Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Sept. 2007 - XI ZB 6/07

bei uns veröffentlicht am25.09.2007
vorgehend
Landgericht Konstanz, 5 O 7/04, 05.10.2005
Oberlandesgericht Karlsruhe, 9 U 186/05, 17.01.2007

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZB 6/07
vom
25. September 2007
in dem Rechtsstreit
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Dr. h.c. Nobbe, den Richter Dr. Joeres, die Richterin Mayen und
die Richter Dr. Ellenberger und Prof. Dr. Schmitt
am 25. September 2007

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Nebenintervenienten des Klägers wird der Beschluss des 9. Zivilsenats in Freiburg des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 17. Januar 2007 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Beschwerdewert: 7.442.542,00 €

Gründe:


1
Das Landgericht hat mit Urteil vom 5. Oktober 2005 die Klage des Klägers gegen die Beklagte, mit der er Schadensersatz aus einem verlustträchtigen Investment begehrt, abgewiesen. Die Entscheidung wurde dem Kläger zu Händen seiner Prozessbevollmächtigten, der Nebenintervenienten , am 12. Oktober 2005 zugestellt.
2
Mit Schriftsatz vom 11. November 2005 hat der Nebenintervenient zu 2) namens des Klägers eine Berufungsschrift nebst Berufungsbegründung eingereicht, verbunden mit dem Antrag, dem Kläger "vorab" Prozesskostenhilfe zu gewähren und den Nebenintervenienten zu 2) beizuordnen sowie der Bitte, nach Gewährung von Prozesskostenhilfe den Schriftsatz zuzustellen. Auf telefonische Rückfrage des Vorsitzenden am 15. November 2005 teilte der Nebenintervenient zu 2) mit Schriftsatz vom 18. November 2005 mit, dass es sich bei dem Schriftsatz vom 11. November 2005 um einen Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe handele, verbunden mit dem Entwurf einer Berufungsbegründung.
3
am Mit 18. Oktober 2006 zugestelltem Beschluss vom 25. September 2006 bewilligte das Oberlandesgericht dem Kläger Prozesskostenhilfe zur Durchführung der Berufung in eingeschränktem Umfang. Am 29. November 2006 wurde das Verfahren vom Oberlandesgericht ausgetragen, da kein Wiedereinsetzungsgesuch gestellt und die Berufung auch nicht nachgeholt worden sei. Eine entsprechende Mitteilung ging am 4. Dezember 2006 bei den Nebenintervenienten ein. Mit Telefax vom 19. Dezember 2006 beantragte der Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der Berufungseinlegung und der Berufungsbegründung.
4
Das Oberlandesgericht hat die Berufung durch den angegriffenen Beschluss als unzulässig verworfen und zugleich das Wiedereinsetzungsgesuch zurückgewiesen. Mit ihrer Rechtsbeschwerde wenden sich die Nebenintervenienten ausschließlich dagegen, dass das Oberlandesgericht den Schriftsatz vom 11. November 2005 nicht als unbedingte Einlegung der Berufung nebst Berufungsbegründung gewertet hat.

II.


5
Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft und gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO zulässig, weil eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist. Sie ist auch begründet , weil das Berufungsgericht die Anforderungen an eine zulässige Berufung überspannt hat.
6
1. Der Kläger hat die Frist zur Berufungseinlegung und zur Berufungsbegründung mit seinem Schriftsatz vom 11. November 2005 gewahrt , so dass sich die Frage der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht stellt.
7
Wenn a) der Rechtsmittelführer einen Prozesskostenhilfeantrag verbunden mit einem Schriftsatz einreicht, der - wie hier - die formalen Anforderungen einer Berufungsschrift bzw. einer Berufungsbegründung erfüllt, ist das regelmäßig als unbedingt eingelegtes Rechtsmittel zu behandeln. Die Deutung, dass der Schriftsatz zunächst nur als Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe gemeint war, kommt nur dann in Betracht , wenn sich das entweder aus dem Schriftsatz selbst oder sonst aus den Begleitumständen mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit ergibt. Im Zweifel ist zugunsten des Rechtsmittelführers anzunehmen, dass er eher das Kostenrisiko einer ganz oder teilweise erfolglosen Berufung auf sich nimmt als von vornherein zu riskieren , dass seine Berufung als unzulässig verworfen wird, er also unbedingt Berufung eingelegt hat und sich lediglich für den Fall der Versagung von Prozesskostenhilfe die Zurücknahme der Berufung vorbehält (vgl. BGHZ 165, 318, 320 f.; BGH, Beschlüsse vom 19. Mai 2004 - XII ZB 25/04, FamRZ 2004, 1553, 1554; vom 14. März 2007 - XII ZB 235/05, FamRZ 2007, 895, 896, Tz. 10 und vom 18. Juli 2007 - XII ZB 31/07, Umdruck S. 5, Tz. 10 m.w.Nachw.).
8
Das b) Oberlandesgericht hat diese Rechtsprechung bei seiner Auslegung nicht beachtet. Entscheidend ist bei der Auslegung allein der objektive Erklärungswert, wie er dem Berufungsgericht innerhalb der am 12. November 2005 ablaufenden Berufungsfrist erkennbar war. Spätere "klarstellende" Parteierklärungen können dabei nicht berücksichtigt werden (BGH, Beschluss vom 24. Mai 2000 - III ZB 8/00, NJW-RR 2000, 1590 m.w.Nachw.), so dass entgegen der Ansicht des Oberlandesgerichts die „Klarstellung“ im Schriftsatz vom 18. November 2005 bei der Auslegung außer Betracht zu bleiben hat. Der Schriftsatz vom 11. November 2005 erfüllt die formalen Anforderungen einer Berufungsschrift und -begründung (§§ 519, 520 ZPO). Er enthält die ohne Einschränkungen versehene Erklärung, dass gegen das erstinstanzliche Urteil Beru- fung eingelegt wird sowie Berufungsanträge und deren Begründung. Soweit in dem Schriftsatz ebenfalls beantragt wird, vorab über die Prozesskostenhilfe zu entscheiden und erst nach der Bewilligung von Prozesskostenhilfe den Schriftsatz zuzustellen, spricht das nicht in einer jeden Zweifel ausschließenden Deutlichkeit für eine bedingte Berufungseinlegung oder einen bloßen Prozesskostenhilfeantrag verbunden mit einem Entwurf einer Berufungsschrift. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist vielmehr vom Gegenteil auszugehen. Der Umstand, dass der Vorsitzende des Berufungssenats nach Vorlage des Schriftsatzes vom 11. November 2005 am 15. November 2005 den Prozessbevollmächtigten des Klägers um Klarstellung gebeten hat, zeigt im Übrigen, dass auch er Zweifel daran hatte, dass es sich um einen bloßen Prozesskostenhilfeantrag handelte. Bei dieser Sachlage durfte die Berufung nicht als unzulässig verworfen werden.

9
2. Der angefochtene Beschluss war daher aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO).
Nobbe Joeres Mayen
Ellenberger Schmitt
Vorinstanzen:
LG Konstanz, Entscheidung vom 05.10.2005 - 5 O 7/04 -
OLG Karlsruhe in Freiburg, Entscheidung vom 17.01.2007 - 9 U 186/05 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Zivilprozessordnung - ZPO | § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss


(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

Zivilprozessordnung - ZPO | § 520 Berufungsbegründung


(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. (2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 519 Berufungsschrift


(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt. (2) Die Berufungsschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;2.die Erklärung, dass gegen dieses Urtei

Zivilprozessordnung - ZPO | § 577 Prüfung und Entscheidung der Rechtsbeschwerde


(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde a

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Tenor Auf die Revision der Beklagten zu 2 wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart - 13. Zivilkammer - vom 15. Juni 2016 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten zu

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(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 25/04
vom
19. Mai 2004
in der Familiensache
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. Mai 2004 durch die Vorsitzende
Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke, Prof.
Dr. Wagenitz und Dose

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Klägers wird der Beschluß des 20. Familiensenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 22. Januar 2004 aufgehoben. Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der Gerichtskosten, von deren Erhebung abgesehen wird (§ 8 GKG). Beschwerdewert: 940 €

Gründe:

I.

Die Abänderungsklage, mit der der Kläger den Wegfall seiner Verpflichtung zur Zahlung von Kindesunterhalt ab August 2002 begehrte, wurde durch Urteil des Familiengerichts vom 4. Juli 2003, dem Kläger zugestellt am 10. Juli 2003, zurückgewiesen. Mit am 8. August 2003 bei Gericht eingegangenen Schriftsätzen legte der Kläger hiergegen "Berufung" ein mit dem Zusatz, die Durchführung werde
von der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe abhängig gemacht, beantragte Prozeßkostenhilfe für das Berufungsverfahren und legte einen mit der Unterschrift seines beim Berufungsgericht zugelassenen Prozeßbevollmächtigten versehenen Entwurf einer Berufungsbegründung vor. Mit Beschluß vom 27. November 2003, dem Kläger zugegangen am 4. Dezember 2003, bewilligte das Berufungsgericht Prozeßkostenhilfe für eingeschränkte Berufungsanträge. Daraufhin beantragte der Kläger mit einem als Berufung bezeichneten Schriftsatz, der am 19. Dezember 2003 (Freitag) per Fax bei Gericht einging, Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsfrist und begründete die Berufung zugleich unter Beschränkung seiner Berufungsanträge nach Maßgabe der Prozeßkostenhilfebewilligung. Auf einen dem Kläger am 2. Januar 2004 zugestellten Hinweis des Gerichts , die Wiedereinsetzungsfrist des § 234 ZPO sei durch das am 19. Dezember 2003 eingegangene Wiedereinsetzungsgesuch nicht gewahrt, beantragte der Kläger mit am 15. Januar 2004 eingegangenem Schriftsatz vorsorglich Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Wiedereinsetzungsfrist und machte durch eidesstattliche Versicherung seiner Büroangestellten glaubhaft , diese habe versäumt, die Weisung des Prozeßbevollmächtigten zu befolgen , das Wiedereinsetzungsgesuch vom 18. Dezember 2003 noch am gleichen Tage per Fax an das Berufungsgericht zu senden. Das Berufungsgericht sah die am 8. August 2003 eingegangene Berufungsschrift als unbedingt eingelegt an und verwarf die Berufung mangels rechtzeitiger Begründung mit Beschluß vom 22. Januar 2004. Zugleich verweigerte es die vom Kläger beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Rechtsbeschwerde des Klägers.

II.

1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §§ 574 Abs. 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft und gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert. 2. Sie ist auch begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Verwerfungsbeschlusses mit der Folge, daß das Berufungsverfahren fortzusetzen ist. Der Kläger hat weder die Berufungsfrist noch die Berufungsbegründungsfrist versäumt, so daß es einer Wiedereinsetzung nicht bedarf.
a) Das Berufungsgericht hat den am 8. August 2003 eingegangenen Schriftsatz als unbedingt eingelegte Berufung ausgelegt. Diese Auslegung, die das Gericht der Rechtsbeschwerde uneingeschränkt nachprüfen kann, läßt Rechtsfehler nicht erkennen. Der Berufungsschriftsatz ist innerhalb der Berufungsfrist eingegangen und wahrt die erforderlichen Förmlichkeiten. In ihm wird erklärt, daß gegen das näher bezeichnete Urteil des Amtsgerichts namens und in Vollmacht des Klägers Berufung eingelegt werde. Die Einlegung des Rechtsmittels ist zulässigerweise mit einem Prozeßkostenhilfegesuch verbunden worden. In einem solchen Fall muß der Rechtsmittelführer zwar alles vermeiden, was den Eindruck erweckt , er wolle eine (künftige) Prozeßhandlung nur ankündigen und sie von der Gewährung der Prozeßkostenhilfe abhängig machen (vgl. Senatsbeschluß vom 9. Juli 1986 - IVb ZB 55/86 - FamRZ 1986, 1987). Wenn aber - wie hier - die gesetzlichen Anforderungen an eine Berufungsschrift erfüllt sind, kommt die Deutung, daß der Schriftsatz nicht als unbedingte Berufung bestimmt war, nur
in Betracht, wenn sich dies aus den Begleitumständen mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit ergibt (vgl. Senatsbeschluß vom 10. Januar 1990 - XII ZB 134/89 - FamRZ 1990, 995). Mit Rücksicht auf die schwerwiegenden Folgen einer bedingten und damit unzulässigen Berufungseinlegung ist für die Annahme einer derartigen Bedingung eine ausdrückliche zweifelsfreie Erklärung erforderlich, die beispielsweise darin gesehen werden kann, daß der Schriftsatz als "Entwurf einer Berufungsschrift" bezeichnet wird, oder von einer "beabsichtigten Berufung" die Rede ist oder angekündigt wird, daß "nach Gewährung der Prozeßkostenhilfe" Berufung eingelegt werde (vgl. BGH, Urteil vom 31. Mai 1995 - VIII ZR 267/94 - BGHR ZPO § 518 Abs. 1 Einlegung

5).

Demgegenüber ist der hier zu beurteilenden Berufungsschrift eine solche eindeutige, jeden vernünftigen Zweifel ausschließende Bedingung nicht zu entnehmen. Er ist mit "Berufung" überschrieben und enthält zunächst die ausdrückliche und einschränkungslose Erklärung, es werde Berufung eingelegt. Dabei ist auch zu berücksichtigen, daß die Einlegung der Berufung, der Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe und die darin in Bezug genommene, als "Entwurf der Berufungsbegründungsschrift" bezeichnete Begründung jeweils in gesonderten Schriftsätzen eingereicht wurden und die Begründungsschrift mit der Überschrift "Entwurf" versehen wurde, die Berufungsschrift im Gegensatz dazu aber nicht. Wenn sodann in der Berufungsschrift nach der Erklärung, daß Berufung eingelegt werde, der Absatz folgt "Die Durchführung des Berufungsverfahrens wird von der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe abhängig gemacht“,
so ist dies nicht eindeutig, da diese Erklärung auch dahin verstanden werden kann, daß nur die Entscheidung darüber, ob und in welchem Umfang die (weitere ) Durchführung des Rechtsmittelverfahrens - die die Einlegung des Rechtsmittels voraussetzt - von der Bewilligung der Prozeßkostenhilfe abhängig gemacht wird, nicht aber die Einlegung selbst, und daß der Kläger sich für den Fall vollständiger Versagung der Prozeßkostenhilfe die Zurücknahme der Berufung vorbehält (vgl. BGH, Urteil vom 31. Mai 1995 aaO.).
b) Zu Unrecht hat aber das Berufungsgericht den dem Berufungsschriftsatz beigefügten Entwurf einer Berufungsbegründungsschrift nicht als solche genügen lassen. Entgegen der im angefochtenen Beschluß vertretenen Auffassung kann auch die - hier: in der Berufungsschrift ausdrücklich erklärte - Bezugnahme auf ein eingereichtes Prozeßkostenhilfegesuch zugleich als Berufungsbegründung ausreichen. Dies gilt erst recht, wenn sich die Bezugnahme - wie hier - auf einen zugleich beigefügten gesonderten Entwurf einer Berufungsbegründung erstreckt , der von dem beim Berufungsgericht zugelassenen Rechtsanwalt unterschrieben ist und auch sonst allen Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO entspricht. Da nämlich im allgemeinen keine Partei die mit der Versäumung einer Rechtsmittelfrist verbundenen Nachteile in Kauf nehmen will, muß im Zweifel angenommen werden, daß ein inhaltlich den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO entsprechendes, von dem beim Berufungsgericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnetes Prozeßkostenhilfegesuch auch als Berufungsbegründung dienen soll, sofern nicht ein anderer Wille des Rechtsmittelführers erkennbar ist (st. Rspr., vgl. Senatsbeschluß vom 16. August 2000 - XII ZB 65/00 - NJW-RR 2001, 789 m.N.).
So liegt der Fall auch hier, zumal dem Umstand, daß der gesondert beigefügte "Entwurf" im Prozeßkostenhilfegesuch als "Entwurf der Berufungsbegründungsschrift“ bezeichnet wird, zu entnehmen ist, daß er nicht nur der Begründung des Prozeßkostenhilfegesuchs, sondern zugleich auch der Begründung der bereits eingelegten Berufung dienen soll. Der Bezeichnung als "Entwurf" ist jedenfalls nicht mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen, daß dieser Schriftsatz nicht schon als Berufungsbegründung dienen, sondern diese erst ankündigen soll. Dagegen spricht bereits die Unterzeichnung des Schriftsatzes, die, wenn der Entwurf nur der Begründung des Prozeßkostenhilfegesuchs dienen soll, nicht erforderlich ist und üblicherweise unterbleibt. Die Bezeichnung als "Entwurf" kann auch bedeuten, daß im Falle einer noch innerhalb der Begründungsfrist ergehenden, die Prozeßkostenhilfe nur teilweise bewilligenden Entscheidung eine Modifizierung der Berufungsanträge und/oder eine weitere Auseinandersetzung mit der Begründung der teilweise ablehnenden Prozeßkostenhilfeentscheidung vorbehalten bleiben soll.
Dem steht auch nicht entgegen, daß der Kläger hier nach der Bewilligung der Prozeßkostenhilfe Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsfrist beantragt hat. Dieser Antrag ist als nur vorsorglich gestellt anzusehen , da in ihm zugleich ausgeführt wird, daß die Berufung (fristgerecht) am 6. August 2003 eingelegt und ihr "gleichzeitig eine Begründungsschrift beigefügt“ worden sei. Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 235/05
vom
14. März 2007
in der Familiensache
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. März 2007 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke,
Prof. Dr. Wagenitz und Dose

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 12. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts München vom 1. Dezember 2005 wird auf Kosten der Beklagten verworfen. Beschwerdewert: 28.197 €

Gründe:


I.

1
Das Amtsgericht - Familiengericht - änderte mit Urteil vom 22. April 2005 eine gerichtliche Unterhaltsvereinbarung der Parteien dahin ab, dass der Kläger den Beklagten - seiner geschiedenen Ehefrau und seinen beiden aus der Ehe stammenden minderjährigen Söhnen - ab Mai 2001 einen reduzierten Unterhalt zu zahlen hat. Die Entscheidung wurde den Beklagten am 12. Mai 2005 zugestellt.
2
Mit beim Oberlandesgericht am 7. Juni 2005 eingegangenem Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten zweiter Instanz beantragten die Beklagten "Bewilligung von Prozesskostenhilfe für (das) Berufungsverfahren gem. hiermit vorbereiteter Berufungsschrift mit Begründung". Weiter heißt es dort u.a.: "Die Berufung gilt für den Fall antragsgemäß bewilligter PKH - Berufungsfrist: 13.06.2005 …. Die heutige Berufung gilt als eingelegt und das Berufungsverfahren wird durchgeführt, wenn den Berufungsklägern und erstinstanzlichen Beklagten antragsgemäß Prozesskostenhilfe vom Oberlandesgericht München bewilligt wird. Der heutige Schriftsatz enthält bereits Berufungsanträge und Begründung derselben - zunächst zur Begründung der Erfolgsaussicht für die PKH-Anträge. Wenn PKH bewilligt wird, gelten die heutigen Anträge und Begründung derselben für das dann durchzuführende Berufungsverfahren."
3
Durch Beschluss vom 10. Oktober 2005, der den Beklagten am 13. Oktober 2005 zugestellt wurde, gab das Oberlandesgericht den Prozesskostenhilfeanträgen teilweise statt. Mit Beschluss vom 3. November 2005 wies es die Beklagten auf die Unzulässigkeit ihrer Berufungen hin. Die Beklagten erklärten mit am 3. November 2005 beim Oberlandesgericht eingegangenem Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten zweiter Instanz, die Berufung nun im Umfang der bewilligten Prozesskostenhilfe durchzuführen. Mit am 9. November 2005 eingegangenem Anwaltsschriftsatz erklärten die Beklagten, die Berufung sei "von Anfang an" ohne Bedingung eingelegt worden. Gleichzeitig beantragten sie Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsund Berufungsbegründungsfrist sowie wegen Versäumung der Frist nach § 234 Abs. 1 ZPO.
4
Das Oberlandesgericht verwarf die Berufungen durch den angegriffenen Beschluss als unzulässig und wies zugleich das Wiedereinsetzungsgesuch zurück. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Beklagten.

II.

5
1. Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig.
6
a) Die Rechtsbeschwerde ist zwar nach § 574 Abs. 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO von Gesetzes wegen statthaft, weil sie sich gegen einen die Berufungen als unzulässig verwerfenden Beschluss nach § 522 Abs. 1 Satz 2 ZPO richten. Zulässig ist sie indessen nach § 574 Abs. 2 ZPO nur, wenn auch die dort bestimmten Voraussetzungen gegeben sind (Senatsbeschluss BGHZ 155, 21, 22 = FamRZ 2003, 1093). Der Rechtssache muss danach grundsätzliche Bedeutung zukommen oder die Fortbildung des Rechts bzw. die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung müssen eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts gebieten. In den Fällen der kraft Gesetzes statthaften Rechtsbeschwerde ist dabei nach § 575 Abs. 3 Nr. 2 ZPO eine Darlegung der Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO erforderlich. Der Bundesgerichtshof prüft grundsätzlich nur die Zulassungsgründe, welche die Rechtsmittelbegründung schlüssig und substantiiert dargelegt hat (BGH Beschluss vom 29. September 2005 - IX ZB 430/02 - WM 2006, 59, 60 m.N.) oder die sonst offensichtlich sind (vgl. BGH Beschluss vom 18. März 2004 - V ZR 222/03 - FamRZ 2004, 947 f.).
7
b) Die Rechtsbeschwerde verweist für die Zulässigkeit lediglich auf den die Statthaftigkeit des Rechtsmittels ergebenden § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO und beschränkt sich im Übrigen auf Ausführungen zur Begründetheit. Sie erfüllt deshalb die Voraussetzungen des § 575 Abs. 3 Nr. 2 ZPO nicht. Da die Rechtsmittelbegründung somit zu den besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen nach § 574 Abs. 2 ZPO keine ausdrückliche Darlegung enthält, ist die Rechtsbeschwerde nicht in der gesetzlichen Form begründet und bereits des- halb nach § 577 Abs. 1 Satz 2 ZPO als unzulässig zu verwerfen (Zöller/Gummer ZPO 26. Aufl. § 575 Rdn. 6).
8
2. Zulassungsgründe nach § 574 Abs. 2 ZPO sind jedoch auch unabhängig von der Frage, ob die Begründung der Rechtsbeschwerden den formalen Anforderungen des § 575 Abs. 3 Nr. 2 ZPO genügt, nicht ersichtlich. Die angegriffene Entscheidung lässt Rechtsfehler nicht erkennen.
9
a) Mit dem am 7. Juni 2005 beim Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz haben die Beklagten von der Gewährung von Prozesskostenhilfe abhängig gemachte und damit unzulässige Berufungen eingelegt.
10
Sind die formalen Anforderungen an eine Berufungsschrift - wie hier - erfüllt , kommt eine Deutung, dass der Schriftsatz gleichwohl nur als bedingte Berufung bestimmt war, in Betracht, wenn sich dies entweder aus dem Schriftsatz selbst oder sonst mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit ergibt (vgl. Senatsbeschlüsse BGHZ 165, 318, 320 f. = FamRZ 2006, 400; vom 20. Juli 2005 - XII ZB 31/05 - FamRZ 2005, 1537 und vom 19. Mai 2004 - XII ZB 25/04 - FamRZ 2004, 1553, 1554). Das ist hier der Fall. Der Schriftsatz enthält die ausdrückliche Erklärung, es handle sich um eine "vorbereitete" Berufungsschrift mit Begründung. Diese sollte ausdrücklich "zunächst zur Begründung der Erfolgsaussichten für den Prozesskostenhilfeantrag" dienen und nur "für den Fall antragsgemäß bewilligter PKH" gelten. In diesem Zusammenhang ist entgegen der Auffassung der Beklagten auch der Hinweis, die heutige Berufung gelte als eingelegt und das Berufungsverfahren werde durchgeführt , wenn den Berufungsklägern antragsgemäß Prozesskostenhilfe bewilligt werde, nach seinem objektiven Erklärungswert nur dahin zu verstehen, dass die Berufungen von der Bewilligung von Prozesskostenhilfe abhängig gemacht werden. Die Ausführungen der Beklagten sind nicht mit der Erklärung ver- gleichbar, allein die Durchführung der Berufung werde von der Gewährung von Prozesskostenhilfe abhängig gemacht, was die Auslegung rechtfertigen kann, der Rechtsmittelführer lege unbedingt Berufung ein und behalte sich lediglich für den Fall der Versagung von Prozesskostenhilfe die Zurücknahme der Berufung vor (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Mai 2004 - XII ZB 25/04 - FamRZ 2004, 1553, 1554).
11
b) Die von den Beklagten mit am 3. November 2005 beim Oberlandesgericht eingegangenem Schriftsatz erfolgte Klarstellung, die Berufungen nun im Umfang der bewilligten Prozesskostenhilfe durchzuführen, ist als erneute, unbedingte Berufungsschrift zu werten (vgl. Senatsbeschluss vom 20. Juli 2005 - XII ZB 31/05 - FamRZ 2005, 1537). Dies ändert an der Unzulässigkeit der Berufungen indessen nichts, da die unbedingten Rechtsmittel erst nach Ablauf der Berufungsfrist (§ 517 ZPO) beim Oberlandesgericht eingingen.
12
c) Das Oberlandesgericht hatte entgegen dem Vorbringen der Beklagten auch keine Veranlassung, ihnen Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsfrist bzw. die versäumte Frist nach § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu gewähren.
13
Ein Rechtsmittelführer, der innerhalb der Rechtsmittelfrist Prozesskostenhilfe durch einen Rechtsanwalt beantragt hat, ist bis zur Entscheidung über seinen Antrag wegen Mittellosigkeit als unverschuldet verhindert anzusehen , das Rechtsmittel wirksam einzulegen, sofern er nach den gegebenen Umständen nicht mit der Ablehnung seines Antrags wegen mangelnder Bedürftigkeit rechnen muss (vgl. für den Fall eines mit einer unzulässigen Berufung verbundenen ordnungsgemäßen Prozesskostenhilfeersuchens BGH Beschluss vom 24. Juni 1999 - IX ZB 30/99 - NJW 1999, 2823). Nachdem das Oberlandesgericht bereits mit den Beklagten am 13. Oktober 2005 zugestelltem Beschluss über den Prozesskostenhilfeantrag entschieden hatte, ist der am 3. No- vember 2005 beim Berufungsgericht eingegangene Schriftsatz der Beklagten, der die erneuten Berufungseinlegungen und damit die versäumten Prozesshandlungen enthielt, indessen nicht mehr rechtzeitig innerhalb der zweiwöchigen Wiedereinsetzungsfrist nach § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO eingegangen.
14
Die Beklagten können sich nicht darauf berufen, die Berufungs- und die Wiedereinsetzungsfrist deshalb unverschuldet versäumt zu haben, weil das Berufungsgericht sie erst mit Beschluss vom 3. November 2005 auf die Unzulässigkeit ihrer Rechtsmittel hingewiesen habe. Da der Schriftsatz vom 7. Juni 2005 objektiv nur als bedingte und damit unzulässige Berufungseinlegung angesehen werden konnte, hatte das Oberlandesgericht nicht die Pflicht, die Beklagten vor Ablauf der Wiedereinsetzungsfrist auf die Unzulässigkeit ihrer Rechtsmittel hinzuweisen. Vielmehr durfte es davon ausgehen, auch der Prozessbevollmächtigten der Beklagten sei die Unzulässigkeit des Rechtsmittels bewusst, weshalb sie nach Zustellung des Prozesskostenhilfebeschlusses vom 10. Oktober 2005 innerhalb der Frist des § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragen und die versäumte Prozesshandlung nachholen werde. In dem pflichtwidrigen Verkennen der gesetzlichen Berufungs - und Wiedereinsetzungsfristen liegt ein Verschulden der Prozessbevollmächtigten , das den Beklagten nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen ist.
Hahne Bundesrichter Sprick ist auf Dienstreise Weber-Monecke und verhindert, zu unterschreiben. Hahne Wagenitz Dose

Vorinstanzen:
AG Traunstein, Entscheidung vom 22.04.2005 - 3 F 88/04 -
OLG München, Entscheidung vom 01.12.2005 - 12 UF 1094/05 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 31/07
vom
18. Juli 2007
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO §§ 234 Abs. 1 A, 517, 519 Abs. 2, 520 Abs. 3

a) Wenn die gesetzlichen Anforderungen an eine Berufungsschrift oder eine
Berufungsbegründung erfüllt sind, kommt die Deutung, dass der Schriftsatz
nicht als unbedingte Berufung oder Berufungsbegründung bestimmt war, nur
dann in Betracht, wenn sich dies aus den Begleitumständen mit einer jeden
vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit ergibt (im Anschluss an
die Senatsbeschlüsse vom 10. Januar 1990 - XII ZB 134/89 - FamRZ 1990,
995 und vom 20. Juli 2005 - XII ZB 31/05 - FamRZ 2005, 1537; BGH Beschluss
vom 22. Januar 2002 - VI ZB 51/01 - NJW 2002, 1352).

b) Eine Berufung ist auch dann wirksam eingelegt, wenn ihre "Durchführung"
von der Gewährung von Prozesskostenhilfe abhängig gemacht wird. Denn
dann wird regelmäßig nicht die Einlegung der Berufung unter den Vorbehalt
der Prozesskostenhilfebewilligung gestellt, sondern der Berufungskläger behält
sich für den Fall der Versagung der Prozesskostenhilfe die Rücknahme
der Berufung vor (im Anschluss an den Senatsbeschluss vom 19. Mai 2004
- XII ZB 25/04 - FamRZ 2004, 1553).

c) Selbst wenn die Berufung oder die Berufungsbegründung ursprünglich nur
durch Bewilligung von Prozesskostenhilfe bedingt und somit noch nicht wirksam
erhoben war, kann der Berufungsführer die Bedingung nach der Entscheidung
über den Prozesskostenhilfeantrag innerhalb der Frist des § 234
Abs. 1 ZPO durch auslegungsbedürftige Erklärung gegenüber dem Berufungsgericht
zurücknehmen.
BGH, Beschluss vom 18. Juli 2007 - XII ZB 31/07 - OLG Hamm
AG Marl
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. Juli 2007 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richter Sprick und Prof. Dr. Wagenitz, die
Richterin Dr. Vézina und den Richter Dose

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der Beschluss des 8. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm vom 13. Februar 2007 aufgehoben. Die Sache wird zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Streitwert: 3.871 €.

Gründe:


I.

1
Das Amtsgericht verurteilte den Beklagten unter Abweisung der weitergehenden Klage zur Zahlung eines monatlichen Trennungsunterhalts in Höhe von 227 € für die Zeit ab Oktober 2005. Das Urteil wurde den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 24. August 2006 zugestellt.
2
Am 23. September 2006 gingen beim Berufungsgericht zwei Schriftsätze der Klägerin vom 21. September 2006 ein. In dem ersten Schriftsatz wiesen die Prozessbevollmächtigten der Klägerin darauf hin, dass "in der Anlage Berufung nebst Berufungsbegründung" übersandt werden. Außerdem beantragten sie, "der Klägerin und Berufungsklägerin" Prozesskostenhilfe für das Berufungsver- fahren zu bewilligen. Weiter beantragten sie "schon jetzt", der Klägerin nach Bewilligung der Prozesskostenhilfe Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist zu bewilligen. Zur Begründung wiesen sie darauf hin, dass die Berufung nur durchgeführt werden solle, soweit Prozesskostenhilfe bewilligt werde. Die Klägerin sei finanziell nicht in der Lage, die Kosten des Berufungsverfahrens selbst zu bezahlen. Sie sei deswegen auch unverschuldet daran gehindert, die Berufungsfrist einzuhalten. Aus diesem Grunde sei ihr nach Bewilligung der Prozesskostenhilfe Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
3
Der beigefügte weitere Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten der Klägerin war mit "Berufung und Berufungsbegründung" überschrieben und von den Prozessbevollmächtigten unterschrieben. Außerdem war ihm das angefochtene Urteil beigefügt. Nach dem vollständigen Rubrum wurde in dem Schriftsatz ausgeführt: "Namens der Berufungsklägerin wird gegen das am 21. August 2006 verkündete, am 24. August 2006 zugestellte Urteil des Amtsgerichts Marl Berufung eingelegt." Es folgten dann die Berufungsanträge und die Berufungsbegründung.
4
Das Berufungsgericht bewilligte der Klägerin "für die beabsichtigte Berufung" teilweise Prozesskostenhilfe. Soweit die Klägerin für die Zeit ab Mai 2006 über monatlich weitere 226 € (insgesamt 227 € + 226 € = 453 €) hinaus Unterhalt begehrt, lehnte es den Antrag auf Prozesskostenhilfe ab. Der Beschluss wurde den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 28. November 2006 zugestellt.
5
Mit Schriftsatz vom 7. Dezember 2006 trugen die Prozessbevollmächtigten der Klägerin weiter zur Sache vor und errechneten darin einen Unterhaltsanspruch in Höhe von monatlich 657 €, der sogar über den Betrag der ur- sprünglichen Berufungsbegründung hinausging. Weiter führten sie aus: "Der Beklagte wird ausdrücklich in Höhe von 657,00 € ab Januar 2007 in Verzug gesetzt. Vorgenannte Klage wird ausdrücklich nur noch als Teilklage weitergeführt."
6
Das Berufungsgericht hat die Berufung als unzulässig verworfen, weil sie nicht innerhalb der Berufungsfrist eingegangen sei und der Klägerin auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden könne. Die Schriftsätze der Klägerin vom 21. September 2006 könnten nicht als unbedingte Berufung und Berufungsbegründung ausgelegt werden. Im Rahmen der Auslegung sei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zwar zu beachten, dass in Fällen, in denen die gesetzlichen Anforderungen einer Berufungsschrift erfüllt seien, die Deutung, dass der Schriftsatz nicht als unbedingte Berufung bestimmt sei, nur dann in Betracht komme, wenn sich dies aus den Begleitumständen mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit ergebe. Vorliegend sei das allerdings der Fall. Insbesondere habe die Klägerin ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Berufung nur durchgeführt werden solle, soweit Prozesskostenhilfe bewilligt werde. Der Wiedereinsetzungsantrag der Klägerin sei zudem überflüssig, wenn schon der rechtzeitig eingegangene Schriftsatz vom 21. September 2006 als unbedingte Berufung und Berufungsbegründung auszulegen sei. Dagegen wendet sich die Rechtsbeschwerde der Klägerin.

II.

7
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO in Verbindung mit § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft und gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
8
Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. Senatsbeschluss vom 9. Februar 2005 - XII ZB 225/04 - FamRZ 2005, 791, 792 m.w.N.) dient das Rechtsinstitut der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in besonderer Weise dazu, den Rechtsschutz und das rechtliche Gehör zu garantieren. Daher gebieten es die Verfahrensgrundrechte auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) und auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG), den Zugang zu den Gerichten und den in den Verfahrensordnungen vorgesehenen Instanzen nicht in unzumutbarer , aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren (BGHZ 151, 221, 227 m.w.N.). Gegen diesen Grundsatz verstößt die angefochtene Entscheidung.
9
1. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin zu Unrecht nach § 522 Abs. 1 Satz 2 ZPO als unzulässig verworfen, weil sowohl die Berufung als auch die Berufungsbegründung rechtzeitig beim Berufungsgericht eingegangen sind.
10
a) Im Ansatz zutreffend geht das Berufungsgericht allerdings von der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aus, wonach ein Schriftsatz , der alle formellen Anforderungen an eine Berufung oder eine Berufungsbegründung erfüllt, regelmäßig als wirksam eingelegte Prozesserklärung zu behandeln ist. Eine Deutung dahin, dass er gleichwohl nicht unbedingt als Berufung oder Berufungsbegründung bestimmt ist, kommt nur in Betracht, wenn sich dies aus den Begleitumständen mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit ergibt (Senatsbeschlüsse vom 20. Juli 2005 - XII ZB 31/05 - FamRZ 2005, 1537; vom 19. Mai 2004 - XII ZB 25/04 - FamRZ 2004, 1553, 1554 und vom 10. Januar 1990 - XII ZB 134/89 - FamRZ 1990, 995 f.; BGH, Beschluss vom 22. Januar 2002 - VI ZB 51/01 - NJW 2002, 1352). Solches ist hier jedoch entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts nicht der Fall. Denn im Zweifel ist zugunsten eines Rechtsmittelführers anzunehmen, dass er eher das Kostenrisiko einer ganz oder teilweise erfolglosen Berufung auf sich nimmt als von vornherein zu riskieren, dass seine Berufung als unzulässig verworfen wird.
11
b) Der Schriftsatz der Klägerin vom 21. September 2006 erfüllte sämtliche formellen Anforderungen an einen Berufungsschriftsatz und eine Berufungsbegründung. Entsprechend § 519 Abs. 2 ZPO wurde das angefochtene Urteil unter Angabe des vollständigen Rubrums konkret bezeichnet und es wurde gegen dieses Urteil ohne Einschränkung "Berufung eingelegt". Auch eine Ausfertigung des angefochtenen Urteils wurde entsprechend § 519 Abs. 3 ZPO beigefügt. Der Schriftsatz enthielt außerdem Berufungsanträge und deren Begründung (§ 520 Abs. 3 Ziff. 1-4 ZPO). Schließlich war er von den postulationsfähigen Prozessbevollmächtigten der Klägerin eigenhändig unterschrieben.
12
Zweifel gegen eine unbedingte Berufungseinlegung und -begründung konnten sich deswegen allein aus dem Zusammenwirken mit dem zugleich eingereichten Prozesskostenhilfe- und Wiedereinsetzungsantrag vom 21. September 2006 ergeben.
13
Soweit in diesem weiteren Schriftsatz allerdings darauf hingewiesen wird, dass die Berufung "nur durchgeführt" werden soll, "soweit Prozesskostenhilfe bewilligt wird", ist schon diese Formulierung nicht eindeutig, wie der Senat bereits in seiner früheren Rechtsprechung (Senatsbeschluss vom 19. Mai 2004 - XII ZB 25/04 - FamRZ 2004, 1553, 1554) ausgeführt hat. Sie kann vielmehr auch dahin verstanden werden, dass nur die Entscheidung darüber, ob und in welchem Umfang die (weitere) Durchführung des Rechtsmittelverfahrens - die die Einlegung des Rechtsmittels voraussetzt -, von der Bewilligung der Prozesskostenhilfe abhängig gemacht wird, nicht aber die Einlegung selbst, und dass der Kläger sich für den Fall vollständiger Versagung der Prozesskostenhilfe die Rücknahme der Berufung vorbehält (vgl. auch BGH, Urteil vom 31. Mai 1995 - VIII ZR 267/94 - NJW 1995, 2563). Gleiches gilt dann auch für den Hinweis der Klägerin, sie sei finanziell nicht in der Lage, die Kosten des Berufungsverfahrens selbst zu bezahlen.
14
Soweit die Klägerin in dem Prozesskostenhilfeantrag weiter ausführt, dass sie daran gehindert sei, die Berufungsfrist einzuhalten, und deswegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Bewilligung der Prozesskostenhilfe beantragt, hat das Berufungsgericht darin zwar zu Recht einen Widerspruch zu der in dem weiteren Schriftsatz vom 21. September 2006 unbedingt eingelegten Berufung und Berufungsbegründung gesehen. Im Gegensatz zur Auffassung des Berufungsgerichts folgt daraus allerdings nicht mit hinreichender Deutlichkeit, dass die vorliegende Berufung und Berufungsbegründung - mit all den dadurch bedingten Unwägbarkeiten - zunächst nur bedingt eingelegt werden sollte. Denn der Widerspruch der beiden eingereichten Schriftsätze kann nicht zwingend im Sinne der Auslegung eines Schriftsatzes gelöst werden. Ergibt sich aus dem Zusammenwirken der beiden Schriftsätze aber keine - jeden vernünftigen Zweifel ausschließende - Deutlichkeit dafür, dass die Berufung nur bedingt eingelegt werden sollte, sprechen die Einhaltung der Förmlichkeiten und die Unterschrift unter dem Berufungsschriftsatz dafür, dass die Berufung und die zugleich enthaltene Begründung bereits als unbedingt eingelegt gelten sollten.
15
2. Selbst wenn - wie das Oberlandesgericht meint - die Berufung zunächst bedingt eingelegt und begründet worden wäre, hätte das Berufungsge- richt die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand jedenfalls nicht mit der Begründung ablehnen dürfen, die Prozesshandlungen seien erst nach Ablauf der Wiedereinsetzungsfrist nachgeholt worden.
16
Nachdem der Klägerin am 28. November 2004 der Beschluss mit der teilweisen Bewilligung der beantragten Prozesskostenhilfe zugestellt worden war, hat sie mit einem am 9. Dezember 2006 eingegangenen Schriftsatz vom 7. Dezember 2005 deutlich gemacht, dass sie eine - gegebenenfalls zunächst bedingt eingelegte - Berufung in vollem Umfang durchgeführt wissen will. Obwohl sie mit ihrer ursprünglichen Berufungsbegründung lediglich rückständigen Unterhalt in Höhe von monatlich insgesamt 453 € und laufenden Unterhalt ab Mai 2006 in Höhe von monatlich 553 € geltend gemacht hatte, für die ihr Prozesskostenhilfe in Höhe von durchgehend insgesamt 453 € monatlich (227 € + 226 €) bewilligt worden war, hat sie in dem Schriftsatz vom 7. Dezember 2006 wegen des nunmehr entfallenen Wohnvorteils einen Unterhaltsanspruch von monatlich 657 € errechnet. Die "vorgenannte Klage" hat sie deswegen ausdrücklich "nur noch als Teilklage weitergeführt". Indem die Klägerin sich in diesem rechtzeitig vor Ablauf der Wiedereinsetzungsfrist eingegangenen Schriftsatz sogar eines höheren Unterhaltsanspruchs für die Zeit ab Januar 2007 berühmte , der hilfsweise auch die geringe Unterhaltsdifferenz aus dem ursprünglichen Berufungsantrag und der bewilligten Prozesskostenhilfe (monatlich 100 € für die Zeit von Mai bis Dezember 2006) hätte auffüllen können, hat sie jedenfalls deutlich gemacht, dass der ursprünglich erhobene Antrag in diesem Umfang unbedingt weiter verfolgt werden sollte.
Hahne Sprick Wagenitz Vézina Dose

Vorinstanzen:
AG Marl, Entscheidung vom 21.08.2006 - 15 F 132/06 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 13.02.2007 - 8 UF 180/06 -
BGHR: ja

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZB 8/00
vom
24. Mai 2000
in dem Rechtsstreit
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. Mai 2000 durch den Vorsitzenden
Richter Dr. Rinne und die Richter Streck, Schlick, Dr. Kapsa und
Galke

beschlossen:
Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluß des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 27. Januar 2000 aufgehoben.
Der Klägerin wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Berufung gegen das Urteil der X. Zivilkammer des Landgerichts Karlsruhe vom 11. Januar 1999 gewährt.
Beschwerdewert: 74.167 DM

Gründe


I.


Die Klägerin begehrt von der Beklagten aus dem Gesichtspunkt der Prospekthaftung sowie wegen fehlerhafter Beratung beim Kauf einer Eigentumswohnung Schadensersatz. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Am
letzten Tag der Berufungsfrist reichte der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin beim Berufungsgericht einen Schriftsatz vom 16. Juni 1999 ein, der mit "Berufung" überschrieben ist und in dem es heißt:
"In dem Rechtsstreit ... (volles Rubrum) lege ich namens und in Vollmacht der von mir vertretenen Klägerin Berufung gegen das am 11. Januar 1999 verkündete Urteil des Landgerichts ... ein. Die Einlegung der Berufung wird von der Gewährung von Prozeßkostenhilfe für die Klägerin und Berufungsklägerin abhängig gemacht. In der Anlage überreiche ich den Prozeßkostenhilfeantrag meiner Mandantin nebst Anlagen für das Gericht. Die exakten Anträge für die Berufung und die Berufungsbegründung bleiben einem gesonderten Schriftsatz vorbehalten. Das Gericht wird höflich darum ersucht, für die Begründung des Prozeßkostenhilfeantrags dem Unterzeichner einen Schriftsatznachlaß von zwei Wochen zu gewähren."
Mit Schriftsatz vom 30. Juni 1999, bei Gericht eingegangen am 1. Juli 1999, erfolgte eine Berufungsbegründung. Nachdem das Oberlandesgericht der Klägerin durch Beschluß vom 3. Dezember 1999, der dem Prozeßbevollmächtigten der Klägerin am 10. Dezember 1999 zugestellt wurde, Prozeßkostenhilfe bewilligt hatte, hat es durch den angefochtenen Beschluß vom 27. Januar 2000 die Berufung als unzulässig verworfen. Es hat den Schriftsatz der Klägerin vom 16. Juni 1999 nur als Antrag auf Prozeßkostenhilfe angesehen und deshalb nach der Gewährung von Prozeßkostenhilfe innerhalb einer Frist von zwei Wochen einen Wiedereinsetzungsantrag, verbunden mit der Einlegung einer Berufung und deren Begründung, für notwendig gehalten. Für eine Wiedereinsetzung von Amts wegen fehlten die Voraussetzungen. Die Klägerin vertritt dagegen in ihrer sofortigen Beschwerde die Auffassung, mit ihrem Schriftsatz vom 16. Juni 1999 bereits eine unbedingte Berufung eingelegt und sich lediglich die weitere Durchführung des Berufungsverfahrens für den Fall der Verweigerung von Prozeßkostenhilfe vorbehalten zu haben.

II.


Die nach § 519 b Abs. 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist begründet. Die Klägerin hat zwar, wie das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht entschieden hat, die Berufungsfrist versäumt. Hiergegen ist ihr jedoch von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
1. Entgegen der Ansicht des Oberlandesgerichts hat die Klägerin unter dem 16. Juni 1999 das Rechtsmittel der Berufung eingelegt und nicht lediglich einen Antrag auf Prozeßkostenhilfe für das Berufungsverfahren gestellt. Anders kann die ausdrückliche Erklärung in dem Schriftsatz "lege ich Berufung ein" nicht verstanden werden. Dafür spricht zudem die Überschrift "Berufung" und das nur für eine Rechtsmitteleinlegung notwendige volle Rubrum. Die nachfolgende Einschränkung, die Einlegung der Berufung werde von der Gewährung von Prozeßkostenhilfe abhängig gemacht, nimmt die Erklärung zur Einlegung eines Rechtsmittels trotz der gleichzeitigen Bitte um Schriftsatznachlaß für die Begründung des Prozeßkostenhilfegesuchs, auf die das Oberlandesgericht maßgeblich abstellt, nicht (vollständig) zurück, sondern stellt sie, wie in dem Fall BGHZ 4, 54 oder in den Fallgestaltungen der Beschlüsse des Bundesgerichtshofs vom 8. Oktober 1992 - V ZB 6/92 - VersR 1993, 713 und vom 24. Juni 1999 - IX ZB 30/99 - NJW 1999, 2823, lediglich unter eine Bedingung. Das mag die Klägerin zwar, wie in der Beschwerdebegründung ausgeführt , ebenfalls - in anderer Richtung - anders verstanden haben. Entscheidend ist aber allein der objektive Erklärungswert, wie er dem Berufungsgericht innerhalb der Berufungsfrist erkennbar war. Spätere "klarstellende" Parteierklärun-
gen können dafür nicht berücksichtigt werden (vgl. BGH, Urteil vom 31. Mai 1995 - VIII ZR 267/94 - NJW 1995, 2563, 2564; Beschluß vom 11. August 1998 - XII ZB 50/98 - BGHR ZPO § 518 Abs. 1 Einlegung, unbedingte 4). Der Wortlaut der Berufungsschrift vom 16. Juni 1999, der auf die Einlegung der Berufung Bezug nimmt und diese an die Gewährung von Prozeßkostenhilfe knüpft, nicht lediglich die Durchführung des Berufungsverfahrens (zu einer solchen Fallgestaltung vgl. BGH, Urteil vom 31. Mai 1995 aaO) und auch nicht etwa einen Wiedereinsetzungsantrag ankündigt (so in dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 5. Mai 1993 - XII ZR 142/92 - FamRZ 93, 1427), ist aber insoweit eindeutig. Als bedingte Berufungserklärung war das Rechtsmittel vom 16. Juni 1999 allerdings unzulässig (vgl. BGHZ 4, 54 f.; BGH, Beschluß vom 8. Oktober 1992 aaO; vom 24. Juni 1999 aaO; a.A. Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, 21. Aufl., § 518 Rn. 17).
2. Die unter dem 30. Juni 1999 erfolgte Berufungsbegründung der Klägerin ist indes als erneute Einlegung der Berufung anzusehen (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 5. Mai 1993 aaO; Beschluß vom 19. November 1997 - XII ZB 157/97 - NJW-RR 1998, 507). Der Schriftsatz entspricht - in Verbindung mit dem vorausgegangenen Berufungsschriftsatz vom 16. Juni 1999 - inhaltlich den Anforderungen des § 518 Abs. 2 ZPO an die Einlegung einer Berufung. Im Gegensatz zu diesem läßt er auch den unbedingten Willen der Klägerin zur Durchführung der Berufung erkennen, schon deswegen, weil er die Gewährung von Prozeßkostenhilfe nicht abwartet, außerdem auch auf die "unter dem 16. Juni 1999 eingelegte Berufung" verweist und jeden Hinweis auf eine Abhängigkeit des Rechtsmittels von der Bewilligung der Prozeßkostenhilfe vermeidet. Zu diesem Zeitpunkt war die Berufungsfrist (§ 516 ZPO) freilich abgelaufen, die
zweite Berufung darum nunmehr verspätet und deswegen gleichfalls unzulässig.
3. Wegen dieser Versäumung der Berufungsfrist muß der Klägerin jedoch gemäß § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden. Einer bedürftigen Partei, die innerhalb der Rechtsmittelfrist einen ordnungsgemäßen Prozeßkostenhilfeantrag gestellt hat, ist nach der Entscheidung hierüber auf Antrag regelmäßig Wiedereinsetzung zu gewähren, da die Partei dann ohne ihr Verschulden gehindert war, die Frist einzuhalten (§ 233 ZPO; st. Rspr., vgl. nur BGH, Beschluß vom 11. November 1992 - XII ZB 118/92 - NJW 1993, 732, 733; vom 24. Juni 1999 - IX ZB 30/99 - NJW 1999, 2823); das gilt auch dann, wenn das zulässige Prozeßkostenhilfegesuch mit einer unwirksamen Berufungseinlegung verbunden wurde (BGH, Beschluß vom 24. Juni 1999 aaO) oder die Berufungsbegründung schließlich - unwirksam - ohne Bewilligung der Prozeßkostenhilfe erfolgte (vgl. BGH, Beschluß vom 24. Juni 1999 - V ZB 19/99 - NJW 1999, 3271). Im Streitfall bedurfte es, was das Berufungsgericht nicht beachtet hat, eines (fristgebundenen ) Wiedereinsetzungsantrags indessen nicht, weil die Klägerin schon vor der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe mit ihrem - Berufung und Berufungsbegründung enthaltenden - Schriftsatz vom 30. Juni 1999 die versäumte Prozeßhandlung nachgeholt hatte und die Gründe für die unverschuldete Fristversäumung aktenkundig waren. Diese vom Berufungsgericht unterlassene Entscheidung kann jetzt der Bundesgerichtshof als Beschwerdegericht treffen (vgl. BGH, Beschluß vom 8. Oktober 1992 aaO). Dadurch wird der die Berufung als unzulässig verwerfende Beschluß des Berufungsgerichts gegenstandslos (BGHZ 98, 325, 328), was durch dessen Aufhebung klargestellt wird.
Rinne Streck Schlick Kapsa Galke

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 575 Abs. 3 und § 574 Abs. 4 Satz 2 gerügt worden sind. § 559 gilt entsprechend.

(3) Ergibt die Begründung der angefochtenen Entscheidung zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(4) Wird die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen. § 562 Abs. 2 gilt entsprechend. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(5) Das Rechtsbeschwerdegericht hat in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung der Entscheidung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist. § 563 Abs. 4 gilt entsprechend.

(6) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht durch Beschluss. § 564 gilt entsprechend. Im Übrigen kann von einer Begründung abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.