Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Feb. 2013 - VI ZR 374/12
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Der Kläger nimmt die Beklagte wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht auf Ersatz materiellen und immateriellen Schadens in Anspruch. Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 16. Januar 2012 abgewiesen. Dieses Urteil ist dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 29. Februar 2012 zugestellt worden. Mit einem am 22. März 2012 beim Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz hat der Kläger Berufung eingelegt. Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 25. März 2012 hat er beantragt, die Berufungsbegründungsfrist bis zum 31. Mai 2012 zu verlängern. Durch Verfügung des Senatsvorsitzenden vom 25. April 2012 ist die Berufungsbegründungsfrist bis zum 29. Mai 2012 verlängert worden. Die Berufungsbegründung ist per Fax am 30. Mai 2012 bei Gericht eingegangen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung durch Beschluss vom 11. Juli 2012 gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Dagegen hat der Kläger Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt und diese fristgerecht begründet. Auf gerichtlichen Hinweis, dass nach Aktenlage die Berufungsbegründungsfrist versäumt sei, hat der Kläger sowohl beim Oberlandesgericht als auch beim Bundesgerichtshof Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Zur Begründung hat er geltend gemacht, die Fristversäumung beruhe auf einem Büroversehen einer Büromitarbeiterin seines Prozessbevollmächtigten. Der Senatsvorsitzende des Berufungsgerichts hat den Parteien durch Verfügung vom 16. Januar 2013 mitgeteilt, dass eine Entscheidung über die Wiedereinsetzung "derzeit nicht erfolgen" könne; durch eine Wiedereinsetzung käme der hier verfahrensbeendende Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO nicht in Wegfall, da er auf einer anderen Grundlage beruhe als auf einer Fristversäumung. Im Hinblick auf diese Verfügung bittet der Kläger den Bundesgerichtshof, über sein Wiedereinsetzungsgesuch zu befinden.
II.
- 2
- 1. Über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hat gemäß § 237 ZPO das Gericht zu entscheiden, dem die Entscheidung über die nachgeholte Prozesshandlung zusteht, bei Versäumung der Berufungsbegründungsfrist also das Berufungsgericht. Das gilt grundsätzlich auch dann, wenn über den Wiedereinsetzungsantrag nach Beendigung der betreffenden Instanz zu entscheiden ist (vgl. BGH, Urteil vom 3. Juni 1987 - VIII ZR 154/86, BGHZ 101, 134, 141; Beschluss vom 7. Oktober 1981 - IVb ZB 825/81, VersR 1982, 95, 96), mithin auch in dem Fall, dass das Berufungsverfahren abgeschlossen ist. Etwas anders gilt - aus Gründen der Prozesswirtschaftlichkeit - zwar dann, wenn nach dem Akteninhalt Wiedereinsetzung ohne Weiteres zu gewähren ist.
- 3
- 2. Der Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist steht entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht entgegen, dass die Berufung inzwischen als unbegründet zurückgewiesen worden ist. Da die Zulässigkeit der Berufung eine Prozessvoraussetzung ist, von der das gesamte weitere Verfahren nach Einlegung der Berufung, mithin auch das Verfahren der Revisionsinstanz, in seiner Rechtswirksamkeit abhängt, ist sie vom Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfen (BGH, Urteile vom 31. Januar 1952 - IV ZR 104/51, BGHZ 4, 389, 395; vom 4. November 1981 - IVb ZR 625/80, VersR 1982, 187, 188 und vom 10. Februar 2011 - III ZR 338/09, NJW 2011, 926 Rn. 7 mwN). Sollte dem Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist gewährt werden, wäre seine Berufung zulässig. Über die Nichtzulassungsbeschwerde gegen den die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückweisenden Beschluss wäre sachlich zu entscheiden. Hätte der Wiedereinsetzungsantrag keinen Erfolg, wäre die Berufung unzulässig und das landgerichtliche Urteil wäre rechtskräftig. In diesem Fall wäre das Revisionsgericht gehindert , über die Nichtzulassungsbeschwerde in der Sache zu entscheiden. Die Nichtzulassungsbeschwerde müsste vielmehr mit der Maßgabe zurückgewiesen werden, dass die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts als unzulässig verworfen wird. Galke Zoll Diederichsen Pauge von Pentz
LG München II, Entscheidung vom 16.01.2012 - 11 O 4372/11 -
OLG München, Entscheidung vom 11.07.2012 - 32 U 1162/12 -
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Über den Antrag auf Wiedereinsetzung entscheidet das Gericht, dem die Entscheidung über die nachgeholte Prozesshandlung zusteht.
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
Über den Antrag auf Wiedereinsetzung entscheidet das Gericht, dem die Entscheidung über die nachgeholte Prozesshandlung zusteht.
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.