Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Jan. 2016 - II ZR 57/15
vorgehend
Bundesgerichtshof
Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.
Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
II ZR 57/15
vom
26. Januar 2016
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2016:260116BIIZR57.15.0 Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. Januar 2016 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bergmann und die Richterin Caliebe, die Richter Dr. Drescher, Born und Sunder
beschlossen:
Über den Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist hat das Berufungsgericht zu entscheiden.
Gründe:
I.
- 1
- Der Kläger hat beim Bundesgerichtshof Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsfrist beantragt. Das Urteil des Landgerichts wurde ihm am 6. März 2014 zugestellt. Der 6. April 2014 fiel auf einen Sonntag. Die an das Oberlandesgericht adressierte Berufungsschrift wurde per Telefax an das Landgericht Frankfurt geschickt und erhielt den Eingangsstempel des Landgerichts vom 7. April 2014. Das an das Oberlandesgericht gesandte Original weist dort den Eingangsstempel vom 8. April 2014 auf.
- 2
- Der Kläger hat vorgetragen, die für seinen erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten seit rund sechs Monaten beanstandungslos tätige Rechtsanwaltsfachangestellte habe nach Erhalt der Anweisung des Prozessbevollmächtigten , den unterzeichneten Schriftsatz vorab per Telefax an das Oberlandesgericht unter Verwendung der im Adressfeld maschinenschriftlich angegebenen Faxnummer des Oberlandesgerichts zu senden, anschließend das Sendungsprotokoll zu überprüfen, ihm den Eingang des Telefaxes zu bestätigen und anschließend den Schriftsatz zur Post aufzugeben, aus nicht mehr aufklärbaren Gründen eigenmächtig die auf dem Schriftsatz angegebene Faxnummer in die des Landgerichts abgeändert, den Schriftsatz an diese Nummer gesandt, den Prozessbevollmächtigten des Klägers über die Vorabübermittlung des Schriftsatzes unterrichtet und die Frist im Kalender gestrichen.
II.
- 3
- Über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hat nicht der Bundesgerichtshof, sondern das Berufungsgericht zu entscheiden. Gemäß § 237 ZPO entscheidet über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand das Gericht, dem die Entscheidung über die nachgeholte Prozesshandlung zusteht. Bei Versäumung der Berufungsbegründungsfrist ist dies das Berufungsgericht. Das gilt grundsätzlich auch dann, wenn über den Wiedereinsetzungsantrag nach Beendigung der betreffenden Instanz zu entscheiden ist (vgl. BGH, Urteil vom 20. Mai 2014 - VI ZR 384/13, NJW-RR 2014, 1532 Rn. 12; Beschluss vom 26. Februar 2013 - VI ZR 374/12, NJW-RR 2013, 702 Rn. 2; Urteil vom 3. Juni 1987 - VIII ZR 154/86, BGHZ 101, 134, 141; Beschluss vom 7. Oktober 1981 - IVb ZB 825/81, NJW 1982, 887, 888; BAG, NJW 2004, 2112, 2113), auch in dem Fall, dass das Berufungsverfahren abgeschlossen ist (BGH, Beschluss vom 26. Februar 2013 - VI ZR 374/12, NJW-RR 2013, 702 Rn. 2).
- 4
- Etwas anders gilt - aus Gründen der Prozesswirtschaftlichkeit - dann, wenn nach dem Akteninhalt Wiedereinsetzung ohne weiteres zu gewähren ist. In einem solchen Fall ist das mit der Sache befasste Revisionsgericht aus- nahmsweise befugt, selbst zu entscheiden und dem für den Berufungsrechtszug gestellten Wiedereinsetzungsantrag stattzugeben (vgl. BGH, Urteil vom 20. Mai 2014 - VI ZR 384/13, NJW-RR 2014, 1532 Rn. 12; Beschluss vom 26. Februar 2013 - VI ZR 374/12, NJW-RR 2013, 702 Rn. 2; Beschluss vom 19. Juni 1996 - XII ZB 89/96, NJW 1996, 2581; Beschluss vom 22. September 1992 - VI ZB 22/92, VersR 1993, 500, 501; Beschluss vom 9. Juli 1985 - VI ZB 8/85, NJW 1985, 2650, 2651; Urteil vom 4. November 1981 - IVb ZR 625/80, NJW 1982, 1873, 1874). Die Voraussetzungen hierfür sind vorliegend aber nicht gegeben.
Vorinstanzen:
LG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 21.02.2014 - 2-8 O 129/13 -
OLG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 26.01.2015 - 16 U 56/14 -
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Über den Antrag auf Wiedereinsetzung entscheidet das Gericht, dem die Entscheidung über die nachgeholte Prozesshandlung zusteht.
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aa) Grundsätzlich ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs das Rechtsmittelgericht gehalten, die Entscheidung des nach § 237 ZPO für die Wiedereinsetzung zuständigen Gerichts herbeizuführen, gegen die gegebenenfalls das nach § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthafte Rechtsmittel eingelegt werden kann. Das zuständige Gericht muss Gelegenheit haben, über den Wiedereinsetzungsantrag zu entscheiden (vgl. Senat, Beschluss vom 22. September 1992 - VI ZB 22/92, VersR 1993, 500, 501; BGH, Urteil vom 3. Juni 1987 - VIII ZR 154/86, BGHZ 101, 134, 141; Beschlüsse vom 7. Oktober 1981 - IVb ZB 825/81, NJW 1982, 887 und vom 7. April 1982 - VIII ZB 11/82, VersR 1982, 673; anderer Ansicht BGH, Beschluss vom 6. Oktober 1952 - III ZR 369/51, BGHZ 7, 280, 283 f. zum Rechtszustand vor Einführung des § 238 Abs. 3 ZPO).
2
1. Über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hat gemäß § 237 ZPO das Gericht zu entscheiden, dem die Entscheidung über die nachgeholte Prozesshandlung zusteht, bei Versäumung der Berufungsbegründungsfrist also das Berufungsgericht. Das gilt grundsätzlich auch dann, wenn über den Wiedereinsetzungsantrag nach Beendigung der betreffenden Instanz zu entscheiden ist (vgl. BGH, Urteil vom 3. Juni 1987 - VIII ZR 154/86, BGHZ 101, 134, 141; Beschluss vom 7. Oktober 1981 - IVb ZB 825/81, VersR 1982, 95, 96), mithin auch in dem Fall, dass das Berufungsverfahren abgeschlossen ist. Etwas anders gilt - aus Gründen der Prozesswirtschaftlichkeit - zwar dann, wenn nach dem Akteninhalt Wiedereinsetzung ohne Weiteres zu gewähren ist.
12
aa) Grundsätzlich ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs das Rechtsmittelgericht gehalten, die Entscheidung des nach § 237 ZPO für die Wiedereinsetzung zuständigen Gerichts herbeizuführen, gegen die gegebenenfalls das nach § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthafte Rechtsmittel eingelegt werden kann. Das zuständige Gericht muss Gelegenheit haben, über den Wiedereinsetzungsantrag zu entscheiden (vgl. Senat, Beschluss vom 22. September 1992 - VI ZB 22/92, VersR 1993, 500, 501; BGH, Urteil vom 3. Juni 1987 - VIII ZR 154/86, BGHZ 101, 134, 141; Beschlüsse vom 7. Oktober 1981 - IVb ZB 825/81, NJW 1982, 887 und vom 7. April 1982 - VIII ZB 11/82, VersR 1982, 673; anderer Ansicht BGH, Beschluss vom 6. Oktober 1952 - III ZR 369/51, BGHZ 7, 280, 283 f. zum Rechtszustand vor Einführung des § 238 Abs. 3 ZPO).
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1. Über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hat gemäß § 237 ZPO das Gericht zu entscheiden, dem die Entscheidung über die nachgeholte Prozesshandlung zusteht, bei Versäumung der Berufungsbegründungsfrist also das Berufungsgericht. Das gilt grundsätzlich auch dann, wenn über den Wiedereinsetzungsantrag nach Beendigung der betreffenden Instanz zu entscheiden ist (vgl. BGH, Urteil vom 3. Juni 1987 - VIII ZR 154/86, BGHZ 101, 134, 141; Beschluss vom 7. Oktober 1981 - IVb ZB 825/81, VersR 1982, 95, 96), mithin auch in dem Fall, dass das Berufungsverfahren abgeschlossen ist. Etwas anders gilt - aus Gründen der Prozesswirtschaftlichkeit - zwar dann, wenn nach dem Akteninhalt Wiedereinsetzung ohne Weiteres zu gewähren ist.