Ursprungsbezeichnung "Prosciutto di Parma" sieht. Dabei beansprucht sie mit ihrem Unterlassungsantrag das Verbot der Vermarktung von Fleischerzeugnissen allein in Deutschland. Danach richtet sich die Frage, inwieweit ein solcher Unterlassungsanspruch besteht und ob die Klägerin zur Geltendmachung eines solchen Anspruchs berechtigt ist, nach deutschem Recht. Eine Anwendung italienischen Rechts kommt im Streitfall nicht in Betracht.
26
Wer im geschäftlichen Verkehr Handlungen vornimmt, die gegen Art. 13 GrundVO verstoßen, kann gemäß § 135 Abs. 1 Satz 1 MarkenG von den nach § 8 Abs. 3 UWG zur Geltendmachung von Ansprüchen Berechtigten bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Die Klägerin ist als rechtsfähiger Verband zur Förderung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG berechtigt, einen Unterlassungsanspruch geltend zu machen. Sie kann von der Beklagten im Falle eines Verstoßes gegen Art. 13 GrundVO gemäß § 135 Abs. 1 Satz 3 MarkenG in Verbindung mit der entsprechend anwendbaren Bestimmung des § 19 MarkenG Auskunftserteilung verlangen.
27
2. Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, die Beklagte habe gegen Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. b GrundVO verstoßen, indem sie Rohschinken unter der Bezeichnung "Culatello di Parma" in Deutschland vermarktet hat.
28
a) Nach Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchstabe b GrundVO werden eingetragene Namen, das sind Ursprungsbezeichnungen und geografische Angaben im Sinne der Verordnung (vgl. Art. 5 Abs. 1 und 2 GrundVO), unter anderem gegen jede widerrechtliche Anspielung geschützt, selbst wenn der tatsächliche Ursprung des Erzeugnisses oder der Dienstleistung angegeben ist.
29
b) Für die Beurteilung, ob eine widerrechtliche Anspielung auf eine geschützte Ursprungsbezeichnung vorliegt, gelten nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union folgende Grundsätze:
30
aa) Für die Bestimmung des Begriffs "Anspielung" im Sinne von Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. b GrundVO maßgebendes Kriterium ist, ob der Verbraucher durch eine streitige Bezeichnung veranlasst wird, einen unmittelbaren gedanklichen Bezug zu der Ware herzustellen, die die g.U, oder die geschützte geografische Angabe trägt (EuGH, Urteil vom 7. Juni 2018 - C-44/17, GRUR 2018, 843 Rn. 51, 56 = WRP 2018, 813 - Glen Buchenbach; Urteil vom 2. Mai 2019 - C-614/17, GRUR 2019, 737 Rn. 20, 45 = WRP 2019, 870 - Queso Manchego). Hingegen genügt es für eine "Anspielung" im Sinne von Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. b GrundVO nicht, wenn der streitige Bestandteil des fraglichen Zeichens bei den angesprochenen Verkehrskreisen eine irgendwie geartete Assoziation mit der g.U. oder der geschützten geografischen Angabe oder dem zugehörigen geografischen Gebiet hervorruft, weil dadurch kein hinreichend unmittelbarer und eindeutiger Zusammenhang zwischen dem streitigen Bestandteil und der g.U. oder der geschützten geografischen Angabe hergestellt wird (EuGH, GRUR 2018, 843 Rn. 53 - Glen Buchenbach).
31
Die Anspielung auf eine eingetragene Bezeichnung kann auch durch den Gebrauch von Bildzeichen erfolgen (EuGH, GRUR 2019, 737 Rn. 32 - Queso Manchego). Bei der Beurteilung, ob eine Anspielung vorliegt, sind sämtliche Bild- und Wortzeichen, die auf den in Rede stehenden Erzeugnissen abgebildet sind, zusammen zu berücksichtigen, um eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen , in der allen Gesichtspunkten, die ein Anspielpotenzial haben, Rechnung getragen wird (EuGH, GRUR 2019, 737 Rn. 42 - Queso Manchego).
32
Der Begriff "Anspielung" erfasst danach eine Fallgestaltung, in der der zur Bezeichnung eines Erzeugnisses verwendete Ausdruck einen Teil einer geschützten geografischen Angabe in der Weise einschließt, dass der Verbraucher durch den Namen des fraglichen Erzeugnisses veranlasst wird, gedanklich einen Bezug zu der Ware herzustellen, die die geschützte geografische Angabe trägt (EuGH, Urteil vom 21. Januar 2016 - C-75/15, GRUR 2016, 388 Rn. 21, 22 - Verlados; EuGH, GRUR 2018, 843 Rn. 44 bis 46 - Glen Buchenbach; GRUR 2019, 737 Rn. 19 - Queso Manchego).
33
Ferner kann bei Erzeugnissen, die ähnlich aussehen, davon ausgegangen werden, dass eine Anspielung auf eine geschützte geografische Angabe vorliegt, wenn die Verkaufsbezeichnungen eine klangliche und visuelle Ähnlichkeit aufweisen. Die Feststellung einer solchen Ähnlichkeit der streitigen Bezeichnung mit der geschützten geografischen Angabe stellt jedoch keine zwingende Voraussetzung für eine "Anspielung" im Sinne von Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. b der GrundVO dar. Sie ist nämlich nur eines der Kriterien, die das nationale Gericht zu berücksichtigen hat, wenn es beurteilt, ob der Ver- braucher durch den Namen des betreffenden Erzeugnisses veranlasst wird, gedanklich einen Bezug zu der Ware herzustellen, die die geschützte geografische Angabe trägt. Folglich ist nicht auszuschließen, dass eine Einstufung als "Anspielung" auch dann möglich ist, wenn keine solche Ähnlichkeit besteht (EuGH, GRUR 2018, 843 Rn. 48, 49 - Glen Buchenbach). Es sind auch etwaige Umstände zu berücksichtigen, die möglicherweise darauf hinweisen, dass die visuelle und klangliche Ähnlichkeit zwischen den beiden Bezeichnungen nicht auf Zufall beruht (EuGH, GRUR 2016, 388 Rn. 35 - Verlados).
34
Eine "Anspielung" kann nach dem Wortlaut des Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. b GrundVO selbst dann vorliegen, wenn der wahre Ursprung des Erzeugnisses angegeben ist (vgl. EuGH, GRUR 2018, 843 Rn. 57 - Glen Buchenbach

).

35
Eine Anspielung kann ferner dann vorliegen, wenn die streitige Bezeichnung , die auf das geografische Gebiet anspielt, mit dem eine Ursprungsbezeichnung oder eine geografische Angabe verbunden ist, von einem in diesem Gebiet ansässigen Erzeuger verwendet wird, dessen Erzeugnisse den von dieser Ursprungsbezeichnung oder geografischen Angabe geschützten Erzeugnissen ähnlich oder mit ihnen vergleichbar sind, aber nicht von dieser erfasst werden (vgl. EuGH, GRUR 2019, 737 Rn. 34 bis 36 und 43 - Queso Manchego).
36
bb) Für die Beurteilung, ob eine Anspielung im Sinne des Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. a GrundVO vorliegt, kommt es auf die Wahrnehmung eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers an, wobei dieser Begriff dahin zu verstehen ist, dass er auf einen europäischen Verbraucher und nicht nur auf einen Verbraucher des Mitgliedstaats abstellt, in dem das Erzeugnis hergestellt wird, das zu der Anspielung auf die geschützte geografische Angabe führt (EuGH, GRUR 2016, 388 Rn. 25 und 28 - Verlados; GRUR 2018, 843 Rn. 47 - Glen Buchenbach).
Zwar verlangt der effektive und einheitliche Schutz der eingetragenen Bezeichnungen , Umstände nicht zu berücksichtigen, die das Vorliegen einer Anspielung nur für die Verbraucher eines Mitgliedstaats ausschließen können. Das besagt jedoch nicht, dass eine lediglich in Bezug auf die Verbraucher eines Mitgliedstaats festgestellte Anspielung unzureichend ist, um den von Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. b GrundVO vorgesehenen Schutz auszulösen (EuGH, GRUR 2019, 737 Rn. 48 - Queso Manchego). Der Begriff des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers, auf dessen Wahrnehmung bei der Beurteilung abzustellen ist, ob eine "Anspielung" gemäß Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. b GrundVO vorliegt, ist dahin aufzufassen , dass er auf die europäischen Verbraucher einschließlich der Verbraucher des Mitgliedstaats Bezug nimmt, in dem das Erzeugnis hergestellt wird, das zu der Anspielung auf die geschützte geografische Bezeichnung Anlass gibt oder mit dem diese Bezeichnung geografisch verbunden ist, und in dem das Erzeugnis überwiegend konsumiert wird (EuGH, GRUR 2019, 737 Rn. 50 - Queso Manchego).
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Danach ist der Umstand, dass die streitige Bezeichnung auf einen Herstellungsort Bezug nimmt, der den Verbrauchern im Mitgliedstaat der Herstellung bekannt ist, im Rahmen der Beurteilung des Begriffs der "Anspielung" kein relevanter Gesichtspunkt, weil die Vorschrift des Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. b GrundVO die eingetragenen Ursprungsbezeichnungen und die eingetragenen geografischen Angaben im gesamten Unionsgebiet vor jeder Anspielung schützt und angesichts der Notwendigkeit, im gesamten Unionsgebiet einen effektiven und einheitlichen Schutz dieser Angaben zu gewährleisten,auf alle Verbraucher dieses Gebiets abstellt (EuGH, GRUR 2019, 737 Rn. 46 - Queso Manchego).
38
c) Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler angenommen, dass die Nutzung der Bezeichnung "Culatello di Parma" eine unzulässige Anspielung auf die geschützte Ursprungsbezeichnung "Prosciutto di Parma" darstellt.
39
aa) Das Berufungsgericht hat zur Begründung einer Anspielung ausgeführt , die angegriffene Bezeichnung "Culatello di Parma" stimme in der geografischen Herkunftsangabe "di Parma" mit der für die Klägerin geschützten Ursprungsbezeichnung "Prosciutto di Parma" überein. Dies könne bereits eine Anspielung begründen. Dabei sei hier zu berücksichtigen, dass gemäß Art. 6 Abs. 1 GrundVO Gattungsbezeichnungen wie "Prosciutto" und "Culatello" allein keinen Schutz als Ursprungsbezeichnung erlangen könnten. Die Teilübereinstimmung der Bezeichnungen betreffe also gerade die Elemente, aus denen sich die Schutzfähigkeit der Ursprungsbezeichnung ableite, was eine stärkere Gewichtung dieses Umstands rechtfertige. Die beiden Bezeichnungen wiesen ferner eine hohe visuelle Ähnlichkeit auf, da sie jeweils aus drei Wörtern bestünden , von denen das erste und dritte Wort als Hauptwörter groß, das zweite Wort demgegenüber klein geschrieben werde. Dieses mittlere Wort setze als Präposition die beiden äußeren Wörter zueinander in Beziehung, wodurch sich in beiden Fällen ein recht simpler Dreiklang in Optik und Semantik in der Form "Ware aus Ort" ergebe, der gerade wegen seiner Einfachheit einprägsam wirke. Zudem seien die durch die jeweiligen Produktbezeichnungen in Bezug genommenen Produkte einander in hohem Maße ähnlich, weil es sich in beiden Fällen um aufgeschnittene Rohschinkenscheiben aus der Hinterkeule eines Schweins handele. Diese Produkte seien damit für den Verbraucher unmittelbar substituierbar und wiesen zudem eine starke optische Ähnlichkeit in Farbe und Konsistenz auf, die durch die Verwendung einer durchsichtigen Plastikverpackung auch in der Werbung mit der Produktbezeichnung in Verbindung gebracht werde. Hinzu komme eine gewisse phonetische Ähnlichkeit der Formulierungen.
Der Umstand, dass die Bezeichnung "Culatello di Parma" eine gewisse Bekanntheit erlangt habe, führe zu keiner abweichenden Beurteilung, da dies die Herstellung einer gedanklichen Verbindung zu "Prosciutto di Parma" beim Verbraucher nicht ausschließe.
40
bb) Diese tatgerichtliche Würdigung ist vom Revisionsgericht nur eingeschränkt daraufhin zu überprüfen, ob ein zutreffender rechtlicher Maßstab zugrunde gelegt wurde, kein Verstoß gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze vorliegt und keine wesentlichen Umstände unberücksichtigt geblieben sind (BGH, Urteil vom 6. Juni 2019 - I ZR 206/17, GRUR 2019, 1071 Rn. 46 = WRP 2019, 1296 - Brötchen-Gutschein, mwN). Danach ist die tatgerichtliche Beurteilung nicht zu beanstanden. Sie ist nicht erfahrungswidrig, sondern naheliegend, und lässt auch keine entscheidungserheblichen Umstände außer Betracht.
41
cc) Für die Entscheidung des Streitfalls kommt es nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (vgl. oben Rn. 36 f.) nicht auf die Verkehrsauffassung im Herkunftsland des Produkts, also Italien, sondern auf das Verständnis des deutschen Verbrauchers als Teil der europäischen Verbraucher an. Das Berufungsgericht konnte diese Verkehrsauffassung selbst feststellen, da die Senatsmitglieder des Berufungsgerichts zu den angesprochenen europäischen Verkehrskreisen gehören.
42
dd) Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, bereits der Umstand , dass die angegriffene Bezeichnung "Culatello di Parma" in der geografischen Herkunftsangabe "di Parma" mit der für die Klägerin geschützten Ursprungsbezeichnung "Prosciutto di Parma" übereinstimme, könne eine Anspielung begründen. Entgegen der Ansicht der Revision erstreckt sich der Schutz der eingetragenen Ursprungsbezeichnung "Prosciutto di Parma" nicht nur auf die Bezeichnung in ihrer Gesamtheit, sondern auch auf ihren geografischen Bestandteil "di Parma".
43
Nach Art. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1107/96 in Verbindung mit ihrem Anhang wird die Bezeichnung "Prosciutto di Parma (g.U.)" als geschützte Ursprungsangabe eingetragen. Somit ist nach dem Wortlaut von Art. 1 die Bezeichnung "Prosciutto di Parma" als Ganzes eingetragen und infolgedessen geschützt. Der durch Art. 13 GrundVO verliehene Schutz erstreckt sich nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union mangels spezieller gegenteiliger Umstände aber nicht nur auf die zusammengesetzte Bezeichnung als solche, sondern auch auf jeden ihrer Bestandteile, sofern es sich dabei nicht um einen Gattungsbegriff oder einen üblichen Begriff handelt (EuGH, Urteil vom 9. Juni 1998 - C-129/97 und C-130/97, Slg. 1998, I-3315 = GRUR Int. 1998, 790 Rn. 37 und 39 - Chiciak und Fol; Urteil vom 4. Dezember 2019 - C-432/18 Rn. 24 und 26 - Consorzio Tutela Aceto Balsamico di Modena

).

44
Bei dem Bestandteil "di Parma" der zusammengesetzten Bezeichnung "Prosciutto di Parma" handelt es sich weder um einen Gattungsbegriff noch um einen üblichen Begriff, sondern um einen geografischen Begriff. Der der Ursprungsbezeichnung "Prosciutto di Parma" gewährte Schutz erstreckt sich daher mangels spezieller gegenteiliger Umstände nicht nur auf die Bezeichnung in ihrer Gesamtheit, sondern auch auf ihren geografischen Bestandteil "di Parma".
45
ee) Dass der normal informierte, angemessen aufmerksame und verständige deutsche Verbraucher beim Angebot von Rohschinken in Scheiben unter der Bezeichnung "Culatello di Parma" einen unmittelbaren gedanklichen Bezug zu dem seit Jahren in großem Umfang im deutschen Lebensmittelhandel abgesetzten und in Deutschland stark beworbenen "Prosciutto di Parma" herstellen wird, steht mit der Lebenserfahrung in Einklang. Ein solcher Bezug liegt bei der großen Bezeichnungs- und Produktähnlichkeit nahe.
46
ff) Die Revision zeigt keine Umstände auf, die das Berufungsgericht gleichwohl zu der Beurteilung hätten führen müssen, das Angebot von Rohschinkenscheiben in Klarsichtverpackung unter der Bezeichnung "Culatello di Parma" veranlasse den mündigen deutschen Durchschnittsverbraucher nicht dazu, einen unmittelbaren gedanklichen Bezug zu dem ihm vertrauten Produkt "Prosciutto di Parma" herzustellen. Kenntnisse hinsichtlich der Produktionsgeschichte der Schinkenspezialität "Culatello" in der Region von Parma sind, auch nach dem Vortrag der Revision, bei deutschen Verbrauchern nicht zu erwarten. Soweit inzwischen, wie durch von der Beklagten vorgelegte Internetausdrucke belegt, verschiedene Lieferanten in Deutschland "Culatello di Parma" anbieten, steht dies der Annahme einer Anspielung nicht entgegen. Selbst wenn die beanstandete Bezeichnung, was weder festgestellt noch von der Beklagten dargelegt ist, inzwischen von den deutschen Verbrauchern gewöhnlich als Bezeichnung eines von "Prosciutto di Parma" zu unterscheidenden Schinkenprodukts "Culatello" verstanden werden sollte, wäre dies kein für das Vorliegen einer Anspielung zu berücksichtigender Gesichtspunkt. Denn der Zweck des Schutzes geografischer Angaben und Ursprungsbezeichnungen, den Verbrauchern die Gewähr dafür zu bieten, dass Erzeugnisse, die mit einer solchen Angabe versehen sind, besondere Merkmale aufweisen und damit eine bestimmte Qualitätsgarantie bieten, könnte nicht erreicht werden, wenn eine g.U. allgemein für die Bezeichnung eines ihrer Spezifikation nicht entsprechenden Lebensmittels verwendet werden könnte (vgl. EuGH, Urteil vom 20. Dezember 2017 - C393 /16, GRUR 2018, 327 Rn. 47 f. - Champagner-Sorbet).
47
gg) Auf die vom Berufungsgericht erörterte und bejahte Frage, ob sich die Beklagte bewusst an die typische Gestaltung der Verpackung für "Prosciutto di Parma" angelehnt hat, kommt es danach nicht mehr an. Jedenfalls ist die Verpackung des unter der angegriffenen Bezeichnung vertriebenen Produkts nicht so gestaltet, dass sie eine Anspielung auf "Prosciutto di Parma" aus- schließt. Das Berufungsgericht konnte und musste berücksichtigen, dass die Verpackung unter durchsichtiger Folie dem Verbraucher den direkten visuellen Vergleich der jeweils angebotenen Schinkenprodukte ermöglicht.
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hh) Der Beklagten ist eine Weiterbenutzung der angegriffenen Bezeichnung parallel zu der geschützten Bezeichnung "Prosciutto di Parma" nicht deshalb zu gestatten, weil es sich bei "Culatello di Parma" um einen nicht eingetragenen , traditionellen geografischen Namen handelt. Für diesen Fall wird in der Literatur zwar eine analoge Anwendung von Art. 6 Abs. 3 GrundVO befürwortet, der unter bestimmten Voraussetzungen die Koexistenz eines später eingetragenen Namens mit einem ganz oder teilweise gleichlautenden Namen gestattet (Schoene, AuR 2019, 260, 262 ff.). Es kann dahinstehen, ob eine solche Analogie in Betracht kommen könnte. Jedenfalls fehlt es im Streitfall bereits an der Voraussetzung dafür. Nach den fehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts handelt es sich bei "Culatello di Parma" um keinen traditionellen geografischen Namen für die von der Beklagten hergestellte Schinkenspezialität.
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(1) Das Berufungsgericht hat sich mit dem Vortrag der Beklagten befasst, "Culatello" sei eine bereits seit 1322 bekannte Spezialität, jedoch angenommen, daraus ergebe sich nur eine entsprechende Bekanntheit des Gattungsbegriffs "Culatello", der jedenfalls auch auf den "Culatello" aus der Region Zibello bezogen werden könne, der als Herkunftsbezeichnung Schutz genieße. Die Revision zeigt nicht auf, dass das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang entscheidungserheblichen Vortrag der Beklagten unberücksichtigt gelassen hat.
50
(2) Das Gutachten von Prof. B. vom 7. Dezember 2008 belegt weitestgehend allein die Verwendung des Wortes "Culatello" ohne geografischen Zusatz "di Parma". Die Wortfolge "Culatello di Parma" findet sich lediglich in der Erzählung L‘Adalgisa des Autors Carlo Emilio Gadda, Adelphi, 1955, wo "culatello di Parma" in einer Aufzählung regionaler Spezialitäten neben "zampone di Modena" und "mortadella di Bologna" auf S. 221 erwähnt wird. Damit lässt sich weder allein noch unter Berücksichtigung der im Jahr 2005 möglicherweise erfolgten , einmaligen öffentlichen Benutzung des Begriffs "Culatello di Parma" durch den damaligen italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi ein Gebrauch von "Culatello di Parma" als traditioneller geografischer Name belegen. Auch in der Produktspezifikation der Klägerin wird lediglich "Culatello" ohne Zusatz "di Parma" erwähnt.
51
(3) Dahinstehen kann, ob es, wie die Beklagte behauptet, letztlich der Culatello war, der die herausragende Bedeutung und den besonderen Ruf der Stadt und der Provinz Parma in Bezug auf die Herstellung von Delikatessen aus Fleisch mitbegründete und ob erst die Erfahrungen, die man in Parma mit der Herstellung des "Culatello" gesammelt hatte, zur Entwicklung und Produktion des "Prosciutto di Parma" führten. Es geht vorliegend nicht darum, ob möglicherweise "Culatello" das ältere und dementsprechend traditionsreichere oder auch das höherwertige und deutlich teurere Produkt gegenüber "Prosciutto di Parma" ist, sondern allein darum, ob Culatello traditionell unter der Bezeichnung "Culatello di Parma" vertrieben worden ist. Das hat die Beklagte nicht darzulegen vermocht.
52
ii) Das Berufungsgericht hat ferner zu Recht angenommen, dass sich die Beklagte nicht mit Erfolg darauf berufen könne, es gebe eine geschützte geografische Angabe "Coppa di Parma". Im Gegensatz zu "Coppa di Parma" ist "Culatello di Parma", aus welchen Gründen auch immer, nicht als geografische Angabe oder Ursprungsbezeichnung geschützt. Dementsprechend ist auch unerheblich , dass es weitere Beispiele für nach dem Muster "Ware aus Ort" gebildete eingetragene geografische Ursprungsbezeichnungen gibt, die auf eine Herkunft aus demselben Ort hinweisen. Der entscheidende Unterschied zwischen diesen Beispielen und dem Streitfall ist, dass "Culatello di Parma" im Gegensatz zu "Prosciutto di Parma" nicht als geografische Ursprungsbezeichnung eingetragen worden ist.
53
jj) Auf die von der Beklagten vorgelegten Urteile italienischer Gerichte kommt es für den Streitfall nicht an. Sie sind für die Verkehrserwartung der deutschen Verbraucher und die Rechtslage in Deutschland ohne Belang. Im Übrigen sind sie auch nicht geeignet, die Argumentation der Beklagten sachlich zu stützen. In den vom Kassationsgerichtshof am 19. März 1991 und am 26. März 2004 entschiedenen Fällen ging es um den erfolglosen Versuch der Klägerin, dem dortigen Beklagten die Verwendung der Bezeichnung "Parmacotto" für gekochten Schinken zu untersagen. Maßgeblich für diese Entscheidungen war insbesondere die Erwägung, dass es sich bei dem "Parmacotto" um ein im gleichen Gebiet (Parma) hergestelltes, jedoch anders beschaffenes und objektiv unverwechselbares Produkt handelte. Die Unterscheidbarkeit der unter "Prosciutto di Parma" und "Culatello di Parma" in Deutschland angebotenen Rohschinkenspezialitäten ist indes wesentlich geringer als diejenige zwischen gekochtem und rohem Schinken.
54
kk) Die Klägerin bestreitet nicht das Recht der Beklagten, für ihr Produkt die traditionelle Bezeichnung "Culatello" zu verwenden. Die Beklagte ist daher auch nicht am Vertrieb dieses Produkts gehindert und könnte beispielsweise der Produktbezeichnung ihren Handelsnamen hinzufügen.
55
3. Dem Unterlassungsanspruch der Klägerin steht nicht der Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegen.
56
a) Die Beklagte macht geltend, die Klägerin habe mit der Formulierung "bei 'Culatello di Parma' handele es sich um eine Kreation der Beklagten", wissentlich unwahr im Prozess vorgetragen. Die Beklagte hat jedoch nicht dargelegt , dass die Klägerin diese pointierte Formulierung, die erkennbar ihr Argu- ment stützen sollte, die Bezeichnung "Culatello di Parma" werde - anders als "Culatello" - nicht traditionell für die in Rede stehende Schinkenspezialität verwendet , entgegen besserer Kenntnis benutzt hat. Selbst wenn dies aber der Fall wäre, würde es den Einwand des Rechtsmissbrauchs nicht begründen.
57
b) Die Revision will einen Rechtsmissbrauch der Klägerin weiter darin erkennen , dass der Präsident, der Vize-Präsident und weitere Mitglieder der Klägerin noch während des Prozesses Culatello-Schinken unter der Bezeichnung "Culatello di Parma" angeboten und vermarktet hätten. Damit hat sie keinen Erfolg.
58
aa) Allerdings kann im Einzelfall unter Berücksichtigung der Gesamtumstände eine rechtsmissbräuchliche Anspruchsverfolgung durch einen Verband vorliegen, wenn er zur Verfolgung überwiegend sachfremder Ziele selektiv nur gegen einen Außenstehenden vorgeht, entsprechende Wettbewerbsverstöße der eigenen Mitglieder jedoch planmäßig duldet (vgl. BGH, Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 148/10, GRUR 2012, 411 Rn. 22 bis 24 = WRP 2012, 717 - Glücksspielverband).
59
bb) Das Berufungsgericht hat jedoch zu Recht angenommen, dass ein solcher Fall hier nicht vorliegt. Es hat ausgeführt, allein die Beklagte habe sich nach der Beanstandung durch die Klägerin geweigert, von der weiteren Vermarktung des Produkts Abstand zu nehmen, alle anderen Beteiligten, so auch die Unternehmen des Präsidenten und des Vize-Präsidenten der Klägerin, hätten das Produkt nicht weiter vertrieben und beworben.
60
Soweit Mitglieder der Klägerin die Verwendung der Bezeichnung "Culatello di Parma" erst während des Prozesses nach entsprechender Aufforderung durch die Klägerin eingestellt haben, nachdem die Beklagte diese Verwendung aufgedeckt hatte, ergibt sich daraus entgegen der Ansicht der Revision noch kein rechtsmissbräuchliches Verhalten der Klägerin. Eine planmäßige Duldung der Wettbewerbsverstöße ihrer Mitglieder durch die Klägerin ist damit nicht belegt. Einem Verband steht es grundsätzlich frei, zunächst nur gegen einen Dritten und nicht auch gegen Verbandsmitglieder vorzugehen (vgl. BGH, Urteil vom 6. Mai 2004 - I ZR 275/01, GRUR 2004, 793, 795 [juris Rn. 45] = WRP 2004, 1024 - Sportlernahrung II, mwN).
61
III. Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach
62
Art. 267 Abs. 3 AEUV ist nicht veranlasst (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - 283/81, Slg. 1982, 3415 Rn. 21 = NJW 1983, 1257 - C.I.L.F.I.T.; Urteil vom 1. Oktober 2015 - C-452/14, GRUR Int. 2015, 1152 Rn. 43 - Doc Generici, mwN). Im Streitfall stellt sich keine entscheidungserhebliche Frage zur Auslegung des Unionsrechts, die nicht bereits durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs geklärt oder nicht zweifelsfrei zu beantworten ist. Insbesondere wirft der Streitfall nicht die bisher vom Gerichtshof noch nicht behandelte Frage auf, ob und unter welchen Voraussetzungen die Weiterbenutzung eines nicht eingetragenen , traditionellen geografischen Namens für die Bezeichnung eines Lebensmittels parallel zu einer geschützten Bezeichnung zu gestatten ist. "Culatello di Parma" ist kein traditioneller Name für die Bezeichnung des Schinkenprodukts "Culatello" (vgl. oben Rn. 48-51). Die vom Berufungsgericht als Grund für die Zulassung der Revision angeführte Frage, welches nationale Recht für die Bestimmung der Rechtsfolgen aus einer Verletzung der Grundverordnung anzuwenden ist, beantwortet sich ohne weiteres aus Art. 13 Abs. 3 GrundVO (vgl. oben Rn. 24 f.). Schließlich ist auch die Frage, nach welchen Kriterien die Verkehrsauffassung des maßgeblichen europäischen Durchschnittsverbrauchers zu bestimmen ist, in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union jedenfalls in dem für die Entscheidung des Streitfalls erforderlichen Maß geklärt (vgl. oben Rn. 36 f.).
62
IV. Danach ist die Revision gegen das Berufungsurteil auf Kosten der Beklagten (§ 97 Abs. 1 ZPO) zurückzuweisen.
Koch Schaffert Kirchhoff Löffler Schwonke
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 14.03.2018 - 84 O 98/17 -
OLG Köln, Entscheidung vom 18.01.2019 - 6 U 61/18 -

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Bundesgerichtshof Urteil, 12. Dez. 2019 - I ZR 21/19 zitiert 6 §§.

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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb - UWG 2004 | § 8 Beseitigung und Unterlassung


(1) Wer eine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, kann auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht bereits dann, wenn eine derartige Zuwider

Zivilprozessordnung - ZPO | § 545 Revisionsgründe


(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht. (2) Die Revision kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen

Markengesetz - MarkenG | § 19 Auskunftsanspruch


(1) Der Inhaber einer Marke oder einer geschäftlichen Bezeichnung kann den Verletzer in den Fällen der §§ 14, 15 und 17 auf unverzügliche Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg von widerrechtlich gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen

Markengesetz - MarkenG | § 135 Ansprüche wegen Verletzung


(1) Wer im geschäftlichen Verkehr Handlungen vornimmt, die gegen Artikel 13 der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 verstoßen, kann von den nach § 8 Abs. 3 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb zur Geltendmachung von Ansprüchen Berechtigten bei Wied

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Bundesgerichtshof Urteil, 12. Dez. 2019 - I ZR 21/19 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 275/01 Verkündet am: 6. Mai 2004 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ : nein BGHR

Bundesgerichtshof Urteil, 15. Feb. 2018 - I ZR 138/16

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 138/16 Verkündet am: 15. Februar 2018 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BG

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(1) Wer im geschäftlichen Verkehr Handlungen vornimmt, die gegen Artikel 13 der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 verstoßen, kann von den nach § 8 Abs. 3 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb zur Geltendmachung von Ansprüchen Berechtigten bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht. Die §§ 18, 19, 19a und 19c gelten entsprechend.

(2) § 128 Abs. 2 und 3 gilt entsprechend.

(1) Wer eine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, kann auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht bereits dann, wenn eine derartige Zuwiderhandlung gegen § 3 oder § 7 droht.

(2) Werden die Zuwiderhandlungen in einem Unternehmen von einem Mitarbeiter oder Beauftragten begangen, so sind der Unterlassungsanspruch und der Beseitigungsanspruch auch gegen den Inhaber des Unternehmens begründet.

(3) Die Ansprüche aus Absatz 1 stehen zu:

1.
jedem Mitbewerber, der Waren oder Dienstleistungen in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich vertreibt oder nachfragt,
2.
denjenigen rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen, die in der Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände nach § 8b eingetragen sind, soweit ihnen eine erhebliche Zahl von Unternehmern angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben, und die Zuwiderhandlung die Interessen ihrer Mitglieder berührt,
3.
den qualifizierten Einrichtungen, die in der Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 des Unterlassungsklagengesetzes eingetragen sind, oder den qualifizierten Einrichtungen aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die in dem Verzeichnis der Europäischen Kommission nach Artikel 4 Absatz 3 der Richtlinie 2009/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen (ABl. L 110 vom 1.5.2009, S. 30), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2018/302 (ABl. L 60I vom 2.3.2018, S. 1) geändert worden ist, eingetragen sind,
4.
den Industrie- und Handelskammern, den nach der Handwerksordnung errichteten Organisationen und anderen berufsständischen Körperschaften des öffentlichen Rechts im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben sowie den Gewerkschaften im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben bei der Vertretung selbstständiger beruflicher Interessen.

(4) Stellen nach Absatz 3 Nummer 2 und 3 können die Ansprüche nicht geltend machen, solange ihre Eintragung ruht.

(5) § 13 des Unterlassungsklagengesetzes ist entsprechend anzuwenden; in § 13 Absatz 1 und 3 Satz 2 des Unterlassungsklagengesetzes treten an die Stelle der dort aufgeführten Ansprüche nach dem Unterlassungsklagengesetz die Ansprüche nach dieser Vorschrift. Im Übrigen findet das Unterlassungsklagengesetz keine Anwendung, es sei denn, es liegt ein Fall des § 4e des Unterlassungsklagengesetzes vor.

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht.

(2) Die Revision kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen oder verneint hat.

12
1. Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte, die auch unter Geltung des § 545 Abs. 2 ZPO in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfen ist (vgl. BGH, Urteil vom 5. März 2015 - I ZR 161/13, GRUR 2015, 1004 Rn. 9 = WRP 2015, 1219 - IPS/ISP), folgt aus Art. 5 Nr. 3 Brüssel-I-VO (jetzt Art. 7 Nr. 2 Brüssel-Ia-VO), soweit die Klage auf eine Verletzung der Klagemarke gestützt ist.

(1) Wer im geschäftlichen Verkehr Handlungen vornimmt, die gegen Artikel 13 der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 verstoßen, kann von den nach § 8 Abs. 3 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb zur Geltendmachung von Ansprüchen Berechtigten bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht. Die §§ 18, 19, 19a und 19c gelten entsprechend.

(2) § 128 Abs. 2 und 3 gilt entsprechend.

(1) Der Inhaber einer Marke oder einer geschäftlichen Bezeichnung kann den Verletzer in den Fällen der §§ 14, 15 und 17 auf unverzügliche Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg von widerrechtlich gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen in Anspruch nehmen.

(2) In Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung oder in Fällen, in denen der Inhaber einer Marke oder einer geschäftlichen Bezeichnung gegen den Verletzer Klage erhoben hat, besteht der Anspruch unbeschadet von Absatz 1 auch gegen eine Person, die in gewerblichem Ausmaß

1.
rechtsverletzende Ware in ihrem Besitz hatte,
2.
rechtsverletzende Dienstleistungen in Anspruch nahm,
3.
für rechtsverletzende Tätigkeiten genutzte Dienstleistungen erbrachte oder
4.
nach den Angaben einer in Nummer 1, 2 oder Nummer 3 genannten Person an der Herstellung, Erzeugung oder am Vertrieb solcher Waren oder an der Erbringung solcher Dienstleistungen beteiligt war,
es sei denn, die Person wäre nach den §§ 383 bis 385 der Zivilprozessordnung im Prozess gegen den Verletzer zur Zeugnisverweigerung berechtigt. Im Fall der gerichtlichen Geltendmachung des Anspruchs nach Satz 1 kann das Gericht den gegen den Verletzer anhängigen Rechtsstreit auf Antrag bis zur Erledigung des wegen des Auskunftsanspruchs geführten Rechtsstreits aussetzen. Der zur Auskunft Verpflichtete kann von dem Verletzten den Ersatz der für die Auskunftserteilung erforderlichen Aufwendungen verlangen.

(3) Der zur Auskunft Verpflichtete hat Angaben zu machen über

1.
Namen und Anschrift der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer der Waren oder Dienstleistungen sowie der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für die sie bestimmt waren, und
2.
die Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Waren sowie über die Preise, die für die betreffenden Waren oder Dienstleistungen bezahlt wurden.

(4) Die Ansprüche nach den Absätzen 1 und 2 sind ausgeschlossen, wenn die Inanspruchnahme im Einzelfall unverhältnismäßig ist.

(5) Erteilt der zur Auskunft Verpflichtete die Auskunft vorsätzlich oder grob fahrlässig falsch oder unvollständig, ist er dem Inhaber einer Marke oder einer geschäftlichen Bezeichnung zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(6) Wer eine wahre Auskunft erteilt hat, ohne dazu nach Absatz 1 oder Absatz 2 verpflichtet gewesen zu sein, haftet Dritten gegenüber nur, wenn er wusste, dass er zur Auskunftserteilung nicht verpflichtet war.

(7) In Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung kann die Verpflichtung zur Erteilung der Auskunft im Wege der einstweiligen Verfügung nach den §§ 935 bis 945 der Zivilprozessordnung angeordnet werden.

(8) Die Erkenntnisse dürfen in einem Strafverfahren oder in einem Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten wegen einer vor der Erteilung der Auskunft begangenen Tat gegen den Verpflichteten oder gegen einen in § 52 Abs. 1 der Strafprozessordnung bezeichneten Angehörigen nur mit Zustimmung des Verpflichteten verwertet werden.

(9) Kann die Auskunft nur unter Verwendung von Verkehrsdaten (§ 3 Nummer 70 des Telekommunikationsgesetzes) erteilt werden, ist für ihre Erteilung eine vorherige richterliche Anordnung über die Zulässigkeit der Verwendung der Verkehrsdaten erforderlich, die von dem Verletzten zu beantragen ist. Für den Erlass dieser Anordnung ist das Landgericht, in dessen Bezirk der zur Auskunft Verpflichtete seinen Wohnsitz, seinen Sitz oder eine Niederlassung hat, ohne Rücksicht auf den Streitwert ausschließlich zuständig. Die Entscheidung trifft die Zivilkammer. Für das Verfahren gelten die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend. Die Kosten der richterlichen Anordnung trägt der Verletzte. Gegen die Entscheidung des Landgerichts ist die Beschwerde statthaft. Die Beschwerde ist binnen einer Frist von zwei Wochen einzulegen. Die Vorschriften zum Schutz personenbezogener Daten bleiben im Übrigen unberührt.

(10) Durch Absatz 2 in Verbindung mit Absatz 9 wird das Grundrecht des Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10 des Grundgesetzes) eingeschränkt.

(1) Wer eine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, kann auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht bereits dann, wenn eine derartige Zuwiderhandlung gegen § 3 oder § 7 droht.

(2) Werden die Zuwiderhandlungen in einem Unternehmen von einem Mitarbeiter oder Beauftragten begangen, so sind der Unterlassungsanspruch und der Beseitigungsanspruch auch gegen den Inhaber des Unternehmens begründet.

(3) Die Ansprüche aus Absatz 1 stehen zu:

1.
jedem Mitbewerber, der Waren oder Dienstleistungen in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich vertreibt oder nachfragt,
2.
denjenigen rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen, die in der Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände nach § 8b eingetragen sind, soweit ihnen eine erhebliche Zahl von Unternehmern angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben, und die Zuwiderhandlung die Interessen ihrer Mitglieder berührt,
3.
den qualifizierten Einrichtungen, die in der Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 des Unterlassungsklagengesetzes eingetragen sind, oder den qualifizierten Einrichtungen aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die in dem Verzeichnis der Europäischen Kommission nach Artikel 4 Absatz 3 der Richtlinie 2009/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen (ABl. L 110 vom 1.5.2009, S. 30), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2018/302 (ABl. L 60I vom 2.3.2018, S. 1) geändert worden ist, eingetragen sind,
4.
den Industrie- und Handelskammern, den nach der Handwerksordnung errichteten Organisationen und anderen berufsständischen Körperschaften des öffentlichen Rechts im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben sowie den Gewerkschaften im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben bei der Vertretung selbstständiger beruflicher Interessen.

(4) Stellen nach Absatz 3 Nummer 2 und 3 können die Ansprüche nicht geltend machen, solange ihre Eintragung ruht.

(5) § 13 des Unterlassungsklagengesetzes ist entsprechend anzuwenden; in § 13 Absatz 1 und 3 Satz 2 des Unterlassungsklagengesetzes treten an die Stelle der dort aufgeführten Ansprüche nach dem Unterlassungsklagengesetz die Ansprüche nach dieser Vorschrift. Im Übrigen findet das Unterlassungsklagengesetz keine Anwendung, es sei denn, es liegt ein Fall des § 4e des Unterlassungsklagengesetzes vor.

(1) Wer im geschäftlichen Verkehr Handlungen vornimmt, die gegen Artikel 13 der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 verstoßen, kann von den nach § 8 Abs. 3 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb zur Geltendmachung von Ansprüchen Berechtigten bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht. Die §§ 18, 19, 19a und 19c gelten entsprechend.

(2) § 128 Abs. 2 und 3 gilt entsprechend.

(1) Wer eine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, kann auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht bereits dann, wenn eine derartige Zuwiderhandlung gegen § 3 oder § 7 droht.

(2) Werden die Zuwiderhandlungen in einem Unternehmen von einem Mitarbeiter oder Beauftragten begangen, so sind der Unterlassungsanspruch und der Beseitigungsanspruch auch gegen den Inhaber des Unternehmens begründet.

(3) Die Ansprüche aus Absatz 1 stehen zu:

1.
jedem Mitbewerber, der Waren oder Dienstleistungen in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich vertreibt oder nachfragt,
2.
denjenigen rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen, die in der Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände nach § 8b eingetragen sind, soweit ihnen eine erhebliche Zahl von Unternehmern angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben, und die Zuwiderhandlung die Interessen ihrer Mitglieder berührt,
3.
den qualifizierten Einrichtungen, die in der Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 des Unterlassungsklagengesetzes eingetragen sind, oder den qualifizierten Einrichtungen aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die in dem Verzeichnis der Europäischen Kommission nach Artikel 4 Absatz 3 der Richtlinie 2009/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen (ABl. L 110 vom 1.5.2009, S. 30), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2018/302 (ABl. L 60I vom 2.3.2018, S. 1) geändert worden ist, eingetragen sind,
4.
den Industrie- und Handelskammern, den nach der Handwerksordnung errichteten Organisationen und anderen berufsständischen Körperschaften des öffentlichen Rechts im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben sowie den Gewerkschaften im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben bei der Vertretung selbstständiger beruflicher Interessen.

(4) Stellen nach Absatz 3 Nummer 2 und 3 können die Ansprüche nicht geltend machen, solange ihre Eintragung ruht.

(5) § 13 des Unterlassungsklagengesetzes ist entsprechend anzuwenden; in § 13 Absatz 1 und 3 Satz 2 des Unterlassungsklagengesetzes treten an die Stelle der dort aufgeführten Ansprüche nach dem Unterlassungsklagengesetz die Ansprüche nach dieser Vorschrift. Im Übrigen findet das Unterlassungsklagengesetz keine Anwendung, es sei denn, es liegt ein Fall des § 4e des Unterlassungsklagengesetzes vor.

(1) Wer im geschäftlichen Verkehr Handlungen vornimmt, die gegen Artikel 13 der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 verstoßen, kann von den nach § 8 Abs. 3 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb zur Geltendmachung von Ansprüchen Berechtigten bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht. Die §§ 18, 19, 19a und 19c gelten entsprechend.

(2) § 128 Abs. 2 und 3 gilt entsprechend.

(1) Der Inhaber einer Marke oder einer geschäftlichen Bezeichnung kann den Verletzer in den Fällen der §§ 14, 15 und 17 auf unverzügliche Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg von widerrechtlich gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen in Anspruch nehmen.

(2) In Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung oder in Fällen, in denen der Inhaber einer Marke oder einer geschäftlichen Bezeichnung gegen den Verletzer Klage erhoben hat, besteht der Anspruch unbeschadet von Absatz 1 auch gegen eine Person, die in gewerblichem Ausmaß

1.
rechtsverletzende Ware in ihrem Besitz hatte,
2.
rechtsverletzende Dienstleistungen in Anspruch nahm,
3.
für rechtsverletzende Tätigkeiten genutzte Dienstleistungen erbrachte oder
4.
nach den Angaben einer in Nummer 1, 2 oder Nummer 3 genannten Person an der Herstellung, Erzeugung oder am Vertrieb solcher Waren oder an der Erbringung solcher Dienstleistungen beteiligt war,
es sei denn, die Person wäre nach den §§ 383 bis 385 der Zivilprozessordnung im Prozess gegen den Verletzer zur Zeugnisverweigerung berechtigt. Im Fall der gerichtlichen Geltendmachung des Anspruchs nach Satz 1 kann das Gericht den gegen den Verletzer anhängigen Rechtsstreit auf Antrag bis zur Erledigung des wegen des Auskunftsanspruchs geführten Rechtsstreits aussetzen. Der zur Auskunft Verpflichtete kann von dem Verletzten den Ersatz der für die Auskunftserteilung erforderlichen Aufwendungen verlangen.

(3) Der zur Auskunft Verpflichtete hat Angaben zu machen über

1.
Namen und Anschrift der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer der Waren oder Dienstleistungen sowie der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für die sie bestimmt waren, und
2.
die Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Waren sowie über die Preise, die für die betreffenden Waren oder Dienstleistungen bezahlt wurden.

(4) Die Ansprüche nach den Absätzen 1 und 2 sind ausgeschlossen, wenn die Inanspruchnahme im Einzelfall unverhältnismäßig ist.

(5) Erteilt der zur Auskunft Verpflichtete die Auskunft vorsätzlich oder grob fahrlässig falsch oder unvollständig, ist er dem Inhaber einer Marke oder einer geschäftlichen Bezeichnung zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(6) Wer eine wahre Auskunft erteilt hat, ohne dazu nach Absatz 1 oder Absatz 2 verpflichtet gewesen zu sein, haftet Dritten gegenüber nur, wenn er wusste, dass er zur Auskunftserteilung nicht verpflichtet war.

(7) In Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung kann die Verpflichtung zur Erteilung der Auskunft im Wege der einstweiligen Verfügung nach den §§ 935 bis 945 der Zivilprozessordnung angeordnet werden.

(8) Die Erkenntnisse dürfen in einem Strafverfahren oder in einem Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten wegen einer vor der Erteilung der Auskunft begangenen Tat gegen den Verpflichteten oder gegen einen in § 52 Abs. 1 der Strafprozessordnung bezeichneten Angehörigen nur mit Zustimmung des Verpflichteten verwertet werden.

(9) Kann die Auskunft nur unter Verwendung von Verkehrsdaten (§ 3 Nummer 70 des Telekommunikationsgesetzes) erteilt werden, ist für ihre Erteilung eine vorherige richterliche Anordnung über die Zulässigkeit der Verwendung der Verkehrsdaten erforderlich, die von dem Verletzten zu beantragen ist. Für den Erlass dieser Anordnung ist das Landgericht, in dessen Bezirk der zur Auskunft Verpflichtete seinen Wohnsitz, seinen Sitz oder eine Niederlassung hat, ohne Rücksicht auf den Streitwert ausschließlich zuständig. Die Entscheidung trifft die Zivilkammer. Für das Verfahren gelten die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend. Die Kosten der richterlichen Anordnung trägt der Verletzte. Gegen die Entscheidung des Landgerichts ist die Beschwerde statthaft. Die Beschwerde ist binnen einer Frist von zwei Wochen einzulegen. Die Vorschriften zum Schutz personenbezogener Daten bleiben im Übrigen unberührt.

(10) Durch Absatz 2 in Verbindung mit Absatz 9 wird das Grundrecht des Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10 des Grundgesetzes) eingeschränkt.

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Das Revisionsgericht ist nach § 559 ZPO grundsätzlich an die Feststellungen des Berufungsgerichts gebunden. Es überprüft die tatrichterliche Würdigung lediglich dahin, ob sich der Tatrichter entsprechend dem Gebot des § 286 Abs. 1 ZPO mit dem Prozessstoff umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (vgl. BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 19/14, GRUR 2016, 176 Rn. 32 = WRP 2016, 57 - Tauschbörse I, mwN; Urteil vom 18. Januar 2018 - I ZR 150/15, NJW 2018, 2412 Rn. 44).
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bb) Allerdings kann es als rechtsmissbräuchlich anzusehen sein, wenn ein Verband gegen außenstehende Dritte vorgeht, den unlauteren Wettbewerb durch gleichartige Verletzungshandlungen der eigenen Mitglieder jedoch planmäßig duldet (BGH, GRUR 1997, 681, 683 - Produktwerbung, in diesem Sinne etwa auch Fezer/Büscher, UWG, 2. Aufl., § 8 Rn. 292; MünchKomm.UWG/ Fritzsche, § 8 Rn. 472; Jestaedt in Ahrens, Der Wettbewerbsprozess, 6. Aufl., § 20 Rn. 25; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 9. Aufl., Kap. 13 Rn. 59). Zwar gibt es grundsätzlich keine Obliegenheit eines Verbands, gegen eigene Mitglieder vorzugehen, auf die sich außenstehende Dritte berufen könnten. Die Prozessführungsbefugnis der Verbände zur Förderung gewerblicher Interessen findet ihre Rechtfertigung aber darin, dass die Bekämpfung unlauterer Wettbewerbshandlungen nicht nur im Interesse des unmittelbar Betroffenen, sondern auch im öffentlichen Interesse liegt (BGH, Urteil vom 5. Oktober 1989 - I ZR 56/89, GRUR 1990, 282, 284 = WRP 1990, 364 - Wettbewerbsverein IV; Urteil vom 9. Dezember 1993 - I ZR 276/91, GRUR 1994, 304, 305 = WRP 1994, 181 - Zigarettenwerbung in Jugendzeitschriften).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 275/01 Verkündet am:
6. Mai 2004
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Sportlernahrung II
EGRL 83/2001 Art. 1 Abs. 2;
EG VO 178/2002 Art. 2 Abs. 3 lit. d, Art. 4 Abs. 3;
EGRL 46/2002;
LMBG § 1 Abs. 1;
EG Art. 28, Art. 30

a) Die Richtlinie 2002/46 des Europäischen Parlaments und des Rates vom
10. Juni 2002 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten
über Nahrungsergänzungsmittel gibt (noch) keinen Anlaß, die Abgrenzung
der (Präsentations-)Arzneimittel von den Lebensmitteln (Nahrungsergänzungsmitteln
) nach anderen Grundsätzen als bisher vorzunehmen (Ergänzung
zu BGHZ 151, 286, 293 f. - Muskelaufbaupräparate).

b) Das Verbot des Inverkehrbringens eines in einem anderen Mitgliedstaat der
Europäischen Gemeinschaft als Lebensmittel mit Zusatzstoffen rechtmäßig
hergestellten und in den Verkehr gebrachten Produkts zum Schutz der Gesundheit
und des Lebens von Menschen setzt voraus, daß die geltend gemachte
Gefahr für die öffentliche Gesundheit auf der Grundlage der letzten
bei seinem Erlaß zur Verfügung stehenden Informationen unter Berücksichtigung
des Wahrscheinlichkeitsgrads schädlicher Auswirkungen der zugesetzten
Stoffe auf die menschliche Gesundheit und der Schwere dieser potentiellen
Auswirkungen als hinreichend nachgewiesen anzusehen ist.

c) Ein Verbot kommt darüber hinaus nach dem Vorsorgeprinzip auch dann in
Betracht, wenn die gebotene Risikobewertung ergibt, daß wissenschaftliche
Unsicherheiten hinsichtlich des Vorliegens und des Umfangs tatsächlicher
Gefahren für die öffentliche Gesundheit bestehen.
BGH, Urt. v. 6. Mai 2004 - I ZR 275/01 - Kammergericht
LG Berlin
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 4. März 2004 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und
die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant und
Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Kammergerichts vom 11. Mai 2001 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die in den Niederlanden ansässige Beklagte vertreibt in Deutschland die hier nicht als Arzneimittel zugelassenen Produkte "BCAA 2250", "Super Chrom II", "HMß", "CLA", "Creatine Monohydrate", "Vanadyl Sulfate", "HCA+", "Vitamin C 1000", "Liquid L-Carnitine" und "Super Fat Burners". Bei Bestellun-
gen übersendet sie den von ihr herausgegebenen Katalog "V. SPORT PRODUCTS USA/Product info". Dort stellt die Beklagte die genannten Produkte mit Ausnahme des Produkts "Super Chrom II" näher dar. Hierbei bietet sie die Produkte "BCAA 2250", "HMß", "CLA", "Creatine Monohydrate" und "Vanadyl Sulfate" u.a. als Hilfe für den Aufbau größerer bzw. kräftigerer Muskeln an und stellt die Produkte "Creatine Monohydrate", "HCA+" und "Liquid L-Carnitine" als Hilfe für den Körperfettabbau bzw. die Vermeidung von Körperfettaufbau vor; außerdem preist sie das Produkt "Creatine Monohydrate" auch als Mittel zur Erhöhung der Widerstandskraft des Körpers an.
Der Kläger ist der Verband Sozialer Wettbewerb e.V. Nach seiner Auffassung handelt es sich bei den in Rede stehenden Produkten der Beklagten im Hinblick auf ihre Aufmachung um Arzneimittel, die als solche mangels Zulassung in Deutschland weder beworben noch vertrieben werden dürfen. Das in dem Katalog der Beklagten nicht aufgeführte Produkt "Super Chrom II" sei mit dem dort beschriebenen Produkt "Super Chromax II" identisch und diene daher wie dieses dem Muskelaufbau.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr folgende Mittel ohne Zulassung als Arzneimittel (gemäß § 21 AMG) zu bewerben und/oder zu vertreiben:

a) "BCAA 2250" "Stärkere und kräftigere Muskeln aufbauen, Ausdauer verlängern.",
b) "Super Chrom II" "Chromium Picolinate 100 Kapseln à 200 ?g",
c) "HMß" "120 Kapseln à 250 mg",
d) "CLA" "100 Kapseln à 1000 mg",
e) "Creatine Monohydrate" "100 % reines Creatin Monohydrat",
f) "Vanadyl Sulfate" "100 Tabl. à 10 mg",
g) "HCA+" "Gercinia Cambogia Extract mit L-Carnitine und Chromium Picolinate 100 Kapseln à 500 mg",
h) "Vitamin C 1000" "1000 mg Vitamin C pro Tablette",
i) "Liquid L-Carnitine" "Mit Vitamin B 6 und Vitamin C. 1000 mg pro 30 ml",
j) "Super Fat Burners" "Kommt Ihnen im Stoffwechselprozeß von Fettverarbeitung zu Hilfe". Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat die Klagebefugnis und die Aktivlegitimation des Klägers in Abrede gestellt. Der Kläger handele zudem rechtsmißbräuchlich, weil er zwar gegen die Beklagte, nicht jedoch gegen andere Unternehmen vorgehe, die vergleichbare Produkte vertrieben, aber Mitglieder des Klägers seien. Die beanstandeten Produkte seien Nahrungser-
gänzungsmittel, die keiner Zulassung bedürften. Das Verbot ihres Vertriebs beeinträchtige die Rechte der Beklagten aus Art. 12 GG und verstoße zudem gegen Art. 28 EG.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben.
Mit der Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat die Klage für zulässig und begründet erachtet und hierzu ausgeführt:
Der Kläger sei gemäß § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG klagebefugt, da er über einen hinreichenden Mitgliederbestand im Bereich Lebensmittel/Nahrungsergänzungsmittel /Arzneimittel und über eine ausreichende sachliche, personelle und finanzielle Ausstattung verfüge. Die Beklagte habe keine besonderen Umstände dargetan, die das Vorgehen des Klägers als mißbräuchlich erscheinen ließen, weil er bislang nicht auch gegen eigene Mitglieder vorgegangen sei. Außerdem seien deren Produkte mit den streitgegenständlichen nicht unmittelbar vergleichbar. Der Kläger habe im übrigen unwidersprochen vorgetragen, daß er auch gegen eigene Mitglieder vorgehe, die mit der Beklagten konkurrierten.
Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch sei gerechtfertigt, da die streitgegenständlichen Produkte zulassungspflichtige Arzneimittel seien, die ohne Zulassung weder vertrieben noch beworben werden dürften. Für die Einordnung eines Produkts als Arzneimittel oder als Lebensmittel sei seine an objektive Merkmale anknüpfende überwiegende Zweckbestimmung entscheidend, wie sie sich für einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher darstelle. Die Verkehrsanschauung knüpfe regelmäßig an eine schon bestehende Auffassung über den Zweck vergleichbarer Mittel und an deren von den Verwendungsmöglichkeiten solcher Mittel ihrer Art nach abhängige Anwendung an. Die Vorstellung der Verbraucher von der Zweckbestimmung eines Produkts könne zudem durch die Auffassung der pharmazeutischen oder medizinischen Wissenschaft, durch die dem Mittel beigefügten oder in Werbeprospekten enthaltenen Indikationshinweise und Gebrauchsanweisungen sowie durch die Aufmachung beeinflußt sein, in der das Mittel dem Verbraucher allgemein entgegentrete. Zum Verzehr bestimmte Stoffe seien Arzneimittel, wenn der arzneiliche Zweck überwiege. Ein Produkt ohne pharmakologische Wirkungen werde in der Regel als Lebensmittel einzuordnen sein. Im Streitfall sei daher maßgeblich, ob die aus den Werbeaussagen zu den streitgegenständlichen Produkten ersichtlichen und unstreitigen Wirkungen pharmakologische oder physiologische, d.h. Ernährungszwecken dienende seien. Das erstere sei der Fall, wenn die Wirkungen des Produkts dasjenige überstiegen , was physiologisch auch mit der Nahrungsaufnahme im menschlichen Körper ausgelöst werde, und sei daher bei einer über den Normalzustand hinausgehenden Einwirkung auf den Körper in einem übersteigerten Umfang oder gar mit einem Bezug auf eine Krankheit oder eine sonstige körperliche Unregelmäßigkeit anzunehmen. Dagegen dienten Lebensmittel der Ernährung, d.h. der Deckung der energetischen und stofflichen Bedürfnisse des menschlichen Organismus. Ein Nahrungsergänzungsmittel sei ein Lebensmittel, das - in
der Regel ohne den für dieses typischen Sättigungszweck - zur Deckung besonderer stofflicher Bedürfnisse des Menschen eingesetzt werde, liege aber nur dann vor, wenn mit ihm nach der Verbraucherwartung lediglich normal verlaufende Erscheinungen und Schwankungen der Funktionen ausgeglichen werden sollten, denen der Körper ausgesetzt sei und die der Natur des Menschen oder dem Auf und Ab seiner Leistungsfähigkeit entsprächen. Bei den Produkten für Sportler seien die Nahrungsergänzungsmittel insbesondere von den Dopingmitteln abzugrenzen. Diese dienten der unmittelbaren Einwirkung auf die Muskelbildung oder auf sonstige körperliche Funktionen des gesunden Menschen und zählten daher zu den Arzneimitteln. Sie dienten der Förderung der Fähigkeit, Höchstleistungen überhaupt erst zu erreichen, während Nahrungsergänzungsmittel nach Höchstleistungen im Körper auftretende Mangelzustände auffüllen und die Leistungsfähigkeit erhalten oder steigern sollten. Je mehr in der Aufmachung des Produkts ein bloßer stofflicher Ausgleich zur Erhaltung der Leistungsfähigkeit dargestellt werde, desto eher liege ein Nahrungsergänzungsmittel vor; je mehr die über eine sportgerechte Ernährung hinausgehende Förderung zum Erreichen von Höchstleistungen betont werde, desto eher handle es sich um ein Dopingmittel. Die Wirkung des Produkts lasse auf ein Arzneimittel schließen, wenn nicht die Ersetzung verbrauchter Stoffe, sondern die Manipulation der Körperfunktionen durch die über den Bedarf hinausgehende Zuführung eines Stoffes im Vordergrund stehe. Damit weise eine den ernährungsphysiologisch erforderlichen und möglichen Bedarf um ein vielfaches übersteigende Dosierung deutlich auf ein Arzneimittel hin, zumal Nahrungsergänzungsmittel dem allgemeinen Ernährungszweck dienen müßten. Der Einordnung der streitgegenständlichen Produkte als diätetische Lebensmittel i.S. des § 1 DiätVO stehe entgegen, daß Ernährungsmaßnahmen zur Verhütung eines Leistungsrückgangs oder zur Leistungsförderung keine diätetischen Maßnahmen darstellten. Freizeitsportler wie auch Hochleistungssportler befänden sich nur bei auftreten-
den Mangelerscheinungen in besonderen physiologischen Umständen. Eine Sportlernahrung diene nur dann einem besonderen Ernährungszweck i.S. des § 1 DiätVO, wenn sie Mangelzustände nach Höchstleistungen auffüllen solle, nicht dagegen, wenn sie die Fähigkeit, Höchstleistungen zu erreichen, fördern solle.
Nach diesen Grundsätzen stellten die vom Kläger beanstandeten Produkte unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung, die das Gericht aus eigener Sachkunde beurteilen könne, sämtlich Arzneimittel dar.
So scheide bei dem Produkt "BCAA 2250" ein Verzehr zum Genuß oder zur Sättigung erkennbar aus. Das Produkt solle auch weder die energetischen und stofflichen Bedürfnisse des menschlichen Organismus noch Defizite aus einer körperlichen Anstrengung ausgleichen, sondern "stärkere und kräftigere Muskeln aufbauen" und die "Ausdauer verlängern". Wenn das Produkt "durch eine optimale Aufnahme von Eiweiß/Aminosäuren" für ein "Extramuskelwachstum" sorge, werde für den verständigen Verbraucher deutlich, daß dieses Wachstum weder allein auf dem Training beruhe noch mit sportgerechter Ernährung zu erzielen sei, zumal die Zeitschrift "S. " mit Bildern von muskelbeladenen Bodybuildern aufgemacht und durchsetzt sei, deren Muskelaufbau teilweise in ein abnormes Maß gesteigert erscheine. Da auch inhaltlich die scheinbar grenzenlose Steigerung der Muskelmassen ganz eindeutig im Vordergrund stehe, verstehe ein Leser das Produkt im Hinblick auf seine Aufmachung als Mittel zur Steigerung des Muskelaufbaus über das bei vernünftiger Sporternährung mögliche Maß hinaus. Damit stehe bei dem Produkt nicht eine Nahrungsaufnahme im Sinne einer Ersetzung verbrauchter Stoffe, sondern eine Manipulation körpereigener Funktionen durch eine Überversorgung mit bestimmten Stoffen im Vordergrund.

Das Produkt "Super Chromax II" habe die Beklagte u.a. mit dem Hinweis auf die Entwicklung größerer und kräftigerer Muskeln beworben, weil es dafür sorge, daß Eiweiß/Aminosäuren und Kohlehydrate von den Muskeln besser aufgenommen würden. Die Verzehrempfehlung von einer Tablette zu 200 ?g Chrom übersteige die Bedarfsempfehlung von 30-130 ?g erheblich. Auch mit diesem Produkt solle in einem übersteigerten Umfang gezielt auf den Stoffwechsel und damit auf den Muskelauf- und Fettabbau eingewirkt werden. Ein körperlicher Mangelzustand infolge Erschöpfung stehe nicht in Rede, sondern allein die substanzgebundene Leistungssteigerung. Damit gehe auch die Beklagte bei dem Produkt "Super Chromax II" nicht von einer physiologischen, sondern von einer pharmakologischen Wirkung aus. Soweit sie einen Unterschied zu dem klagegegenständlichen Produkt "Super Chrom II" wegen dessen leicht variierter Bezeichnung behaupte, trage sie nicht näher vor, welche Unterschiede hinsichtlich Inhalt und Wirkung bestehen sollten. Der Unterschied in der Bezeichnung sei für den Verbraucher nicht wesentlich, zumal dieser keine Informationen zu unterschiedlichen Wirkungen erhalte.
Das Produkt "HMß" sei nach den eigenen Angaben der Beklagten ein Arzneimittel i.S. des § 2 Abs. 1 Nr. 5 AMG, da es den Proteinabbau reduziere und dabei helfe, mehr Muskelmasse und mehr Kraft zu bekommen, und damit in einem ganz erheblichen Umfang die Beschaffenheit, den Zustand und die Funktion des Körpers beeinflusse. Es liege auch kein gleichwertiger oder überwiegender Ernährungszweck vor, da die Einnahme des Produkts keine Mangelzustände nach einer körperlichen Kraftanstrengung ausgleichen, sondern Höchstleistungen erst ermöglichen solle. Damit drohten Gesundheitsgefahren, weil die Erschöpfung als Schutzmechanismus des Körpers auf Dauer außer
Kraft gesetzt werden solle. Die Wirkungen des Produkts seien im übrigen nicht Teil des natürlichen Stoffwechsels aus der Nahrungsaufnahme.
Das Produkt "CLA" solle beim Aufbau von fettfreier Muskelmasse helfen und zur schnelleren Regeneration führen. Damit stehe die pharmakologische Einwirkung auf den normalen (physiologischen) Stoffwechsel im Vordergrund, um - auch unter Manipulation des Fettstoffwechsels - gezielt mehr Muskelmasse aufbauen zu können.
Das Produkt "Creatine Monohydrate" sei ein Arzneimittel, weil die Beklagte einen Verzehr von 10-20 g täglich empfehle, obwohl das Produkt nach der Mitteilung des Bundesinstituts für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin vom 21. April 1998 nur bei einer restriktiven Verzehrempfehlung von maximal 10 g täglich in der ersten Woche und danach maximal 2 g täglich als Erhaltungsdosis für insgesamt nur wenige Wochen als Sportlernahrung in Betracht komme. Damit gehe es bei diesem Produkt nicht mehr um einen Ausgleich für durch die Körperanstrengung verbrauchte Nährstoffe und Stoffwechselprodukte, sondern um eine pharmakologische Manipulation des Stoffwechsels zur Leistungssteigerung, so daß hier ebenfalls Gesundheitsgefahren drohten.
Das Produkt "Vanadyl Sulfate" solle dem Stoffwechsel bei der Verarbeitung der Kohlenhydrate und Proteine helfen, um das Wachstum der Muskeln zu fördern und deren Leistungskraft zu steigern. Es diene damit dem pharmakologischen Zweck, die physiologischen Vorgänge der Kohlenhydrat- und Proteinverarbeitung gezielt zu manipulieren, womit auch Gefahren für die Gesundheit drohten.
Das Produkt "HCA+" solle vorbeugen, daß Glukose als Körperfett gespeichert werde, und außerdem das Hungergefühl vermindern. Es solle den Stoffwechsel manipulieren und gehe damit über eine physiologische Wirkung hinaus.
Das Produkt "Vitamin C 1000" sei als hochdosiertes Vitaminpräparat ein Arzneimittel, da der Körper durch die Übersteigerung der empfohlenen Tagesdosis auf das 22-fache gezwungen werde, eine unnatürliche, extrem übersteigerte Menge eines einzelnen Nährstoffs zu verarbeiten und auszuscheiden, woraus sich Gesundheitsgefahren ergäben. Zudem weise die "Rote Liste 1997" Produkte mit einem Gehalt von 1000 mg Ascorbinsäure als Arzneimittel aus.
Das Produkt "Liquid L-Carnitine" solle das Körperfett schnell und maximal in Energie umwandeln. In der Dosis 1000 mg sei es ein Arzneimittel, da der Stoffwechsel durch die übersteigerte Zuführung eines bestimmten Stoffs manipuliert werden solle.
Das Produkt "Super Fat Burners" erwecke als Hilfsmittel "im Stoffwechselprozeß von Fettverarbeitung" beim Verbraucher die Vorstellung, in den Stoffwechselprozeß eingreifen und Fett gleichsam "verbrennen" oder einen solchen Prozeß jedenfalls vertiefen zu können. Wegen der damit im Vordergrund stehenden Manipulation des Stoffwechsels über das bei sportgerechter Ernährung mögliche Maß hinaus liege ein arzneilicher Zweck auf der Hand. Daß die Inhaltsstoffe des Produkts ebenso in natürlichen Lebensmitteln vorkämen, sei unerheblich, weil die dort in der Regel bestehenden natürlichen Hemmschwellen bei künstlich mit Wirkstoffen konzentrierten Produkten außer Kraft gesetzt würden.
Die Beurteilung der Produkte der Beklagten als Arzneimittel stehe auch nicht in Widerspruch zu der EG-rechtlichen Ausgestaltung dieses Begriffs wie insbesondere zu Art. 1 der Richtlinie 65/65/EWG des Rates vom 26. Januar 1965 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über Arzneispezialitäten (ABl. Nr. 22 v. 9.2.1965, S. 369), zur Richtlinie 97/97/EG vom 20. Mai 1997 des Europäischen Parlaments und des Rates über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz (ABl. Nr. L 144 v. 4.6.1997, S. 19) und zur Richtlinie 89/398/EWG des Rates vom 3. Mai 1989 zur Angleichung der Rechtsvorschriften über Lebensmittel, die für eine besondere Ernährung bestimmt sind (ABl. Nr. L 186 v. 30.6.1989, S. 27).
Die Zuwiderhandlungen gegen die auf den Schutz der Gesundheit der Bevölkerung gerichteten Vorschriften der §§ 21 AMG, 3a HWG begründeten zugleich den wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch aus § 1 UWG. Der Vertrieb und die Werbung für die streitgegenständlichen Produkte seien auch geeignet, den Wettbewerb auf dem Markt wesentlich zu beeinträchtigen.
II. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand. Die Revision führt daher zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Das Berufungsgericht hat den Kläger mit Recht als gemäß § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG klagebefugt angesehen (vgl. BGH, Urt. v. 11.7.2002 - I ZR 273/99, ZLR 2002, 660, 663 - Sportlernahrung). Ebenfalls zutreffend ist seine Beurteilung , der Kläger handle, soweit er bislang nicht gegen eigene Mitglieder vorgegangen sei, nicht rechtsmißbräuchlich (vgl. BGH, Urt. v. 12.12.1996 - I ZR 7/94, GRUR 1997, 537, 538 = WRP 1997, 721 - Lifting-Creme; Urt. v. 23.1.1997 - I ZR 29/94, GRUR 1997, 681, 683 = WRP 1997, 715 - Produktwerbung; Urt. v.
17.9.1998 - I ZR 117/96, GRUR 1999, 515, 516 = WRP 1999, 424 - Bonusmeilen

).


2. Das Berufungsgericht hat sich bei der Qualifizierung der streitgegenständlichen Produkte als Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 5 AMG auf die Werbeangaben der Beklagten in ihrem Katalog "V. SPORT PRODUCTS USA/Product info" gestützt. Dies ist - anders als in dem der Senatsentscheidung "Sportlernahrung" zugrundeliegenden Fall (Urt. v. 11.7.2002 - I ZR 273/99, ZLR 2002, 660, 665 f.) - unschädlich, da zwischen den Parteien kein Streit darüber besteht, daß die in dem Katalog enthaltenen Angaben über die Anwendung und die Wirkungen der Produkte zutreffen.
3. Ohne Erfolg rügt die Revision, das Berufungsgericht lege nicht dar, daß zumindest eines der Senatsmitglieder Bodybuilding betreibe oder Fitneßbzw. Kraftsportler vom Freizeit- bis zum Hochleistungsbereich sei und damit einer Zielgruppe angehöre, an die sich die beanstandeten Werbeaussagen wendeten. Das Berufungsgericht hat festgestellt, daß seine Mitglieder zu den sporttreibenden Verbrauchern zählen und daß sich die Zeitschrift "S. " auch an Fitneßsportler im Freizeitbereich wendet. Hieraus ergibt sich, daß die Mitglieder des Berufungsgerichts zu den Sporttreibenden gehören, auf deren Verkehrsanschauung es bei der die Einordnung der Produkte nach ihrer Zweckbestimmung ankommt (vgl. BGH, Urt. v. 11.7.2002 - I ZR 34/01, GRUR 2002, 910, 914 = WRP 2002, 1141 - Muskelaufbaupräparate, insoweit nicht in BGHZ 151, 286). Das Berufungsgericht hätte sich im übrigen auch darauf stützen können, daß es regelmäßig mit arznei- und lebensmittelrechtlichen Fragen befaßt ist (vgl. BGH, Urt. v. 2.10.2003 - I ZR 150/01, GRUR 2004, 244, 245 = WRP 2004, 339 - Marktführerschaft; Bornkamm, WRP 2000, 830, 833 m.w.N.).

Entgegen der Auffassung der Revision begründet der Umstand, daß das Berufungsgericht bei seinen Ausführungen zu dem Produkt "BCAA 2250" den Zusammenhang der Werbung mit dem Gegenstand und dem Inhalt des Werbeträgers für bedeutsam erachtet und in diesem Zusammenhang ausgeführt hat, die Zeitschrift "S. " sei mit Bildern von muskelbeladenen Bodybuildern aufgemacht und durchsetzt, deren Muskelaufbau teilweise in ein abnormes Maß gesteigert erscheine, keine Zweifel an der für die Beurteilung der Verkehrsauffassung hinreichenden eigenen Sachkunde der Mitglieder des Berufungsgerichts. Außerdem besteht zwischen den Parteien kein Streit darüber, daß die einzelnen Produkte der Beklagten die ihnen zugeschriebenen Wirkungen tatsächlich aufweisen (vgl. zu vorstehend 2.). Damit erscheint es ohne das Hinzutreten besonderer Umstände, zu denen die Revision nichts geltend gemacht hat, als ausgeschlossen, daß die Auffassung der Fachkreise der pharmazeutischen und medizinischen Wissenschaft die Verkehrsanschauung derart prägen könnte, daß die Mittel entgegen der ihren Eigenschaften entsprechenden Präsentation als Lebensmittel einzuordnen wären (vgl. BGH GRUR 2002, 910, 914 - Muskelaufbaupräparate, insoweit nicht in BGHZ 151, 286).
4. Das Berufungsgericht ist mit Recht davon ausgegangen, daß für die Einordnung eines Produkts als Arznei- oder Lebensmittel seine an objektive Merkmale anknüpfende überwiegende Zweckbestimmung entscheidend ist, wie sie sich für einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher darstellt (BGH, Urt. v. 10.2.2000 - I ZR 97/98, GRUR 2000, 528, 529 = WRP 2000, 510 - L-Carnitin; BGHZ 151, 286, 291 - Muskelaufbaupräparate). Ebenfalls zutreffend ist seine Beurteilung, die Verkehrsauffassung knüpfe regelmäßig an eine schon bestehende Auffassung über den Zweck vergleichbarer Mittel und deren Anwendung an, wobei diese
Auffassung ihrerseits von den Verwendungsmöglichkeiten solcher Mittel ihrer Art nach abhänge; außerdem könne die Vorstellung der Verbraucher von der Zweckbestimmung eines Produkts durch die Auffassung der pharmazeutischen oder medizinischen Wissenschaft, durch ihm beigefügte oder in Werbeprospekten enthaltene Indikationshinweise und Gebrauchsanweisungen sowie durch die Aufmachung beeinflußt sein, in der das Produkt dem Verbraucher allgemein entgegentrete (vgl. BGH GRUR 2000, 528, 529 - L-Carnitin; BGHZ 151, 286, 292 - Muskelaufbaupräparate, m.w.N.). Diese Abgrenzung der Arznei- von den Lebensmitteln steht auch, wie der Senat in seiner - zeitlich nach dem hier angefochtenen Berufungsurteil ergangenen - Entscheidung "Muskelaufbaupräparate" ausgeführt hat, im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften zum gemeinschaftsrechtlichen Arzneimittelbegriff (vgl. BGHZ 151, 286, 292 f. m.w.N.). Hieran hat sich durch die Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung der Allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit vom 28. Januar 2002 (ABl. Nr. L 31 v. 1.2.2002, S. 1) nichts geändert (BGHZ 151, 286, 293 f. - Muskelaufbaupräparate ). Dies folgt insbesondere auch daraus, daß die genannte Verordnung in den Mitgliedstaaten gemäß Art. 249 Abs. 2 EG zwar unmittelbar, aber nur nach Maßgabe der in ihr enthaltenen Regelungen gilt (Köhler, GRUR 2002, 844, 850 f.). Gemäß ihrem Art. 4 Abs. 3 müssen die bestehenden nationalen lebensmittelrechtlichen Grundsätze und Verfahren zwar sobald wie möglich, spätestens jedoch bis zum 1. Januar 2007 in Einklang mit den in Art. 5-10 der Verordnung niedergelegten Grundsätzen des europäischen Lebensmittelrechts gebracht werden. Für den hier in Rede stehenden Bereich der Nahrungsergänzungsmittel enthält allerdings die Richtlinie 2002/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. Juni 2002 (ABl. Nr. L 183 v. 12.7.2002, S. 51)
noch keine entsprechenden Bestimmungen. Regelungsgegenstand dieser Richtlinie sind nämlich zunächst nur Vitamine und Mineralstoffe, wobei grundsätzlich nur die im Anhang I der Richtlinie aufgeführten Vitamine und Mineralstoffe in den im Anhang II aufgeführten Formen für die Herstellung von Nahrungsergänzungsmitteln verwendet werden dürfen, die Mitgliedstaaten abweichend davon aber bis Ende 2009 unter den Voraussetzungen des Art. 4 Abs. 6 lit. a) und b) der Richtlinie die Verwendung von nicht im Anhang I aufgeführten Vitaminen und Mineralstoffen in anderen als den im Anhang II zugelassenen Formen zulassen können (Gröning, Heilmittelwerberecht, Stand 2003, § 1 HWG Rdn. 216).
5. Ohne Erfolg rügt die Revision, das Berufungsgericht habe verkannt, daß der Bundesgesetzgeber bei der Umsetzung der Fernabsatzrichtlinie keinen Gebrauch von der dort in Art. 14 vorgesehenen Möglichkeit gemacht habe, den grenzüberschreitenden Fernabsatz durch den Erlaß oder die Aufrechterhaltung strengerer nationaler Bestimmungen weitergehenden Anforderungen zu unterwerfen , um dadurch für die Verbraucher ein höheres Schutzniveau sicherzustellen. Denn die Revision läßt hierbei die in § 2 Abs. 1 Satz 3 FernAbsG a.F. und entsprechend - für nach dem 1. Januar 2002 entstandene Schuldverhältnisse - nunmehr in § 312c Abs. 4 BGB enthaltene Regelung außer Betracht (vgl. BGHZ 151, 286, 299 f. - Muskelaufbaupräparate).
6. Aus der Senatsentscheidung "Muskelaufbaupräparate" ergibt sich ferner , daß auch die zunächst allgemein gemachten und im weiteren - zum Teil unter Hinweis auf die damit verbundenen Gesundheitsgefahren - in bezug auf die einzelnen Produkte wiederholten Ausführungen des Berufungsgerichts keinen rechtlichen Bedenken unterliegen, die Wirkungsweise eines Produkts lasse auf ein Arzneimittel schließen, wenn eine (pharmakologische) Manipulation der
körpereigenen (physiologischen) Funktionen im Vordergrund stehe (vgl. BGHZ 151, 286, 295 f.). Dasselbe gilt, soweit das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang des weiteren eine den ernährungsphysiologisch erforderlichen und möglichen Bedarf um ein Vielfaches übersteigende Dosierung als deutlichen Hinweis auf ein Arzneimittel gewertet hat (BGHZ 151, 286, 295 f. - Muskelaufbaupräparate ).
7. Mit Erfolg wendet sich die Revision aber gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, den Aufbau von Muskelmasse bezweckende Produkte stellten Dopingmittel dar und zählten damit zu den Arzneimitteln. Eine die Muskeln aufbauende und deren Zellvolumen erweiternde Wirkung eines Mittels weist nicht stets und zwangsläufig auf einen arzneilichen Anwendungszweck hin. In Betracht kommt vielmehr auch, daß ein solches Mittel der Befriedigung besonderer physiologischer Bedürfnisse und sich daraus ergebender Ernährungserfordernisse einer speziellen Personengruppe - wie hier der Hochleistungs-, Kraft- oder Ausdauersporttreibenden - dient und damit ein diätetisches Lebensmittel i.S. des § 1 Abs. 2 Nr. 1 lit. b DiätVO darstellt (BGHZ 151, 286, 296 - Muskelaufbaupräparate; BGH, Urt. v. 3.4.2003 - I ZR 203/00, GRUR 2003, 631, 632 = WRP 2003, 883 - L-Glutamin). Diätetische Lebensmittel sind nach der Definition des § 1 Abs. 1 DiätVO Lebensmittel, die für eine besondere Ernährung bestimmt sind. Dies ist nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 lit. b DiätVO namentlich der Fall, wenn ein Mittel den besonderen Ernährungserfordernissen bestimmter Gruppen von Personen entspricht, die sich in besonderen physiologischen Umständen befinden und deshalb einen besonderen Nutzen aus der kontrollierten Aufnahme bestimmter in der Nahrung enthaltener Stoffe ziehen können. Dabei ist zu berücksichtigen, daß eine Steigerung der körperlichen Leistungsfähigkeit zunehmend als Zweck einer Ernährung anerkannt wird. Der Aufbau von (neuem ) Muskelgewebe kann daher unter Umständen auch den physiologischen
Bedürfnissen bestimmter Personengruppen Rechnung tragen. Daß dies im Grundsatz auch dem Standpunkt des Verordnungsgebers entspricht, belegt die Anlage 8 zu § 4a Abs. 1 DiätVO, die unter Nr. 7 (diätetische) "Lebensmittel für intensive Muskelanstrengungen, vor allem für Sportler" anführt (BGH GRUR 2003, 631, 632 - L-Glutamin). Aufgrund dieser Gegebenheiten kann die vom Berufungsgericht vorab allgemein und im weiteren dann speziell in bezug auf die Produkte "BCAA 2250", "Super Chrom II", "HMß", "CLA" und "Vanadyl Sulfate" vorgenommene Beurteilung, (insbesondere) ihre Bestimmung und Eignung zum Muskelaufbau rechtfertigten ihre Einordnung als Arzneimittel, aus Rechtsgründen keinen Bestand haben. Ebenfalls als rechtsfehlerhaft stellt sich danach die - wiederum vorab allgemein und nachfolgend bei der Beurteilung der Produkte "BCAA 2250", "Super Chrom II", "HMß", "Creatine Monohydrate" und "HCA+" angestellte - Erwägung des Berufungsgerichts dar, auch eine Sportlernahrung könne nur dann einem besonderen Ernährungszweck i.S. des § 1 DiätVO dienen, wenn sie Mangelzustände nach Höchstleistungen auffüllen solle, nicht aber, wenn sie die Fähigkeit fördern solle, Höchstleistungen erst zu erreichen. Es läßt sich auch nicht ausschließen, daß das Berufungsgericht bei der im Rahmen der Beurteilung der genannten Mittel jeweils gebotenen Gesamtbetrachtung zu einer anderen Bewertung des Sachverhalts gelangt wäre, wenn es deren Bestimmung und Eignung zum Muskelaufbau und zur Förderung der Fähigkeit, Höchstleistungen zu erreichen, nicht als maßgeblichen und nahezu zwingenden Hinweis auf deren Arzneimitteleigenschaft angesehen hätte.
8. Das Berufungsgericht hat angenommen, das vom Kläger begehrte Vertriebsverbot für die Produkte der Beklagten in Deutschland verstoße nicht gegen den Grundsatz der Warenverkehrsfreiheit (Art. 28 EG). Hiergegen wendet sich die Revision mit Erfolg. Das Verbot des Inverkehrbringens eines in ei-
nem anderen Mitgliedstaat als Lebensmittel mit Zusatzstoffen rechtmäßig hergestellten und in den Verkehr gebrachten Produkts erfordert, da Art. 30 EG eine eng auszulegende Ausnahme vom Grundsatz des freien Warenverkehrs innerhalb der Gemeinschaft darstellt und ein Vermarktungsverbot das restriktivste Hemmnis für den Handel bedeutet, eine eingehende Prüfung des von dem Mittel ausgehenden Risikos. Ein entsprechendes Verbot setzt daher voraus, daß die geltend gemachte Gefahr für die öffentliche Gesundheit auf der Grundlage der letzten bei seinem Erlaß zur Verfügung stehenden Informationen als hinreichend nachgewiesen anzusehen ist. Bei der insoweit gebotenen Risikobewertung sind der Wahrscheinlichkeitsgrad schädlicher Auswirkungen der zugesetzten Stoffe auf die menschliche Gesundheit und die Schwere dieser potentiellen Auswirkungen zu berücksichtigen (EuGH, Urt. v. 23.9.2003 - Rs. C-192/01, EuZW 2004, 30, 31 Tz. 46-48 = ZLR 2004, 58 - Kommission/ Königreich Dänemark; Urt. v. 5.2.2004 - Rs. C-95/01, Tz. 40-42 - Greenham und Abel). Eine solche Risikobewertung hat das Berufungsgericht bei den streitgegenständlichen Mitteln nicht vorgenommen. In diesem Zusammenhang rügt die Revision mit Erfolg, das Berufungsgericht habe jedenfalls insoweit die erforderliche Sachkunde nicht belegt, als es bei den Produkten "HMß", "Creatine Monohydrate", "Vanadyl Sulfate" und "Vitamin C 1000" angenommen habe, daß mit deren Einnahme in der von der Beklagten empfohlenen Dosierung Gesundheitsgefahren drohten. Entsprechendes gilt auch für die weitere Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe bei der Beurteilung des Produkts "Super Fat Burners" ohne Zuziehung eines Sachverständigen nicht annehmen dürfen, daß ein Produkt, dessen Inhaltsstoffe sämtlich auch in natürlichen Lebensmitteln vorkämen, gleichwohl gesundheitsgefährdende pharmakologische Wirkungen habe.
III. Danach war die Entscheidung des Berufungsgerichts auf die Revision der Beklagten aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Dieses wird den Sachverhalt unter Berücksichtigung der vorstehend unter Ziff. II. 7. und 8. dargestellten Grundsätze erneut zu bewerten haben. Ein Verbot käme dabei nach dem Vorsorgeprinzip gegebenenfalls auch dann in Betracht, wenn die gebotene Risikobewertung ergeben sollte, daß wissenschaftliche Unsicherheiten hinsichtlich des Vorliegens und des Umfangs tatsächlicher Gefahren für die öffentliche Gesundheit bestehen (vgl. EuGH EuZW 2004, 30, 31 Tz. 49-54 - Kommission/Königreich Dänemark; EuGH, Urt. v.
5.2.2004 - Rs. C-95/01, Tz. 43-48 - Greenham und Abel). Sollte das Berufungsgericht wiederum zu der Beurteilung gelangen, daß das Produkt "Super Chromax II" ein Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 5 AMG ist, wird es im übrigen den vom Kläger angetretenen Beweis zu erheben haben, daß dieses Produkt dem streitgegenständlichen Produkt "Super Chrom II" entspricht.
Ullmann v. Ungern-Sternberg Bornkamm
Pokrant Schaffert

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)