Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Okt. 2016 - KZB 46/15

ECLI:ECLI:DE:BGH:2016:181016BKZB46.15.0
18.10.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Kartellsenats des Kammergerichts vom 31. August 2015 wird zurückgewiesen.

Der Nebenintervenient trägt die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beklagten, die dieser selbst trägt.

Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 30 Mio. € festgesetzt.

Gründe

1

A. Die Klägerin zu 1 ist aufgrund einer Konzession des beklagten Landes Eigentümerin des Berliner Gasversorgungsnetzes. Die Klägerin zu 2 wurde 2006 als selbständige Netzbetreiberin aus der Klägerin zu 1 und der E.              GmbH ausgegründet. Sie hat das Gasversorgungsnetz von der Klägerin zu 1 gepachtet.

2

Mit Bekanntmachung vom 20. Dezember 2011 leitete der Beklagte ein Verfahren zur Neuvergabe des Wegenutzungsrechts für den Betrieb des Gasversorgungsnetzes der allgemeinen Versorgung im Gebiet des Landes Berlin ein.

3

Im März 2012 wurde der Nebenintervenient unter der Bezeichnung "Landesbetrieb Berlin Energie" als rechtlich unselbständiger, abgesonderter Teil der Verwaltung des Beklagten nach Maßgabe des § 26 der Haushaltsordnung des Landes Berlin (LHO Berlin) errichtet und zunächst dem Geschäftsbereich der Senatsverwaltung für Finanzen zugeordnet. Der Beklagte beabsichtigte, sich mit dem Nebenintervenienten an den Konzessionsverfahren für das Gas- und Stromnetz des Landes Berlin zu beteiligen. Durch Geschäftsanweisung vom Dezember 2012 wurde der Nebenintervenient der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt zugeordnet. Der Nebenintervenient verfügte zunächst über kein eigenes Personal. Die Geschäftsleitung oblag der zuständigen Referatsleitung in der Senatsverwaltung; seit dem 1. Mai 2013 wird sie vom derzeitigen Geschäftsleiter ausgeübt.

4

In einem als "Zweiter Verfahrensbrief" bezeichneten Schreiben vom 18. April 2013 erachtete der Beklagte die Klägerinnen und den Nebenintervenienten als geeignete Bieter im Verfahren für die Vergabe der Gaskonzession. Am 3. Juni 2014 teilte der Senator für Finanzen in einer Pressekonferenz mit, dass nach seinem Vorschlag die Konzession an den Nebenintervenienten vergeben werden solle.

5

Mit ihrer Klage haben die Klägerinnen den Beklagten auf Abschluss eines Konzessionsvertrags mit der Klägerin zu 2 in Anspruch genommen. Hilfsweise begehren sie die Unterlassung des Abschlusses eines Gaskonzessionsvertrags mit dem Nebenintervenienten oder aus diesem hervorgegangenen anderen Unternehmen. Das Landgericht hat dem Unterlassungsantrag unter Abweisung der weitergehenden Klage stattgegeben. Dagegen haben beide Parteien Berufung eingelegt.

6

Unter dem 2. April 2015 hat der Nebenintervenient den Streitbeitritt auf Seiten des Beklagten erklärt und Akteneinsicht begehrt. Die Klägerinnen haben beantragt, die Nebenintervention zurückzuweisen.

7

Das Berufungsgericht hat die Nebenintervention nach mündlicher Verhandlung durch Beschluss als unzulässig zurückgewiesen. Dagegen wenden sich der Beklagte und der Nebenintervenient mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde. Die Klägerinnen beantragen, die Rechtsbeschwerden als unstatthaft zu verwerfen, jedenfalls aber als unbegründet zurückzuweisen.

8

B. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:

9

Bei der Parteifähigkeit des Nebenintervenienten handele es sich um eine von Amts wegen zu prüfende Prozesshandlungsvoraussetzung, über die auch nach mündlicher Verhandlung durch Beschluss und nicht durch Zwischenurteil zu entscheiden sei.

10

Der Nebenintervenient sei nicht parteifähig und könne auch nicht im Hinblick auf den vorliegenden Rechtsstreit als parteifähig angesehen werden. Zwar könne im Ausnahmefall ein Bezugsobjekt von Rechten und Pflichten parteifähig sein, selbst wenn es nicht rechtsfähig sei; Betriebe nach der LHO Berlin seien auch einem Eigenbetrieb gemäß § 46 Abs. 4 EnWG gleichzustellen. Daraus ergebe sich indes nur eine Bindung an die Verfahrensvorschriften der § 46 Abs. 2 und 3 EnWG, jedoch keine Notwendigkeit, solche Betriebe wie juristische Personen an Rechtsstreitigkeiten über Konzessionsvergaben zu beteiligen. Eigenbetriebe seien gleichberechtigt an den Auswahlverfahren zu beteiligen. Dies könne aber nicht ihre Unfähigkeit ausgleichen, Inhaber von Rechten zu sein.

11

Auch eine auf das vorliegende Verfahren beschränkte, partielle Parteifähigkeit des Nebenintervenienten komme nicht in Betracht. Es fehle an einer dem Nebenintervenienten gesetzlich zugewiesenen Aufgabe, die zu erfüllen er ohne Teilrechtsfähigkeit nicht in der Lage sei. Es könne auch nicht festgestellt werden, dass es sich bei dem Nebenintervenienten um ein laufendes Unternehmen handele, das ungeachtet seiner rechtlichen Unselbständigkeit gegenüber dem Beklagten eine gewisse Eigenständigkeit erworben habe, so dass sich eigenständige Interessen dieses Unternehmens feststellen ließen. Hinzu komme, dass der Nebenintervenient nach Absicht des Beklagten im Konzessionsvergabeverfahren lediglich eine "Platzhalterfunktion" für einen voll rechtsfähigen landeseigenen Betrieb einnehme, der später Rechtsnachfolger und wirklicher Netzbetreiber werden solle.

12

C. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Rechtsbeschwerde ist zulässig. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat die Nebenintervention zu Recht zurückgewiesen.

13

I. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft und auch im Übrigen zulässig. Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerdeerwiderung geltend, die Rechtsbeschwerde sei trotz Zulassung durch das Berufungsgericht unzulässig, da das Berufungsgericht durch unanfechtbares Zwischenurteil gemäß § 71 Abs. 2 ZPO hätte entscheiden müssen. Das Berufungsgericht hatte im Streitfall über die Zulässigkeit der Nebenintervention durch Beschluss zu entscheiden und hat gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO die Rechtsbeschwerde wirksam zugelassen.

14

1. Gemäß § 71 Abs. 1 ZPO wird über den Antrag auf Zurückweisung einer Nebenintervention nach mündlicher Verhandlung durch Zwischenurteil entschieden. Das Berufungsgericht hat jedoch zu Recht angenommen, dass das Gericht unabhängig von der Rüge einer Partei von Amts wegen zu prüfen hat, ob der Beitretende prozessual handlungsfähig, insbesondere partei- und prozessfähig ist. Fehlt es an einer dieser persönlichen Prozesshandlungsvoraussetzungen, ist die Nebenintervention durch - anfechtbaren - Beschluss zurückzuweisen (BGH, Beschluss vom 12. Juli 2012 - VII ZB 9/12, BGHZ 194, 68 Rn. 6; Beschluss vom 28. April 2015 - II ZB 19/14, WM 2015, 1283 Rn. 6; Zöller/Vollkommer, ZPO, 31. Aufl., § 66 Rn. 14; § 71 Rn. 4; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 37. Aufl., § 66 Rn. 10; Stein/Jonas/Jacoby, ZPO, 23. Aufl., § 71 Rn. 1; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 17. Aufl., § 50 Rn. 16).

15

2. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass diese Grundsätze auch dann gelten, wenn sich ein Antrag auf Zurückweisung der Nebenintervention auch oder sogar ausschließlich auf das Fehlen von Amts wegen zu prüfender persönlicher Prozesshandlungsvoraussetzungen stützt.

16

a) Allerdings soll nach einer im Schrifttum vertretenen Ansicht durch Zwischenurteil zu entscheiden sein, wenn eine Partei des Hauptverfahrens einen Antrag gemäß § 71 ZPO gestellt und diesen allein oder auch auf das Fehlen persönlicher Prozesshandlungsvoraussetzungen gestützt hat (Weth in Musielak/Voit, ZPO, 13. Aufl., § 66 Rn. 13; Bendtsen in Saenger, ZPO, 6. Aufl., § 71 Rn. 5).

17

b) Dieser Meinung ist nicht zuzustimmen.

18

Anders als von ihr vertreten (Weth in Musielak/Voit aaO § 66 Rn. 13 Fn. 92) ist der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht zu entnehmen, dass eine Nebenintervention durch Zwischenurteil als unzulässig zurückzuweisen ist, wenn eine persönliche Prozesshandlungsvoraussetzung fehlt und dies im Verfahren nach § 71 ZPO gerügt worden ist. Vielmehr hat der Bundesgerichtshof lediglich klargestellt, dass sich die bei der Nebenintervention von Amts wegen vorzunehmende Prüfung auf die persönlichen Prozesshandlungsvoraussetzungen beschränkt, also die Partei-, Prozess- und Postulationsfähigkeit (BGH, Beschluss vom 10. Januar 2006 - VIII ZB 82/05, BGHZ 165, 358, 362).

19

Ob das Fehlen einer persönlichen Prozesshandlungsvoraussetzung von einer Partei des Hauptverfahrens gerügt worden ist oder nicht, ist für den Umfang der Prüfungspflicht des Gerichts und die Form seiner Entscheidung ohne Belang. Ausführungen der Parteien zu von Amts wegen zu berücksichtigenden persönlichen Prozessvoraussetzungen sind lediglich an das Gericht gerichtete Anregungen. Sie können prozessuale Handlungsmöglichkeiten des Gegners weder einschränken noch erweitern.

20

3. Auf die Frage, ob der Beklagte durch den angefochtenen Beschluss eigenständig beschwert ist, kommt es entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerdeerwiderung nicht an. Die Rechtsbeschwerde des Nebenintervenienten ist zulässig, da er im Streit um seine Parteifähigkeit jedenfalls parteifähig ist (vgl. BGH, Urteil vom 11. April 1957 - VII ZR 280/56, BGHZ 24, 91, 94; Beschluss vom 13. Juli 1993 - III ZB 17/93, NJW 1993, 2943, 2944, st. Rspr.) und auch die Zurückweisung seines Beitritts als Nebenintervenient anfechten kann (BGH, Beschluss vom 24. Januar 2006 - VI ZB 49/05, NJW-RR 2006, 644 Rn. 6). Soweit der Beklagte ebenfalls Rechtsbeschwerde eingelegt hat, handelt es sich um ein einheitliches Rechtsmittel, über das nur einheitlich entschieden werden kann (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Juli 1993 - V ZR 235/92, NJW 1993, 2944; BGH, NJW-RR 2006, 644 Rn 7). Unabhängig von einer eigenen Beschwer steht es einer Hauptpartei - gleichsam in Umkehrung der prozessualen Rollen - frei, einen Nebenintervenienten bei dessen Rechtsmittel gegen die Zurückweisung der Nebenintervention zu unterstützen.

21

II. Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet. Die Entscheidung des Berufungsgerichts hält sowohl den Verfahrensrügen der Rechtsbeschwerde als auch in der Sache rechtlicher Überprüfung stand.

22

1. Der Rechtsbeschwerde verhilft nicht zum Erfolg, dass der nach der mündlichen Verhandlung vom 20. August 2015 ergangene Beschluss des Berufungsgerichts nicht von allen bei der mündlichen Verhandlung gegenwärtigen Richtern unterzeichnet worden ist.

23

a) Gemäß § 329 Abs. 1 ZPO gilt für aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangene Beschlüsse § 309 ZPO entsprechend. Nach § 309 ZPO kann das Urteil nur von denjenigen Richtern gefällt werden, die der dem Urteil zugrundeliegenden Verhandlung beigewohnt haben. Diese Anforderung ist im Streitfall nicht erfüllt, weil der angefochtene Beschluss unter anderem von der Richterin am Landgericht Dr. Picker unterzeichnet worden ist, die der mündlichen Verhandlung nicht beigewohnt hatte, während die Richterin am Kammergericht Lang zwar bei der mündlichen Verhandlung gegenwärtig war, jedoch den Beschluss nicht unterzeichnet hat.

24

b) § 309 ZPO gilt jedoch nicht für eine Entscheidung durch Beschluss, die nicht aufgrund, sondern lediglich nach (fakultativer) mündlicher Verhandlung ergeht (BGH, Beschluss vom 5. November 2004 - BLw 14/04, MDR 2005, 410; Thomas/Putzo/Reichold aaO § 309 Rn. 2; aA Zöller/Vollkommer aaO § 329 Rn. 12, § 309 Rn. 7; Wieczorek/Schütze/Rensen, ZPO, 4. Aufl., § 309 Rn. 4). An einer solchen Entscheidung dürfen nur diejenigen Richter mitwirken, die zu diesem Zeitpunkt dazu kraft Geschäftsverteilung berufen waren. Diese Anforderung tritt an die Stelle der in § 309 ZPO vorgesehenen Unterzeichnung durch die an der mündlichen Verhandlung beteiligten Richter. Entgegen einer im Schrifttum vertretenen Ansicht (MünchKomm.ZPO/Musielak, 5. Aufl., § 329 Rn. 13; ders. in Musielak/Voit aaO § 329 Rn. 18) handelt es sich dabei nicht um eine zusätzliche Voraussetzung für Beschlüsse, die aufgrund mündlicher Verhandlung ergehen.

25

Beurteilt das Gericht die Zulässigkeit einer Nebenintervention anhand der von Amts wegen zu prüfenden persönlichen Prozesshandlungsvoraussetzungen, ist eine mündliche Verhandlung - anders als im Anwendungsbereich von § 71 Abs. 1 ZPO - fakultativ (§ 128 Abs. 4 ZPO). Entscheidet sich das Gericht in diesem Fall für die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, so hat diese lediglich den Zweck, den Akteninhalt zu ergänzen. Anders als im Fall der obligatorischen mündlichen Verhandlung ist Entscheidungsgrundlage des Gerichts dann nicht nur der Prozessstoff, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, sondern der gesamte Akteninhalt zum Zeitpunkt der Beschlussfassung und das etwaige mündliche Vorbringen (vgl. MünchKomm.ZPO/Fritsche aaO § 128 Rn. 26; Stadler in Musielak/Voit aaO § 128 Rn. 25). Für eine entsprechende Anwendung des § 309 ZPO ist daher kein Raum.

26

2. Ohne Erfolg wendet sich die Rechtsbeschwerde dagegen, dass das Berufungsgericht dem Nebenintervenienten sowohl eine allgemeine als auch eine auf den vorliegenden Rechtsstreit beschränkte partielle Parteifähigkeit abgesprochen hat.

27

a) Der Nebenintervenient ist nicht allgemein parteifähig.

28

Gemäß § 50 Abs. 1 ZPO ist parteifähig, wer rechtsfähig ist. Das geltende Prozessrecht beruht damit auf dem Gleichlauf von Rechtsfähigkeit und Parteifähigkeit, wobei Rechtsfähigkeit nur natürlichen und juristischen Personen zukommt (BGH, Urteil vom 17. Mai 1993 - II ZR 89/92, BGHZ 122, 342, 345). Der Nebenintervenient ist als rechtlich unselbständiger Betrieb der Beklagten im Sinne von § 26 LHO Berlin nicht (allgemein) parteifähig.

29

b) Ihm kommt auch keine partielle Parteifähigkeit zu, die ihm die Nebenintervention gestattete.

30

aa) Allerdings kann es unterhalb der Stufe der voll rechtsfähigen Person Gebilde geben, die Bezugssubjekt von Rechten und Pflichten sind und im Hinblick darauf eine gegenständlich begrenzte Rechtssubjektivität besitzen (vgl. Wieczorek/Schütze/Hausmann, ZPO, 3. Aufl., § 50 Rn. 4; MünchKomm.ZPO/Lindacher aaO § 50 Rn. 4). Die Vorschrift des § 50 Abs. 1 ZPO besagt nicht, dass nur der voll Rechtsfähige parteifähig ist (vgl. BGH, Urteil vom 28. Januar 1960 - VII ZR 223/58, NJW 1960, 1204; Stein/Jonas/Jacoby aaO § 50 Rn. 2; Wieczorek/Schütze/Hausmann aaO § 50 Rn. 3). Soweit ein nicht allgemein rechtsfähiges Gebilde selbst Träger von Rechten und Pflichten ist, muss ihm auch ermöglicht werden, über diese Rechte und Pflichten vor Gericht zu streiten (vgl. Stein/Jonas/Jacoby aaO § 50 Rn. 34; Wieczorek/Schütze/Hausmann aaO § 50 Rn. 4). Danach kann unter Umständen auch nicht rechtsfähigen Gebilden eine funktional zu bestimmende, beschränkte Parteifähigkeit zukommen.

31

Allgemeine Voraussetzungen dafür sind außer der Zuordnung eigener Rechte und Pflichten die Handlungsfähigkeit und die Erkennbarkeit des fraglichen Gebildes als selbständige Einheit nach außen durch eine hinreichende Identitätsausstattung sowie schon im Hinblick auf die Prozesskostenhaftung ein Haftungssubstrat (vgl. Wieczorek/Schütze/Hausmann, ZPO, 3. Aufl., § 50 Rn. 4; MünchKomm.ZPO/Lindacher aaO § 50 Rn. 5; Hess, ZZP 2004, 267, 278).

32

bb) In Anwendung dieser Grundsätze hat das Berufungsgericht zu Recht angenommen, dass ein kommunaler Eigenbetrieb durch § 46 Abs. 4 EnWG nicht in einer Weise zu einem Bezugsobjekt von Rechten und Pflichten wird, die es rechtfertigen könnte, den Nebenintervenienten im vorliegenden Rechtsstreit als partiell parteifähig anzusehen.

33

(1) Der Nebenintervenient ist, wie das Berufungsgericht ebenfalls zutreffend angenommen hat, bei der Anwendung von § 46 Abs. 4 EnWG als Eigenbetrieb des Landes Berlin anzusehen. Das folgt aus dem Sinn und Zweck dieser Vorschrift.

34

Nach § 46 Abs. 4 EnWG finden § 46 Abs. 2 und 3 EnWG für Eigenbetriebe der Gemeinde entsprechende Anwendung. Dadurch wird gewährleistet, dass auch im Fall der Wegenutzung durch einen Eigenbetrieb spätestens nach 20 Jahren (§ 46 Abs. 2 Satz 1 EnWG) ein Betreiberwechsel durch eine neue Entscheidung über das Wegerecht, den Zwang zur Einhaltung der Bekanntmachungspflichten (§ 46 Abs. 3 EnWG) und gegebenenfalls einen Anspruch auf Überlassung des Netzes (§ 46 Abs. 2 Satz 2 EnWG) ermöglicht wird. Außerdem ergibt sich aus dem Zweck der Regelungen des § 46 EnWG, dass die Gemeinde bei einer "Systementscheidung" für den Netzbetrieb durch einen Eigenbetrieb das Diskriminierungsverbot des § 46 Abs. 1 EnWG zu beachten hat (BGH, Urteil vom 17. Dezember 2013 - KZR 65/12, WuW/E DE-R 4139 Rn. 34 bis 38 - Stromnetz Heiligenhafen). Danach soll § 46 Abs. 4 EnWG gewährleisten, dass eine Gemeinde auch dann, wenn sie das allgemeine Versorgungsnetz unter Inanspruchnahme des gemeindlichen Wegenetzes durch rechtlich unselbständige Unternehmen selbst betreiben will, einen Wettbewerb um das Netz entsprechend den für rechtlich selbständige Bieter geltenden Vorschriften ermöglichen muss.

35

Im Hinblick auf diesen Zweck muss die Norm über die Eigenbetriebe im Sinne der landesrechtlichen Vorschriften hinaus auch auf andere rechtlich unselbständige Betriebsformen Anwendung finden, mit denen die Gemeinde das Ziel zu erreichen sucht, selbst das Netz zu betreiben (vgl. Hellermann in Britz/Hellermann/Hermes, EnWG, 3. Aufl., § 46 Rn. 87; Huber in Kment, EnWG, 2015, § 46 Rn. 101). Andernfalls entstünde eine dem Zweck des § 46 EnWG zuwiderlaufende Regelungslücke, wenn die Gemeinde zum Netzbetrieb weder auf eine Eigengesellschaft noch auf einen Eigenbetrieb im kommunalrechtlichen Sinne, sondern auf eine unselbständige Verwaltungsabteilung, insbesondere einen Regiebetrieb oder - wie im Streitfall - einen haushaltsrechtlichen Betrieb, zurückgreift (vgl. Salje, EnWG, 2006, § 46 Rn. 174).

36

(2) Die Betrauung eines kommunalen Eigenbetriebs mit dem Netzbetrieb darf gegenüber der Konzessionierung eines "Energieversorgungsunternehmens" im Sinne von § 46 EnWG weder erschwert noch erleichtert werden (BGH, WuW/E DE-R 4739 Rn. 79 - Stromnetz Heiligenhafen). Nach dem Gesetzeszweck soll die fehlende Rechtsfähigkeit der Eigenbetriebe ihrer Gleichstellung mit Eigengesellschaften im Konzessionsvergabeverfahren nicht entgegenstehen. Das Energiewirtschaftsrecht trägt damit der durch das kommunale Selbstverwaltungsrecht (Art. 28 Abs. 2 GG) gewährleisteten Organisationshoheit der Gemeinde Rechnung.

37

Anders als die Rechtsbeschwerde meint, ergibt sich daraus aber keine von der Gemeinde losgelöste und gesonderte Position des Eigenbetriebs als Träger eigener Rechte und Pflichten. Vielmehr treffen bei der Konzessionsvergabe einerseits allein die Gemeinde die Pflichten aus § 46 EnWG, während andererseits auch ihr allein das Recht auf kommunale Selbstverwaltung zusteht. In Wahrnehmung der Selbstverwaltungsaufgabe, die Versorgung der Einwohner und ortsansässigen Unternehmen mit Energie sicherzustellen, ist die Gemeinde berechtigt, sich mit eigenen Unternehmen oder Eigenbetrieben am Wettbewerb um die Konzessionsvergabe zu beteiligen und auf dieser Grundlage gegebenenfalls den Netzbetrieb selbst zu übernehmen. Dieses Recht der Gemeinde wird begrenzt durch ihre Verpflichtung, diskriminierungsfrei über den Netzbetreiber zu entscheiden (BGH, WuW/E DE-R 4739 Rn. 40, 42 - Stromnetz Heiligenhafen). Bedient sich die Gemeinde zur Erfüllung dieser Pflicht und zur Wahrnehmung jenes Rechts eines rechtlich unselbständigen Eigen- oder Regiebetriebs, so wird dieser dadurch nicht selbst zu einem partiell rechtsfähigen Handlungssubjekt. Ist der Eigenbetrieb aber nicht Träger eigener Rechte und Pflichten bei der Konzessionsvergabe, kommt eine partielle Parteifähigkeit des Nebenintervenienten unter dem Aspekt einer Beteiligtenstellung im Konzessionsvergabeverfahren nicht in Betracht.

38

(3) Mangels eigener Rechte eines Eigenbetriebs im Konzessionsvergabeverfahren kann eine partielle Parteifähigkeit auch nicht mit der Erwägung begründet werden, seine Rechte könnten von der Gemeinde nicht geltend gemacht werden. Vielmehr ist die Gemeinde grundsätzlich berechtigt, im Streit um die Vergabe der Gaskonzession auch etwaige eigene Interessen als Bieter gerichtlich wahrzunehmen.

39

(a) Durch die gleichzeitige Stellung als Vergabestelle und Bieter besteht bei der Gemeinde allerdings ein Interessenkonflikt. Sie hat einerseits diskriminierungsfrei über die Konzessionsvergabe zu entscheiden und darf andererseits ihr eigenes Interesse an der Übernahme des Netzbetriebs verfolgen. Dafür kann sie sich einer Eigengesellschaft oder eines Eigenbetriebes, aber auch einer anderen, ihr zweckmäßig erscheinenden nicht rechtsfähigen Betriebsform bedienen. Unabhängig von der Rechtsform des Bieters, mit dem sich die Gemeinde um die Konzession bewirbt, darf sie bei den Rechtsschutzmöglichkeiten im Konzessionsvergabeverfahren nicht deshalb gegenüber anderen Energieversorgungsunternehmen benachteiligt werden, weil sie zugleich Vergabestelle ist. Hingegen ist sie als solche gegenüber allen Bewerbern um die Konzession zur Neutralität verpflichtet.

40

(b) Daraus folgt das Gebot der organisatorischen und personellen Trennung der Vergabestelle von dem als Bieter auftretenden Eigenbetrieb. Ohne eine solche Trennung, wie sie der Beklagte mit der Zuordnung des Nebenintervenienten zu einem gegenüber der Vergabestelle personell und organisatorisch vollständig getrennten anderen Ressort der Senatsverwaltung grundsätzlich vollzogen hat, lässt sich die gebotene diskriminierungsfreie Vergabeentscheidung von vornherein nicht gewährleisten.

41

(c) Das Trennungsgebot hat jedoch nicht zur Folge, dass in einem Streitverfahren über die Rechtmäßigkeit der Konzessionsvergabe an einen bestimmten Bieter die Bieterrechte der Gemeinde von dieser nicht (wirksam) wahrgenommen werden könnten und durch den Eigenbetrieb selbständig vertreten werden müssten.

42

Will die Gemeinde die Konzession an einen anderen Bieter vergeben, kann dies von ihrem Eigenbetrieb nicht angegriffen werden. Der Eigenbetrieb ist Teil der Gemeinde und ein eigenes Recht auf diskriminierungsfreie Vergabe steht ihm nicht zu; seine Anerkennung liefe auf ein Recht der Gemeinde gegen sich selbst hinaus.

43

Will die Gemeinde hingegen - wie im Streitfall - die Konzession an ihren Eigenbetrieb und mithin an sich selbst vergeben, besteht im gerichtlichen Streitverfahren ein Gleichlauf der Interessen der Gemeinde als Vergabestelle und als Bieter. Es ist nicht erkennbar und wird auch von der Rechtsbeschwerde nicht aufgezeigt, inwiefern (nur) der Eigenbetrieb in der Lage sein sollte, zur Wahrung der Bieterrechte der Gemeinde sachdienlichen Vortrag zu halten, der der Gemeinde in ihrer Eigenschaft als Vergabestelle verschlossen sein sollte. Denn die Auswahl des Eigenbetriebs kann nur mit Erwägungen und aus Gründen verteidigt werden, die bei der Entscheidung über die Vergabe der Konzession Berücksichtigung gefunden haben. Bei einem dem Neutralitätsgebot entsprechendem Vergabeverfahren erscheint daher eine Verkürzung der Wahrnehmung der Bieterrechte der Gemeinde von vornherein ausgeschlossen. Im Übrigen hindert das Trennungsgebot die Gemeinde nicht schlechthin, sich bei ihrer Rechtsverteidigung gegebenenfalls auch des von ihrem Eigenbetrieb erworbenen Sachverstands zu bedienen. Soweit im Einzelfall damit die Gefahr verbunden sein sollte, das auch bei einem neuen Vergabeverfahren zu beachtende Gebot der organisatorischen und personellen Trennung der Vergabestelle von dem als Bieter auftretenden Eigenbetrieb zu verletzen, kann und muss dem durch geeignete Vorkehrungen bei der Organisation der Rechtsverteidigung Rechnung getragen werden.

44

(4) Für eine partielle Parteifähigkeit des Nebenintervenienten im vorliegenden Rechtsstreit ist unerheblich, dass er in dem in dieser Sache vom Bundeskartellamt geführten Missbrauchsverfahren beigeladen worden ist.

45

Die Vorschrift des § 77 GWB trifft für das Kartellverwaltungsrecht eine besondere Regelung der Beteiligtenfähigkeit. Danach sind ausdrücklich auch nicht rechtsfähige Personenvereinigungen fähig, am Verfahren vor der Kartellbehörde, am Beschwerdeverfahren und am Rechtsbeschwerdeverfahren beteiligt zu sein. Dadurch wird dem Bundeskartellamt die Möglichkeit eröffnet, im Kartellverwaltungsverfahren zur besseren Sachaufklärung auch nicht rechtsfähige Gebilde gemäß § 54 Abs. 2 Nr. 3 GWB beizuladen. Von dieser Möglichkeit hat das Bundeskartellamt in dem in dieser Sache geführten Missbrauchsverfahren Gebrauch gemacht. Es hat im Beiladungsbeschluss ausgeführt, die Beiladung diene vornehmlich der Unterstützung kartellbehördlicher Ermittlungen (vgl. BGH, Beschluss vom 7. November 2006 - KVR 37/05, BGHZ 169, 370 Rn. 12 - pepcom; Beschluss vom 7. April 2009 - KVR 34/08, WuW/E DE-R 2728 Rn. 10 - Versicherergemeinschaft). Im Hinblick auf diese besondere Funktion ist ein Gleichlauf der Beiladung im Kartellverwaltungsverfahren mit der Parteifähigkeit im Zivilprozess um eine Konzessionsvergabe nicht geboten.

46

(5) Ebenso ist für das vorliegende Verfahren ohne Bedeutung, dass der Nebenintervenient nach Ansicht der Europäischen Kommission in der dort anhängigen Sache M.7778 Vattenfall/ENGIE/GASAG ein hinreichendes Interesse an einer Anhörung als betroffener Dritter dargelegt hat. Voraussetzungen und Rechtsfolgen der Anhörung in einem Kommissionsverfahren sind mit der Parteifähigkeit in einem deutschen Zivilprozess nicht vergleichbar.

47

c) Das Berufungsgericht hat die Nebenintervention damit zu Recht als unzulässig zurückgewiesen.

48

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO und einer entsprechenden Anwendung des § 101 Abs. 1 ZPO.

Limperg      

        

Meier-Beck      

        

Kirchhoff

        

Bacher      

        

Deichfuß      

        

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS I I Z B 1 9 / 1 4 vom 28. April 2015 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 66; AktG § 147 Der besondere Vertreter kann der Anfechtungsklage gegen den Beschluss über die Verf

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(1) Gemeinden haben ihre öffentlichen Verkehrswege für die Verlegung und den Betrieb von Leitungen, einschließlich Fernwirkleitungen zur Netzsteuerung und Zubehör, zur unmittelbaren Versorgung von Letztverbrauchern im Gemeindegebiet diskriminierungsfrei durch Vertrag zur Verfügung zu stellen. Unbeschadet ihrer Verpflichtungen nach Satz 1 können die Gemeinden den Abschluss von Verträgen ablehnen, solange das Energieversorgungsunternehmen die Zahlung von Konzessionsabgaben in Höhe der Höchstsätze nach § 48 Absatz 2 verweigert und eine Einigung über die Höhe der Konzessionsabgaben noch nicht erzielt ist.

(2) Verträge von Energieversorgungsunternehmen mit Gemeinden über die Nutzung öffentlicher Verkehrswege für die Verlegung und den Betrieb von Leitungen, die zu einem Energieversorgungsnetz der allgemeinen Versorgung im Gemeindegebiet gehören, dürfen höchstens für eine Laufzeit von 20 Jahren abgeschlossen werden. Werden solche Verträge nach ihrem Ablauf nicht verlängert, so ist der bisher Nutzungsberechtigte verpflichtet, seine für den Betrieb der Netze der allgemeinen Versorgung im Gemeindegebiet notwendigen Verteilungsanlagen dem neuen Energieversorgungsunternehmen gegen Zahlung einer wirtschaftlich angemessenen Vergütung zu übereignen. Das neue Energieversorgungsunternehmen kann statt der Übereignung verlangen, dass ihm der Besitz hieran eingeräumt wird. Für die wirtschaftlich angemessene Vergütung ist der sich nach den zu erzielenden Erlösen bemessende objektivierte Ertragswert des Energieversorgungsnetzes maßgeblich. Die Möglichkeit zur Einigung auf eine anderweitig basierte Vergütung bleibt unberührt.

(3) Die Gemeinden machen spätestens zwei Jahre vor Ablauf von Verträgen nach Absatz 2 das Vertragsende und einen ausdrücklichen Hinweis auf die nach § 46a von der Gemeinde in geeigneter Form zu veröffentlichenden Daten sowie den Ort der Veröffentlichung durch Veröffentlichung im Bundesanzeiger bekannt. Wenn im Gemeindegebiet mehr als 100 000 Kunden unmittelbar oder mittelbar an das Versorgungsnetz angeschlossen sind, hat die Bekanntmachung zusätzlich im Amtsblatt der Europäischen Union zu erfolgen. Beabsichtigen Gemeinden eine Verlängerung von Verträgen nach Absatz 2 vor Ablauf der Vertragslaufzeit, so sind die bestehenden Verträge zu beenden und die vorzeitige Beendigung sowie das Vertragsende nach Maßgabe der Sätze 1 und 2 öffentlich bekannt zu geben.

(4) Die Gemeinde ist bei der Auswahl des Unternehmens den Zielen des § 1 Absatz 1 verpflichtet. Unter Wahrung netzwirtschaftlicher Anforderungen, insbesondere der Versorgungssicherheit und der Kosteneffizienz, können auch Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft berücksichtigt werden. Bei der Gewichtung der einzelnen Auswahlkriterien ist die Gemeinde berechtigt, den Anforderungen des jeweiligen Netzgebietes Rechnung zu tragen. Die Gemeinde hat jedem Unternehmen, das innerhalb einer von der Gemeinde in der Bekanntmachung nach Absatz 3 Satz 1 oder 3 gesetzten Frist von mindestens drei Kalendermonaten ein Interesse an der Nutzung der öffentlichen Verkehrswege bekundet, die Auswahlkriterien und deren Gewichtung in Textform mitzuteilen.

(5) Die Gemeinde hat die Unternehmen, deren Angebote nicht angenommen werden sollen, über die Gründe der vorgesehenen Ablehnung ihres Angebots und über den frühesten Zeitpunkt des beabsichtigten Vertragsschlusses in Textform zu informieren. Die Gemeinde macht bei Neuabschluss oder Verlängerung von Verträgen nach Absatz 2 ihre Entscheidung unter Angabe der maßgeblichen Gründe öffentlich bekannt.

(6) Die Absätze 2 bis 5 finden für Eigenbetriebe der Gemeinden entsprechende Anwendung.

(7) Die Aufgaben und Zuständigkeiten der Kartellbehörden nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen bleiben unberührt.

(1) Über den Antrag auf Zurückweisung einer Nebenintervention wird nach mündlicher Verhandlung unter den Parteien und dem Nebenintervenienten entschieden. Der Nebenintervenient ist zuzulassen, wenn er sein Interesse glaubhaft macht.

(2) Gegen das Zwischenurteil findet sofortige Beschwerde statt.

(3) Solange nicht die Unzulässigkeit der Intervention rechtskräftig ausgesprochen ist, wird der Intervenient im Hauptverfahren zugezogen.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Über den Antrag auf Zurückweisung einer Nebenintervention wird nach mündlicher Verhandlung unter den Parteien und dem Nebenintervenienten entschieden. Der Nebenintervenient ist zuzulassen, wenn er sein Interesse glaubhaft macht.

(2) Gegen das Zwischenurteil findet sofortige Beschwerde statt.

(3) Solange nicht die Unzulässigkeit der Intervention rechtskräftig ausgesprochen ist, wird der Intervenient im Hauptverfahren zugezogen.

6
Das Beschwerdegericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass nach Klagerücknahme über die Zulässigkeit der Nebenintervention und den Antrag auf Zurückweisung einer Nebenintervention keine Entscheidung mehr zu treffen ist. Das Rechtsschutzbedürfnis für eine solche Zwischenentscheidung entfällt mit der wirksamen Rücknahme der Klage. Allerdings hat, wenn die allgemeinen Prozesshandlungsvoraussetzungen wie Partei-, Prozess- und Postulationsfähigkeit nicht vorliegen, wie dies hier das Beschwerdegericht für die Parteifähigkeit des besonderen Vertreters angenommen hat, das Prozessgericht den Beitritt von Amts wegen durch (anfechtbaren) Beschluss zurückzuweisen (BGH, Beschluss vom 10. Januar 2006 - VIII ZB 82/05, BGHZ 165, 358, 362; Beschluss vom 12. Juli 2012 - VII ZB 9/12, BGHZ 194, 68 Rn. 6), und, wenn die besonderen Prozessvoraussetzungen der Nebenintervention fehlen, durch Zwischenurteil nach § 71 Abs. 1 ZPO darüber zu entscheiden. Diese Verfahren sollen Klarheit über den weiteren Prozessablauf und den Eintritt von Folgewirkungen des Beitritts schaffen. Mit der Klagerücknahme endet der Prozess jedoch , so dass sein weiterer Verlauf nicht mehr geklärt werden muss und der Nebenintervenient der Hauptpartei auch nicht mehr zu Hilfe kommen kann. Damit entfällt das Rechtsschutzbedürfnis für das Zwischenverfahren (vgl. zur ähnlichen Situation bei rechtskräftiger Entscheidung in der Hauptsache OLG Nürnberg, MDR 1994, 834; Zöllner/Vollkommer, ZPO, 30. Aufl., § 71 Rn. 6). Über den Eintritt von Folgewirkungen, insbesondere über die Kostentragung, kann in den jeweiligen Verfahren unmittelbar und ohne Durchführung des Zwischenverfahrens entschieden werden.

(1) Über den Antrag auf Zurückweisung einer Nebenintervention wird nach mündlicher Verhandlung unter den Parteien und dem Nebenintervenienten entschieden. Der Nebenintervenient ist zuzulassen, wenn er sein Interesse glaubhaft macht.

(2) Gegen das Zwischenurteil findet sofortige Beschwerde statt.

(3) Solange nicht die Unzulässigkeit der Intervention rechtskräftig ausgesprochen ist, wird der Intervenient im Hauptverfahren zugezogen.

(1) Die auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergehenden Beschlüsse des Gerichts müssen verkündet werden. Die Vorschriften der §§ 309, 310 Abs. 1 und des § 311 Abs. 4 sind auf Beschlüsse des Gerichts, die Vorschriften des § 312 und des § 317 Abs. 2 Satz 1, 2, Absatz 3 und 4 auf Beschlüsse des Gerichts und auf Verfügungen des Vorsitzenden sowie eines beauftragten oder ersuchten Richters entsprechend anzuwenden.

(2) Nicht verkündete Beschlüsse des Gerichts und nicht verkündete Verfügungen des Vorsitzenden oder eines beauftragten oder ersuchten Richters sind den Parteien formlos mitzuteilen. Enthält die Entscheidung eine Terminsbestimmung oder setzt sie eine Frist in Lauf, so ist sie zuzustellen.

(3) Entscheidungen, die einen Vollstreckungstitel bilden oder die der sofortigen Beschwerde oder der Erinnerung nach § 573 Abs. 1 unterliegen, sind zuzustellen.

Das Urteil kann nur von denjenigen Richtern gefällt werden, welche der dem Urteil zugrunde liegenden Verhandlung beigewohnt haben.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
BLw 14/04
vom
5. November 2004
in der Landwirtschaftssache
betreffend einen Abfindungsanspruch nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
§ 309 ZPO gilt nicht für eine Entscheidung durch Beschluß, die nach mündlicher
Verhandlung ergeht.
BGH, Beschl. v. 5. November 2004 - BLw 14/04 - OLG Dresden
AG Oschatz
Der Bundesgerichtshof, Senat für Landwirtschaftssachen, hat am 5. November
2004 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes Dr. Wenzel und die
Richter Prof. Dr. Krüger und Dr. Lemke sowie die ehrenamtlichen Richter Kees
und Andreae

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluß des Landwirtschaftssenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 19. Januar 2004 aufgehoben.
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Amtsgerichts Oschatz vom 6. Juli 2000 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß auch der im Verfahren der sofortigen Beschwerde gestellte Zahlungsantrag abgewiesen wird.
Die Kosten des Beschwerde- und des Rechtsbeschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller, der der Antragsgegnerin auch die in diesen Instanzen entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten hat.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 9.880,32 €.

Gründe:


I.


Der Vater des Antragstellers trat 1967 in die LPG "L. F. G. ein, in die er einen Inventarbeitrag sowie eine landwirtschaftliche Nutzfläche einbrachte. Die LPG wurde nach Zusammenschluß mit einer weiteren Genossenschaft durch Beschluß vom 10. Dezember 1991 in die Rechtsform einer GmbH & Co. KG umgewandelt. In diesem Zusammenhang schied der Vater des Antragstellers aus der Genossenschaft aus. Die GmbH & Co. KG wandelte sich im Jahre 2003 in die Antragsgegnerin um.
Die Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin unterbreitet e den anläßlich der Umwandlung ausgeschiedenen LPG-Mitgliedern im Jahre 1992 Barabfindungsangebote auf der Grundlage der Umwandlungsbilanz zum 31. August 1991. Danach ließ das Eigenkapital nur eine Auszahlung von 50,57 % der eingebrachten Inventarbeiträge zu. Die Eltern des Antragstellers unterzeichneten am 20. Oktober 1992 eine entsprechende Barabfindungsvereinbarung, und zwar über einen Abfindungsbetrag von 2.207,50 DM. Diesen Betrag erhielten sie per Überweisung vom 25. März 1993.
Der Vater des Antragstellers starb 1994 und wurde von se iner Ehefrau beerbt. Diese trat etwaige Abfindungsansprüche aus der LPG-Mitgliedschaft am 8. August 1998 an den Antragsteller ab.
Dieser hält die Abfindungsvereinbarung für unwirksam. E r hat zunächst einen Anspruch auf bare Zuzahlung in Höhe von 27.727,70 DM nebst Zinsen
geltend gemacht, den das Landwirtschaftsgericht abgewiesen hat. Im Beschwerdeverfahren hat er den Anspruch in erster Linie auf § 44 Abs. 1 LwAnpG gestützt. Das Oberlandesgericht hat u.a. über die Höhe des abfindungsrelevanten Eigenkapitals eine Beweisaufnahme durchgeführt und nach mündlicher Verhandlung dem Antrag in Höhe von 19.324,24 DM (= 9.880,32 €) nebst Zinsen stattgegeben. An diesem am 19. Januar 2004 ergangenen Beschluß hat u.a. Richter am Amtsgericht G. mitgewirkt, dessen Abordnung an das Oberlandesgericht am 31. Dezember 2003 endete.
Mit der - zugelassenen - Rechtsbeschwerde erstrebt die Ant ragsgegnerin die Wiederherstellung der Entscheidung des Landwirtschaftsgerichts.

II.


Der angefochtene Beschluß unterliegt schon deswegen der Aufhebung, weil die Rüge der nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des Beschwerdegerichts durchgreift (§ 27 LwVG, § 547 Nr. 1 ZPO). Richter am Amtsgericht G. war nicht berufen, an dem am 19. Januar 2004 ergangenen Beschluß des Beschwerdegerichts mitzuwirken, da er zu diesem Zeitpunkt dem erkennenden Gericht nicht mehr angehörte. Letzteres ergibt sich aus dem Vermerk des Vorsitzenden , der die Unterschrift des ausgeschiedenen Richters ersetzt hat. Daß Richter am Amtsgericht G. an der letzten mündlichen Verhandlung am 11. Dezember 2003 teilgenommen hat, ändert daran nichts. Dies wäre nur bei einem auf mündliche Verhandlung ergehenden Urteil von Bedeutung, da an dem Urteil diejenigen Richter mitwirken - und nur diese mitwirken dürfen (§ 309 ZPO) -, die an der letzten mündlichen Verhandlung teilgenommen haben. Für
eine Entscheidung durch Beschluß gilt dies nicht. An einem Beschluß können nur diejenigen Richter mitwirken, die zum Zeitpunkt des Erlasses, hier also am 19. Januar 2004, dazu kraft der Geschäftsverteilung berufen waren (vgl. KG NJW-RR 1994, 278; a.A. Zöller/Vollkommer, ZPO, 24. Aufl., § 309 Rdn. 7).

III.


Der Beschluß hält aber auch in der Sache einer Rechtsprü fung nicht stand.

a) Die Annahme des Beschwerdegerichts, die Abfindungsvere inbarung sei wegen Verstoßes gegen die guten Sitten unwirksam (§ 138 Abs. 1 BGB), wird von den getroffenen Feststellungen nicht getragen. Bei der Frage, ob eine Abfindungsvereinbarung aus Anlaß des Ausscheidens eines Mitglieds aus einer Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft sittenwidrig ist, kommt es nicht auf die Grundsätze an, die für die Sittenwidrigkeit gegenseitiger Verträge gelten (Gedanke des besonders groben Mißverhältnisses von Leistung und Gegenleistung). Vielmehr ist entscheidend, ob der in der Abfindungsvereinbarung liegende Verzicht des Mitglieds auf Ansprüche erheblich über das hinausgeht , was die Genossenschaft nach der Vereinbarung zu zahlen bereit ist, und ob sich der Verzicht bei einer Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck als ein in seinem Gesamtcharakter mit den guten Sitten nicht zu vereinbarendes Geschäft darstellt (Senat, Beschl. v. 16. Juni 2000, BLw 19/99, WM 2000, 1762). Das ist hier zu verneinen.
Das Beschwerdegericht sieht den Sittenverstoß darin, daß das abfindungsrelevante Eigenkapital in der für die Bemessung der gesetzlichen Ansprüche nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz maßgeblichen Schlußbilanz der LPG unter Verstoß gegen Bilanzierungsvorschriften des D-Markbilanzgesetzes und des Handelsgesetzbuchs in erheblichem Umfang zu niedrig ausgewiesen war und so das Mitglied über die Höhe des gesetzlichen Anspruchs und über die Bedeutung und den Umfang eines Verzichts auf Nachforderungen falsch informiert wurde. Selbst wenn man einen Verstoß gegen Bilanzierungsvorschriften unterstellt, so führt das allein nicht zur Annahme der Voraussetzungen des § 138 Abs. 1 BGB.
Zweifelhaft ist schon, ob der bloße Umstand, daß das Ei genkapital unrichtig ermittelt wird, die darauf beruhende Abfindungsvereinbarung als objektiv sittenwidrig erscheinen läßt. Nicht jeder Fehler, der bei der Aufstellung einer Bilanz gemacht wird, verleiht der Abfindungsregelung nach ihrem Gesamtcharakter , also nach Inhalt, Beweggrund und Zweck, das Gepräge der Sittenwidrigkeit. Wie dies im vorliegenden Fall zu beurteilen ist, bedarf jedoch keiner Entscheidung. Jedenfalls fehlt es nach den getroffenen Feststellungen an den subjektiven Voraussetzungen des § 138 Abs. 1 BGB. Das Beschwerdegericht hat sich nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme nicht die Überzeugung davon verschaffen können, daß die für die Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin handelnden Personen bewußt ein zu niedriges Eigenkapital in die Umwandlungsbilanz aufgenommen haben. Es fehlt daher an einer der Antragsgegnerin zurechenbaren Kenntnis des Umstandes, in dem das Beschwerdegericht den objektiven Sittenverstoß erblickt.
Allerdings genügt es in subjektiver Hinsicht, wenn derjen ige, dem objektiv ein Sittenverstoß zur Last fällt, sich der Kenntnis bewußt oder grob fahrlässig verschließt (BGHZ 146, 298, 301 m.w.N.). Doch hat das Beschwerdegericht auch dies nicht festgestellt. Die Umstände lassen eine solche Feststellung auch nicht zu. Soweit in der Begründung des Beschwerdegerichts anklingt, ein "massiver Verstoß gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung und Bilanzierung" mache weitere Feststellungen zur subjektiven Seite des Sittenverstoßes entbehrlich, kann dem nicht gefolgt werden. Ein massiver Verstoß gegen Bilanzierungsvorschriften läßt ohne Hinzutreten weiterer Umstände nicht den Schluß darauf zu, daß sich die Verantwortlichen der Erkenntnis des Verstoßes verschlossen haben. Unkenntnis und Unerfahrenheit stellen andere denkbare Erklärungen für Fehler bei der Aufstellung von Bilanzen dar.
Bei offensichtlichen Verstößen mag dies anders sein. Eine n offensichtlichen Verstoß gegen Bilanzierungsvorschriften bei der Ermittlung des abfindungsrelevanten Eigenkapitals hat das Beschwerdegericht hingegen nicht festgestellt. Er liegt - wie die Rechtsbeschwerde zu Recht geltend macht - auch nicht vor. Dagegen steht schon, daß alle Jahresabschlüsse der LPG von einem Wirtschaftsprüfer geprüft und nicht beanstandet worden sind. Daß diese Testate nach Auffassung des Beschwerdegerichts falsch waren, ändert nichts daran, daß sie jedenfalls nicht offensichtlich falsch waren, daß sich zumindest etwaige Fehler nicht aufdrängen mußten, so daß sich die Verantwortlichen der LPG der Kenntnis bewußt oder grob fahrlässig verschlossen hätten. Dies belegt auch das Ergebnis der Beweisaufnahme. Das Beschwerdegericht führt selbst an, daß der Sachverständige B. zunächst von der Richtigkeit der Rückstellungen ausgegangen ist. Gerade in diesen Rückstellungen sieht das Beschwerdegericht indes den "massiven Verstoß gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer
Buchführung". Selbst wenn dies stimmen sollte, offensichtlich war der Verstoß angesichts des Beweisergebnisses gerade nicht. Auch das Beschwerdegericht nimmt dies nicht an.

b) Auch die Hilfsbegründung des Beschwerdegerichts, der A ntragsteller könne nach den Grundsätzen des Fehlens der Geschäftsgrundlage eine Neuberechnung der Abfindung auf der Grundlage der gesetzlichen Bestimmungen verlangen, hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand.
Das Beschwerdegericht nimmt an, die Personifizierungsquot e gemäß dem in der Umwandlungsbilanz angesetzten Eigenkapitalanteil der Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin sei Geschäftsgrundlage der Abfindungsvereinbarung gewesen (DB 42). Ob das richtig ist, kann dahinstehen. Denn an dieser Grundlage hat sich nichts geändert. Die angebotene und von den Eltern des Antragstellers angenommene Abfindung bemißt sich nach diesem Bilanzkapital (vgl. dazu Senat, Beschl. v. 23. Oktober 1998, BLw 19/98, AgrarR 1999, 56, 57). Was die Anwendung der Regeln über das Fehlen der Geschäftsgrundlage möglicherweise rechtfertigen könnte - und was dem Beschwerdegericht vermutlich vorgeschwebt hat -, wäre die Feststellung, daß Geschäftsgrundlage der Vereinbarung ein Angebot auf der Basis des abfindungsrelevanten Eigenkapitals gewesen ist. Dies hat das Beschwerdegericht aber gerade nicht festgestellt , vielmehr gemeint, der von der Mitgliederversammlung gefaßte Beschluß, der auf der Umwandlungsbilanz und der daraus ermittelten Personifizierungsquote beruhte, sei Grundlage der angebotenen Abfindungen, und damit auch der getroffenen Vereinbarungen gewesen (so wie im Fall des Senatsbeschlusses vom 23. Oktober 1998, aaO). Dies mag nicht fernliegen, rechtfertigt aber
- wie dargelegt - nicht die Anwendung der Rechtsgrundsätze vom Fehlen der Geschäftsgrundlage.
Daß das rechtlich maßgebliche Eigenkapital Geschäftsgrundl age der Abfindungsvereinbarung gewesen ist, hat das Beschwerdegericht im übrigen zu Recht nicht angenommen. Solches liegt schon deswegen fern, weil dann der ersichtlich mit der Vereinbarung verfolgte Zweck nicht erreicht werden könnte. Mit der Erfüllung der dem Angebot entsprechenden Zahlungsverpflichtung sollten alle Forderungen des ausscheidenden Mitglieds abgegolten sein. Damit verträgt sich nicht die Vorstellung, daß die Vertragsparteien letztlich doch nicht das Bilanzkapital, sondern einen möglicherweise davon abweichenden "wahren Wert" der Genossenschaft als Grundlage ihrer Abfindungsvereinbarung ansahen. Denn dann führte jede Abweichung - soweit die Zumutbarkeitsgrenze überschritten ist - zu einer Nachabfindung, und die Abgeltungsklausel liefe leer.

IV.


Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 44, 45 LwVG.
Wenzel Krüger Lemke

Das Urteil kann nur von denjenigen Richtern gefällt werden, welche der dem Urteil zugrunde liegenden Verhandlung beigewohnt haben.

(1) Über den Antrag auf Zurückweisung einer Nebenintervention wird nach mündlicher Verhandlung unter den Parteien und dem Nebenintervenienten entschieden. Der Nebenintervenient ist zuzulassen, wenn er sein Interesse glaubhaft macht.

(2) Gegen das Zwischenurteil findet sofortige Beschwerde statt.

(3) Solange nicht die Unzulässigkeit der Intervention rechtskräftig ausgesprochen ist, wird der Intervenient im Hauptverfahren zugezogen.

(1) Die Parteien verhandeln über den Rechtsstreit vor dem erkennenden Gericht mündlich.

(2) Mit Zustimmung der Parteien, die nur bei einer wesentlichen Änderung der Prozesslage widerruflich ist, kann das Gericht eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung treffen. Es bestimmt alsbald den Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können, und den Termin zur Verkündung der Entscheidung. Eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ist unzulässig, wenn seit der Zustimmung der Parteien mehr als drei Monate verstrichen sind.

(3) Ist nur noch über die Kosten oder Nebenforderungen zu entscheiden, kann die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ergehen.

(4) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

Das Urteil kann nur von denjenigen Richtern gefällt werden, welche der dem Urteil zugrunde liegenden Verhandlung beigewohnt haben.

(1) Parteifähig ist, wer rechtsfähig ist.

(2) Ein Verein, der nicht rechtsfähig ist, kann klagen und verklagt werden; in dem Rechtsstreit hat der Verein die Stellung eines rechtsfähigen Vereins.

(1) Gemeinden haben ihre öffentlichen Verkehrswege für die Verlegung und den Betrieb von Leitungen, einschließlich Fernwirkleitungen zur Netzsteuerung und Zubehör, zur unmittelbaren Versorgung von Letztverbrauchern im Gemeindegebiet diskriminierungsfrei durch Vertrag zur Verfügung zu stellen. Unbeschadet ihrer Verpflichtungen nach Satz 1 können die Gemeinden den Abschluss von Verträgen ablehnen, solange das Energieversorgungsunternehmen die Zahlung von Konzessionsabgaben in Höhe der Höchstsätze nach § 48 Absatz 2 verweigert und eine Einigung über die Höhe der Konzessionsabgaben noch nicht erzielt ist.

(2) Verträge von Energieversorgungsunternehmen mit Gemeinden über die Nutzung öffentlicher Verkehrswege für die Verlegung und den Betrieb von Leitungen, die zu einem Energieversorgungsnetz der allgemeinen Versorgung im Gemeindegebiet gehören, dürfen höchstens für eine Laufzeit von 20 Jahren abgeschlossen werden. Werden solche Verträge nach ihrem Ablauf nicht verlängert, so ist der bisher Nutzungsberechtigte verpflichtet, seine für den Betrieb der Netze der allgemeinen Versorgung im Gemeindegebiet notwendigen Verteilungsanlagen dem neuen Energieversorgungsunternehmen gegen Zahlung einer wirtschaftlich angemessenen Vergütung zu übereignen. Das neue Energieversorgungsunternehmen kann statt der Übereignung verlangen, dass ihm der Besitz hieran eingeräumt wird. Für die wirtschaftlich angemessene Vergütung ist der sich nach den zu erzielenden Erlösen bemessende objektivierte Ertragswert des Energieversorgungsnetzes maßgeblich. Die Möglichkeit zur Einigung auf eine anderweitig basierte Vergütung bleibt unberührt.

(3) Die Gemeinden machen spätestens zwei Jahre vor Ablauf von Verträgen nach Absatz 2 das Vertragsende und einen ausdrücklichen Hinweis auf die nach § 46a von der Gemeinde in geeigneter Form zu veröffentlichenden Daten sowie den Ort der Veröffentlichung durch Veröffentlichung im Bundesanzeiger bekannt. Wenn im Gemeindegebiet mehr als 100 000 Kunden unmittelbar oder mittelbar an das Versorgungsnetz angeschlossen sind, hat die Bekanntmachung zusätzlich im Amtsblatt der Europäischen Union zu erfolgen. Beabsichtigen Gemeinden eine Verlängerung von Verträgen nach Absatz 2 vor Ablauf der Vertragslaufzeit, so sind die bestehenden Verträge zu beenden und die vorzeitige Beendigung sowie das Vertragsende nach Maßgabe der Sätze 1 und 2 öffentlich bekannt zu geben.

(4) Die Gemeinde ist bei der Auswahl des Unternehmens den Zielen des § 1 Absatz 1 verpflichtet. Unter Wahrung netzwirtschaftlicher Anforderungen, insbesondere der Versorgungssicherheit und der Kosteneffizienz, können auch Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft berücksichtigt werden. Bei der Gewichtung der einzelnen Auswahlkriterien ist die Gemeinde berechtigt, den Anforderungen des jeweiligen Netzgebietes Rechnung zu tragen. Die Gemeinde hat jedem Unternehmen, das innerhalb einer von der Gemeinde in der Bekanntmachung nach Absatz 3 Satz 1 oder 3 gesetzten Frist von mindestens drei Kalendermonaten ein Interesse an der Nutzung der öffentlichen Verkehrswege bekundet, die Auswahlkriterien und deren Gewichtung in Textform mitzuteilen.

(5) Die Gemeinde hat die Unternehmen, deren Angebote nicht angenommen werden sollen, über die Gründe der vorgesehenen Ablehnung ihres Angebots und über den frühesten Zeitpunkt des beabsichtigten Vertragsschlusses in Textform zu informieren. Die Gemeinde macht bei Neuabschluss oder Verlängerung von Verträgen nach Absatz 2 ihre Entscheidung unter Angabe der maßgeblichen Gründe öffentlich bekannt.

(6) Die Absätze 2 bis 5 finden für Eigenbetriebe der Gemeinden entsprechende Anwendung.

(7) Die Aufgaben und Zuständigkeiten der Kartellbehörden nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen bleiben unberührt.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Gemeinden haben ihre öffentlichen Verkehrswege für die Verlegung und den Betrieb von Leitungen, einschließlich Fernwirkleitungen zur Netzsteuerung und Zubehör, zur unmittelbaren Versorgung von Letztverbrauchern im Gemeindegebiet diskriminierungsfrei durch Vertrag zur Verfügung zu stellen. Unbeschadet ihrer Verpflichtungen nach Satz 1 können die Gemeinden den Abschluss von Verträgen ablehnen, solange das Energieversorgungsunternehmen die Zahlung von Konzessionsabgaben in Höhe der Höchstsätze nach § 48 Absatz 2 verweigert und eine Einigung über die Höhe der Konzessionsabgaben noch nicht erzielt ist.

(2) Verträge von Energieversorgungsunternehmen mit Gemeinden über die Nutzung öffentlicher Verkehrswege für die Verlegung und den Betrieb von Leitungen, die zu einem Energieversorgungsnetz der allgemeinen Versorgung im Gemeindegebiet gehören, dürfen höchstens für eine Laufzeit von 20 Jahren abgeschlossen werden. Werden solche Verträge nach ihrem Ablauf nicht verlängert, so ist der bisher Nutzungsberechtigte verpflichtet, seine für den Betrieb der Netze der allgemeinen Versorgung im Gemeindegebiet notwendigen Verteilungsanlagen dem neuen Energieversorgungsunternehmen gegen Zahlung einer wirtschaftlich angemessenen Vergütung zu übereignen. Das neue Energieversorgungsunternehmen kann statt der Übereignung verlangen, dass ihm der Besitz hieran eingeräumt wird. Für die wirtschaftlich angemessene Vergütung ist der sich nach den zu erzielenden Erlösen bemessende objektivierte Ertragswert des Energieversorgungsnetzes maßgeblich. Die Möglichkeit zur Einigung auf eine anderweitig basierte Vergütung bleibt unberührt.

(3) Die Gemeinden machen spätestens zwei Jahre vor Ablauf von Verträgen nach Absatz 2 das Vertragsende und einen ausdrücklichen Hinweis auf die nach § 46a von der Gemeinde in geeigneter Form zu veröffentlichenden Daten sowie den Ort der Veröffentlichung durch Veröffentlichung im Bundesanzeiger bekannt. Wenn im Gemeindegebiet mehr als 100 000 Kunden unmittelbar oder mittelbar an das Versorgungsnetz angeschlossen sind, hat die Bekanntmachung zusätzlich im Amtsblatt der Europäischen Union zu erfolgen. Beabsichtigen Gemeinden eine Verlängerung von Verträgen nach Absatz 2 vor Ablauf der Vertragslaufzeit, so sind die bestehenden Verträge zu beenden und die vorzeitige Beendigung sowie das Vertragsende nach Maßgabe der Sätze 1 und 2 öffentlich bekannt zu geben.

(4) Die Gemeinde ist bei der Auswahl des Unternehmens den Zielen des § 1 Absatz 1 verpflichtet. Unter Wahrung netzwirtschaftlicher Anforderungen, insbesondere der Versorgungssicherheit und der Kosteneffizienz, können auch Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft berücksichtigt werden. Bei der Gewichtung der einzelnen Auswahlkriterien ist die Gemeinde berechtigt, den Anforderungen des jeweiligen Netzgebietes Rechnung zu tragen. Die Gemeinde hat jedem Unternehmen, das innerhalb einer von der Gemeinde in der Bekanntmachung nach Absatz 3 Satz 1 oder 3 gesetzten Frist von mindestens drei Kalendermonaten ein Interesse an der Nutzung der öffentlichen Verkehrswege bekundet, die Auswahlkriterien und deren Gewichtung in Textform mitzuteilen.

(5) Die Gemeinde hat die Unternehmen, deren Angebote nicht angenommen werden sollen, über die Gründe der vorgesehenen Ablehnung ihres Angebots und über den frühesten Zeitpunkt des beabsichtigten Vertragsschlusses in Textform zu informieren. Die Gemeinde macht bei Neuabschluss oder Verlängerung von Verträgen nach Absatz 2 ihre Entscheidung unter Angabe der maßgeblichen Gründe öffentlich bekannt.

(6) Die Absätze 2 bis 5 finden für Eigenbetriebe der Gemeinden entsprechende Anwendung.

(7) Die Aufgaben und Zuständigkeiten der Kartellbehörden nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen bleiben unberührt.

(1) Gegen Beschlüsse der Oberlandesgerichte findet die Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof statt, wenn das Oberlandesgericht die Rechtsbeschwerde zugelassen hat. Für Beschlüsse des Landessozialgerichts in Streitigkeiten, die die freiwillige Vereinigung von Krankenkassen nach § 158 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen, gilt § 202 Satz 3 des Sozialgerichtsgesetzes.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn

1.
eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden ist oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert.

(3) Über die Zulassung oder Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde ist in der Entscheidung des Oberlandesgerichts zu befinden. Die Nichtzulassung ist zu begründen.

(4) Einer Zulassung zur Einlegung der Rechtsbeschwerde gegen Entscheidungen des Beschwerdegerichts bedarf es nicht, wenn einer der folgenden Mängel des Verfahrens vorliegt und gerügt wird:

1.
wenn das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3.
wenn einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4.
wenn ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5.
wenn die Entscheidung aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6.
wenn die Entscheidung nicht mit Gründen versehen ist.

(1) Die Kartellbehörde leitet ein Verfahren von Amts wegen oder auf Antrag ein. Die Kartellbehörde kann auf entsprechendes Ersuchen zum Schutz eines Beschwerdeführers ein Verfahren von Amts wegen einleiten. Soweit sich nicht aus den besonderen Bestimmungen dieses Gesetzes Abweichungen ergeben, sind für das Verfahren die allgemeinen Vorschriften der Verwaltungsverfahrensgesetze anzuwenden.

(2) An dem Verfahren vor der Kartellbehörde ist oder sind beteiligt:

1.
wer die Einleitung eines Verfahrens beantragt hat;
2.
Kartelle, Unternehmen, Wirtschafts- oder Berufsvereinigungen, gegen die sich das Verfahren richtet;
3.
Personen und Personenvereinigungen, deren Interessen durch die Entscheidung erheblich berührt werden und die die Kartellbehörde auf ihren Antrag zu dem Verfahren beigeladen hat; Interessen der Verbraucherzentralen und anderer Verbraucherverbände, die mit öffentlichen Mitteln gefördert werden, werden auch dann erheblich berührt, wenn sich die Entscheidung auf eine Vielzahl von Verbrauchern auswirkt und dadurch die Interessen der Verbraucher insgesamt erheblich berührt werden;
4.
in den Fällen des § 37 Absatz 1 Nummer 1 oder 3 auch der Veräußerer.

(3) An Verfahren vor obersten Landesbehörden ist auch das Bundeskartellamt beteiligt.

(4) Fähig, am Verfahren vor der Kartellbehörde beteiligt zu sein, sind außer natürlichen und juristischen Personen auch nichtrechtsfähige Personenvereinigungen.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Die durch eine Nebenintervention verursachten Kosten sind dem Gegner der Hauptpartei aufzuerlegen, soweit er nach den Vorschriften der §§ 91 bis 98 die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat; soweit dies nicht der Fall ist, sind sie dem Nebenintervenienten aufzuerlegen.

(2) Gilt der Nebenintervenient als Streitgenosse der Hauptpartei (§ 69), so sind die Vorschriften des § 100 maßgebend.