Bundesgerichtshof Urteil, 24. Nov. 2004 - 5 StR 220/04
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
a) in den Schuldsprüchen dahin abgeändert, daß die Angeklagten der Steuerhinterziehung in Tateinheit mit Urkundenfälschung sowie der versuchten Steuerhinterziehung in 455 Fällen jeweils in Tateinheit mit Urkundenfälschung schuldig sind,
b) in den Strafaussprüchen mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Die Revision des Angeklagten R F wird verworfen. Dieser Angeklagte trägt die durch sein Rechtsmittel entstandenen Kosten.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die insoweit entstanden Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils wegen versuchter Steuerhinterziehung in Tateinheit mit Urkundenfälschung schuldig gesprochen und gegen die Angeklagten N F , R F und E eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten sowie gegen den Angeklagten D eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verhängt. Die – vom Generalbundesanwalt vertretenen – Revisionen der Staatsanwaltschaft führen zu einer Änderung der Schuldsp rüche und zur Aufhebung der Strafaussprüche. Die Revision des Angeklagten R F ist unbegründet.
I.
Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
Die Angeklagten wollten ihre schlechte finanzielle Situation durch Erschleichung von unberechtigten Vorsteuererstattungen aufbessern. Der Angeklagte E , der aufgrund einer abgebrochenen Ausbildung zum Finanzbeamten steuerrechtliche Kenntnisse hatte, erklärte den übrigen Angeklagten das System der Umsatzsteuervoranmeldungen. Die Angeklagten verabredeten daraufhin, eine große Anzahl von Voranmeldungen an zahlreiche Finanzämter in Deutschland gleichzeitig abzusenden und die von ihnen erwarteten Vorsteuererstattungen untereinander gleichmäßig aufzuteilen. Zur Vorbereitung besorgten sich die Angeklagten zunächst gefälschte Personaldokumente. Anschließend meldeten sich die Angeklagten D N und F unter falschen Personalien in Berlin beim Landeseinwohneramt an. „Danach meldeten sie unter Verwendung der falschen Personalien ein Gewerbe an und hängten an zwei unterschiedlichen, für sie fremden Adressen jeweils einen Briefkasten auf, um mögliche Postsendungen für die eingerichtete Scheinfirma in Empfang nehmen zu können.“ Ferner eröffneten sie unter falschem Namen Konten und besorgten sich mehrere Mobiltelefone, um für etwaige Rückfragen der Finanzämter erreichbar zu sein.
Anfang Dezember 2001 trafen sich die Angeklagten D sowie N und R F in Berlin und füllten in telefonischer Absprache
mit dem Angeklagten E insgesamt 456 Antragsformulare mit frei erfundenen Umsätzen und Vorsteuern aus, die sie jeweils mit einem falschen Namen unterschrieben. Anschließend übersandten sie die Voranmeldungen zusammen mit einem formlosen Anschreiben und einer Anzeige der Betriebsaufnahme an die entsprechenden Betriebsfinanzämter. Aufgrund der Vielzahl von Anträgen mußten die Angeklagten in der Tatnacht zwei Fahrten zu einem Postbriefkasten in Berlin-Kreuzberg unternehmen, um die Briefe abzusenden. Die Summe der beantragten Vorsteuererstattungsbeträge belief sich auf sieben Millionen DM.
Die Anträge gingen bei den Finanzämtern zwischen dem 12. Dezember und dem 17. Dezember 2001 ein. Zu einer Auszahlung der beantragten Erstattung kam es jedoch nur in einem Fall. Den Betrag von 15.713 DM konnten die Angeklagten allerdings nicht abheben, da die Staatsanwaltschaft bereits vor Eingang des Geldes das Konto gepfändet hatte.
Das Landgericht ist der Auffassung, das Geschehen sei als eine Tat im Sinne natürlicher Handlungseinheit zu werten, da sämtliche Anträge in einer Nacht zur Post gebracht worden seien.
II.
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft sind begründet. Die rechtliche Würdigung des Landgerichts, der festgestellte Sachverhalt sei als eine versuchte Steuerhinterziehung in Tateinheit mit Urkundenfälschung zu werten, hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Zutreffend geht das Landgericht allerdings davon aus, daß Fälle, in denen für Scheinfirmen ohne Bezug auf reale Vorgänge fingierte Umsätze angemeldet und Vorsteuererstattungen begehrt werden, als Steuerhinterziehung und nicht als Betrug zu beurteilen sind (vgl. BGHSt 40, 109; BGH wistra 2004, 309, 310).
Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen ha ben sich die Angeklagten jedoch wegen (vollendeter) Steuerhinterziehung in Tateinheit mit Urkundenfälschung sowie wegen versuchter Steuerhinterziehung in 455 Fällen jeweils in Tateinheit mit Urkundenfälschung schuldig gemacht.
Bei der Beurteilung des Konkurrenzverhältnisses von Steuerstraftaten gilt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs folgendes: Die Abgabe jeder einzelnen unrichtigen Steuererklärung ist grundsätzlich als selbständige Tat im Sinne von § 53 StGB zu werten. Von Tatmehrheit ist also dann auszugehen, wenn die abgegebenen Steuererklärungen verschiedene Steuerarten, verschiedene Besteuerungszeiträume oder verschiedene Steuerpflichtige betreffen. Ausnahmsweise kann Tateinheit vorliegen, wenn die Hinterziehungen durch dieselbe Erklärung bewirkt werden oder wenn mehrere Steuererklärungen durch eine körperliche Handlung gleichzeitig abgegeben werden. Entscheidend dabei ist, daß die Abgabe der Steuererklärungen im äußeren Vorgang zusammenfällt und überdies in den Erklärungen übereinstimmende unrichtige Angaben über die Besteuerungsgrundlagen enthalten sind (vgl. BGHSt 33, 163; BGH, Urteil vom 28. Oktober 2004 – 5 StR 276/04; jew. m.w.Nachw.).
Übereinstimmende unrichtige Angaben im Sinne dieser Rechtsprechung können beispielsweise im Verhältnis von Körperschaftsteuerhinterziehung und Umsatzsteuerhinterziehung (vgl. BGHSt 33, 163, 166; BGH wistra 1996, 62) oder im Verhältnis von Einkommensteuer-, Gewerbesteuerund Umsatzsteuerhinterziehung (vgl. BGH wistra 1996, 231) vorliegen. In solchen Fällen werden übereinstimmende unrichtige Angaben regelmäßig deshalb abgegeben, weil der Täter sich bei unterschiedlichen Angaben über die steuerlich erheblichen Tatsachen in den verschiedenen Steuererklärungen , die letztlich jeweils denselben Lebenssachverhalt betreffen, einem erhöhten Entdeckungsrisiko aussetzen würde.
Indes reicht es für die Annahme übereinstimmender unrichtiger Angaben nicht aus, wenn der Täter – wie im vorliegenden Fall – gegenüber verschiedenen Finanzämtern für vorgetäuschte Unternehmen gleichartige Vorsteuererstattungsansprüche behauptet. Die von den Angeklagten in den Umsatzsteuervoranmeldungen gegenüber 456 unterschiedlichen Finanzämtern mitgeteilten falschen Angaben betrafen jeweils völlig verschiedene frei erfundene Steuerschuldverhältnisse. Die den einzelnen Voranmeldungen jeweils zugrundeliegenden Angaben sollten gerade nicht in die Prüfung der anderen Steuerschuldverhältnisse einfließen, da anderenfalls das strafbare Verhalten (noch) durchschaubarer gewesen wäre. Dies wird auch dadurch deutlich, daß die Angeklagten Vorsteuererstattungen in unterschiedlicher Höhe – zwischen 15.023,44 DM und 16.153,44 DM – geltend machten.
Der Umstand, daß alle 456 Umsatzsteuervoranmeldungen in derselben Nacht in den gleichen Briefkasten geworfen und zur Versendung gebracht wurden, ändert an der konkurrenzrechtlichen Beurteilung im Sinne von Tatmehrheit nichts. Insbesondere führt dies nicht zur Annahme von natürlicher Handlungseinheit.
Soweit in einem Fall die beantragte Vorsteuererstattung durch das Finanzamt ausgezahlt wurde, liegt eine vollendete Steuerhinterziehung vor. Ist – wie bei der Umsatzsteuer – eine Fälligkeitssteuer anzumelden, so kann bereits eine falsche Steueranmeldung zur vollendeten Steuerverkürzung führen , weil sich eine besondere Steuerfestsetzung erübrigt (§ 167 AO); die Steueranmeldung steht dann einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleich (§ 168 Satz 1, § 370 Abs. 4 Satz 1 AO). Dies gilt jedoch nicht, wenn – wie hier – die Steueranmeldung zu einer Steuervergütung führen soll. In einem solchen Fall gilt nach § 168 Satz 2 AO die Steueranmeldung erst dann als Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung, wenn die Finanzbehörde zustimmt; somit ist die Tat mit der Zustimmung der Finanzbehörde vollendet (vgl. BGHR AO § 370 Abs. 1 Vollendung 2). Von der Zustimmung der Finanzbehörde, die keiner Form bedarf (§ 168 Satz 3
AO), kann spätestens ausgegangen werden, wenn der Erstattungsbetrag ausgezahlt wird. Im Fall der Auszahlung der beantragten Vorsteuererstattung ändert sich die rechtliche Bewertung als vollendete Steuerhinterziehung auch nicht dadurch, daß die Staatsanwaltschaft das Konto der Angeklagten, auf das die Auszahlung erfolgte, bereits gepfändet hatte, so daß den Angeklagten der Zugriff auf den Erstattungsbetrag verwehrt wurde. Der Umstand, daß die Abhebung des Geldes durch das schnelle Eingreifen der Ermittlungsbehörden verhindert und die Rückzahlung des Geldes an den Fiskus sichergestellt werden konnte, ist jedoch bei der Strafzumessung von Bedeutung.
Der Senat ändert die Schuldsprüche selbst. Die Vorschrift des § 265 StPO steht dem nicht entgegen, da sich die Angeklagten nicht wirksamer als geschehen hätten verteidigen können. Die Schuldspruchänderungen führen zur Aufhebung der jeweils verhängten Strafaussprüche. Auf die Einzelbeanstandungen der Staatsanwaltschaft gegen die Strafzumessung des Landgerichts kommt es daher nicht mehr an.
III.
Die umfassende Nachprüfung des Urteils aufgrund der vom Angeklagten R F erhobenen Sachrüge hat keinen ihn beschwerenden Rechtsfehler aufgedeckt.
Harms Häger Gerhardt Brause Schaal
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(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt.
(2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt.
(3) § 52 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäß.
(1) Ist eine Steuer auf Grund gesetzlicher Verpflichtung anzumelden (§ 150 Abs. 1 Satz 3), so ist eine Festsetzung der Steuer nach § 155 nur erforderlich, wenn die Festsetzung zu einer abweichenden Steuer führt oder der Steuer- oder Haftungsschuldner die Steueranmeldung nicht abgibt. Satz 1 gilt sinngemäß, wenn die Steuer auf Grund gesetzlicher Verpflichtung durch Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern zu entrichten ist. Erkennt der Steuer- oder Haftungsschuldner nach Abschluss einer Außenprüfung im Sinne des § 193 Abs. 2 Nr. 1 seine Zahlungsverpflichtung schriftlich an, steht das Anerkenntnis einer Steueranmeldung gleich.
(2) Steueranmeldungen gelten auch dann als rechtzeitig abgegeben, wenn sie fristgerecht bei der zuständigen Kasse eingehen. Dies gilt nicht für Einfuhr- und Ausfuhrabgaben und Verbrauchsteuern.
Eine Steueranmeldung steht einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleich. Führt die Steueranmeldung zu einer Herabsetzung der bisher zu entrichtenden Steuer oder zu einer Steuervergütung, so gilt Satz 1 erst, wenn die Finanzbehörde zustimmt. Die Zustimmung bedarf keiner Form.
(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
- 1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht, - 2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder - 3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
(2) Der Versuch ist strafbar.
(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
- 1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt, - 2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht, - 3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht, - 4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt, - 5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder - 6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.
(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.
(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.
(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.
(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.
Eine Steueranmeldung steht einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleich. Führt die Steueranmeldung zu einer Herabsetzung der bisher zu entrichtenden Steuer oder zu einer Steuervergütung, so gilt Satz 1 erst, wenn die Finanzbehörde zustimmt. Die Zustimmung bedarf keiner Form.
(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
- 1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht, - 2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder - 3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
(2) Der Versuch ist strafbar.
(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
- 1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt, - 2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht, - 3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht, - 4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt, - 5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder - 6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.
(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.
(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.
(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.
(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.
(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.
(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn
- 1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen, - 2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder - 3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.
(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.
(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.