Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Aug. 2009 - XII ZA 30/09
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Die Beklagte ist durch Urteil des Landgerichts zur Zahlung rückständiger Nutzungsentschädigung und Nebenkosten in Höhe von insgesamt 36.937,76 € und zur Räumung und Herausgabe eines Hotels verurteilt worden. Den Antrag der Beklagten, ihr gemäß § 765 a ZPO Räumungsfrist mindestens bis zum 15. Januar 2007 zu gewähren, hat das Landgericht abgelehnt, weil für diesen Antrag ausschließlich das Vollstreckungsgericht gemäß § 802 ZPO zuständig sei. Das Landgericht hat sein Urteil gegen Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar erklärt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht das Urteil des Landgerichts aufgehoben, soweit die Beklagte zur Zahlung von mehr als 22.851,36 € verurteilt worden ist, und die Klage im Übrigen abgewiesen. Die weitergehende Berufung hat es zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Es hat sein Urteil für vorläufig vollstreckbar erklärt und der Beklagten nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung abzuwenden , wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
- 2
- Die Beklagte hat durch ihren zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten beantragt, ihr Prozesskostenhilfe für die Durchführung einer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Oberlandesgerichts unter Beiordnung eines beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalts zu bewilligen (Schriftsatz vom 18. Juni 2009). Mit Schriftsatz vom 20. Juli 2009 hat sie ihren Prozesskostenhilfeantrag begründet. Zusätzlich hat sie beantragt, die Vollstreckung aus dem Urteil des Oberlandesgerichts Braunschweig einstweilen für sechs Monate einzustellen.
II.
- 3
- 1. Der Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem Berufungsurteil ist unzulässig, weil er entgegen § 78 Abs. 1 Satz 3 ZPO nicht von einem bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt gestellt worden ist. Für den im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren gestellten Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung besteht ebenso wie für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren selbst Anwaltszwang (BGH Beschlüsse vom 6. Mai 2004 - V ZA 4/04 - NJW-RR 2004, 936). Die Ausnahme des § 78 Abs. 5 ZPO gilt nicht für den Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung.
- 4
- 2. Der Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung wäre im Übrigen auch nicht begründet. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt eine Einstellung der Zwangsvollstreckung nach § 719 Abs. 2 ZPO nur in Betracht, wenn der Schuldner im Berufungsrechtszug einen Vollstreckungsschutzantrag gemäß § 712 ZPO gestellt hat, oder ihm ein solcher Antrag nicht möglich oder nicht zumutbar gewesen wäre (Senatsbeschlüsse vom 1. Juli 2009 - XII ZR 50/09 - juris, vom 6. Juni 2006 - XII ZR 80/06 - NJW-RR 2006, 1088 und vom 2. Oktober 2002 - XII ZR 173/02 - NJW-RR 2002, 1650).
- 5
- Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Die Beklagte hat in der Berufungsinstanz keinen Vollstreckungsschutzantrag gestellt. Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass es ihr im Berufungsrechtszug aus besonderen Gründen nicht möglich oder zumutbar gewesen wäre, einen entsprechenden Schutzantrag bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergangen ist (§ 714 Abs. 1 ZPO), zu stellen.
- 6
- 3. Der Antrag der Beklagten auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Berufungsurteil war zurückzuweisen, weil die beabsichtigte Nichtzulassungsbeschwerde keine Aussicht auf Erfolg hat.
Vorinstanzen:
LG Braunschweig, Entscheidung vom 21.07.2006 - 4 O 2535/05 -
OLG Braunschweig, Entscheidung vom 14.05.2009 - 1 U 59/06 -
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Annotations
Die in diesem Buch angeordneten Gerichtsstände sind ausschließliche.
(1) Vor den Landgerichten und Oberlandesgerichten müssen sich die Parteien durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Ist in einem Land auf Grund des § 8 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz ein oberstes Landesgericht errichtet, so müssen sich die Parteien vor diesem ebenfalls durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Vor dem Bundesgerichtshof müssen sich die Parteien durch einen bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen.
(2) Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich als Beteiligte für die Nichtzulassungsbeschwerde durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.
(3) Diese Vorschriften sind auf das Verfahren vor einem beauftragten oder ersuchten Richter sowie auf Prozesshandlungen, die vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vorgenommen werden können, nicht anzuwenden.
(4) Ein Rechtsanwalt, der nach Maßgabe der Absätze 1 und 2 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.
(1) Wird gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil der Einspruch oder die Berufung eingelegt, so gelten die Vorschriften des § 707 entsprechend. Die Zwangsvollstreckung aus einem Versäumnisurteil darf nur gegen Sicherheitsleistung eingestellt werden, es sei denn, dass das Versäumnisurteil nicht in gesetzlicher Weise ergangen ist oder die säumige Partei glaubhaft macht, dass ihre Säumnis unverschuldet war.
(2) Wird Revision gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil eingelegt, so ordnet das Revisionsgericht auf Antrag an, dass die Zwangsvollstreckung einstweilen eingestellt wird, wenn die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde und nicht ein überwiegendes Interesse des Gläubigers entgegensteht. Die Parteien haben die tatsächlichen Voraussetzungen glaubhaft zu machen.
(3) Die Entscheidung ergeht durch Beschluss.
(1) Würde die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen, so hat ihm das Gericht auf Antrag zu gestatten, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung ohne Rücksicht auf eine Sicherheitsleistung des Gläubigers abzuwenden; § 709 Satz 2 gilt in den Fällen des § 709 Satz 1 entsprechend. Ist der Schuldner dazu nicht in der Lage, so ist das Urteil nicht für vorläufig vollstreckbar zu erklären oder die Vollstreckung auf die in § 720a Abs. 1, 2 bezeichneten Maßregeln zu beschränken.
(2) Dem Antrag des Schuldners ist nicht zu entsprechen, wenn ein überwiegendes Interesse des Gläubigers entgegensteht. In den Fällen des § 708 kann das Gericht anordnen, dass das Urteil nur gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist.
(1) Anträge nach den §§ 710, 711 Satz 3, § 712 sind vor Schluss der mündlichen Verhandlung zu stellen, auf die das Urteil ergeht.
(2) Die tatsächlichen Voraussetzungen sind glaubhaft zu machen.