Bundesgerichtshof Urteil, 20. März 2012 - 1 StR 447/11

bei uns veröffentlicht am20.03.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 447/11
vom
20. März 2012
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen sexueller Nötigung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
20. März 2012, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Dr. Graf,
Prof. Dr. Jäger,
Prof. Dr. Sander,
Richter am Landgericht
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwältin
als Verteidigerin des Angeklagten F. ,
Rechtsanwältin
als Verteidigerin des Angeklagten K. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Landshut vom 3. Mai 2011 mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen sexueller Nötigung in Tatmehrheit mit acht Fällen der (gemeinschaftlichen) Nötigung schuldig gesprochen , den Angeklagten K. darüber hinaus in allen neun Fällen in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung. Gegen den Angeklagten F. hat es wegen dieser neun Taten eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten, gegen den Angeklagten K. eine solche von drei Jahren verhängt. Mit ihren zu Ungunsten der Angeklagten eingelegten und auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revisionen erstrebt die Staatsanwaltschaft die Aufhebung des Urteils. Die vom Generalbundesanwalt weitgehend vertretenen Revisionen haben bereits mit der Sachrüge Erfolg. Auf die erhobenen Verfahrensrügen kommt es nicht mehr an.

I.

2
1. Zum Tatgeschehen hat das Landgericht Folgendes festgestellt:
3
In der Zeit vom 28. September bis 7. Oktober 2010 waren die Angeklagten und der Geschädigte als Strafgefangene in der Justizvollzugsanstalt Landshut in nebeneinander liegenden Zellen untergebracht.
4
In diesem Zeitraum schlug der Angeklagte K. dem Geschädigten an neun verschiedenen Tagen während der mittäglichen „Aufschlusszeit“ entweder in der Zelle des Angeklagten F. oder der Zelle des Geschädigten W. jeweils mehrmals mit der flachen Hand kräftig auf Nacken bzw. Hinterkopf und fügte ihm dadurch bewusst und gewollt Schmerzen zu. Die Schläge gingen jeweils allein vom Angeklagten K. aus, der damit zugleich seiner Forderung Nachdruck verlieh, dass der Geschädigte sich an dem Geschlechtsteil des Angeklagten F. „zu schaffen machen“ sollte. Der hierdurch eingeschüchterte Geschädigte kam jeweils gegen seinen Willen dieser Forderung nach und fasste den Angeklagten F. im Genitalbereich an.
5
In acht der Fälle berührte der Geschädigte dabei den Genitalbereich des Angeklagten F. über dessen Hose. Lediglich in einem Fall hatte der Angeklagte F. zuvor seine Hose heruntergelassen und stand mit entblößtem Geschlechtsteil vor dem Geschädigten, sodass dieser mit zwei Fingern das nackte, nicht erigierte Glied des Angeklagten F. anfassen musste. In keinem der Fälle konnte das Landgericht die Dauer und Intensität der Berührung aufklären. Es ging deshalb zugunsten der Angeklagten jeweils von einer sehr kurz andauernden und ohne große Intensität vorgenommenen Berührung aus.
6
Der Angeklagte F. hatte die von dem Angeklagten K. ausgeführten Schläge zwar jeweils nicht veranlasst, war aber „ohne weiteres“ damit einverstanden, dass ihm der Geschädigte, wie von K. verlangt, an das Geschlechtsteil fasste. Er stellte sich bei jedem dieser Fälle freiwillig zur Verfügung, weil er Spaß daran hatte und weil ihm diese Berührungen - auch wegen seiner homoerotischen Veranlagung - nicht unangenehm waren.
7
2. Der Angeklagte K. hat die Tatvorwürfe bestritten, der Angeklagte F. wie festgestellt gestanden. Zwar hatte der Geschädigte die Ange- klagten „in einem größeren Umfang“ belastet (UA S. 27).Im Hinblick auf den „ambivalenten Eindruck“ (UA S. 36) des Geschädigten in der Hauptverhandlung sowie eine auch zum Kerngeschehen „nicht völlig“ konstante Aussage (UA S. 29), bei der der Geschädigte auch unterschiedliche Angaben dazu machte, wie oft er die Berührungen am nackten bzw. bekleideten Geschlechtsteil ausführen musste, hat das Landgericht die Tatvorwürfe lediglich in dem Umfang als erwiesen erachtet, in dem sie auch vom Geständnis des Angeklagten F. getragen wurden. Im Übrigen hat es die Angeklagten nach dem Zweifelssatz aus tatsächlichen Gründen nicht verurteilt.
8
3. Das Landgericht hat die Schläge des Angeklagten K. dem Angeklagten F. nicht zugerechnet, weil er sich an diesen Schlägen nicht beteiligt habe. Es hat daher den Angeklagten F. nicht wegen Körperverletzung verurteilt. Demgegenüber hat das Landgericht dem Angeklagten F. die „willensbeugende Gewalt“ der Schläge zugerechnet, weil er sich an der Nö- tigungshandlung dadurch beteiligt habe, dass er sein Geschlechtsteil zu den Berührungen dargeboten habe. Sein Tatbeitrag sei auch erheblich gewesen, denn die von dem Geschädigten verlangte Handlung habe jeweils nur ausgeführt werden können, weil sich der Angeklagte F. hierfür zur Verfügung stellte (UA S. 46).
9
Von einer sexuellen Handlung ist das Landgericht nur in dem Fall ausgegangen , in dem der Geschädigte an das nackte Geschlechtsteil des Angeklagten F. fassen musste. Bei den übrigen Fällen hat das Landgericht ange- sichts der „relativ kurzfristigen Berührungen“ am Geschlechtsteilüber der Kleidung die für die Annahme einer sexuellen Handlung gemäß § 184g Nr. 1 StGB erforderliche Erheblichkeit verneint.

II.

10
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft haben mit der Sachrüge Erfolg.
11
Die Wertung des Landgerichts, die Angeklagten hätten bei den Taten der Körperverletzung nicht gemeinschaftlich gehandelt und seien deshalb nicht wegen gefährlicher Körperverletzung (§ 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB) strafbar, beruht auf lückenhaften Feststellungen und kann daher keinen Bestand haben. Es fehlt an ausreichenden Feststellungen zur Frage, ob ein gemeinsamer Tatentschluss der Angeklagten vorlag oder ob der Angeklagte F. bei Verabreichung der Schläge durch den Angeklagten K. zumindest Gehilfenvorsatz hatte.
12
1. Allerdings ist das Landgericht im Ansatz zutreffend davon ausgegangen , dass allein die Anwesenheit einer zweiten Person, die sich passiv verhält, für die Annahme einer gemeinschaftlichen Begehung im Sinne von § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB nicht ausreicht. Denn gemeinschaftliches Handeln bedeutet ein einverständliches Zusammenwirken, bei dem sich die abstrakte Gefährlichkeit des Tuns dadurch erhöht, dass zwei Angreifer mehr bewerkstelligen können als nur einer (vgl. Hardtung in MüKo-StGB, 1. Aufl., § 224 Rn. 25 f. mwN). Andererseits kann auch derjenige diesen Qualifikationstatbestand verwirklichen, der weder eigenhändig Verletzungshandlungen vornimmt, noch überhaupt Mittäter ist. Ausreichend ist bereits das gemeinsame Wirken eines Täters und eines Gehilfen bei der Begehung einer Körperverletzung (vgl. BGH, Urteil vom 3. September 2002 - 5 StR 210/02, BGHSt 47, 384, 386; Fischer, StGB, 59. Aufl., § 224 Rn. 11 mwN). Ein solches liegt schon dann vor, wenn die zweite Person - auch vom Opfer wahrgenommen - unterstützungsbereit am Tatort anwesend ist (vgl. Hardtung aaO Rn. 26).
13
2. Diesen Grundsätzen wird das landgerichtliche Urteil nicht gerecht. Denn das Landgericht stellt ausschließlich darauf ab, dass der Angeklagte K. die Schläge allein auf seine „eigene Veranlassung“ hin ausgeführt hat (UA S. 22) und der Angeklagte F. sich weder an diesen Schlägen beteiligt noch diese unterstützt hat (UA S. 46). Feststellungen dazu, ob der Angeklagte F. dabei rein passiv blieb oder Unterstützungsbereitschaft erkennen ließ, fehlen dagegen.
14
Solcher Feststellungen hätte es aber bedurft, denn die am Geschädigten W. jeweils verübte Körperverletzung war keine vom weiteren Tatgeschehen losgelöste, eigenständige Tat, sondern das von beiden Angeklagten gewollte Nötigungsmittel für eine erzwungene sexualbezogene Handlung W. s an F. . Insoweit hat das Landgericht den Angeklagten in allen neun Fällen auch wegen „gemeinschaftlicher Nötigung“, alsowegen Tatbegehung in Mittäterschaft, verurteilt.
15
Nach den Feststellungen berührte W. jeweils nur deswegen das Geschlechtsteil F. s, weil K. seiner Forderung, dies zu tun, mit kräftigen Schlägen auf Nacken bzw. Hinterkopf W. s Nachdruck verliehen hatte. Dies war auch F. bewusst, der den Nötigungserfolg der Berührung seines Geschlechtsteils selbst wollte, „weil er Spaß daran hatte und ihm die Berührungen nicht unangenehm waren“.F. förderte aktiv die Tat, indem er sich als „Objekt“ der erzwungenen Handlung zur Verfügung stellte.
16
Angesichts seines Interesses an den durch die Schläge abgenötigten sexualbezogenen Handlungen lag nahe, dass F. auch hinsichtlich der Schläge als Nötigungsmittel unterstützungsbereit war. Feststellungen hierzu waren daher unerlässlich. Dies gilt umso mehr, als es sich nicht um eine einzelne Tat handelte, sondern um ein sich innerhalb von zehn Tagen neunmal in gleicher Weise wiederholendes Tatgeschehen, bei dem es deshalb - jedenfalls bei den weiteren Taten - fernliegt, dass der Angeklagten F. vom Einschlagen des Angeklagten K. auf den Geschädigten W. überrascht wurde und nicht als „zweiter Angreifer“ wahrgenommen werden wollte.
17
Nach alledem ist die Annahme, die Verletzungshandlungen seien dem Angeklagten F. nicht im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB, wohl aber als gemeinschaftlich begangene Nötigungshandlungen zuzurechnen, auch in sich widersprüchlich.
18
Der Senat hebt nicht nur den Schuld- und Strafausspruch, sondern zugleich alle Feststellungen auf, um dem neuen Tatgericht zu ermöglichen, insgesamt widerspruchsfreie Feststellungen zum gesamten Tatgeschehen zu treffen.

III.

19
Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
20
1. Sollte auf der Grundlage der neu zu treffenden Feststellungen zum Tatgeschehen das vom Geschädigten W. abgenötigte Verhalten als sexuelle Handlung im Sinne von § 184g Nr. 1 StGB einzustufen sein, kann auch eine Verurteilung der Angeklagten wegen sexueller Nötigung (§ 177 Abs. 1 StGB) oder wegen Nötigung in einem besonders schweren Fall gemäß § 240 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 StGB (Nötigung zu einer sexuellen Handlung) in Betracht kommen.
21
Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn das neue Tatgericht wiederum zu denselben Feststellungen zu Art und Intensität des abgenötigten Verhaltens gelangt. Denn solche Feststellungen legen - entgegen der Auffassung des Landgerichts - das Vorliegen sexueller Handlungen im Sinne von § 184g Nr. 1 StGB nahe.
22
Das Landgericht hatte angenommen, dass kurze oder flüchtige Berührungen an einem Geschlechtsorgan für das Erreichen der Erheblichkeitsschwelle einer sexuellen Handlung grundsätzlich nicht ausreichend sind, wenn diese Berührungen über der Kleidung erfolgen (UA S. 47). Dies trifft hier indes nicht zu.
23
Zwar sind nach § 184g Nr. 1 StGB sexuelle Handlungen nur solche, die im Hinblick auf das geschützte Rechtsgut von einiger Erheblichkeit sind. Auch kurze Berührungen über der Kleidung können aber diese Erheblichkeitsschwelle überschreiten.
24
Die Beurteilung einer Handlung als erheblich im Sinne des § 184g Nr. 1 StGB hängt in erster Linie von Art, Intensität und Dauer ihres sexualbezogenen Teils ab. Von wesentlicher Bedeutung sind aber auch der Handlungsrahmen, in dem der unmittelbar sexualbezogene Akt begangen wird, und die Beziehung der Beteiligten untereinander. Denn auch sie können dem sexuellen Zugriff im engeren Sinne mehr oder weniger Gewicht verschaffen. Ob die Erheblichkeitsschwelle überschritten wurde, bestimmt sich somit nach dem Grad der Gefährlichkeit der Handlung für das jeweils betroffene Rechtsgut; lediglich unter diesem Gesichtspunkt belanglose Handlungen scheiden aus (BGH, Urteil vom 3. April 1991 - 2 StR 582/90, BGHR StGB § 184c Nr. 1 Erheblichkeit 4 mwN; BGH, Urteil vom 6. Mai 1992 - 2 StR 490/91, NStZ 1992, 432; BGH, Beschluss vom 8. September 1999 - 3 StR 357/99, StV 2000, 197).
25
Ausgehend von diesen Maßstäben ist zwar bei Berührungen des Täters am Opfer die Erheblichkeitsschwelle des § 184g Nr. 1 StGB nicht ohne weiteres erreicht, wenn es sich um kurze Griffe über der Kleidung an Brust oder Gesäß handelt (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Juli 1983 - 3 StR 255/83, NStZ 1983, 553). Auch ist eine sexuell getönte Handlung gegenüber einem Kind eher erheblich als gegenüber einem Erwachsenen (BGH, Urteil vom 14. August 2007 - 1 StR 201/07, NStZ 2007, 700). In allen Fällen - auch solchen, in denen nicht eine am Opfer vorgenommene Handlung, sondern eine vom Opfer am Täter oder einem Dritten vorgenommene Handlung inmitten steht - kann aber nicht allein auf die Dauer und Stärke der sexualbezogenen Handlung abgestellt werden. Vielmehr bedarf es einer Gesamtbewertung der Umstände unter Berücksichtigung des Handlungsrahmens und der sonstigen Begleitumstände, in dem der unmittelbar sexualbezogene Akt begangen wird (vgl. dazu BGH, Urteil vom 3. April 1991 - 2 StR 582/90, BGHR StGB § 184c Nr. 1 StGB Erheblichkeit 4 mwN).
26
Dieser Handlungsrahmen ist hier nicht zuletzt durch eine über die vorangehende Gewaltanwendung und das dadurch geschaffene „Nötigungsszenario“ sogar hinausgehende Ausweglosigkeit für das Opfer geprägt. Jedenfalls bei einer derart erzwungenen Vornahme einer sexualbezogenen Handlung an einem anderen entfällt die Erheblichkeit der Handlung im Sinne von § 184g Nr. 1 StGB nicht schon deswegen, weil die Berührung nicht kräftig und nachhaltig war (vgl. auch BGH, Beschluss vom 30. Januar 2001 - 4 StR 569/00, BGH NStZ 2001, 370; Laufhütte/Roggenbuck in LK-StGB, 12. Aufl., § 184g Rn. 10 und Fn. 15 mwN).
27
2. Der neue Tatrichter wird wiederum Gelegenheit haben, beim Angeklagten F. wegen eines Täter-Opfer-Ausgleiches mit dem Geschädigten W. eine Strafrahmenverschiebung gemäß § 46a Nr. 1 StGB zu prüfen.

IV.

28
Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten, die eine Aufhebung des Urteils zu deren Gunsten bedingen würden (§ 301 StPO), liegen nicht vor. Nack Wahl Graf Jäger Sander

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1.
in der Nähe einer Schule oder anderen Örtlichkeit, die zum Besuch durch Personen unter achtzehn Jahren bestimmt ist, oder
2.
in einem Haus, in dem Personen unter achtzehn Jahren wohnen,
in einer Weise nachgeht, die diese Personen sittlich gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Wer die Körperverletzung

1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls,
4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

Nachschlagewerk: ja
BGHSt : ja
Veröffentlichung: ja
Das Zusammenwirken des Täters einer Körperverletzung mit einem
Gehilfen kann zur Erfüllung des Qualifikationstatbestandes der
"mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich" begangenen
Körperverletzung (§ 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB) ausreichen.
Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn der am Tatort anwesende
Gehilfe die Wirkung der Körperverletzungshandlung des Täters
bewußt in einer Weise verstärkt, welche die Lage des Verletzten
zu verschlechtern geeignet ist.
BGH, Urt. v. 3. September 2002 - 5 StR 210/02
LG Neuruppin –

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 3. September 2002
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 3. September
2002, an der teilgenommen haben:
Richter Basdorf als Vorsitzender,
Richter Häger,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Dr. Brause,
Richter Schaal
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt P
als Verteidiger für den Angeklagten Z ,
Rechtsanwalt K
als Verteidiger für den Angeklagten S ,
Rechtsanwalt Kn
als Verteidiger für den Angeklagten L ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Neuruppin vom 29. November 2001
a) in den Schuldsprüchen dahin geändert, daß der Angeklagte L der gefährlichen Körperverletzung, die Angeklagten S und Z jeweils der Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung schuldig sind,
b) in sämtlichen Strafaussprüchen aufgehoben.
2. Die weitergehenden Revisionen, die Angeklagten S und Z betreffend, werden verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revisionen, an eine allgemeine Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e Das Schwurgericht hat den Angeklagten L wegen (vorsätzlicher ) Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten, die Angeklagten S und Z jeweils wegen Beihilfe zur Körperverletzung zu einer Geldstrafe verurteilt. Die Revisionen der Staatsanwaltschaft beanstanden mit der Sachrüge, daß die Angeklagten nicht wegen gefährlicher Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB verurteilt worden sind, ferner, daß die Angeklagten S und Z nicht als Mittäter angesehen wurden. Die vom Generalbundesanwalt vertretenen Revisionen haben weitgehend Erfolg.
1. Das Schwurgericht hat folgende Feststellungen getroffen: Am 26. Mai 2001 suchte der Angeklagte L Streit mit dem in einer Gruppe Jugendlicher vor einer Diskothek stehenden Zeugen St . Er hatte bemerkt, daß St den anderen Jugendlichen demonstrativ L s beschädigtes Auto gezeigt hatte, das er als Fahrzeug eines Unfallflüchtigen identifiziert hatte. L begab sich in die Diskothek und bat dort die Mitangeklagten S und Z , ihn bei einer Auseinandersetzung zu unterstützen. Beide folgten ihm, um ihn zumindest durch ihre Anwesenheit zu stärken. Sie hielten sich anschließend stets in unmittelbarer Nähe L s auf.
L ging zunächst auf St los, den er anpöbelte und bedrängte. Als sich der Geschädigte H , um zu schlichten, dazwischenstellte , versetzte ihm L einen heftigen Faustschlag ins Gesicht. H ging zu Boden, rappelte sich jedoch wieder auf und ging erneut auf L zu.
Daraufhin wandten sich alle drei Angeklagten dem Zeugen H zu. Es entwickelte sich ein Gerangel, bei dem H , der gegen die Motorhaube eines geparkten Fahrzeugs gestoßen wurde, schließlich erneut zu Boden stürzte. Bei gewalttätigen Einwirkungen wurde H vorsätzlich von L oder mit dessen Billigung von beiden Mitangeklagten oder von einem von ihnen erneut im Gesicht sowie am rechten Unterarm verletzt.
H sind, wahrscheinlich am Schluß der Auseinandersetzung, als er erneut zu Boden gegangen war, sieben Messerstiche in den Rücken versetzt worden. Als H am Boden lag, wandten sich L und auf dessen Kommando auch die beiden anderen Angeklagten abrupt von ihm ab und entfernten sich. Das Tatmesser wurde nicht gefunden. Die Stich- verletzungen waren nicht lebensgefährlich. Wer von den Angeklagten H die Messerstiche beigebracht hatte, konnte das Schwurgericht nicht klären. Es nimmt zugunsten eines jeden Angeklagten an, daß er einen Messereinsatz eines der anderen weder vorhergesehen noch gebilligt habe.
2. Die – von der Staatsanwaltschaft nicht ausdrücklich angegriffene – Beweiswürdigung des Schwurgerichts und die hieraus folgende Nichtzurechnung der Messerstiche, deren Zufügung zugunsten eines jeden Angeklagten als möglicher Exzeß eines der anderen Beteiligten gewertet wurde, ist aus Rechtsgründen noch nicht zu beanstanden, wenngleich ein anderes Ergebnis nach dem Vorgeschehen, den festgestellten räumlichen Verhältnissen und der Vielzahl der Messerstiche möglich – und sogar näherliegend – gewesen wäre. Indes besteht deshalb noch kein Anlaß für das Revisionsgericht , in die weitgehend dem Tatrichter vorbehaltene Beweiswürdigung einzugreifen.
3. Vor dem Hintergrund der ebenfalls rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen, wonach aktive Körperverletzungshandlungen der Angeklagten S und Z für keine Phase des Tatgeschehens sicher nachgewiesen worden sind, ist die Wertung des Tatgerichts, diese Angeklagten mangels eigenen Tatinteresses und mangels Tatherrschaft aufgrund ihrer Unterordnung unter den Angeklagten L nicht als Mittäter, sondern als Gehilfen anzusehen, vom Revisionsgericht aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Zwar wäre auch ohne Feststellung eigener Körperverletzungshandlungen nicht ausgeschlossen gewesen, die Angeklagten Z und S als Mittäter der Körperverletzung anzusehen, weil sie die vom Angeklagten L ausgeübte Zwangswirkung bewußt verstärkten (vgl. BGH GA 1986, 229; NStZ 1984, 328, 329). Dies war hier indes nicht zwingend. Aufgrund der Struktur des § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB hierfür einen grundsätz- lich erweiterten Anwendungsbereich für die Mittäterschaft zu eröffnen, ist wegen der Erfassung des Zusammenwirkens eines Täters mit einem Gehilfen durch diesen Qualifikationstatbestand (vgl. unten 4) nicht geboten. Es gilt daher auch hier uneingeschränkt, daß die tatrichterliche Wertung bei der Abgrenzung zwischen (Mit-)Täterschaft und Beihilfe vom Revisionsgericht bis zur Grenze des Vertretbaren hinzunehmen ist (vgl. BGH StV 1998, 540 m.w.N.). Daher bleiben die staatsanwaltlichen Revisionen hinsichtlich der Angeklagten S und Z ohne weitergehenden Erfolg.
4. Zutreffend beanstandet die Staatsanwaltschaft indes, daß bei sämtlichen Angeklagten ein Schuldspruch lediglich wegen (einfacher vorsätzlicher ) Körperverletzung und nicht wegen gefährlicher Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB ergangen ist. Nach den Feststellungen hat der Angeklagte L die Körperverletzung mit anderen Beteiligten, den Angeklagten S und Z , gemeinschaftlich begangen, zu dieser qualifizierten Körperverletzung haben die Angeklagten S und Z ihm vorsätzlich Hilfe geleistet.
Nach der Fassung bis Inkrafttreten des Sechsten Gesetzes zur Reform des Strafrechts – 6. StrRG – vom 26. Januar 1998 (BGBl I 164) verlangte § 223a StGB a.F. für diese Tatbestandsvariante noch, daß die Körperverletzung „von mehreren gemeinschaftlich begangen“ werde. Nach der Neufassung bezieht der Qualifikationstatbestand – trotz des an die Regelung für die Mittäterschaft in § 25 Abs. 2 StGB anknüpfenden, daher etwas mißverständlichen Wortlauts „gemeinschaftlich begeht“ – durch den eindeutigen Zusatz „mit einem anderen Beteiligten“, wie aus der Definition in § 28 Abs. 2 StGB zu entnehmen ist, neben einem weiteren (Mit-)Täter den Teilnehmer und damit (§ 28 Abs. 1 StGB) auch den Gehilfen ausdrücklich ein. Der Gesetzeswortlaut steht daher einer Auslegung nicht entgegen, wonach das gemeinsame Wirken eines Täters und eines Gehilfen bei Begehung einer Körperverletzung zur Erfüllung der Qualifikation des § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB ausreicht (h.M.; vgl. – jeweils m. w. N. – Tröndle/Fischer, StGB 50. Aufl.
§ 224 Rdn. 11; Stree in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 224 Rdn. 11; Lilie in LK 11. Aufl. § 224 Rdn. 33 bis 35; Rengier ZStW 111 [1999], 1, 9 f.; C. Jäger JuS 2000, 31, 35 f.; vgl. bereits Küper GA 1997, 301; a.A. Horn in SK-StGB, 7. Aufl. [Stand: Mai 1998] § 224 Rdn. 25; Schroth NJW 1998, 2861; Renzikowski NStZ 1999, 377, 382; noch offengelassen von BGH, Beschl. vom 5. April 2000 – 3 StR 95/00; vgl. auch zum Gefährlichkeitspotenzial einer Bande durch das Mitwirken eines Gehilfen: BGHR StGB § 244 Abs. 1 Nr. 2 Bande 5, zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt). Sinn und Zweck des Qualifikationstatbestandes des § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB gebieten die Einbeziehung des Zusammenwirkens von Täter und Gehilfen, soweit durch ein solches Zusammenwirken, nicht anders als durch mittäterschaftliche Begehung, eine verstärkte Gefährlichkeit der Körperverletzung für das Opfer begründet wird.
Eine gemeinschaftliche Begehung in dieser gegenüber mittäterschaftlichem Handeln schwächeren Beteiligungsform ist jedenfalls dann anzunehmen , wenn der am Tatort anwesende Gehilfe die Wirkung der Körperverletzungshandlung des Täters bewußt in einer Weise verstärkt, welche die Lage des Verletzten zu verschlechtern geeignet ist. Dies wird bei dieser Form der Beteiligung regelmäßig vor allem – wie auch offensichtlich hier – durch eine Schwächung der Abwehrmöglichkeiten verwirklicht, wenn das Opfer durch die Präsenz mehrerer Personen auf der Verletzerseite insbesondere auch wegen des erwarteten Eingreifens des oder der anderen Beteiligten in seinen Chancen beeinträchtigt wird, dem Täter der Körperverletzung Gegenwehr zu leisten, ihm auszuweichen oder zu flüchten. Mit einer derartigen Begehung wird eine erhöhte Gefährlichkeit der Körperverletzung begründet, wie sie für die Qualifikationen nach § 224 Abs. 1 StGB kennzeichnend ist. Würde § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB seinem Wortlaut nach diese Form des Zusammenwirkens nicht erfassen – was indes im Blick auf die ausdrückliche Erwähnung des „Beteiligten“ nicht der Fall ist –, müßte bei diesem Qualifikationstatbestand weit eher als nach allgemeinen Abgrenzungskriterien üblich die Annahme von Mittäterschaft erwogen werden, um den Unrechtsgehalt erschöpfend würdigen zu können.
Inwieweit andere Erscheinungsformen des Zusammenwirkens eines Täters mit einem Gehilfen oder auch einem Anstifter ebenfalls die Voraussetzungen des Qualifikationstatbestandes des § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB erfüllen , insbesondere inwieweit ein Zusammenwirken am Tatort erforderlich ist, bedarf im vorliegenden Fall ebensowenig der Entscheidung wie die Frage , inwieweit bei bestimmten Erscheinungsformen mittäterschaftlichen Zusammenwirkens , insbesondere ohne gleichzeitige Präsenz am Tatort, dieser Qualifikationstatbestand ausnahmsweise nicht erfüllt sein kann (vgl. BGHR StGB § 223a Abs. 1 [a.F.] gemeinschaftlich 2).
5. Da das Schwurgericht diese Variante des § 224 Abs. 1 StGB neben den rechtsfehlerfrei ausgeschlossenen Varianten des § 224 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 5 StGB nicht erwogen hat, hält das angefochtene Urteil insoweit sachlichrechtlicher Prüfung nicht stand.
Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen erweisen, daß die Voraussetzung einer gefährlichen Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB in der erörterten Beteiligungsform gemeinschaftlicher Begehung des Täters L mit den seine Zwangswirkung bewußt verstärkenden Gehilfen S und Z hier ohne weiteres (mindestens) erfüllt waren.
Der Senat kann insoweit zum Schuldspruch abschließend entscheiden. Es ist auszuschließen, daß sich die Angeklagten wirkungsvoller, als geschehen , hätten verteidigen können, wenn der entsprechend in der Revisionshauptverhandlung gegebene rechtliche Hinweis bereits in der tatgerichtlichen Verhandlung erteilt worden wäre. Zugunsten aller drei Angeklagter ist bei der gegebenen Beweislage die denkbar mildeste Sachverhaltsvariante festgestellt worden. Wie sich einer von ihnen in tatsächlicher Hinsicht nach entsprechendem Hinweis erfolgversprechend noch abweichend hätte vertei- digen können, ist nicht ersichtlich und auch von der Verteidigung in der Revisionshauptverhandlung nicht begründet worden. Andererseits gibt der erfolgte Rechtsfehler keine Veranlassung, erneut umfassende tatrichterliche Tatsachenfeststellungen zur gesamten Tat zu verlangen, insbesondere etwa betreffend die Feststellbarkeit eigener Körperverletzungshandlungen der bislang als Gehilfen abgeurteilten Angeklagten oder den Einsatz des Messers , seine Kenntnis und Billigung eingeschlossen.
6. Die Schuldspruchänderung zieht wegen der unterschiedlichen Strafrahmen die Aufhebung der Strafaussprüche nach sich. Da dies auf einem Subsumtionsfehler beruht, bedarf es nicht der Aufhebung von Feststellungen gemäß § 353 Abs. 2 StPO. Das neue Tatgericht – nunmehr gemäß § 74 Abs. 1 GVG die allgemeine Strafkammer – wird die Strafzumessung auf der Grundlage der bisherigen auch die uneingeschränkte Schuldfähigkeit der Angeklagten einschließenden Feststellungen, die allenfalls durch hierzu widerspruchsfreie weitere Feststellungen ergänzbar sind, vorzunehmen haben.
Mit der Aufhebung der Strafaussprüche erledigen sich die sofortigen Beschwerden der Staatsanwaltschaft gegen die Entschädigungsentscheidungen zugunsten der Angeklagten S und Z .
Basdorf Häger Gerhardt Brause Schaal

(1) Wer die Körperverletzung

1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls,
4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

Wer der Prostitution

1.
in der Nähe einer Schule oder anderen Örtlichkeit, die zum Besuch durch Personen unter achtzehn Jahren bestimmt ist, oder
2.
in einem Haus, in dem Personen unter achtzehn Jahren wohnen,
in einer Weise nachgeht, die diese Personen sittlich gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer anderen Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wenn

1.
der Täter ausnutzt, dass die Person nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern,
2.
der Täter ausnutzt, dass die Person auf Grund ihres körperlichen oder psychischen Zustands in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt ist, es sei denn, er hat sich der Zustimmung dieser Person versichert,
3.
der Täter ein Überraschungsmoment ausnutzt,
4.
der Täter eine Lage ausnutzt, in der dem Opfer bei Widerstand ein empfindliches Übel droht, oder
5.
der Täter die Person zur Vornahme oder Duldung der sexuellen Handlung durch Drohung mit einem empfindlichen Übel genötigt hat.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn die Unfähigkeit, einen Willen zu bilden oder zu äußern, auf einer Krankheit oder Behinderung des Opfers beruht.

(5) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
gegenüber dem Opfer Gewalt anwendet,
2.
dem Opfer mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben droht oder
3.
eine Lage ausnutzt, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist.

(6) In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

1.
der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder vollziehen lässt oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung), oder
2.
die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.

(7) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
2.
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, oder
3.
das Opfer in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.

(8) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet oder
2.
das Opfer
a)
bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(9) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 4 und 5 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 7 und 8 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
eine Schwangere zum Schwangerschaftsabbruch nötigt oder
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger mißbraucht.

Wer der Prostitution

1.
in der Nähe einer Schule oder anderen Örtlichkeit, die zum Besuch durch Personen unter achtzehn Jahren bestimmt ist, oder
2.
in einem Haus, in dem Personen unter achtzehn Jahren wohnen,
in einer Weise nachgeht, die diese Personen sittlich gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
einen jugendpornographischen Inhalt verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht; jugendpornographisch ist ein pornographischer Inhalt (§ 11 Absatz 3), wenn er zum Gegenstand hat:
a)
sexuelle Handlungen von, an oder vor einer vierzehn, aber noch nicht achtzehn Jahre alten Person,
b)
die Wiedergabe einer ganz oder teilweise unbekleideten vierzehn, aber noch nicht achtzehn Jahre alten Person in aufreizend geschlechtsbetonter Körperhaltung oder
c)
die sexuell aufreizende Wiedergabe der unbekleideten Genitalien oder des unbekleideten Gesäßes einer vierzehn, aber noch nicht achtzehn Jahre alten Person,
2.
es unternimmt, einer anderen Person einen jugendpornographischen Inhalt, der ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergibt, zugänglich zu machen oder den Besitz daran zu verschaffen,
3.
einen jugendpornographischen Inhalt, der ein tatsächliches Geschehen wiedergibt, herstellt oder
4.
einen jugendpornographischen Inhalt herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält, anbietet, bewirbt oder es unternimmt, diesen ein- oder auszuführen, um ihn im Sinne der Nummer 1 oder 2 zu verwenden oder einer anderen Person eine solche Verwendung zu ermöglichen, soweit die Tat nicht nach Nummer 3 mit Strafe bedroht ist.

(2) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat, und gibt der Inhalt in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1, 2 und 4 ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wieder, so ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

(3) Wer es unternimmt, einen jugendpornographischen Inhalt, der ein tatsächliches Geschehen wiedergibt, abzurufen oder sich den Besitz an einem solchen Inhalt zu verschaffen, oder wer einen solchen Inhalt besitzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(4) Absatz 1 Nummer 3, auch in Verbindung mit Absatz 5, und Absatz 3 sind nicht anzuwenden auf Handlungen von Personen in Bezug auf einen solchen jugendpornographischen Inhalt, den sie ausschließlich zum persönlichen Gebrauch mit Einwilligung der dargestellten Personen hergestellt haben.

(5) Der Versuch ist strafbar; dies gilt nicht für Taten nach Absatz 1 Nummer 2 und 4 sowie Absatz 3.

(6) § 184b Absatz 5 bis 7 gilt entsprechend.

Wer der Prostitution

1.
in der Nähe einer Schule oder anderen Örtlichkeit, die zum Besuch durch Personen unter achtzehn Jahren bestimmt ist, oder
2.
in einem Haus, in dem Personen unter achtzehn Jahren wohnen,
in einer Weise nachgeht, die diese Personen sittlich gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 201/07
vom
14. August 2007
in der Strafsache
gegen
wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern u. a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 14. August
2007, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Dr. Boetticher,
Hebenstreit,
Dr. Graf,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Rechtsanwältin
als Vertreterin der Nebenkläger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bayreuth vom 12. Dezember 2006 wird verworfen. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels und die den Nebenklägern dadurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen. 2. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das vorbezeichnete Urteil mit den Feststellungen aufgehoben, soweit von einer Anordnung von Sicherungsverwahrung abgesehen worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten dieses Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Der Angeklagte wurde wegen zwei Verstößen gegen § 145a StGB (Strafe je sechs Monate), schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern (§ 176a Abs. 1 Nr. 4 StGB aF, Strafe ein Jahr drei Monate), sexuellen Missbrauchs von Kindern (§ 176 Abs. 1 StGB, Strafe zwei Jahre sechs Monate) und sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen in drei Fällen (§ 182 Abs. 1 Nr. 1 StGB, Strafe je ein Jahr neun Monate) zu fünf Jahren Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt.
2
Die unbeschränkte Revision des Angeklagten ist auf die zur Verurteilung gemäß § 176a Abs.1 StGB ausgeführte Sachrüge gestützt. Sie bleibt erfolglos. Die auf die Sachrüge gestützte und auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft wendet sich ausweislich ihrer maßgeblichen Begründung nur gegen das Absehen von Sicherungsverwahrung. Sie hat Erfolg.

I.


3
1. Der Angeklagte war seit 1987 wegen näher geschilderten sexuellen Missbrauchs von Kindern - Jungen und Mädchen zwischen sechs und neun Jahren, die zu ihm Vertrauen hatten, etwa wegen seiner Beziehungen zu ihren Müttern - zweimal zu zwei Jahren und einmal zu drei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden, zuletzt wegen Taten von Januar/Februar 1994 durch Urteil vom 9. Mai 1995, rechtskräftig seit 13. September 1995. Er hat die Strafen vollständig verbüßt, zuletzt ununterbrochen bis Ende Februar 2000 über drei Jahre und acht Monate. Er gibt an, er sei seither ständig in therapeutischer Behandlung. Näheres war nicht festzustellen, weil er den Therapeuten nicht von der Schweigepflicht befreit hat. 2002 wurde der Angeklagte, der unter Führungsaufsicht stand, zu Geldstrafe verurteilt, weil er entgegen einer Weisung einen Minderjährigen in seine Wohnung aufgenommen hatte.
4
2. Die jetzige Verurteilung beruht auf folgenden Feststellungen:
5
a) Entgegen der ihm im Rahmen der Führungsaufsicht erteilten Weisung, keine Minderjährigen zu beherbergen, hat er: - Ende 2003 fünf Kinder oder Jugendliche im Alter zwischen zwölf und 14 Jahren, darunter den Nebenkläger F. B. (geboren 9. Februar 1989) und dessen Schwester, die Nebenklägerin M. B. (geboren 19. Oktober 1991) bei sich in der Wohnung übernachten lassen, die dabei „in erheblichem Maß Alkohol“ tranken, jedenfalls M. B. war betrunken; - im Sommer 2004 zwei Jungen im Alter von 13 und 13 oder 14 Jahren, die von zu Hause ausgerissen waren, bei sich schlafen lassen.
6
b) Der Angeklagte hatte, über den genannten Fall hinaus, dafür gesorgt, dass die genannte Gruppe über Jahre nahezu täglich bei ihm war. Man konnte „rauchen, fernsehen, essen, spielen“, aber auch alkoholische Getränke trinken. Bei Gaststättenbesuchen zahlte er alles und finanzierte etwa M. B. das Spielen an Automaten. Immer wieder gab er sich als Onkel oder Vater der Nebenkläger aus. Er entschuldigte M. B. in der Schule als krank, obwohl sie gesund war. In diesem Rahmen kam es zu folgenden Straftaten:
7
(1) Im September 2003 umarmte er M. B. und streichelte sie in der Absicht, sich sexuell zu erregen, über der Kleidung (T-Shirt) an der Brust.
8
(2) Im August oder September 2004 weckte er M. B. , die sich in seiner Wohnung wegen starker Trunkenheit schlafen gelegt hatte, und forderte sie auf, sein entblößtes Glied in die Hand zu nehmen. Sie wollte erst nicht, als er aber drohte, sie und ihre Familie „kaputt“ zu machen, rieb sie sein Glied bis es steif war.
9
(3) Ab Mitte September 2004 nahmen im Abstand allenfalls weniger Wochen in drei Fällen F. B. und der Angeklagte jeweils gegenseitig Handverkehr bis zum Samenerguss vor. Wie jeweils vorher vereinbart, wurde F. B. hinterher belohnt, zweimal mit Geld - einmal 50 und einmal etwa 40 Euro -, einmal mit Playstationspielen.

II.


10
Die Revision des Angeklagten ist unbegründet. Näher auszuführen ist dies nur zur Verurteilung gemäß § 176a Abs.1 Nr. 4 StGB aF.
11
1. Die - inzidente - Annahme einer i. S. d. § 184f StGB erheblichen sexuellen Handlung ist nicht zu beanstanden.
12
a) Ob eine sexuelle Handlung erheblich ist, richtet sich nach dem Grad ihrer Gefährlichkeit für das betroffene Rechtsgut (BGH NStZ 1992, 432; Hörnle in MüKom § 184f Rdn. 19 m.w.N.). §§ 176, 176a StGB schützen die Möglichkeit ungestörter sexueller Entwicklung von Kindern (BGHSt 45, 131, 132; Tröndle /Fischer, StGB 54. Aufl. § 176 Rdn. 2 m.w.N.). Schon deshalb ist eine sexuell getönte Handlung gegenüber einem Kind eher erheblich als gegenüber einem Erwachsenen (BGH NStZ 1999, 45; Hörnle aaO Rdn. 26 m.w.N.). Die Annahme , das Streicheln der - auch (hier nur mit einem T-Shirt) bekleideten - Brust eines Kindes sei erheblich, liegt regelmäßig nahe (vgl. Hörnle aaO Rdn. 28 m.w.N.). Anhaltspunkte für eine Ausnahme sind nicht ersichtlich:
13
b) Sie ergeben sich nicht aus Art, Intensität und Dauer der Handlung (BGH NStZ 1992, 432). Der Angeklagte hat das Kind nicht nur an der Brust gestreichelt , sondern es auch umarmt. Seine Einlassung, er habe es allenfalls bei einer „Kissenschlacht“ an der Brust berührt, ist rechtsfehlerfrei widerlegt.
14
c) Auch aus den Beziehungen der Beteiligten oder der vom Angeklagten geschaffenen Atmosphäre (vgl. BGH NStZ 1992, 432, 433) ergeben sich keine für ihn günstige Gesichtspunkte. Er hat sich bei M. , wie bei den anderen Kindern und Jugendlichen, eine Vertrauensposition geschaffen und sie zugleich z.B. durch Alkohol, Nikotin, Glücksspiel und auch falsche Entschuldigung in der Schule letztlich korrumpiert. Wegen dieses Rahmens ist eine sexuelle Handlung aber offenbar nicht weniger erheblich.
15
d) Soweit bei der Strafzumessung diese Handlung als nicht „sehr“ erheblich bewertet ist, ist nur zutreffend zum Ausdruck gebracht, dass auch bei Handlungen von einiger Erheblichkeit (§ 184f StGB) bei der Gewichtung des Schuldvorwurfs für solche Differenzierungen Raum ist.
16
2. Auch die Voraussetzungen von § 176a Abs. 1 Nr. 4 StGB aF liegen vor.
17
a) Die Revision meint, weil § 176a Abs. 1 Nr. 4 StGB aF - eingeführt 1998 (BGBl. I S. 164) - bei Begehung der 1995 abgeurteilten Taten noch nicht galt, hätte der Angeklagte nicht wegen dieses Urteils gemäß § 176a Abs. 1 Nr. 4 StGB aF bestraft werden dürfen (Art. 103 Abs. 2 GG, „nulla poena sine lege"). Dies trifft nicht zu. Bei Begehung einer Tat muss ihre Strafbarkeit feststehen , nicht die Auswirkung ihrer Aburteilung auf die Aburteilung künftiger wei- terer Straftaten. Daher kann auch ein Urteil wegen einer vor Einführung von § 176a Abs. 1 Nr. 4 StGB aF begangenen Tat zu einer Verurteilung nach dieser Bestimmung führen (so im Ergebnis auch BGH NStZ 2002, 198, 199).
18
b) Da der Angeklagte zwischen 1996 und 2000 inhaftiert war, bleibt § 176a Abs. 1 Nr. 4 StGB aF gemäß § 176a Abs. 5 Satz 1 StGB aF anwendbar, obwohl zwischen Tat (2003) und früherem Urteil (1995) mehr als fünf Jahre lagen. Dabei kommt es hier nicht darauf an, ob die Frist des § 176a Abs. 1 Nr. 4 StGB aF mit Erlass des früheren Urteils begann (Tröndle/Fischer aaO § 176a Rdn. 2) oder nicht vielmehr mit dessen Rechtskraft (Roggenbuck in LK 11. Aufl. § 176a Rdn. 5; so auch jetzt eingehend Labitzky, Die Strafrahmenschärfung bei Rückfall nach § 176a Abs.1 StGB S. 146 ff.).
19
Rückfallverjährung könnte dagegen vorliegen, wenn die Tat, wie die meisten hier abgeurteilten Taten, erst 2004 begangen wäre. Die Auffassung, dies sei nicht auszuschließen, teilt der Senat nicht. Die Urteilsgründe stellen 2003 als Tatjahr wiederholt klar fest. Sämtliche Feststellungen zu den Taten z. N. von M. B. beruhen im Kern auf deren Aussagen, die die (sachverständig beratene) Strafkammer rechtsfehlerfrei für glaubhaft hält.
20
c) Anhaltspunkte dafür, dass die frühere Verurteilung keine Warnfunktion entfaltet hätte, ohne dass dies dem (uneingeschränkt schuldfähigen) Angeklagten vorzuwerfen wäre (vgl. BGH NStZ 2002, 198, 199 m.w.N.), gibt es nicht.
21
d) Bei der Strafzumessung sind die drei einschlägigen Vorstrafen zu vollständig verbüßten langjährigen Freiheitsstrafen insgesamt strafschärfend erwogen. Während dies hinsichtlich der beiden ersten Vorstrafen offensichtlich unbedenklich ist, kann die Berücksichtigung der Vorstrafe, die erst zu einer Verur- teilung gemäß § 176a Abs. 1 Nr. 4 StGB aF (statt gemäß § 176 StGB) führt, gegen § 46 Abs. 3 StGB verstoßen (BGH aaO). Eine solche Vorstrafe ist aber bei der Strafzumessung dann nicht ohne jedes Gewicht, wenn ihr eine besonders hohe Warnwirkung zukommt (BGH aaO). Dies ist der Fall, wenn, wie hier, der Täter damals zu mehrjähriger und vollständig verbüßter Freiheitsstrafe verurteilt worden war.
22
Hinsichtlich der übrigen Taten und der Gesamtstrafe sind Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten weder konkret behauptet noch ersichtlich.

III.


23
Die Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg. Das Absehen von Sicherungsverwahrung (§ 66 StGB) hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
24
1. Die Strafkammer hat die formellen Voraussetzungen von § 66 Abs. 1 StGB und § 66 Abs. 3 Satz 1 StGB zutreffend verneint, die von § 66 Abs. 2 StGB dagegen zutreffend bejaht. Soweit sie auch die formellen Voraussetzungen von § 66 Abs. 3 Satz 2 StGB bejaht hat, trifft dies nicht zu. Der Angeklagte wurde hier nicht zu zwei Einzelstrafen von mindestens zwei Jahren verurteilt.
25
2. Die Strafkammer hat einen Hang i. S. d. § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB nicht zutreffend verneint.
26
a) Dabei verkennt sie nicht, dass ein Hang wiederholte Straftaten auf Grund eines eingeschliffenen Verhaltensmusters voraussetzt. Es muss eine auf charakterlicher Anlage beruhende oder durch Übung erworbene Neigung zu Rechtsbrüchen vorliegen, die den Täter immer wieder straffällig werden lässt (st. Rspr., vgl. d. Nachw. b. Tröndle/Fischer aaO § 66 Rdn. 18).
27
b) Dies wird verneint. Eine eingeschliffene Verhaltensschablone bei den Sexualpraktiken des Angeklagten sei nicht erkennbar. Solche Schablonen seien durch „abnehmende Befriedigung, zunehmende Frequenz, durch Ausbau des Raffinements und durch gedankliche Einengung auf diese Praktiken“ gekennzeichnet. All dies liege nicht vor. Obwohl er über Jahre nahezu täglich Gelegenheit zu Sexualstraftaten gehabt hätte, sei es „nur“ zu fünf Sexualstraftaten zum Nachteil der Nebenkläger gekommen. Zunehmendes Raffinement sei nicht zu erkennen, auch seien die sexuellen Handlungen nicht intensiver geworden und seien seine früheren Opfer jünger gewesen. So sei er früher etwa wegen Analverkehrs und häufigem wechselseitigen Oralverkehrs mit einem neun Jahre alten Jungen verurteilt worden.
28
c) All dem liegt ein rechtlich unzutreffender Maßstab zu Grunde. Liegen die von der Strafkammer genannten Verhaltensschablonen bei einem Sexualstraftäter vor, so sind dies Anhaltspunkte für eine schwere (andere) seelische Abartigkeit i. S. d. §§ 20, 21 StGB (BGH, Beschl. vom 10. Oktober 2000 - 1 StR 420/00 = NStZ 2001, 243, 244 mit zust. Anmerkung Nedopil aaO 474; zu erheblich verminderter Schuldfähigkeit bei Sexualstraftaten vgl. auch BGH NStZ 1998, 30). Typische oder notwendige Merkmale eines Hangs sind sie nicht, ihr Fehlen spricht nicht gegen einen Hang.
29
3. Da die Strafkammer demnach von einem rechtlich schon im Ansatz nicht tragfähigen Maßstab ausgeht, können die hierauf aufbauenden einzelnen Erwägungen nicht tragfähig sein. Teilweise bestehen gegen diese Erwägungen auch im übrigen Bedenken.

30
(1) Liegen die formellen Voraussetzungen von § 66 Abs. 2 StGB vor, so kann nach gesetzlicher Wertung schon allein aus den abgeurteilten Taten ein Hang ableitbar sein. Es versteht sich daher nicht von selbst, dass es maßgeblich gegen einen Hang sprechen kann, wenn der Täter nicht früher, nicht öfter oder nicht intensiver straffällig wurde. Außerdem übersieht der Hinweis auf die nicht zunehmende „Frequenz“ der Taten, dass es ab August/September 2004 in kurzem Abstand zu vier Taten kam.
31
(2) Ebenso wenig versteht sich von selbst, dass (zu Recht strafschärfend bewertete, einschlägige) Vorstrafen maßgeblich gegen einen Hang sprechen können. Jedenfalls spricht aber ein Vergleich des Alters der jetzigen (elf bis 15 Jahre) und der früheren Opfer (sechs bis neun Jahre) so wenig gegen einen Hang zu Sexualdelikten an Kindern und Jugendlichen wie ein Vergleich der Praktiken bei den jetzigen (hauptsächlich Handverkehr) und den früheren Taten (z. B. Anal- und Oralverkehr).
32
4. Nicht rechtsfehlerfrei sind auch die Erwägungen zur „Gefährlichkeit des Angeklagten … auf Grund der Erheblichkeit der Straftaten“.
33
a) Die Strafkammer stellt unter anderem darauf ab, der Angeklagte habe keine körperliche Gewalt angewandt. Dann wäre er aber auch noch der sexuellen Nötigung (§ 177 StGB) schuldig. Dass dies nicht der Fall ist, kann ihm bei der Rechtsfolgenbestimmung wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern (bzw. Jugendlichen) nicht zugute kommen (vgl. BGH b. Miebach NStZ 1998, 132; Renzikowski in MüKom § 176 Rdn. 67), auch nicht bei der Prüfung von § 66 StGB (BGH NStZ 2007, 464, 465).
34
b) Die Erwägung, die Nebenkläger hätten keine Angst vor dem Angeklagten gehabt, ist in tatsächlicher Hinsicht undifferenziert. M. B. wurde erst durch seine Drohung, er mache sie und ihre Familie „kaputt“, zu einer sexuellen Handlung veranlasst. Im Übrigen liegt die Gefährlichkeit von Taten gegen §§ 176, 176a StGB in der Beeinträchtigung der ungestörten Entwicklung von Kindern. Diese Gefahr ist nicht geringer, wenn die Tat nicht auf Angst des Kindes beruht, sondern z. B. auf manipulativem Missbrauch einer Vertrauensstellung. Hinsichtlich § 182 Abs. 1 Nr. 1 StGB gilt hier Entsprechendes. Der Jugendliche soll davor geschützt werden, sexuelle Handlungen als käuflich zu erfahren (BGHSt 42, 51, 54) und es soll verhindert werden, dass die sexuelle Selbstbestimmung des Jugendlichen, der - nahe liegend aus Unreife - seine materielle Lage verbessern will, manipuliert wird (vgl. BGH aaO; Tröndle/ Fischer aaO § 182 Rdn. 10). Fehlende Angst vor dem Erwachsenen, der für sexuelle Handlungen bezahlt, spricht also nicht für eine geringe Gefährlichkeit dieser Taten.
35
c) Schließlich erwägt die Strafkammer, bei den Nebenklägern seien zurzeit keine seelischen Schäden feststellbar, was aber auf Verdrängung beruhen und sich daher noch ändern könne.
36
Seelische Schäden bei Kindern oder Jugendlichen durch Sexualstraftaten sind oft nur schwer festzustellen oder hinsichtlich künftiger Taten zu prognostizieren. Die „namentlich - Klausel“ in § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB belegt jedoch, dass Sicherungsverwahrung auch in derartigen Fällen möglich ist. Auch die allgemeine und abstrakte Gefährlichkeit von Delikten kann Grundlage von Sicherungsverwahrung sein (BGH NJW 2000, 3015; Hanack in LK 11. Aufl. § 66 Rdn. 103, 139 ff. m. N.). Es genügt daher, wenn die in § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB genannten Schäden für die (begangenen und zu erwartenden) Taten typisch sind, auch wenn ihr konkreter Eintritt nicht exakt feststellbar ist. Dies ist hier der Fall. Psychische Beeinträchtigungen sind typische Folgen sexuellen Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen (vgl. zusammenfassend Tröndle/ Fischer aaO § 176 Rdn. 36 m.w.N.; zu seelischen Schäden bei Jugendlichen durch das Erleben eigener Käuflichkeit vgl. BGH NStZ 2001, 28, 29).
37
5. Nach alledem muss über Sicherungsverwahrung neu entschieden werden: Zwar kann der Tatrichter nach seinem vom Revisionsgericht nur begrenzt überprüfbaren Ermessen von Sicherungsverwahrung auch absehen, wenn alle Voraussetzungen von § 66 Abs. 2 StGB vorliegen (BGH NStZ 2007, 464 m.w.N.). Hier hat die Strafkammer jedoch schon Hang und Gefährlichkeit verneint. Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Strafkammer dies bei zutreffenden Maßstäben anders beurteilt und unter Abwägung aller Erkenntnisse Sicherungsverwahrung angeordnet hätte.
38
6. Die Urteilsaufhebung wegen unterbliebener Sicherungsverwahrung führt hier nicht zur Aufhebung des Strafausspruchs gemäß § 301 StPO. Es ist nicht ersichtlich, dass das Absehen von Sicherungsverwahrung zu höherer Strafe geführt haben könnte.
Nack Wahl Boetticher Hebenstreit Graf

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
einen jugendpornographischen Inhalt verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht; jugendpornographisch ist ein pornographischer Inhalt (§ 11 Absatz 3), wenn er zum Gegenstand hat:
a)
sexuelle Handlungen von, an oder vor einer vierzehn, aber noch nicht achtzehn Jahre alten Person,
b)
die Wiedergabe einer ganz oder teilweise unbekleideten vierzehn, aber noch nicht achtzehn Jahre alten Person in aufreizend geschlechtsbetonter Körperhaltung oder
c)
die sexuell aufreizende Wiedergabe der unbekleideten Genitalien oder des unbekleideten Gesäßes einer vierzehn, aber noch nicht achtzehn Jahre alten Person,
2.
es unternimmt, einer anderen Person einen jugendpornographischen Inhalt, der ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergibt, zugänglich zu machen oder den Besitz daran zu verschaffen,
3.
einen jugendpornographischen Inhalt, der ein tatsächliches Geschehen wiedergibt, herstellt oder
4.
einen jugendpornographischen Inhalt herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält, anbietet, bewirbt oder es unternimmt, diesen ein- oder auszuführen, um ihn im Sinne der Nummer 1 oder 2 zu verwenden oder einer anderen Person eine solche Verwendung zu ermöglichen, soweit die Tat nicht nach Nummer 3 mit Strafe bedroht ist.

(2) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat, und gibt der Inhalt in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1, 2 und 4 ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wieder, so ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

(3) Wer es unternimmt, einen jugendpornographischen Inhalt, der ein tatsächliches Geschehen wiedergibt, abzurufen oder sich den Besitz an einem solchen Inhalt zu verschaffen, oder wer einen solchen Inhalt besitzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(4) Absatz 1 Nummer 3, auch in Verbindung mit Absatz 5, und Absatz 3 sind nicht anzuwenden auf Handlungen von Personen in Bezug auf einen solchen jugendpornographischen Inhalt, den sie ausschließlich zum persönlichen Gebrauch mit Einwilligung der dargestellten Personen hergestellt haben.

(5) Der Versuch ist strafbar; dies gilt nicht für Taten nach Absatz 1 Nummer 2 und 4 sowie Absatz 3.

(6) § 184b Absatz 5 bis 7 gilt entsprechend.

Wer der Prostitution

1.
in der Nähe einer Schule oder anderen Örtlichkeit, die zum Besuch durch Personen unter achtzehn Jahren bestimmt ist, oder
2.
in einem Haus, in dem Personen unter achtzehn Jahren wohnen,
in einer Weise nachgeht, die diese Personen sittlich gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 569/00
vom
30. Januar 2001
in der Strafsache
gegen
wegen sexueller Nötigung u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 30. Januar 2001 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Schwerin vom 17. Juli 2000 im Strafausspruch mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexueller Nötigung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt. Mit seiner Revision gegen dieses Urteil rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel führt auf die Sachrüge zur Aufhebung des Strafausspruchs; im übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Zur Verfahrensrüge Ziffer II 1 der Revisionsbegründung (Verletzung des § 261 StPO) ist ergänzend zum Verwerfungsantrag des Generalbundesanwalts vom 28. Dezember 2000 anzumerken, daß dahinstehen kann, ob die Angaben der Zeugin M. z u den persönlichen Verhältnissen des Ange-
klagten hätten verwertet werden dürfen, weil jedenfalls der Schuldspruch auf diesen Angaben nicht beruht und der Strafausspruch bereits auf die Sachrüge aufgehoben werden muß.
2. Nach den Feststellungen bot der Angeklagte der zur Tatzeit 16jährigen Andrea K. an, sie mit seinem Pkw nach Hause zu fahren. Beide kannten sich. Der Angeklagte, der vorhatte, zu Andrea K. "sexuelle Beziehungen" aufzunehmen, verließ unter einem Vorwand das Ortsgebiet von Dömitz, nahm während der Fahrt ihre Hand, führte diese auf sein rechtes Knie und "schob sie sodann in Richtung seines Genitalbereiches". Als es ihr gelang, die Hand wegzuziehen, begann er, ihr linkes Bein zu streicheln, wogegen sie sich wehrte. Er parkte dann in einem einsamen Waldgebiet, legte seinen rechten Arm um ihre Schultern "und versuchte, sie auf den Mund zu küssen". Als sie ihn wegdrückte, schrie er sie an, sie solle sich ausziehen, er wolle mit ihr den Geschlechtsverkehr ausführen. "Hierüber” verängstigt brach sie in Tränen aus, ”woraufhin sich der Angeklagte über sie lustig machte". Er fuhr dann weiter, ergriff ihre Hand und drückte sie mehrfach "gegen seinen Genitalbereich". Obwohl sie sich heftig wehrte, konnte sich Andrea K. nicht befreien. Auf ihre Forderung, "sie endlich in Ruhe zu lassen", machte der Angeklagte den Vorschlag , "sie könne ja aussteigen". Als er anhielt und sie versuchte zu entkommen , fuhr der Angeklagte das Fahrzeug schnell an, so daß sie den Pkw nicht verlassen konnte. Mit der Drohung, "er werde sie sonst nicht nach Hause fahren bzw. er (werde) sie aussetzen und sie könne zu Fuß nach Hause laufen", zwang er sie, ihre Hand auf sein Bein zu legen. Er ergriff diese und führte sie ”an seinen Genitalbereich". Als Andrea K. ihn aufforderte, "sich selbst zu befriedigen" , brachte er das Fahrzeug zum Stehen und beschimpfte sie. Danach "zog er die Hand der Geschädigten erneut an sein Geschlechtsteil". Schließlich
setzte er sie nach insgesamt etwa 1 1/2stündiger Fahrt - gegen 18.00 Uhr - in Dömitz ab.
3. Das Landgericht hat das Tatgeschehen rechtlich zutreffend als sexuelle Nötigung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung gewürdigt. Als "strafrechtlich relevante (sexuelle) Handlungen" hat es a) das Erzwingen des Berührens des Geschlechtsteils des Angeklagten, b) das Streicheln der Oberschenkel der Geschädigten und c) den Versuch, die Geschädigte zu küssen, und als Nötigungsmittel alle drei Alternativen des § 177 Abs. 1 StGB angesehen (UA 21 f.).
Damit wird dem Angeklagten jedoch ein zu weit gehender Schuldumfang angelastet; der Strafausspruch kann deshalb nicht bestehen bleiben.

a) Nach § 184 c Nr. 1 StGB sind sexuelle Handlungen nur solche "von einiger Erheblichkeit". Ob die "Erheblichkeitsschwelle" überschritten ist, bestimmt sich nach dem Grad der Gefährlichkeit der Handlung für das jeweils betroffene Rechtsgut (vgl. BGHR StGB § 184 c Nr. 1 Erheblichkeit 4 m.w.N.). Danach ist zwar das mehrfache Erzwingen des Berührens des (bedeckten) Geschlechtsteils des Angeklagten als sexuelle Nötigung zu werten; das Streicheln des (bedeckten) Beines der Geschädigten und der mißlungene Kußversuch stellen aber keine (gesondert zu berücksichtigenden) sexuellen Handlungen dar (s. BGHR StGB § 184 c Nr. 1 Erheblichkeit 2; BGH NStZ 1988, 70, 71; 1992, 432; StV 2000, 197; Tröndle/Fischer StGB 50. Aufl. § 184 c Rdn. 7, 8 m.w.N.).

b) Durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet auch die (ausdrücklich strafschärfend gewürdigte) Wertung des Landgerichts, es lägen "alle drei
Alternativen des Tatbestandes der sexuellen Nötigung" (Gewalt, Drohung und Ausnutzen einer schutzlosen Lage) vor (UA 21 f., 27). Während "Gewalt" und "Ausnutzen einer schutzlosen Lage" durch die Feststellungen getragen werden , ist das Nötigungsmittel "Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben" (§ 177 Abs. 1 Nr. 2 StGB) nicht belegt. Das Landgericht sieht diese Tatbestandsalternative dadurch als verwirklicht an, daß der Angeklagte der Geschädigten gegenüber "geäußert (habe), sie vergewaltigen zu wollen bzw. ihr in Aussicht stellte, sie im Wald bzw. in einer Gegend, in der sie sich nicht auskannte, bei Dunkelheit auszusetzen" (UA 22). Nach den Feststellungen hat der Angeklagte "sinngemäß" gesagt, daß er mit ihr den Geschlechtsverkehr vollziehen wolle (UA 12). Selbst wenn diese Ä ußerung als "Drohung mit einer Vergewaltigung” gemeint gewesen ist, so wäre das genannte Tatbestandsmerkmal nur dann erfüllt, wenn der Geschädigten - ebenso wie mit der Ä ußerung , sie werde sonst "ausgesetzt” und ”könne zu Fuß nach Hause laufen" (UA 13) - zur Überwindung ihres Widerstandes ein schwerer Angriff auf ihre körperliche Unversehrtheit in Aussicht gestellt worden wäre (vgl. BGH StV 1994, 127; NStZ 1999, 505; BGH, Urteil vom 17. Oktober 2000 - 1 StR 270/00). Das aber ist nicht festgestellt.
Die Strafe muß daher neu bestimmt werden.
4. Zu dem an das Landgericht gerichteten Antrag vom 15./17. November 2000, Rechtsanwalt Ke. aus Hagenow als Pflichtverteidiger beizuordnen (Bd. IV Bl. 582 d.A.), bemerkt der Senat: Für diesen Antrag ist der Vorsitzende des Gerichts zuständig, dessen Urteil angefochten wurde und der bereits mit der Pflichtverteidigerbestellung befaßt war (Bd. III Bl. 224, Bd. IV Bl. 561 ff.; vgl. hierzu BGHR StPO § 141 Bestellung 3; BGH, Beschluß vom 6. De-
zember 2000 - 2 StR 471/00; Kleinknecht/Meyer-Goßner StPO 44. Aufl. § 141 Rdn. 6 m.w.N.). Eines Zuwartens mit der Entscheidung über die Revision bedurfte es jedoch nicht; denn ein Nachschieben von Verfahrensrügen wäre wegen des Ablaufs der Revisionsbegründungsfrist (§ 345 Abs. 1 Satz 1 StPO) unzulässig und auf die - in der Gegenerklärung durch Rechtsanwalt Ke. näher ausgeführte - Sachrüge hat der Senat das Urteil umfassend geprüft.
Maatz Kuckein Athing

Hat der Täter

1.
in dem Bemühen, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen (Täter-Opfer-Ausgleich), seine Tat ganz oder zum überwiegenden Teil wiedergutgemacht oder deren Wiedergutmachung ernsthaft erstrebt oder
2.
in einem Fall, in welchem die Schadenswiedergutmachung von ihm erhebliche persönliche Leistungen oder persönlichen Verzicht erfordert hat, das Opfer ganz oder zum überwiegenden Teil entschädigt,
so kann das Gericht die Strafe nach § 49 Abs. 1 mildern oder, wenn keine höhere Strafe als Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bis zu dreihundertsechzig Tagessätzen verwirkt ist, von Strafe absehen.

Jedes von der Staatsanwaltschaft eingelegte Rechtsmittel hat die Wirkung, daß die angefochtene Entscheidung auch zugunsten des Beschuldigten abgeändert oder aufgehoben werden kann.