Bundesgerichtshof Urteil, 29. Juni 2016 - 2 StR 520/15

ECLI:ECLI:DE:BGH:2016:290616U2STR520.15.0
29.06.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 520/15
vom
29. Juni 2016
in der Strafsache
gegen
wegen Bankrotts u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:290616U2STR520.15.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom 15. Juni 2016 in der Sitzung am 29. Juni 2016, an denen teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Fischer,
die Richter am Bundesgerichtshof Dr. Appl, Dr. Eschelbach, Zeng, die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Bartel,
Bundesanwältin beim Bundesgerichtshof in der Verhandlung, Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof bei der Verkündung als Vertreterinnen der Bundesanwaltschaft,
der Angeklagte persönlich in der Verhandlung,
Rechtsanwalt in der Verhandlung als Verteidiger,
Justizangestellte in der Verhandlung, Justizangestellte bei der Verkündung als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 17. Dezember 2014 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit der Angeklagte freigesprochen wurde. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil wird als unbegründet verworfen. 4. Der Angeklagte trägt die Kosten seines Rechtsmittels.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hatte den Angeklagten in einem ersten Urteil wegen versuchten Betrugs in zwei Fällen, Gründungschwindels in zwei Fällen, Bankrotts in sechs Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit falscher Versicherung an Eides statt, und wegen Gläubigerbegünstigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Dieses Urteil hat der Senat mit Urteil vom 10. Juni 2013 – 2 StR 195/12 (BGHSt 58, 310 ff.) aufgehoben und die Sache an das Landgericht zurückverwiesen. Nunmehr hat das Landgericht den Angeklagten wegen Kapitalerhöhungsschwindels in zwei Fällen, Bankrotts in sechs Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit falscher Versicherung an Eides statt, und wegen Gläubigerbegünstigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten bei Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt. Von dem Vorwurf des Betrugs in zwei Fällen hat es ihn freigesprochen. Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Staatsanwaltschaft mit der Sachrüge, die auf den Teilfreispruch beschränkt ist; ihr Rechtsmittel ist begründet. Der Angeklagte greift das Urteil mit der Sachrüge an, soweit er verurteilt wurde; sein Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

A.

2
Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
3
I. Der Angeklagte war Gesellschafter und Geschäftsführer der T. Autohaus K. GmbH, der T. Autohaus B. GmbH und derT. VerwaltungsGmbH. Die T. Verwaltungs-GmbH war Komplementärin der T. Holding GmbH & Co KG, die alleinige Gesellschafterin der T. Autohaus B. GmbH und weiterer Tochtergesellschaften war. Kommanditist der T. Holding GmbH & Co KG war der Angeklagte.
4
1. Mit notariellem Vertrag vom 14. Mai 2004 gewährte die To. Kreditbank GmbH dem Angeklagten ein Darlehen in Höhe von 2.030.000 Euro. Damit sollten Liquiditätsschwierigkeiten behoben und eine vom Angeklagten praktizierte „Scheckreiterei“ beendet werden. Die Darlehenssumme sollte letztlich insgesamt dazu verwendet werden, Bonus-Vorauszahlungen der To. Deutschland GmbH zurückzuzahlen. Auf Wunsch des Angeklagten sollte der Darlehensbetrag als Kommanditeinlage in die T. Holding GmbH & Co KG eingebracht werden, von wo aus dieser im Wege der Kapitalerhöhung in Höhe von 1.480.000 Euro in die T. Autohaus B. GmbH und in Höhe von 550.000 Euro in die T. Autohaus K. GmbH einfließen sollte.
5
Mit zwei Schreiben vom 19. Mai 2004 erklärte der Angeklagte als Geschäftsführer gegenüber dem Registergericht, dass die zur Kapitalerhöhung übernommenen Stammeinlagen in voller Höhe für Zwecke der jeweiligen Gesellschaft geleistet und nicht an den Einleger zurückgezahlt worden seien, der Geschäftsführung zur freien Verfügung stünden undmit Ausnahme der Kosten nicht durch Verbindlichkeiten vorbelastet seien.
6
Tatsächlich wurde der jeweilige Kapitalerhöhungsbetrag erst am 27. Mai 2004 den Firmenkonten gutgeschrieben. Nach der Abrede mit der To. Kreditbank GmbH war das Kapital zur Rückzahlung von Bonus-Vorauszahlungen an die To. Deutschland GmbH bestimmt; dies wurde durch Treuhandvereinbarungen der To. Kreditbank GmbH mit der Kreissparkasse B. -P. vom 17. Mai 2004 sichergestellt, die jede andere Verwendung ausschlossen.
7
2. a) Den Gesellschaften der Firmengruppe drohte spätestens Ende 2005 die Zahlungsunfähigkeit. Zugleich drohte dem Angeklagten persönlich Zahlungsunfähigkeit, weil er in erheblichem Umfang eine Mithaftung übernommen hatte. Er verfügte nicht mehr über weitere Kreditsicherheiten. Die zum Betrieb der Gesellschaften erforderliche Liquidität beschaffte er durch Lastschriftenreiterei.
8
Am 3. Januar 2006 beschloss die To. Kreditbank GmbH, der Firmengruppe des Angeklagten keine weitere Liquidität zur Verfügung zu stellen. Spätestens am 9. August 2006 entschied die Kreissparkasse B. -P. , keine Verfügungen der T. Autohaus B. GmbH über Guthaben mit demVermerk „Eingang vorbehalten“ mehr zuzulassen. Am 14. August 2006 kündigte sie alle Kredite der Firmengruppe. Am Folgetag wurden auch bei der Sparkasse K. alle Kredite gekündigt. Durch Beschlüsse des Amtsgerichts B. vom 1. und 2. November 2006 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaften der Firmengruppe eröffnet, durch Beschluss vom 29. März 2007 auch das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Angeklagten.
9
b) Aufgrund der sich verschlechternden Situation beschloss der Angeklagte zu Beginn des Jahres 2006, Bestandteile seines Vermögens beiseite zu schaffen. Dies setzte er wie folgt um:
10
aa) Durch Vertrag vom 6. Januar 2006 trat er seinen Eltern eine Forderung in Höhe von 120.000 Euro gegen die N. F. N. AG ab. Hintergrund war die Tatsache, dass die Eltern des Angeklagten dessen Unternehmen Kreditsicherheiten gewährt hatten (Fall III.2.1 der Urteilsgründe).
11
bb) Ebenfalls mit Vertrag vom 6. Januar 2006 trat der Angeklagte seinem Bruder eine Forderung in Höhe von 30.000 Euro gegen das vorgenannte Unternehmen ab, weil auch dieser Kreditsicherheiten zur Verfügung gestellthatte (Fall III.2.2 der Urteilsgründe).
12
cc) Angebliche Bürgschaften der Eltern des Angeklagten, die tatsächlich nicht existierten, waren der vorgeschobene Grund zur Abtretung von weiteren Forderungen an diese in Höhe von 44.177 Euro gegen die N. F. N. AG und in Höhe von 16.075 Euro gegen die N. F. N. Golf ClubGmbH mit Vertrag vom 8. Februar 2006 (Fall III.2.3 der Urteilsgründe).
13
dd) Am 13. Januar 2006 übertrug der Angeklagte schenkweise ein Grundstück auf seinen Sohn (Fall III.2.4 der Urteilsgründe).
14
ee) Am 17. November 2006, dem Tag der Stellung des Insolvenzantrags, bestellte der Angeklagte den Zeugen C. und P. J. eine Grundschuld in Höhe von 100.000 Euro an einer ihm gehörenden Eigentumswohnung zur Sicherung von Darlehensforderungen in Höhe von insgesamt 80.000 Euro (Fall III.2.5 der Urteilsgründe).
15
ff) Am 16. August 2006 bestellte er den Zeugen M. und R. H. , die ihm Darlehen in Höhe von 300.000 Euro gewährt hatten, eine Grundschuld in Höhe von jeweils 80.000 Euro an zwei ihm gehörenden Grundstücken (Fall III.2.6 der Urteilsgründe).
16
gg) Am 5. Februar 2007 gab der Angeklagte im Insolvenzverfahren gegenüber dem Amtsgericht B. eine Erklärung über seine Vermögensverhältnisse ab, deren Richtigkeit er an Eides Statt versicherte. Dabei verschwieg er, dass er Alleingesellschafter der Autohaus C.R. GmbH war, deren Gesellschaftsanteile von der Zeugin R. treuhänderisch für ihn gehalten wurden (Fall III.2.7 der Urteilsgründe).
17
II. Das Landgericht hat die Angaben des Angeklagten über die Aufbringung neuen Kapitals als Kapitalerhöhungsschwindel gemäß § 82 Abs. 1 Nr. 3 GmbHG in zwei Fällen gewertet. Entgegen der Erklärung des Angeklagten seien die Anlagebeträge zum Erklärungszeitpunkt noch nicht eingezahlt gewesen; außerdem habe das Kapital nicht zur freien Verfügung der Geschäftsführung gestanden.
18
Die im Jahr 2006 erfolgten Übertragungen von Vermögenswerten an die Eltern des Angeklagten, seinen Bruder, seinen Sohn und die Darlehensgeber hat das Landgericht – mit Ausnahme von Fall III.2.5 der Urteilsgründe – jeweils als Bankrott gemäß § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB beurteilt, im Fall III.2.5 als Gläubigerbegünstigung im Sinne von § 283c Abs. 1 StGB.
19
Im Fall III.2.7 der Urteilsgründe habe der Angeklagte tateinheitlich Bankrott begangen und eine falsche Versicherung an Eides Statt im Sinne des § 156 StGB abgegeben, weil er seine Beteiligung an der C.R. GmbH bei der eidesstattlichen Erklärung gegenüber dem Registergericht verschwiegen habe.
20
III. Vom Vorwurf des (versuchten) Betrugs durch zwei rechtlich selbständige Handlungen hat das Landgericht den Angeklagten freigesprochen.
21
1. Nach den dazu getroffenen Feststellungen entschloss sich der Angeklagte spätestens im September 2005, seinen Unternehmen durch Lastschriftenreiterei scheinbare Liquidität zu verschaffen. Wenn am Ende eines Bankarbeitstags auf einem der Geschäftskonten seiner Unternehmen bei der Sparkasse K. , der Kreissparkasse B. -P. oder der Raiffeisenbank e.G. eine Überschreitung der Kreditlinie von jeweils 500.000 Euro drohte, machte der Angeklagte sich die Banklaufzeiten im Lastschriftverfahren zu Nutze, um formal die Einhaltung der Kreditlinie zu erreichen. Drohte etwa eine Überschreitung der Kreditlinie auf dem Geschäftskonto der Kreissparkasse B. -P. , wurden Lastschriften zugunsten dieses Kontos und zulasten des Geschäftskontos bei der Raiffeisenbank e.G. eingereicht. Darauf wurde die Gutschrift sofort erteilt, während die Belastung des bezogenen Kontos erst einen Tag später erfolgte. Zum Ausgleich der Liquiditätslücke des belasteten Kontos wurde am Folgetag ein entsprechender Betrag durch Blitzüberweisung von dem Konto bei der Sparkasse K. auf das Konto bei der Raiffeisenbank e.G. überwiesen. Zur Deckung des Fehlbestands auf dem Konto der Sparkasse K. wurden dann noch am Überweisungstag zugunsten dieses Kontos Lastschriften auf das Konto der Kreissparkasse B. -P. gezogen. Den Lastschriften lagen jeweils keine Forderungen zu Grunde.
22
Im Jahr 2006 wurde von dieser Lastschriftenreiterei an jedem Arbeitstag Gebrauch gemacht. Spätestens Anfang August 2006 fiel dies Mitarbeitern der Kreissparkasse B. -P. auf. Am 9. August 2006 führte der Angeklagte mit deren Sparkassenangestellten Ri. und Th. ein Gespräch darüber. Das Landgericht vermochte nicht auszuschließen, dass diese dem Angeklagten sagten , dass er „die ungedeckten Lastschrifteinzüge“ innerhalb von zwei bis drei Wochen abbauen und den Negativsaldo des Firmenkontos auf einen Betrag innerhalb der Kreditlinie zurückführen solle. Nicht feststellen konnte das Landgericht andererseits, dass die Zeugen dem Angeklagten „unmissverständlich deutlich machten, dass ein weiterer Missbrauch des Lastschriftverfahrens ab sofort nicht mehr toleriert und Lastschriften, denen erkennbar keine realen Ge- schäftsvorfälle zu Grunde lagen, zurückgegeben würden.“
23
Am Abend des 9. August 2006 war die Kreditlinie der T. Autohaus K. GmbH von 500.000 Euro selbst unter Berücksichtigung von Gutschriften aus dem Lastschriftenverfahren auf dem Geschäftskonto bei einem Soll von 491.618,40 Euro fast ausgeschöpft. Ohne die dann vorliegenden Gutschriften in Höhe von 636.084 Euro aus angeblichen Lastschriften, denen tatsächlich keine Forderungen zu Grunde lagen, wäre die Kreditlinie bei einem Kontostand von 1.127.702,40 Euro sogar um 627.702,40 Euro überschritten worden.
24
Am 10. August 2006 überwies die T. Autohaus K. GmbH dennoch durch Blitzgiro der Sparkasse K. in ihrem Auftrag 601.530 Euro auf das Konto bei der Raiffeisenbank e.G. und einen weiteren Betrag von 98.850 Euro auf ein Konto bei der F. Bank K. , also insgesamt 700.380 Euro. Wegen Überschreitung der Kreditlinie wurden diese Überweisungsaufträge der T. Autohaus K. GmbH dem Sachbearbeiter S. bei der Sparkasse K. vorgelegt, der sie genehmigte. Er hatte zwar den Verdacht der Lastschriftenreiterei, stellte aber seine Bedenken im Vertrauen auf die bisher übliche Rückführung der Überschreitung des Kreditrahmens bis zum Ende des Arbeitstags zurück.
25
Am 11. August 2006 beauftragte die T. Autohaus K. GmbH die Sparkasse K. damit, durch Blitzgiro 549.880 Euro auf das Geschäftskonto bei der Raiffeisenbank e.G. zu überweisen. Diese sollten durch Lastschriften zulasten des Kontos bei der Kreissparkasse B. -P. ausgeglichen werden, jedoch wurden die dort am 10. und 11. August 2006 eingereichten Lastschriften nicht mehr eingelöst.
26
Zugunsten des Angeklagten hat das Landgericht angenommen, dass dieser bei den Überweisungsaufträgen an die Sparkasse K. am 10. und 11. August 2006 zwar wusste, dass jeweils die dortige Kreditlinie bei ordnungsgemäßer Handhabung des Lastschriftverfahrens ohne Sicherheiten für die Sparkasse überschritten wurde. Jedoch sei nicht auszuschließen, dass er aufgrund einer nach seiner Auffassung mit den Zeugen Th. und Ri. für die Kreissparkasse B. -P. getroffenen Vereinbarung dies durch Gutschriften im Lastschriftverfahren würde ausgleichen können.
27
2. Der Angeklagte hat behauptet, die Kreissparkasse B. -P. habe durch die Zeugen Th. und Ri. am 9. August 2006 Kenntnis davon gehabt, dass den Lastschriften keine Forderungen zu Grunde lagen. Mit der Kreissparkasse sei aber bei dem Gespräch am 9. August 2006 vereinbart worden, dass die Lastschriften innerhalb der nächsten drei Wochen zu reduzieren seien. Am 11. August 2006 sei er gegen 14.00 Uhr für ihn überraschend darüber informiert worden, dass die Kreissparkasse keine Lastschriften mehr einlöse. Hätte er gewusst, dass die „Lastschriften sofort einzustellen gewesen wären, wäre es ihm möglich gewesen, die Liquiditätslücke durch eine Investition seitens des Zeugen Kr. zu schließen.“
28
Das Landgericht hat diese Einlassung im Kern als unwiderlegt angesehen. Zwar hätten die Zeugen Th. und Ri. übereinstimmend bekundet, dem Angeklagten sei bei dem Gespräch am 9. August 2006 unmissverständlich mitgeteilt worden, dass die Kreissparkasse B. -P. keine Lastschrifteneinziehung für seine Unternehmen mehr vornehmen werde. Entsprechendes sei in einem Aktenvermerk des Zeugen Th. festgehalten worden. Jedoch sei der dortige Hinweis darauf, dass die Zeugen den Angeklagten aufgefordert hätten, „seinerseitsVorschläge zu unterbreiten, wie eine Veränderung herbeigeführt werden kann“, möglicherweise im Sinn der Vorstellung des Angeklagten zu verstehen. Indiziell werde seine Einlassung dadurch unterstützt, dass seine Mitarbeiter H. , Si. , Re. und M. bekundet hätten, der Angeklagte sei positiv gestimmt von dem Gespräch bei der Kreissparkasse zurückgekehrt und habe mitgeteilt, dass die Lastschriften innerhalb von drei Wochen auszugleichen seien.
29
3. Zur rechtlichen Würdigung hat das Landgericht ausgeführt, der Angeklagte habe zwar erneut das Lastschriftverfahren zweckwidrig eingesetzt. Darin habe eine Täuschung der Sparkasse K. gelegen, worauf sie irrtumsbedingt mit den Überweisungen über ihr Vermögen verfügt habe. Der Angeklagte sei jedoch aufgrund der von ihm angenommenen Vereinbarung mit der Kreissparkasse B. -P. nicht davon ausgegangen, dass hierdurch bei der Sparkasse K. ein Vermögensschaden eintreten werde.

B.

30
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen die Freisprechung des Angeklagten vom Vorwurf des (versuchten) Betrugs in zwei Fällen ist begründet. Im Fall der Lastschriftenreiterei hat das Landgericht seine Kognitionspflicht verletzt. Im Fall der Überweisungsaufträge an die Sparkasse K. ist jedenfalls seine Beweiswürdigung rechtsfehlerhaft.
31
I. Das Landgericht hat den Verfahrensgegenstand nicht ausgeschöpft.
32
1. Nach § 264 StPO muss das Gericht die in der Anklage bezeichnete Tat so, wie sie sich nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung darstellt, unter allen rechtlichen Gesichtspunkten aburteilen. Es ist verpflichtet, den Unrechtsgehalt der Tat im prozessualen Sinn voll auszuschöpfen, sofern – wie hier – keine rechtlichen Hindernisse im Wege stehen.
33
Der Umfang des Anklagevorwurfs ist durch Auslegung der Anklageschrift festzustellen (vgl. Senat, Urteil vom 29. Juni 2016 – 2 StR 89/16). Der Vorwurf betrifft hier nach dem Anklagesatz (S. 3 bis 7 der Anklageschrift) unter der Überschrift „Missbrauch des Lastschriftverfahrens“, auch in Verbindung mit dem Wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen (S. 30 bis 32 der Anklageschrift), Betrug durch „Vorlage grundgeschäftsloser Lastschriften bei der Sparkasse K. sowie die Veranlassung von Blitzüberweisungen“ am 10. und 11. August 2004 (S. 30 ff. der Anklageschrift). Der Anklagevorwurf umfasst damit das im konkreten Anklagesatz umschriebene Lastschriftenkarussell und nicht nur die Vorlage von Überweisungsaufträgen.
34
Hat bei einer durch mehrere Personen ausgeführten Deliktsserie ein Tatbeteiligter einen Beitrag zum Aufbau oder zur Aufrechterhaltung einer auf die Begehung von Straftaten ausgerichteten Struktur erbracht, sind Einzeltaten zu einem uneigentlichen Organisationsdelikt zusammenzufassen, durch welches sie für den im Hintergrund Tätigen zu einer Tat im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB zusammengeführt werden. Von dieser Handlungseinheit ausgenommen sind nur die Einzeldelikte, an denen der Täter individuell mitgewirkt hat. Diese sind ihm tatmehrheitlich zuzurechnen (vgl. BGH, Beschluss vom 29. Juli 2009 – 2StR 160/09, NStZ 2010, 103 f.; Beschluss vom 14. Oktober 2014 – 3 StR 365/14, NStZ 2015, 334; Beschluss vom 3. März 2016 – 4 StR 134/15; Beschluss vom 4. Mai 2016 – 3 StR 358/15). Die einheitliche Tat des Organisationsdelikts bildet aber auch eine Tat im prozessualen Sinn, die durch Anklageerhebung der Kognition des Gerichts gemäß § 264 Abs. 1 StGB unterworfen wird.
35
Zur Erfüllung der Umgrenzungsfunktion der Anklageschrift ist es bei einem „uneigentlichen Organisationsdelikt“, bei dem einem in leitender Funktion des Unternehmens Tätigen die Ausführungshandlungen der Mitarbeiter zugerechnet werden, nicht erforderlich, sämtliche Handlungen im Einzelnen in der Anklageschrift mitzuteilen (vgl. BGH, Urteil vom 24. Januar 2012 – 1 StR 412/11, BGHSt 57, 88, 94; Urteil vom 18. September 2013 – 2 StR 365/12, BGHSt 59, 11, 13).
36
Insoweit unterlag der Komplex der Lastschriftenreiterei, soweit es um Betrug oder versuchten Betrug zum Nachteil der Sparkasse K. geht, der Kognition des Landgerichts (§ 264 Abs. 1 StPO). Es hat aber nur das Ende des „Lastschriftenkarussells“ bewertet, nicht die Gesamtheit der Handlungen des Angeklagten bei dessen Einrichtung und Aufrechterhaltung. Schon dabei kann der Tatbestand des Betrugs erfüllt worden sein.
37
2. Das Lastschriftverfahren stellt ausschließlich ein Instrument des bargeldlosen Zahlungsverkehrs dar (vgl. BGH, Urteil vom 10. Juni 2008 – XI ZR 283/07, BGHZ 177, 96, 73). Im Rahmen des vertragsgemäßen Lastschriftverfahrens wird zugunsten des Zahlungsempfängers über sein Kreditinstitut von dem Konto eines Zahlungspflichtigen der sich aus der Lastschrift ergebende Betrag eingezogen. Diese erste Inkassostelle nimmt Aufträge zum Einzug fälliger Forderungen herein. Sie ist verpflichtet, nicht eingelöste oder wegen Widerspruchs des Zahlungspflichtigen zurückgegebene Lastschriften zu vergüten. Zwischen dem Zahlungsempfänger und seiner Bank wird eine Vereinbarung getroffen, nach der das Lastschriftverfahren ausschließlich dazu dient, fällige Forderungen einzuziehen. Lastschriftenreiterei mit dem Ziel einer Kreditbeschaffung durch Lastschriften, denen keine Forderungen zu Grunde liegen, ist mit dem Wesen des Lastschriftverfahrens generell nicht zu vereinbaren (vgl. Senat, Urteil vom 15. Juni 2005 – 2 StR 30/05, BGHSt 50, 147, 154 mwN). Den Zahlungsempfänger trifft deshalb eine Aufklärungspflicht, wenn Lastschriften atypisch verwendet werden. Erfüllt er diese Aufklärungspflicht nicht, liegt Betrug zum Nachteil der ersten Inkassostelle vor, wenn dort ein Irrtum erregt und deshalb eine Vermögensverfügung verursacht wird, die bei der ersten Inkassostelle einen Vermögensschaden verursacht, versuchter Betrug dagegen, wenn der Täter einen Irrtum zu erregen glaubt, aber der Bankmitarbeiter die Umstände bereits kennt und aus anderen Gründen die Vermögensverfügung vornimmt.
38
Nach den Feststellungen des Landgerichts hatten die Zeugen Th. und Ri. jedenfalls am 9. August 2006 und der Zeuge S. , dem die Überweisungsaufträge der T. Autohaus K. GmbH am 10. und 11. August 2006 bei der Sparkasse K. zur Genehmigung vorgelegt wurden, den Verdacht einer Lastschriftenreiterei. Wie die vorherige Praxis der Lastschriftreiterei durch den Angeklagten gegenüber den drei beteiligten Banken und Sparkassen zu bewerten ist, hat das Landgericht nicht näher geprüft. Die Kenntnis des Zeugen S. von der Lastschriftenreiterei am 10. August 2006 war dem Angeklagten nicht bekannt, weshalb ihm die Anklagebehörde insoweit versuchten Betrug vorgeworfen hat. Auch damit hat sich das Landgericht im Urteil nicht erschöpfend auseinandergesetzt.
39
II. Zum Vorwurf des Betrugs durch Einreichung von Aufträgen zu Blitzüberweisungen durch die Sparkasse K. auf nicht näher erläuterte „Veran- lassung“ des Angeklagten,die – je nach der Art der individuellen Mitwirkung – ein Teil des „uneigentlichen Organisationsdelikts“ oder aber rechtlich selbstän- dige Handlung des Angeklagten gewesen sein kann, ist jedenfalls die Beweiswürdigung des Landgerichts rechtsfehlerhaft.
40
1. Der Zeuge S. war nicht im Irrtum darüber, dass die ihm zur Genehmigung vorgelegten Überweisungen dazu führen würden, dass die Kreditlinie zunächst überschritten werden würde und dafür keine Kreditsicherheiten für die Sparkasse K. vorhanden waren. Die Verursachung eines im Sinne von § 263 Abs. 1 StGB relevanten Irrtums konnte insoweit aber noch hervorgerufen werden, indem der Sparkassenmitarbeiter S. von dem Angeklagten nicht darüber aufgeklärt wurde, mit einer Einlösung von Gutschriften bei der Kreissparkasse B. -P. am 10. und 11. August 2006 sei nicht mehr zu rechnen, nachdem deren Mitarbeiter ihm am Vortag „unmissverständlich erklärt“ hatten, Lastschriften würden dort nicht mehr ausgeführt. Insoweit kommt ein (vollendeter) Betrug durch den Angeklagten in Betracht, bei dem schon die Aus- führung der Blitzüberweisungen mangels unmittelbarer und wertgleicher Kompensation einen Vermögensschaden bei der Sparkasse K. hervorgerufen hat.
41
Nach dem Anklagevorwurf war mit der Sparkasse K. stillschwei- gend vereinbart, dass eine „untertägige Überschreitung der Kreditlinie“ geduldet wurde. „Bedingung hierfür war jedoch, dass die Kreditlinie am Vorabend des Verfügungstages – auch unter Berücksichtigung von Gutschriften aus Lastschriftvorlagen – ausgeglichen war und die Zusage der T. Autohaus K. GmbH, die Kreditlinie am Abend des jeweiligen Verfügungstages wieder auszugleichen“ (Anklageschrift S. 4). Danach bestand eine Täuschungshandlung des Angeklagten gegebenenfalls darin, dass er der Sparkasse K. , die in die Sanierungsgespräche mit der Kreissparkasse B. -P. nicht einbezogen war, verschwiegen hat, dass die Erfüllung dieser Zusage bei Erteilung der Überweisungsaufträge am 10. und 11. August 2006 nach dem Ergebnis der Erörterungen mit der Kreissparkasse B. -P. am 9. August 2006 nicht mehr realisierbar war. Die Beweiswürdigung des Landgerichts, die zu dem Ergebnis einer jedenfalls aus der Sicht des Angeklagten erfolgten Duldungszusage der Kreissparkasse B. -P. gelangt ist, erscheint widersprüchlich und ist lückenhaft.
42
2. a) Der Freispruch beruht insoweit vor allem auf der Annahme, dass nicht auszuschließen sei, der Angeklagte sei nach dem Gespräch mit den Sparkassenvertretern davon ausgegangen, die Kreissparkasse B. -P. werde die Lastschriftenreiterei vorübergehend akzeptieren. Dies steht in einem vom Landgericht nicht nachvollziehbar aufgelösten Widerspruch zu der in anderem Zusammenhang getroffenen Feststellung, die Kreissparkasse B. -P. habe bereits am 9. August 2006 beschlossen, keine Verfügungen mehr aus Gutschriften mit dem Zusatz „Eingang vorbehalten“ zuzulassen.
43
b) Ferner sind die Ausführungen im angefochtenen Urteil dazu, dass es dem Angeklagten möglich gewesen wäre, die Liquiditätslücke durch eine Investition des Zeugen Kr. zu schließen, mit der Feststellung nicht zu vereinbaren , dass dieser Zeuge nur „bei Vorhandensein einer hundertprozentigen Si- cherheit“zu einer Investition bereit gewesen wäre. Kreditsicherheiten standen dem Angeklagten im Jahr 2006 nicht mehr zur Verfügung. Auch lag ein tragfähiges Sanierungskonzept eines Investors nicht vor.
44
Die bloße Hoffnung des Angeklagten auf künftige Schließung der Liquiditätslücke mit Hilfe eines Investors war im Übrigen zurzeit der Überweisungsaufträge an die Sparkasse K. am 10. und 11. August 2006 nicht geeignet, die das Vermögen der Sparkasse K. vermindernde Darlehensvergabe durch Ausführung der Überweisungsaufträge unmittelbar zu kompensieren. Selbst bei einer späteren Realisierung dieser erhofften Sanierungsmöglichkeit hätte allenfalls eine nachträgliche Schadenskompensation stattgefunden.
45
c) Es fehlt schließlich an einer umfassenden Gesamtwürdigung aller für die Entscheidung wesentlichen Umstände.
46
Bei der gebotenen Gesamtschau wäre auch die wirtschaftliche Situation der Firmengruppe des Angeklagten in der Zeit vom 9. bis zum 11. August 2006 festzustellen und nachvollziehbar zu würdigen gewesen. Nur so wären Erklärungen der Zeugen Th. und Ri. als Mitarbeiter der Kreissparkasse B. -P. bei ihrem Gespräch mit dem Angeklagten am 9. August 2006 sowie die Einschätzung des Zeugen S. als Mitarbeiter der Sparkasse K. bei der Genehmigung der Überweisungsaufträge am 10. und 11. August 2006 und das diesbezügliche Wissen des Angeklagten nachzuvollziehen.
47
Als Hintergrund wäre die Tatsache zu berücksichtigen gewesen, dass schon die Darlehensvergabe der To. Kreditbank GmbH im Mai 2004 dazu dienen sollte, eine vorher vom Angeklagten betriebene „Scheckreiterei“ zu be- enden. Welche Vorstellungen der Angeklagte mit der nach Aufdeckung der Scheckreiterei von ihm anschließend an jedem Arbeitstag im Jahre 2006 mit zunehmendem Volumen betriebenen Lastschriftenreiterei verband, hat das Landgericht in den Urteilsgründen nicht mitgeteilt. Jedenfalls rechnete er auch mit einer Aufdeckung der Lastschriftenreiterei durch Nachprüfungen seitens der To. Kreditbank GmbH. Sein Mitarbeiter H. wies ihn mehrfach darauf hin, dass das Lastschriftenkarussell zusammenbrechen werde, sobald eine der beteiligten Banken nicht mehr „mitmache“. Warum der Angeklagte auch unter Berücksichtigung dieser Hintergründe und der wirtschaftlichen Gesamtlage seiner Firmengruppe auch noch nach der Erörterung seiner Lastschriftenreiterei mit den Mitarbeitern der Kreissparkasse B. -P. am 9. August 2006 bei der Einreichung der Überweisungsaufträge an die Sparkasse K. am 10. und 11. August 2006 davon ausgegangen sein soll, diese werde das rechtswidrige Vorgehen vorerst weiter aktiv unterstützen, ist in den Urteilsgründen nicht nachzuvollziehen.

C.

48
Die Revision des Angeklagten ist unbegründet.
49
I. Der Schuldspruch ist rechtsfehlerfrei.
50
1. Das Landgericht ist davon ausgegangen, dass der Angeklagte als Geschäftsführer der T. Autohaus B. GmbH und T. Autohaus K. GmbH jeweils einen Kapitalerhöhungsschwindel gemäß § 82 Abs. 1 Nr. 3 GmbHG begangen hat. Dagegen bestehen keine rechtlichen Bedenken.
51
Die Erklärungen des Angeklagten gegenüber dem Registergericht waren falsch. Dabei handelte er nach den insoweit rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Landgerichts auch vorsätzlich.
52
§ 82 GmbHG verfolgt den Zweck, jede Täuschung der Öffentlichkeit über die wesentlichen wirtschaftlichen Grundlagen des Unternehmens zu verhindern (vgl. Schaal in Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, 207. Lfg., § 82 GmbHG Rn. 10). Geschützt wird das Vertrauen der Gesellschaftsgläubiger oder sonstiger interessierter Dritter in den Wahrheitsgehalt der Handelsregistereintragung und deren Grundlagen oder sonstige öffentliche Mitteilungen über die Vermögenslage der Gesellschaft. Demgemäß geht es bei dem abstrakten Gefährdungstatbestand auch in Bezug auf eine Erhöhung des Stammkapitals um Äußerungsdelikte. § 82 GmbHG soll jeden, der mit der Gesellschaft in Geschäftsverbindung treten will, vor Täuschungen schützen und ihm die Möglichkeit geben, sich durch Einsicht in das Handelsregister und dessen Unterlagen über die wirtschaftliche Lage des Unternehmens zu unterrichten. Werden erhebliche Umstände verschwiegen, wird die Äußerung insgesamt falsch. Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Richtigkeit einer Angabe ist der Eingang beim Registergericht. Wenn die Angabe zu dieser Zeit nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmt, ist sie falsch im Sinne von § 82 Abs. 1 Nr. 3 GmbHG. Das trifft auf die Erklärung des Angeklagten in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer zu, dass die zur Kapitalerhöhung übernommenen Stammeinlagen in voller Höhe für Zwecke der jeweiligen Gesellschaft geleistet und nicht an den Einleger zurückgezahlt worden seien, der Geschäftsführung zur freien Verfügung stünden und mit Ausnahme der Kosten nicht durch Verbindlichkeiten vorbelastet seien.
53
Tatsächlich waren die Geldbeträge zum Zeitpunkt des Eingangs der Erklärung beim Registergericht am 19. Mai 2004 noch nicht den Firmenkonten gutgeschrieben. Als die Gutschriften am 27. Mai 2004 erfolgten, war bereits die Treuhandvereinbarung zwischen der To. Kreditbank GmbH und der Kreissparkasse B. -P. vom 17. Mai 2004 wirksam geworden, wonach von den beteiligten Banken keine andere Verfügung als die Zahlung an die Toyota Deutschland GmbH zugelassen wurde. Die Unternehmensgruppe des Angeklagten konnte wegen dieser durch Dritte abgeschlossenen Vereinbarung im gesamten Zeitraum zwischen dem Eingang der Erklärung des Angeklagten beim Registergericht und dem Abfluss der Mittel an die To. Deutschland GmbH darüber nicht oder jedenfalls nicht anderweitig verfügen.
54
Auf den vorherigen Entschluss des Angeklagten zum Ziel der Mittelverwendung kommt es nicht an. Auch die Befriedigung eines Gläubigers der Gesellschaft durch Weiterleitung der an die Gesellschaft geleisteten Einlagenzahlung erfolgt zwar im Allgemeinen in Ausübung der Verfügungsmacht der Geschäftsführung (vgl. BGH, Urteil vom 29. Januar 2001 – II ZR 183/00, ZIP 2001, 513, 515). Bei Kapitalerhöhungen wird auch meist schon vorab eine Bestimmung über die Verwendung des auf die Erhöhung einzuzahlenden Kapitals getroffen , weshalb die Geschäftsleitung um der Erreichung dieses geschäftlichen Ziels willen an die Gesellschafterversammlung mit dem Anliegen der Aufbringung zusätzlicher Mittel herantritt. Verwendungsabsprachen sind vor diesem Hintergrund im Allgemeinen unschädlich (vgl. BGH, Urteil vom 22. März 2010 – II ZR 12/08, BGHZ 185, 44, 49). Anders liegt es dann, wenn die Gesellschaft letztlich nur die Durchgangsstation einer Leistung des Inferenten an einen Gesellschaftsgläubiger ist, bei der jede Einwirkungsmöglichkeit der Geschäftsführung ausgeschlossen wird (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 18. März 2002 – II ZR 364/00, WM 2002, 965, 966). Eine Falschangabe gegenüber dem Registergericht im Sinne von § 82 Abs. 1 Nr. 3 GmbHG liegt in einer solchen Konstellation auch vor, wenn der Geschäftsführer nicht über die Anlage verfügen kann, weil die kreditgebende Bank eine Verfügung über die auf dem Geschäftskonto gut geschriebene Beträge zu anderen Zwecken als zur Rückführung einer Verbindlichkeit verhindert (vgl. MünchKommGmbHG/Wißmann, GmbHG, 2. Aufl., § 82 Rn. 124, 229). Das war hier aufgrund der Treuhandvereinbarung der To. Kreditbank GmbH mit der Kreissparkasse B. -P. der Fall.
55
2. Die Verurteilung des Angeklagten wegen Bankrotts in sechs Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Abgabe einer falschen Versicherung an Eides Statt, und wegen Gläubigerbegünstigung ist rechtsfehlerfrei.
56
a) Ein Beiseiteschaffen von Vermögensgegenständen, die sonst in die Insolvenzmasse geflossen wären, liegt im Sinne des § 283 Abs. 1 Nr. 1 Var. 1 StGB vor, wenn ein Schuldner einen zu seinem Vermögen gehörenden Gegenstand dem alsbaldigen Gläubigerzugriff entzieht oder den Zugriff wesentlich erschwert. Eine Vereitelung des Gläubigerzugriffs durch Änderung der rechtlichen Zuordnung ist auch bei der Übereignung eines Gegenstandes anzunehmen , ferner bei der Abtretung einer Forderung oder bei einer Verpfändung, wenn auf diese Leistung zu diesem Zeitpunkt und in der konkreten Art kein Anspruch bestand (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 1955 – 5 StR 128/55, BGHSt 8, 55, 56). Das war bei den verfahrensgegenständlichen Forderungsabtretungen des Angeklagten der Fall (Fälle III.2.1 – III.2.3 der Urteilsgründe), ebenso bei der Übereignung eines Grundstücks (Fall III.2.4) und bei der Bestellung von Grundschulden zur teilweisen Sicherung einer Darlehensforderung (Fall III.2.6).
57
b) Im Fall der Bestellung einer Grundschuld mit höherem Wert als die zu sichernde Forderung (Fall III.2.5 der Urteilsgründe) geht die Regelung des § 283c StGB vor (vgl. BGH, Urteil vom 2. November 1995 – 1 StR 449/95, BGHR StGB § 283 Abs. 1 Nr. 1 Vermögen 2; Fischer, StGB, 63. Aufl., § 283c Rn. 11). Im Verhältnis zu § 283 Abs. 1 Nr. 1 stellt § 283c StGB eine Privilegierung dar (vgl. LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., § 283c Rn. 39).
58
c) Rechtlich nicht zu beanstanden ist schließlich die Verurteilung des Angeklagten im Fall III.2.7 der Urteilsgründe wegen falscher Versicherung an Eides Statt (§ 156 StGB) in Tateinheit (vgl. BGH, Urteil vom 20. Dezember1957 – 1 StR 492/57,BGHSt 11, 145, 147) mit Bankrott durch Verheimlichen von Vermögensgegenständen (§ 283 Abs. 1 Nr. 1 Var. 2 StGB).
59
II. Die Strafzumessung ist rechtsfehlerfrei. Fischer Appl Eschelbach Zeng RinBGH Dr. Bartel ist wegen Urlaubsabwesenheit an der Unterschrift gehindert. Fischer

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Strafgesetzbuch - StGB | § 263 Betrug


(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen

Strafgesetzbuch - StGB | § 52 Tateinheit


(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt. (2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie d

Strafprozeßordnung - StPO | § 264 Gegenstand des Urteils


(1) Gegenstand der Urteilsfindung ist die in der Anklage bezeichnete Tat, wie sie sich nach dem Ergebnis der Verhandlung darstellt. (2) Das Gericht ist an die Beurteilung der Tat, die dem Beschluß über die Eröffnung des Hauptverfahrens zugrunde l

Strafgesetzbuch - StGB | § 264 Subventionsbetrug


(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer 1. einer für die Bewilligung einer Subvention zuständigen Behörde oder einer anderen in das Subventionsverfahren eingeschalteten Stelle oder Person (Subventionsgeber) ü

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(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer bei Überschuldung oder bei drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit 1. Bestandteile seines Vermögens, die im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Ins

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Wer vor einer zur Abnahme einer Versicherung an Eides Statt zuständigen Behörde eine solche Versicherung falsch abgibt oder unter Berufung auf eine solche Versicherung falsch aussagt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe be

Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung - GmbHG | § 82 Falsche Angaben


(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer 1. als Gesellschafter oder als Geschäftsführer zum Zweck der Eintragung der Gesellschaft über die Übernahme der Geschäftsanteile, die Leistung der Einlagen, die Verwend

Strafgesetzbuch - StGB | § 283c Gläubigerbegünstigung


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(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
als Gesellschafter oder als Geschäftsführer zum Zweck der Eintragung der Gesellschaft über die Übernahme der Geschäftsanteile, die Leistung der Einlagen, die Verwendung eingezahlter Beträge, über Sondervorteile, Gründungsaufwand und Sacheinlagen,
2.
als Gesellschafter im Sachgründungsbericht,
3.
als Geschäftsführer zum Zweck der Eintragung einer Erhöhung des Stammkapitals über die Zeichnung oder Einbringung des neuen Kapitals oder über Sacheinlagen,
4.
als Geschäftsführer in der in § 57i Abs. 1 Satz 2 vorgeschriebenen Erklärung oder
5.
als Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder als Geschäftsleiter einer ausländischen juristischen Person in der nach § 8 Abs. 3 Satz 1 oder § 39 Abs. 3 Satz 1 abzugebenden Versicherung oder als Liquidator in der nach § 67 Abs. 3 Satz 1 abzugebenden Versicherung
falsche Angaben macht.

(2) Ebenso wird bestraft, wer

1.
als Geschäftsführer zum Zweck der Herabsetzung des Stammkapitals über die Befriedigung oder Sicherstellung der Gläubiger eine unwahre Versicherung abgibt oder
2.
als Geschäftsführer, Liquidator, Mitglied eines Aufsichtsrats oder ähnlichen Organs in einer öffentlichen Mitteilung die Vermögenslage der Gesellschaft unwahr darstellt oder verschleiert, wenn die Tat nicht in § 331 Nr. 1 oder Nr. 1a des Handelsgesetzbuchs mit Strafe bedroht ist.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer bei Überschuldung oder bei drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit

1.
Bestandteile seines Vermögens, die im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Insolvenzmasse gehören, beiseite schafft oder verheimlicht oder in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise zerstört, beschädigt oder unbrauchbar macht,
2.
in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise Verlust- oder Spekulationsgeschäfte oder Differenzgeschäfte mit Waren oder Wertpapieren eingeht oder durch unwirtschaftliche Ausgaben, Spiel oder Wette übermäßige Beträge verbraucht oder schuldig wird,
3.
Waren oder Wertpapiere auf Kredit beschafft und sie oder die aus diesen Waren hergestellten Sachen erheblich unter ihrem Wert in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise veräußert oder sonst abgibt,
4.
Rechte anderer vortäuscht oder erdichtete Rechte anerkennt,
5.
Handelsbücher, zu deren Führung er gesetzlich verpflichtet ist, zu führen unterläßt oder so führt oder verändert, daß die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird,
6.
Handelsbücher oder sonstige Unterlagen, zu deren Aufbewahrung ein Kaufmann nach Handelsrecht verpflichtet ist, vor Ablauf der für Buchführungspflichtige bestehenden Aufbewahrungsfristen beiseite schafft, verheimlicht, zerstört oder beschädigt und dadurch die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert,
7.
entgegen dem Handelsrecht
a)
Bilanzen so aufstellt, daß die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird, oder
b)
es unterläßt, die Bilanz seines Vermögens oder das Inventar in der vorgeschriebenen Zeit aufzustellen, oder
8.
in einer anderen, den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft grob widersprechenden Weise seinen Vermögensstand verringert oder seine wirklichen geschäftlichen Verhältnisse verheimlicht oder verschleiert.

(2) Ebenso wird bestraft, wer durch eine der in Absatz 1 bezeichneten Handlungen seine Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit herbeiführt.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Wer in den Fällen

1.
des Absatzes 1 die Überschuldung oder die drohende oder eingetretene Zahlungsunfähigkeit fahrlässig nicht kennt oder
2.
des Absatzes 2 die Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit leichtfertig verursacht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(5) Wer in den Fällen

1.
des Absatzes 1 Nr. 2, 5 oder 7 fahrlässig handelt und die Überschuldung oder die drohende oder eingetretene Zahlungsunfähigkeit wenigstens fahrlässig nicht kennt oder
2.
des Absatzes 2 in Verbindung mit Absatz 1 Nr. 2, 5 oder 7 fahrlässig handelt und die Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit wenigstens leichtfertig verursacht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(6) Die Tat ist nur dann strafbar, wenn der Täter seine Zahlungen eingestellt hat oder über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist.

(1) Wer in Kenntnis seiner Zahlungsunfähigkeit einem Gläubiger eine Sicherheit oder Befriedigung gewährt, die dieser nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hat, und ihn dadurch absichtlich oder wissentlich vor den übrigen Gläubigern begünstigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) § 283 Abs. 6 gilt entsprechend.

Wer vor einer zur Abnahme einer Versicherung an Eides Statt zuständigen Behörde eine solche Versicherung falsch abgibt oder unter Berufung auf eine solche Versicherung falsch aussagt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Gegenstand der Urteilsfindung ist die in der Anklage bezeichnete Tat, wie sie sich nach dem Ergebnis der Verhandlung darstellt.

(2) Das Gericht ist an die Beurteilung der Tat, die dem Beschluß über die Eröffnung des Hauptverfahrens zugrunde liegt, nicht gebunden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 89/16
vom
29. Juni 2016
in der Strafsache
gegen
wegen gewerbsmäßigem Einschleusens von Ausländern u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:290616U2STR89.16.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 29. Juni 2016, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Fischer,
die Richter am Bundesgerichtshof Dr. Appl, Dr. Eschelbach, Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Ott, Richter am Bundesgerichtshof Zeng,
Staatsanwalt beim Bundesgerichtshof in der Verhandlung, Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof bei der Verkündung, als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt in der Verhandlung als Verteidiger des Angeklagten,
Justizhauptsekretärin in der Verhandlung, Justizangestellte bei der Verkündung als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 15. Oktober 2015 wird das Verfahren gegen den Angeklagten M. im Fall II. Ziffer 8 der Urteilsgründe eingestellt.
Der Schuldspruch wird dahin berichtigt, dass der Angeklagte M. des gewerbsmäßigen Schleusens von Ausländern in sechs Fällen und des unerlaubten Erwerbs und Besitzes einer halbautomatischen Kurzwaffe zum Verschießen von Patronenmunition schuldig ist.
Die weiter gehende Revision der Staatsanwaltschaft wird verworfen.
Die im Verfahren zu II. Ziffer 8 der Urteilsgründe sowie die übrigen im Revisionsverfahren entstandenen Kosten und die dem Angeklagten M. insoweit entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gewerbsmäßigen Schleusens von Ausländern in sieben Fällen und wegen unerlaubten Erwerbs und Besitzes einer halbautomatischen Kurzwaffe zum Verschießen von Patronenmunition zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Hiergegen richtet sich die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft , die auf die Verurteilung des Angeklagten M. im Fall II. Ziffer 8 der Urteilsgründe beschränkt ist. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Urteilsformel ersichtlichen Umfang Erfolg.

I.

2
1. Die vom Landgericht unverändert zur Hauptverhandlung zugelassene Anklageschrift sah folgendes vor:
3
a) Nach dem abstrakten Anklagesatz wurde dem Angeklagten M. und dem Nichtrevidenten Br. vorgeworfen, „in der Zeit vom 19.Dezember 2013 bis zum 9. Dezember 2014 in F. und andernorts der Angeklagte M. durch sieben selbständige Handlungen (Ziffer 1 bis 4, 6, 7 und 10), der Angeschuldigte Br. durch fünf selbständige Handlungen (Ziffer 5, 7 bis 9 und Ziffer 11), im siebten Fall gemeinschaftlich handelnd 1. bis 9. Ausländern, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum besitzen, Hilfe geleistet zu haben, entgegen § 14 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 des Aufenthaltsgesetzes in das Bundesgebiet oder in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder eines Schengenstaates einzureisen, wobei die Angeschuldigten dafür einen Vermögensvorteil erhielten oder sich versprechen ließen, sie wiederholt oder zugunsten der Ausländer handelten und es hinsichtlich des Angeschuldigten Br. im achten Fall bei einem Versuch blieb sowie

10.

der Angeschuldigte M. ohne Erlaubnis … eine halbautomatische Kurzwaffe zum verschießen von Patronenmunition … besessen zu haben …“
4
b) Zu Ziffer 8 wurde das Geschehen im konkreten Anklagesatz dahin geschildert , dass die Angeschuldigten den Entschluss gefasst hätten, in der Nacht vom 10. auf den 11. Januar 2014 fünf eritreische Staatsangehörige gegen Entgelt von Ma. nach F. zu schleusen. Der Angeschuldigte M. habe den Personentransport mit einem Mietfahrzeug von Ma. nach Ba. durchführen sollen, der Mitangeschuldigte Br. von Ba. nach F. . Br. habe sich deshalb gegen 21.26 Uhr auf den Weg nach Ba. gemacht. Zu einem Treffen mit M. sei es dort nicht gekommen, weil dieser bereits an der italienisch-schweizerischen Grenze kontrolliert und festgenommen worden sei. Deshalb sei der Mitangeklagte Br. ohne Passagiere nach F. zurückgekehrt.
5
2. Das Landgericht hat in dem angefochtenen Urteil entsprechende Tatsachenfeststellungen getroffen. Diese hat es auf die Geständnisse der Angeklagten und Erkenntnisse aus der Telekommunikationsüberwachung gestützt. Bei der rechtlichen Wertung hat es auch einen Fall des Einschleusens von Aus- ländern durch den Angeklagten M. im Fall II. Ziffer 8 der Urteilsgründe angenommen und dafür eine Einzelfreiheitsstrafe von zehn Monaten verhängt.

II.

6
Die in zulässiger Weise erhobene Revision der Staatsanwaltschaft gegen die Verurteilung des Angeklagten M. im Fall II. Ziffer 8 der Urteilsgründe ist begründet, soweit sie sich gegen den Schuldspruch und die Verhängung einer Einzelstrafe richtet. Insoweit liegt ein vom Senat von Amts wegen zu beachtendes Verfahrenshindernis vor, das zur Einstellung des Verfahrens zwingt (§ 260 Abs. 3 StPO). Der Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe bleibt davon aber entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin unberührt.
7
1. Aus dem Anklagesatz ergibt sich eine Beschränkung des Verfolgungswillens der Staatsanwaltschaft, der die Tatbeteiligung des Angeklagten M. im Fall II. Ziffer 8 der Urteilsgründe vom Verhandlungsgegenstand ausschließt.
8
a) Der Gegenstand der gerichtlichen Untersuchung und Entscheidung reicht nur soweit wie der aus der Anklageschrift erkennbare Verfolgungswille der Anklagebehörde (vgl. BGH, Urteil vom 15. Mai 1997 – 1 StR 233/96, BGHSt 43, 96, 99 f.). Enthält die Anklageschrift mehrere Taten, sind nur diejenigen angeklagt , auf die sich der aus der Anklageschrift zu entnehmende Verfolgungswille der Staatsanwaltschaft bezieht (vgl. LR/Stuckenberg, StPO, 26. Aufl., § 264 Rn. 35). Eine weitere Tat darf nicht zum Gegenstand des Sachurteils gemacht werden, auch wenn sie in der Anklageschrift erwähnt ist, ohne dass sich jedoch der Verfolgungswille der Staatsanwaltschaft darauf bezieht.
9
Verfahrensgegenstand sind nur Taten einer bestimmten Person. Daher bleibt die Tat im prozessualen Sinn stets auf die in der Anklageschrift als Angeschuldigter bezeichnete Person bezogen (vgl. Senat, Urteil vom 21. Dezember 1983 – 2 StR 578/83, BGHSt 32, 215, 217; Urteil vom 20. Dezember 1995 – 2 StR 113/95, NStZ 1996, 243, 244; BeckOK-StPO/Eschelbach, StPO, 24. Ed. 2015, § 264 Rn. 4; MünchKomm-StPO/Norouzi, StPO, 2016, § 264 Rn. 4; Radtke in Radtke/Hohmann, StPO, 2012, § 264 Rn. 8). Taten eines Angeschuldigten , die nicht vom Verfolgungswillen der Staatsanwaltschaft umfasst sind, können daher vom Gericht nicht abgeurteilt werden, selbst wenn sie in Bezug auf einen Mitangeschuldigten zum Gegenstand der Anklage gemacht wurden.
10
Ob ein konkreter Lebenssachverhalt in Bezug auf einen Angeschuldigten zum Verfahrensgegenstand gehören soll, ist durch Auslegung der Anklageschrift zu ermitteln. Diese ist aus sich heraus zu interpretieren (BGH, Urteil vom 17. August 2000 – 4 StR 245/00, BGHSt 46, 130, 134). Auf die Tatsache, dass die Staatsanwaltschaft nach ihrem Schlussvortrag keinen Antrag zu Fall II. Ziffer 8 hinsichtlich des Angeklagten M. gestellt hat, kommt es daher nicht an.
11
Die Beschreibung eines strafrechtlich relevanten Geschehens im Anklagesatz ist zwar ein Indiz dafür, dass dieses Geschehen vom Verfolgungswillen der Staatsanwaltschaft umfasst sein könnte (BGH aaO, BGHSt 43, 96, 100). Die Auslegung kann aber im Einzelfall etwas anderes ergeben, insbesondere wenn mehrere Taten verschiedenen Angeschuldigten in unterschiedlichem Umfang vorgeworfen werden.
12
b) Dem abstrakten Anklagesatz ist eindeutig zu entnehmen, welche Fälle den Mitangeschuldigten M. und Br. jeweils zur Last gelegt werden sollten. Dort ist nicht nur die Anzahl der rechtlich selbständigen Handlungen ge- nannt, die den Mitangeschuldigten vorgeworfen wurden, sondern es wurden auch durch individuelle Zuordnung der Fallziffern die den Mitangeschuldigten jeweils vorgeworfenen Einzeltaten gekennzeichnet. Ergänzend wurde hervorgehoben , dass im siebten Fall von einem gemeinschaftlichen Handeln der beiden Mitangeschuldigten ausgegangen werden sollte. In allen anderen Fällen wurde der Vorwurf demnach jeweils nur gegen den einen oder den anderen Mitangeschuldigten erhoben. Das gilt auch für den Fall II. Ziffer 8.
13
Die Tatsache, dass der Lebenssachverhalt zum Vorwurf im Fall II. Ziffer 8 im konkreten Anklagesatz mitgeteilt wurde und dazu das Verhalten der beiden Mitangeschuldigten umschreibt, führt nicht zu einem anderen Ergebnis. Diese Beschreibung war der Tatsache geschuldet, dass die Staatsanwaltschaft zur Begründung der Erfüllung des Versuchstatbestands durch den Mitangeschuldigten Br. den Ablauf des Geschehens erläutern musste, an dem der Angeklagte M. bis zum Erreichen der italienisch-schweizerischen Grenze beteiligt war. Ein Rückschluss aus dieser Tatsachenschilderung darauf, dass deshalb – entgegen dem abstrakten Anklagesatz – auch das Verhalten des Angeschuldigten M. in diesem Fall Gegenstand des Anklagevorwurfs sein sollte, ist nicht angezeigt.
14
Das Legalitätsprinzip zwingt nicht stets dazu, alle Sachverhalte zum Gegenstand einer Anklage gegen alle erkannten Tatbeteiligten zu machen. Welche Gründe die Staatsanwaltschaft hatte, von einer Anklageerhebung gegen den Angeklagten M. im Fall Ziffer 8 abzusehen, ist zwar der Anklageschrift nicht zu entnehmen. Dies ist aber angesichts des eindeutigen Wortlauts des abstrakten Anklagesatzes unerheblich. Auf die diesbezüglichen Erläuterungen der Staatsanwaltschaft in der Revisionsbegründung im Hinblick auf eine Strafverfolgung im Ausland kommt es für die Auslegung der Anklageschrift daher nicht an.
15
c) Der als Fall II. Ziffer 8 der Urteilsgründe zum Gegenstand der Verurteilung gemachte Sachverhalt war nach allem nicht Teil des Anklagevorwurfs gegen den Mitangeschuldigten M. . Die Sachurteilsvoraussetzung einer wirksamen Anklagerhebung (§ 151 StPO) ist insoweit nicht erfüllt. Daraus ergibt sich ein Prozesshindernis, das den Senat zur Einstellung des Verfahrens zwingt, soweit der Angeklagte M. vom Landgericht im Fall II. Ziffer 8 seiner Urteilsgründe verurteilt wurde (§ 260 Abs. 3 StPO).
16
Der Senat berichtigt den Schuldspruch entsprechend.
17
2. Eine Aufhebung des Ausspruchs über die Gesamtfreiheitsstrafe ist trotz Wegfalls der Einzelstrafe gegen den Angeklagten M. im Fall II. Ziffer 8 der Urteilsgründe nicht angezeigt.
18
Das Landgericht hat gegen den Angeklagten M. vier Einzelfreiheitsstrafen von jeweils einem Jahr und vier weitere Einzelfreiheitsstrafen von jeweils zehn Monaten verhängt; daraus hat es die Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren gebildet. Durch die Verfahrenseinstellung entfällt eine Einzelfreiheitsstrafe von zehn Monaten im Fall II. Ziffer 8 der Urteilsgründe. Der Senat schließt aus, dass das Landgericht bei Absehen von dieser Verurteilung auf eine niedrigere als die ausgesprochene Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte. Fischer Appl Eschelbach Ott Zeng

(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.

(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.

(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.

(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 S t R 3 6 5 / 1 4
vom
14. Oktober 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am
14. Oktober 2014 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 analog StPO einstimmig

beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Kleve vom 14. März 2014, soweit es ihn betrifft, im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des Betruges in acht Fällen schuldig ist. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen. 3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges in 20 Fällen zur Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Rügen der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision. Die Verfahrensrüge ist nicht ausgeführt und daher unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Die allgemein erhobene Sachbeschwerde hat zum Schuldspruch teilweise Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts war der Angeklagte - zusammen mit den Mitangeklagten - an dem Vertrieb eines "Finanzierungsmodells" beteiligt, bei dem Kunden gegen Vorleistung von "Zinsvorauszahlungen" und "Aufwandsentschädigungen" versprochen wurde, nach einigen Monaten hohe zins- und tilgungsfreie Darlehen zu erhalten. Tatsächlich kam es den Angeklagten allein darauf an, die Vorabzahlungen der Kunden zu vereinnahmen und für sich zu verbrauchen; das "Finanzierungsmodell" diente nach der Vorstellung der Angeklagten der Täuschung der Geschädigten und war - was allen Angeklagten klar war - von vornherein nicht zu realisieren. Der Angeklagte war vor allem für die Kundengewinnung zuständig und setzte hierfür auch die für ihn bereits zuvor tätigen Vermittler - unter anderem die nicht revidierenden Mitangeklagten M. und Me. - ein, die anfangs von dem Mitangeklagten H. in das "Finanzierungmodell" eingewiesen worden waren. Zur Täuschung der Kunden entwarf der Angeklagte eine Excel-Tabelle, die nach seiner Anweisung von den Vermittlern zur Erläuterung des "Finanzierungsmodells" verwendet wurde, um bei den Kunden mittels eines Zahlenwerkes den Eindruck zu erwecken, mit einer relativ geringen Vorauszahlung sei eine sehr hohe Auszahlungssumme zu erreichen.
3
2. Soweit das Landgericht (auch) in den Einzelfällen einen jeweils rechtlich selbständigen Betrug des Angeklagten gemäß § 53 Abs. 1 StGB angenommen hat, in denen er nicht selbst, sondern (allein) seine Vermittler gehandelt hatten (II. 3., Fälle 7, 9 bis 11, 13, 14, 16, 17, 19 bis 21, 24 und 25 der Urteilsgründe ), kann der Schuldspruch nicht bestehen bleiben.
4
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bestimmt sich bei Zusammenarbeit mehrerer Beteiligter im Rahmen einer Tatserie die Zahl der rechtlich selbständigen Handlungen im Sinne von § 53 Abs. 1 StGB für jeden Täter grundsätzlich nach der Anzahl seiner eigenen Handlungen zur Verwirklichung der Einzeldelikte. Wirkt ein Täter an einzelnen Taten anderer Beteiligter selbst nicht unmittelbar mit, sondern erschöpfen sich seine Tatbeiträge hierzu im Aufbau und in der Aufrechterhaltung des auf die Straftaten ausgerichteten "Geschäftsbetriebes", sind diese Tathandlungen als - uneigentliches - Organisationsdelikt zu einer einheitlichen Tat im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB zusammenzufassen (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom 29. Juli 2009 - 2 StR 160/09, StV 2010, 363, vom 14. November 2012 - 3 StR 403/12, StV 2013, 386 und vom 23. Mai 2013 - 2 StR 555/12, wistra 2013, 389). Von dieser Handlungseinheit sind nur die Fälle ausgenommen, in denen der Täter selbst einen individuellen Tatbeitrag erbringt. Danach sind hier für den Angeklagten alle festgestellten Einzelfälle des Betruges, in denen allein seine Vermittler tätig waren - abweichend von der konkurrenzrechtlichen Würdigung durch das Landgericht und entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts - rechtlich als unselbständige Teile eines derartigen Organisationsdelikts zu bewerten. Daraus folgt, dass sich der Angeklagte lediglich in insgesamt acht rechtlich selbständigen Fällen (zusätzlich zum Organisationsdelikt in den Fällen 2 bis 6, 22 und 23 der Urteilsgründe) des Betruges schuldig gemacht hat.
5
Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend ab (§ 354 Abs. 1 StPO analog). § 265 Abs. 1 StPO steht dem nicht entgegen, weil der Angeklagte sich nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.
6
3. Die Änderung des Schuldspruchs führt zum Wegfall der Einzelstrafen in den Fällen 7, 9 bis 11, 13, 14, 16, 17, 19 bis 21, 24 und 25 der Urteilsgründe. Für das einheitliche Organisationsdelikt setzt der Senat die höchste der in den vorgenannten Fällen durch das Landgericht verhängten Einzelstrafen (Fall 25 der Urteilsgründe), mithin eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren neu fest (§ 354 Abs. 1 StPO analog; vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 354 Rn. 27 mwN). Der Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe hat gleichwohl Bestand. Angesichts der weiteren - rechtsfehlerfrei zugemessenen und daher verblei- benden - Einzelfreiheitsstrafen von zwei Jahren (Fall 23), einem Jahr und neun Monaten (Fall 22), einem Jahr und sechs Monaten (Fall 3), einem Jahr und drei Monaten (Fall 2), zweimal einem Jahr (Fälle 5 und 6) sowie von neun Monaten (Fall 4) kann der Senat ausschließen, dass das Landgericht bei zutreffender rechtlicher Würdigung eine mildere Gesamtfreiheitsstrafe als die verhängte von zwei Jahren und neun Monaten zugemessen hätte.
Becker Hubert Schäfer
Gericke Spaniol

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 134/15
vom
3. März 2016
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen Betruges
ECLI:DE:BGH:2016:030316B4STR134.15.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer und des Generalbundesanwalts am 3. März 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 StPO analog beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten O. und L. wird das Urteil des Landgerichts Essen vom 4. Dezember 2014 geändert, soweit es diese Angeklagten betrifft,
a) im Schuldspruch dahin, dass diese Angeklagten jeweils des Betruges in 25 tateinheitlichen Fällen schuldig sind;
b) im Strafausspruch dahin, dass beide Angeklagte unter Wegfall der gegen sie verhängten Einzelstrafen zu Freiheitsstrafen verurteilt sind, der Angeklagte O. zu einer solchen von drei Jahren und neun Monaten, der Angeklagte L. zu einer solchen von drei Jahren und drei Monaten. 2. Die weiter gehenden Revisionen der Angeklagten O. und L. sowie die Revision des Angeklagten K. gegen das vorbezeichnete Urteil werden verworfen. 3. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagten des gemeinschaftlichen Betruges in 25 Fällen schuldig gesprochen. Die Angeklagten K. und O. hat es jeweils zu Gesamtfreiheitsstrafen von drei Jahren und neun Monaten verurteilt, den Angeklagten L. zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten. Gegen ihre Verurteilungen wenden sich die Angeklagten jeweils mit der Sachrüge; die Angeklagten K. und L. beanstanden zudem die Verletzung formellen Rechts.
2
Die Revisionen der Angeklagten O. und L. führen zu der aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Änderung der Schuld- und Strafaussprüche ; die weiter gehenden Rechtsmittel dieser Angeklagten sind – ebenso wie die Revision des Angeklagten K. insgesamt – erfolglos (§ 349 Abs. 2 StPO).

I.


3
Zu den Revisionen der Angeklagten O. und L.
4
1. Die Rüge der Verletzung formellen Rechts ist nicht näher ausgeführt und daher unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).
5
2. Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils auf Grund der von den Angeklagten erhobenen Sachrüge hat lediglich hinsichtlich des vom Land- gericht angenommenen Konkurrenzverhältnisses der 25 festgestellten Taten des Betruges (§ 263 Abs. 1 StGB) einen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben.
6
a) Das Landgericht hat hierzu im Wesentlichen Folgendes festgestellt:
7
Die Angeklagten waren Geschäftsführer der O. Verwaltungsgesellschaft mbH, der Angeklagte O. zudem auch deren Alleingesellschafter. Die O. Verwaltungsgesellschaft mbH war ihrerseits persönlich haftende Gesellschafterin der S. GmbH & Co. KG, eines Unternehmens der Lebensmittelbranche, deren Kommanditist der Angeklagte O. war. Die S. GmbH & Co. KG hatte mit der Sü. GmbH einen Factoring-Vertrag geschlossen, wonach fällige Forderungen bis zu einem Ankaufslimit von dieser aufgekauft und im Übrigen treuhänderisch von ihr zum Einzug übernommen wurden. Dies wurde technisch dergestalt umgesetzt, dass Mitarbeiter der S. GmbH & Co. KG die betreffenden Rechnungen in ein Netzwerk einstellten, auf welches auch die Sü. GmbH Zugriff hatte. Diese ermittelte werktäglich eine Gesamtforderungssumme und berechnete unter Berücksichtigung einer Factoring-Gebühr und eines Sicherheitseinbehalts eine Auszahlungssumme, die jeweils nach Prüfung durch Mitarbeiter der Sü. GmbH an die S. GmbH & Co. KG überwiesen wurde.
8
Nachdem aufgrund von Umsatzrückgängen die Insolvenz der Unternehmensgruppe drohte, beschlossen die drei Angeklagten einvernehmlich, zusätzlich auch Scheinrechnungen einzureichen, um so Liquidität zu generieren. In der Folge wurden zwischen Juni und September 2013 insgesamt 90 Scheinrechnungen über einen Gesamtbetrag von 6.775.723,02 Euro bei der Sü. GmbH eingereicht. Diese wurden von einer Finanzbuchhalterin dem gemeinsamen Tatplan entsprechend jeweils auf Anweisung des Angeklagten K. verfasst und in das Netzwerk eingestellt. Die Sü. GmbH kaufte auch diese vermeintlichen Forderungen an, übernahm die jeweiligen Rechnungssummen und schrieb sie dem Verrechnungskonto gut. Auf diese Weise wurden im Tatzeitraum an insgesamt 25 Tagen jeweils eine oder mehrere Scheinrechnungen eingereicht und von der Sü. GmbH angekauft, die daraufhin mindestens 6.004.878,46 Euro rechtsgrundlos an die S. GmbH & Co. KG auszahlte. Die Angeklagten L. und O. wurden durch den Angeklagten K. durch sog. Reportings und in persönlichen Gesprächen laufend über die Unternehmensentwicklung unterrichtet. Danach war den Angeklagten L. und O. die Höhe der eingebuchten Scheinrechnungen – wenn auch nicht nach tagesaktuellem Stand, so jedenfalls der Größenordnung nach – bewusst.
9
Das Landgericht ist von Mittäterschaft im Sinne des § 25 Abs. 2 StGB ausgegangen, hat die Voraussetzungen eines sog. uneinheitlichen Organisationsdelikts mit der Folge einer einzigen materiell-rechtlichen Tat jedoch für alle drei Angeklagten verneint.
10
b) Diese rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen tragen zwar entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer die Annahme des Landgerichts, die Angeklagten O. und L. seien als Mittäter (§ 25 Abs. 2 StGB) der Betrugstaten anzusehen. Denn es ist den Urteilsgründen jedenfalls in ihrem Gesamtzusammenhang zu entnehmen, dass alle drei Angeklagten nicht nur aufgrund des gemeinsamen Tatentschlusses und ihrer gleichberechtigten Stellung sämtlich Tatherrschaft innehatten und die Taten als eigene wollten, sondern dass sie als Geschäftsführer, der Angeklagte O. außerdem als Alleingesellschafter der O. Verwaltungsgesellschaft mbH, auch ein erhebliches Eigeninteresse hatten.
11
c) Hingegen hält bei den Angeklagten O. und L. die Annahme von Tatmehrheit (§ 53 Abs. 1 StGB) in den vom Landgericht festgestellten 25 Einzelfällen rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Der Senat ändert die Schuldsprüche entsprechend ab.
12
aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bestimmt sich die Zahl der rechtlich selbständigen Handlungen im Sinne von § 53 Abs. 1 StGB bei Zusammenarbeit mehrerer Beteiligter im Rahmen einer Tatserie für jeden Täter regelmäßig nach der Zahl seiner eigenen Handlungen zur Verwirklichung der Einzeldelikte. Wirkt ein Täter an einzelnen Taten selbst nicht unmittelbar mit, sondern erschöpfen sich seine Tatbeiträge hierzu im Aufbau und der Aufrechterhaltung des auf die Straftaten ausgerichteten „Geschäftsbetriebs“ , sinddiese Tathandlungen als – uneigentliches – Organisationsdelikt zu einer einheitlichen Tat zusammenzufassen (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom 29. Juli 2009 – 2 StR 160/09, StV 2010, 363, vom 14. November 2012 – 3 StR 403/12, StV 2013, 386, 387, und vom 23. Mai 2013 – 2 StR 555/12, wistra 2013, 389 f.). Ohne Bedeutung ist dabei, ob Mittäter die einzelnen Delikte tatmehrheitlich begangen haben (BGH, Beschluss vom 18. Oktober 2011 – 4 StR 346/11, wistra 2012, 67, 68; Urteil vom 17. Juni 2004 – 3 StR 344/03, NJW 2004, 2840, 2841, jeweils mwN).
13
bb) Gemessen daran liegt bei den Angeklagten L. und O. jeweils nur eine Tat des Betruges in 25 tateinheitlichen Fällen vor.
14
Die Urteilsgründe belegen keine individuellen, die einzelnen Taten der Betrugsserie fördernden Tatbeiträge der Angeklagten O. und L. . Vielmehr beschränkten sich die Tatbeiträge dieser beiden Angeklagten auf die Mitwirkung an der Entwicklung des gemeinsamen Tatplans, der Fassung des Tatentschlusses, sowie darauf, dass sie die aufgrund dieses Tatplans durch den Angeklagten K. im Einzelnen veranlasste Einreichung von Scheinrechnungen als gleichberechtigte Geschäftsführer mittrugen. Zusätzlich wurden sie über den Fortgang der Einreichung der Scheinrechnungen jedenfalls in den wesentlichen Grundzügen laufend vom Angeklagten K. informiert.
15
d) Der Senat ändert die Schuldsprüche in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO ab. Es ist auszuschließen, dass in einer neuen Hauptverhandlung noch Feststellungen getroffen werden, die eine andere konkurrenzrechtliche Beurteilung tragen könnten. § 265 StPO steht dem nicht entgegen , da nicht anzunehmen ist, dass sich die geständigen Angeklagten wirksamer als geschehen verteidigt hätten.
16
Die Annahme von Gewerbs- und Bandenmäßigkeit wird durch die Änderung des Konkurrenzverhältnisses nicht berührt (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juni 2004 – 3 StR 344/03, BGHSt 49, 177, 182 ff., 187 f.). Dass der Angeklagte K. als Mittäter die einzelnen Taten tatmehrheitlich begangen hat, ist ohne Bedeutung (BGH, Urteil vom 17. Juni 2004 aaO; vgl. auch BGH, Beschluss vom 9. Januar 2008 – 5 StR 572/07, wistra 2008, 181, 182).
17
3. Die Änderung der Schuldsprüche hat zwar zur Folge, dass die verhängten Einzelstrafen entfallen. Der Senat lässt jedoch die bisherigen Gesamtstrafen als Einzelstrafen bestehen. Die Schuldspruchänderung berührt den Unrechts- und Schuldgehalt der Taten nicht. Der Senat kann angesichts der Strafzumessungserwägungen ausschließen, dass das Landgericht bei zutreffender Beurteilung des Konkurrenzverhältnisses auf niedrigere Strafen erkannt hätte.

II.


18
Zur Revision des Angeklagten K.
19
Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der vom AngeklagtenK. erhobenen Sachrüge hat keinen den Angeklagten benachteiligenden Rechtsfehler ergeben.
20
1. Insbesondere wird die Annahme von 25 rechtlich selbständigen Betrugstaten von den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen getragen, wonach der Angeklagte in jedem dieser Fälle den aktuellen Finanzbedarf der Unternehmensgruppe ermittelte und die ihm unterstellte Finanzbuchhalterin sodann anwies, tatplangemäß eine entsprechende Scheinrechnung zu erstellen.
21
2. Wegen der weiteren sachlich-rechtlichen Beanstandungen verweist der Senat ergänzend auf die zutreffenden Ausführungen des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift vom 16. Oktober 2015.

III.


22
Im Hinblick auf den nur geringen Teilerfolg der Revision ist es nicht unbillig , auch die Angeklagten L. und O. mit den gesamten durch ihre Rechtsmittel entstandenen Kosten und Auslagen zu belasten (§ 473 Abs. 1 und 4 StPO).
Sost-Scheible Roggenbuck Franke
Mutzbauer Quentin

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 358/15
vom
4. Mai 2016
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen zu 1.: gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern
zu 2.: Einschleusens von Ausländern
ECLI:DE:BGH:2016:040516B3STR358.15.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführerinnen und des Generalbundesanwalts - zu 1. auf dessen Antrag - am 4. Mai 2016 gemäß § 154 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, § 349 Abs. 4 StPO
beschlossen:
1. Auf die Revision der Angeklagten D. gegen das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 12. Dezember 2014 wird das Verfahren eingestellt, soweit die Angeklagte D. im Fall II.4 der Urteilsgründe wegen gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern verurteilt worden ist; im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Angeklagten der Staatskasse zur Last.
2. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das vorgenannte Urteil im Übrigen, soweit es sie betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben.
3. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagte D. wegen gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern in sieben Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten verurteilt. Gegen die An- geklagte V. hat es unter Freispruch im Übrigen wegen Einschleusens von Ausländern in fünf Fällen eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten verhängt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Hiergegen richten sich die auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revisionen der Angeklagten; die Angeklagte D. beanstandet zudem das Verfahren. Beide Rechtsmittel haben Erfolg.

2
I. Revision der Angeklagten D.
3
1. Dem Antrag des Generalbundesanwalts folgend stellt der Senat das Verfahren ein, soweit die Angeklagte D. im Fall II.4 der Urteilsgründe wegen gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern verurteilt worden ist.
4
2. Im verbleibenden Umfang hat das Rechtsmittel der Angeklagten D. mit der Beanstandung Erfolg, das erkennende Gericht sei nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen, § 338 Nr. 1 StPO. Auf die weitere Verfahrens - und die Sachrüge kommt es daher nicht an.
5
a) Der Besetzungsrüge liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:
6
Am 9. Juli 2013 ging die Anklage, die sich zu diesem Zeitpunkt gegen die Angeklagten und elf weitere Mitangeklagte richtete, beim Landgericht ein. Nach dem Geschäftsverteilungsplan für das Jahr 2013 war für die Verhandlung und Entscheidung der Sache die 14. große Strafkammer zuständig. Deren Vorsitzender zeigte mit Schreiben vom 10. Juli 2013 die Überlastung der Strafkammer an. Diese verhandele seit dem 26. Oktober 2012 in einem Verfahren, welches sich - nach Abtrennung bzgl. drei Angeklagter - noch gegen acht Angeklagte richte und in dem bis zum 4. Oktober 2013 neunzehn Fortsetzungstermine anberaumt seien. Ob das Verfahren bis zu diesem Zeitpunkt abgeschlossen werden könne, sei unklar. Im Anschluss an dieses Verfahren stehe eines der abgetrennten Verfahren zur Hauptverhandlung an, wobei gegen den dortigen Angeklagten ein - außer Vollzug gesetzter - Haftbefehl bestehe und deshalb beschleunigt verhandelt werden müsse. Daneben seien zwei weitere Haftsachen anhängig, in denen aktuell Untersuchungshaft vollzogen werde und für die zwei bzw. fünf Hauptverhandlungstage zu veranschlagen seien; ferner seien für eine bereits anhängige Haftsache, in welcher der Haftbefehl außer Vollzug gesetzt sei, mindestens sieben Hauptverhandlungstage anzusetzen. Angesichts dieser Terminslage sehe sich die Strafkammer außerstande, in der gegenständlichen Sache zeitnah die Hauptverhandlung anzuberaumen. Daraufhin richtete das Präsidium mit Beschluss vom 31. Juli 2013 die 14a. große Hilfsstrafkammer ein und wies dieser die in die Zuständigkeit der 14. großen Strafkammer fallenden, in der Zeit vom 9. bis zum 26. Juli 2013 eingegangenen und noch nicht terminierten Haftsachen zu. Bei dem hiesigen Verfahren handelte es sich um das einzige bei der 14. großen Strafkammer anhängige Verfahren , auf das diese Kriterien zutrafen. Zur Begründung nahm das Präsidium auf die Überlastungsanzeige vom 10. Juli 2013 Bezug und führte aus, dass es die Überlastung der 14. großen Strafkammer anerkenne.
7
Die 14a. große Strafkammer beraumte nach Eröffnung des Hauptverfahrens die Hauptverhandlung ab dem 29. Oktober 2013 an. Vor den Vernehmungen der Angeklagten zur Sache rügte die Beschwerdeführerin die Besetzung des Gerichts und machte geltend, dass der Präsidiumsbeschluss vom 31. Juli 2013 nicht den aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG folgenden Dokumentations- und Darlegungsanforderungen genüge sowie dass es sich nicht um eine generell- abstrakte Regelung handele. Mit Beschluss vom 31. Oktober 2013 ergänzte das Präsidium seine Entscheidung vom 31. Juli 2013. Dabei setzte es sich mit dem Umfang der damals bei der 14. großen Strafkammer anhängigen Verfahren auseinander und führte näher aus, dass zu diesem Zeitpunkt nach Mitteilung des Vorsitzenden der Strafkammer keine Kapazitäten bestanden hätten, um die Akten des hiesigen Verfahrens überhaupt nur zu sichten. Zudem erläuterte das Präsidium die Gründe, die zur Umverteilung gerade des gegenständlichen Verfahrens geführt hatten und setzte sich mit den hierzu denkbaren Alternativen auseinander. Die Freistellung der 14. großen Strafkammer auch von künftigen Eingängen sei zur Erhaltung der Effizienz des Geschäftsablaufs nicht erforderlich, da diese nach Auskunft ihres Vorsitzenden in der Lage sei, weitere eingehende Verfahren, deren Umfang dem bei einer großen Strafkammer Üblichen entspreche und die im Falle der Zulassung der Anklage nach zwei oder drei Hauptverhandlungstagen abgeschlossen werden könnten, hinreichend zügig zu bearbeiten. Schließlich räumte das Präsidium ein, dass ihm bei der ursprünglichen Beschlussfassung der Einzelzuweisungscharakter der Umverteilung bekannt gewesen sei. Am 7. November 2013 wies die Strafkammer die Besetzungsrüge zurück und nahm zur Begründung im Wesentlichen auf den Präsidiumsbeschluss vom 31. Oktober 2013 Bezug, den sie in ihrer Entscheidung wiedergab.
8
b) Die Verfahrensrüge ist zulässig und begründet.
9
aa) Die Rüge ist in zulässiger Weise erhoben. Der Vortrag, die Angeklagte habe ihren Einwand der vorschriftswidrigen Besetzung vor der Vernehmung des ersten Angeklagten geltend gemacht, ist entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts für die Darlegung eines rechtzeitigen Besetzungseinwandes (§ 338 Nr. 1 Buchst. b, § 222b Abs. 1 StPO) ausreichend.
10
Der Zulässigkeit der Rüge steht auch nicht entgegen, dass die Revision nicht die vollständige Regelung des Geschäftsverteilungsplans über die Zuständigkeit der 14. großen Strafkammer und deren Vertretung mitgeteilt hat (vgl. hierzu BGH, Beschlüsse vom 15. Juni 2005 - 5 StR 191/05, BGHR StPO § 338 Nr. 1 Geschäftsverteilungsplan 6; vom 29. Juni 2006 - 4 StR 146/06, juris Rn. 5; vom 12. Januar 2016 - 3 StR 490/15, juris Rn. 12); denn der Kenntnis von dessen vollständigem Inhalt bedarf es zur Prüfung der Frage, ob die Zuweisung des gegenständlichen Verfahrens durch den Beschluss des Präsidiums an die 14a. große Strafkammer den gesetzlichen Vorgaben entsprochen hat, vorliegend nicht.
11
Schließlich begegnet es auch im Hinblick auf die Voraussetzungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO keinen Bedenken, dass die Revision den Präsidiumsbeschluss vom 31. Oktober 2013 nicht vorgelegt hat. Zwar ist eine umfassende Prüfung des geltend gemachten Verfahrensmangels ohne dessen Kenntnis nicht möglich. Indes ist der Präsidiumsbeschluss in seinem für die Rüge bedeutsamen Teil vollständig in dem von der Revision mitgeteilten Beschluss der Strafkammer vom 7. November 2013 wiedergegeben.
12
bb) Die Verfahrensrüge dringt auch in der Sache durch. Das erkennende Gericht war nicht vorschriftsmäßig besetzt, da das die Angeklagte betreffende Verfahren nicht rechtmäßig auf die 14a. große Strafkammer übertragen wurde. Diese war somit nicht zur Verhandlung und Entscheidung berufen. Hierzu gilt:
13
(1) Aus der Garantie des gesetzlichen Richters in Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG folgt, dass Regelungen, die der Bestimmung des gesetzlichen Richters dienen, im Voraus so eindeutig wie möglich festlegen müssen, welcher Richter zur Entscheidung im Einzelfall berufen ist. Auch die die gesetzlichen Bestimmungen ergänzenden Regelungen in den Geschäftsverteilungsplänen der Ge- richte müssen im Voraus generell-abstrakt die Zuständigkeit der Spruchkörper festschreiben, damit die einzelne Sache "blindlings" aufgrund allgemeiner, vorab festgelegter Merkmale an den entscheidenden Richter gelangt und so der Verdacht einer Manipulation der rechtsprechenden Gewalt ausgeschlossen wird. Das Gebot, den zur Entscheidung berufenen Richter so eindeutig wie möglich im Voraus zu bestimmen, schließt eine Änderung des Geschäftsverteilungsplans im laufenden Geschäftsjahr indes nicht aus. Gemäß § 21e Abs. 3 Satz 1 GVG darf das Präsidium die nach Abs. 1 Satz 1 dieser Vorschrift getroffenen Anordnungen im Laufe des Geschäftsjahres ändern, wenn dies etwa wegen Überlastung eines Spruchkörpers nötig wird. Eine nachträgliche Änderung der Geschäftsverteilung kann nicht nur zulässig, sondern verfassungsrechtlich geboten sein, wenn nur auf diese Weise die Gewährung von Rechtsschutz innerhalb angemessener Zeit, insbesondere eine beschleunigte Behandlung von Strafsachen, erreicht werden kann. Das Beschleunigungsgebot lässt jedoch das Recht auf den gesetzlichen Richter nicht vollständig zurücktreten. Vielmehr besteht Anspruch auf eine zügige Entscheidung durch diesen. Daher muss in derartigen Fällen das Recht des Angeklagten auf den gesetzlichen Richter mit dem rechtsstaatlichen Gebot einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege und dem verfassungsrechtlichen Beschleunigungsgrundsatz zu einem angemessenen Ausgleich gebracht werden.
14
Danach steht Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG einer Änderung des zuständigen Spruchkörpers auch für bereits anhängige Verfahren jedenfalls dann nicht entgegen, wenn die Neuregelung generell gilt, also etwa außer mehreren anhängigen Verfahren auch eine unbestimmte Vielzahl künftig eingehender Sachen erfasst, und nicht aus sachwidrigen Gründen geschieht. In Ausnahmefällen kann sogar eine Änderung des Geschäftsverteilungsplans zulässig sein, die ausschließlich bereits anhängige Verfahren überträgt, wenn nur so dem Beschleunigungsgebot insbesondere in Haftsachen angemessen Rechnung getragen werden kann. In diesen Fällen kann auf eine Erstreckung der Regelung auf künftig eingehende Verfahren ausnahmsweise dann verzichtet werden, wenn eine weiterreichende Umverteilung nur dazu dienen würde, die Abstraktheit der neuen Geschäftsverteilung zu dokumentieren.
15
Gleichgültig, ob ausschließlich anhängige Verfahren oder daneben auch zukünftig eingehende Verfahren umverteilt werden, muss jede Umverteilung während des laufenden Geschäftsjahres, die bereits anhängige Verfahren erfasst , geeignet sein, die Effizienz des Geschäftsablaufs zu erhalten oder wiederherzustellen. Änderungen der Geschäftsverteilung, die hierzu nicht geeignet sind, können vor Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG keinen Bestand haben. Einfachrechtlich folgt dieses Erfordernis aus § 21e Abs. 3 Satz 1 GVG, da Änderungen der Geschäftsverteilung, die nicht der Erhaltung oder Wiederherstellung der Effizienz eines Spruchkörpers dienen, nicht im Sinne dieser Vorschrift nötig sind. Da eine Überleitung bereits anhängiger Verfahren, bei denen schon eine anderweitige Zuständigkeit konkretisiert und begründet war, in die Zuständigkeit eines anderen Spruchkörpers erhebliche Gefahren für das verfassungsrechtliche Gebot des gesetzlichen Richters in sich birgt, bedarf es in solchen Fällen zudem einer umfassenden Dokumentation und Darlegung der Gründe, die eine derartige Umverteilung erfordern und rechtfertigen, um den Anschein einer willkürlichen Zuständigkeitsverschiebung auszuschließen.
16
Ob ein Präsidiumsbeschluss den genannten Anforderungen entspricht, unterliegt der vollen Überprüfung durch das Revisionsgericht. Denn von Verfassungs wegen sind Regelungen der Zuständigkeit, anders als deren Anwendung , nicht lediglich am Maßstab der Willkür, sondern auf jede Rechtswidrigkeit hin zu überprüfen (vgl. zu alldem BGH, Beschluss vom 12. Mai 2015 - 3 StR 569/14, NJW 2015, 2597, 2598 f. m. zahlr. w. N.).
17
(2) Diesen Vorgaben wird der Präsidiumsbeschluss vom 31. Juli 2013 auch in seiner "ergänzten" Fassung vom 31. Oktober 2013 nicht gerecht. Das gewählte Vorgehen stellt vor dem Postulat des gesetzlichen Richters kein rechtlich tragfähiges Konzept zur Verteilung der anfallenden Geschäfte dar. Das Präsidium hat - wenn auch gekleidet in eine abstrakte Formulierung - bewusst ein einziges Verfahren, das in die Zuständigkeit der 14. großen Strafkammer fiel, der 14a. großen Strafkammer übertragen. Dabei begegnen die Erwägungen , die zur Auswahl gerade des gegenständlichen (Umfangs)Verfahrens geführt haben, für sich betrachtet keinen rechtlichen Bedenken. Jedoch hat das Präsidium keine weiteren Entlastungsmaßnahmen vorgenommen, obwohl die von der 14. großen Strafkammer angezeigte Überlastung in der Mitte des Geschäftsjahres entstanden war. Angesichts der verbleibenden Dauer bis zu dessen Ende ist nicht ersichtlich, weshalb die Übertragung allein des vorliegenden Verfahrens auf eine andere Strafkammer der Überlastung der 14. großen Strafkammer für das Geschäftsjahr 2013 insgesamt wirksam und effektiv entgegenzuwirken geeignet sein sollte. Nicht tragfähig ist in diesem Zusammenhang insbesondere die Erwägung, die 14. große Strafkammer sei nach der im Beschluss vom 31. Oktober 2013 wiedergegebenen Mitteilung ihres Vorsitzenden in der Lage gewesen, weitere eingehende Verfahren, deren Umfang dem bei einer großen Strafkammer Üblichen entspreche und die im Falle der Zulassung der Anklage nach zwei oder drei Hauptverhandlungstagen abgeschlossen werden könnten, hinreichend zügig zu bearbeiten. Hiernach hätte bereits der Eingang eines Verfahrens, dessen sachgerechte - und als Haftsache möglicherweise eilbedürftige - Behandlung mehr als drei Hauptverhandlungstage in Anspruch genommen hätte, die erneute Gefahr einer Überlastung der 14. großen Strafkammer begründet. Derartige Verfahrensumfänge sind bei einer mit allgemeinen Strafsachen befassten Strafkammer nicht ungewöhnlich, mit dem Eingang entsprechender Verfahren ist daher stets zu rechnen. Auch von den in der Überlastungsanzeige vom 10. Juli 2013 konkret aufgeführten sechs Verfahren erfüllten mindestens vier diese Voraussetzung. Selbst wenn die 14. große Strafkammer über die Mitteilung ihres Vorsitzenden hinaus auch Verfahren von mittelgroßem Umfang hätte bearbeiten können, schloss das Vorgehen des Präsidiums nicht aus, dass ein weiteres Umfangsverfahren bei der 14. großen Strafkammer anhängig werden würde; anderes zeigen weder der Präsidiumsbeschluss vom 31. Juli 2013 noch derjenige vom 31. Oktober 2013 auf. Jedenfalls ein derartiges Verfahren hätte nach dem Grundkonzept der Präsidiumsentscheidung wiederum im Wege der Einzelzuweisung einer anderen Strafkammer zugeteilt werden müssen. Eine derartige Handhabung in Form der Aneinanderreihung von Einzelfallzuweisungen bereits anhängiger Verfahren ist mit den Anforderungen an die Bestimmung des gesetzlichen Richters nicht in Einklang zu bringen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 12. Mai 2015 - 3 StR 569/14, NJW 2015, 2597, 2599; vom 12. Januar 2016 - 3 StR 490/15, juris Rn. 19).
18
3. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
19
a) In den Fällen II.5-9 der Urteilsgründe tragen die vom Landgericht getroffenen Feststellungen den Schuldspruch wegen gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern deshalb, weil die Angeklagte D. durch ihre Unterstützungshandlungen zu dem unerlaubten Aufenthalt der geschleusten Personen (§ 95 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG) Hilfe leistete (§ 96 Abs. 1 Nr. 2, § 97 Abs. 2 AufenthG). Entgegen der Auffassung des Landgerichts belegen die Urteilsgründe indes nicht, dass die Angeklagte D. auch die unerlaubten Einreisen der Ausländer (§ 95 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG) unterstützte und damit den Grundtatbestand des § 96 Abs. 1 Nr. 1 StGB verwirklichte. Da § 96 Abs. 1 AufenthG eine Beihilfehandlung zur Täterschaft erhebt, ist eine Beteiligung an der Bezugstat nach deren Beendigung nicht mehr möglich (BGH, Urteil vom 26. Mai 1999 - 3 StR 570/98, BGHSt 45, 103, 107). Im Hinblick auf die von § 96 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG in Bezug genommenen Einreisedelikte ist daher zu beachten, dass es sich bei diesen - im Gegensatz zu den von § 96 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG erfassten Aufenthaltsdelikten - nicht um Dauerstraftaten handelt. Vielmehr tritt mit der Vollendung der Einreise infolge unerlaubten Grenzübertrittes oder Passierens der Grenzübergangsstelle gleichzeitig deren Beendigung ein (BayObLG, Beschluss vom 2. März 1999 - 4 St RR 32-99, NStZ-RR 1999, 314; Bergmann/Dienelt-Winkelmann, AuslR, 11. Aufl., § 95 AufenthG Rn. 54; MüKoStGB/Gericke, 2. Aufl., § 95 AufenthG Rn. 48; aA Cantzler, Das Schleusen von Ausländern und seine Strafbarkeit, S. 154). Die von der Strafkammer konkret festgestellten Tatbeiträge der Angeklagten lagen jedoch erst nach diesem Zeitpunkt.
20
Allerdings kommt auf Grundlage der bisherigen Urteilsfeststellungen in Betracht, dass die Angeklagte D. die Einreisedelikte auf Grundlage einer psychischen Beihilfe oder aufgrund von Beiträgen zu einem sog. uneigentlichen Organisationsdelikt in strafbarer Weise gefördert haben könnte; indes belegen die bisherigen Urteilsgründe auch unter diesen Gesichtspunkten ihre Strafbarkeit nicht. Hierzu gilt:
21
aa) Der Umstand, dass die Angeklagte D. mit weiteren an der Schleusung beteiligten Personen bandenmäßig verbunden war, begründete für sich noch nicht ihre Strafbarkeit bezüglich der späteren Einreisedelikte der geschleusten Ausländer. Denn die Bandenabrede lässt die allgemeinen Regeln über die Tatbeteiligung unberührt, so dass die Bandenmitgliedschaft und die Beteiligung an Bandentaten unabhängig voneinander zu beurteilen sind (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 24. Juli 2008 - 3 StR 243/08, juris Rn. 7; vom 1. Februar 2011 - 3 StR 432/10, NStZ 2011, 637). Im Einzelfall kann zwar schon die allgemeine, im Rahmen der Bandenabrede erteilte Zusage, bei späteren (Durch)Schleusungen mitzuwirken, eine die konkrete Tatausführung fördernde psychische Beihilfe darstellen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 1. Februar 2011 - 3 StR 432/10, NStZ 2011, 637; vom 13. März 2013 - 2 StR 586/12, NJW 2013, 2211, 2212). Jedoch setzt dies voraus, dass die im Vorfeld getätigte allgemeine Unterstützungszusage die Täter bei der späteren Tat psychisch in ihrem Vorhaben bestärkte, die Tathandlung oder den Erfolgseintritt mindestens erleichterte oder förderte und auch die subjektiven Voraussetzungen bei dem Gehilfen vorliegen (BGH, Beschlüsse vom 1. Februar 2011 - 3 StR 432/10, aaO; vom 13. März 2013 - 2 StR 586/12, aaO). Dabei genügt es nach den Grundsätzen zur sog. Kettenbeihilfe zwar für die Tatbestandserfüllung des § 96 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG, wenn sich die Unterstützungshandlung auf die Förderung der Hilfeleistung eines anderen Schleusers (§ 96 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG) oder Gehilfen (§ 95 Abs. 1 Nr. 3 oder Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a AufenthG, § 27 StGB) beschränkt (BGH, Beschluss vom 6. Juni 2012 - 4 StR 144/12, NJW 2012, 2821, 2822 mwN). In jedem Fall bedarf die Annahme einer psychischen Beihilfe aber genauer Feststellungen - insbesondere auch zur fördernden Funktion - im Urteil (BGH, Beschlüsse vom 6. Juli 2010 - 3 StR 12/10, juris Rn. 2; vom 25. Oktober 2011 - 3 StR 206/11, NStZ 2012, 316; vom 24. März 2014 - 5 StR 2/14, NStZ 2014, 351, 352).
22
Gemessen hieran tragen die Urteilsgründe nicht den Schluss auf eine im Vorfeld der Schleusungsdelikte geleistete psychische Beihilfe der Angeklagten D. . Es fehlen bereits konkrete Feststellungen zu einer allgemeinen oder konkreten, sich auf bestimmte Schleusungen beziehenden Zusicherung späteren Tätigwerdens. Diese folgt insbesondere noch nicht ohne Weiteres daraus, dass die Angeklagte bereits vor den abgeurteilten Taten mit einigen Beteiligten zusammengewirkt hatte und sie jederzeit zur Betreuung der eingereisten Ausländer bereit war. Überdies hätte es näherer Darlegung bedurft, inwieweit sich eine (allgemeine) Unterstützungszusage fördernd auf die späteren Durchschleusungen ausgewirkt hat. Angesichts der Größe der Organisation und dem Umstand, dass neben den Angeklagten noch weitere Helfer in Deutschland aktiv waren, versteht sich dies nicht von selbst.
23
bb) Haben bei einer durch mehrere Personen begangenen Deliktsserie einzelne Angeklagte einen Tatbeitrag zum Aufbau oder zur Aufrechterhaltung einer auf die Begehung von Straftaten ausgerichteten Infrastruktur erbracht, so sind die Einzeltaten der Mittäter zu einem sog. uneigentlichen Organisationsdelikt zusammenzufassen, durch welches die Einzelhandlungen rechtlich verbunden und die auf der Grundlage dieser Infrastruktur begangenen Straftaten für die im Hintergrund Tätigen zu einer einheitlichen Tat im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB zusammengeführt werden (BGH, Beschluss vom 19. April 2011 - 3 StR 230/10, NStZ 2011, 577, 578; Urteil vom 17. Juni 2004 - 3 StR 344/03, BGHSt 49, 177, 184; Beschluss vom 21. Dezember 1995 - 5 StR 392/95, NStZ 1996, 296 f.; Beschluss vom 26. August 2003 - 5 StR 145/03, BGHSt 48, 331, 342 f.). Von dieser Handlungseinheit ausgenommen sind diejenigen Einzeldelikte, an denen der Täter individuell mitwirkt; diese sind ihm tatmehrheitlich zuzurechnen (vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 10. Mai 2001 - 3 StR 52/01, wistra 2001, 336, 337; vom 14. Oktober 2014 - 3 StR 365/14, NStZ 2015, 334).
24
Die Urteilsgründe deuten zwar darauf hin, dass die Angeklagte D. über ihre Mitwirkung an den Einzeltaten hinausgehende, den allgemeinen organisatorischen Ablauf fördernde - und mit den angeklagten Hand- lungen prozessual zusammenhängende (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 20. Februar 2013 - 5 StR 462/12, BGHR StPO § 264 Abs. 1 Tatidentität 50) - Beiträge erbracht haben könnte, da sie etwa mit der Angeklagten V. allgemein über verschiedene Möglichkeiten der Zahlungsabwicklung beriet. Es bleibt jedoch schon offen, ob die diskutierten Vorschläge auch umgesetzt wurden.
25
cc) Sollten sich in der neuen Hauptverhandlung Feststellungen treffen lassen, die nach den vorstehenden Gesichtspunkten eine strafbare Unterstützung der Einreisedelikte durch die Angeklagte D. belegen, träte dieses Delikt tatmehrheitlich zu den - auf Grundlage der bisherigen Urteilsgründe - individuell geförderten Taten des § 96 Abs. 1 Nr. 2, § 97 Abs. 2, § 95 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG hinzu. Von einer einheitlichen Förderung der Einreisedelikte wäre dabei nicht nur im Falle von Beiträgen zum uneigentlichen Organisationsdelikt auszugehen, sondern auch dann, wenn sich "lediglich" die Voraussetzungen einer psychischen Beihilfe aufgrund einer allgemeinen Unterstützungszusage hinsichtlich der späteren Schleusungsdelikte feststellen lassen sollten (vgl. BGH, Beschluss vom 13. März 2013 - 2 StR 586/12, NJW 2013, 2211, 2212). Das Verschlechterungsverbot steht dem Umstand, dass insoweit die Festsetzung einer oder mehrerer weiterer Einzelstrafen erforderlich wäre, nicht entgegen; die frühere Gesamtstrafe darf aber weder von der neuen Einzelstrafe noch von der zu bildenden Gesamtstrafe überschritten werden (vgl. KKGericke , StPO, 7. Aufl., § 358 Rn. 30 mwN).
26
b) Im Fall II.10 der Urteilsgründe wird aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts dargelegten Gründen eine Strafbarkeit der Angeklagten D. nach § 96 Abs. 1 und 4, § 97 Abs. 2 AufenthG zu prüfen sein. Dabei bedarf es genauer als bisher der Begründung, dass sich die Mitwirkung der Angeklagten D. für diese als Bandentat (§ 97 Abs. 2 AufenthG) darstellte. Bedenken an dieser Wertung bestehen auf Grundlage der bisherigen Urteilsgründe insoweit, als sich die Angeklagte D. der aus den weiteren Mitgliedern H. , R. und T. bestehenden Bande anschloss. Die Schleusung im Fall II.10 der Urteilsgründe ging zwar auf R. zurück, dieser war jedoch nicht nur mit H. , sondern auch - möglicherweise eigenständig - mit A. bandenmäßig verbunden. Mit der Möglichkeit, dass die unter II.10 der Urteilsgründe geschilderte Tat auf letztere Gruppierung zurückging , setzen sich die Urteilsgründe nicht auseinander. Für diese Sachverhaltsalternative spricht jedoch, dass die in diesem Fall zu schleusende Person nach Großbritannien gebracht werden sollte, H. nach den Feststellungen jedoch Schleusungen nach Kanada organisierte.
27
II. Revision der Angeklagten V.
28
Der Schuldspruch wegen Einschleusens von Ausländern gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b und Abs. 2 Nr. 2 AufenthG in fünf Fällen gegen die Angeklagte V. hält sachlichrechtlicher Überprüfung nicht stand.
29
1. Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen organisierte der in Kanada lebende H. Schleusungen von Iranern aus dem Iran über die Bundesrepublik Deutschland nach Kanada. Er arbeitete unter anderem mit dem in Malaysia lebenden R. zusammen, der die Geschleusten dort betreute, mit gefälschten oder gestohlenen Pässen versah und die Weiterreise vorbereitete. In Deutschland wurden die Geschleusten unter anderem von der Angeklagten D. oder T. betreut. R. arbeitete daneben auch mit dem im Iran lebenden A. zusammen, der von dort heraus als Schleuser tätig war und seine Aufträge durch den bereits rechtskräftig verurteilten Ha. ausführen ließ. Die Angeklagte V. buchte in insgesamt fünf Fällen (II.7-9, 11, 12 der Urteilsgründe) für die jeweils zu schleusenden Personen Flugtickets für die Weiterreise nach Kanada; sie wurde stets erst aktiv, nachdem die Geschleusten in Deutschland angekommen waren. Dabei wusste sie, dass R. , H. , die Angeklagte D. und T. bzw. R. und Ha. arbeitsteilig sowie gewerbsmäßig Schleusungen durch Deutschland organisierten, denen die Flugbuchungen dienten. "Sie schloss sich jedenfalls der aus der Angeklagten D. , H. und R. bestehenden Bande an, indem sie die gewünschten Flugtickets auf falsche Namen buchte, Unterstützungshandlungen im Rahmen der Reisevorbereitung leistete und dabei besonders auf eine Vereinfachung des Ablaufs, etwa der Zahlungen für die Zukunft bedacht war." In den Fällen II.7-9 der Urteilsgründe beauftragte die Angeklagte D. die Angeklagte V. damit, die Flugtickets zu buchen; diese Schleusungen gingen auf H. zurück. Organisator in den Fällen II.11 und 12 der Urteilsgründe war demgegenüber A. ; die Bestellung der Flugtickets nahm insoweit Ha. gegenüber der Angeklagten V. vor.
30
2. Diese Feststellungen tragen die Verurteilung wegen Einschleusens von Ausländern in fünf Fällen nicht.
31
a) Nach dem Grundtatbestand des § 96 Abs. 1 AufenthG wird neben der Anstiftung die Hilfeleistung zu einer der dort genannten Bezugstaten mit Strafe bedroht. Diese liegen - mit Ausnahme der Katalogtaten des § 95 Abs. 1a und Abs. 2 Nr. 2 AufenthG - entweder in einer unerlaubten Einreise (§ 96 Abs. 1 Nr. 1) oder einem unerlaubten Aufenthalt (§ 96 Abs. 1 Nr. 2). Die bloße Unterstützung eines in Deutschland aufhältigen Ausländers zur Ausreise ist hingegen - ungeachtet des Anwendungsbereichs von § 96 Abs. 4 AufenthG - grundsätzlich straflos (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Mai 2001 - 3 StR 51/01, BGHR AuslG § 92a Einschleusen 4). Nach seinem Regelungsgehalt erfasst § 96 Abs. 1 AufenthG gleichwohl nicht nur Einschleusungen mit dem Ziel dauerhaften Aufenthalts der Ausländer in Deutschland, sondern auch Durchschleusungen von Ausländern, die sich auf dem Weg in ein Drittland nur vorübergehend ohne Aufenthaltserlaubnis in Deutschland aufhalten und bereits mit dem Ziel der Weiterreise eingereist sind (vgl. BGH, Urteil vom 26. Mai 1999 - 3 StR 570/98, BGHSt 45, 103, 105 f. [zu §§ 92, 92a AuslG]). Da Einreise und Aufenthalt in diesem Fall planmäßige Zwischenglieder des gesamten Schleusungsvorgangs sind, können auch Hilfestellungen, die für sich betrachtet in erster Linie den Ausreisebemühungen dienen, als strafbare Beihilfe zu dem Einreise- oder Aufenthaltsdelikt zu qualifizieren sein (BGH, Urteil vom 26. Mai 1999 - 3 StR 570/98, BGHSt 45, 103, 105 f.; Beschluss vom 12. September 2002 - 4 StR 163/02; NJW 2002, 3642, 3643). Aus der funktionellen Bedeutung von Einreise und Aufenthalt für eine Durchschleusungsaktion folgt jedoch nicht, dass damit zugleich jegliche vorsätzliche Unterstützung einer Durchschleusung strafbar ist. Dies liefe der gesetzgeberischen Entscheidung zuwider, nur die Hilfeleistung zu den enumerativ aufgezählten Delikten unter Strafe zu stellen. Als Hilfeleistung kommt daher nur eine Handlung in Betracht, die im Sinne eines Förderns oder Erleichterns gerade dazu beiträgt, dass der Ausländer in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland illegal einreisen oder sich darin aufhalten kann (vgl. bereits BGH, Urteil vom 26. Mai 1999 - 3 StR 570/98, BGHSt 45, 103, 105 f. [zu §§ 92, 92a AuslG]; Beschluss vom 9. Mai 2001 - 3 StR 51/01, BGHR AuslG § 92a Einschleusen 4). Hieran fehlt es, wenn die Handlung des Täters allein auf die Weiterreise des Ausländers abzielt, für dessen Einreise oder Aufenthalt in Deutschland jedoch ohne Wirkung ist.
32
b) Nach diesen Maßstäben belegen die Urteilsgründe eine nach § 96 Abs. 1 AufenthG strafbare Hilfeleistung der Angeklagten V. nicht.
33
aa) Das Landgericht hat die Tatbeiträge der Angeklagten V. zu den Einreisen der Ausländer in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland darin erblickt, dass sie jeweils die Flugtickets für die Weiterreise nach Kanada gebucht hatte. Zu diesem Zeitpunkt waren die zu schleusenden Ausländer jedoch bereits in das Bundesgebiet eingereist und die diesbezüglichen Delikte nach § 95 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG beendet (vgl. BGH, Urteil vom 25. März 1999 - 1 StR 344/98, wistra 1999, 341, 343; BayObLG, Beschluss vom 2. März 1999 - 4 St RR 32-99, NStZ-RR 1999, 314; Bergmann/Dienelt-Winkelmann, AuslR, 11. Aufl., § 95 AufenthG Rn. 54; MüKoStGB/Gericke, 2. Aufl., § 95 AufenthG Rn. 48; aA Cantzler, Das Schleusen von Ausländern und seine Strafbarkeit, S. 154). Nach Beendigung der "Haupttat" war eine Beihilfe hierzu - wie bereits im Rahmen der Revision der Angeklagten D. dargelegt - nicht mehr möglich. Den Schluss auf eine nach § 96 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG strafbare Förderung des unerlaubten Aufenthalts der Geschleusten tragen die Feststellungen schon deshalb nicht, weil das Tatbestandsmerkmal der Vorteilserlangung oder des Vorteilsversprechens nicht belegt ist. Vielmehr folgt aus den Ausführungen der Strafkammer zur Strafzumessung, dass die Angeklagte V. gerade nicht zum eigenen Vorteil, sondern aus gesteigerter Hilfsbereitschaft tätig wurde.
34
bb) Der Schuldspruch wegen Einschleusens von Ausländern erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als rechtsfehlerfrei. Insbesondere tragen die Feststellungen nicht die Annahme, dass sich die Angeklagte V. unter den - zur Revision der Angeklagten D. näher dargelegten - Gesichtspunkten einer psychischen Beihilfe zu den Einreisedelikten oder aufgrund von Beiträgen zum uneigentlichen Organisationsdelikt gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 2 AufenthG strafbar gemacht haben könnte. Hinsichtlich der für eine Strafbarkeit aufgrund psychischer Beihilfe fehlenden Feststellungen, gelten die Ausführungen zur Revision der Angeklagten D. entsprechend. Daneben geben die Urteilsgründe zwar einen Anhalt, dass auch die Angeklagte V. Beiträge zum uneigentlichen Organisationsdelikt erbracht haben könnte , die mit den angeklagten Handlungen eine prozessuale Tat bilden (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 20. Februar 2013 - 5 StR 462/12, BGHR StPO § 264 Abs. 1 Tatidentität 50), soweit sie "besonders auf eine Vereinfachung des Ablaufs , etwa der Zahlungen, für die Zukunft bedacht war" (UA S. 13). Auch im Gesamtzusammenhang des Urteils bleibt jedoch bereits offen, was darunter zu verstehen ist und inwieweit die von ihr angedachten sowie mit der Angeklagten D. diskutierten Vorschläge zur generellen Zahlungsabwicklung umgesetzt wurden.
35
c) In den Fällen II.11 und 12 tragen die Urteilsgründe zudem nicht die Wertung, dass die Angeklagte V. als Mitglied einer Bande handelte (§ 96 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG). Die Schleusungen gingen insoweit auf die "Gruppierung um R. und A. " (Fall II.11 der Urteilsgründe) bzw. A. allein (Fall II.12 der Urteilsgründe) zurück, wobei die Ausländer nach deren Grenzübertritt jeweils von Ha. betreut wurden. Im Rahmen der rechtlichen Würdigung hat die Strafkammer zu diesen Fällen zwar ausgeführt, die Angeklagte V. habe sich mit Ha. und "mindestens eine[r] weitere[n] Person" bandenmäßig verbunden (UA S. 77). Dies steht jedoch im unaufgelösten Widerspruch zu der Feststellung, dass sich die Angeklagte V. nur der "jedenfalls aus der Angeklagten D. , H. und R. bestehenden Bande" angeschlossen hatte.
36
3. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
37
Sollten sich keine Feststellungen treffen lassen, die eine vor Beendigung der Einreisedelikte der geschleusten Personen erbrachte Hilfeleistung der Angeklagten V. belegen, bleibt zu prüfen, ob sie sich wegen ihrer Beteiligung an den sich an die unerlaubte Einreise anschließenden Aufenthaltsdelikten strafbar gemacht hat. Dass ihr insoweit - dies auf Grundlage der Urteilsgründe unterstellt - das in § 96 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG vorausgesetzte Schleusermerkmal des (erstrebten) eigenen Vermögensvorteils fehlte, steht einer Strafbarkeit nach allgemeinen Grundsätzen wegen Beihilfe zum unerlaubten Aufenthalt gemäß § 95 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG, § 27 Abs. 1 StGB nicht entgegen (vgl. Erbs/Kohlhaas/Senge, AufenthG, § 96 Rn. 12; MüKoStGB/Gericke, 2. Aufl., § 96 Rn. 43). Indes wird - wie im Rahmen der Revision der Angeklagten D. ausgeführt - darzulegen sein, inwieweit die Handlungen der Angeklagten V. den jeweiligen Aufenthalt förderten oder erleichterten. Allein das auf das Ausschleusen der Ausländer gerichtete Buchen der Flugtickets begründete diesen (tatsächlichen) Zusammenhang noch nicht.
Becker RiBGH Hubert befindet sich Schäfer im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker Mayer Spaniol

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
einer für die Bewilligung einer Subvention zuständigen Behörde oder einer anderen in das Subventionsverfahren eingeschalteten Stelle oder Person (Subventionsgeber) über subventionserhebliche Tatsachen für sich oder einen anderen unrichtige oder unvollständige Angaben macht, die für ihn oder den anderen vorteilhaft sind,
2.
einen Gegenstand oder eine Geldleistung, deren Verwendung durch Rechtsvorschriften oder durch den Subventionsgeber im Hinblick auf eine Subvention beschränkt ist, entgegen der Verwendungsbeschränkung verwendet,
3.
den Subventionsgeber entgegen den Rechtsvorschriften über die Subventionsvergabe über subventionserhebliche Tatsachen in Unkenntnis läßt oder
4.
in einem Subventionsverfahren eine durch unrichtige oder unvollständige Angaben erlangte Bescheinigung über eine Subventionsberechtigung oder über subventionserhebliche Tatsachen gebraucht.

(2) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
aus grobem Eigennutz oder unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege für sich oder einen anderen eine nicht gerechtfertigte Subvention großen Ausmaßes erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung mißbraucht.

(3) § 263 Abs. 5 gilt entsprechend.

(4) In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 2 ist der Versuch strafbar.

(5) Wer in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 bis 3 leichtfertig handelt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(6) Nach den Absätzen 1 und 5 wird nicht bestraft, wer freiwillig verhindert, daß auf Grund der Tat die Subvention gewährt wird. Wird die Subvention ohne Zutun des Täters nicht gewährt, so wird er straflos, wenn er sich freiwillig und ernsthaft bemüht, das Gewähren der Subvention zu verhindern.

(7) Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr wegen einer Straftat nach den Absätzen 1 bis 3 kann das Gericht die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, und die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, aberkennen (§ 45 Abs. 2). Gegenstände, auf die sich die Tat bezieht, können eingezogen werden; § 74a ist anzuwenden.

(8) Subvention im Sinne dieser Vorschrift ist

1.
eine Leistung aus öffentlichen Mitteln nach Bundes- oder Landesrecht an Betriebe oder Unternehmen, die wenigstens zum Teil
a)
ohne marktmäßige Gegenleistung gewährt wird und
b)
der Förderung der Wirtschaft dienen soll;
2.
eine Leistung aus öffentlichen Mitteln nach dem Recht der Europäischen Union, die wenigstens zum Teil ohne marktmäßige Gegenleistung gewährt wird.
Betrieb oder Unternehmen im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 ist auch das öffentliche Unternehmen.

(9) Subventionserheblich im Sinne des Absatzes 1 sind Tatsachen,

1.
die durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes von dem Subventionsgeber als subventionserheblich bezeichnet sind oder
2.
von denen die Bewilligung, Gewährung, Rückforderung, Weitergewährung oder das Belassen einer Subvention oder eines Subventionsvorteils gesetzlich oder nach dem Subventionsvertrag abhängig ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 412/11
vom
24. Januar 2012
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
_____________________________
Die Umgrenzungsfunktion der Anklageschrift gebietet auch bei Bandentaten oder
"uneigentlichen Organisationsdelikten" nicht, dass für die Bestimmtheit des Anklagevorwurfs
i.S.d. § 200 Abs. 1 Satz 1 StPO mehr an Substanz verlangt wird als materiell
-rechtlich für einen Schuldspruch erforderlich ist.
BGH, Urteil vom 24. Januar 2012 - 1 StR 412/11 - LG Karlsruhe
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
5.
6.
wegen Betruges
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
24. Januar 2012, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Rothfuß,
Hebenstreit,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Elf,
der Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Jäger,
Erster Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger für den Angeklagten A. ,
Rechtsanwälte
als Verteidiger für den Angeklagten M. B. ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger für den Angeklagten S. B.
und der Angeklagte persönlich,
Rechtsanwalt
als Verteidiger für den Angeklagten L. M. ,
Rechtsanwalt
Rechtsanwalt
als Verteidiger für den Angeklagten E. P. ,
Rechtsanwälte
als Verteidiger für den Angeklagten G. P. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 5. April 2011 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat durch das angefochtene Urteil das Verfahren gemäß § 260 Abs. 3 StPO eingestellt und festgestellt, dass eine Entscheidung über die Verpflichtung zur Entschädigung der Angeklagten noch nicht veranlasst ist.
2
Gegen dieses Urteil hat die Staatsanwaltschaft zu Ungunsten aller Angeklagten Revision eingelegt. Sie rügt die Verletzung materiellen Rechts. Die Rechtsmittel, die vom Generalbundesanwalt vertreten werden, haben in vollem Umfang Erfolg.

I.

3
Dem Einstellungsurteil des Landgerichts ging folgendes prozessuale Geschehen voraus:
4
Mit Anklageschrift vom 4. Mai 2010 (eingegangen am 6. Mai 2010) hat die Staatsanwaltschaft den sechs Angeklagten und einem weiteren Beschuldigten ( C. ) zur Last gelegt, jeweils in 83 Fällen einen vollendeten gewerbsmäßigen Bandenbetrug und jeweils in 49 Fällen einen versuchten gewerbsmäßigen Bandenbetrug begangen zu haben. Den Angeklagten wird vorgeworfen , minderwertige Elektrogeräte (insbesondere Stromgeneratoren aus China) nach Anbringen von Typenaufklebern hochwertiger Hersteller zu einem Vielfachen des wirklichen Wertes an getäuschte Kunden verkauft oder einen Verkauf versucht zu haben. In der insgesamt 173 Seiten umfassenden Anklageschrift werden u.a. die Bandenabrede und die Bandenstruktur sowie die Aufgabenbereiche der Angeklagten innerhalb der Bande dargestellt. Die einzelnen Taten werden nach Tatzeit, Tatort, Verkäufer (soweit bekannt), Geschädigte(r), Kaufpreis, Anzahl der verkauften Gegenstände und Art der Bezahlung aufgelistet. Die jeweiligen Tätigkeiten der Bandenmitglieder werden im Anklagesatz geschildert. Im wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen in der Anklageschrift vom 4. Mai 2010 wird u.a. näher dargelegt, inwieweit die einzelnen Taten den Angeklagten zuzurechnen sind (vgl. u.a. S. 99 ff.).
5
Das Landgericht hat am 16. September 2010 im Wesentlichen folgenden Eröffnungsbeschluss erlassen: Gegen den Angeschuldigten C. wurde die Eröffnung des Hauptverfahrens insgesamt abgelehnt. Hinsichtlich der anderen sechs Angeklagten wurde das Hauptverfahren in 44 Fällen eröffnet und die Anklageschrift zur Hauptverhandlung zugelassen. Wegen der übrigen Fälle wurde die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt. Soweit eine Ablehnung erfolgte, wurde diese im Wesentlichen mit dem Fehlen eines hinreichenden Tatverdachtes begründet.
6
Durch weiteren Beschluss des Landgerichts vom 5. Oktober 2010 wurden die Verfahren abgetrennt, soweit eine Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt worden war. Über die gegen die teilweise Nichteröffnung eingelegte sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft (§ 210 Abs. 2 StPO) hat das zuständige Oberlandesgericht noch nicht entschieden.
7
Unter dem 7. Oktober 2010 hat die Staatsanwaltschaft gemäß § 207 Abs. 3 Satz 1 StPO eine dem Beschluss vom 16. September 2010 entsprechende neue Anklageschrift eingereicht, wobei sie gemäß § 207 Abs. 3 Satz 2 StPO von einer erneuten Darstellung des wesentlichen Ergebnisses der Ermittlungen abgesehen hat. In der Neufassung der Anklageschrift wird den Angeklagten "nur noch" zur Last gelegt, jeweils in 17 Fällen einen vollendeten gewerbsmäßigen Bandenbetrug und jeweils in 27 Fällen einen versuchten Bandenbetrug begangen zu haben. In der nunmehr insgesamt 73 Seiten umfassenden Anklageschrift werden erneut u.a. die Bandenabrede und Bandenstruktur sowie die Arbeitsaufteilung unter den angeklagten Bandenmitgliedern dargestellt. Die einzelnen Taten werden nach Tatzeit, Tatort, Verkäufer (bis auf einen Fall namentlich), Geschädigte(r), Kaufpreis, Anzahl der verkauften Gegenstände und Art der Bezahlung aufgelistet.
8
Am 28. Januar 2011 wurden in der am 7. Oktober 2010 begonnenen Hauptverhandlung die Verfahrensbeteiligten u.a. über Vorverständigungsgespräche unterrichtet und es wurde ihnen die Auffassung des Gerichts zum bisherigen Ergebnis der Beweisaufnahme mitgeteilt. Die Verfahrensbeteiligten wurden auch darauf hingewiesen, "dass die Kammer weiterhin zu prüfen haben wird, ob die vorgelegte Anklageschrift ihrer Informationsfunktion genügt und dass diese Prüfung auch zu einem anderen Ergebnis führen kann als mit der Eröffnung des Hauptverfahrens erfolgt."
9
Eine vom Gericht angeregte Verfahrenseinstellung gemäß § 153 Abs. 2 StPO ist an der fehlenden Zustimmung der Staatsanwaltschaft gescheitert.
10
In dem angefochtenen Urteil vom 5. April 2011 erfolgte eine Einstellung des Verfahrens, weil die Anklage ihre Funktion nicht erfülle, den Verfahrensgegenstand zu umgrenzen. Welche bestimmten Taten den Angeklagten vorgeworfen werde, gehe aus dem Anklagesatz nicht hervor, jedenfalls nicht, welchen konkreten Tatbeitrag welcher Angeklagte zu welcher Tat geleistet haben soll. Die den Angeklagten vorgeworfene Bildung einer Bande reiche dazu ebenso wenig aus wie die generelle Beschreibung der Funktionen, die die Angeklagten innerhalb der "Gruppierung" eingenommen haben. Stromgeneratoren der in der Anklageschrift genannten Art seien auch von anderen Personen vertrieben worden und die Straßenverkäufer seien nicht nur für die Angeklagten unterwegs gewesen. Die Handlungen der einzelnen Angeklagten seien nicht so hinreichend beschrieben, dass die Anklage ihrer Umgrenzungsfunktion genüge.

II.

11
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft sind begründet. Die Anklage ist wirksam, weil sie die notwendigen Angaben zur Bestimmung des Prozessgegenstandes enthält und damit ihrer Umgrenzungsfunktion genügt.
12
Eine Anklage ist nur dann unwirksam mit der Folge, dass das Verfahren wegen Fehlens einer Prozessvoraussetzung einzustellen ist, wenn etwaige Mängel ihre Umgrenzungsfunktion betreffen (vgl. u.a. BGH, Urteil vom 9. August 2011 - 1 StR 194/11 mwN). Mängel der Informationsfunktion berühren ihre Wirksamkeit dagegen nicht (vgl. u.a. BGH, Urteil vom 2. März 2011 - 2 StR 524/10 mwN; BGH, Beschluss vom 18. Oktober 2007 - 4 StR 481/07 mwN); insoweit können Fehler auch noch in der Hauptverhandlung durch Hinweise entsprechend § 265 StPO geheilt werden (vgl. u.a. BGH, Urteil vom 28. Oktober 2009 - 1 StR 205/09 mwN).
13
1. Die Anklageschrift hat nach § 200 Abs. 1 Satz 1 StPO die dem Angeklagten zur Last gelegte Tat sowie Zeit und Ort ihrer Begehung so genau zu bezeichnen, dass die Identität des geschichtlichen Vorgangs dargestellt und erkennbar wird, welche bestimmte Tat gemeint ist; sie muss sich von anderen gleichartigen strafbaren Handlungen desselben Täters unterscheiden lassen (vgl. u.a. BGH, Urteil vom 11. Januar 1994 - 5 StR 682/93 mwN, BGHSt 40, 44, 45). Dabei muss die Schilderung umso konkreter sein, je größer die allgemeine Möglichkeit ist, dass der Angeklagte verwechselbare weitere Straftaten gleicher Art verübt hat (vgl. u.a. BGH, Beschluss vom 8. August 1996 - 4 StR 344/96 mwN). Die begangene konkrete Tat muss durch bestimmte Tatumstände so genau bezeichnet werden, dass keine Unklarheit darüber möglich ist, welche Handlungen dem Angeklagten zur Last gelegt werden (vgl. u.a. BGH, Urteil vom 28. Oktober 2009 - 1 StR 205/09). Denn es darf nicht unklar bleiben, über welchen Sachverhalt das Gericht nach dem Willen der Staatsanwaltschaft urteilen soll. Erfüllt die Anklage ihre Umgrenzungsfunktion nicht, ist sie unwirksam (vgl. u.a. BGH, Urteil vom 9. August 2011 - 1 StR 194/11 mwN; BGH, Urteil vom 2. März 2011 - 2 StR 524/10; BGH, Urteil vom 28. Oktober 2009 - 1 StR 205/09; BGH, Beschluss vom 29. November 1994 - 4 StR 648/94 mwN; BGH, Urteil vom 11. Januar 1994 - 5 StR 682/93, BGHSt 40, 44, 45). Ein wesentlicher Mangel der Anklageschrift, der als Verfahrenshindernis wirken kann, ist daher anzunehmen, wenn die angeklagten Taten anhand der Anklageschrift nicht genügend konkretisierbar sind, so dass unklar bleibt, auf welchen konkreten Sachverhalt sich die Anklage bezieht und welchen Umfang die Rechtskraft ei- nes daraufhin ergehenden Urteils haben würde (vgl. u.a. BGH, Beschluss vom 18. Oktober 2007 - 4 StR 481/07 mwN; BGH, Beschluss vom 14. Februar 2007 - 3 StR 459/06 mwN; BGH, Urteil vom 28. April 2006 - 2 StR 174/05; BGH, Beschluss vom 20. Juli 1994 - 2 StR 321/94 mwN). Bei der Prüfung, ob die Anklage die gebotene Umgrenzung leistet, dürfen ggf. die Ausführungen im wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen zur Ergänzung und Auslegung des Anklagesatzes herangezogen werden (vgl. u.a. BGH, Urteil vom 9. August 2011 - 1 StR 194/11 mwN; BGH, Urteil vom 28. Oktober 2009 - 1 StR 205/09 mwN; BGH, Urteil vom 28. April 2006 - 2 StR 174/05).
14
2. Danach liegen hier keine schweren Mängel der Anklageschrift vor, die zur Unwirksamkeit der Anklage und damit zu einem Verfahrenshindernis führen würden. Es bestehen insbesondere keinerlei Zweifel an dem Umfang der Rechtskraft eines daraufhin ergehenden Urteils. Alle den Angeklagten vorgeworfenen Taten sind nach Tatzeit, Tatort, Verkäufer, Geschädigte(r), Kaufpreis (oder Kaufpreisangebot), Anzahl der verkauften (oder verbindlich angebotenen) Gegenstände und (bei den vollendeten Taten) Art der Bezahlung hinreichend konkretisiert. Es ist danach klar, welche Taten den Angeklagten zur Last gelegt werden. Aus der Anklageschrift ergibt sich eindeutig, dass alle Taten allen Angeklagten als jeweils mittäterschaftlich (§ 25 Abs. 2 StGB) begangene Betrugsfälle angelastet werden, wobei die Anklage die Voraussetzungen einer Bande bejaht.
15
Soweit in dem angefochtenen Urteil ausgeführt wird, dass eine hinreichende Konkretisierung der einzelnen Handlungen der Angeklagten deshalb fehle, weil nur die jeweilige Bandentätigkeit dargestellt werde, ist auf Folgendes hinzuweisen: Richtig ist, dass, wenn sich mehrere Täter zu einer Bande zusammenschließen , dies nicht zur Folge hat, dass jedes von einem der Mitglieder aufgrund der Bandenabrede begangene Betrugsdelikt den anderen Ban- denmitgliedern ohne weiteres als gemeinschaftlich begangene Straftat i.S.d. § 25 Abs. 2 StGB zugerechnet werden kann (vgl. u.a. BGH, Beschluss vom 13. Mai 2003 - 3 StR 128/03). Allein die Bandenmitgliedschaft und ein Handeln im Interesse der Bande ohne konkreten Bezug zu einer von anderen Bandenmitgliedern begangenen Straftat genügt nicht, um eine Strafbarkeit des Bandenmitglieds wegen einer Bandentat zu begründen. Wegen einer Tat, die "aus der Bande heraus" begangen wird, kann als Täter oder Teilnehmer nur bestraft werden, wenn er an dieser konkreten Tat mitgewirkt hat (vgl. u.a. BGH, Beschluss vom 13. Juni 2007 - 3 StR 162/07 mwN).
16
Diese materiell-rechtliche Frage der Strafbarkeit eines Angeklagten ist von der Problematik der Umgrenzungsfunktion einer Anklageschrift zu trennen. Kann einem Angeklagten nach Ausschöpfung der Beweismöglichkeiten die Begehung einer konkreten Tat nicht nachgewiesen werden, ist er freizusprechen, wenn diese Tat i.S.d. § 264 StPO angeklagt war. Die Verneinung einer Bandenabrede durch den Tatrichter und auch die Nichtannahme eines - hier dann allerdings nahe liegenden - "uneigentlichen Organisationsdeliktes" (vgl. hierzu auch BGH, Beschluss vom 9. November 2011 - 4 StR 252/11 Rn. 12) mögen dazu führen, dass noch strengere Anforderungen an die Feststellung der konkreten Tatbeiträge eines jeden Angeklagten an den jeweiligen Taten zu stellen sind, sie führen aber nicht dazu, dass die vorher zu Recht (im Eröffnungsbeschluss ) angenommene Einhaltung der Umgrenzungsfunktion entfällt.
17
In seinem Hinweis vom 28. Januar 2011 in der Hauptverhandlung ist das Landgericht selbst (noch) zutreffend davon ausgegangen, dass eine insoweit (behauptete) fehlende Konkretisierung unter dem Gesichtspunkt der Informationsfunktion der Anklageschrift zu prüfen ist. Letzterer Frage ist hier jedoch nicht näher nachzugehen, da diesbezügliche etwa bestehende Mängel nicht die Unwirksamkeit der Anklage begründen würden (vgl. u.a. BGH, Beschluss vom 18. Oktober 2007 - 4 StR 481/07 mwN) und durch Hinweise entsprechend § 265 StPO in der Hauptverhandlung geheilt werden können (vgl. u.a. BGH, Urteil vom 9. November 2011 - 1 StR 302/11 Rn. 26; BGH, Urteil vom 28. Oktober 2009 - 1 StR 205/09 mwN). Entscheidend für den vorliegenden Fall ist, dass die einzelnen Taten unverwechselbar dargestellt sind und sowohl die generelle Tätigkeit der einzelnen Angeklagten als auch - soweit als möglich - die konkreten Tatbeiträge näher geschildert werden. Durch die Ausführungen im wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen, inwieweit die einzelnen Taten den Angeklagten zuzurechnen sind, wird nicht nur der hinreichende Tatverdacht belegt , den die Strafkammer zutreffend insoweit beim Eröffnungsbeschluss vom 16. September 2010 bejaht hat, sondern auch die Anbindung der Angeklagten an die konkreten Taten.
18
In diesem Zusammenhang weist der Senat auf Folgendes hin:
19
Bei einer Tatbegehung als Bandenmitglied oder im Rahmen eines "uneigentlichen Organisationsdeliktes" (vgl. zum Begriff des "Organisationsdeliktes" auch BGH, Beschluss vom 2. November 2007 - 2 StR 384/07 mwN) - beides kommt im vorliegenden Fall durchaus in Betracht - müssen dem einzelnen Täter nicht zwingend Ausführungshandlungen vor Ort gegenüber dem Tatopfer vorgeworfen werden; es genügt, wenn er an dieser konkreten Tat an anderer Stelle mitgewirkt hat. Eine arbeitsteilige Begehungsweise besteht gerade darin, dass nicht jeder Teilnehmer der Tat jede Handlung selbst vornimmt; ausreichend ist vielmehr, dass jeder aufgrund gemeinsamen Entschlusses seine abgesprochene Aufgabe wahrnimmt mit dem übereinstimmenden Willen, den erhofften Taterfolg zu erreichen. Hierbei hat sich jeder die von ihm gebilligten Tatbeiträge der anderen an der konkreten Tat zurechnen zu lassen. Die unterschiedlichen Tätigkeiten und subjektiven Vorstellungen der Tatbeteiligten können sowohl dazu führen, dass unter Umständen verschiedene Teilnahmefor- men (Mittäterschaft, Beihilfe) vorliegen als auch, dass sich der strafrechtlich relevante Sachverhalt konkurrenzrechtlich für den jeweiligen Teilnehmer anders auswirkt.
20
Die Umgrenzungsfunktion der Anklageschrift kann jedenfalls nicht gebieten , dass für die Bestimmtheit des Anklagevorwurfs i.S.d. § 200 Abs. 1 Satz 1 StPO mehr an Substanz verlangt wird als materiell-rechtlich für einen Schuldspruch erforderlich ist. Nack Rothfuß Hebenstreit Elf Jäger

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
2 StR 365/12
vom
18. September 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Inverkehrbringens von Arzneimitteln zu Dopingzwecken im Sport
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
Regelt der Gesetzgeber die Strafbarkeit eines Verhaltens durch eine Blankettstrafnorm
, die auf eine außergesetzliche Bestimmung Bezug nimmt, so muss die vorrangige
Bestimmungsgewalt des Gesetzgebers erhalten bleiben. Dies ist bei der Bezugnahme
von § 95 Abs. 1 Nr. 2a i.V.m. § 6a Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 AMG a.F. auf
den jährlich aktualisierten Anhang zu dem Übereinkommen des Europarats gegen Doping
vom 16. November 1989 jedenfalls insoweit der Fall, als der Gesetzgeber bei Aktualisierungen
der Verweisungsnorm des § 6a AMG a.F. die dann aktuellen Verbotslisten
in seinen Willen aufgenommen hat.
BGH, Urteil vom 18. September 2013 - 2 StR 365/12 - LG Bonn
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Sitzung vom
28. August 2013 in der Verhandlung am 18. September 2013, an denen teilgenommen
haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Appl
als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Krehl,
Dr. Eschelbach,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Ott,
der Richter am Bundesgerichthof
Zeng,
Bundesanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt aus Bonn und
Rechtsanwalt in der Verhandlung
als Verteidiger,
Justizangestellte in der Verhandlung,
Justizangestellte bei der Verkündung
als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bonn vom 6. Februar 2012 wird verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Inverkehrbringens von Arz1 neimitteln zu Dopingzwecken im Sport zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ferner hat es den Verfall von Wertersatz in Höhe von 10.000 Euro angeordnet. Hiergegen richtet sich die auf Verfahrensrügen und die Sachbeschwerde gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

I.

2
Nach den Feststellungen des Landgerichts war der Angeklagte im Zeitraum vom 25. Mai 2008 bis 3. Dezember 2010 mit einem Wochenlohn von zuletzt 2.500 Euro in leitender Position für das Unternehmen „G. “ tätig.Das im Ausland ansässige Unternehmen betrieb einen Internethandel unter anderem mit Arzneimitteln, die anabol androgene Steroide enthielten. Besteller waren Bodybuilder und Kraftsportler in den USA, Kanada, Südafrika und ganz Europa. Zu den Aufgaben des Angeklagten als rechte Hand des Firmenchefs gehörten die Aufrechterhaltung und Verbesserung der Vertriebsstruktur des Unternehmens sowie die Überwachung anderer Mitarbeiter. Im Tatzeitraum gingen Bestellungen von 107.070 Kunden ein. Der Gesamtumsatz des Unternehmens betrug rund 43 Millionen US-Dollar. Darin enthalten war ein Umsatzanteil von rund 8,7 Millionen US-Dollar, der auf Warenlieferungen mit Arzneimitteln entfiel, welche die Wirkstoffe Testosteron, Clomifen, Methandienon, Boldenon, humanes Choriongonadotropin, Tamoxifen, Nandrolon, Decanoat, Stanozolol , Oxandrolon und Trenbolon enthielten.
3
Das Landgericht hat die hierauf bezogenen Handlungen des Angeklagten als eine Tat des Inverkehrbringens von Arzneimitteln zu Dopingzwecken im Sport bewertet. Die Tat sei von dem Angeklagten als Mittäter in den Varianten des Feilbietens und der Abgabe der Arzneimittel an andere begangen worden. Bodybuilding sei als Sport im Sinne von § 95 Abs. 1 Nr. 2a AMG einzustufen, ohne dass es darauf ankomme, ob die mit den Arzneimitteln erstrebte Leistungssteigerung auf Aktivitäten im Wettkampf, beim Training oder in der Freizeit gerichtet sei.

II.

4
Die Revision gegen dieses Urteil ist unbegründet.
5
1. Ein Verfahrenshindernis liegt nicht vor. Die Anklageschrift vom 6. Juni 2011 erfüllt ihre Umgrenzungsfunktion im Sinne von § 200 Abs. 1 StPO. Der Anklagesatz umschreibt die Tat im prozessualen Sinne in einer Weise, dass der Verfahrensgegenstand nicht verwechselt werden kann. Zur Erfüllung der Umgrenzungsfunktion ist es bei einem „uneigentlichen Organisationsdelikt“, bei dem einem in leitender Funktion des Unternehmens tätigen Beteiligten die Ausführungshandlungen der Mitarbeiter zugerechnet werden, nicht erforderlich, sämtliche 107.070 Bestellvorgänge und entsprechende Warenlieferungen an die Kunden im Einzelnen mitzuteilen (vgl. BGH, Urteil vom 24. Januar 2012 - 1 StR 412/11, BGHSt 57, 88, 94). Der als eine Handlung im Rechtssinne bewertete Tatbeitrag des Angeklagten bestand in der übergreifenden Mitwirkung im Organisationsgefüge des Unternehmens, die im Anklagesatz in unverwechselbarer Weise umschrieben ist.
6
2. Die „Rüge der Nichtaussetzung der Hauptverhandlung wegen verspä- teter und unvollständiger Akteneinsichtsgewährung“ greift nicht durch.Sie ist schon unzulässig im Sinne des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO. Der Beschwerdeführer hat nicht nachvollziehbar mitgeteilt, wann ihm die verspätete Akteneinsicht gewährt worden ist und wieviel Zeit die Sichtung der nachgereichten Unterlagen in Anspruch genommen hat. So kann der Senat nicht überprüfen, ob die Strafkammer die Hauptverhandlung hätte aussetzen müssen, weil die Verteidigung diese Unterlagen nicht bereits innerhalb der Unterbrechungen der Hauptverhandlung in ausreichendem Maße habe sichten können.
7
3. Die Sachrüge bleibt ebenfalls ohne Erfolg.
8
Die Feststellungen tragen die Verurteilung des Angeklagten wegen Inverkehrbringens von Arzneimitteln zu Dopingzwecken im Sport gemäß § 95 Abs. 1 Nr. 2a i.V.m. § 6a Abs. 1 und 2 AMG und in Verbindung mit dem Anhang zu dem Übereinkommen gegen Doping (vgl. Gesetz vom 2. März 1994 zu dem Übereinkommen vom 16. November 1989 gegen Doping, BGBl. 1994 II S. 334).
9
a) Bei den an Kunden des Unternehmens „G. “ versandten Waren handelte es sich um Arzneimittel im Sinne von § 2 Abs. 1 AMG, die durch Feilbieten bzw. Abgabe an andere in Verkehr gebracht wurden. Dem Angeklagten sind die entsprechenden Handlungen durch Mitarbeiter des Unternehmens "G. " gemäß § 25 Abs. 2 StGB zuzurechnen. Insoweit liegt bei ihm eine einheitliche Handlung vor (vgl. zu einem „uneigentlichen Organisationsdelikt“ Senat, Beschluss vom 23. Mai 2013 - 2 StR 555/12, wistra 2013, 389).
10
b) Das Inverkehrbringen der Arzneimittel erfolgte zu Dopingzwecken im Sport. Der Tatbestand in § 95 Abs. 1 Nr. 2a i.V.m. § 6a Abs. 1 AMG erfasst neben dem Leistungssport auch den Breitensport. Die Stärkung des Muskel- wachstums im Zusammenhang mit „Bodybuilding“ durch Einnahme von Anabo- lika ist als Doping im Sport anzusehen (vgl. BT-Drucks. 13/9996 S. 13; BGH, Beschluss vom 14. Dezember 2011 - 5 StR 425/11, BGHR AMG § 95 Abs. 1 Nr. 2a Dopingmittel 2).
11
c) Die Regelung des § 6a Abs. 1 AMG findet allerdings nur Anwendung auf solche Arzneimittel, die Stoffe der im Anhang des Übereinkommens gegen Doping vom 16. November 1989 aufgeführten Gruppen von verbotenen Wirkstoffen enthalten (§ 6a Abs. 2 Satz 1 AMG in der Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Bekämpfung des Dopings im Sport vom 24. Oktober 2007, BGBl. 2007 I, S. 2510). Dabei wird der Anhang zu dem Übereinkommen gegen Doping im Sport von der Beobachtenden Begleitgruppe des Europarats (Art. 10 des Übereinkommens gegen Doping) durch jährlich aktualisierte Verbotslisten, die sich inzwischen an den von der World-Anti-Doping-Agency (WADA) aufgestellten Verbotslisten orientieren, neu gefasst und jeweils im Bundesgesetzblatt (Teil II) veröffentlicht.
12
Es kann dahinstehen, ob alle von der „G. “ mit Hilfe des Angeklag- ten vertriebenen Dopingmittel schon in dem ursprünglichen Anhang zu dem Übereinkommen gegen Doping (Gesetz vom 2. März 1994 zu dem Übereinkommen gegen Doping vom 16. November 1989, BGBl. 1994 II S. 334), auf den § 6a Abs. 2 AMG Bezug nimmt, enthalten waren. Der Senat braucht auch nicht zu entscheiden, ob es sich bei der Verweisung des § 6a Abs. 2 Satz 1 AMG in der bis zum 25. Oktober 2012 geltenden Fassung um eine dynamische Verweisung auf die jeweils durch Beschluss der Beobachtenden Begleitgruppe des Europarats jährlich angepasste Fassung des Anhangs handelt (so ohne nähere Begründung BGH, Beschluss vom 5. August 2009 - 5 StR 248/09, NStZ 2010, 170, 171 und jetzt auch die Neufassung des § 6a Abs. 2 Satz 1 AMG durch das Zweite Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 19. Oktober 2012, BGBl. 2012 I, S. 2192: Verweis auf die „jeweils geltende Fassung des Anhangs“).

13
Der Gesetzgeber hat nämlich § 6a Abs. 2 AMG unter anderem durch das Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung des Dopings im Sport im Jahre 2007 (BGBl. 2007 I, S. 2510) und durch das Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 17. Juli 2009 (BGBl. 2009 I, S. 1990) geändert (weitere Änderungen erfolgten in den Jahren 2010, 2012 und 2013). Ihm war dabei bewusst, dass die Verbotslisten im Anhang zu dem Übereinkommen gegen Doping jährlich aktualisiert werden. Der Gesetzgeber hat damit die zur Tatzeit gültigen Listen (BGBl. 2007 II, S. 812 ff. und BGBl. 2009 II, S. 368 ff.) in seinen Willen aufgenommen. Die jeweils bestehenden Verbotslisten stellen den gemäß § 6a Abs. 2 Satz 1 AMG maßgeblichen „Anhang zu dem Übereinkommen gegen Doping“ dar. Sie enthalten sämtliche von der „G. “ als Do- pingmittel vertriebenen Stoffe, deren Inverkehrbringen dem Angeklagten vorgeworfen wird. Diese Stoffe sind auch in weiteren Aktualisierungen der Verbotslisten aufgeführt (vgl. BGBl. 2010 II, S. 206; 2011 II, S. 78; 2012 II, S. 118; 2013 II, S. 177). Es besteht kein Zweifel daran, dass der Gesetzgeber zurzeit der Änderungen des § 6a AMG jeweils den Umgang mit diesen Stoffen unter das strafrechtliche Verbot des § 95 Abs. 1 Nr. 2a i.V.m. § 6a Abs. 1 und 2 AMG stellen und daran festhalten wollte.
14
Damit ist auch Art. 103 Abs. 2 GG Genüge getan, ohne dass insoweit zu entscheiden wäre, ob eine dynamische Verweisung, die der Gesetzgeber mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 19. Oktober 2012 im Normtext „konkretisiert“ hat (BT-Drucks. 17/9341 S. 48), dem Bestimmtheitsgebot genügt (vgl. dazu Parzeller/Prittwitz StoffR 2009, 101, 106 ff. und 119 ff. m.w.N.). Erfolgt die Ergänzung eines Blankettstrafgesetzes durch eine außergesetzliche Regelung, so ist dies unschädlich , wenn die Voraussetzungen der Strafbarkeit sowie Art und Maß der Strafe bereits im Gesetz hinreichend deutlich umschrieben sind (vgl. BGH, Beschluss vom 15. März 1996 - 3 StR 506/95, BGHSt 42, 79, 84). Bei der ergänzenden Einbeziehung eines konkretisierenden Rechtsakts außerhalb des Gesetzes muss zwar auch die vorrangige Bestimmungsgewalt des Gesetzgebers erhalten bleiben (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29. April 2010 - 2 BvR 871/04, 2 BvR 42 BvR 414/08, Rn. 57, wistra 2010, 396, 403). Dies ist hier aber, soweit der Gesetzgeber mit den Änderungen des § 6a Abs. 2 AMG - wie dargelegt - die Strafbarkeit des Umgangs mit den in den Anhängen zu dieser Zeit enthaltenen Stoffen unter ein strafrechtliches Verbot stellen wollte, ohne Weiteres anzunehmen. Appl Krehl Eschelbach Ott Zeng

(1) Gegenstand der Urteilsfindung ist die in der Anklage bezeichnete Tat, wie sie sich nach dem Ergebnis der Verhandlung darstellt.

(2) Das Gericht ist an die Beurteilung der Tat, die dem Beschluß über die Eröffnung des Hauptverfahrens zugrunde liegt, nicht gebunden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 283/07
Verkündet am:
10. Juni 2008
Herrwerth
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
AGB-Banken Nr. 7 Abs. 3

a) Zum Widerspruchsrecht eines (vorläufigen) Insolvenzverwalters gegen eine im
Einzugsermächtigungsverfahren vorgenommenen Lastschriftabbuchung auf
dem Schuldnerkonto.

b) Die Regelung in Nr. 7 Abs. 3 AGBG-Banken, nach der es als Genehmigung gilt,
wenn ein Bankkunde Einwendungen gegen eine Belastungsbuchung, für die er
dem Gläubiger eine Einzugsermächtigung erteilt hat, nicht spätestens vor Ablauf
von sechs Wochen nach Zugang des Rechnungsabschlusses erhebt, ist
wirksam.

c) Ein vorläufiger Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt muss einer im
Einzugsermächtigungsverfahren erfolgten Belastungsbuchung auf dem Schuldnerkonto
innerhalb der Frist der Nr. 7 Abs. 3 AGB-Banken widersprechen, um
ein Eintreten der Genehmigungsfiktion zu verhindern (Abweichung von BGH,
Urteile vom 25. Oktober 2007 - IX ZR 217/06, WM 2007, 2246, 2249 Tz. 24, zur
Veröffentlichung in BGHZ 174, 84 vorgesehen, und vom 29. Mai 2008 - IX ZR
42/07, WM 2008, 1327, 1328 Tz. 9).

d) Auch im Falle der Genehmigungsfiktion nach Nr. 7 Abs. 3 AGB-Banken ist für
die Frage der Bardeckung im Rahmen des § 142 InsO der Zeitpunkt des Lastschrifteinzugs
maßgebend (Anschluss an BGH, Urteil vom 29. Mai 2008 - IX ZR
42/07, WM 2008, 1327, 1329 Tz. 15 f.).
BGH, Urteil vom 10. Juni 2008 - XI ZR 283/07 - LG Köln
AG Köln
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 10. Juni 2008 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Nobbe und die Richter
Dr. Müller, Dr. Ellenberger, Maihold und Dr. Matthias

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 13. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 25. April 2007 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger nimmt als Insolvenzverwalter über das Vermögen der D. T. GmbH (nachfolgend: Schuldnerin) die beklagte Bank auf Rückzahlung eines im Einzugsermächtigungsverfahren eingezogenen Lastschriftbetrages in Anspruch.
2
Die Schuldnerin schloss im September 2003 einen Leasingvertrag über einen Pkw mit der Beklagten und erteilte dieser eine Einzugsermächtigung für ihre fälligen Forderungen. Ihr Girokonto, für das die Geltung der AGB-Banken und monatliche Rechnungsabschlüsse vereinbart waren, unterhielt die Schuldnerin bei der H. Sparkasse. Am 20. September 2005 wurde die fällige Leasingrate für Oktober 2005 in Höhe von 566,08 € von dem - debitorisch geführten - Konto der Schuldnerin bei ihrer Bank (nachfolgend: Schuldnerbank) abgebucht und der Beklagten kurz danach vorbehaltlos gutgeschrieben. Das geleaste Fahrzeug wurde von der Schuldnerin im Monat Oktober vertragsgemäß genutzt.
3
Mit Beschluss vom 31. Oktober 2005 bestellte das Insolvenzgericht den Kläger zum vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt. Der Kläger widersprach mit Telefax vom 11. November 2005 gegenüber der Beklagten dem Lastschrifteinzug von September 2005 und forderte Rückzahlung. Gegenüber der Schuldnerbank wurde weder von der Schuldnerin noch von dem Kläger ein Widerspruch erklärt, weil dies wegen des negativen Kontosaldos nicht zu einem Auszahlungsanspruch zugunsten der Masse geführt hätte. Am 27. Januar 2006 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Als solcher lehnte er in der Folgezeit die Erfüllung des Leasingvertrages gemäß § 103 InsO ab.
4
Das Amtsgericht hat die Klage auf Zahlung von 566,08 € nebst Zinsen abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist ohne Erfolg geblieben. Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


5
Die Revision ist unbegründet.

I.


6
Das Berufungsgericht (ZIP 2007, 1547 = NZI 2007, 469) hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
7
Dem Kläger stehe kein Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 oder 2 BGB zu. Die Beklagte habe die Gutschrift auf ihrem Konto durch Leistung der Schuldnerin mit Rechtsgrund erlangt. Dabei könne dahinstehen, ob mit der vorbehaltlosen Gutschrift auf dem Konto der Beklagten bereits Erfüllung der Leasingrate für Oktober 2005 eingetreten sei. Jedenfalls sei die Belastungsbuchung auf dem Konto der Schuldnerin bei der Schuldnerbank genehmigt und damit auf der Grundlage der so genannten Genehmigungstheorie deren Zahlungspflicht aus dem Leasingvertrag erfüllt worden. Die Genehmigung ergebe sich aus Nr. 7 Abs. 3 AGB-Banken, weil gegenüber der Schuldnerbank innerhalb der relevanten Frist keine Einwendungen durch die Schuldnerin oder den Kläger erhoben worden seien. Obwohl es sich bei Nr. 7 Abs. 3 AGB-Banken um eine schuldrechtliche Vereinbarung zwischen Schuldnerbank und Schuldnerin handele, komme ihr bei der Bestimmung der Leistungsbeziehungen im Lastschriftverfahren eine gewisse Außenwirkung gegenüber dem Lastschriftgläubiger zu. Schließlich stünden der Anwendung dieser Regelung auch keine Bedenken aus insolvenzrechtlicher Sicht entgegen. Hinsichtlich der "Zurechenbarkeit" der Belastungsbuchung rücke der vorläufige Insolvenzverwalter in die Rechtsstellung des Schuldners ein. Er könne und müsse der Lastschrift rechtzeitig widersprechen, um den Eintritt der Genehmigungsfiktion zu verhindern.
8
Ein Rückgewähranspruch des Klägers ergebe sich auch nicht aus § 143 Abs. 1 InsO. Es fehle an einem Anfechtungsgrund. Eine Anfechtung nach § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO sei gemäß § 142 InsO ausgeschlossen, weil für die Leistung der Schuldnerin unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung - die fortlaufende Gebrauchsüberlassung des Leasingobjekts - in deren Vermögen gelangt sei. Diese beiden Leistungen seien durch Parteivereinbarung verknüpft, kongruent und objektiv gleichwertig. Darüber hinaus sei auch der erforderliche enge zeitliche Zusammenhang gegeben. Insoweit sei wegen der Rückwirkung der Genehmigung nach § 184 Abs. 1 BGB auf den Buchungszeitpunkt abzustellen , zumal im Rahmen von § 142 InsO bei einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise für den Gläubiger der Zeitpunkt der Einlösung der Lastschrift wesentlich sei.

II.


9
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung im Ergebnis stand.
10
1. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass dem Kläger kein bereicherungsrechtlicher Anspruch aus § 812 Abs. 1 BGB gegen die Beklagte zusteht, weil die Beklagte mit der vorbehaltlosen Gutschrift der Leasingrate auf ihrem Konto eine Leistung der Schuldnerin erhalten hat (§§ 362 Abs. 1, 364 Abs. 1 BGB), die aufgrund des Leasingvertrages mit Rechtsgrund erfolg ist.
11
a) Dabei kommt der vom Berufungsgericht maßgebendes Gewicht beigemessene Frage, ob die Schuldnerin oder der Kläger im Deckungsverhältnis zur Schuldnerbank die Belastungsbuchung auf dem Girokonto der Schuldnerin genehmigt haben, Bedeutung nur dann zu, wenn eine solche Genehmigung Auswirkungen auf das Valutaverhältnis zwischen der Schuldnerin und der Beklagten hat und nicht schon mit vorbehaltloser Gutschrift der Leasingrate Erfüllung der Schuld aus dem Leasingvertrag eingetreten ist.

12
aa) Die Frage, wie die Rechtsbeziehungen zwischen den am Lastschriftverkehr Beteiligten beim Einzugsermächtigungsverfahren rechtlich einzuordnen sind, ist streitig (vgl. zum Streitstand van Gelder, in: Schimansky/ Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch 3. Aufl. § 57 Rdn. 5-56d), was nicht zuletzt aus der Entstehungsgeschichte des Lastschriftverfahrens herrührt.
13
(1) Das Lastschriftverfahren ist ein von der deutschen Kreditwirtschaft entwickeltes System zur schnellen und besonders kostengünstigen Abwicklung von Zahlungsvorgängen im bargeldlosen Zahlungsverkehr (vgl. van Gelder aaO § 56 Rdn. 1, 11 ff.). Wegen seiner Einfachheit und seiner besonderen Eignung für eine elektronische Abwicklung hat sich das Einzugsermächtigungsverfahren, über das rund die Hälfte des bargeldlosen Zahlungsverkehrs in Deutschland abgewickelt wird (van Gelder aaO § 56 Rdn. 48), durchgesetzt. Auch der Staat verpflichtet mittlerweile beispielsweise Kfz-Halter und Umsatzsteuerpflichtige, ihre Steuerschuld mittels Einzugsermächtigungsverfahren zu begleichen.
14
(2) Die Besonderheit des Einzugsermächtigungsverfahrens besteht darin , dass der Gläubiger die Initiative zur Bezahlung seiner Forderung ergreift, indem er seine Bank beauftragt, den Geldbetrag einzuziehen. Diese leitet den Auftrag an die Schuldnerbank weiter, die den Betrag vom Schuldnerkonto abbucht und der Gläubigerbank zuleitet, ohne dazu vom Schuldner eine Weisung erhalten zu haben. Wegen dieser weisungslosen Belastung seines Kontos steht dem Schuldner gegenüber der Schuldnerbank aus dem Girovertrag bis zu seiner Genehmigung ein Widerspruchsrecht zu. Widerspricht der Schuldner, ohne zuvor genehmigt zu haben, muss die Schuldnerbank die Buchung berichtigen und gibt die Lastschrift im Interbankenverhältnis zurück. Die Gläubigerbank belastet sodann das Gläubigerkonto wieder mit dem zuvor gutgeschriebenen Be- trag einschließlich Rücklastschriftgebühren. Das so ablaufende, durch das Lastschriftabkommen am 1. Januar 1964 eingeführte Verfahren funktionierte bereits viele Jahre reibungslos, bevor in Rechtsprechung und Literatur eine dogmatische Erklärung versucht wurde. Der Streit über die juristische Einordnung der Rechtsbeziehungen im Lastschriftverfahren entzündet sich vor allem an der Einordnung des Widerspruchsrechts des Schuldners im Deckungsverhältnis zu der Schuldnerbank und der Wirkung eines Widerspruchs auf das Valutaverhältnis zwischen Schuldner und Gläubiger.
15
(3) In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat sich nach einer Zeit nicht ganz eindeutiger Entscheidungen (vgl. BGHZ 69, 82, 85; 74, 300, 305; 74, 309, 312) die so genannte Genehmigungstheorie durchgesetzt, zu der sich erstmals der erkennende Senat mit Urteil vom 14. Februar 1989 (XI ZR 141/88, WM 1989, 520, 521) ausdrücklich bekannt hat (nachfolgend st.Rspr. des Bundesgerichtshofs: u.a. BGHZ 144, 349, 353 f.; 161, 49, 53 ff.; 162, 294, 303; 167, 171, 174 Tz. 12 ff.; BGH, Urteile vom 10. Januar 1996 - XII ZR 271/94, WM 1996, 335, 337 und vom 25. Oktober 2007 - IX ZR 217/06, WM 2007, 2246, 2247 Tz. 12, zur Veröffentlichung in BGHZ 174, 84 vorgesehen ). Nach dieser ist die für die Belastung des Schuldnerkontos im Deckungsverhältnis erforderliche Genehmigung des Schuldners auch maßgeblich für die Erfüllung im Valutaverhältnis.
16
(a) Die Entscheidung der Rechtsprechung für die Genehmigungstheorie lag unter anderem auch darin begründet, dass sie für den Regelfall zu sachgerechten Ergebnissen bei auftretenden Fehlern im Einzugsermächtigungsverfahren kam. Allerdings besteht ein Schwachpunkt der Genehmigungstheorie darin, dass bis zur Genehmigung der Belastungsbuchung im Deckungsverhältnis auch im Valutaverhältnis über einen längeren Zeitraum in der Schwebe ist, ob Erfüllung der dem Lastschrifteinzug zugrunde liegenden Schuld eingetreten ist oder nicht (vgl. dazu van Gelder aaO § 57 Rdn. 53). Dieser Schwebezustand eröffnet dem Schuldner die Möglichkeit zum Missbrauch des Widerspruchs. Das Missbrauchspotential erforderte es, den Schuldner bei einem rechtsmissbräuchlichen Widerspruch, der nicht auf anerkennenswerten Gründen beruht, einer Schadenersatzpflicht nach § 826 BGB auszusetzen (vgl. van Gelder aaO § 58 Rdn. 95 ff.). Durch dieses von der Rechtsprechung (BGHZ 74, 309, 312 ff.; 101, 153, 156 f.; BGH, Urteil vom 29. Mai 2001 - VI ZR 114/00, WM 2001, 1458, 1459 f.) geschaffene Korrektiv konnte die Schwäche der Genehmigungstheorie bis zum 4. November 2004 ausgeglichen werden. Bis zu diesem Zeitpunkt entsprach es ganz herrschender Meinung im Rechtsprechung und Literatur , dass in der Insolvenz des Schuldners auch der (vorläufige) Insolvenzverwalter an die durch § 826 BGB determinierte Rechtsstellung des Schuldners gebunden sei und berechtigten Lastschrifteinzügen nicht widersprechen dürfe (vgl. van Gelder aaO § 59 Rdn. 15, 15 d; ders. WM 2001 Sonderbeilage Nr. 7 S. 11; jeweils m.w. Nachw.).
17
(b) Mit seiner am 4. November 2004 begründeten neuen Rechtsprechung ist der IX. Zivilsenat (BGHZ 161, 49 ff.; IX ZR 82/03, ZinsO 2005, 40 und IX ZR 28/04, EWiR 2005, 227; bestätigt durch Urteile vom 21. September 2006 - IX ZR 173/02, WM 2006, 2092, 2093 Tz. 9, vom 25. Oktober 2007 - IX ZR 217/06, WM 2007, 2246, 2247 Tz. 11 ff., zur Veröffentlichung in BGHZ 174, 84 vorgesehen, und vom 29. Mai 2008 - IX ZR 42/07, WM 2008, 1327, 1328 Tz. 9) von dieser ganz herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur abgewichen , wie er selbst eingeräumt hat (BGH, Urteil vom 25. Oktober 2007 - IX ZR 217/06, WM 2007, 2246, 2251 Tz. 42, zur Veröffentlichung in BGHZ 174, 84 vorgesehen). Der IX. Zivilsenat wendet die Genehmigungstheorie nunmehr schematisch bereits nach Beantragung des Insolvenzverfahrens an und kommt so zu dem Ergebnis, dass der (vorläufige) Insolvenzverwalter einem Lastschrifteinzug bei noch nicht erfolgter Genehmigung des Schuldners selbst dann widersprechen kann, wenn der Widerspruch durch den Schuldner eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung (§ 826 BGB) des Gläubigers oder der beteiligten Banken darstellen würde. Nach der Rechtsprechung des IX. Zivilsenats tritt der (vorläufige) Insolvenzverwalter in diesem Punkt nicht in die "Fußstapfen" des Schuldners (vgl. dazu Haas, in: Aktuelle insolvenzrechtliche Probleme der Kreditwirtschaft, Anlegerschutz bei strukturierten Produkten, Bankrechtstag 2007, S. 3, 10 ff.), so dass er während des Schwebezustandes nahezu ohne Einschränkung widersprechen kann. Deswegen versagt das Korrektiv des § 826 BGB der Genehmigungstheorie im beantragten Insolvenzverfahren.
18
Da eine ausdrückliche Genehmigung bei Einzugsermächtigungslastschriften regelmäßig nicht erfolgt, kommt es für die Dauer des Schwebezustandes im Deckungsverhältnis und im Valutaverhältnis (und damit die Widerspruchsmöglichkeit des (vorläufigen) Insolvenzverwalters) auf die Genehmigungsfiktion nach Nr. 7 Abs. 3 AGB-Banken (bzw. Nr. 7 Abs. 4 AGBSparkassen ) an, so dass in der Regel bis zu viereinhalb Monate zurückliegenden Lastschriften im Deckungsverhältnis widersprochen werden kann. Betroffen davon sind insbesondere auch Einziehungen von Mieten und Entgelten für Strom, Gas und Wasser sowie Telefongebühren, die Umsatzsteuervorauszahlungen etc. (zu den existenzbedrohenden Folgen des Lastschriftwiderspruchs für den Schuldner anschaulich AG München ZIP 2008, 592, 596 unter Ziffer V.). Da die Genehmigungsfiktion nach der Ansicht des IX. Zivilsenats gegenüber dem vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt keine Wirkung entfalten soll und der Schuldner wegen des Verfügungsverbots auch nicht mehr selbst genehmigen kann (Urteile vom 25. Oktober 2007 - IX ZR 217/06, WM 2007, 2246, 2249 Tz. 24, zur Veröffentlichung in BGHZ 174, 84 vorgesehen , und vom 29. Mai 2008 - IX ZR 42/07, WM 2008, 1327, 1328 Tz. 9), würde sich der Schwebezustand noch einmal um den oftmals mehrere Monate betragenden Zeitraum verlängern, indem ein solcher Verwalter bestellt war.
19
c) Der erkennende Senat vermag sich der Ansicht des IX. Zivilsenats nicht anzuschließen. Der IX. Zivilsenat lässt unberücksichtigt, dass die Regelung des § 826 BGB als spezielle Ausprägung des die gesamte Zivilrechtsordnung beherrschenden Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) uneingeschränkt auch für (vorläufige) Insolvenzverwalter gilt. Dem (vorläufigen) Insolvenzverwalter stehen innerhalb von Vertragsverhältnissen nicht mehr und keine anderen Rechte zu als dem Schuldner (vgl. BGHZ 44, 1, 4; 56, 228, 230 f.; 106, 169, 175; 144, 349, 351; BGH, Urteil vom 17. Dezember 1998 - IX ZR 151/98, WM 1999, 229, 230). Er darf deshalb keine Handlungen vornehmen , durch die der Schuldner eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung nach § 826 BGB begehen würde. Durch die Beantragung eines Insolvenzverfahrens , das möglicherweise abgelehnt wird, wird sittenwidriges nicht plötzlich zu anständigem Verhalten. Daher ist auch der vorläufige Insolvenzverwalter an die rechtliche Verpflichtung des Schuldners gebunden, sittenwidrige Lastschriftwidersprüche zu unterlassen (OLG Hamm WM 1985, 1139, 1141; van Gelder aaO § 59 Rdn. 5; Hadding WM 2005, 1549, 1553 ff.; Nobbe/Ellenberger WM 2006, 1885, 1890 m.w. Nachw.). Das Insolvenzrecht rechtfertigt es nicht, das Grundinstrumentarium des BGB "für Zwecke des Insolvenzverfahrens" umzuinterpretieren (Bork ZIP 2008, 1041, 1046, 1047) und das Einzugsermächtigungsverfahren in der Insolvenz des Schuldners zu einem Instrument der Massemehrung umzufunktionieren (vgl. AG München ZIP 2008, 592, 596).
20
bb) Sollte die neue Rechtsprechung des IX. Zivilsenats - entgegen der hier vertretenen Ansicht - insolvenzrechtlich die zwingende Folge der Genehmigungstheorie sein, wird zur Erhaltung der Akzeptanz des besonders kostengünstigen Einzugsermächtigungsverfahrens, dem für die Abwicklung des Zahlungsverkehrs herausragende Bedeutung zukommt, auch bei Gläubigern und Banken und um dem Willen der Parteien im Valutaverhältnis Rechnung zu tragen , zu überlegen sein, ob für das Valutaverhältnis an der Genehmigungstheorie auch in Zukunft noch festgehalten werden kann. Für eine Aufgabe dieser Theorie können alsdann gewichtige Gründe sprechen:
21
(1) Das Lastschriftverfahren ist ein technisches Verfahren, durch das die bei einer Geldschuld erforderliche Bargeldhingabe durch den Schuldner ersetzt wird. Rechtliche Vorgaben für das Valutaverhältnis werden durch das Verfahren und das Lastschriftabkommen nicht gemacht. Wenn der Schuldner im Deckungsverhältnis berechtigt ist, der Kontobelastung zu widersprechen, hat das rechtlich nicht notwendigerweise Auswirkungen auf die Erfüllungsabsprache im Valutaverhältnis. Dass die Schuldnerbank ohne Weisung des Schuldners auf dessen Konto zugreift und deswegen - wenn keine Genehmigung des Schuldners erfolgt - keinen Aufwendungsersatzanspruch gegen diesen hat und die Belastungsbuchung rückgängig machen muss, hat rechtlich nichts mit der Erfüllungsabrede im Valutaverhältnis zu tun. Es handelt sich um unterschiedliche Vertragsverhältnisse und Leistungsbeziehungen, die rechtlich eigenständig zu betrachten sind (Haas aaO S. 3, 36; Nobbe/Ellenberger WM 2006, 1885, 1889; Piekenbrock KTS 2007, 179, 187; Spliedt NZI 2007, 72, 74).
22
(2) Im Valutaverhältnis ist der Parteiwille von Gläubiger und Schuldner, die die Lastschriftabrede getroffen haben, das maßgebliche Anknüpfungskriterium für die Frage, wann Erfüllung einer Schuld eingetreten ist. Kein Lastschrift- gläubiger will dem Schuldner noch bis zu viereinhalb Monaten nach der vorbehaltlosen Gutschrift des ihm zustehenden Betrages Kredit gewähren. Kein Lastschriftschuldner geht bei Mietschulden oder ähnlich termingerecht zu zahlenden Verpflichtungen davon aus, dass seine Verpflichtung trotz Belastung seines Kontos noch nach Monaten nicht erfüllt ist. Bei lebensnaher Betrachtung spricht daher vieles für einen Willen der Parteien der Lastschriftabrede, dass bei vorbehaltloser Gutschrift eine fällige und einredefreie Forderung des Gläubigers auch erfüllt sein soll (§§ 133, 157 BGB - AG München ZIP 2008, 592, 593; Bork in Festschrift für Gerhardt S. 69, 76; Jungmann WM 2007, 1633, 1638 f.; ders. ZIP 2008, 295, 297; Nobbe KTS 2007, 397, 410; Nobbe/Ellenberger WM 2006, 1885, 1888 ff.).
23
(3) Ein solches Ergebnis würde sich auch aus dem Vergleich zum Überweisungsverkehr rechtfertigen. Dort tritt Erfüllung mit der Gutschrift auf dem Gläubigerkonto ein. Dem Gläubiger sollen nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht mehr - aber auch nicht weniger - Rechte beim Lastschriftverfahren eingeräumt werden als beim Überweisungsverkehr und bei der Barzahlung (vgl. BGHZ 69, 82, 85; Senatsurteil vom 14. Februar 1989 - XI ZR 141/88, WM 1989, 520, 521; AG München ZIP 2008, 592, 595 f.).
24
(4) Die für eine Erfüllung erforderliche Leistungshandlung des Schuldners und der Leistungserfolg liegen vor. Durch die im Valutaverhältnis getroffene Lastschriftabrede wird die Zahlungsverpflichtung des Schuldners zur Holschuld (BGH, Urteil vom 7. Dezember 1983 - VIII ZR 257/82, NJW 1984, 871, 872). Der Schuldner hat das aus seiner Sicht zur Erfüllung Erforderliche somit getan, wenn er den Leistungsgegenstand zur Abholung durch den Gläubiger bereithält, d.h. im Lastschriftverfahren dafür sorgt, dass ausreichend Deckung auf seinem Konto vorhanden ist (Senat BGHZ 69, 361, 366; 162, 294, 302 f.; MünchKommBGB/Wenzel 5. Aufl. § 362 Rdn. 24; Ermann/Graf von Westphalen , BGB 12. Aufl. § 676 f. Rdn. 55). Die Einziehung ist Sache des Gläubigers (Palandt/Heinrichs, BGB 67. Aufl. § 270 Rdn. 4 m.w. Nachw.). In dem Moment, in dem der Gläubiger sich die Gutschrift auf sein Konto holt, hat er das, was er nach der Parteivereinbarung als Erfüllung haben sollte und wollte, das heißt, der Leistungserfolg ist eingetreten (AG München ZIP 2008, 592, 593; Nobbe KTS 2007, 397, 410; Nobbe/Ellenberger WM 2006, 1885, 1888), denn nach der der Lastschriftabrede zugrunde liegenden - rechtlich zulässigen (§ 364 Abs. 1 BGB) - Vereinbarung zwischen Gläubiger und Schuldner soll der Gläubiger den vorbehaltlos gutgeschriebenen Betrag endgültig behalten dürfen (vgl. Senatsbeschluss vom 23. Januar 1996 - XI ZR 75/95, WM 1996, 438, 439; BGH, Urteil vom 28. Oktober 1998 - VIII ZR 157/97, WM 1999, 11 f.). Die Widerspruchsmöglichkeit im Deckungsverhältnis ändert an dieser die Erfüllung betreffenden Vereinbarung der Parteien nichts. Dass der Schuldner die Belastungsbuchung im Deckungsverhältnis genehmigen muss, betrifft den Aufwendungsersatzanspruch der Schuldnerbank gegen den Schuldner, hat aber keinen zwingenden Einfluss auf die Erfüllungsvereinbarung im Valutaverhältnis.
25
b) Indes bedarf es einer abschließenden Entscheidung darüber, ob aus den vorgenannten Gründen unter teilweiser Aufgabe der Genehmigungstheorie von einer Erfüllung im Valutaverhältnis auszugehen ist (Erfüllungstheorie), hier nicht, da auch auf der Grundlage der Genehmigungstheorie ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte aus § 812 Abs. 1 BGB nicht besteht.
26
aa) Der Schuldnerin ist die Gutschrift der Leasingrate auf dem Konto der Beklagten auch dann als Leistung zuzurechnen, da von einer Genehmigung der Belastungsbuchung vom 20. September 2005 auszugehen ist.
27
Zwar hat die Schuldnerin die Belastungsbuchung nach den Feststellungen des Berufungsgerichts weder ausdrücklich noch konkludent (vgl. dazu Senat BGHZ 144, 349, 354; BGH, Urteil vom 25. Oktober 2007 - IX ZR 217/06, WM 2007, 2246, 2250 Tz. 34 ff., zur Veröffentlichung in BGHZ 174, 84 vorgesehen ; OLG München ZIP 2005, 2102 f.; LG Siegen ZIP 2006, 1459 f.; LG Berlin ZInsO 2007, 384, 385) genehmigt. Die Genehmigung gilt aber - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - nach Nr. 7 Abs. 3 AGB-Banken als erteilt, da die Schuldnerin und der Kläger der Belastungsbuchung nicht innerhalb der vorgesehenen Frist gegenüber der Schuldnerbank widersprochen haben.
28
(1) Diese den Vorgaben des Senats (BGHZ 144, 349, 355 f.) entsprechende Klausel, die nach den Feststellungen des Berufungsgerichts in den Girovertrag zwischen der Schuldnerbank und der Schuldnerin einbezogen war, ist wirksam. Ein Verstoß gegen § 308 Nr. 5 BGB, der auch im kaufmännischen Verkehr gilt (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB 67. Aufl. § 308 Rdn. 30 m.w. Nachw.) liegt nicht vor (OLG Karlsruhe ZIP 2007, 286, 287; OLG München ZIP 2006, 2122; Baumbach/Hopt, HGB 33. Aufl. (8) AGB-Banken Nr. 7 Rdn. 8; Casper, in: Derleder/Knops/Bamberger, Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht § 3 Rdn. 35; Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht 10. Aufl. Anh. § 310 BGB Rdn. 97; Kuder, Die Zahlstelle in der Insolvenz des Lastschriftschuldners im Einzugsermächtigungsverfahren S. 53; Peschke, Die Insolvenz des Girokontoinhabers S. 118; Schebesta, Die AGB der Volksbanken und Raiffeisenbanken, Fassung April 2002 Rdn. 267; Becher/Gößmann BKR 2002, 519, 521; Knees/Fischer ZinsO 2004, 5, 6; Nobbe/Ellenberger WM 2006, 1885, 1887; Sonnenhol WM 2002, 1259, 1263; Spliedt ZIP 2005, 1260, 1262; Toussaint EWiR 2006, 705 f.; a.A. Lachmann, Gläubigerrechte in Krise und Insolvenz Rdn. 1438; Fehl DZWIR 2004, 257, 258; Rattunde/Berner DZWIR 2003, 185, 189). Die Klausel erfasst nur Lastschriften, für die der Kontoinhaber tatsächlich eine Einzugsermächtigung erteilt hat. Die vorgesehene Frist von sechs Wochen ist angemessen und der Bankkunde wird durch den besonderen Hinweis auf die Folge seines Schweigens bei Erteilung des Rechnungsabschlusses hinreichend geschützt (vgl. Senatsurteil vom 26. Januar 1999 - XI ZR 93/98, WM 1999, 539).
29
(2) Entgegen der Ansicht der Revision ist Nr. 7 Abs. 3 AGB-Banken, wenn die Genehmigungstheorie zugrunde gelegt wird, im Valutaverhältnis zwischen der Schuldnerin und der Beklagten zu berücksichtigen, obwohl es sich um eine schuldrechtliche Vereinbarung im Deckungsverhältnis zwischen der Schuldnerin und der Schuldnerbank handelt, an der die Beklagte nicht beteiligt war. Zwar werden durch ein Schuldverhältnis grundsätzlich nur die an ihm Beteiligten berechtigt und verpflichtet. Dritte werden nicht einbezogen (Staudinger /Olzen, BGB Neubearb. 2005 § 241 Rdn. 293, 297; Palandt/Heinrichs, BGB 67. Aufl. Einl. v. § 241 Rdn. 5). Wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, gilt dies aber nicht uneingeschränkt für die Bestimmung der Leistungsverhältnisse in Fällen der Leistung kraft Anweisung. In diesen Fällen, wie etwa bei Zahlung durch Überweisung, ist für das Vorliegen einer Leistung des Anweisenden an den Anweisungsempfänger maßgeblich, ob im Verhältnis zwischen Anweisendem und Angewiesenem eine wirksame Anweisung oder jedenfalls der zurechenbare Rechtsschein einer solchen bestand (vgl. Senat BGHZ 147, 145, 149; 158, 1, 5, 7; 167, 171, 172 f. Tz. 9; Senatsurteil vom 21. Juni 2005 - XI ZR 152/04, WM 2005, 1564, 1565). Dementsprechend kann sich im Einzugsermächtigungsverfahren die zurechenbare Anweisung des Zahlungspflichtigen an die Zahlstelle nicht nur aus einer tatsächlich erklärten, sondern auch aus einer nach Nr. 7 Abs. 3 Satz 3 AGB-Banken fingierten Genehmigung ergeben (vgl. Senat BGHZ 167, 171, 176 Tz. 18).
30
(3) Der Genehmigungsfiktion nach Nr. 7 Abs. 3 Satz 3 AGB-Banken steht ferner nicht entgegen, dass der Kläger vor Ablauf der in Nr. 7 Abs. 3 Satz 1 AGB-Banken bestimmten Widerrufsfrist zum vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt bestimmt worden war.
31
(a) Zwar bedurfte die Genehmigung der Belastungsbuchung durch die Schuldnerin der Zustimmung des Klägers (§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fall 2 InsO). Die Genehmigung der Belastungsbuchung ist eine Verfügung im Sinne dieser Vorschrift, weil erst durch sie die von der Schuldnerbank als Nichtberechtigte vorgenommene und deshalb zunächst unwirksame Verfügung im Deckungsverhältnis wirksam wird (vgl. RGZ 152, 380, 383; LG Oldenburg NZI 2007, 53, 54; Ermann/Palm, BGB 12. Aufl. Einl. § 104 Rdn. 19; Palandt/ Heinrichs/Ellenberger, BGB 67. Aufl. Überbl. v. § 104 Rdn. 16; i.E. ebenso, z.T. mit anderer Begründung BGH, Urteil vom 25. Oktober 2007 - IX ZR 217/06, WM 2007, 2246, 2248 f. Tz. 19, zur Veröffentlichung in BGHZ 174, 84 ff. vorgesehen ; OLG Karlsruhe ZIP 2007, 286, 287; Dahl NZI 2005, 102; Gero Fischer, in: Festschrift für Gerhardt S. 223, 233; Michel/Birkenhauer BP 2007, 554, 556; Schröder ZinsO 2006, 1, 2; Spliedt ZIP 2005, 1260, 1262; a.A. Hadding WuB I D 2.-2.06).
32
(b) Entgegen der Ansicht der Revision bindet Nr. 7 Abs. 3 AGB-Banken auch den vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt. Will er einer - erklärten oder fingierten - Genehmigung einer Belastungsbuchung durch den Schuldner nicht zustimmen, so hat er sich wie der Schuldner selbst rechtzeitig gegenüber der Schuldnerbank zu erklären. Anderenfalls muss auch er die Genehmigungsfiktion gegen sich gelten lassen (OLG München ZIP 2006, 2122, 2123; OLG Karlsruhe ZIP 2007, 286, 287; LG Freiburg, Urteil vom 10. November 2006 - 2 O 158/06, juris Tz. 31; Kuder, Die Zahlstelle in der Insolvenz des Lastschriftschuldners im Einzugsermächtigungsverfahren S. 73; Burghardt WM 2006, 1892, 1893 Fn. 12, 1894; Fritsche DZWIR 2005, 265, 273; Jungmann WuB I D 2.-3.07; Knees/Fischer ZinsO 2004, 5, 8; Knees/Kröger ZinsO 2006, 393, 394; Michel/Birkenhauer BP 2007, 554, 556; Nobbe KTS 2007, 397, 407 f.).
33
(c) Der vom IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs vertretenen gegenteiligen Auffassung (BGH, Urteile vom 25. Oktober 2007 - IX ZR 217/06, WM 2007, 2246, 2249 Tz. 24, zur Veröffentlichung in BGHZ 174, 84 vorgesehen , und vom 29. Mai 2008 - IX ZR 42/07, WM 2008, 1327, 1328 Tz. 9; ebenso Kuleisa, in: Hamburger Kommentar zum Insolvenzrecht 2. Aufl. § 82 Rdn. 22; MünchKommInsO/Haarmeyer, 2. Aufl. § 21 Rdn. 58; Dahl NZI 2005, 102; Gero Fischer, in: Festschrift für Gerhardt S. 223, 233 f.; Ganter WM 2005, 1557, 1562 f.; Langenbucher, in: Festschrift für Mailänder S. 21, 25 Fn. 25; Ringstmeier BGHReport 2005, 270, 271; Ringstmeier/Homann NZI 2005, 492, 493; Schröder ZinsO 2006, 1, 3; ohne Differenzierung zwischen starkem und schwachem vorläufigen Insolvenzverwalter: Ernestus, in: Mohrbutter /Ringstmeier, Handbuch der Insolvenzverwaltung 8. Aufl. § 4 Rdn. 119; Rattunde /Berner DZWIR 2003, 185, 189 f.; Schmidt ZinsO 2006, 1233, 1236; Spliedt NZI 2007, 72, 78; Stritz DZWIR 2005, 18, 21; Welsch DZWIR 2006, 221, 223) vermag der Senat nicht zuzustimmen.
34
aa) Der Insolvenzverwalter, auch ein vorläufiger, tritt in die bestehende Rechtslage ein und ist grundsätzlich an die vom Schuldner getroffenen Abreden gebunden (BGHZ 44, 1, 4; 56, 228, 230 f.; 106, 169, 175; 144, 349, 351; 161, 49, 53; BGH, Urteil vom 25. Oktober 2007 - IX ZR 217/06, WM 2007, 2246, 2249 Tz. 26, zur Veröffentlichung in BGHZ 174, 84 vorgesehen). Eine Ausnah- me hiervon ergibt sich für den vorliegenden Fall weder aus Bestimmungen der Insolvenzordnung noch aus übergeordneten Zwecken des Insolvenzverfahrens. Die §§ 103 ff. InsO können nicht herangezogen werden, weil diese Vorschriften vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht anwendbar sind (BGH, Urteile vom 25. Oktober 2007, WM 2007, 2256, 2250 Tz. 28, zur Veröffentlichung in BGHZ 174, 84 vorgesehen, und vom 8. November 2007 - IX ZR 53/04, WM 2007, 2331 f. Tz. 9). Gleiches gilt für die Vorschriften über die Insolvenzanfechtung nach §§ 129 ff. InsO.
35
(bb) Die Bindung des vorläufigen Insolvenzverwalters an die Genehmigungsfiktion läuft auch nicht etwa dem Zweck des Insolvenzverfahrens, einer gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung (§ 1 Satz 1 InsO; BGHZ 154, 190, 197), zuwider (a.A. Ernestus, in: Mohrbutter/Ringstmeier, Handbuch der Insolvenzverwaltung 8. Aufl. § 4 Rdn. 119). Nr. 7 Abs. 3 AGB-Banken schließt die Erklärung des Widerspruchs bzw. die Verweigerung der Zustimmung durch den vorläufigen Insolvenzverwalter nicht aus, sondern setzt ihr nur im Interesse der Funktionsfähigkeit des Lastschriftverfahrens eine zeitliche Grenze. Seine grundsätzliche insolvenzrechtliche Kompetenz, über die Genehmigung der Belastungsbuchung zu entscheiden, wird dem vorläufigen Insolvenzverwalter damit nicht genommen.
36
Ferner ist die Genehmigung einer Lastschrift nicht zwingend nachteilig für die Insolvenzmasse: Wurde die Lastschrift - wie hier - von einem debitorisch geführten Konto eingezogen, kann es günstiger sein, die Lastschrift zu genehmigen und die Zahlung unmittelbar gegenüber dem Gläubiger anzufechten (vgl. Dahl NZI 2005, 102; Ganter WM 2005, 1557, 1561 f.; Ringstmeier BGHReport 2005, 270; siehe auch BGH, Urteil vom 25. Oktober 2007 - IX ZR 217/06, WM 2007, 2246, 2251 Tz. 39, zur Veröffentlichung in BGHZ 174, 84 vorgese- hen), weil der Widerspruch gegen die Belastungsbuchung lediglich zu deren Beseitigung, nicht aber zu einem Auszahlungsanspruch des Insolvenzverwalters führt (BGH, Beschluss vom 1. Oktober 2002 - IX ZR 125/02, WM 2002, 2408, 2409). Unter Berücksichtigung dessen hat der Kläger nach eigenen Angaben von einem Widerspruch gegenüber der Schuldnerbank abgesehen.
37
(cc) Auch der IX. Zivilsenat nimmt an, dass Nr. 7 Abs. 3 AGB-Banken im Rechtsverhältnis zwischen der Schuldnerbank und einem vorläufigen "starken" sowie dem endgültigen Insolvenzverwalter in gleicher Weise wirkt wie gegenüber dem Schuldner, solange jener uneingeschränkt verfügungsberechtigt war (BGH, Urteil vom 25. Oktober 2007 - IX ZR 217/06, WM 2007, 2246, 2249 Tz. 25, zur Veröffentlichung in BGHZ 174, 84 vorgesehen). Dann kann aber für einen vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt nichts anderes gelten. Denn seine Bestellung ist - wie die Möglichkeit der individuellen Bestimmung seiner Pflichten (und seiner Befugnisse; vgl. BGHZ 151, 353, 366) nach § 22 Abs. 2 InsO sowie die einheitliche Behandlung der Verfügungsbeschränkungen des § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 InsO in § 24 Abs. 1 InsO zeigen - nicht etwas grundlegend anderes, sondern ein "Weniger" im Vergleich zur Einsetzung eines vorläufigen Insolvenzverwalters mit Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis und darf deshalb nicht zu einer weitergehenden Rechtsfolge führen (vgl. Jaeger/Gerhardt, InsO § 21 Rdn. 14, 24; Kuder, Die Zahlstelle in der Insolvenz des Lastschriftschuldners im Einzugsermächtigungsverfahren S. 72; MünchKommInsO/Haarmeyer, 2. Aufl. § 21 Rdn. 65, § 22 Rdn. 15 f., 28; Fritsche DZWIR 2005, 265, 268 f.).
38
(dd) Bei der Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters mit Zustimmungsvorbehalt wird das Verfügungsrecht des Schuldners aufgeteilt. Das Recht des Insolvenzverwalters, auf die Wirksamkeit rechtsgeschäftlicher Verfü- gungen des Schuldners Einfluss zu nehmen, ist aus dessen bisheriger Rechtsstellung abgespalten (OLG München ZIP 2006, 2122, 2123; OLG Karlsruhe ZIP 2007, 286, 287; Nobbe KTS 2007, 397, 408). Auch der vorläufige Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt ist, wie auch der IX. Zivilsenat in seinem Urteil vom 25. Oktober 2007 (IX ZR 217/06, WM 2007, 2246, 2249 Tz. 24, zur Veröffentlichung in BGHZ 174, 84 vorgesehen) anerkennt, ohne weiteres in der Lage, die Wirksamkeit rechtsgeschäftlicher Verfügungen des Schuldners zu verhindern. Bei einer Genehmigung einer Einzugsermächtigungslastschrift durch den Schuldner geschieht dies dadurch, dass der vorläufige Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt der darin liegenden Verfügung widerspricht. In gleicher Weise kann er auch den Eintritt der Genehmigungsfiktion nach Nr. 7 Abs. 3 AGB-Banken verhindern. Nichts spricht danach dafür, den vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt im Hinblick auf Nr. 7 Abs. 3 AGBBanken anders zu behandeln als den vorläufigen "starken" Insolvenzverwalter. Dass nur letzterer in der Lage ist, aus eigenem Recht eine Einzugsermächtigungslastschrift wirksam zu genehmigen, ist ohne Belang. Im Rahmen der Nr. 7 Abs. 3 AGB-Banken kommt es nur darauf an, dass der vorläufige Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt die Genehmigungsfiktion vermeiden kann. Ebenso wie der Kläger mit Telefax vom 11. November 2006 an die Beklagte dem Einzug von Lastschriften widersprochen hat, hätte er dies auch gegenüber der Schuldnerbank tun können und müssen. Es gibt keinen vernünftigen Grund, dem endgültigen Insolvenzverwalter, der mit den vorläufigen in aller Regel personenidentisch ist, das Recht einzuräumen, nach vielen Monaten einer Lastschrift auf dem Konto des Schuldners wirksam widersprechen zu können, obwohl auch der vorläufige Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt dies hätte wirksam tun können. Ein solches Sonderprivatrecht für vorläufige Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt entbehrt jeder Grundlage.
39
(c) Eine Vorlage der Rechtsfrage an den Großen Senat für Zivilsachen gemäß § 132 Abs. 2 GVG ist nicht geboten. Die abweichende Rechtsmeinung des IX. Zivilsenats in seinen Urteilen vom 25. Oktober 2007 und 29. Mai 2008 (IX ZR 217/06, WM 2007, 2246, 2249 Tz. 24, zur Veröffentlichung in BGHZ 174, 84 vorgesehen, sowie IX ZR 42/07, WM 2008, 1327, 1328 Tz. 9) war für diese Entscheidungen nicht tragend (vgl. zu diesem Erfordernis BGHZ 55, 137, 146; 157, 350, 360). Der IX. Zivilsenat hat das Bestehen des jeweils geltend gemachten Anspruchs im Ergebnis deshalb verneint und die Revision zurückgewiesen, weil die Kläger die in Rede stehenden Belastungsbuchungen als endgültige Insolvenzverwalter konkludent bzw. ausdrücklich genehmigt hatte. Er hätte deshalb die Frage, ob Nr. 7 Abs. 3 AGB-Banken auch für den vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt gilt, nicht beantworten müssen.
40
bb) Die Leistung der Schuldnerin an die Beklagte ist auch mit Rechtsgrund erfolgt, weil hierdurch der Anspruch der Beklagten auf Zahlung der fälligen Leasingrate für Oktober 2005 aus dem Leasingvertrag erfüllt worden ist.
41
2. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis auch zutreffend einen Anspruch des Klägers aus § 143 Abs. 1 InsO verneint, weil ein Bargeschäft nach § 142 InsO vorliegt, das eine Anfechtung nach § 130 InsO ausschließt.
42
a) Unter Zugrundelegung der Erfüllungstheorie für das Valutaverhältnis liegt ein Bargeschäft im Sinne von § 142 InsO vor, weil mit vorbehaltlos gewordener Gutschrift der dem Konto der Schuldnerin am 20. September 2005 belasteten fälligen Leasingrate für Oktober 2005 erfüllt worden ist, die das angemessene Entgelt für die von der Schuldnerin gezogene Nutzung des Fahrzeugs für denselben Zeitraum darstellt.

43
aa) Entgegen der Ansicht der Revision ist die Anwendung von § 142 InsO nicht deswegen ausgeschlossen, weil Leistung und Gegenleistung von der Schuldnerin und der Beklagten nicht zeitabschnittsweise ausgetauscht worden seien. Bei einer länger dauernden Vertragsbeziehung setzt § 142 InsO voraus, dass die jeweiligen Leistungen und Gegenleistungen zeitlich oder gegenständlich teilbar sind und zeitnah - entweder in Teilen oder abschnittsweise - ausgetauscht werden (BGHZ 167, 190, 201 Tz. 34). Die Revision verkennt, dass das hier der Fall ist.
44
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt bei zeitnaher Zahlung von Miet- oder Pachtzinsen ein Bargeschäft vor (BGHZ 151, 353, 370). Gleiches gilt für die Zahlung von Leasingraten, die Miet- und Pachtzahlungen vergleichbar sind (BGHZ 71, 189, 193 f.; 151, 353, 358; BGH, Urteile vom 24. November 1993 - VIII ZR 240/92, WM 1994, 242, 243 und vom 1. März 2007 - IX ZR 81/05, WM 2007, 840 Tz. 9; Amtliche Begründung zu § 126 RegEInsO , BT-Drucks. 12/2443 S. 148; Tintelnot, in: Kübler/Prütting, InsO § 108 Rdn. 18; Goetsch, in: Breutigam/Blersch/Goetsch, Insolvenzrecht § 103 Rd. 4, 36, 50, § 108 Rdn. 13; Jaeger/Henckel, InsO § 47 Rdn. 67; Hess, Insolvenzrecht § 108 Rdn. 32 f.; MünchKommInsO/Eckert, 2. Aufl. § 108 Rdn. 28; Smid, InsO 2. Aufl. § 108 Rdn. 10). Nach Ziffer IV. 1. des Leasingvertrages waren von der Schuldnerin monatliche Raten als Gegenleistung für die Gebrauchsüberlassung des Fahrzeuges zu erbringen. Es liegt daher eine Rechtslage vor, die der bei Miet- und Pachtzahlungen vergleichbar ist.
45
bb) Bei der am 20. September 2005 abgebuchten Leasingrate handelt es sich auch um eine kongruente Befriedigung der Beklagten. Eine kongruente Deckung liegt auch dann vor, wenn eine fällige Schuld nicht bar, sondern per Überweisung, Scheck oder Lastschrift gezahlt wird (vgl. Nobbe KTS 2007, 397, 416 m.w. Nachw.). Der Anspruch der Beklagten aus dem Leasingvertrag auf Zahlung der hier in Rede stehenden Leasingrate für Oktober 2005 war am 20. September 2005 fällig, wovon beide Parteien auch in der Revisionsinstanz ausgehen. Das entspricht der Regelung in Ziffer V. 1. des Leasingvertrages. Da die Rate bei Fälligkeit mit Erfüllungswirkung eingezogen worden ist und der Beklagten auch für die tatsächlich gewährte Nutzung des Fahrzeuges zustand, liegt eine kongruente Leistung vor, die nicht angefochten werden kann.
46
b) An diesem Ergebnis ändert sich nichts, wenn man - wie das Berufungsgericht - der Entscheidung die Genehmigungstheorie zugrunde legt. Auch auf der Grundlage der Genehmigungstheorie liegt ein Bargeschäft (§ 142 InsO) vor. Im Falle der gemäß Nr. 7 Abs. 3 AGB-Banken fingierten Genehmigung der Belastungsbuchung vom 20. September 2005 ist der Leistungsaustausch bereits mit der vorbehaltlosen Gutschrift der fälligen Leasingrate erfolgt.
47
Genehmigt der Schuldner die Belastungsbuchung, ist für die Feststellung des Leistungsaustauschs im Rahmen von § 142 InsO - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - nicht der Zeitpunkt der Erteilung der Genehmigung , sondern der des Lastschrifteinzugs maßgeblich (BGH, Urteil vom 29. Mai 2008 - IX ZR 42/07, WM 2008, 1327, 1329 Tz. 15; MünchKomm /Kirchhof, InsO 2. Aufl. § 142 Rdn. 17; Obermüller, Insolvenzrecht in der Bankpraxis 7. Aufl. Rdn. 3.457; Schröder ZinsO 2006, 1, 3 f.; a.A. LG Oldenburg NZI 2007, 53, 54; Jaeger/Henckel, InsO § 142 Rdn. 16; Kuleisa, in: Hamburger Kommentar zum Insolvenzrecht 2. Aufl. § 82 Rdn. 24; Zeuner, Die Anfechtung in der Insolvenz 2. Aufl. § 2 Rdn. 53; Welsch DZWIR 2006, 221, 225). Denn im Fall der Genehmigung der Belastungsbuchung durch den Zahlungspflichtigen steht die Zahlung per Lastschrift der Barzahlung wirtschaftlich gleich.
Der Beklagten, die hier sowohl erste Inkassostelle also auch Zahlungsempfängerin war, stand der Betrag ab Einlösung der Lastschrift zur Verfügung (vgl. van Gelder, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch 3. Aufl. § 56 Rdn. 41 ff., § 58 Rdn. 14, 168; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht 3. Aufl. Rdn. 4.429, 4.463; Soergel/Häuser/Welter, BGB 12. Aufl. § 675 Rdn. 206 f.; Böhm BKR 2005, 366, 369; Rottnauer WM 1995, 272, 273), und das Vermögen der Schuldnerin als Zahlungspflichtigen ist bereits mit der Belastungsbuchung, hier also seit dem 20. September 2005, vermindert, weil die Zahlstelle wegen der nach § 184 Abs. 1 BGB auf den Zeitpunkt der Belastungsbuchung rückwirkenden Genehmigung einen Aufwendungsersatzanspruch gegen den Schuldner aus § 670 BGB erwirbt (vgl. Senat BGHZ 144, 349, 353 f.; 162, 294, 303; 167, 171, 174 Tz. 13; Senatsurteil vom 14. Februar 1989 - XI ZR 141/88, WM 1989, 520, 521; Bork, in: Festschrift für Gerhardt S. 69, 73; MünchKommBGB /Hüffer, 4. Aufl. § 783 Rdn. 62; Hadding WM 1978, 1366, 1369; Nobbe/Ellenberger WM 2006, 1885, 1886; Stritz DZWIR 2005, 18, 20). Kraft der gesetzlichen Rückwirkungsfiktion gilt die Zahlung des Schuldners nicht nur tatsächlich , sondern auch rechtlich als im Zeitpunkt des Lastschrifteinzugs als erbracht. War der Leistungsaustausch danach mit dem Lastschrifteinzug rechtsverbindlich abgeschlossen, ist folgerichtig auch im Rahmen des § 142 InsO eine Bardeckung erfolgt (BGH, Urteil vom 29. Mai 2008 - IX ZR 42/07, WM 2008, 1327, 1329 Tz. 16; Bork, in: Festschrift für Gerhardt S. 69, 73).

III.


48
Nach alledem war die Revision zurückzuweisen.
Nobbe Ellenberger Müller
Richter am Bundesgerichtshof Maihold Matthias ist wegen Urlaubs gehindert, seine Unterschriftbeizufügen. Nobbe
Vorinstanzen:
AG Köln, Entscheidung vom 16.11.2006 - 121 C 341/06 -
LG Köln, Entscheidung vom 25.04.2007 - 13 S 375/06 -

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
als Gesellschafter oder als Geschäftsführer zum Zweck der Eintragung der Gesellschaft über die Übernahme der Geschäftsanteile, die Leistung der Einlagen, die Verwendung eingezahlter Beträge, über Sondervorteile, Gründungsaufwand und Sacheinlagen,
2.
als Gesellschafter im Sachgründungsbericht,
3.
als Geschäftsführer zum Zweck der Eintragung einer Erhöhung des Stammkapitals über die Zeichnung oder Einbringung des neuen Kapitals oder über Sacheinlagen,
4.
als Geschäftsführer in der in § 57i Abs. 1 Satz 2 vorgeschriebenen Erklärung oder
5.
als Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder als Geschäftsleiter einer ausländischen juristischen Person in der nach § 8 Abs. 3 Satz 1 oder § 39 Abs. 3 Satz 1 abzugebenden Versicherung oder als Liquidator in der nach § 67 Abs. 3 Satz 1 abzugebenden Versicherung
falsche Angaben macht.

(2) Ebenso wird bestraft, wer

1.
als Geschäftsführer zum Zweck der Herabsetzung des Stammkapitals über die Befriedigung oder Sicherstellung der Gläubiger eine unwahre Versicherung abgibt oder
2.
als Geschäftsführer, Liquidator, Mitglied eines Aufsichtsrats oder ähnlichen Organs in einer öffentlichen Mitteilung die Vermögenslage der Gesellschaft unwahr darstellt oder verschleiert, wenn die Tat nicht in § 331 Nr. 1 oder Nr. 1a des Handelsgesetzbuchs mit Strafe bedroht ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 183/00 Verkündet am:
29. Januar 2001
Boppel
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BHGR: ja

a) Zu den Voraussetzungen der Anmeldung einer Anteilsübertragung gegenüber
der Gesellschaft (§ 16 GmbHG).

b) Leistet der Gesellschafter einer Vor-GmbH eine Bareinlage auf sein eigenes
Konto, das zugleich als Geschäftskonto der Gesellschaft genutzt
wird, so führt das zur Tilgung der Einlageschuld, wenn und soweit der
Geschäftsführer das Guthaben tatsächlich zur Begleichung von Gesellschaftsverbindlichkeiten
einsetzt.
BGH, Urteil vom 29. Januar 2001 - II ZR 183/00 - OLG Celle
LG Hannover
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 29. Januar 2001 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht, die
Richter Dr. Hesselberger, Dr. Kurzwelly, Kraemer und die Richterin Münke

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 19. April 2000 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger ist Verwalter in dem am 26. Juni 1995 eröffneten Konkursverfahren über das Vermögen der O. GmbH. Sie wurde durch den Alleingesellschafter M. K. mit Gesellschaftsvertrag vom 15. November 1993 gegründet und am 27. Januar 1994 im Handelsregister eingetragen. Geschäftsführerin war Ma. van Te.. Das Stammkapital betrug 50.000,-- DM; die Stammeinlage war in bar zu erbringen und sofort fällig. K. trat am 13. Juni 1994 einen Teilgeschäftsanteil von 22.500,-- DM an Th. Ku. ab. Am 16. Dezember 1994 ließ sich der Beklagte diesen Anteil sowie einen weiteren Teilgeschäftsanteil K.s in Höhe
von 3.000,-- DM abtreten, wobei für die beiden Veräußerer eine Mitarbeiterin des beurkundenden Notars als Vertreterin ohne Vertretungsmacht handelte. Der Notar wurde in beiden Verträgen mit der Einholung der Genehmigungen der Veräußerer beauftragt und bat diese unter dem 16. Dezember 1994 um Genehmigungserklärungen, die dem Beklagten am 9. und 10. Januar 1995 zugingen.
Mit der Klage verlangt der Kläger von dem Beklagten aus §§ 16 Abs. 3, 19 Abs. 1 GmbHG Zahlung der angeblich rückständigen Stammeinlagen auf die erworbenen Geschäftsanteile von 22.500,-- DM und 3.000,-- DM. Dem hält der Beklagte entgegen, K. habe die Einlageschuld durch Kontoüberweisungen vom 16. November bzw. 7. Dezember 1993 bereits erfüllt. Im übrigen seien die Anteilsübertragungen vom 16. Dezember 1994 unwirksam, weil dem Beklagten die Genehmigungen des vollmachtlosen Handelns der Mitarbeiterin des Notars durch K. und Ku. erst nach Ablauf der Frist des § 177 Abs. 2 Satz 2 BGB mitgeteilt worden sei. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat ihr - bis auf einen Teil der Zinsforderung - stattgegeben. Mit seiner - zugelassenen - Revision begehrt der Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Das Berufungsgericht (dessen Urteil in GmbHR 2000, 1099 veröffentlicht ist) meint, der Beklagte hafte für die nicht nachweislich geleisteten Stammeinlagen als bei der Gemeinschuldnerin angemeldeter Anteilserwerber gemäß § 16 Abs. 3 GmbHG trotz Unwirksamkeit der von den Veräußerern gemäß § 177 Abs. 2 Satz 2 BGB verspätet genehmigten Anteilsübertragungen. Die Haftung des bei der Gesellschaft angemeldeten Scheinerwerbers für noch offene Sozialverpflichtungen im Fall eines zunächst schwebend und dann endgültig unwirksamen Anteilserwerbs sei allerdings aus BGHZ 84, 47 ff. nicht unmittelbar zu entnehmen; auch sei diese Entscheidung im Schrifttum umstritten (vgl. Lutter/Hommelhoff, GmbHG 15. Aufl. § 16 Rdn. 14 m.w.N.), weshalb die Revision zuzulassen sei.
II. Die angefochtene Entscheidung hält - unabhängig von der von dem Berufungsgericht zur Überprüfung gestellten Rechtsfrage - revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Revision rügt zu Recht, daß schon die Annahme des Berufungsgerichts, die Anteilsübertragungen auf den Beklagten seien der Gesellschaft gegenüber im Sinne von § 16 GmbHG angemeldet worden, durch die getroffenen Feststellungen nicht getragen wird.
1. Das Berufungsgericht stützt sich insoweit im wesentlichen auf ein Schreiben der Geschäftsführerin der Gemeinschuldnerin an den Beklagten vom 8. März 1995, in dem die Geschäftsführerin unter Bezugnahme auf ”Ihre Gesellschafteranteile O. GmbH” die Abhaltung einer Gesellschafterversammlung anregt. Dieses Schreiben reicht jedoch für die Annahme einer Anmeldung des Anteilsübergangs nach Maßgabe des § 16 GmbHG nicht aus. Eine - für die Haftung gemäß § 16 Abs. 3 GmbHG in jedem Fall erforderliche - Anmeldung setzt die Kundgabe des Anteilsübergangs durch einen Gestaltungsakt des Ver-
äußerers oder des Erwerbers gegenüber der Geschäftsführung der Gesellschaft voraus; allein die Kenntnis der Geschäftsführung von der Übertragung genügt dafür nicht, weil der Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Gesellschafterwechsels gegenüber der Gesellschaft durch dessen Anmeldung bei ihr zur Disposition der Parteien des Veräußerungsvertrages steht (Sen.Urt. v. 24. Juni 1996 - II ZR 56/95, NJW-RR 1996, 1377, 1378). Aus dem Schreiben vom 8. März 1995 geht aber lediglich die Kenntnis der Geschäftsführerin von der Gesellschafterstellung des Beklagten hervor. Es ist daraus nicht ersichtlich, auf welche Weise, wann und durch welche Personen sie von den Anteilsübertragungen erfahren hat.
Zwar kann eine Anmeldung i.S.v. § 16 GmbHG auch durch konkludentes Verhalten eines Anmeldungsberechtigten erfolgen (vgl. Sen.Urt. v. 15. April 1991 - II ZR 209/90, ZIP 1991, 724 f.); so etwa, wenn der Geschäftsführer den Erwerber mit dessen zum Ausdruck gekommenen Willen als Gesellschafter behandelt (vgl. Scholz/Westermann, GmbHG 9. Aufl. § 16 Rdn. 15 m.w.N.). Die bloße Bezeichnung des Beklagten als Gesellschafter im Schreiben vom 8. März 1995 ist aber dafür nicht ausreichend; denn das läßt noch keine Schlüsse darauf zu, ob auch der Beklagte sich gegenüber der Geschäftsführerin in entsprechender Weise verhalten hat. Behandelt und anerkennt die Gesellschaft den Erwerber als neuen Gesellschafter, so macht dies zwar den Nachweis, nicht aber die Anmeldung des Anteilsübergangs (§ 16 Abs. 1 GmbHG) entbehrlich (vgl. Sen.Urt. v. 15. April 1991 aaO zu 2).
2. Soweit das Berufungsgericht zusätzlich darauf abstellt, daß der Veräußerer Ku. zur Zeit der Abtretung seines Geschäftsanteils an den Beklagten Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin gewesen und ihr deshalb durch ihn die
Veräußerung seines Geschäftsanteils bekannt geworden sei, ist darin zum einen nicht ohne weiteres eine Anmeldung i.S.v. § 16 Abs. 1 GmbHG zu sehen (Sen.Urt. v. 15. April 1991 aaO zu 2 a). Zum anderen weist die Revisionserwiderung selbst darauf hin, daß Ku. nur zeitweise Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin und ausweislich des vorliegenden Handelsregisterauszugs noch vor der Anteilsübertragung von dieser Funktion abberufen worden war.
3. Über die Feststellungen des Berufungsgerichts hinausgehenden, vorinstanzlichen Vortrag des Klägers zu der fraglichen Anmeldung der beiden Anteilsabtretungen zeigt die Revisionserwiderung nicht auf. Die Sache ist gleichwohl nicht zu Lasten des Klägers entscheidungsreif, weil die Parteien in den Vorinstanzen die Voraussetzungen einer Anmeldung i.S.v. § 16 Abs. 1 GmbHG - ebenso wie das Berufungsgericht - verkannt haben und dem Kläger daher durch die Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht Gelegenheit gegeben werden muß, dazu ergänzend vorzutragen (vgl. § 278 Abs. 3 ZPO).
Ganz oder zum Teil abweisungsreif ist die Klage auch nicht im Hinblick auf die vom Beklagten behauptete Erfüllung der Einlageschuld durch den Gesellschafter K., weil diese nach den bisherigen Feststellungen nicht bewiesen ist (vgl. unten III 2).
III. Für die weitere Verhandlung und Entscheidung weist der Senat auf folgendes hin:
1. Auf die nach Ansicht des Berufungsgerichts entscheidungsbedürftige Rechtsfrage der Anmeldungswirkung bei unwirksamer Anteilsübertragung (vgl.
oben I) kommt es im vorliegenden Fall auch dann nicht an, wenn dem Kläger der Nachweis einer Anmeldung gemäß § 16 Abs. 1 GmbHG gelingen sollte. Die beiden Anteilsübertragungen auf den Beklagten vom 16. Dezember 1994 sind gemäß § 177 Abs. 1 BGB durch den Zugang der Genehmigungserklärungen K.s und Ku.s beim Beklagten Anfang Januar 1995 wirksam geworden. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts (das sich insoweit auf OLG Köln, NJW 1995, 1499 stützt) können die Schreiben des Notars vom 16. Dezember 1994, mit denen er K. und Ku. um Genehmigung der Verträge bat, nicht als Aufforderungen des Beklagten zur Erklärung über die Genehmigung im Sinne des § 177 Abs. 2 BGB verstanden werden. Der Notar handelt im Rahmen einer übernommenen Vollzugstätigkeit im Verhältnis zu den Vertragsparteien grundsätzlich als Amtsperson. Er ist nicht Bevollmächtigter oder Treuhänder einer Partei (vgl. § 14 Abs. 1 Satz 2 BNotO; BGH, Urt. v. 21. Dezember 1959 - III ZR 180/58, LM Nr. 14 zu § 21 RNotO). Er wird deshalb regelmäßig bei Abgabe und Entgegennahme materiellrechtlicher Erklärungen nicht als Vertreter von Urkundsbeteiligten mit gegenläufigen Interessen tätig (vgl. OLG Naumburg , MittRhNotK 1994, 315 m. Nichtannahme-Beschl. d. BGH v. 27. Oktober 1994 - V ZR 264/93). Daß der Notar im vorliegenden Fall abweichend von diesem Grundsatz nicht eine eigene Handlung im Rahmen des Vertragsvollzugs vornehmen, sondern eine rechtsgeschäftliche Erklärung der einen Vertragspartei (Beklagter) im Verhältnis zur anderen (K. bzw. Ku.) abgeben wollte, kann den beiden Schreiben vom 16. Dezember 1994 nicht entnommen werden. In dem Schreiben an Ku. heißt es lediglich, dieser werde um Hereingabe der Genehmigung gebeten. Im Schreiben an K. wird die Bitte zum Ausdruck gebracht, ”wie mit Herrn C. (Beklagter) besprochen zu verfahren”. Daraus konnten die Empfänger nicht auf ein Handeln des Notars in fremden Namen und gar auf
eine Aufforderung des Beklagten zur Erklärung über die Genehmigung gemäß § 177 Abs. 2 BGB schließen (vgl. OLG Naumburg aaO).
2. Zur Frage der Erfüllung der Einlageschuld durch den Gesellschafter K. gilt folgendes:

a) Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht in dem am 16. November 1993 erfolgten Eingang von 54.285,75 DM auf einem als Geschäftskonto der Vorgesellschaft benutzten Bankkonto auf der Grundlage des bisherigen Sach- und Streitstandes zutreffend keine Erfüllung der Einlageschuld gesehen. Abgesehen davon, daß das Bankkonto nach den insoweit unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts noch auf "O. T. Inh. M. K." lautete und erst Anfang Januar 1994 auf die Gemeinschuldnerin "umgeschrieben" wurde, geht aus dem von der Revision in Bezug genommenen Parteivortrag nicht hervor, ob es sich bei der Überweisung um eine Leistung des Gesellschafters K. oder eines Dritten gehandelt hat und ob mit ihr die Einlageschuld oder eine andere Verbindlichkeit gegenüber der Gesellschaft erfüllt werden sollte. Eine Leistung auf die Einlageschuld würde (auch im Fall des § 267 BGB) eine für den Geschäftsführer erkennbare Zuordnung zu ihr voraussetzen (vgl. Sen.Urt. v. 22. Juni 1992 - II ZR 30/91, ZIP 1992, 1303, 1305). Gegen einen entsprechenden Zusammenhang mit der Einlageschuld spricht hier neben dem von ihr abweichenden Überweisungsbetrag insbesondere der Umstand, daß K. selbst drei Wochen später 30.000,-- DM mit der ausdrücklichen Zweckbestimmung "Einzahlung Stammkapital" auf das Konto überwiesen hat, also von einem Fortbestand seiner Einlagepflicht zumindest noch in dieser Höhe ausgegangen ist.

b) Im Ansatz zutreffend geht das Berufungsgericht weiter davon aus, daß K. auch mit der am 7. Dezember 1993 vorgenommenen "Einzahlung Stammkapital" in Höhe von 30.000,-- DM auf das Bankkonto, dessen Inhaber er war, seine Einlageschuld noch nicht (teilweise) erfüllt hat. Das gilt unabhängig davon, daß das Konto auch als Geschäftskonto der Gemeinschuldnerin fungierte und ihre Geschäftsführerin - neben K. - darüber verfügen konnte. Denn als Kontoinhaber war K. weiterhin verfügungsberechtigt und daher in der Lage, die 30.000,-- DM ohne Mitwirkung der Geschäftsführerin jederzeit wieder abzuziehen. Das Kontoguthaben stand sonach noch nicht endgültig zur freien Verfügung der Geschäftsführung, wie es für die Erfüllung der Einlageschuld erforderlich wäre.

c) Entgegen der Ansicht der Revision kann in der Anfang Januar 1994 erfolgten "Umschreibung" des Kontos auf die Gemeinschuldnerin nicht ohne weiteres eine Einlageleistung in Höhe des damaligen Guthabens von 30.507,38 DM gesehen werden. Denn dem Kontostand ist nicht zu entnehmen, ob und inwieweit K. die auf das Konto eingezahlten 30.000,-- DM dort belassen oder sie zu eigenen Zwecken wieder abgezogen hat. Der bei der Übertragung des Kontos verbliebene Saldo kann auch auf Zuflüssen aus der Geschäftstätigkeit der Vorgesellschaft beruhen. Ausweislich der von dem Kläger vorgelegten Kontoauszüge wurden in der Zeit zwischen dem 7. und 30. Dezember 1993 zahlreiche Zu- und Abflüsse auf dem faktisch gemeinsamen Konto verbucht.
Soweit das Berufungsgericht meint, K. habe zusammen mit dem Konto auch sein bisheriges Einzelunternehmen auf die Gemeinschuldnerin übertragen und ihr damit insgesamt eine Sacheinlage anstelle der geschuldeten Bareinlage erbracht (wie im Falle des Sen.Urt. v. 22. Juni 1992 aaO zu I), läge das
dann nahe, wenn die Vorgesellschaft das frühere Einzelunternehmen gegen Entgelt oder auch dessen Verbindlichkeiten zu übernehmen hatte (vgl. BGHZ 132, 133, 139). Feststellungen dazu fehlen.

d) Scheidet eine verdeckte Sacheinlage aus, so wäre eine (teilweise) Tilgung der Bareinlageschuld allerdings anzunehmen, wenn und soweit über das (30.000,-- DM übersteigende) Kontoguthaben nach Einzahlung der - als Bareinlage bestimmten - 30.000,-- DM tatsächlich nicht mehr K., sondern die Geschäftsführerin verfügt und es zur Begleichung von (originären) Gesellschaftsverbindlichkeiten eingesetzt hat. Das ist aber dem bisherigen Vortrag des für die Erfüllung der Einlageschuld beweispflichtigen Beklagten nicht zu entnehmen. Erforderlichenfalls wird das Berufungsgericht den Parteien insoweit Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zu geben haben. Eine etwaige Vorbelastungshaftung des Beklagten (nach den Grundsätzen in BGHZ 80, 129, 134, 333) im Fall einer Unterbilanz der Gemeinschuldnerin im Zeitpunkt ihrer Eintragung in das Handelsregister, bliebe davon unberührt.
Röhricht Hesselberger Kurzwelly
Kraemer Münke

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 12/08 Verkündet am:
22. März 2010
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
ADCOCOM

a) Die in § 3 Abs. 4 EGGmbHG angeordnete rückwirkende Anwendung von § 19 Abs. 4
GmbHG i.d.F. des Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung
von Missbräuchen (MoMiG) vom 23. Oktober 2008 (BGBl. I S. 2026) begegnet keinen
durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken.

b) Die Anrechnung des Wertes der verdeckt eingelegten Sache auf die fortbestehende Bareinlageverpflichtung
nach § 19 Abs. 4 Satz 3 GmbHG darf im Fall der verdeckten gemischten
Sacheinlage nicht zu Lasten des übrigen Gesellschaftsvermögens gehen. Daher
ist vor einer Anrechnung von dem tatsächlichen Wert der eingelegten Sache der Betrag
abzuziehen, der von der Gesellschaft aus dem Gesellschaftsvermögen über den Nominalbetrag
der Bareinlage hinaus als Gegenleistung (hier: Kaufpreis für Lizenzen) aufgewendet
worden ist.

c) Bestand oder entsteht im Zeitpunkt einer verdeckten gemischten Sachkapitalerhöhung
eine Unterbilanz oder war die Gesellschaft sogar bilanziell überschuldet, können auf den
Teil der Gegenleistung der Gesellschaft, der den Nominalbetrag der Bareinlage übersteigt
, §§ 30, 31 GmbHG Anwendung finden.
BGH, Urteil vom 22. März 2010 - II ZR 12/08 - OLG Celle
LG Hildesheim
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. März 2010 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette
und die Richter Dr. Strohn, Caliebe, Dr. Reichart und Bender

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 9. Januar 2008 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagte war die Alleingesellschafterin der damals noch unter H. GmbH firmierenden AdCoCom GmbH (künftig: Schuldnerin ). Sie beabsichtigte Anfang des Jahres 2003, ihren Geschäftsanteil im Zuge eines "management buy-out" an die Geschäftsleitung der Schuldnerin zu veräußern , die ihrerseits die Schuldnerin mit Unterstützung der W. mbH (künftig: W. ) weiterführen wollte.
2
Am 12. Februar 2003 stellte die W. verschiedene Bedingungen für eine Investition in die Schuldnerin. Am gleichen Tag fasste die Beklagte den Beschluss, 3 Millionen € in die Kapitalrücklage der Schuldnerin einzuzahlen. In einem "Letter of Intent" vom 14. Februar 2003 an die Schuldnerin, dessen Inhalt im Wesentlichen den Forderungen der W. entsprach und den sie zur Grundlage ihres weiteren Vorgehens machte, führte die Beklagte unter anderem aus: "… 3. Zum Zwecke der Übertragung des Kaufobjektes [gemeint: zur Vorbereitung der Übernahme des Geschäftsanteils an der Schuldnerin durch deren Geschäftsleitung] wird … [die Beklagte ] folgende Maßnahmen treffen: 3.1 Ablösung der Bank-Darlehen der … [Schuldnerin] bei der D. Bank und der C. bank in H. in Höhe von insgesamt Euro 2.556.459,40 durch ein von … [der Beklagten] gewährtes Gesellschaftsdarlehen; 3.2 Aufstockung des Stammkapitals der … [Schuldnerin] auf 1.000.000,00 Euro (derzeit 260.758,86 Euro) durch … [die Beklagte]; 3.3 Einzahlung von 3.000.000,00 Euro in die Kapitalrücklage durch … [die Beklagte]; 3.4 Verkauf der Rechte an den Produkten für 3.990.000,00 Euro an … [die Schuldnerin]; 3.5 Übernahme der laufenden Kosten der … [Schuldnerin] für die Monate Januar und Februar 2003 bis zu einer Höhe von 700.000,00 Euro. Die Verrechnung erfolgt auf der Grundlage des bestehenden Dienstleistungsvertrages. Der Dienstleistungsvertrag wird im gegenseitigen Einvernehmen zum 28.02.2003 beendet. Ab jenem Datum entstehen keinerlei weitere gegenseitige Verpflichtungen aus diesem Dienstleistungsvertrag. Die Zahlung erfolgt innerhalb von 14 Tagen nach Rechnungslegung; 3.6 Verkauf der Fertig- und Handelswaren, die das H. Label tragen, am 18. Februar 2003 zum Transferpreis von 1.113.092,03 Euro gemäß der Auflistung in Anlage 1. Die Zahlung erfolgt innerhalb von 14 Tagen nach Lieferung und nach Beurkundung des Kaufvertrages; 3.7 … [die Beklagte] wird unmittelbar nach Inkrafttreten des Kaufvertrages auf folgende Forderungen verzichten: • Bestehendes Gesellschaftsdarlehen: 700.000,00 Euro • Gesellschaftsdarlehen gem. Ziff. 3.1: 2.556.459,40 Euro • Bestehende Forderungen gegenüber … [der Schuldnerin]: 397.480,04 Euro • Abzüglich Verbindlichkeiten von … [der Beklagten] gegenüber … [der Schuldnerin]: (459.940,14 Euro) • TOTAL 3.193.999,30 Euro Bereits beglichene Forderungen und Verbindlichkeiten werden entsprechend verrechnet … ."
3
Am 19. Februar 2003 zahlte die Beklagte auf ein debitorisches Konto der Schuldnerin 739.241,14 € mit dem Verwendungszweck "Aufstockung Stammkapital auf 1 Mio." und weitere 3 Millionen € mit dem Verwendungszweck "Einzahlung in die Kapitalrücklage" ein. Am 20./21. Februar 2003 schlossen die Beklagte und die Schuldnerin einen Kaufvertrag über Sachen und Rechte der Beklagten (künftig: "Lizenzen") zu einem Nettokaufpreis von 3,99 Millionen €. Dieser Wert war Ende 2002 in einem Bewertungsgutachten im Auftrag der Beklagten von der P. GmbH auf der Grundlage der Reproduktionskosten ermittelt worden. Am 24. Februar 2003 fasste die Beklagte den Beschluss, das Stammkapital der Schuldnerin um 739.241,14 € auf 1 Million € zu erhöhen. Am gleichen Tag überwies die Schuldnerin der Beklagten 3,99 Millionen € mit dem Verwendungszweck "Kaufpreis Lizenzen". Das Konto der Schuldnerin schloss am 24. Februar 2003 mit einem Minus.
4
Die Beklagte erfüllte auch die übrigen im "Letter of Intent" übernommenen Verpflichtungen gegenüber der Schuldnerin und veräußerte und übertrug sodann am 4. März 2003 ihren Geschäftsanteil von 1 Million € für 1,00 € "mit Wirkung zum 1. Januar 2003" an die Geschäftsleitung der Schuldnerin. Über das Vermögen der Schuldnerin wurde auf Antrag vom 11. November 2004 am 1. Januar 2005 das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt.
5
Der Kläger hat die Beklagte auf nochmalige Leistung ihrer Einlage und auf Erstattung der in die freie Kapitalrücklage geleisteten Zahlung nach §§ 30, 31 GmbHG, hilfsweise aus dem Gesichtspunkt der Insolvenzanfechtung in Höhe von insgesamt 3.739.241,41 € in Anspruch genommen. Er hat u.a. behauptet , die Schuldnerin sei Ende 2002 überschuldet und die Lizenzen seien wertlos gewesen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision des Klägers.

Entscheidungsgründe:


6
Die Revision des Klägers hat Erfolg und führt unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
7
I. Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:
8
Eine (nochmalige) Zahlung von 739.241,14 € könne der Kläger nach den Grundsätzen der Kapitalaufbringung nicht beanspruchen, weil die gegenzurechnenden Leistungen der Beklagten zusammengenommen die Qualifikation der Einlageleistung der Beklagten als verdeckte Sacheinlage ausschlössen. Die Zahlung von weiteren 3 Millionen € sei keine Umgehung der Vorschriften über die Kapitalaufbringung und auch keine eigenkapitalersetzende Leistung der Beklagten. Ansprüche des Klägers nach §§ 30, 31 GmbHG kämen nicht in Betracht , wobei der Vortrag des Klägers zu einer Überschuldung der Schuldnerin bereits Ende 2002 nach § 531 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen sei. Ansprüche aus gesellschafterlicher Treuepflichtverletzung und aus Insolvenzanfechtung bestünden nicht.
9
II. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
10
A. Rechtsfehlerhaft ist die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte habe auf die am 24. Februar 2003 beschlossene Kapitalerhöhung die versprochene Bareinlage geleistet. Das Berufungsgericht hat verkannt, dass die Beklagte mit dem Beschluss und seiner Umsetzung in Gestalt der Einzahlung des beschlossenen Erhöhungsbetrages ihr Vorhaben verdeckt hat, unter Umgehung der Sacheinlagevorschriften die Lizenzen in die Schuldnerin einzubringen.
11
1. Eine verdeckte Sacheinlage liegt vor, wenn die gesetzlichen Regeln für Sacheinlagen dadurch unterlaufen werden, dass zwar eine Bareinlage beschlossen /vereinbart wird, die Gesellschaft aber bei wirtschaftlicher Betrachtung von dem Einleger aufgrund einer im Zusammenhang mit der Übernahme der Einlage getroffenen Verwendungsabsprache einen Sachwert erhalten soll (Senat , BGHZ 182, 103 Tz. 10 - CASH POOL II; BGHZ 180, 38 Tz. 8 - QIVIVE; BGHZ 175, 265 Tz. 10 - RHEINMÖVE; BGHZ 173, 145 Tz. 14 - LURGI I; BGHZ 170, 47 Tz 11; BGHZ 166, 8 Tz. 11 - CASH POOL I; BGHZ 155, 329, 334; Sen.Urt. v. 1. Februar 2010 - II ZR 173/08, ZIP 2010, 423 Tz. 15, z.V.b. in BGHZ - EUROBIKE; v. 11. Februar 2008 - II ZR 171/06, ZIP 2008, 643 Tz. 12).
Diese vom Senat entwickelte Definition der verdeckten Sacheinlage hat der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) vom 23. Oktober 2008 (BGBl. I S. 2026) übernommen (Senat, BGHZ 180 aaO - QIVIVE; Sen.Urt. v. 1. Februar 2010 aaO; Bormann/Urlichs in Römermann/Wachter, GmbH-Beratung nach dem MoMiG 2008 S. 37, 39; Pentz, GmbHR 2009, 505, 507 f.). Bei einer EinPersonen -Gesellschaft tritt an die Stelle der Verwendungsabsprache ein entsprechendes Vorhaben des Alleingesellschafters (Sen.Urt. v. 11. Februar 2008 - II ZR 171/06, ZIP 2008, 643 Tz. 12; Pentz in Festschrift K. Schmidt 2009, S. 1265, 1270 f.). Dass der für den eingelegten Gegenstand vereinbarte Preis den Betrag der Einlageverpflichtung wesentlich übersteigt, ändert an der Anwendung der für Sacheinlagen geltenden Regelungen auf das gesamte Rechtsgeschäft nichts, wenn eine kraft Parteivereinbarung unteilbare Leistung in Rede steht (Senat, BGHZ 175 aaO Tz. 14 - RHEINMÖVE; BGHZ 173 aaO Tz. 15 - LURGI I; BGHZ 170 aaO Tz. 17).
12
2. Gemessen daran lag hier eine verdeckte (gemischte) Sacheinlage vor.
13
a) Das Vorhaben der Beklagten im Zuge der Kapitalerhöhung war entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts auf das verdeckte Einbringen einer Sacheinlage gerichtet. Die Beklagte hat den wirtschaftlich einheitlichen Vorgang einer Sacheinbringung in zwei rechtlich getrennte Geschäfte aufgeteilt, bei denen der Gesellschaft zwar formal Bargeld als Einlage zugeführt, dieses jedoch im Zusammenhang mit einem zweiten Rechtsgeschäft gegen die Zuführung der Lizenzen zurückgewährt wurde, die ihrerseits von vornherein als Sacheinlage in die Gesellschaft eingebracht werden konnten und mussten.
14
Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats sind schuldrechtliche Absprachen zwischen dem Inferenten und der Gesellschaft über die Verwendung der Einlagemittel bei der Kapitalerhöhung unter dem Gesichtspunkt der Kapitalaufbringung zwar grundsätzlich nicht verboten, aber dann schädlich, wenn sie dazu bestimmt sind, die eingezahlten Mittel wieder an den Inferenten zurückfließen zu lassen (Senat, BGHZ 171, 113 Tz. 10; BGHZ 153, 107, 110). Die Feststellung eines schädlichen, auf einen Rückfluss gerichteten Vorhabens unterliegt zwar tatrichterlicher Würdigung (Senat, BGHZ 166, 8 Tz. 13 ff. - CASH POOL I; Sen.Urt. v. 11. Februar 2008 - II ZR 171/06, ZIP 2008, 643 Tz. 11; Sen.Beschl. v. 15. Oktober 2007 - II ZR 263/06, ZIP 2008, 1281 Tz. 4). Die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts, insbesondere seine Auffassung , die Ausführungen der Beklagten im "Letter of Intent" vom 14. Februar 2003 bzw. der enge zeitliche Zusammenhang zwischen der Leistung der Einlage und dem Kaufvertrag über die Lizenzen und der damit verbundenen Rückführung des Einlagebetrages begründeten keinen Anhaltspunkt für eine verdeckte Sacheinlage, diese sei vielmehr im Hinblick auf die "Vorgänge in ihrer aufeinander bezogenen Gesamtheit" ausgeschlossen, beruht jedoch, wie die Revision zu Recht rügt, einerseits auf einer grundlegenden Verkennung der Anforderungen der gefestigten Senatsrechtsprechung und zudem auf einer unvollständigen Würdigung des Sachvortrags des Klägers. Mit seiner Wertung hat sich das Berufungsgericht nicht nur in Widerspruch zur ständigen Rechtsprechung des Senats gesetzt, wonach schon der hier gegebene enge zeitliche Zusammenhang zwischen der Einzahlung des Einlagebetrages und dem Rückfluss des Geldes die Vermutung begründet, die (objektive) Umgehung der Sachkapitalaufbringungsregeln sei von Anfang an in Aussicht genommen worden (Senat, BGHZ 175, 265 Tz. 13 - RHEINMÖVE; BGHZ 166, 8 Tz. 13 - CASH POOL I; BGHZ 153, 107, 109). Das Berufungsgericht hat vor allem verkannt , dass darüber hinaus bereits der Inhalt des "Letter of Intent" (s. hierzu BGH, Urt. v. 2. Dezember 1999 - IX ZR 415/98, ZIP 2000, 72, 73), vor allem aber der Umstand, dass ausweislich der von der Beklagten in Auftrag gegebenen gutachterlichen Stellungnahme der P. GmbH vom 9. Dezember 2002 seitens der Beklagten zu diesem Zeitpunkt geplant war, die Lizenzen - damals im Rahmen der Veräußerung der Mehrheitsbeteiligung der Beklagten - im Wege einer Sachkapitalerhöhung in die Schuldnerin einzubringen, ein Vorhaben der Alleingesellschafterin im Sinne einer verdeckten (gemischten) Sacheinlage eindeutig belegen.
15
b) Anders, als das Berufungsgericht gemeint hat, kann die verdeckte (gemischte ) Sacheinlage und die daraus folgende Nichterfüllung der Bareinlageverpflichtung durch die Zahlung vom 19. Februar 2003 nicht wegen der weiteren im „Gesamtpaket“ versprochenen und zeitlich nach dem 24. Februar 2003 auch tatsächlich geleisteten Zahlungen der Beklagten verneint werden. Das Berufungsgericht hat dabei nicht nur das auf eine verdeckte Sacheinlage gerichtete Vorhaben mit einer nachträglichen Tilgung der Bareinlagepflicht vermischt. Die Feststellungen des Berufungsgerichts ergeben, entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung, auch nicht eine nachträgliche Erfüllung der Bareinlageverpflichtung.
16
Nach der Rechtsprechung des Senats ist zwar die nachträgliche Erfüllung der Einlageverbindlichkeit durch eine spätere Leistung möglich (Senat, BGHZ 165, 113, 117; BGHZ 165, 352, 356 ff.; Sen.Urt. v. 12. Juni 2006 - II ZR 334/04, ZIP 2006, 1633 Tz. 13). Das setzt jedoch voraus, dass spätere Zuflüsse sich objektiv eindeutig, mithin zweifelsfrei der fortbestehenden Einlageverpflichtung zuordnen lassen (Senat, BGHZ 166, 8 Tz. 24 - CASH POOL I; Sen.Beschl. v. 15. Oktober 2007 - II ZR 263/06, ZIP 2008, 1281 Tz. 6; BGHZ 165, 113, 117). Das Gegenteil ist hier der Fall. Die späteren Zahlungen der Be- klagten dienten aufgrund der mit ihnen verbundenen, vom Berufungsgericht selbst festgestellten Tilgungsbestimmungen vielmehr eindeutig und zweifelsfrei anderen Zwecken als der nachträglichen Erfüllung der Bareinlagepflicht.
17
3. Da das Berufungsgericht zu Unrecht das Vorliegen einer verdeckten (gemischten) Sacheinlage verneint hat, kommt es nicht mehr darauf an, dass das Berufungsurteil selbst bei zutreffender Ablehnung der verdeckten Sacheinlage der Aufhebung unterlegen hätte, weil das Berufungsgericht, wie die Revision zu Recht rügt, die von seinem Rechtsstandpunkt aus erforderliche Prüfung der Wirksamkeit der Einzahlung vom 19. Februar 2003 auf ein debitorisches Konto der Schuldnerin vor Fassung des Kapitalerhöhungsbeschlusses - ebenfalls - fehlerhaft unterlassen hat.
18
B. Aufgrund des Rechtsfehlers der Verkennung einer verdeckten (gemischten ) Sacheinlage unterliegt das Berufungsurteil in Höhe von 739.241,41 € der Aufhebung (§ 562 Abs. 1 ZPO); die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann nicht selbst abschließend in der Sache entscheiden, weil der Erfolg der Klage auf Zahlung der versprochenen Bareinlage nach § 19 Abs. 4 GmbHG i. d. F. des Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) vom 23. Oktober 2008 (BGBl. I S. 2026) von dem - vom Berufungsgericht nicht festgestellten - Wert der verdeckt eingebrachten Lizenzen abhängt.
19
1. Nach § 56 Abs. 2, § 19 Abs. 4 Satz 3 GmbHG, § 3 Abs. 4 EGGmbHG in der mit Inkrafttreten des MoMiG maßgeblichen Fassung ist auf die wegen Umgehung der Sacheinlagevorschriften fortbestehende Bareinlagepflicht der Beklagten (§ 19 Abs. 4 Satz 1, 3 GmbHG) der Wert der Lizenzen zu dem in § 19 Abs. 4 Satz 3 GmbHG bezeichneten Zeitpunkt anzurechnen. Die in § 3 Abs. 4 EGGmbHG angeordnete rückwirkende Anwendung des § 19 Abs. 4 GmbHG n.F. (Senat, BGHZ 179, 249 Tz. 21 - GUT BUSCHOW) bezieht sich auch auf Kapitalerhöhungen (Habersack, GWR 2010, 107, 109).
20
2. Der Senat vermag nicht die Überzeugung zu gewinnen, dass die in § 3 Abs. 4 GmbHG angeordnete rückwirkende Anwendung des § 19 Abs. 4 GmbHG gegen Artikel 14 Abs. 1 Satz 1 GG und das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot verstößt.
21
a) § 3 Abs. 4 EGGmbHG berührt den Schutzbereich des Artikels 14 Abs. 1 Satz 1 GG. Eigentum im Sinne des Artikels 14 Abs. 1 GG ist sowohl das dingliche Recht an einer Sache als auch eine Forderung (BVerfGE 112, 93, 107; 83, 201, 208 f.; 68, 193, 222). Unter den Schutz des Eigentumsgrundrechts fallen im Bereich des Privatrechts grundsätzlich alle vermögenswerten Rechte, die dem Berechtigten von der Rechtsordnung in der Weise zugeordnet sind, dass er die damit verbundenen Befugnisse nach eigenverantwortlicher Entscheidung zu seinem privaten Nutzen ausüben darf (BVerfGE 101, 239, 258; 83, 201, 209).
22
aa) In den Schutzbereich einbezogen sind damit Forderungen im Zusammenhang mit einer verdeckten Sacheinlage und das Eigentum bzw. die Inhaberschaft an dem verdeckt eingebrachten Gegenstand.
23
bb) Von § 3 Abs. 4 EGGmbHG nicht berührt wird hingegen der aufschiebend bedingte prozessuale Erstattungsanspruch (§ 91 ZPO) der auf Leistung der Bareinlage klagenden Gesellschaft im Falle der (ursprünglichen) Werthaltigkeit des verdeckt eingebrachten Gegenstands. Denn die Gesellschaft kann in solchen Fällen weiter eine ihr günstige Kostenfolge dadurch erreichen, dass sie den Rechtsstreit für erledigt erklärt (Bormann/Urlichs in Römermann/Wachter, GmbH-Beratung nach dem MoMiG, 2008, S. 37, 42; Heckschen, Das MoMiG in der notariellen Praxis Rdn. 103; Nagel/Meder, ZInsO 2009, 944, 951 f.; Pentz, GmbHR 2009, 126, 130; s. zur verfassungsrechtlichen Unbeachtlichkeit dieser "Nebenfolge" auch BVerfGE 72, 302, 327).
24
b) § 3 Abs. 4 EGGmbHG stellt keine Enteignung dar, sondern greift im Sinne einer Inhalts- und Schrankenbestimmung in das Eigentum der Gesellschaft und des Inferenten ein.
25
aa) Aus § 3 Abs. 4 EGGmbHG folgt keine Enteignung nach Artikel 14 Abs. 3 GG, sondern eine Inhalts- und Schrankenbestimmung nach Artikel 14 Abs. 1 Satz 2 GG. Enteignung ist der staatliche Zugriff auf das Eigentum des Einzelnen. Ihrem Zweck nach ist sie auf die vollständige oder partielle Entziehung konkreter subjektiver, durch Artikel 14 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleisteter Rechtspositionen zur Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben gerichtet (BVerfGE 101, 239, 259; 79, 174, 191, 52, 1, 27; Badenhop, ZInsO 2009, 793, 797). Demgegenüber geht es bei der Regelung des § 3 Abs. 4 EGGmbHG um die rechtliche Korrektur von Erwerbsvorgängen mit dem Ziel, divergierende private Interessen zu einem Ausgleich zu bringen.
26
bb) Die mit § 3 Abs. 4 EGGmbHG verbundene Inhalts- und Schrankenbestimmung wirkt im Verhältnis zur Gesellschaft (1) und zum Inferenten (2).
27
(1) § 3 Abs. 4 EGGmbHG greift einerseits in die Einlageforderung der Gesellschaft ein, indem er anordnet, dass bei verdeckten Sacheinlagen, die vor dem 1. November 2008 vereinbart und durchgeführt worden sind und bei denen über die - nach altem Recht infolge Unwirksamkeit der der Einbringung zugrun- de liegenden Geschäfte bestehenden - Ansprüche noch nicht rechtskräftig entschieden oder eine wirksame Vereinbarung getroffen worden ist, der Wert der Sacheinlage auf die Einlageforderung der Gesellschaft anzurechnen ist. Das ergibt zwar nicht der Wortlaut des § 3 Abs. 4 EGGmbHG, folgt aber aus dem Umstand, dass § 3 Abs. 4 EGGmbHG auf den gesamten § 19 Abs. 4 GmbHG n.F. und damit auch auf § 19 Abs. 4 Satz 3 GmbHG Bezug nimmt (anders im Sinne einer teleologischen verfassungskonformen Reduktion Badenhop, ZInsO 2009, 793, 802; Heinze, GmbHR 2008, 1065, 1073; im Falle von Zwischenverfügungen zugunsten eines Dritten auch Pentz in Festschrift K. Schmidt 2009 S. 1265, 1284/1286).
28
Damit wird der Gesellschaft die nach altem Recht vor dem 1. November 2008 bestehende, durch Artikel 14 Abs. 1 GG geschützte Bareinlageforderung im Umfang der Werthaltigkeit der eingebrachten Sacheinlage rückwirkend entzogen , wobei dahinstehen kann, wie die von § 19 Abs. 4 GmbHG n.F. angeordnete Anrechnung dogmatisch einzuordnen ist. Zudem vernichtet § 3 Abs. 4 EGGmbHG im Umfang der Anrechnung eine aus § 20 GmbHG resultierende Zinsforderung (zur Rückwirkung des § 3 Abs. 4 EGGmbHG Goette, WPg 2008, 231, 234; Bormann/Urlichs in Römermann/Wachter, GmbH-Beratung nach dem MoMiG, 2008 S. 37, 41; Fuchs, BB 2009, 170, 173; Heckschen, Das MoMiG in der notariellen Praxis, 2009 Rdn. 100).
29
(2) § 3 Abs. 4 EGGmbHG ordnet andererseits auch die Wirksamkeit der auf die Überlassung der verdeckten Sacheinlage gerichteten Verpflichtungsund Verfügungsgeschäfte ex tunc neu. Indem er deren Wirksamkeit anordnet, greift er in bestehende Forderungen der Gesellschaft und (Eigentums-)Rechte des Inferenten aus der Rückabwicklung der nach altem Recht unwirksamen Rechtsgeschäfte ein. Nach seinem Wortlaut regelt § 3 Abs. 4 EGGmbHG zwar (nur) die Rückwirkung der gesellschaftsrechtlichen Erfüllungswirkung der Einlageleistung. Der untrennbare Zusammenhang zwischen dem Schicksal der Einlageforderung und den die verdeckte Sacheinlage betreffenden Rechtsgeschäften erfordert es aber, § 3 Abs. 4 EGGmbHG entsprechend auszulegen, weil der Gesellschafter sonst die durch Anrechnung "verbrauchte" Sacheinlage nach § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alternative, § 985 BGB herausverlangen könnte (ebenso Nagel/Meder, ZInsO 2009, 944, 946 Fn. 18). Dass der Gesetzgeber Anrechnung und Wirksamkeit der auf die verdeckte Sacheinlage bezogenen Verpflichtungs - und Erfüllungsgeschäfte parallel behandelt sehen wollte, folgt zudem aus der als vom Gesetzgeber übernommen zu behandelnden Begründung des Rechtsausschusses zu dem parallel zu § 3 Abs. 4 EGGmbHG gestalteten § 20 Abs. 7 EGAktG (BT-Drucks. 16/13098, S. 42).
30
c) Die mit § 3 Abs. 4 EGGmbHG verbundene Inhalts- und Schrankenbestimmung ist gerechtfertigt.
31
aa) Allerdings genügt zur Rechtfertigung des § 3 Abs. 4 EGGmbHG nicht allein die Behauptung, das bis zum Inkrafttreten des MoMiG geltende Recht sei unklar oder verworren gewesen. Davon ging schon der Gesetzgeber des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung und anderer handelsrechtlicher Vorschriften vom 4. Juli 1980 (BGBl. I S. 836) nicht aus (so richtig Badenhop, ZInsO 2009, 793, 796). Zwar wurde der im damaligen Regierungsentwurf enthaltene § 5 b Abs. 2 GmbHG-E, der im Wesentlichen mit § 27 Abs. 3 AktG in der bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie (ARUG) vom 30. Juli 2009 (BGBl. I S. 2479) geltenden Fassung übereinstimmte und der mit dem Hinweis begründet wurde, sein Gehalt entspreche "weitgehend […] der Auslegung, die schon das GmbH-Gesetz erfahren" habe (BT-Drucks. 8/1347, S. 30), nicht in das GmbH-Gesetz übernommen. Der Rechtsausschuss des Bundestages, auf den die Streichung zurückging, begründete dies in seiner Beschlussempfehlung und seinem Bericht aber ausdrücklich damit, er sehe "kein gesetzliches Regelungsbedürfnis, da sie [gemeint: die Neuregelungen] inhaltlich bereits weitgehend dem geltenden Recht" entsprächen (BT-Drucks. 8/3908, S. 69 f.). Auf dieses Vorverständnis des Gesetzgebers nahm der Senat in seiner Grundsatzentscheidung vom 7. Juli 2003 zur analogen Anwendung des § 27 Abs. 3 AktG a.F. im GmbH-Recht ausdrücklich Bezug (BGHZ 155, 329, 338). Die Rechtslage war vor und nach der Grundsatzentscheidung des Senats - wie vom Gesetzgeber 1980 richtig gesehen - eindeutig. Der Fall liegt damit wesentlich anders als die Sachlage bei Inkrafttreten der §§ 1 und 2 des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung beurkundungsrechtlicher Vorschriften vom 20. Februar 1980 (BGBl. I S. 157), mit dem der Gesetzgeber - vom Bundesverfassungsgericht gebilligt (BVerfGE 72, 302 ff.) - eine von großer Verunsicherung begleitete Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs korrigierte.
32
bb) Zur verfassungsrechtlichen Rechtfertigung des § 3 Abs. 4 EGGmbHG genügt auch nicht der Hinweis, die Regelung sei am - großzügigeren - Maßstab einer Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung gemessen unbedenklich (so aber Wedemann, GmbHR 2008, 1131, 1133 Fn. 14; mit diesem Ansatz sympathisierend Bormann, GmbHR 2007, 897, 900 f.; Hein/Suchan/Geeb, DStR 2008, 2289, 2296; Nagel/Meder, ZInsO 2009, 944, 949). § 3 Abs. 4 EGGmbHG unterliegt der Prüfung am Maßstab von in das Eigentumsrecht eingreifenden Gesetzen, nicht am Maßstab einer Änderung der Rechtsprechung (richtig Badenhop, ZInsO 2009, 793, 796; Felke, GmbH-StB 2009, 17, 19; Pentz, GmbHR 2009, 505, 506). Selbst dann, wenn - was nicht der Fall ist - die Prämisse zuträfe, dass die Kernaussagen über die Behandlung verdeckter Sacheinlagen im Recht der GmbH "lediglich" auf der Entscheidung des Senats vom 7. Juli 2003 (BGHZ 155, 329 ff.) beruhten, käme es doch nicht auf den geänderten Gegenstand (Rechtsprechung des Senats), sondern ausschließlich auf die diese ändernde Maßnahme an (zutreffend Badenhop, ZInsO 2009, 793, 796; Fuchs, BB 2009, 170, 174). Insoweit gilt für die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des § 3 Abs. 4 EGGmbHG derselbe Maßstab wie für § 20 Abs. 7 EGAktG, der die identischen Rückwirkungsfolgen für § 27 AktG anordnet. Im Übrigen schließen § 19 Abs. 4 GmbHG n.F. (hier in Verbindung mit § 56 Abs. 2 GmbHG), § 3 Abs. 4 EGGmbHG nicht (lediglich) eine bestimmte Interpretation fortbestehender Vorschriften durch die Rechtsprechung aus, sondern ändern rückwirkend die in § 19 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 5 GmbHG a.F. angeordnete gesetzliche Rechtsfolge in Bezug auf die Bareinlageverpflichtung (Felke, GmbH-StB 2009, 17, 19).
33
cc) § 3 Abs. 4 EGGmbHG entspricht dem Gebot eines gerechten Interessenausgleichs und damit den Kriterien einer zulässigen Inhalts- und Schrankenbestimmung sowohl im Verhältnis zur Gesellschaft als auch zum Inferenten.
34
(1) Der Inhalt und Schranken des Eigentums bestimmende Gesetzgeber genießt keine unbeschränkte Gestaltungsfreiheit (BVerfGE 101, 239, 259; 95, 64, 84). Vielmehr muss er bei der Verwirklichung seines Regelungsauftrags die Anerkennung des Privateigentums in Artikel 14 Abs. 1 Satz 1 GG beachten und sich im Einklang mit allen anderen Verfassungsnormen halten (BVerfGE 101, 239, 259; 74, 203, 214; 14, 263, 278). Er ist, wenn er von der Ermächtigung zur Inhalts- und Schrankenbestimmung Gebrauch macht, insbesondere verpflichtet, die Interessen der Beteiligten zu einem gerechten Ausgleich und in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen (BVerfGE 101, 239, 259; 95, 48, 58). Eine einseitige Bevorzugung oder Benachteiligung steht mit der verfassungsrechtlichen Vorstellung eines sozialgebundenen Privateigentums nicht in Einklang (BVerfGE 101, 239, 259; 52, 1, 29).
35
(2) Diesen Anforderungen wird die Regelung des § 3 Abs. 4 EGGmbHG gerecht. Indem § 3 Abs. 4 EGGmbHG Rechtsgeschäften Wirksamkeit verleiht, deren fehlende rechtliche Anerkennung aus der Sicht der handelnden Personen nicht ohne weiteres erkennbar war, schafft er Rechtssicherheit (so auch die Begründung zu § 20 Abs. 7 EGAktG n.F., BT-Drucks. 16/13098, S. 42). In dem Umfang, in dem wegen der Werthaltigkeit der vom Inferenten eingebrachten Sache zwar formelle, dem präventiven Gläubigerschutz dienende Vorschriften über die Sachkapitalaufbringung oder -erhöhung verletzt sind, die Gesellschaft aber den ihr versprochenen Vermögenswert zugewandt erhalten hat, musste der Gesetzgeber dem Formverstoß gegen Sachgründungs- oder Sachkapitalerhöhungsvorschriften nicht weiterhin das ihm bis dahin beigelegte Gewicht geben, sondern durfte für maßgeblich erachten, dass die Gesellschaft tatsächlich einen Vermögenswert erhalten hat. Wenn er entgegen der bisherigen Rechtslage dem präventiven Schutz weniger Bedeutung beimessen und an den Formalverstoß nicht mehr die Unwirksamkeitsfolge der der Einbringung zugrunde liegenden Geschäfte knüpfen, sondern - in Gestalt der Anrechnung - die tatsächliche Wertzuführung für entscheidend halten wollte, hat er damit seine Gestaltungsbefugnis nicht überschritten.
36
dd) § 3 Abs. 4 EGGmbHG verletzt auch nicht das im Gewährleistungsbereich des Artikels 14 Abs. 1 GG zu berücksichtigende Vertrauensschutzprinzip. Er enthält insbesondere keine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung.
37
(1) § 3 Abs. 4 EGGmbHG beinhaltet eine verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässige unechte Rückwirkung bzw. tatbestandliche Rückanknüpfung.
38
Eine unechte Rückwirkung liegt vor, wenn eine Norm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich die betroffene Rechtsposition nachträglich entwertet (BVerfGE 101, 239, 263). § 3 Abs. 4 EGGmbHG greift in gegenwärtige , noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen ein, indem er die von den Beteiligten gewollte, aber wegen der Unwirksamkeitsfolgen des alten Rechts noch nicht gelungene Kapitalaufbringung oder -erhöhung neu regelt. Bei der Bestimmung des verfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstabs (Abgrenzung unechte - echte Rückwirkung) ist dabei nicht auf die in der Vergangenheit abgeschlossenen Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäfte abzustellen , deren Wirksamkeit § 3 Abs. 4 EGGmbHG ebenso beeinflusst wie die aus ihnen resultierenden Ansprüche. Abzustellen ist vielmehr im Sinne einer Gesamtbetrachtung auf den einheitlichen Lebenssachverhalt der Kapitalaufbringung bzw. -erhöhung, der bis zur Einführung der Anrechnungslösung in den von § 3 Abs. 4 EGGmbHG erfassten Fällen wegen der fehlenden Erfüllungswirkung der einzelnen Geschäfte nicht abgeschlossen war (so auch Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG 17. Aufl. § 19 Rdn. 110; Seibt in Scholz, GmbHG 10. Aufl. § 3 EGGmbHG Rdn. 8).
39
(2) Der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung des § 3 Abs. 4 EGGmbHG als einer Regelung mit unechter Rückwirkung stehen der Grundsatz des Vertrauensschutzes und das Verhältnismäßigkeitsprinzip nicht entgegen.
40
(a) Zwar können sich aus dem Grundsatz des Vertrauensschutzes und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip Grenzen der Zulässigkeit ergeben. Diese Grenzen sind aber erst überschritten, wenn die vom Gesetzgeber angeordnete unechte Rückwirkung zur Erreichung des Gesetzeszwecks nicht geeignet oder erforderlich ist oder wenn die Bestandsinteressen der Betroffenen die Veränderungsgründe des Gesetzgebers überwiegen (BVerfGE 116, 96, 132; 101, 239, 263; 95, 64, 86). Bei Gesetzen mit unechter Rückwirkung bzw. tatbestandlicher Rückanknüpfung wird den allgemeinen Grundsätzen des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit kein genereller Vorrang vor dem jeweils verfolgten gesetzgeberischen Anliegen eingeräumt. Denn die Gewährung vollständigen Schutzes zu Gunsten des Fortbestehens der bisherigen Rechtslage würde den dem Gemeinwohl verpflichteten demokratischen Gesetzgeber in wichtigen Bereichen lähmen und den Konflikt zwischen der Verlässlichkeit der Rechtsordnung und der Notwendigkeit ihrer Änderung in nicht mehr vertretbarer Weise zu Lasten der Anpassungsfähigkeit der Rechtsordnung lösen (BVerfGE 105, 17, 40). Es muss dem Gesetzgeber möglich sein, Normen, die auch in erheblichem Umfang an in der Vergangenheit liegende Tatbestände anknüpfen, zu erlassen und durch Änderung der künftigen Rechtsfolgen dieser Tatbestände auf veränderte Gegebenheiten zu reagieren (BVerfGE 76, 256, 348).
41
(b) Die dem Gesetzgeber bei der Anordnung einer unechten Rückwirkung gezogenen Grenzen sind hier eingehalten.
42
(aa) Durch die rückwirkende Anrechnung des Wertes der verdeckt eingebrachten Sache auf die Bareinlageforderung und durch die nachträgliche Anerkennung der auf das Einbringen der Sacheinlage bezogenen Rechtsgeschäfte wird keine Vertrauensinvestition nachteilig beeinflusst.
43
In Fällen, in denen die Unwirksamkeit des schuldrechtlichen Verpflichtungs - und des dinglichen Erfüllungsgeschäfts weder von der Gesellschaft noch von dem Inferenten erkannt worden ist, wird durch die rückwirkende Anerken- nung der Rechtsgeschäfte keine Vertrauensinvestition nachteilig beeinflusst, sondern es werden die von den Beteiligten tatsächlich gewollte Rechtslage bzw. die von ihnen als bereits eingetreten bewerteten Rechtsfolgen hergestellt. Auch unter Geltung der neuen Rechtslage hätten sich die Gesellschafter und der Inferent nicht anders verhalten (siehe zu einer vergleichbaren Konstellation bzw. zu vergleichbaren Überlegungen die Entscheidung BVerfGE 72, 302 ff. zur Verfassungsmäßigkeit der rückwirkenden Heilungsvorschriften im Beurkundungsrecht ).
44
Haben hingegen die Gesellschaft und der Inferent um die Unwirksamkeit des von ihnen Gewollten gewusst, sind aber gleichwohl diesen Weg gegangen, verdienen sie erst recht keinen Vertrauensschutz. Es besteht kein schützenswertes Vertrauen in das Scheitern des Gewollten (in diesem Sinne auch Seibt aaO; Bayer aaO).
45
(bb) Die Anrechnungslösung ist auch geeignet und erforderlich, um das vom Gesetzgeber erstrebte Ziel der Rechtssicherheit im Zusammenhang mit den in der Vergangenheit streitträchtigen und zunehmend als überschießend empfundenen Rechtsfolgen einer verdeckten Sacheinlage zu erreichen. Das Bestandsinteresse des Inferenten, das Eigentum an einer verdeckt eingebrachten Sache oder die Inhaberschaft an einer verdeckt eingebrachten Forderung zu behalten, ist nach dem Grundsatz widersprüchlichen Verhaltens nicht schutzwürdig. Das Bestandsinteresse der Gesellschaft an einem ungeschmälerten Erhalt der Bareinlageforderung geht dem Interesse des Gesetzgebers an einer Vermeidung von Rechtsstreitigkeiten über die Werthaltigkeit des Gesellschaftsvermögens bei Gründung oder Kapitalerhöhung nicht vor. Das - schützenswerte - Bestandsinteresse der Gesellschaft am Erhalt ihres Vermögens ist durch die Rechtsänderung nicht berührt, da die verdeckte Leistung nur in dem Umfang angerechnet wird, in dem der Gesellschaft ursprünglich ein werthaltiger Gegenstand zugeführt wurde. Bei - ganz oder teilweise - fehlender Werthaltigkeit der eingebrachten Sache besteht ihre Bareinlageforderung - ganz oder teilweise - fort. Mehr als den Schutz des Gesamtvermögens der Gesellschaft können auch ein Insolvenzverwalter und die hinter ihm stehende Gläubigergemeinschaft nicht beanspruchen, die keinen von dem der Gesellschaft abgelösten, weiterreichenden Vertrauensschutz genießen. Ein das Bestandsinteresse der Gesellschaft überwiegendes Bestandsinteresse kommt ihnen nicht zu.
46
C. Das Berufungsurteil unterliegt weiter der Aufhebung und Zurückverweisung (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 ZPO), soweit das Berufungsgericht die Abweisung der Klage auf Zahlung von weiteren 3 Millionen € durch das Landgericht bestätigt hat. Auch insoweit ist die Sache mangels hinreichender Feststellungen des Berufungsgerichts nicht zur Endentscheidung reif.
47
1. Noch richtig ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass dem Kläger gegen die Beklagte aus dem Gesichtspunkt der Kapitalaufbringung ein Anspruch auf Zahlung eines die übernommene Bareinlagepflicht in Höhe von 739.241,41 € übersteigenden Betrages von weiteren 3 Millionen € nicht zusteht. Bei der Zahlung von 3 Millionen € handelte es sich um eine Zuzahlung der Beklagten im Sinne des § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB. Die Übernahme einer solchen Zuzahlung steht der Übernahme einer Bareinlagepflicht auch dann nicht gleich, wenn die Zuzahlung für die Einbringung einer verdeckten gemischten Sacheinlage verwendet wird, weil ansonsten die Grenze zwischen dem im Handelsregister zu verlautbarenden und deshalb im Interesse der Gesellschaftsgläubiger besonderen Schutzvorschriften unterworfenen Stammkapital und den sonstigen Leistungen der Gesellschafter verwischt würde (OLG München, ZIP 2007, 126, 129; dazu Sen.Beschl. v. 15. Oktober 2007 - II ZR 249/06, ZIP 2008, 26, 27; LG Mainz, ZIP 1986, 1323, 1328; Haberstock, NZG 2008, 220). Die Regelungen über die Kapitalaufbringung sichern das im Handelsregister verlautbarte Stammkapital. Nur im Umfang dieser Verlautbarung besteht ein schutzwürdiges Interesse der Gläubiger der Gesellschaft an einer realen Kapitalaufbringung. Das gilt, wenn - wie hier - die Leistung als eine solche im Sinne des § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB gekennzeichnet ist, unabhängig davon, auf welchen Konten der Gesellschaft diese Zuzahlungen verbucht werden.
48
2. Auch auf der Grundlage des nunmehr geltenden Rechts hat aber die - schon nach altem Recht rechtsfehlerhaft begründete - Annahme des Berufungsgerichts keinen Bestand, dem Kläger stehe gegen die Beklagte kein Anspruch aus §§ 30, 31 GmbHG auf Zahlung von weiteren 3 Millionen € zu. Vielmehr gebietet der Grundsatz des Kapitalschutzes der Gesellschaft die Anwendung der §§ 30, 31 GmbHG auf den den Nominalwert der Kapitalerhöhung übersteigenden Teil des Kaufpreises für die Lizenzen (3,99 Millionen €./. der auf die Kapitalerhöhung entfallenden 739.241,14 € = 3.250.758,86 €, davon vom Kläger eingeklagt 3 Millionen €), den die Schuldnerin über den Betrag der Einlageleistung hinaus aus ihrem übrigen Vermögen an die Beklagte ausgezahlt hat. Insofern gilt auf der Grundlage des neuen Rechts nichts anderes als bei Austauschgeschäften zwischen Gesellschaft und Gesellschafter.
49
a) Da die die Sacheinlage verdeckenden Rechtsgeschäfte nach § 19 Abs. 4 Satz 2 GmbHG nicht mehr unwirksam sind mit der Folge, dass die den Kapitalschutz der Gesellschaft - bislang - gewährleistenden Vorschriften der §§ 812, 818 BGB nicht mehr eingreifen, muss zur Vermeidung einer sonst eintretenden Schutzlücke für das Gesellschaftsvermögen auf die Anwendung der für eine ins Leben getretene GmbH selbstverständlich geltenden §§ 30, 31 GmbHG zurückgegriffen werden. Eine solche Schutzlücke besteht dann, wenn bei einer Unterbilanz oder gar bilanziellen Überschuldung der Gesellschaft das Gesellschaftsvermögen im Zusammenhang mit der verdeckten Sacheinlage - weiter - dadurch gemindert wird, dass der Wert der eingelegten Sache nicht nur die Bareinlageforderung im Wege der Anrechnung nicht deckt (s. unten III, 1), sondern auch der dafür aus dem Gesellschaftsvermögen zusätzlich erbrachten Gegenleistung (hier: 3.250.758,86 €) wertmäßig (ganz oder teilweise) nicht entspricht. In diesem Fall hat der Inferent durch die an ihn erbrachte Gegenleistung der Gesellschaft zulasten des Gesellschaftsvermögens und damit zulasten der Gesellschaftsgläubiger einen Vorteil erlangt, den er nicht mehr nach §§ 812, 818 BGB - bei Erfüllung der Voraussetzungen dieser Vorschriften - aber nach §§ 30, 31 GmbHG in das Gesellschaftsvermögen zurückerstatten muss (in diesem Sinne schon Senat, BGHZ 68, 191, 198 unter Bezugnahme auf BGHZ 60, 324, 331).
50
b) Der Prüfung eines Anspruchs des Klägers aus §§ 30, 31 GmbHG steht nicht entgegen, dass das Berufungsgericht den Vortrag des Klägers zu einer Überschuldung der Schuldnerin Ende 2002 nach § 531 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen hat.
51
aa) Auf den zu Unrecht zurückgewiesenen Vortrag kam es im Zeitpunkt der Entscheidung des Berufungsgerichts nicht an, weil auf der Grundlage des damals geltenden Rechts Ansprüche aus §§ 30, 31 GmbHG neben Ansprüchen des Klägers aus §§ 812, 818 BGB nicht in Betracht kamen (Senat, BGHZ 174, 370 Tz. 10 f.; BGHZ 173, 145 Tz. 20 - LURGI I; BGHZ 165, 113, 118).
52
bb) Unabhängig davon ist - auch - in diesem Zusammenhang die neue Rechtslage in den Blick zu nehmen. Ist - wie hier - eine während des Revisionsverfahrens eingetretene Rechtsänderung bei der Entscheidung zu berücksichtigen , sind neue Tatsachen, die aufgrund des veränderten Rechts entschei- dungserheblich geworden sind, sogar im Revisionsrechtszug zu beachten (BGH, Urt. v. 3. Dezember 2009 - III ZR 73/09, juris Tz. 12 m.w.Nachw.). Nichts anderes gilt dann aber für in der Berufungsinstanz vorgetragene Tatsachen, die erst durch die Rechtsänderung erheblich werden.
53
c) Das die Klageabweisung i.H.v. 3 Millionen € bestätigende Berufungsurteil hat keinen Bestand. In der Zahlung des den Nominalwert der Kapitalerhöhung übersteigenden Teils des Kaufpreises an die Beklagte lag, da revisionsrechtlich sowohl von einer bilanziellen Überschuldung der Schuldnerin im Zeitpunkt der Zahlung des Kaufpreises als auch von der Wertlosigkeit der Lizenzen auszugehen ist, eine Leistung, die gegen das Auszahlungsverbot des § 30 Abs. 1 GmbHG verstieß. Nach § 30 Abs. 1 GmbHG darf das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen der Gesellschaft nicht an die Gesellschafter ausgezahlt werden. Nach Sinn und Zweck der Kapitalerhaltungsregeln gilt dieses Auszahlungsverbot erst recht, wenn eine Leistung an die Gesellschafter zur bilanziellen Überschuldung führt oder eine bilanzielle Überschuldung vergrößert (Senat, BGHZ 60, 324, 331; Urt. v. 5. Februar 1990 - II ZR 114/89, ZIP 1990, 451, 453; Goette, Die GmbH 2. Aufl. § 3 Rdn. 18).
54
III. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§§ 562, 563 Abs. 1 ZPO), damit es - ggf. nach ergänzendem Sachvortrag der Parteien und Beweiserhebung - die nunmehr noch erforderlichen Feststellungen treffen kann.
55
Für die weitere Behandlung der Sache durch das Berufungsgericht weist der Senat auf Folgendes hin:
5656
1. Nach §§ 19 Abs. 4, 56 Abs. 2 GmbHG ist der Wert der verdeckt eingebrachten Sache - hier der Wert der verdeckt eingebrachten Lizenzen - auf die Forderung des Klägers gegen die Beklagte anzurechnen. Das Berufungsgericht wird zum Wert der eingebrachten Lizenzen Feststellungen zu treffen haben, die sich - jedenfalls soweit es um die Anrechnung nach § 19 Abs. 4 GmbHG geht - auf den Zeitpunkt der Anmeldung der Kapitalerhöhung zur Eintragung in das Handelsregister oder - falls später - auf den Zeitpunkt der Überlassung zu beziehen haben.
57
Sollte das Berufungsgericht nach Beweiserhebung die Überzeugung gewinnen , dass die Lizenzen zwar nicht, wie vom Kläger behauptet, wertlos sind, aber einen dem Kaufpreis entsprechenden Wert von 3,99 Millionen € nicht erreichen , wird es zu berücksichtigen haben, dass die Anrechnung nach §§ 19 Abs. 4, 56 Abs. 2 GmbHG wegen des Grundsatzes der realen Kapitalaufbringung nicht zulasten des übrigen Gesellschaftsvermögens der Schuldnerin gehen darf. Das bedeutet, dass vor einer Anrechnung von dem ermittelten tatsächlichen Wert der Lizenzen der Betrag abzuziehen ist, der von der Schuldnerin über den Nominalwert der Bareinlage hinaus als Kaufpreis für die Lizenzen entrichtet wurde, hier also der Betrag von 3.250.758,86 € (s. dazu Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG 17. Aufl. § 19 Rdn. 77; Veil in Scholz, GmbHG 10. Aufl. § 19 Nachtrag MoMiG Rdn. 33 ff., 45 ff. m.w.Nachw.; Veil/Werner, GmbHR 2009, 729, 735; Bormann/Urlichs in Römermann/Wachter, GmbHBeratung nach dem MoMiG, 2008 S. 37, 40; Bormann/Kauka/Ockelmann, Handbuch GmbH-Recht Kap. 4 Rdn. 217 ff.; a.A. Hueck/Fastrich in Baumbach/Hueck, GmbHG 19. Aufl. 2010 § 19 Rdn. 56). Eine Anrechnung auf die Bareinlageforderung findet erst dann statt, wenn und soweit die Lizenzen einen höheren Wert haben als den die Bareinlageforderung übersteigenden Kaufpreisanteil, hier also den Betrag von 3.250.758,86 €.

58
2. Bei der Prüfung von Ansprüchen des Klägers nach §§ 30, 31 GmbHG wird das Berufungsgericht zu beachten haben, dass als verbotene Auszahlung im Sinne von § 30 Abs. 1 GmbHG lediglich der den Nominalwert der Kapitalerhöhung übersteigende Teil des Kaufpreises für die Lizenzen von 3.250.758,86 € in Betracht kommt. Der von der Beklagten im Vorgriff auf die verdeckte Sachkapitalerhöhung an die Schuldnerin geleistete Betrag von 739.241,14 € hat insoweit außer Betracht zu bleiben. Würde man dies anders sehen, müsste der Inferent - die übrigen Voraussetzungen der §§ 30, 31 GmbHG insoweit als erfüllt unterstellt - die Einlageforderung im Ergebnis zweimal leisten. Dieses der früheren Rechtslage wirtschaftlich entsprechende, als unbefriedigend und überschießend empfundene Ergebnis wollte der Gesetzgeber durch die Neufassung des § 19 Abs. 4 GmbHG gerade beseitigen. Ansprüche nach §§ 30, 31 GmbHG kommen deshalb nur insoweit in Betracht, als der Kläger weitere 3 Millionen € geltend macht.
59
Ob und in welchem Umfang der Kläger die Beklagte aus §§ 30, 31 GmbHG auf Zahlung in Anspruch nehmen kann, hängt einerseits von dem vom Berufungsgericht zu ermittelnden Wert der Lizenzen und andererseits von dem vom Berufungsgericht aufzuklärenden Ausmaß einer durch die Auszahlung verursachten oder vertieften bilanziellen Überschuldung der Schuldnerin ab.
60
a) Sollte das Berufungsgericht einen Wert der Lizenzen in Höhe von 3,99 Millionen € ermitteln, scheiden Ansprüche des Klägers aus §§ 30, 31 GmbHG aus, weil dann - bezogen auf die unter dem Gesichtspunkt der Kapitalerhaltung potentiell schädliche Teilauszahlung in Höhe von 3.250.758,86 € - lediglich ein bilanzneutraler Aktiventausch vorgelegen hat (Senat, BGHZ 179, 71 Tz. 12 - MPS). Nichts anderes gilt, wenn das Berufungsgericht einen Wert von weniger als 3,99 Mio. €, aber mehr als 3.250.758,86 € feststellt. Dann besteht in Höhe der Differenz der Bareinlageanspruch fort. Für einen Ausgleich nach §§ 30, 31 GmbHG besteht insoweit kein Bedürfnis.
61
Sollte das Berufungsgericht einen Wert der Lizenzen ermitteln, der den unter dem Gesichtspunkt der Kapitalerhaltung potentiell schädlichen Kaufpreisanteil von 3.250.758,86 € unterschreitet, wird es - den Nachweis der sonstigen Voraussetzungen der §§ 30, 31 GmbHG als geführt unterstellt - aufgrund der bei Austauschgeschäften grundsätzlich - auch im Umfang der nur teilweisen Wertäquivalenz - gebotenen bilanziellen Betrachtungsweise (in diese Richtung bereits Sen.Urt. v. 15. Juni 1992 - II ZR 88/91, ZIP 1992, 1152, 1154; Goette, Die GmbH 2. Aufl. § 3 Rdn. 31; K. Schmidt, GesR 4. Aufl. § 37 III 2 c a.E. S. 1139 f.; Westermann in Scholz, GmbHG 10. Aufl. § 31 Rdn. 2; anders Roth/Altmeppen, GmbHG 6. Aufl. § 30 Rdn. 84 mit § 31 Rdn. 10) den ermittelten tatsächlichen Wert der Lizenzen von dem Betrag i.H.v. 3.250.758,86 € abzuziehen haben. Nur in Höhe dieser Differenz kann eine schädliche Auszahlung im Sinne von § 30 Abs. 1 GmbHG vorliegen.
62
b) In jedem Fall kann der Kläger von der Beklagten nach §§ 30, 31 GmbHG nicht mehr verlangen als die Beseitigung der bilanziellen Überschuldung zuzüglich eines dem verlautbarten Stammkapital nach dem Stand vor der Kapitalerhöhung entsprechenden Betrages.

63
3. Sollte das Berufungsgericht Ansprüche des Klägers aus Kapitalaufbringung bzw. Kapitalerhaltung erneut verneinen, wird es aufgrund der ergänzend getroffenen Feststellungen die Berechtigung der Klageforderung erneut unter dem vom Kläger weiter geltend gemachten Gesichtspunkt der Insolvenzanfechtung zu prüfen haben.
Goette Strohn Caliebe
Reichart Bender

Vorinstanzen:
LG Hildesheim, Entscheidung vom 29.05.2007 - 10 O 130/06 -
OLG Celle, Entscheidung vom 09.01.2008 - 9 U 117/07 -

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
als Gesellschafter oder als Geschäftsführer zum Zweck der Eintragung der Gesellschaft über die Übernahme der Geschäftsanteile, die Leistung der Einlagen, die Verwendung eingezahlter Beträge, über Sondervorteile, Gründungsaufwand und Sacheinlagen,
2.
als Gesellschafter im Sachgründungsbericht,
3.
als Geschäftsführer zum Zweck der Eintragung einer Erhöhung des Stammkapitals über die Zeichnung oder Einbringung des neuen Kapitals oder über Sacheinlagen,
4.
als Geschäftsführer in der in § 57i Abs. 1 Satz 2 vorgeschriebenen Erklärung oder
5.
als Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder als Geschäftsleiter einer ausländischen juristischen Person in der nach § 8 Abs. 3 Satz 1 oder § 39 Abs. 3 Satz 1 abzugebenden Versicherung oder als Liquidator in der nach § 67 Abs. 3 Satz 1 abzugebenden Versicherung
falsche Angaben macht.

(2) Ebenso wird bestraft, wer

1.
als Geschäftsführer zum Zweck der Herabsetzung des Stammkapitals über die Befriedigung oder Sicherstellung der Gläubiger eine unwahre Versicherung abgibt oder
2.
als Geschäftsführer, Liquidator, Mitglied eines Aufsichtsrats oder ähnlichen Organs in einer öffentlichen Mitteilung die Vermögenslage der Gesellschaft unwahr darstellt oder verschleiert, wenn die Tat nicht in § 331 Nr. 1 oder Nr. 1a des Handelsgesetzbuchs mit Strafe bedroht ist.

(1) Wer in Kenntnis seiner Zahlungsunfähigkeit einem Gläubiger eine Sicherheit oder Befriedigung gewährt, die dieser nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hat, und ihn dadurch absichtlich oder wissentlich vor den übrigen Gläubigern begünstigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) § 283 Abs. 6 gilt entsprechend.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer bei Überschuldung oder bei drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit

1.
Bestandteile seines Vermögens, die im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Insolvenzmasse gehören, beiseite schafft oder verheimlicht oder in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise zerstört, beschädigt oder unbrauchbar macht,
2.
in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise Verlust- oder Spekulationsgeschäfte oder Differenzgeschäfte mit Waren oder Wertpapieren eingeht oder durch unwirtschaftliche Ausgaben, Spiel oder Wette übermäßige Beträge verbraucht oder schuldig wird,
3.
Waren oder Wertpapiere auf Kredit beschafft und sie oder die aus diesen Waren hergestellten Sachen erheblich unter ihrem Wert in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise veräußert oder sonst abgibt,
4.
Rechte anderer vortäuscht oder erdichtete Rechte anerkennt,
5.
Handelsbücher, zu deren Führung er gesetzlich verpflichtet ist, zu führen unterläßt oder so führt oder verändert, daß die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird,
6.
Handelsbücher oder sonstige Unterlagen, zu deren Aufbewahrung ein Kaufmann nach Handelsrecht verpflichtet ist, vor Ablauf der für Buchführungspflichtige bestehenden Aufbewahrungsfristen beiseite schafft, verheimlicht, zerstört oder beschädigt und dadurch die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert,
7.
entgegen dem Handelsrecht
a)
Bilanzen so aufstellt, daß die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird, oder
b)
es unterläßt, die Bilanz seines Vermögens oder das Inventar in der vorgeschriebenen Zeit aufzustellen, oder
8.
in einer anderen, den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft grob widersprechenden Weise seinen Vermögensstand verringert oder seine wirklichen geschäftlichen Verhältnisse verheimlicht oder verschleiert.

(2) Ebenso wird bestraft, wer durch eine der in Absatz 1 bezeichneten Handlungen seine Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit herbeiführt.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Wer in den Fällen

1.
des Absatzes 1 die Überschuldung oder die drohende oder eingetretene Zahlungsunfähigkeit fahrlässig nicht kennt oder
2.
des Absatzes 2 die Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit leichtfertig verursacht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(5) Wer in den Fällen

1.
des Absatzes 1 Nr. 2, 5 oder 7 fahrlässig handelt und die Überschuldung oder die drohende oder eingetretene Zahlungsunfähigkeit wenigstens fahrlässig nicht kennt oder
2.
des Absatzes 2 in Verbindung mit Absatz 1 Nr. 2, 5 oder 7 fahrlässig handelt und die Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit wenigstens leichtfertig verursacht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(6) Die Tat ist nur dann strafbar, wenn der Täter seine Zahlungen eingestellt hat oder über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist.

(1) Wer in Kenntnis seiner Zahlungsunfähigkeit einem Gläubiger eine Sicherheit oder Befriedigung gewährt, die dieser nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hat, und ihn dadurch absichtlich oder wissentlich vor den übrigen Gläubigern begünstigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) § 283 Abs. 6 gilt entsprechend.

Wer vor einer zur Abnahme einer Versicherung an Eides Statt zuständigen Behörde eine solche Versicherung falsch abgibt oder unter Berufung auf eine solche Versicherung falsch aussagt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.