Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Feb. 2019 - XII ZB 276/18

published on 13/02/2019 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Feb. 2019 - XII ZB 276/18
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Previous court decisions
Amtsgericht Amberg, 3 XVII 146/17, 21/06/2017
Landgericht Amberg, 32 T 635/17, 29/05/2018

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 276/18
vom
13. Februar 2019
in der Betreuungssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zum Umfang der von Amts wegen vorzunehmenden Sachaufklärung bezüglich
der Auswahl eines Betreuers.
BGH, Beschluss vom 13. Februar 2019 - XII ZB 276/18 - LG Amberg
AG Amberg
ECLI:DE:BGH:2019:130219BXIIZB276.18.0

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. Februar 2019 durch den Vorsitzenden Richter Dose, die Richter Prof. Dr. Klinkhammer, Dr. NeddenBoeger und Guhling und die Richterin Dr. Krüger
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des weiteren Beteiligten zu 1 wird der Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Amberg vom 29. Mai 2018 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an eine andere Zivilkammer des Landgerichts zurückverwiesen. Wert: 5.000 €

Gründe:

I.

1
Für die 1926 geborene Betroffene, die an Demenz leidet, ist im vorliegenden Verfahren eine rechtliche Betreuung angeordnet worden.
2
Bezüglich des Aufgabenkreises Gesundheitssorge sowie Vertretung gegenüber Behörden, Versicherungen, Renten- und Sozialleistungsträgern einschließlich des jeweiligen Postverkehrs hat das Amtsgericht die Beteiligte zu 4, eine Enkelin der Betroffenen, zur Betreuerin bestellt. Zum Ersatzbetreuer hat es insoweit den Beteiligten zu 2, ebenfalls ein Enkel der Betroffenen, bestellt. Für die Vermögenssorge, die Aufenthaltsbestimmung verbunden mit Entscheidungen über Wohnungsangelegenheiten und Abschluss von Heimverträgen sowie den entsprechenden Postverkehr ist der Beteiligte zu 5 als Berufsbetreuer bestellt worden.
3
Die dagegen gerichtete Beschwerde des Beteiligten zu 2 ist vom Landgericht durch Beschluss vom 4. September 2017 zurückgewiesen worden. Dieser Beschluss ist auf die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 2 durch Senatsbeschluss vom 14. März 2018 (XII ZB 503/17 - FamRZ 2018, 849) aufgehoben worden. Nach Zurückverweisung der Sache hat das Landgericht unter unzutreffender Bezeichnung des Rechtsmittels als "sofortige Beschwerde" den Beteiligten zu 2 zum alleinigen Betreuer bestellt. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des zum Verfahrenspfleger bestellten Beteiligten zu 1.

II.

4
Die Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung auch des nunmehr angefochtenen Beschlusses und zur erneuten Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.
5
1. Das Landgericht hat seine Entscheidung nach durchgeführter persönlicher Anhörung der Betroffenen damit begründet, dass die Bestellung des Beteiligten zu 2 zum Betreuer dem ausdrücklichen Wunsch der Betroffenen entspreche. Gewichtige Gründe des Wohls der Betroffenen stünden dem nicht entgegen. Eine konkrete Gefahr, dass dieser die Betreuung nicht zum Wohl der Betroffenen führen werde, könne nicht festgestellt werden. Die bestehenden familiären Spannungen zwischen den Beteiligten genügten dafür nicht.
6
2. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
7
Die Rechtsbeschwerde rügt zutreffend, dass das Landgericht die nach § 26 FamFG notwendige Aufklärung zu der Frage unterlassen hat, ob die Bestellung des Beteiligten zu 2 dem Wohl der Betroffenen zuwiderläuft. Für eine diesbezügliche Aufklärung liegen hier gewichtige Anhaltspunkte vor. Insbesondere hat der Beteiligte zu 2 zumindest versucht, erhebliche Verfügungen über das Vermögen der Betroffenen zu veranlassen, wozu nähere Umstände und Hintergründe vom Landgericht von Amts wegen hätten aufgeklärt werden müssen. Wie das Landgericht dennoch zu der Aussage gelangt ist, es lasse sich nicht feststellen, dass eine Auswahl des Beteiligten zu 2 dem Wohl der Betroffenen widerspreche, erscheint bei dem gegebenen Sachstand nicht nachvollziehbar. Das Landgericht hätte vor einer abschließenden Sachentscheidung vielmehr den gegen den Beteiligten zu 2 geäußerten Vorwürfen der weiteren Beteiligten zu 1, 4 und 5, insbesondere den unklar gebliebenen näheren Umständen einer Schenkung über insgesamt 32.000 € sowie der Tragfähigkeit der vom Beteiligten zu 2 hierfür angegebenen Begründung, nachgehen müssen. Entgegen der Auffassung des Beteiligten zu 2 muss - und darf - für die Entscheidung im dem Erwachsenenschutz dienenden Betreuungsverfahren nicht der Ausgang der gegen den Beteiligten zu 2 eingeleiteten (Zivil- und Ermittlungs -)Verfahren abgewartet werden.
8
3. Da die angefochtene Entscheidung auf dem Verfahrensfehler beruht, ist sie aufzuheben und die Sache an das Landgericht zurückzuverweisen. Der Senat macht wegen der wiederholten Aufhebung und Zurückverweisung von der Möglichkeit gemäß § 74 Abs. 6 Satz 3 FamFG Gebrauch, die Sache an eine andere Zivilkammer des Landgerichts zurückzuverweisen (vgl. Senatsbeschluss vom 15. März 2017 - XII ZB 563/16 - juris Rn. 12; Keidel/Meyer-Holz FamFG 19. Aufl. § 74 Rn. 86).
9
Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung , zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen (§ 74 Abs. 7 FamFG). Dose Klinkhammer Nedden-Boeger Guhling Krüger
Vorinstanzen:
AG Amberg, Entscheidung vom 21.06.2017 - 3 XVII 146/17 -
LG Amberg, Entscheidung vom 29.05.2018 - 32 T 635/17 -
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(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft ist und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig

Das Gericht hat von Amts wegen die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen.
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published on 14/03/2018 00:00

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Annotations

Das Gericht hat von Amts wegen die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen.

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft ist und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Ergibt die Begründung des angefochtenen Beschlusses zwar eine Rechtsverletzung, stellt sich die Entscheidung aber aus anderen Gründen als richtig dar, ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(3) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Beteiligten gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 71 Abs. 3 und § 73 Satz 2 gerügt worden sind. Die §§ 559, 564 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(4) Auf das weitere Verfahren sind, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts ergeben, die im ersten Rechtszug geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden.

(5) Soweit die Rechtsbeschwerde begründet ist, ist der angefochtene Beschluss aufzuheben.

(6) Das Rechtsbeschwerdegericht entscheidet in der Sache selbst, wenn diese zur Endentscheidung reif ist. Andernfalls verweist es die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und des Verfahrens zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das Beschwerdegericht oder, wenn dies aus besonderen Gründen geboten erscheint, an das Gericht des ersten Rechtszugs zurück. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(7) Von einer Begründung der Entscheidung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.