Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Feb. 2018 - XI ZR 547/17

published on 21/02/2018 00:00
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Landgericht Münster, 14 O 119/15, 22/10/2015
Oberlandesgericht Hamm, 5 U 142/15, 31/07/2017

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZR 547/17
vom
21. Februar 2018
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2018:210218BXIZR547.17.0

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. Februar 2018 durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Ellenberger, die Richter Maihold und Dr. Matthias sowie die Richterinnen Dr. Menges und Dr. Dauber
beschlossen:
Die Gehörsrüge des Klägers gegen den Beschluss des Senats vom 9. Januar 2018 wird auf dessen Kosten zurückgewiesen. Der erneute Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und der Antrag des Klägers auf vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung werden zurückgewiesen.

Gründe:

1
1. Die als Anhörungsrüge aufzufassende "Beschwerde" des Klägers in dem am 6. Februar 2018 als Telefax eingegangenen, unzutreffend auf den "2. September 2017" datierten Schreiben ist unbegründet, weil der Senat den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs nicht in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat (§ 321a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 4 Satz 3 ZPO). Der Senat hat das Vorbringen des Klägers umfassend geprüft und für nicht durchgreifend erachtet.
2
2. Der gleichzeitig erneut gestellte Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist zurückzuweisen, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine Aussicht auf Erfolg hat. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 31. Juli 2017 ist mit Beschluss vom 9. Januar 2018 als unzulässig verworfen worden.
3
Umstände, die eine Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde (§ 233 ZPO) rechtfertigen könnten, liegen nicht vor. Dazu hätte innerhalb der auf Antrag des Klägers bis zum 4. Dezember 2017 verlängerten Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde neben dem Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe auch eine Erklärung zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen der Partei nebst den erforderlichen Nachweisen (vgl. § 117 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 und 4 ZPO) vorgelegt werden müssen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 18. Januar 2012 - IX ZB 285/11, juris Rn. 5, vom 5. Februar 2013 - XI ZA 13/12, WuM 2013, 377 Rn. 4, vom 27. August 2014 - XII ZB 394/13, juris Rn. 16, vom 14. Juli 2015 - II ZA 29/14, juris Rn. 2, vom 18. August 2015 - VI ZA 13/15, juris Rn. 2 und vom 12. April 2016 - XI ZR 479/15, juris Rn. 4, jeweils mwN). Das ist nicht geschehen. Formblatt und Unterlagen, die mit dem am 6. Februar 2018 eingegangenen Telefax nachgereicht worden sind, können diese Frist nicht wahren.
4
Es begründet auch keinen die Wiedereinsetzung rechtfertigenden Hinderungsgrund nach § 233 ZPO, dass der Kläger nach seinem - nicht glaubhaft gemachten - Vortrag eine Entscheidung seiner Rechtsschutzversicherung über eine Deckungszusage habe abwarten wollen. Denn eine Partei, die mangels Deckungszusage der Rechtsschutzversicherung mittellos und deswegen nicht in der Lage ist, ein Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren auf eigene Kosten durchzuführen, ist gehalten, innerhalb der zu wahrenden Frist einen diesen Umstand umfassenden, den beschriebenen Anforderungen entsprechenden Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe einzureichen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 24. November 2015 - VI ZR 567/15, WM 2016, 286 Rn. 2 und vom 20. Juli 2016 - VIII ZR 114/16, juris Rn. 4).
5
3. Der weiter gestellte Antrag des Klägers auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung ist unzulässig, weil der Kläger dabei entgegen § 78 Abs. 1 Satz 3 ZPO nicht von einem bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt vertreten wird (vgl. Senatsbeschluss vom 22. Februar 2012 - XI ZA 12/11, MDR 2012, 1432 Rn. 2). Unabhängig davon kann eine Einstellung der Zwangsvollstreckung auch sachlich nicht gewährt werden, weil - wie ausgeführt - die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers verworfen worden ist und eine Wiedereinsetzung in die versäumte Begründungsfrist nicht in Betracht kommt, sodass die Nichtzulassungsbeschwerde keine Aussicht auf Erfolg hat (vgl. BGH, Beschlüsse vom 11. Oktober 2016 - VIII ZR 203/16, juris Rn. 5 und vom 26. Juli 2017 - XI ZR 295/17, juris Rn. 2).
Ellenberger Maihold Matthias Menges Dauber
Vorinstanzen:
LG Münster, Entscheidung vom 22.10.2015 - 14 O 119/15 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 31.07.2017 - I-5 U 142/15 -
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Annotations

(1) Auf die Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei ist das Verfahren fortzuführen, wenn

1.
ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und
2.
das Gericht den Anspruch dieser Partei auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
Gegen eine der Endentscheidung vorausgehende Entscheidung findet die Rüge nicht statt.

(2) Die Rüge ist innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.

(3) Dem Gegner ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(4) Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rüge an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist erhoben ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rüge als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.

(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies auf Grund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. § 343 gilt entsprechend. In schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können.

War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

(1) Der Antrag auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe ist bei dem Prozessgericht zu stellen; er kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. In dem Antrag ist das Streitverhältnis unter Angabe der Beweismittel darzustellen. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Zwangsvollstreckung ist bei dem für die Zwangsvollstreckung zuständigen Gericht zu stellen.

(2) Dem Antrag sind eine Erklärung der Partei über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten) sowie entsprechende Belege beizufügen. Die Erklärung und die Belege dürfen dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden; es sei denn, der Gegner hat gegen den Antragsteller nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts einen Anspruch auf Auskunft über Einkünfte und Vermögen des Antragstellers. Dem Antragsteller ist vor der Übermittlung seiner Erklärung an den Gegner Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Er ist über die Übermittlung seiner Erklärung zu unterrichten.

(3) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, zur Vereinfachung und Vereinheitlichung des Verfahrens durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Formulare für die Erklärung einzuführen. Die Formulare enthalten die nach § 120a Absatz 2 Satz 4 erforderliche Belehrung.

(4) Soweit Formulare für die Erklärung eingeführt sind, muss sich die Partei ihrer bedienen.

War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

(1) Vor den Landgerichten und Oberlandesgerichten müssen sich die Parteien durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Ist in einem Land auf Grund des § 8 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz ein oberstes Landesgericht errichtet, so müssen sich die Parteien vor diesem ebenfalls durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Vor dem Bundesgerichtshof müssen sich die Parteien durch einen bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen.

(2) Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich als Beteiligte für die Nichtzulassungsbeschwerde durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

(3) Diese Vorschriften sind auf das Verfahren vor einem beauftragten oder ersuchten Richter sowie auf Prozesshandlungen, die vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vorgenommen werden können, nicht anzuwenden.

(4) Ein Rechtsanwalt, der nach Maßgabe der Absätze 1 und 2 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.