Bundesgerichtshof Urteil, 23. Aug. 2017 - 2 StR 560/15

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:230817U2STR560.15.0
23.08.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 560/15
vom
23. August 2017
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
5.
wegen schweren Raubes u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:230817U2STR560.15.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlung vom 26. Juli 2017 in der Sitzung am 23. August 2017, an denen teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Krehl als Vorsitzender, Richter am Bundesgerichtshof Dr. Eschelbach, die Richterinnen am Bundesgerichtshof Dr. Bartel, Wimmer, Richter am Bundesgerichtshof Dr. Grube, Bundesanwältin beim Bundesgerichtshof in der Verhandlung, Staatsanwalt bei der Verkündung als Vertreter der Bundesanwaltschaft, Rechtsanwältin in der Verhandlung, als Verteidigerin der Angeklagten K. , Rechtsanwältin in der Verhandlung, als Verteidigerin des Angeklagten H. , Rechtsanwalt in der Verhandlung, als Verteidiger des Angeklagten N. , Rechtsanwalt in der Verhandlung, als Verteidiger des Angeklagten L. , Rechtsanwalt in der Verhandlung , als Verteidiger des Angeklagten G. , Justizangestellte in der Verhandlung, Amtsinspektorin bei der Verkündung als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten L. und N. wird das Urteil des Landgerichts Gießen vom 29. Juni 2015, soweit es sie betrifft, im Strafausspruch mit den jeweiligen Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehenden Revisionen sowie die Revisionen der Angeklagten H. , G. und K. werden verworfen. 4. Die Beschwerdeführer H. , G. und K. haben die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen schweren Raubes in Tateinheit mit unerlaubtem Verschaffen von Betäubungsmitteln, die Angeklagten L. und G. ferner jeweils tateinheitlich wegen unerlaubten Führens einer Schusswaffe sowie den Angeklagten G. darüber hinaus tatmehrheitlich wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln zu Freiheitsstrafen verurteilt. Es hat gegen die Angeklagte K. drei Jahre Freiheitsstrafe, gegen den Angeklagten H. eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten , gegen den Angeklagten L. eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten, gegen den Angeklagten G. eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten sowie gegen den Angeklagten N. unter Einbeziehung weiterer Urteile eine Einheitsjugendstrafe von drei Jahren verhängt. Die auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützten Rechtsmittel haben in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen sind sie unbegründet.

I.

2
1. Die Angeklagten G. , H. und K. planten, den Zeugen Kr. „abzurippen“, um an Drogen zu kommen. Aus diesem Grund wandten sich die Angeklagten H. und K. an Kr. und spiegelten ihm vor, einen Interessenten für einen Haschischdeal von 1.500 € zu haben. Dieser ließ sich auf das Geschäft ein, wenngleich er seinem neuen Kunden statt der vereinbarten 150 Gramm Marihuana lediglich 120 Gramm mitbringen wollte. G. kümmerte sich um Verstärkung und nahm Kontakt zum Angeklagten N. auf, mit dem er schon zuvor über eine solche Aktion gesprochen hatte. Dieser kam am Tattag mit L. überein, sich zu beteiligen.
3
Am Tattag, dem 28. April 2014, fuhren alle Angeklagten in einem PKW zum Tatort, dem Parkplatz eines Lebensmitteldiscounters, und warteten dort auf das Eintreffen des Zeugen Kr. . Dieser erschien gegen 20.30 Uhr mit zwei Begleitern und mit einer Plastiktüte in der Hand und wurde von den Angeklagten H. und K. mit Handschlag begrüßt, währenddessen L. und N. aus Verstecken hinzutraten. Als sich Kr. erkundigte , wer das Geld habe, antwortete N. mit einer Armbewegung „in Richtung Bauch“, es gebe kein Geld, Kr. solle das „dope“ hergeben. Da er befürchtete, Kr. könne sich verteidigen wollen, griff er nach dessen Arm und zog ihn zu Boden. In diesem Augenblick zogen G. und L. ihre mitgebrachten Schreckschusspistolen hervor. G. richtete sie mit einem Abstand von einem Meter auf den Kopf von Kr. , L. hielt die Begleiter von Kr. in Schach. Dieser wollte die Drogen in Sicherheit bringen und warf die Plastiktüte in Richtung seiner Begleiter. Der Angeklagte G. ging dazwischen und nahm die Tüte an sich. Daraufhin rannten alle Angeklagten zurück zum Auto, N. blieb kurz zurück und rief dem Zeugen Kr. zu, er solle aufhören, in seinem Bereich zu dealen. Schließlich fuhren alle Angeklagten mit dem Auto davon und teilten das Marihuana auf.
4
2. Knapp zwei Wochen später hielt sich der Angeklagte G. in einer Gartenhütte in O. auf und trug in seiner Bauchtasche 24,3 Gramm Marihuana bei sich.

II.

5
1. Der Schuldspruch hält rechtlicher Nachprüfung stand. Dies gilt auch, soweit das Landgericht die Angeklagten wegen schweren Raubes von Betäubungsmitteln verurteilt hat. Nicht verkehrsfähige Betäubungsmittel können nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs fremde, bewegliche Sachen und damit Tatobjekt eines Raubes sein (vgl. zuletzt mit vielen Nachweisen BGH, NJW 2015, 2898, 2900; zur Begründung näher: BGH, NJW 2006, 72).
6
Der Senat hatte mit Blick auf die im Anfragebeschluss vom 1. Juni 2016 im Verfahren 2 StR 335/15 geäußerte Rechtsansicht, wonach (illegale) Drogen nicht zum strafrechtlich geschützten Vermögen zählen (vgl. NStZ 2016, 596) im vorliegenden Verfahren aufgrund der Hauptverhandlung vom 18. Januar 2017 zwar beschlossen, auch hinsichtlich der Reichweite des Eigentumsschutzes bei Betäubungsmitteln ein Anfrageverfahren einzuleiten (vgl. zu den Bedenken gegen den Eigentumsschutz auch von Betäubungsmitteln Bechtel, JR 2017,197 ff.). An dieser Anfrage aber hält der Senat nicht mehr fest, nachdem er mit Urteilen vom 16. August 2017 in den Verfahren 2 StR 335/15 und 2 StR 344/15 entschieden hat, nach Eingang der durchweg der Ansicht des Senats entgegentretenden Antworten der anderen Strafsenate des Bundesgerichtshofs das Verfahren nach § 132 Abs. 2 GVG hinsichtlich der Frage des Vermögensschutzes von Drogen nicht weiterzuverfolgen.
7
2. Auch der Strafausspruch hinsichtlich der Angeklagten H. , G. und K. hält rechtlicher Nachprüfung stand. Hingegen begegnet er, soweit die Angeklagten L. und N. betroffen sind, durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
8
a) Das Landgericht hat sowohl bei der Strafrahmenwahl als auch bei der konkreten Strafzumessung die „einschlägige Vorbelastung“ des Angeklagten L. vom 31. Juli 2014 straferschwerend gewertet, die erst nach der verfahrensgegenständlichen Tat ergangen ist. Dies wäre zwar – ungeachtet der unzutreffenden Einordnung als „Vorbelastung“ dann rechtlich nicht zu beanstanden, wenn diese Straftat nach ihrer Art und nach der Persönlichkeit des Täters auf Rechtsfeindlichkeit, Gefährlichkeit und die Gefahr künftiger Rechtsbrüche schließen ließe (vgl. BGH NStZ 2007, 150). Ob dies der Fall ist, kann der Senat aber nicht abschließend beurteilen, da der dieser Verurteilung zugrunde liegende Sachverhalt den Urteilsgründen nicht entnommen werden kann. Da sich nicht ausschließen lässt, dass das Landgericht bei rechtsfehlerfreier Würdigung zur Annahme eines minder schweren Falles oder einer milderen Freiheitsstrafe gelangt wäre, bedarf die Sache insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung.
9
b) Hinsichtlich des Angeklagten N. hat das Landgericht zwar rechtsfehlerfrei die Verhängung einer Jugendstrafe für erforderlich erachtet. Hingegen begegnen die Ausführungen zur Höhe der Jugendstrafe durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Das Landgericht ist davon ausgegangen, dass der Angeklagte bis heute ein unreflektiertes Verhalten ohne belastbare Berufsoder Lebensperspektive an den Tag lege, nachhaltige und bereits länger zurück reichende Änderungen in seinen persönlichen und vor allem auch beruflichen Lebensverhältnissen nicht zu verzeichnen seien, in der Hauptverhandlung bekundete Absichten, von künftigen Straftaten aus besserer Einsicht abzulassen, ersichtlich dem Verfahrensdruck geschuldet seien, der auf ihm gelastet habe, und es sich erst noch herausstellen müsse, ob der Angeklagte vor allem auch langfristig zu mehr als reinen Lippenbekenntnissen willens und in der Lage sei. Diese Erwägungen lassen besorgen, dass die Strafkammer bei dieser Würdigung die jüngste Entwicklung des Angeklagten nicht in genügendem Maße in den Blick genommen hat. Im Rahmen der Angaben zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten führt sie aus, der Angeklagte habe nur kurze Zeit nach der Tat monatliche Beratungsgespräche im Zentrum für Jugendberatung und Suchthilfe aufgenommen, habe sich Ende des Jahres 2014 dreieinhalb Wochen in stationärer Behandlung einer Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie befunden und sei schließlich am 26. Februar 2015 zur Durchführung einer stationären medizinischen Entwöhnungsbehandlung in einer Fachklinik aufgenommen worden, aus der er am 13. August 2015 entlassen werden sollte. Abschließend weist das Landgericht darauf hin, dass dem Angeklagten dort, bei negativen Drogentests, eine zuverlässige und sehr motivierte Mitarbeit bescheinigt werde. Angesichts der in diesen Ausführungen wiedergegebenen Entwicklung des Angeklagten, die nicht nur kurzfristiger Natur ist und belegt, dass der Angeklagte seit mehr als einem Jahr aktiv und offenbar nachhaltig Anstrengungen zur Bekämpfung seiner Drogenabhängigkeit unternommen hat, hält der Senat die Wertung des Landgerichts nicht für tragfähig, der Angeklagte lege bis heute ein „unreflektiertes“ Verhalten ohne belastbare Berufs- oderLebensperspektive an den Tag und lasse „nachhaltige und bereits länger zurück- liegende Änderungen in seinen persönlichen Lebensverhältnissen vermissen“. Die vom Angeklagten eingeleiteten Schritte gegen seine Drogensucht, wie sie sich den Urteilsgründen entnehmen lassen, weisen vielmehr darauf hin, dass er hiermit aus eigener Einsicht wesentliche Grundlagen seines bisherigen Lebens zu ändern in Angriff genommen hat.
10
Dieser Rechtsfehler führt zur Aufhebung des Strafausspruchs. Der Senat kann nicht ausschließen, dass die Strafkammer bei fehlerfreier Würdigung zu einem geringeren Erziehungsbedarf des Angeklagten und damit zu einer niedrigeren Einheitsjugendstrafe gelangt wäre. Richter am BGH Dr. Eschelbach, Richterinnen am BGH Dr. Bartel und Wimmer sind an der Unterschriftsleistung gehindert. Krehl Krehl Grube

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 335/15
vom
1. Juni 2016
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:010616B2STR335.15.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 1. Juni 2016 gemäß § 132 Abs. 3 Satz 1 GVG beschlossen:
Die Revisionshauptverhandlung wird unterbrochen. Der Senat beabsichtigt zu entscheiden: Die Nötigung zur Herausgabe von Betäubungsmitteln richtet sich nicht gegen das Vermögen des Genötigten und erfüllt daher nicht den Tatbestand der Erpressung. Der Senat fragt bei den anderen Strafsenaten an, ob sie dem zustimmen oder an etwa entgegenstehender Rechtsprechung festhalten.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten D. wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Die Angeklagte S. hat es wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und wegen tätlicher Beleidigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt und ihre Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Gegen den Angeklagten B. hat es wegen Beihilfe zur besondersschweren räuberischen Erpressung in Tateinheit mit Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verhängt, de- ren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Gegen dieses Urteil richten sich die Revisionen der Angeklagten mit der Sachrüge.

A.

2
Die drogensüchtigen Angeklagten D. und S. hatten nach den Feststellungen des Landgerichts am 10. Juni 2014 den Rest ihres Heroinvorrats konsumiert und befürchteten Entzugserscheinungen. Nachdem D. vergeblich versucht hatte, Heroin zu kaufen, erfuhr er, dass der Nebenkläger damit Handel treibt. Er beschloss, den Nebenkläger mit Gewalt zur Herausgabe von Heroin zu zwingen und weihte die Angeklagte S. in seinen Plan ein; diese erklärte sich damit einverstanden. Ferner gewann der Angeklagte D. den Angeklagten B. dafür, bei dem Überfall mitzuwirken. Die Angeklagten traten die Wohnungstür des Nebenklägers ein. D. fragte den Nebenkläger sogleich nach „Dope“, worauf dieser erwiderte , dass er keines besitze. Deshalb packte D. den Nebenkläger am Kragen und versetzte ihm Schläge mit der Aufforderung: „gib uns das Zeug raus“. Auch die Angeklagte S. schlug den Nebenkläger und verlangte die Herausgabe von Heroin. Der Angeklagte B. forderte ebenfalls: „gib den Stoff raus“. Die Angeklagte S. hielt dem Nebenkläger auch einen spitzen Gegenstand, eine Schere oder ein Messer, vor das Gesicht und bedrohte ihn damit, was die anderen Angeklagten billigten. Bei dem Versuch des Nebenklägers zu fliehen, wurde er von dem Angeklagten B. festgehalten. Nach weiteren Schlägen gab er drei Plomben Heroin mit der Bemerkung heraus: „hier, könnt ihr haben, mehr habe ich nicht“. Nach Hilferufen des Nebenklägers flohen die Angeklagten unter Mitnahme des Heroins (Fall II.2. der Urteilsgründe).

B.

3
Der Senat hält die Revisionen der Angeklagten für begründet, soweit sie sich gegen die Verurteilung wegen Beteiligung an einer besonders schweren räuberischen Erpressung richten. Der Tatbestand der Erpressung setzt voraus, dass der Täter dem Vermögen eines Anderen einen Nachteil zufügt. Der Begriff des Vermögens entspricht hier demjenigen des Betrugstatbestands. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist dem Vermögen im Sinne der §§ 253, 263 StGB auch der unerlaubte Besitz von Betäubungsmitteln zuzurechnen, weil der strafrechtliche Vermögensbegriff wirtschaftlich betrachtet werden soll. Daran will der Senat nicht festhalten. Er beabsichtigt zu entscheiden, dass die Nötigung zur Übertragung von unerlaubtem Besitz an Betäubungsmitteln nicht das strafrechtlich geschützte Vermögen betrifft. Er fragt deshalb wegen Divergenz und grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfrage bei den anderen Strafsenaten an, ob diese ihm folgen oder an der bisherigen Rechtsprechung festhalten.

I.

4
1. Das Reichsgericht hatte zuerst nur zivilrechtlich anerkannte Vermögensgegenstände dem vom Strafrecht geschützten Vermögen zugeordnet. Deshalb wurden Ansprüche auf Zahlung von Geldbeträgen, die aus Dirnenlohn herrührten (RG, Urteil vom 27. April 1889 – Rep. 694/89, RGSt 19, 186, 188 ff.; Urteil vom 20. Juni 1895 – Rep. 1877/95, RGSt 27, 300 f.), der Kaufpreis für gestohlene Banknoten (RG, Urteil vom 6. November 1890 – Rep. 2222/90, RGSt 21, 161 ff.) oder für unbrauchbare Mittel zur Durchführung eines strafbaren Schwangerschaftsabbruchs (RG, Urteil vom 3. Juli 1903 – Rep. 937/03, RGSt 36, 334, 343 ff.), das Entgelt für den Verkauf einer hehlerisch erlangten Sache (RG, Urteil vom 18. Dezember 1903 – Rep. 5722/03) oder der Lohn für Parteiverrat (RG, Urteil vom 3. Mai 1904 – Rep. 1851/04, RGSt 37, 161 f.) ebenso vom Begriff des strafrechtlich geschützten Vermögens aus- geklammert wie das Entgelt für den vorgetäuschten Verkauf von Falschgeld (RG, Urteil vom 24. Mai 1907 – 5 D 1062/06, GA Bd. 54 [1907], S. 418).
5
Von diesem Ansatz wichen die Vereinigten Strafsenate des Reichsgerichts in einem Fall ab, in dem es erneut um die Täuschung von Frauen über die Tauglichkeit eines an sie verkauften Mittels zur Herbeiführung eines Schwangerschaftsabbruchs ging (RG, Beschluss vom 14. Dezember 1910 – II 1214/10, RGSt 44, 230 ff. mit Anm. Binding DJZ 1911, Sp. 553 ff.).
6
Die Vereinigten Strafsenate führten aus, der Begriff des rechtlich geschützten Vermögens sei irreführend. Er erwecke die Vorstellung, als gebe es Vermögen, das rechtlich nicht geschützt sei. Jedoch sei die Auffassung unzutreffend , dass demjenigen, der eine Sache oder Forderung widerrechtlich erworben habe, diese nicht durch Vermögensdelikt entzogen werden könne. Einen Rechtssatz, der einen Straftäter mit Bezug auf sein Vermögen friedlos mache, habe das Reichsgericht nicht vertreten. Vermögen sei wirtschaftliche Macht, also alles, was für die wirtschaftlichen Verhältnisse einer Person einen Wert habe. Da jeder Wert in Geld ausgedrückt werden könne, gehe es letztlich um die Summe der geldwerten Güter einer Person.
7
2. Nach dem Krieg übernahm der Oberste Gerichtshof für die Britische Zone diesen Ansatz (OGHBrZ, Urteil vom 11. Oktober 1949 – StS 160/49, OGHSt 2, 193, 201 f.).
8
3. Auch der Bundesgerichtshof folgte bald darauf der Entscheidung der Vereinigten Strafsenate des Reichsgerichts.
9
a) In seiner ersten Entscheidung zu dieser Frage führte er aus, auch die Forderung aus einem unsittlichen oder gesetzwidrigen Geschäft könne unter Umständen dem wirtschaftlichen Vermögen zugerechnet werden (BGH, Urteil vom 25. November 1951 – 4 StR 574/51, BGHSt 2, 364, 365 ff.). Die strafrechtliche Rechtsprechung habe sich im Streben nach befriedigenden Ergeb- nissen von der bürgerlich-rechtlichen Betrachtungsweise abgewendet und dem wirtschaftlichen Vermögensbegriff zunehmend Geltung verschafft. Auch eine nichtige Forderung könne wirtschaftlichen Wert haben. Dabei sei in erster Linie an geschäftliche, verwandtschaftliche, freundschaftliche, sonstige gesellschaftliche oder andere Bindungen zu denken, die den Schuldner veranlassen könnten, die wegen Nichtigkeit nicht einklagbare Forderung dennoch zu begleichen , etwa auch, um Nachteile zu vermeiden, die sich aus der Verweigerung der Zahlung ergeben könnten. Die Einklagbarkeit sei bei wirtschaftlicher Betrachtung kein entscheidendes Merkmal für einen Vermögensgegenstand. Der Einwand, dass der widerrechtliche Erwerber einer Sache oder Forderung keines strafrechtlichen Schutzes würdig sei, greife nicht durch. Es komme in erster Linie darauf an, den vom Gesetzgeber mit dem Strafrecht verfolgten Zweck der Rechtssicherheit zu erreichen. Nicht allein dem Geschädigten werde die strafrechtliche Sühne als Genugtuung geschuldet, sondern auch der Allgemeinheit. Das Ergebnis, zu dem die bürgerlich-rechtliche Betrachtung des Vermögens führe, begegne rechtspolitischen Bedenken, insbesondere wenn die Straflosigkeit eines derartigen Verhaltens einen Anreiz für Verbrecher bilde, sich Opfer in Kreisen schwacher Personen zu suchen. Die Gegenansicht lasse die beim Täter zutage getretene Gefährlichkeit außer Betracht. In zahlreichen Fällen trete der Verstoß gegen das Gesetz oder die guten Sitten hinter der Verwerflichkeit des Handelnden, der sich einen solchen Sachverhalt wirtschaftlich zu Nutze mache, zurück.
10
Mit demselben rechtlichen Ansatz bewertete der Bundesgerichtshof die Nötigung zur Herausgabe eines rechtswidrig erlangten Besitzes als Vermögensdelikt (BGH, Urteil vom 16. August 1995 – 2 StR 303/95, BGHR StGB § 253 Abs. 1 Vermögenswert 1; Urteil vom 25. Februar 1997 – 1 StR 804/96, NStZ-RR 1997, 297 f.; Urteil vom 4. September 2001 – 1 StR 167/01, NStZ 2002, 33). Im Fall einer Täuschung bei einem Betäubungsmittelgeschäft ging er von Betrug wegen Lieferung von Schokolade statt Haschisch und bei der anschließenden Nötigung zur Unterlassung der Durchsetzung eines Rückgabeanspruchs von (räuberischer) Erpressung aus (BGH aaO NStZ 2002, 33; s.a. Beschluss vom 25. März 2003 – 1 StR 9/03, NStZ-RR 2003, 185).
11
b) Einschränkungen wurden später beim subjektiven Tatbestand gemacht. In einem Fall, in dem der Käufer von Rauschgift durch Täuschung zu einer Geldzahlung veranlasst wurde, ohne das Rauschgift zu erhalten, billigte der Bundesgerichtshof dem Verkäufer einen Schadensersatzanspruch zu und führte aus, dieser Anspruch könne der Absicht rechtswidriger Bereicherung entgegenstehen (BGH, Beschluss vom 12. März 2002 – 3 StR 4/02, NStZ 2003, 151, 152 f. mit Anm. Kindhäuser/Wallau = JR 2003, 163 f. mit Anm. Engländer). Mit Hinweis auf Besitzschutzansprüche, die auch einem Dieb gegen verbotene Eigenmacht zustünden, beanstandete er eine Verurteilung wegen (schwerer räuberischer) Erpressung, weil die Absicht rechtswidriger Bereicherung nicht belegt sei (BGH, Beschluss vom 18. Oktober 2007 – 4 StR 422/07, NStZ 2009, 37 mit Anm. Dehne-Niemann).
12
c) Beim Betrug zum Nachteil von Prostituierten wich die Rechtsprechung vor Inkrafttreten des Prostitutionsgesetzes aber von diesem so genannten wirtschaftlichen Vermögensbegriff ab (BGH, Urteil vom 9. Oktober 1953 – 2 StR 402/53, BGHSt 4, 373; Beschluss vom 28. April 1987 – 5 StR 566/86; NStZ 1987, 407; für die Rechtslage nach Inkrafttreten des Prostitutionsgesetzes BGH, Urteil vom 2. Februar 2016 – 1 StR 435/15, NStZ 2016, 283 ff.). Zwar könne auch die Möglichkeit, die eigene Arbeitskraft zur Erbringung von Dienstleistungen einzusetzen, zum Vermögen gehören. Das gelte aber nicht für Leistungen, die verbotenen oder unsittlichen Zwecken dienen. Das Strafrecht setze sich in Widerspruch zur übrigen Rechtsordnung, wenn es im Rahmen eines Vermögensdelikts auch solchen Ansprüchen Schutz gewährte, die aus verbotenen oder unsittlichen Rechtsgeschäften hergeleitet werden.
13
d) Dagegen hat der Bundesgerichtshof die (qualifizierte) Nötigung zur Herausgabe von Betäubungsmitteln als (schwere räuberische) Erpressung angesehen (BGH, Beschluss vom 26. Juli 1995 – 3 StR 694/93, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Sichverschaffen 2). Die Beteiligten eines Betäubungsmittelgeschäfts seien nicht aus dem Schutzbereich des Vermögensdelikts auszuklammern. Ein wegen seiner Herkunft, Entstehung oder Verwendung schlechthin schutzunwürdiges Vermögen kenne die Rechtsordnung nicht. Auch könne ein vermögensstrafrechtlich relevanter Schaden des Betäubungsmittelerwerbers und daran anknüpfend ein Ersatzanspruch gegen den Betrüger oder Erpresser nicht deswegen verneint werden, weil das Kaufgeld, das zu strafbaren Zwecken eingesetzt werde oder aus strafbarem Tun herrühre , der Einziehung oder dem Verfall unterliege. Einziehung und Verfall knüpften an das Vorliegen einer Straftat an. Für die Auslegung der tatbestandlichen Voraussetzungen der Vermögensdelikte könnten diese Maßnahmen keine tauglichen Kriterien liefern.
14
In einem Fall, in dem Drogenhändler vom Abnehmer über dessen Zahlungsfähigkeit getäuscht wurden und nach der Übergabe der Betäubungsmittel mit Nötigungsmitteln die Herausgabe von Wertgegenständen als Surrogat für die Erfüllung der Kaufpreisforderung erzwungen hatten, hat der 3. Strafsenat die Frage, ob auch der unerlaubte Besitz an Betäubungsmitteln als Vermögensbestandteil zu bewerten sei, offen gelassen. Selbst wenn der Verlust des (unerlaubten) Besitzes von Betäubungsmitteln als Vermögenschaden zu bewerten wäre, habe den Tätern nämlich kein Anspruch auf dessen Ersatz zugestanden (BGH, Urteil vom 7. August 2003 – 3 StR 137/03, BGHSt 48, 322, 326 ff. mit Aufs. Swoboda NStZ 2005, 476 ff.). Die Entscheidung für den umgekehrten Fall, dass der betrogene Käufer dem Betäubungsmittelhändler den betrügerisch erlangten Kaufpreis abpresst (BGH, Beschluss vom 12. März 2002 – 3 StR 4/02 mit Anm. Mitsch JuS 2003, 122 ff.), stehe dem nicht entgegen.
15
Der Senat hat in einer Entscheidung darauf hingewiesen, die Annahme, der Verlust des illegalen Besitzes von Betäubungsmitteln sei ein vom Recht anerkannter Vermögensschaden, sei jedenfalls nicht unbestritten (Senat, Beschluss vom 30. Juli 2013 – 2 StR 150/13, StraFo 2013, 480).

II.

16
Der unerlaubte Besitz von Betäubungsmitteln ist kein Bestandteil des nach §§ 253, 263 StGB geschützten Vermögens.
17
1. Es gibt kein strafrechtlich schutzwürdiges Vermögen außerhalb des Rechts (vgl. Fischer in Fischer/Hoven/Huber/Raum/Rönnau/Saliger/Trüg [Hrsg.], Dogmatik und Praxis des strafrechtlichen Vermögensschadens, 2016, S. 51, 54) oder sogar im Widerspruch dazu. Auch der Besitz ist nur dann ein Bestandteil des geschützten Vermögens, wenn er auf einem Recht zum Besitz beruht (vgl. Gallas in Festschrift für Eb. Schmidt, 1961, S. 401, 408, 417, 426). Der strafbare Besitz von Betäubungsmitteln ist deshalb kein durch Strafrecht zu schützendes Rechtsgut. Vielmehr ist der Verlust dieses unerlaubten Besitzes gerade der rechtlich erwünschte Zustand (vgl. Mitsch JuS 2003, 122,

124).

18
Die gleichzeitige Strafdrohung gegen denjenigen, der unerlaubt Betäubungsmittel besitzt (§ 29 Abs. 1 Nr. 3, § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) und gegen denjenigen, der dem Besitzer diesen unerlaubten Besitz durch Täuschung (§ 263 StGB) oder Nötigung (§§ 253, 255 StGB) entzieht, stellt einen offenkundigen Widerspruch dar. Zugleich fehlt es an einer Legitimation des Staates zur Bestrafung der auf die Entziehung eines seinerseits strafbaren Besitzes gerichteten Handlung unter dem speziellen Gesichtspunkt eines Vermögensdelikts (vgl. Hillenkamp in Festschrift für Achenbach, 2011, S. 189, 198 ff.).
19
Das Strafrecht wird als „ultima ratio“ des Rechtsgüterschutzes nur eingesetzt , wenn ein bestimmtes Verhalten über sein Verbotensein hinaus in be- sonderer Weise sozialschädlich und für das geordnete Zusammenleben der Menschen unerträglich, seine Verhinderung daher besonders dringlich ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2008 – 2 BvR 392/07, BVerfGE 120, 224, 239 f.). Der unerlaubte Besitz an Betäubungsmitteln ist, gemessen an dieser Anforderung, kein strafrechtlich schutzbedürftiges Rechtsgut, seine Entziehung ist nicht unerträglich, deren Verhinderung durch Strafrecht nicht geboten. Das Strafrecht darf nicht dazu dienen, strafbare Positionen zu schützen und insoweit eine „faktische Anerkennung des Unrechtsverkehrs“ vorzunehmen (vgl. Cramer JuS 1966, 472, 476); denn dies verstieße seinerseits gegen Wertentscheidungen der Verfassung (vgl. Zieschang in Festschrift für H. J. Hirsch, 1999, S. 831, 838 ff.).
20
Die Formel, dass es ein strafrechtlich nicht geschütztes Vermögen nicht gebe (krit. bereits Binding DJZ 1911, Sp. 553, 561 f.), ist tautologisch und mit Blick auf den strafbaren Besitz von Betäubungsmitteln jedenfalls unzutreffend.
21
2. Die Argumente, die bisher für die Anwendung der Vermögensdelikte auf die Entziehung unerlaubten Betäubungsmittelbesitzes angeführt werden, sind nicht tragfähig.
22
a) Nicht die „Gefährlichkeit des Täters“ oder seine „kriminelle Gesin- nung“, sondern die Tatbestandsmäßigkeit seiner Handlung bestimmt im gel- tenden Tatstrafrecht die Strafbarkeit. Das von einem Täterstrafrecht geprägte Vorstellungsbild des Reichsgerichts ist überholt.
23
b) Die Strafbarkeit nach anderen Straftatbeständen als den Vermögensdelikten (§§ 29 ff. BtMG, §§ 240, 261 StGB u.a.) bleibt bei der Ausklammerung des unerlaubten Besitzes aus dem strafrechtlich geschützten Vermögen unberührt und verhindert, dass ein strafrechtsfreier Raum entsteht (vgl. Fischer, StGB, 63. Aufl., § 263 Rn. 109).
24
Aufgabe der spezifischen Vermögensdelikte ist es zudem nicht, zur Vermeidung einer sonst zu befürchtenden Strafbarkeitslücke den Rechtsfrieden zu bewahren (vgl. Gallas aaO, S. 426). Erst recht ist es nicht geboten, den Anwendungsbereich der Vermögensdelikte anhand von kriminalpolitischen Billigkeitserwägungen der Rechtsprechung auszudehnen (vgl. Zieschang aaO S. 841 ff.).
25
Die Annahme, den Vermögensdelikten komme die Aufgabe zu, über den Schutz des Rechtsguts „Vermögen“ hinaus die allgemeine Rechtsordnung zu schützen (krit. bereits Lenckner JZ 1967, 105, 107 f.), geht ferner daran vorbei, dass die Strafrechtsordnung heute eine Vielzahl von Auffangtatbeständen zur Schließung von Strafbarkeitslücken vorsieht. Für eine weite Auslegung der §§ 253, 263 StGB besteht daher kein Bedarf. Sie steht in Widerspruch zum Gebot der engen Auslegung des fragmentarischen Strafrechts nach dem ultima-ratio-Prinzip.
26
c) Das Argument, aus der Möglichkeit von Einziehung oder Verfall sei kein Grund zu der Annahme abzuleiten, dass der unerlaubte Besitz von Betäubungsmitteln nicht durch die §§ 253, 263 StGB geschützt werden müsse, geht ebenfalls fehl.
27
Strafbar ist unter anderem, wer Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt , veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG). Auch Geld, das zur Bezahlung von Betäubungsmitteln verwendet wird, ist Tatmittel des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln, solange der Austausch von Leistung und Gegenleistung nicht zur Ruhe gekommen ist (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juli 1997 – 1 StR 791/96, BGHSt 43, 158, 162); anschließend ist es Objekt der Geldwäsche (§ 261 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder Nr. 2 Buchst. b StGB). Betäubungsmittel und Drogengeld unterliegen deshalb der Konfiskation durch Ein- ziehung (§ 33 Abs. 2 BtMG, § 74, § 261 Abs. 7 StGB) oder Verfall (§ 73 StGB). Auf die Vermögensdelikte kommt es insoweit nicht an (vgl. Fischer, StGB § 263 Rn. 108).
28
Das Strafrecht trachtet danach, den Betäubungsmitteln und dem bei Betäubungsmittelgeschäften eingesetzten Geld die Verkehrsfähigkeit abzuerkennen , indem nahezu jeder Umgang damit bei Strafe verboten wird (§§ 29 ff. BtMG, § 261 Abs. 1 und 2 StGB). Das Argument, der Straftäter dürfe „nicht friedlos gestellt“ werden, wird dadurch ebenfalls entwertet.
29
d) Die Besitzschutzregeln der §§ 858 ff. BGB, die bisweilen als Grund für die Forderung nach einem flankierenden strafrechtlichen Schutz des Besitzes angeführt werden, dienen nicht dem Schutz des Vermögensbestands (vgl. NK/Kindhäuser, StGB, 4. Aufl., § 263 Rn. 239) und besagen nichts über die Legitimität des Besitzes. Sie ändern deshalb nichts an der strafrechtlichen Bewertung des Vermögens (vgl. Cramer, Vermögensbegriff und Vermögensschaden im Strafrecht, 1969, S. 226 ff.; Gallas aaO S. 426). Ein Anspruch auf Einräumung des – strafbaren – Besitzes an Betäubungsmitteln kann daraus nicht hergeleitet werden (vgl. Dehne-Niemann NStZ 2009, 37 f.; Hillenkamp aaO S. 205; Zieschang aaO S. 837 ff.).
30
3. Drogen haben zwar auf dem Schwarzmarkt gerade wegen ihrer Illegalität hohen Wert, auf dem legalen Markt hingegen – solange keine Ausnahmegenehmigung vorliegt – gar keinen Wert. Auch mit Hinweis darauf wird in der Literatur angenommen, dass der unerlaubte Besitz von Betäubungsmitteln nicht zum strafrechtlich geschützten Vermögen zählt (vgl. Maier in Matt/Renzikowski, StGB, 2013, § 253 Rn. 23; Wittig in BeckOKStGB, 30. Edition, § 253 Rn. 9.1). Das ist zur Vermeidung einer faktischen Anerkennung des illegalen Markts und seiner in den Handelsstufen progressiven Wertsetzungen geboten. Schließlich erkennt die Rechtsordnung demjenigen, der unerlaubten Drogenbesitz durch ein Vermögensdelikt verliert, nicht nur keinen zivilrechtlichen Schadensersatzanspruch zu, sondern auch keinen solchen nach dem Wertgefüge des illegalen Markts.
31
4. Die Anwendung der Vermögensdelikte auf die Entziehung des Drogenbesitzes ist schließlich nicht deshalb geboten, weil in angrenzenden Fällen , in denen dem Opfer die Betäubungsmittel weggenommen werden, ein Eigentumsdelikt vorläge.
32
a) Divergenzen zwischen dem Schutz von Eigentum und Vermögen werden auch an anderer Stelle hingenommen und zwingen nicht dazu, die Auslegung des Merkmals „Vermögen“ auf illegal erworbene Rechtspositionen zu erstrecken (vgl. Kudlich JA 2006, 335, 336).
33
b) Der Schutz des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln gegen Wegnahme durch Eigentumsdelikte erscheint zudem seinerseits nicht zwingend (abl. etwa Engel NStZ 1991, 520 ff.; MünchKomm/Schmitz, StGB, 2. Aufl., § 242 Rn. 17 f.; Wolters in Festschrift für Samson, 2010, S. 495 ff.; s.a. Fischer, StGB § 242 Rn. 5a; dafür aber BGH, Beschluss vom 20. September 2005 – 3 StR 295/05, ZIS 2006, 36 f. mit Anm. Hauck; Marcelli NStZ 1992, 220 ff.; Vitt NStZ 1992, 221 ff.).
34
Werden Betäubungsmittel entgegen einem strafrechtlichen Verbot hergestellt , entsteht kraft bürgerlichen Rechts (§§ 950, 953 BGB) jedenfalls kein vollwertiges Eigentum. Die Eigentumsposition des Herstellers besteht praktisch nur aus Pflichten zur Ablieferung an die Behörden oder Vernichtung der Drogen, während seine Rechte gemäß §§ 903, 985 ff. BGB durch die Verbote nach § 29 BtMG ausgeschlossen werden. Das „Recht“ auf Eigentumsaufgabe oder Vernichtung (BGH aaO; Schramm JuS 2008, 678, 680) wird durch das Betäubungsmittelgesetz (§ 16 BtMG) zur Pflicht (vgl. MünchKomm/Schmitz, StGB § 242 Rn. 18). Nach allem kann das Strafrecht auch mit der Strafdrohung der §§ 242, 249 StGB gegen Wegnahme des – unerlaubten – Besitzes von Betäubungsmitteln keinen sinnvollen Rechtsgüterschutz darbieten (vgl. Otto in Festschrift für Beulke, 2015, S. 507, 520). Dies spricht vielmehr für eine teleologische Reduktion der Eigentumsdelikte.
35
Der Hersteller kann das kraft Gesetzes formal erworbene Eigentum an Drogen ohne behördliche Ausnahmegenehmigung nicht durch Rechtsgeschäft wirksam übertragen (§ 134 BGB, §§ 29 ff. BtMG). Er gibt es bei der Veräußerung der Drogen im illegalen Betäubungsmittelhandel preis und glaubt danach regelmäßig als Laie selbst an dessen Verlust (vgl. dazu Hauck ZIS 2006, 37, 39). Darin liegt zwar keine Dereliktion (§ 959 BGB). Jedoch erlangt der Erwerber nur einen Gewahrsam ohne eigenes Eigentum; sein Verwertungsinteresse an einem Eigenkonsum ist nicht derart schutzwürdig, dass deshalb das Straf- recht als „ultima ratio“ des Staates zu seiner Gewahrsamssicherung ange- wendet werden müsste. Beim formalen Eigentümer verbleibt eine Rechtsposition ohne Substanz; dieser kann insbesondere die Herausgabe (§ 985 BGB) nicht verlangen, weil ihr das Erwerbsverbot des § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG entgegensteht; auch zum Schutz des Eigentümers ist der Einsatz der staatlichen „ultima ratio“ daher nicht geboten.
36
Ausländisches Sachenrecht, das gegebenenfalls für die dingliche Rechtslage an einem ausländischen Herstellungsort bestimmend ist (Art. 43 Abs. 1 EGBGB), wird im Inland nur in den Grenzen der deutschen öffentlichen Ordnung anerkannt (Art. 6 Satz 1, 43 Abs. 2 EGBGB). Daraus können keine weiter gehenden Eigentümerrechte im Inland hergleitet werden.
37
5. Rechtsvergleichend ist darauf hinzuweisen, dass auch das Schweizerische Bundesgericht die Zuordnung des unerlaubten Betäubungsmittelbesitzes zum Vermögen als Rechtsgut im Sinne des Betrugstatbestands verneint hat (Kassationshof, Urteil vom 17. Mai 1991, BGE 117 IV, S. 139, 148). Mangels Verkehrsfähigkeit bestehe darüber hinaus kein fremdes Eigentum im Sinne des Diebstahlstatbestands (Kassationshof, Urteil vom 5. Juni 1996, BGE 122 IV, S. 179, 183 f.; bestätigt durch Urteil vom 3. April 1998, BGE 124 IV, S. 102, 104). Dies führe nicht zu einer Strafbarkeitslücke, weil jedenfalls eine Strafbarkeit nach dem Betäubungsmittelrecht verbleibe und ausreichend sei. Der Täter, der einem anderen den unerlaubten Besitz an Betäubungsmitteln entziehe, greife nicht in eine schutzwürdige Rechtsposition im Sinne des Diebstahlstatbestands ein, sondern schaffe „den von der Rechtsordnung ge- wünschten Zustand“ (Kassationshof aaO, BGE 122 IV S. 179, 184). Fischer RiBGH Prof. Dr. Krehl Eschelbach ist an der Unterschriftsleistung gehindert. Fischer Zeng Bartel

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 335/15
vom
16. August 2017
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:160817U2STR335.15.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 16. August 2017, an der teilgenommen haben: Richter am Bundesgerichtshof Dr. Appl als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof Dr. Eschelbach, Zeng, die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Bartel, Richter am Bundesgerichtshof Schmidt,
Staatsanwalt in der Verhandlung, Staatsanwalt bei der Verkündung als Vertreter der Bundesanwaltschaft, Rechtsanwalt als Verteidiger des Angeklagten D`I. , Rechtsanwalt als Verteidiger der Angeklagten S. ,
Rechtsanwalt als Verteidiger des Angeklagten B. , Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Marburg vom 2. April 2015 werden verworfen. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die dem Nebenkläger hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten D`I. wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Die Angeklagte S. hat es wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und wegen tätlicher Beleidigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt und ihre Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Gegen den Angeklagten B. hat es wegen Beihilfe zur besondersschweren räuberischen Erpressung in Tateinheit mit Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verhängt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Gegen dieses Urteil rich- ten sich die Revisionen der Angeklagten jeweils mit der Sachrüge. Die Rechtsmittel haben keinen Erfolg.

A.

2
I. Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
3
1. Die heroinabhängigen Angeklagten S. und D`I. lebten im Jahr 2014 zusammen. Sie führten im Mai 2014 gemeinsam eine stationäre Entzugsbehandlung durch. Danach wohnte der Angeklagte D`I. in der Wohnung der Angeklagten S. . Diese befand sich im Methadonprogramm und wollte am Morgen des 24. Mai 2014 am Bahnhof in F. einen Regionalexpress besteigen, um nach M. zu fahren. Dort wollte sie ihre tägliche Dosis Methadon einnehmen. Sie überquerte unerlaubt die Gleise vor dem einfahrenden Zug und veranlasste den Zugführer zu einer Schnellbremsung. Deshalb wurde ihr auf Anweisung des Zugführers vom Kontrolleur Bu. das Einsteigen verweigert. Sie beschimpfte diesen daraufhin mit den Worten „Du Wichser“ und spuckte ihm ins Gesicht, sodass ihr Spei- chel in den Bereich der Augen und des Mundes des Zeugen Bu. geriet. Die Angeklagte S. litt an einer Hepatitis-C-Infektion. Der Zeuge Bu. befürchtete deshalb, dass er sich angesteckt haben könnte. Erst nach Ende der Inkubationszeit erlangte er die Gewissheit, dass keine Ansteckung erfolgt war.
4
2. Die Angeklagten D`I. und S. hatten am 10. Juni 2014 den Rest ihres Heroinvorrats konsumiert und befürchteten Entzugserscheinungen. Nachdem D`I. vergeblich versucht hatte, in M. Heroin zu kaufen, erfuhr er in der Drogenszene, dass der Nebenkläger Me. damit Handel treibe; dieser sei nach G. gefahren, um neues Heroin zu beschaffen. D`I. beschloss, Me. mit Gewalt zur Herausgabe von Heroin zu zwingen und weihte die Angeklagte S. in seinen Plan ein. Diese erklärte sich zur Mitwirkung bereit. Ferner gewann D`I. den Angeklagten B. dafür mitzukommen und ihn zu unterstützen. Diesem erklärte er wahrheitswidrig, er habe bei dem Nebenkläger noch ein „Guthaben“ von 50 Euro, für das er Heroin fordern wolle. B. war bereit mitzugehen, wovon er sich allerdings keinen eigenen Vorteil versprach. Die Angeklagten begaben sich zur Wohnung des Me. und traten dessen Wohnungstürein, nachdem er trotz mehrfachen Klingelns nicht geöffnet hatte. D`I. fragte den Nebenkläger sogleich nach „Dope“, worauf dieser erwiderte, dass er keines besitze. Daraufhin packte D`I. Me. am Kragen und versetzte ihm Schläge, verbunden mit der Aufforderung: „Gib uns das Zeug raus“. Auch die Angeklagte S. schlug den Nebenkläger und verlangte die Herausgabe von Heroin. Der Angeklagte B. forderte ebenfalls: „Gib den Stoff raus“, beteiligte sich aber nicht selbst an den Schlägen. Die Angeklagte S. hielt Me. einen spitzen Gegenstand, eine Schere oder ein Messer, vor das Gesicht und bedrohte ihn damit, was die anderen Angeklagten durch Fortsetzung ihres Vorgehens gegen den Nebenkläger billigten. Als dieser zu fliehen versuchte, wurde er von dem Angeklagten B. auf Aufforderung des Angeklagten D´I. am Arm festgehalten und in dieWohnung zurückgedrängt. Nach weiteren Schlägen durch die Angeklagten D`I. und S. holte der Nebenkläger drei Plomben mit Heroin aus der Hosentasche und legte diese mit der Bemerkung auf den Tisch: „Hier, könnt ihr haben, mehr habe ich nicht“.Nach Hilferufen des Nebenklägers am Zimmerfenster flohen die Angeklagten unter Mitnahme des Heroins. Die Angeklagten D`I. und S. konsumierten dieses unweit der Wohnung des Nebenklägers auf einer Treppe. Der Angeklagte B. erhielt von ihnen nachträglich eine Belohnung von 20 Euro und entfernte sich.

5
II. Das Landgericht hat die Tat der Angeklagten S. vom 24. Mai 2014 als tätliche Beleidigung abgeurteilt. Die Handlungen der Angeklagten D`I. und S. vom 10. Juni 2014 zum Nachteil des Nebenklägers hat es als besonders schwere räuberische Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung gewertet; der Angeklagte B. habe dazu Beihilfe geleistet. Den Angeklagten D`I. und S. hat das Landgericht zugutegehalten, sie seien bei der Tatbegehung wegen Heroinabhängigkeit in ihrem Hemmungsvermögen erheblich beeinträchtigt gewesen.

B.

6
I. Der Senat hat die Sache am 24. September 2015 erstmals beraten und hiernach am 9. März und 1. Juni 2016 eine Revisionshauptverhandlung durchgeführt, wobei er die Hauptverhandlung zur Durchführung eines Anfrageverfahrens gemäß § 132 Abs. 2 GVG unterbrochen hat. Er beabsichtigte – abweichend von der bisherigen Rechtsprechung – zu entscheiden, die Nöti- gung zur Herausgabe von Betäubungsmitteln richte sich nicht gegen das Vermögen des Genötigten und erfülle daher nicht den Tatbestand einer Erpressung (Senat, Beschluss vom 1. Juni 2016 – 2 StR 335/15, NStZ 2016, 596 ff. mit Anm. Krell, ebenda, und Ladiges, wistra 2016, 479 ff.). Der strafbare Besitz von Betäubungsmitteln sei kein durch Strafrecht zu schützendes Rechtsgut. Die gleichzeitige Strafdrohung wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) und gegen denjenigen, der dem Besitzer diesen unerlaubten Besitz durch Nötigung (§§ 253, 255 StGB) entziehe, stelle einen Widerspruch dar. Damit fehle es an einer Legitimation des Staates zur Bestrafung unter dem Gesichtspunkt eines Vermögensdelikts.
7
Der Senat hat deshalb bei den anderen Strafsenaten des Bundesgerichtshofs angefragt, ob sie ihm darin folgen.
8
II. Die anderen Strafsenate sind dem entgegengetreten und haben erklärt , an der bisherigen Rechtsprechung festzuhalten (BGH; Beschluss vom 21. Februar 2017 – 1 ARs 16/16, NStZ-RR 2017, 112 f.; Beschluss vom 15. November 2016 – 3 ARs 16/16, NStZ-RR 2017, 244 ff.; Beschluss vom 10. November 2016 – 4 ARs 17/16, NStZ-RR 2017, 44 f.; Beschluss vom 7. Februar 2017 – 5 ARs 47/16, NStZ-RR 2017, 110).
9
III. Der erkennende Senat sieht von einer Vorlage an den Großen Senat für Strafsachen ab und hält ebenfalls an seiner bisherigen Rechtsprechung fest (vgl. auch Senat, Urteile vom 22. September 2016 – 2 StR 27/16, BGHSt 61, 263, 264, und vom 7. Dezember 2016 – 2 StR 522/15, NStZ-RR 2017, 111 f.).

C.

10
Die Revisionen der Angeklagten sind unbegründet.
11
I. Die Verurteilung der Angeklagten S. wegen tätlicher Beleidigung am 24. Mai 2014 ist rechtsfehlerfrei. Es beschwert sie nicht, dass sie nicht auch wegen eines Körperverletzungsdelikts verurteilt wurde.
12
II. Auch gegen die Verurteilung der Angeklagten D`I. und S. wegen schwerer räuberischer Erpressung und des Angeklagten B. wegen Beihilfe hierzu ist rechtlich nichts einzuwenden.
13
1. Die Beweiswürdigung des Landgerichts ist rechtsfehlerfrei.
14
a) Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters (§ 261 StPO). Ihm obliegt es, das Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen und zu würdigen. Seine Schlussfolgerungen brauchen nicht zwingend zu sein, es genügt, dass sie möglich sind. Die revisionsgerichtliche Prüfung beschränkt sich darauf, ob dem Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen sind. Dies ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen die Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt (vgl. Senat, Urteil vom 1. Februar 2017 – 2 StR 78/16, NStZ-RR 2017, 183, 184 mwN).
15
b) Die Revisionen der Angeklagten haben solche Rechtsfehler nicht aufgezeigt.
16
Die Feststellung, dass die Angeklagte S. bei der Tat zum Nachteil des Nebenklägers Me. einen spitzen Metallgegenstand, der wie eine Schere aussah, in der Hand hatte und dies von den anderen Angeklagten wahrgenommen und gebilligt wurde, konnte das Landgericht ohne Rechtsfehler auf die Einlassung des Angeklagten B. und entsprechende Angaben des Zeugen Me. stützen. Das „tatsächliche oder vorgeschobene“ Fehlen einer Erinnerung der Angeklagten S. an diesen Umstand hat es nachvollziehbar mit den Folgen ihrer Drogensucht erklärt. Das Landgericht hat im Einzelnen erläutert, warum es überzeugt ist, auch der AngeklagteD`I. habe den Einsatz des spitzen Metallgegenstands durch die Angeklagte S. als Drohmittel wahrgenommen und gebilligt. Dies hat es auf eine Gesamtwürdigung aller Umstände, einschließlich der örtlichen Gegebenheiten und des Geschehensablaufs, gestützt.
17
Ebenso rechtsfehlerfrei ist die Beweiswürdigung des Landgerichts zur Feststellung, dem Angeklagten B. sei jedenfalls während des Tatgeschehens klar geworden, dass die Schläge und die Verwendung des spitzen Metallgegenstands als Drohmittel dazu dienten, den Nebenkläger Me. zur Herausgabe von Heroin zu nötigen, was er durch weitere Mitwirkung am Tatgeschehen gebilligt habe.
18
2. Die rechtliche Würdigung der Tat als besonders schwere räuberische Erpressung steht in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Er geht unter Rückgriff auf die Rechtsprechung des Reichsgerichts (RG, Beschluss vom 14. Dezember 1910 – II 1214/10, RGSt 44, 230 ff.) von einem wirtschaftlichen Vermögensbegriff aus (vgl. BGH, Urteil vom 25. November 1951 – 4 StR 574/51, BGHSt 2, 364, 365 ff.; Urteil vom 17. November 1955 – 3 StR 234/55, BGHSt 8, 254, 256 ff.; Beschluss vom 19. Juli 1960 – 1 StR 213/60,BGHSt 15, 83, 86). Daran hält der Senat nach Durchführung des Anfrageverfahrens fest.
19
Auf der Grundlage eines wirtschaftlichen Vermögensbegriffs ergibt sich, dass derjenige, der einen Rauschgifthändler mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zur Herausgabe von Drogen nötigt, um sich oder einen Dritten zu Unrecht zu bereichern, sich der räuberischen Erpressung schuldig macht.
20
Betäubungsmittel besitzen bei wirtschaftlicher Betrachtung einen erheblichen Wert, der auch einen besonderen Anreiz dazu bietet, damit Handel zu treiben, obwohl nahezu jeder nicht von einer staatlichen Genehmigung getragene Umgang damit bei Strafandrohung verboten ist. Die Rechtsordnung kennt im Bereich der Vermögensdelikte kein wegen seiner Herkunft, Entstehung oder Verwendung schlechthin schutzunwürdiges Vermögen. Maßgeblich ist, ob dem Besitz ein eigenständiger wirtschaftlicher Wert zukommt, was regelmäßig zu bejahen ist, wenn mit dem Besitz wirtschaftlich messbare Gebrauchsvorteile verbunden sind. Auch hinsichtlich solcher Sachen, die jemand aufgrund einer strafbaren Handlung besitzt, kann unbeschadet ihrer Bemakelung , eine Erpressung begangen werden (vgl. BGH, Urteil vom 4. September 2001 – 1 StR 167/01, BGHR StGB § 253 Abs. 1 Vermögenswert 3; Beschluss vom 20. September 2005 – 3 StR 295/05, NJW 2006, 72, 73; Senat, Urteil vom 22. September 2016 – 2 StR 27/16, BGHSt 61, 263, 264; Urteil vom 7. Dezember 2016 – 2 StR 522/15, NStZ-RR 2017, 111, 112).
21
Es besteht kein Anlass, den bewährten und kriminalpolitisch sachgerechten wirtschaftlichen Vermögensbegriff aufzugeben. Andernfalls entstünden nicht hinnehmbare Wertungswidersprüche gegenüber den Eigentumsdelikten. Bei der Abgrenzung von Raub und räuberischer Erpressung hängt es vielfach von Zufälligkeiten durch Geben oder Nehmen ab, ob für Verhaltensweisen , die sich im Unrechtsgehalt praktisch nicht unterscheiden, der Anwendungsbereich der §§ 253, 255 StGB oder derjenige der §§ 249 ff. StGB eröffnet ist. Entfielen in der einen Tatvariante, in welcher der Genötigte die Betäubungsmittel herausgibt, wegen der Nichtzuordnung des unerlaubten Betäubungsmittelbesitzes zum Vermögen des Genötigten die Erpressungsdelikte, so wären dort nur noch § 240 Abs. 1 StGB und § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG einschlägig. In der anderen Variante, in welcher der Täter die Betäubungsmittel wegnimmt und der Genötigte dies nur duldet, läge ein Verbrechen des Raubes vor; denn auch Betäubungsmittel, deren Besitz verboten ist, bleiben nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs taugliche Tatobjekte von Eigentumsdelikten (vgl. BGH, Beschluss vom 21. April 2015 – 4 StR 92/15, NStZ 2015, 571; Beschluss vom 20. September 2005 – 3 StR 295/05, NJW 2006, 72, 73).
22
III. Die Verurteilung der Angeklagten D`I. und S. wegen tateinheitlich begangener gefährlicher Körperverletzung unter Verwendung eines gefährlichen Werkzeugs (§§ 223, 224 Abs. 1 Nr. 2, 25 Abs. 2 StGB) und des Angeklagten B. wegen tateinheitlich begangenerBeihilfe hierzu ist gleichfalls rechtlich nicht zu beanstanden.
23
IV. Die Strafzumessung ist ebenso rechtsfehlerfrei wie die Maßregelanordnung gegenüber den Angeklagten D´I. und S. . Appl Eschelbach Zeng Bartel Schmidt

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 344/15
vom
16. August 2017
in der Strafsache
gegen
wegen schwerer räuberischer Erpressung u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:160817U2STR344.15.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 16. August 2017, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof Dr. Appl als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof Dr. Eschelbach, Zeng, Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Bartel, Richter am Bundesgerichtshof Schmidt,
Staatsanwalt als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt als Verteidiger,
Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

für Recht erkannt:
Die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Aachen vom 22. Dezember 2014 werden verworfen. Der Angeklagte trägt die Kosten seines Rechtsmittels und die dem Nebenkläger insoweit entstandenen notwendigen Auslagen. Die Kosten des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft und die dem Angeklagten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie wegen „Verstoßes gegen das Waffengesetz durch Besitz von Waffen in zwei Fällen“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt.
2
Dagegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Mit ihrer zuungunsten des Angeklagten ein- gelegten, wirksam auf den Strafausspruch im Fall 1 der Anklage und den Ausspruch über die Gesamtstrafe beschränkten und auf die Sachrüge gestützten Revision beanstandet die Staatsanwaltschaft die Strafzumessung.
3
Die Revision des Angeklagten hat keinen Erfolg. Auch das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft bleibt erfolglos.

I.

4
Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
5
1. Der gesondert verfolgte B. beauftragte den Nebenkläger S. , zwei Kilogramm Marihuana und fünf Kilogramm Amphetamin von mindestens durchschnittlicher Qualität zum Preis von insgesamt 16.500 Euro von D. in das Saarland zu seinen Abnehmern zu transportieren. Das Rauschgift, das B. bei seinem Lieferanten C. bestellt hatte , wurde am 12. September 2012 durch einen Kurier aus den Niederlanden nach D. geliefert und – nach Aufforderung B. s – von S. übernommen , der das Rauschgift im Auftrag B. s zu dessen Abnehmern nachSa. transportieren sollte. Die Abnahme in Sa. verzögerte sich; B. wies deshalb den Nebenkläger an, die Drogen bis zum nächsten Tag „zwischenzulagern“. B. fuhr am folgenden Tag nach D. , um den für diesen Tag geplanten Weitertransport des Rauschgifts nach Sa. zu überwachen. Weil er sich von Polizeibeamten beobachtet fühlte, wurde der Rauschgifttransport an diesem Tag nicht durchgeführt. Auch in der Folgezeit kam es nicht zu der Transportfahrt. Ob der Nebenkläger S. oder ein unbekannt gebliebener Dritter mit oder ohne dessen Mitwirkung das Rauschgift unterschlagen hatten , konnte nicht geklärt werden. Gegenüber B. versuchte der Nebenkläger den Verbleib des Rauschgifts – wahrheitswidrig – damit zu erklären, dass er einen „Se. “ mit dem Transport des Rauschgifts in das Saarland beauftragt habe, der auf der Transportfahrt einen Verkehrsunfall erlitten habe; das Rauschgift befinde sich im Kofferraum des bei einem Abschleppunternehmer abgestellten Fahrzeugs, der sich unfallbedingt nicht öffnen lasse. Nachdem Nachforschungen zu Zweifeln an dieser Darstellung des Nebenklägers geführt hatten, beauftragte B. seinen Lieferanten C. damit, den Zeugen S. zur Herausgabe der Drogen oder zur Zahlung eines Geldbetrags von mindestens 50.000 Euro als „Wertersatz“ zu bewegen; die Hälfte dieses Betrags sollte C. für das Eintreiben der Forderung erhalten.
6
C. beauftragte am 22. September 2012 den Angeklagten, der wie er selbst dem Rockerclub M. angehörte und mit dem er befreundet war, damit, S. „unter Druck zu setzen“ und zur Herausgabe der Drogen oder zur Zahlung eines Geldbetrags in Höhe von mindestens 50.000 Euro zu bewegen. Der Angeklagte erklärte sich gefälligkeitshalber dazu bereit; dabei war ihm bewusst, dass B. ein rechtlich durchsetzbarer Anspruch gegen den Nebenkläger auf Herausgabe der Drogen nicht zustand.
7
In Umsetzung dieses Tatentschlusses begab sich der Angeklagte gemeinsam mit C. , der sich während des weiteren Geschehens im Hintergrund hielt, sowie einem weiteren, unbekannt gebliebenen Mitglied des Rockerclubs gegen 18.00 Uhr zur Wohnung des Nebenklägers. Er traf diesen vor dem Haus und fragte ihn sogleich in aggressivem Ton, „wo das Zeug sei“. Der Angeklagte und der unbekannt gebliebene Dritte drängten den sich ahnungslos gebenden Nebenkläger ins Haus, drückten ihn gegen die Wand und forderten die Herausgabe des Rauschgifts. Der unbekannt gebliebene Dritte würgte S. und forderte erneut die Herausgabe der Drogen; dabei unterstrich er seine Forderung mit der Drohung, dass er „ansonsten ein Loch in den Kopf kriege“. DerNebenkläger bemerkte, dass der schwarz gekleidete, Handschuhe und Sonnenbrille tragende Angeklagte eine Pistole in seinem Hosenbund stecken hatte, deren genaue Beschaffenheit und Ladezustand nicht aufzuklären war, weshalb das Landgericht von einer Scheinwaffe ausgegangen ist. S. , der die Pistole für echt hielt, geriet in Todesangst und nässte sich ein. Der Angeklagte drängte den Nebenkläger nunmehr gemeinsam mit dem unbekannt gebliebenen Mittäter in dessen Wohnung. Dort forderte er erneut die Herausgabe des Rauschgifts und schlug S. mit der flachen Hand insGesicht, drückte ihn auf ein Sofa und drohte ihm wiederholt damit, dass er „kalt gemacht werde“, wenn er das Rauschgift nichtherausgebe. Nachdem der Nebenkläger schließlich zugesagt hatte, für die Herausgabe des Rauschgifts zu sorgen, wiederholte der Angeklagte seine Drohung, dass er ihm „ein Loch in den Kopf schieße“, wenn er die Drogen nicht binnen zwei Stunden beschaffe.Daraufhin verließ er mit dem unbekannt gebliebenen Dritten die Wohnung.
8
S. rief daraufhin den gesondert verfolgten B. an, berichtete ihm von dem Überfall und erklärte sich mit einem Treffen gegen 22.00 Uhr an der Feuerwache in M. einverstanden, um „die Angelegenheit zu klären“.
9
Der Nebenkläger erschien pünktlich am Treffpunkt, händigte dem Angeklagten auf dessen Aufforderung sein Handy aus und übergab B. unter dem Eindruck der zuvor ausgesprochenen Drohungen ein Kilogramm Amphetamin aus der Lieferung vom 12. September 2012. Dabei erklärte er, dass er „Scheiße gebaut“und die Lieferung einem Dritten anvertraut habe, der den Transport in das Saarland habe übernehmen sollen. B. bekundete, dass er – S. – „für die Sache gerade stehen“ und einen Geldbetrag in Höhe von 50.000 Euro als „Wertersatz“ für die abhanden gekommenen Drogen zahlen müsse. Der An- geklagte, der wusste, dass das von S. übergebene Rauschgift zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmt war, unterstrich die Geldforderung B. s mit der Drohung, er werde ihn erschießen, wenn er nicht bezahle. Der Nebenkläger weinte und erklärte, dass er „alles gerade biegen“ werde. B. setzte ihm eine Frist bis zum 24. September 2012 14.00 Uhr, um das geforderte Geld zu beschaffen. An diesem Tag begab sich der Nebenkläger zur Polizei und erstattete Strafanzeige. Zu einer Geldübergabe kam es nicht.
10
2. Der Angeklagte war am 26. März 2013 im Besitz eines Schlagrings und eines Faustdolchs (Fall 2 der Anklage) sowie am 1. Februar 2014 unter anderem im Besitz eines Totschlägers (Fall 3 der Anklage), wobei er wusste, dass es sich um Waffen handelte, über die er unerlaubt verfügte.

II.

11
Die Revision des Angeklagten hat keinen Erfolg.
12
1. Die Feststellungen im Fall 1 der Anklage beruhen auf einer tragfähigen Beweiswürdigung. Das Landgericht ist aufgrund der Einlassung des Angeklagten , der den Überfall in seinen wesentlichen Grundzügen eingestanden hat, sowie unter Berücksichtigung der Angaben des Nebenklägers sowie des gesondert verfolgten M. zu der Überzeugung gelangt, dass sich die Tat wie festgestellt ereignet hat. Den Angaben des Nebenklägers ist das Landgericht nur gefolgt, soweit diese in sonstigen Beweismitteln eine Stütze fanden. Es war sich dabei des Erfordernisses bewusst, die Aussage des Nebenklägers einer besonders kritischen Prüfung zu unterziehen, nachdem dieser bei Erstattung der Strafanzeige zu den Hintergründen des Überfalls zunächst keine Angaben gemacht hatte und nicht ausgeschlossen werden konnte, dass er die Drogen unterschlagen hatte. Die Strafkammer hat außerdem bedacht, dass der Zeuge sich einem eigenen Strafverfahren ausgesetzt sah und sich die Strafmilderung des § 31 BtMG verdienen wollte. Dass es sich vor dem Hintergrund des Teilgeständnisses des Angeklagten, der Angaben des gesondert verfolgten M. , der aus den TKÜ-Maßnahmen gewonnenen weiteren Erkenntnisse sowie aufgrund des vom Nebenkläger gewonnenen unmittelbaren Eindrucks davon überzeugt hat, dass dessen Angaben zum Kerngeschehen glaubhaft sind, ist von Rechts wegen nicht zu beanstanden.
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2. Die Feststellungen tragen den Schuldspruch wegen schwerer räuberischer Erpressung (§§ 253 Abs. 1, 255, 250 Abs. 1 Nr. 1b StGB).
14
a) Der Tatbestand der (qualifizierten) Erpressung setzt unter anderem voraus, dass der Täter dem Vermögen des Genötigten einen Nachteil zufügt, um sich oder einen Dritten zu Unrecht zu bereichern. Ein Vermögensnachteil im Sinne des § 253 Abs. 1 StGB liegt vor, wenn die durch einen Vergleich aller geldwerten Güter abzüglich bestehender Verbindlichkeiten zu ermittelnde Vermögenslage des Genötigten bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise nach der Verfügung ungünstiger ist als zuvor (Prinzip der Gesamtsaldierung, vgl. Senat, Beschluss vom 29. Januar 2013 - 2 StR 422/12, NStZ 2013, 711, 712; BGH, Urteil vom 2. Februar 2016 - 1 StR 437/15, NStZ 2016, 286, 287). Zum Begriff des Vermögens zählt auch das Eigentum, der Besitz und der Gewahrsam an einer Sache (vgl. BGH, Urteil vom 17. November 1955 - 3 StR 234/55, BGHSt 8, 254, 256; Urteil vom 5. Juli 1960 - 5 StR 80/60, BGHSt 14, 386, 388 f.; Urteil vom 17. Oktober 1961 - 1 StR 382/61, BGHSt 16, 280, 281). Auch an Sachen, die jemand aufgrund einer strafbaren Handlung besitzt, kann – unbeschadet ihrer Zweckbestimmung oder Bemakelung – eine Erpressung begangen werden (vgl. BGH, Urteil vom 4. September 2001 - 1 StR 167/01, BGHR StGB § 253 Abs. 1 Vermögenswert 3; Beschluss vom 20. September 2005 - 3 StR 295/05, NJW 2006, 72, 73; Senat, Urteil vom 22. September 2016 - 2 StR 27/16, BGHSt 61, 263, 264; Urteil vom 7. Dezember 2016 - 2 StR 522/15, NStZ-RR 2017, 111, 112). Auch derjenige, der einen Rauschgifthändler oder einen Rauschgiftkurier mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zur Herausgabe von Drogen nötigt, um sich oder einen Dritten zu Unrecht zu bereichern , macht sich danach der räuberischen Erpressung schuldig (vgl. Senat, Urteil vom 22. September 2016 - 2 StR 27/16, BGHSt 61, 263, 264 sowie Senat, Urteil vom 16. August 2017 - 2 StR 335/15).
15
b) Indem der Angeklagte den Nebenkläger durch die Drohung, ihn anderenfalls zu töten, dazu nötigte, ein Kilogramm Amphetamin an den gesondert verfolgten B. herauszugeben, veranlasste er ihn zu einer Vermögensverfügung , die zu einem Vermögensnachteil des Nebenklägers führte. Der Angeklagte handelte dabei vorsätzlich und in der Absicht rechtswidriger (Dritt-)Bereicherung. Die Strafkammer hat festgestellt und tragfähig belegt, dass der Angeklagte in dem Bewusstsein handelte,dass B. kein von der Rechtsordnung anerkannter oder durchsetzbarer Anspruch auf Übergabe des Rauschgifts zustand.
16
2. Auch die Strafzumessung weist keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler auf.
17
3. Der Senat sieht ungeachtet der Dauer des Revisionsverfahrens keinen Anlass für eine Kompensationsentscheidung. Zwar hat das am 14. Oktober 2015 beim Bundesgerichtshof eingegangene Revisionsverfahren annähernd zwei Jahre gedauert. Die Dauer des Verfahrens war jedoch dem Umstand geschuldet , dass der Senat die Revisionshauptverhandlung am 1. Juni 2016 im Hinblick auf den im Verfahren 2 StR 335/15 gefassten Anfragebeschluss unterbrochen hat. Nach Abschluss des Anfrageverfahrens wurde unverzüglich neuer Termin zur Durchführung der Revisionshauptverhandlung bestimmt. Vor diesem Hintergrund ist die Verzögerung des Verfahrensabschlusses sachlich begründet und für eine Kompensationsentscheidung kein Raum.

III.

18
Die wirksam auf den Einzelstrafausspruch im Fall 1 der Anklage sowie auf den Ausspruch über die Gesamtstrafe beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft hat keinen Erfolg.
19
Die Annahme eines minder schweren Falles der schweren räuberischen Erpressung (§§ 253, 255, 250 Abs. 3 StGB) hält rechtlicher Überprüfung stand.
20
1. Das Landgericht hat im rechtlichen Ausgangspunkt zutreffend angenommen , dass ein minder schwerer Fall vorliegt, wenn das gesamte Tatbild einschließlich aller subjektiven Momente und der Täterpersönlichkeit vom Durchschnitt der erfahrungsgemäß gewöhnlich vorkommenden Fälle in einem solchen Maße abweicht, dass die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens geboten ist (vgl. Senat, Urteil vom 19. März 1975 - 2 StR 53/75, BGHSt 26, 97, 99; Urteil vom 26. April 2017 - 2 StR 506/15, juris Rn. 20).
21
2. Das Landgericht hat bei der insoweit gebotenen Gesamtwürdigung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände weder bestimmende Strafschärfungsgründe außer Acht gelassen noch rechtsfehlerhaft Strafmilderungsgründe angenommen.
22
a) Es ist von Rechts wegen nicht zu beanstanden, dass das Landgericht keinen bestimmenden Strafzumessungsgrund darin gesehen hat, dass der Angeklagte bei dem späteren Zusammentreffen mit dem Nebenkläger die Geldforderung des gesondert verfolgten B. „durch sein Verhalten unterstrich und sich damit zu eigen machte, obwohl dieser Betrag den Wert des verschwundenen Rauschgifts deutlich überstieg.“ Zwar kann eine hohe Beuteerwartung im Einzelfall strafschärfend berücksichtigt werden. Nach den Feststellungen hegte der Angeklagte selbst jedoch keine Beuteerwartung, sondern handelte, um „seinem Freund C. “ einen „Gefallen“ zu tun (UA S. 7 und 22); vor diesem Hintergrund ist es nicht zu beanstanden, dass das Landgericht der Höhe des geforderten Geldbetrags bei der Bemessung der Tatschuld des Angeklagten kein bestimmendes Gewicht (vgl. § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO) beigemessen hat.
23
b) Soweit der Generalbundesanwalt einen den Angeklagten begünstigenden Rechtsfehler darin sieht, dass das Landgericht strafmildernd berück- sichtigt hat, „dass es um die Rückführung des unrechtmäßigen Besitzes eines Drogenkuriers an unterschlagenen Betäubungsmitteln ging“,vermag der Senat dem nicht zu folgen. Der Tatrichter hat mit dieser Erwägung erkennbar darauf abgestellt, dass der Angeklagte von einem strafwürdigen (Vor-)Verhalten des Nebenklägers ausgegangen ist. Seine Annahme, dass dies die Tat in einem milderen Licht erscheinen lasse, ist von Rechts wegen nicht zu beanstanden.
24
c) Bei dieser Sachlage halten Strafrahmenwahl und Strafzumessung im engeren Sinne einer rechtlichen Überprüfung stand. Auch die verhängte Einzelstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten weicht erkennbar nicht nach unten von ihrer Bestimmung ab, gerechter Schuldausgleich zu sein. Appl Eschelbach Zeng Bartel Schmidt

(1) Beim Bundesgerichtshof werden ein Großer Senat für Zivilsachen und ein Großer Senat für Strafsachen gebildet. Die Großen Senate bilden die Vereinigten Großen Senate.

(2) Will ein Senat in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Senats abweichen, so entscheiden der Große Senat für Zivilsachen, wenn ein Zivilsenat von einem anderen Zivilsenat oder von dem Großen Zivilsenat, der Große Senat für Strafsachen, wenn ein Strafsenat von einem anderen Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen, die Vereinigten Großen Senate, wenn ein Zivilsenat von einem Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen oder ein Strafsenat von einem Zivilsenat oder von dem Großen Senat für Zivilsachen oder ein Senat von den Vereinigten Großen Senaten abweichen will.

(3) Eine Vorlage an den Großen Senat oder die Vereinigten Großen Senate ist nur zulässig, wenn der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, auf Anfrage des erkennenden Senats erklärt hat, daß er an seiner Rechtsauffassung festhält. Kann der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, wegen einer Änderung des Geschäftsverteilungsplanes mit der Rechtsfrage nicht mehr befaßt werden, tritt der Senat an seine Stelle, der nach dem Geschäftsverteilungsplan für den Fall, in dem abweichend entschieden wurde, zuständig wäre. Über die Anfrage und die Antwort entscheidet der jeweilige Senat durch Beschluß in der für Urteile erforderlichen Besetzung; § 97 Abs. 2 Satz 1 des Steuerberatungsgesetzes und § 74 Abs. 2 Satz 1 der Wirtschaftsprüferordnung bleiben unberührt.

(4) Der erkennende Senat kann eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung dem Großen Senat zur Entscheidung vorlegen, wenn das nach seiner Auffassung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.

(5) Der Große Senat für Zivilsachen besteht aus dem Präsidenten und je einem Mitglied der Zivilsenate, der Große Senate für Strafsachen aus dem Präsidenten und je zwei Mitgliedern der Strafsenate. Legt ein anderer Senat vor oder soll von dessen Entscheidung abgewichen werden, ist auch ein Mitglied dieses Senats im Großen Senat vertreten. Die Vereinigten Großen Senate bestehen aus dem Präsidenten und den Mitgliedern der Großen Senate.

(6) Die Mitglieder und die Vertreter werden durch das Präsidium für ein Geschäftsjahr bestellt. Dies gilt auch für das Mitglied eines anderen Senats nach Absatz 5 Satz 2 und für seinen Vertreter. Den Vorsitz in den Großen Senaten und den Vereinigten Großen Senaten führt der Präsident, bei Verhinderung das dienstälteste Mitglied. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.