Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Jan. 2015 - VII ZB 65/14
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
- 1
- 1. Nach § 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO kann einer juristischen Person Prozesskostenhilfe nur bewilligt werden, wenn die Kosten weder von ihr noch von den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und wenn die Unterlassung der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung allgemeinen Interessen zuwiderlaufen würde.
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- a) Die Unterlassung der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung läuft allgemeinen Interessen regelmäßig nur dann zuwider, wenn es sich um eine Entscheidung handelt, die größere Kreise der Bevölkerung oder des Wirtschaftslebens anspricht und soziale Wirkungen nach sich ziehen kann (vgl. BGH, Beschluss vom 9. August 2012 - VII ZR 30/12, GuT 2013, 222 Rn. 2; Beschluss vom 24. Juni 2010 - III ZR 48/10, GuT 2010, 367 Rn. 3, m.w.N.). Dies ist etwa dann der Fall, wenn eine Partei anderenfalls gehindert wäre, der Allgemeinheit dienende Aufgaben zu erfüllen oder wenn von der Durchführung des Prozesses die Existenz eines Unternehmens abhängt, an dessen Erhaltung wegen der großen Zahl der von ihm beschäftigten Arbeitnehmer ein allgemeines Interesse besteht (vgl. BGH, Beschluss vom 9. August 2012 - VII ZR 30/12, GuT 2013, 222 Rn. 2; Beschluss vom 20. September 1957 - VII ZR 62/57, BGHZ 25, 183, 184 f.; BT-Drucks. 8/3068, S. 26 f.). Demgegenüber reicht das allgemeine Interesse an einer richtigen Entscheidung des Prozesses grundsätzlich ebenso wenig aus wie der Umstand, dass im Rahmen eines Rechtsbeschwerdeverfahrens gegebenenfalls Rechtsfragen von allgemeinem Interesse zu beantworten wären (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Juni 2010 - III ZR 48/10, GuT 2010, 367 Rn. 3 m.w.N.).
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- b) Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe hat die Beklagte die Voraussetzungen für das Erfordernis, dass die Unterlassung der Rechtsverteidigung allgemeinen Interessen zuwider laufen würde, nicht hinreichend dargetan; auch der Akteninhalt gibt dafür keine hinreichenden Anhaltspunkte.
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- 2. Im Übrigen bietet die mit der Rechtsbeschwerde beabsichtigte Rechtsverteidigung nach dem Sach- und Streitstand auch keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 119 Abs. 1 Satz 1, § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Die Beklagte vermag nicht aufzuzeigen, dass eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich wäre (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO). Eine Divergenz zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist nicht ersichtlich und die Entscheidung des Berufungsgerichts verletzt auch nicht den Anspruch der Beklagten auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip).
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- a) Die Berufungsbegründung ist erst am 11. September 2014 und damit nach Ablauf der am 8. September 2014 endenden Frist zur Begründung der Berufung bei dem Berufungsgericht eingegangen.
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- b) Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung liegen nicht vor, da die Beklagte ein ihr nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnendes Organisationsverschulden ihrer Prozessbevollmächtigten nicht ausgeräumt hat. Aus dem Vorbringen der Beklagten in Verbindung mit der eidesstattlichen Versicherung von Sch. vom 23. September 2014 ergibt sich nicht, dass die Prozessbevollmächtigten der Beklagten dem Erfordernis, durch ausreichende organisatorische Anweisungen Fehler bei der Ermittlung der für die Übermittlung einschlägigen Telefaxnummer auszuschließen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 24. Oktober 2013 - V ZB 154/12, NJW 2014, 1390 Rn. 8; Beschluss vom 27. August 2014 - XII ZB 255/14, FamRZ 2014, 1915 Rn. 7 ff.), genügt haben.
Vorinstanzen:
LG Göttingen, Entscheidung vom 02.07.2014 - 7 O 62/12 -
OLG Braunschweig, Entscheidung vom 16.10.2014 - 2 U 108/14 -
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Prozesskostenhilfe erhalten auf Antrag
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eine Partei kraft Amtes, wenn die Kosten aus der verwalteten Vermögensmasse nicht aufgebracht werden können und den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten nicht zuzumuten ist, die Kosten aufzubringen; - 2.
eine juristische Person oder parteifähige Vereinigung, die im Inland, in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum gegründet und dort ansässig ist, wenn die Kosten weder von ihr noch von den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und wenn die Unterlassung der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung allgemeinen Interessen zuwiderlaufen würde.
(1) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe erfolgt für jeden Rechtszug besonders. In einem höheren Rechtszug ist nicht zu prüfen, ob die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint, wenn der Gegner das Rechtsmittel eingelegt hat.
(2) Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen umfasst alle Vollstreckungshandlungen im Bezirk des Vollstreckungsgerichts einschließlich des Verfahrens auf Abgabe der Vermögensauskunft und der eidesstattlichen Versicherung.
(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.
(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.
(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.