Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Jan. 2007 - VI ZB 5/06

bei uns veröffentlicht am23.01.2007
vorgehend
Landgericht Bochum, 6 O 306/04, 14.09.2005
Oberlandesgericht Hamm, 26 U 156/05, 02.01.2006

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 5/06
vom
23. Januar 2007
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Wird einem Rechtsanwalt der Entwurf der Berufungsbegründung vorgelegt, hat er
spätestens dann die Fristennotierung eigenständig zu prüfen.
BGH, Beschluss vom 23. Januar 2007 - VI ZB 5/06 - OLG Hamm
LGBochum
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. Januar 2007 durch die
Vizepräsidentin Dr. Müller und die Richter Dr. Greiner, Wellner, Pauge und
Stöhr

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 26. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 2. Januar 2006 wird auf Kosten der Beklagten als unzulässig verworfen. Gegenstandswert: 8.000 €

Gründe:

I.

1
Die Klägerin macht wegen eines Behandlungsfehlers Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte geltend.
2
Das Landgericht hat die Beklagte durch Urteil vom 14. September 2005, zugestellt am 29. September 2005, zur Zahlung von 6.000 € Schmerzensgeld verurteilt und dem Feststellungsantrag der Klägerin stattgegeben. Gegen dieses Urteil hat die Beklagte mit einem am selben Tag beim Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz vom 31. Oktober 2005 (Montag) Berufung eingelegt. Da die Berufung zunächst nicht begründet worden ist, hat das Oberlandesgericht mit Verfügung vom 6. Dezember 2005 darauf hingewiesen, dass es beab- sichtige, die Berufung gemäß § 522 Abs. 1 ZPO zu verwerfen. Durch Schriftsatz vom 6. Dezember 2005 ist die Berufung begründet und Wiedereinsetzung hinsichtlich der versäumten Berufungsbegründungsfrist beantragt worden.
3
Die Beklagte hat hinsichtlich des Wiedereinsetzungsantrags ausgeführt, das am 29. September 2005 zugestellte Urteil sei mit einem entsprechenden Eingangsstempel versehen worden. Die zuständige Angestellte - Frau W. - habe die Berufungsfrist mit einer Vorfrist zum 24. Oktober 2005 und einer Ablauffrist zum 31. Oktober 2005 sowie die Begründungsfrist mit Vorfrist zum 22. November 2005 und Ablauffrist zum 29. November 2005 im Fristenkalender notiert und die entsprechenden Fristen auf dem Urteil handschriftlich vermerkt. Sodann sei eine entsprechende Kontrolle durch Rechtsanwalt H. erfolgt und die Akte mit dem Urteil zur weiteren Bearbeitung der erstinstanzlich tätig gewesenen Rechtsanwältin Dr. J. vorgelegt worden. Diese habe ebenfalls festgestellt, dass die Fristen ordnungsgemäß notiert worden seien.
4
Nachdem am 31. Oktober 2005 die Haftpflichtversicherung der Beklagten die Weisung erteilt habe, gegen das Urteil Berufung einzulegen, habe Rechtsanwältin Dr. J. die Berufungsschrift veranlasst. Entsprechend einer internen Absprache habe sie sodann die Akte an ihren Kollegen Rechtsanwalt Dr. R. zur weiteren Bearbeitung im Rahmen des Berufungsverfahrens weitergeleitet. Dieser habe durch seine Sekretärin - Frau B. - eine Berufungsakte anlegen lassen, was diese am 7. November 2005 erledigt habe. Dabei habe sie das erstinstanzliche Urteil kopiert und in die zweitinstanzliche Handakte gelegt. Eine eigene Fristübertragung im Sekretariat des nunmehr tätigen Rechtsanwalts sei aber unterblieben. Dies sei Rechtsanwalt Dr. R. nicht aufgefallen, weil das Urteil bereits entsprechende handschriftliche Notizen aufgewiesen habe.
5
Rechtsanwalt R. habe einen Entwurf der Begründung gefertigt, der am 4. November 2005 geschrieben worden sei. Eine endgültige Überarbeitung habe erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen sollen, weil es andere dringlichere Mandate gegeben habe. Die Akte sei dann weder zur Vorfrist noch zum Fristablauf vorgelegt worden. Rechtsanwalt R. habe dies erst am 2. Dezember 2005 festgestellt, als er die Akte routinemäßig habe fertig stellen wollen.
6
Die Beklagte müsse sich die Fristversäumung nicht zurechnen lassen. Diese sei auf das Fehlverhalten zweier ausgebildeter und mehrjährig tätiger Rechtsanwaltsfachangestellten zurückzuführen. Es bestehe die generelle Anweisung , die Fristen im Kalender des erstinstanzlich tätig gewesenen Sachbearbeiters erst zu streichen, wenn durch eine Rückmeldung aus dem Sekretariat des zweitinstanzlich tätigen Anwaltes sicher sei, dass dort die Fristen notiert seien. Zu einer solchen Rückmeldung sei es nicht gekommen. Frau W. habe die bei ihr notierten Fristen übersehen und auch bei Fristablauf nicht im Sekretariat von Rechtsanwalt Dr. R. angerufen, um nachzufragen, ob die Fristen erledigt seien. Frau W. sei eine sehr qualifizierte Fachkraft, die schon seit längerer Zeit ein Vorzimmer leite und überaus ordentlich und korrekt arbeite.
7
Das Oberlandesgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen. Es sei nicht hinreichend glaubhaft gemacht worden, dass im Büro der Prozessvertreter der Beklagten die Fristenkontrolle ordnungsgemäß gesichert oder organisiert sei. Es lägen nicht nur mehrere deutliche Fehler einer einzigen Angestellten vor, sondern beide Angestellte der eingeschalteten Rechtsanwälte hätten in nicht unerheblicher Weise fehlerhaft und entgegen den behaupteten hausinternen Anweisungen gehandelt. Dies lasse darauf schließen, dass die Organisation entweder nicht ausreichend verständlich und eindeutig gestaltet sei oder nicht hinreichend überwacht werde.
8
Zudem habe der geschriebene Entwurf der Berufungsbegründung dem sachbearbeitenden Rechtsanwalt rechtzeitig vor Ablauf der Frist vorgelegen. Deshalb habe ihm die Fristensicherung wieder selbst oblegen, weil er die Sache im Zusammenhang mit der Frist bearbeitet habe.

II.

9
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§§ 574 Abs. 1 i.V.m. §§ 522 Abs. 1 Satz 4, 238 Abs. 2 ZPO), aber unzulässig. Die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO sind nicht erfüllt. Die Rechtssache wirft weder entscheidungserhebliche Fragen von grundsätzlicher Bedeutung oder zur Fortbildung des Rechts auf noch erfordert sie die Zulassung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung.
10
1. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde hat das Berufungsgericht der Beklagten die beantragte Wiedereinsetzung zu Recht versagt, weil die Versäumung der Frist zur Berufungsbegründung auf einem Verschulden ihres zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten beruht und dies der Beklagten nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen ist. Es ist nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht ein solches Verschulden angenommen hat, weil der die Berufungsbegründung bearbeitende Rechtsanwalt die Fristensicherung nicht selbst überprüft hat, obgleich ihm der Entwurf der Berufungsbegründung rechtzeitig vor Ablauf der Frist vorgelegt worden ist.
11
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat ein Rechtsanwalt den Ablauf von Rechtsmittelbegründungsfristen zwar nicht bei jeder Vorlage der Handakten, aber dann eigenverantwortlich zu prüfen, wenn ihm die Sache im Zusammenhang mit einer fristgebundenen Prozesshandlung, insbesondere zu deren Bearbeitung, vorgelegt wird. Für die Berufungsbegründungsfrist ist ihm das seit Inkrafttreten des Zivilprozessreformgesetzes schon ab der Zustellung des Urteils möglich und zumutbar, weil der Ablauf der Begründungsfrist nicht mehr vom Zeitpunkt der Berufungseinlegung abhängt, sondern nach § 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO zwei Monate ab Zustellung des vollständig abgefassten Urteils beträgt (vgl. Senatsbeschlüsse vom 5. November 2002 - VI ZB 40/02 - NJW 2003, 437; vom 5. März 2002 - VI ZR 286/01 - VersR 2002, 637; vom 14. Januar 1997 - VI ZB 24/96 - VersR 1997, 598, jeweils m.w.N.; BGH, Beschlüsse vom 1. Dezember 2004 - XII ZB 164/03 - FamRZ 2005, 435; vom 21. April 2004 - XII ZB 243/03 - FamRZ 2004, 1183; vom 11. Februar 2004 - XII ZB 263/03 - FamRZ 2004, 696). Diese Verpflichtung zu einer eigenständigen Prüfung besteht unabhängig davon, ob sich der Prozessbevollmächtigte sogleich zur Bearbeitung der Sache entschließt oder - wie hier - die (weitere) Bearbeitung vorerst zurückstellt (vgl. Senatsbeschluss vom 14. Januar 1997 - VI ZB 24/96 - aaO; BGH, Beschluss vom 29. April 1998 - XII ZB 140/95 - NJW-RR 1998, 1526). Es ist auch nicht erforderlich, dass dem Anwalt zugleich die Akten vorgelegt werden. Soweit in Entscheidungen des Bundesgerichtshofs auf die Vorlage der Akten abgehoben wird, geschieht dies nicht, um zwischen den "Akten" und der "Sache" zu unterscheiden, sondern um sachgerecht dahin zu differenzieren, ob die Akten zur Vorlage der fristwahrenden Prozesshandlung oder aus sonstigen Gründen vorgelegt worden sind (vgl. Senatsbeschlüsse vom 5. März 2002 - VI ZR 286/01 - aaO; vom 19. Februar 1991 - VI ZB 2/91 - VersR 1991, 1269; BGH, Beschluss vom 6. Juli 1994 - VIII ZB 12/94 - VersR 1995, 238). Zu der notwendigen Nachprüfung gehört auch die Kontrolle des Bürovermerks in den Handakten über die Eintragung der Frist im Fristenkalender (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Oktober 1987 - VIII ZB 16/87 - VersR 1988, 414).
12
b) Nach diesen Grundsätzen hätte der die Beklagte in der zweiten Instanz vertretende Prozessbevollmächtigte jedenfalls nach Wiedervorlage des von ihm diktierten und zwischenzeitlich geschriebenen Entwurfs der Berufungsbegründung anhand der Handakten überprüfen müssen, ob ein Erledigungsvermerk hinsichtlich der Fristeneintragung erfolgt ist. Hätte er dies getan, hätte ihm auffallen müssen, dass zwar eine Kopie des erstinstanzlichen Urteils mit dem Erledigungsvermerk des erstinstanzlich tätigen Büros hinsichtlich der Fristennotierung vorlag, jedoch ein entsprechender Vermerk seines eigenen Büros nicht aus den Handakten ersichtlich war. Wäre er den sich daraus ergebenden Zweifeln an einer ordnungsgemäßen Notierung der Berufungsbegründungsfrist nachgegangen, hätte er das Fehlen der Eintragung im Fristenkalender entdeckt , so dass die Versäumung der Frist vermieden worden wäre. Da der zweitinstanzliche Rechtsanwalt der Beklagten eine solche Prüfung nicht vorgenommen , sondern den Entwurf der Berufungsbegründung nach Vorlage durch sein Büro wegen anderer vordringlicher Arbeiten zunächst nicht weiter bearbeitet hat, hat er mithin nicht alles ihm Zumutbare getan und veranlasst, damit die Frist zur Begründung des Rechtsmittels gewahrt wird. Daher hat das Oberlandesgericht zu Recht ein Verschulden angenommen.
13
2. Im Hinblick darauf kommt es nicht mehr darauf an, ob das Oberlandesgericht zu Recht aus einer Reihe von Fehlern mehrerer Mitarbeiter den Schluss gezogen hat, dass die Organisation im Anwaltsbüro entweder nicht ausreichend verständlich und eindeutig gestaltet gewesen oder nicht hinreichend überwacht worden sei (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 27. März 2001 - VI ZB 7/01 - VersR 2001, 1133, 1134; BGH, Beschlüsse vom 19. Juni 1996 - XII ZR 279/95 - FamRZ 1996, 1469; vom 20. Dezember 1984 - III ZB 37/84 - VersR 1985, 270). Eine Rechtsfortbildung zu der von der Rechtsbeschwerde aufgeworfenen Frage, wann eine auffällige Häufung von Mängeln bei der Wahrung einer Rechtsmittelbegründungsfrist anzunehmen ist, ist nicht geboten, weil der angefochtene Beschluss - wie ausgeführt - schon aus anderen Gründen einer Überprüfung stand hält.
14
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Müller Greiner Wellner Pauge Stöhr

Vorinstanzen:
LG Bochum, Entscheidung vom 14.09.2005 - 6 O 306/04 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 02.01.2006 - 26 U 156/05 -

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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 40/02
vom
5. November 2002
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
ZPO § 233 B, Fa; § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2
Der Rechtsanwalt, dem die Handakten zur Anfertigung der Berufungsbegründung
vorgelegt werden, hat eigenverantwortlich die Berufungsbegründungsfrist zu prüfen.
BGH, Beschluß vom 5. November 2002 - VI ZB 40/02 - OLG Frankfurt am Main
LG Wiesbaden
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 5. November 2002 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen
und die Richter Pauge und Zoll

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 24. April 2002 wird auf Kosten der Klägerin als unzulässig verworfen. Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 5.219,62

Gründe:

I.

Die Klägerin verlangt von der Beklagten Schadensersatz für Grundstücksbeeinträchtigungen. Nachdem das Landgericht die Klage abgewiesen hatte, hat sie das Oberlandesgericht dem Grunde nach zugesprochen und die Sache hinsichtlich der Schadenshöhe an das Landgericht zurückverwiesen. Mit Urteil vom 4. Januar 2002 hat das Landgericht die Klage erneut abgewiesen. Gegen das ihren erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten am 8. Januar 2002 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit Schriftsatz ihres in zweiter Instanz bevollmächtigten Rechtsanwaltes vom 6. Februar 2002, eingegangen bei Gericht am selben Tag, Berufung eingelegt. Die Berufungsbegründung ist am 7. März 2002 bei Gericht eingegangen. Mit Verfügung vom 8. März 2002, den Prozeßbevollmächtigten der Klägerin zugestellt am 13. März 2002, hat der Senatsvorsitzende auf die Verspätung hingewiesen. Die Klägerin hat mit dem am 19. März
2002 eingegangenen Schriftsatz ihrer Prozeßbevollmächtigten Wiedereinset- zung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist beantragt und vorgetragen, die im Büro ihrer Prozeßbevollmächtigten tätige Rechtsanwalts- und Notarfachangestellte M. habe wegen der zum 1. Januar 2002 in Kraft getretenen Änderung der Zivilprozeßordnung irrtümlich den Ablauf der Begründungsfrist auf 8. März 2002 im Fristenbuch notiert. Nach Rücksprache mit dem Prozeßbevollmächtigten der Klägerin sei sie angewiesen worden, den 6. März 2002 als Fristende einzutragen. Dies habe Frau M. versehentlich unterlassen. Von einer anderen Angestellten sei am 6. März 2002 der Berufungsbegründungsschriftsatz fertig gemacht und am 7. März 2002 bei Gericht eingereicht worden. Das Oberlandesgericht hat mit dem angefochtenen Beschluß die Wiedereinsetzung versagt und die Berufung der Klägerin als unzulässig verworfen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Rechtsbeschwerde, die sie wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache, zur Fortbildung des Rechts und zur Wahrung einer einheitlichen Rechtsprechung für zulässig erachtet. Sie macht geltend, die in dem angefochtenen Beschluß aufgestellten Sorgfaltsanforderungen an den Rechtsanwalt seien überspannt und die besonderen Umstände des vorgetragenen Sachverhalts nicht hinreichend berücksichtigt worden.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§§ 574 Abs. 1 i.V.m. § 522 Abs. 1 Satz 4, 238 Abs. 2 ZPO), aber unzulässig. Die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO sind nicht erfüllt.
1. Entgegen der Auffassung der Klägerin kommt der Sache keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zu. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn eine bestimmte, höchstrichterlich noch ungeklärte und für die Entscheidung erhebliche Rechtsfrage klärungsbedürftig ist, die sich allgemein, in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellt (vgl. BGH, Beschluß vom 4. Juli 2002 - V ZB 16/02 - NJW 2002, 3029; Zöller /Gummer, ZPO, 23. Aufl., § 543 Rdn. 11). Das ist vorliegend nicht der Fall. Zur Frage, welche Sorgfaltspflichten den Rechtsanwalt bei der Kontrolle der Rechtsmittelfristen treffen, hat sich der Bundesgerichtshof bereits in einer Vielzahl von Entscheidungen geäußert. Danach hat der Rechtsanwalt bei fristgebundenen Handlungen, so auch bei der Einreichung der Berufungsbegründung bei Gericht, den Fristablauf eigenverantwortlich nachzuprüfen, wenn ihm die Sache zur Vorbereitung der betreffenden Prozeßhandlung vorgelegt wird (Senatsbeschlüsse vom 5. März 2002 - VI ZR 286/01 - VersR 2002, 637; vom 19. Juni 2001 - VI ZB 22/01 - VersR 2001, 1400 f.; vom 4. April 2000 - VI ZR 309/99 - BRAK-Mitt 2000, 287, 288; vom 11. Februar 1992 - VI ZB 2/92 - NJW 1992, 1632; vom 19. Februar 1991 - VI ZB 2/91 - VersR 1991, 1269,1270; vom 1. Juni 1976 - VI ZB 23/75 - VersR 1976, 962, 963 und vom 2. November 1976 - VI ZB 7/76 - VersR 1977, 255; BGH, Beschlüsse vom 10. Juli 1980 - VII ZB 2/80 - VersR 1980, 976, 977; vom 25. März 1985 - II ZB 2/85 - VersR 1985, 552 und vom 11. Dezember 1991 - VIII ZB 38/91 - VersR 1992, 1153). Ob der Rechtsanwalt die Sorgfaltsanforderungen beachtet hat, ist nach den besonderen Umständen des Einzelfalles zu beurteilen. Dementsprechend hat das Berufungsgericht im vorliegenden Fall aufgrund der Würdigung der konkreten Einzelfallumstände einen Sorgfaltsverstoß des Klägervertreters bejaht. Eine abstrakte , der Verallgemeinerung zugängliche Rechtsfrage wirft der Fall nicht auf.
2. Auch zur Rechtsfortbildung ist eine höchstrichterliche Entscheidung nicht geboten (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 ZPO). Diese ist nur erforderlich, wenn der Einzelfall Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder formellen Rechts aufzustellen oder Gesetzeslücken auszufüllen (vgl. BGH, Beschluß vom 4. Juli 2002 - V ZB 16/02 - aaO; Zöller/Greger aaO, § 543 Rdn. 12). Die Klägerin zeigt nicht auf, daß der Fall eine verallgemeinerungsfähige rechtliche Frage aufwirft, für deren rechtliche Beurteilung eine richtungsweisende Orientierungshilfe ganz oder teilweise fehlt. 3. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO).
a) Der von der Klägerin aufgezeigte Unterschied des dem vorliegenden Fall zugrundeliegenden Sachverhalts zu dem, der dem Senatsbeschluß vom 19. Februar 1991 (- VI ZB 2/91 - aaO) zugrunde lag, begründet keine rechtliche Divergenz. Eine solche ist nur dann in Betracht zu ziehen, wenn nach den Darlegungen des Beschwerdeführers der angefochtenen Entscheidung ein Rechtssatz zugrundeliegt, der von einem die Entscheidung tragenden Rechtssatz eines höherrangigen Gerichts, eines anderen Spruchkörpers desselben Gerichts oder eines anderen gleichgeordneten Gerichts abweicht (vgl. BGH, Beschlüsse vom 29. Mai 2002 - V ZB 11/02 - VersR 2002, 1257 und vom 4. Juli 2002 - V ZB 75/02 - NJW 2002, 2957). Die Klägerin beruft sich auf Unterschiede in den jeweiligen Sachverhalten. Sie legt aber nicht dar, daß die angefochtene Entscheidung bei gleichgelagerten tatsächlichen Umständen ein und dieselbe Rechtsfrage anders beantwortet als die Vergleichsentscheidung.

b) Entgegen der Ansicht der Klägerin ist eine höchstrichterliche Entscheidung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung auch nicht deshalb geboten, weil das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft einen zu strengen Sorgfaltsmaßstab zugrundegelegt und die besonderen Umstände nicht hinreichend berücksichtigt hätte. Zwar käme die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO in Frage, wenn der Klägerin mit der Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrages der Zugang zu der ihr nach der Zivilprozeßordnung eingeräumten Berufungsinstanz in unzumutbarer und aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert würde (vgl. BVerfG 44, 302, 305 f.; 69, 381, 385; BGH, Beschluß vom 4. Juli 2002 - V ZB 16/02 - aaO). Bei der Auslegung der Vorschriften über die schuldhafte Fristversäumnis und die Wiedereinsetzung dürfen deshalb die Anforderungen nicht überspannt werden (vgl. BVerfGE 44, aaO; 62, 334, 336; 69, aaO). Gegen diese Grundsätze hat das Berufungsgericht aber im vorliegenden Fall nicht verstoßen. Das Berufungsgericht hat zu Recht verlangt, daß der Prozeßbevollmächtigte die Frist eigenverantwortlich bei Vorlage der Handakten zur Anfertigung der Berufungsbegründung zu prüfen hatte (Senat, Beschlüsse vom 14. Januar 1997 - VI ZB 24/96 - VersR 1997, 598; vom 10. Dezember 1996 - VI ZB 16/96 - VersR 1997, 507 f. und vom 19. Januar 1991 - VI ZB 2/91 - VersR 1991, 1269). Bei ordnungsgemäßer Erfüllung der Prüfungspflicht wäre der Widerspruch zwischen dem von ihm persönlich bestimmten und in den Handakten notierten und dem im Fristenkalender festgehaltenen Fristende offenkundig geworden, bevor es zu einer Fristversäumnis kommen konnte.
c) Die Rechtsbeschwerde ist auch nicht wegen der behaupteten Verfahrensverstöße gegen die richterliche Hinweispflicht zuzulassen, um die Einheitlichkeit der Rechtsprechung zu sichern. Selbst wenn die Rügen der Klägerin berechtigt wären, ist nicht dargelegt, daß die Interessen der Allgemeinheit über den Einzelfall hinaus nachhaltig berührt werden, weil etwa dadurch schwer er-
trägliche Unterschiede in der Rechtsprechung entstehen oder fortbestehen oder das Berufungsgericht in ständiger Praxis die höchstrichterliche Rechtsprechung zu den Hinweispflichten nicht berücksichtigt und dem Rechtsfehler deshalb eine „symptomatische“ Bedeutung zukommt (vgl. BGH, Beschluß vom 29. Mai 2002 - V ZB 11/02 - aaO). 4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 164/03
vom
1. Dezember 2004
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO §§ 233 Fc, 85 Abs. 2, 520 Abs. 2 Satz 1
Zur Verpflichtung des Rechtsanwalts, die Notierung sowohl der Berufungs- als
auch der Berufungsbegründungsfrist zu prüfen, wenn ihm die Handakte zu einer
Besprechung mit seinem Mandanten vorgelegt worden ist, in deren Verlauf
der Mandant ihn beauftragt, Berufung einzulegen, und im Anschluß an die er
die Berufungsschrift diktiert (Fortführung der Senatsbeschlüsse vom 11. Februar
2004 - XII ZB 263/03 - FamRZ 2004, 696 und vom 21. April 2004 - XII ZB
243/03 - FamRZ 2004, 1183 f.).
BGH, Beschluß vom 1. Dezember 2004 - XII ZB 164/03 - OLG München
LG Landshut
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 1. Dezember 2004 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke,
Prof. Dr. Wagenitz und Dose

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 24. Juni 2003 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen. Beschwerdewert: 112.484 €

Gründe:

I.

Die Parteien sind geschiedene Eheleute. Das Landgericht verurteilte den Beklagten zur Rückzahlung eines ihm von der Klägerin gewährten Darlehens von 220.000 DM nebst Zinsen. Der Beklagte ließ das ihm am 28. Februar 2003 zugestellte Urteil durch seine erstinstanzliche Prozeßbevollmächtigte nebst Anschreiben am 14. März 2003 per Fax an die Münchener Kanzlei der Rechtsanwaltspartnerschaft K. übermitteln und vereinbarte mit dem dort tätigen Rechtsanwalt Dr. N. einen Besprechungstermin für den 19. März 2003. Im Rahmen dieses Besprechungstermins, zu dem Rechtsanwalt Dr. N. die neu angelegte Akte mit dem Fax vom 14. März 2003 vorgelegt wurde, beauftragte der Beklagte ihn, fristwahrend Berufung gegen das Urteil einzulegen und die Erfolgsaussichten der Berufung zu prüfen. Unmittelbar im Anschluß an
diese Besprechung diktierte Rechtsanwalt Dr. N. die Berufungsschrift, die am 21. März 2003 gefertigt wurde und am 26. März 2003 beim Oberlandesgericht einging. Am 6. Mai 2003 ließ Rechtsanwalt Dr. N. sich die Akte erneut vorlegen und stellte dabei fest, daß die am 28. April 2003 abgelaufene Frist zur Begründung der Berufung im Fristenkalender nicht notiert und ihm die Akte deshalb nicht rechtzeitig zur Fertigung der Berufungsbegründungsschrift vorgelegt worden war. Das Berufungsgericht hat den am 20. Mai 2003 zugleich mit einer Berufungsbegründung eingegangenen Antrag des Beklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Begründungsfrist zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Gegen diesen Beschluß wendet sich der Beklagte mit der Rechtsbeschwerde.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist statthaft, aber nicht zulässig. Die Rechtssache wirft weder entscheidungserhebliche Fragen von grundsätzlicher Bedeutung auf, noch ist sie geeignet, der Fortbildung des Rechts zu dienen; auch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Sachentscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht. 1. Das Berufungsgericht sieht ein dem Beklagten gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnendes Verschulden seines zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten Dr. N. darin, daß dieser bei Annahme des Mandats die Berufungs-
begründungsfrist nicht selbst geprüft und deren Notierung veranlaßt habe. Diese Aufgabe habe ihm allein oblegen, da er nicht davon habe ausgehen dürfen, daß seine zuverlässige Büroangestellte die Fristen zur Einlegung und Begründung der Berufung nebst Vorfristen schon anläßlich des Eingangs des Faxschreibens der erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten am 14. März 2003 notiert habe. Weder lägen Anhaltspunkte dafür vor, daß dem übermittelten Urteil das Datum seiner Zustellung habe entnommen werden können, noch stelle der Eingang einer solchen Faxnachricht in einer Sache, in der zuvor noch kein Mandatsverhältnis bestanden habe, einen Vorgang dar, bei der sich einer Rechtsanwaltsfachangestellten aufdrängen müsse, daß Fristen zu notieren seien. 2. Demgegenüber macht die Rechtsbeschwerde geltend, das Faxanschreiben der erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten habe einen ausdrücklichen Hinweis auf die Zustellung des Urteils am 28. Februar 2003 enthalten, was das Berufungsgericht verfahrensfehlerhaft nicht berücksichtigt habe. Deshalb habe die mit der Fristenüberwachung beauftragte zuverlässige Angestellte - auch aufgrund einer im einzelnen dargelegten allgemeinen Büroanweisung - sehr wohl Anlaß gehabt, die einfache Fristenberechnung eigenverantwortlich vorzunehmen und die entsprechenden Fristen zu notieren. Rechtsanwalt Dr. N. habe deshalb bei der Besprechung am 19. März 2003 darauf vertrauen dürfen, daß dies geschehen sei. 3. Darauf kommt es indes im Ergebnis nicht an. Ein dem Beklagten zuzurechnendes Verschulden seines zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten ist jedenfalls darin zu sehen, daß dieser nicht alles ihm Zumutbare getan und veranlaßt hat, damit die Frist zur Begründung des Rechtsmittels gewahrt wird (std. Rspr., etwa BGH, Beschluß vom 28. September 1989 - VII ZR 115/89 - BGHR ZPO § 233 Fristenkontrolle 12). Der Rechtsanwalt ist nämlich insbesondere
verpflichtet, die Anbringung von Erledigungsvermerken über die Notierung der Berufungs- und Berufungsbegründungsfristen zu überprüfen, wenn ihm die Handakten im Zusammenhang mit einer fristgebundenen Prozeßhandlung vorgelegt werden (vgl. Senatsbeschlüsse vom 11. Februar 2004 - XII ZB 263/03 - FamRZ 2004, 696 und vom 21. April 2004 - XII ZB 243/03 - FamRZ 2004, 1183 f. m.N.).
a) Hier waren Rechtsanwalt Dr. N. die Handakten zu dem Besprechungstermin am 19. März 2003 vorgelegt worden. Auch wenn ihm das Mandat zur Einlegung der Berufung erst im Rahmen dieser Besprechung erteilt wurde, lagen ihm die Akten somit von diesem Zeitpunkt an und insbesondere bei dem anschließenden Diktat der Berufungsschrift "im Zusammenhang mit einer fristgebundenen Prozeßhandlung" (vgl. Senatsbeschluß vom 21. April 2004 aaO S. 1184 oben) vor. Denn auch die Vorlage zu einer Besprechung, in der erst noch entschieden werden sollte, ob eine fristgebundene Prozeßhandlung vorzunehmen war, ist jedenfalls dann, wenn diese Entscheidung positiv ausfällt, eine Vorlage im Zusammenhang mit einer solchen Prozeßhandlung.
b) Auch wenn die Ansicht der Rechtsbeschwerde zuträfe, daß Rechtsanwalt Dr. N. am 19. März 2003 allenfalls die Eintragung der Berufungsfrist, nicht aber auch der Berufungsbegründungsfrist hätte kontrollieren müssen, hätte ihm auffallen müssen, daß die Handakten keinen Vermerk über die Eintragung der Berufungsfrist enthielten, so daß er dem sich daraus ohne weiteres ergebenden konkreten Verdacht hätte nachgehen müssen, auch die Notierung der Berufungsbegründungsfrist könne unterblieben sein. Der Umstand, daß die Berufungsfrist hier trotz fehlender Fristnotierung gewahrt wurde, läßt daher - entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde - die Ursächlichkeit dieser versäumten Kontrolle für die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist nicht entfallen.

c) Allerdings trifft die Auffassung der Rechtsbeschwerde, aus Anlaß der Besprechung vom 19. März 2003 und des daran anschließenden Diktats der Berufungsschrift habe allenfalls die Berufungsfrist und deren Notierung überprüft werden müssen, nicht zu. Denn die Kontrollpflicht des Rechtsanwalts beschränkt sich, wenn ihm die Handakten im Zusammenhang mit der Fertigung der Berufungsschrift vorliegen, nicht auf die Prüfung, ob die Berufungsfrist notiert ist; sie erstreckt sich vielmehr auch auf die Erledigung der Notierung der Berufungsbegründungsfrist. Diese beginnt nach § 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO mit der Zustellung des erstinstanzlichen Urteils. Ihr Ablauf steht daher im Zeitpunkt der Fertigung der Berufungsschrift bereits fest. Mit der anwaltlichen Verpflichtung , alle zumutbaren Vorkehrungen gegen Fristversäumnisse zu treffen, wäre es deshalb nicht zu vereinbaren, wollte sich der Anwalt bei der gebotenen Prüfung der Fristennotierung auf die Berufungsfrist beschränken und die - ebenfalls bereits feststehende - Berufungsbegründungsfrist aussparen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 11. Februar 2004 und vom 21. April 2004 aaO S. 1184).
Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 243/03
vom
21. April 2004
in der Familiensache
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. April 2004 durch die Vorsitzende
Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke,
Prof. Dr. Wagenitz und Dose

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des 2. Familiensenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 29. September 2003 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen. Beschwerdewert: 72.264 €

Gründe:


I.

Die Antragstellerin hat gegen das ihr Zugewinnausgleichsbegehren teilweise abweisende Scheidungsverbundurteil des Amtsgerichts - Familiengerichts - vom 29. April 2003, das ihr am 27. Mai 2003 zugestellt worden ist, am 27. Juni 2003 Berufung eingelegt. Die Berufung hat sie - nach einem Hinweis des Oberlandesgerichts - am 27. August 2003 begründet. Zugleich hat sie mit einem am selben Tag eingegangenen Schriftsatz vom 26. August 2003 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Sie hat vorgetragen, in der Kanzlei ihres Prozeßbevollmächtigten sei die Überwachung von Notfristen so organisiert, daß von dem Empfangsbekenntnis
eine Kopie gefertigt werde, die mit dem Urteil zusammengeheftet werde, und auf dieser Kopie die Berufungs- wie auch die Berufungsbegründungsfrist vermerkt würden. Die Fristen würden sodann nebst Vorfristen in einem besonderen Fristenkalender eingetragen; außerdem würde die Eintragung im Fristenkalender in den Handakten vermerkt. Im vorliegenden Fall habe die geschulte, zuverlässige und durch regelmäßige Kontrollen überwachte Kanzleiangestellte G., der die Eintragung und Kontrolle der Fristen obliege, versehentlich nur die Berufungsfrist sowie die entsprechende Vorfrist notiert. Üblicherweise weise der Prozeßbevollmächtigte Frau G. auch noch bei dem Diktat der Berufung selbst an, die Eintragung der Vorfrist und der Berufungsbegründungsfrist im Fristenkalender zu überprüfen. Auch dies habe Frau G., obwohl sie die Berufung selbst geschrieben habe, nicht erledigt. Dies habe dazu geführt, daß der Prozeßbevollmächtigte die Akte weder zur Vorfrist noch am Tage des Ablaufs der Berufungsbegründungsfrist erhalten habe. Die Kanzleiangestellte G. hat die Richtigkeit dieses Vortrags eidesstattlich versichert. Das Oberlandesgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit der Rechtsbeschwerde.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist statthaft, aber nicht zulässig. Die Rechtssache wirft entscheidungserhebliche Fragen von grundsätzlicher Bedeutung nicht auf; sie ist auch nicht geeignet, der Fortbildung des Rechts zu dienen (§ 522 Abs. 1 Satz 4, § 574 Abs. 1 Nr. 1 i.V. mit Nr. 2 ZPO).
1. Der Frage, ob ein Prozeßbevollmächtigter seine Handakten, die ihm zwecks Fertigung der Berufungsschrift vorgelegt werden, auf die Erledigung der Notierung auch der Berufungsbegründungsfrist hin überprüfen muß, kommt - entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde - keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung zu. Die Antwort auf diese Frage ergibt sich vielmehr aus den zur anwaltlichen Fristenkontrolle entwickelten Grundsätzen: Danach muß der Prozeßbevollmächtigte alles ihm Zumutbare tun und veranlassen, damit die Frist zur Einlegung oder Begründung eines Rechtsmittels gewahrt wird (st.Rspr., etwa BGH Beschluß vom 28. September 1989 - VII ZR 115/89 - BGHR ZPO § 233 Fristenkontrolle 12). Er hat insbesondere allgemein die Anbringung von Erledigungsvermerken über die Notierung der Berufungs- und Berufungsbegründungsfrist anzuordnen und nach diesen Erledigungsvermerken zu forschen , wenn ihm die Handakten im Zusammenhang mit einer fristgebundenen Prozeßhandlung vorgelegt werden (vgl. etwa BGH Beschlüsse vom 22. September 1971 - V ZB 7/71 - NJW 1971, 2269 und vom 11. Februar 1992 - VI ZB 2/92 - NJW 1992, 1632 m.w.N.). Diese Kontrollpflicht beschränkt sich, wenn Handakten im Zusammenhang mit der Fertigung der Berufungsschrift vorgelegt werden, nicht auf die Prüfung, ob die Berufungsfrist notiert ist; sie erstreckt sich vielmehr auch auf die Erledigung der Notierung der Berufungsbegründungsfrist. Die Berufungsbegründungsfrist beginnt nach § 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO n.F. mit der Zustellung des erstinstanzlichen Urteils. Ihr Ablauf steht daher im Zeitpunkt der Fertigung der Berufungsschrift bereits fest. Mit der anwaltlichen Verpflichtung , alle zumutbaren Vorkehrungen gegen Fristversäumnisse zu treffen, wäre es deshalb nicht zu vereinbaren, wollte sich der Anwalt bei der - im Zusammenhang mit der Aktenvorlage zwecks Fertigung der Berufungsschrift - gebotenen Prüfung der Fristennotierung auf die Berufungsfrist beschränken und die - ebenfalls bereits feststehende - Berufungsbegründungsfrist aussparen.
2. Auch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Sachentscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht. Die angefochtene Entscheidung steht zu dem von der Rechtsbeschwerde angeführten Beschluß des Bundesgerichtshofs vom 22. September 1971 (aaO) nicht in Widerspruch. Wie der Bundesgerichtshof in diesem Beschluß dargelegt hat, trifft einen Prozeßbevollmächtigten zwar keine allgemeine Pflicht, bei jeder, aus irgendeinem Grunde veranlaßten Aktenvorlage (im entschiedenen Fall ging es um eine Aktenvorlage zwecks Bearbeitung einer Kostenerinnerung ) die Erledigung von Fristnotierungen nachzuprüfen. Dies gilt, wie der Bundesgerichtshof in dieser Entscheidung ebenfalls klargestellt hat, jedoch nicht für Fälle, in denen die Aktenvorlage an den Prozeßbevollmächtigten im Zusammenhang mit einer fristgebundenen Prozeßhandlung - hier im Zusammenhang mit der Einlegung der Berufung - erfolgt; in diesen Fällen bewendet es vielmehr bei der unter 1. dargestellten Kontrollpflicht (Senatsbeschluß vom 11. Februar 2004 - XII ZB 263/03 - zur Veröffentlichung bestimmt). Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 139 ZPO), auf die sich die Rechtsbeschwerde beruft, ist ebenfalls nicht ersichtlich. Die Antragstellerin hat darzutun, daß ihren Prozeßbevollmächtigten an der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist kein - ihr zurechenbares (§ 85 Abs. 2 ZPO) - Verschulden trifft. Ein solches Verschulden wäre hier allenfalls dann ausgeschlossen, wenn der Prozeßbevollmächtigte der Antragstellerin die Fristnotierungen anhand der Erledigungsvermerke in den ihm zwecks Fertigung der Berufungsschrift vorgelegten Handakten überprüft hätte, wenn er dabei das Fehlen eines die Berufungsbegründungsfrist betreffenden Erledigungsvermerks bemerkt hätte und wenn er deshalb seine Kanzleiangestellte angewiesen hätte, die Eintragung dieser Frist einschließlich einer Vorfrist im Fristenkalender zu überprüfen. Dies hat die Antragstellerin jedoch nicht dargetan. Aus ihrem Wiedereinset-
zungsantrag ergibt sich lediglich, daß ihr Prozeßbevollmächtigter "üblicherweise" seine Mitarbeiterin auch noch bei dem Diktat der Berufung selbst anweise, die Eintragung der Vorfrist und der Berufungsbegründungsfrist im Fristenkalender zu überprüfen. Dieser Darlegung ist weder zu entnehmen, daß der Prozeßbevollmächtigte seiner Kontrollpflicht überhaupt nachgekommen ist, noch daß ihm dabei das Fehlen eines die Berufungsbegründungsfrist betreffenden Erledigungsvermerks aufgefallen ist und ihn zu einer konkreten Prüfungsanweisung an die Kanzleikraft veranlaßt hat.
Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 263/03
vom
11. Februar 2004
in der Familiensache
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. Februar 2004 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke,
Dr. Ahlt und Dose

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Beklagten gegen den Beschluß des 15. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 13. Oktober 2003 wird auf ihre Kosten als unzulässig verworfen. Beschwerdewert: 35.218

Gründe:


I.

Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§§ 574 Abs. 1 i.V. mit § 522 Abs. 1 Satz 4, 238 Abs. 2 ZPO), aber unzulässig. 1. Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nach § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO, auf die sich die Rechtsbeschwerde allein stützt, erfordert eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs nur in Fällen einer Divergenz oder dann, wenn bei der Auslegung oder Anwendung revisiblen Rechts Fehler über die Einzelfallentscheidung hinaus die Interessen der Allgemeinheit nachhaltig berühren (BT-Drucks. 14/4722 S. 67, 104, 116; BGHZ 151, 221, 225 ff.). Letzteres ist vor allem der Fall, wenn Verfahrensgrundsätze, insbesondere die Grundrechte auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG), auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG i.V. mit dem Rechtsstaatsprinzip) und auf
ein objektiv willkürfreies Verfahren (Art. 3 Abs. 1 GG i.V. mit dem Rechtsstaatsprinzip ) verletzt sind. Dabei sollen Art und Weise eines Rechtsfehlers nach dem Willen des Gesetzgebers aber nur dann Bedeutung erlangen, wenn sie geeignet sind, das Vertrauen in die Rechtsprechung im ganzen zu beschädigen. (BTDrucks. aaO S. 104; BGHZ 151, 42; BGHZ 151, aaO, 227). Regelmäßig ist eine auf § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO gestützte Rechtsbeschwerde deswegen nur dann zulässig, wenn dargelegt ist, daß ein Verstoß gegen Verfahrensgrundrechte im Einzelfall klar zu Tage tritt, also offenkundig ist, und die angefochtene Entscheidung hierauf beruht (BGHZ 151, aaO 227). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dient das Rechtsinstitut der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in besonderer Weise dazu, die Rechtsschutzgarantie und das rechtliche Gehör zu gewährleisten. Die Verfahrensgrundrechte auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes und auf rechtliches Gehör gebieten es daher, den Zugang zu den Gerichten und den weiteren Instanzen nicht in unzumutbarer, sachlich nicht gerechtfertigter Weise zu erschweren. Deswegen dürfen gerade bei der Auslegung der Vorschriften über die Wiedereinsetzung die Anforderungen an die Sorgfalt eines Rechtsanwalts und die Kausalität einer Pflichtverletzung nicht überspannt werden (BGHZ 151, aaO, 227 f. m.w.N. aus der Rspr. des Bundesverfassungsgerichts

).

2. Gegen diese Grundsätze hat das Beschwerdegericht nicht verstoßen.
a) Die Rechtsbeschwerde hat keinen erheblichen Unterschied des vorliegenden Sachverhalts zu den der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Zusammenhang mit der Prüfungspflicht bei fristgebundenen Prozeßhandlungen zugrundeliegenden Sachverhalten und somit keine rechtliche Divergenz aufgezeigt. Eine solche kommt nur dann in Betracht, wenn nach den Darlegungen
der Rechtsbeschwerde der angefochtenen Entscheidung ein Rechtssatz zugrunde liegt, der von einem die Entscheidung tragenden Rechtssatz eines höherrangigen Gerichts, eines anderen Spruchkörpers desselben Gerichts oder eines anderen gleichgeordneten Gerichts abweicht (vgl. BGH Beschlüsse vom 4. Juli 2002 - V ZB 75/02 - NJW 2002, 2957 und vom 5. November 2002 - VI ZB 40/02 - NJW 2003, 437). Das ist hier nicht der Fall. Nach der von der Rechtsbeschwerde zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat ein Rechtsanwalt den Ablauf von Rechtsmittelbegründungsfristen zwar nicht bei jeder Vorlage der Handakten, aber dann eigenverantwortlich zu prüfen, wenn ihm die Akten im Zusammenhang mit einer fristgebundenen Prozeßhandlung, insbesondere zu deren Bearbeitung , vorgelegt werden (BGH Beschlüsse vom 25. März 1985 - II ZB 2/85 - VersR 1985, 552, vom 16. März 2000 - VII ZR 320/99 - HFR 2001, 297 und vom 5. November 2002 - VI ZB 40/02 - NJW 2003, 437). Dieser Rechtsprechung ist - entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde - schon nicht zu entnehmen, daß eine eigenverantwortliche Prüfung der Rechtsmittelbegründungsfrist "nur dann" veranlaßt ist, wenn ihm die Handakte zur Vorbereitung der (später versäumten) Rechtsmittelbegründung vorgelegt wurde. Der Bundesgerichtshof hat die eigene Prüfungspflicht des Rechtsanwalts stets auf alle Fälle erstreckt, in denen ihm die Handakte im Zusammenhang mit nur einer fristgebundenen Prozeßhandlung vorgelegt wurde (BGH Beschlüsse vom 16. März 2000 - VII ZR 320/99 - HFR 2001, 297, vom 25. November 1998 - XII ZB 204/96 - FamRZ 1999, 649, vom 25. März 1985 - II ZB 2/85 - VersR 1985, 552, vom 14. Oktober 1987 - VIII ZB 16/87 - VersR 1988, 414 und vom 11. Februar 1992 - VI ZB 2/92 - NJW 1992, 1632). Darauf, ob die Vorlage der Handakten wegen der Berufungsbegründungsfrist oder aus Anlaß einer anderen fristgebundenen Prozeßhandlung erfolgt ist, kommt es mithin nicht an (vgl. Senatsbeschluss vom 13. Oktober 1993 - XII ZB 120/93 - EzFamR ZPO § 234 Nr. 6).
Das gilt schon deswegen, weil der Rechtsanwalt im Zusammenhang mit einer fristgebundenen Prozesshandlung eigenverantwortlich stets auch alle weiteren unerledigten Fristen einschließlich ihrer Notierung in den Handakten prüfen muss. Für die Berufungsbegründungsfrist ist ihm das seit Inkrafttreten des Zivilprozessreformgesetzes zum 1. Januar 2002 schon ab der Zustellung des Urteils möglich und zumutbar, weil der Ablauf der Begründungsfrist nicht mehr vom Zeitpunkt der Berufungseinlegung abhängt, sondern nach § 520 Abs. 2 S. 1 ZPO zwei Monate ab Zustellung des vollständig abgefaßten Urteils beträgt.
b) Entgegen § 575 Abs. 3 Nr. 2 ZPO hat die Rechtsbeschwerde nicht dargelegt, inwieweit das Oberlandesgericht gegen diese Rechtsgrundsätze zur Sorgfaltspflicht eines Rechtsanwalts bei der Vorlage von Handakten für eine fristgebundene Prozesshandlung verstoßen hat.
Hahne Sprick Weber-Monecke Ahlt Dose

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)