Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Feb. 2019 - VI ZB 43/18

bei uns veröffentlicht am19.02.2019
vorgehend
Landgericht Berlin, 6 O 116/17, 18.06.2018
Kammergericht, 7 U 138/18, 09.10.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 43/18
vom
19. Februar 2019
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO § 233 D; 236 B, C

a) Ein Rechtsanwalt muss allgemeine Vorkehrungen dafür treffen, dass das zur
Wahrung von Fristen Erforderliche auch dann unternommen wird, wenn er unvorhergesehen
ausfällt. Ist er als Einzelanwalt ohne eigenes Personal tätig,
muss er ihm zumutbare Vorkehrungen für einen Verhinderungsfall, z.B. durch
Absprache mit einem vertretungsbereiten Kollegen treffen. Durch konkrete
Maßnahmen im Einzelfall muss sich der Rechtsanwalt allerdings nur dann vorbereiten
, wenn er einen solchen konkreten Ausfall vorhersehen kann.

b) Ein Rechtsanwalt muss, wenn er unvorhergesehen erkrankt, nur das, aber auch
alles zur Fristwahrung unternehmen, was ihm dann möglich und zumutbar ist.
Die fristwahrenden Maßnahmen eines unvorhergesehen erkrankten Einzelanwalts
ohne eigenes Personal können sich darin erschöpfen, die Vertretung, für
die er zuvor im Rahmen der ihm obliegenden allgemeinen Vorkehrungen für
Verhinderungsfälle Vorsorge zu treffen hatte, zu kontaktieren und um die Beantragung
einer Fristverlängerung zu bitten. Für die Begründung eines Wiedereinsetzungsantrags
ist deshalb die Darlegung und Glaubhaftmachung notwendig,
dass aufgrund der Erkrankung selbst diese Maßnahme nicht möglich oder zumutbar
war bzw. - bei pflichtgemäßem Treffen der allgemeinen Vorkehrungen -
gewesen wäre.
BGH, Beschluss vom 19. Februar 2019 - VI ZB 43/18 - KG Berlin
LG Berlin
ECLI:DE:BGH:2019:190219BVIZB43.18.0

Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. Februar 2019 durch die Richterin von Pentz als Vorsitzende, den Richter Offenloch, die Richterinnen Dr. Oehler und Müller und den Richter Dr. Allgayer
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des 7. Zivilsenats des Kammergerichts vom 9. Oktober 2018 wird auf Kosten des Beklagten als unzulässig verworfen. Der Streitwert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 20.278 €.

Gründe:

I.

1
Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Schadensersatz wegen Eigentumsverletzung in Anspruch. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Gegen das am 23. Juli 2018 zugestellte Urteil hat der Prozessbevollmächtigte des Beklagten rechtzeitig Berufung eingelegt. Diese hat er mit am 25. September 2018 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz begründet und zugleich einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt. Zur Begründung hat er ausgeführt, er sei am Montag, 24. September 2018, dienstunfähig erkrankt gewesen , und dies anwaltlich versichert. Nach gerichtlichem Hinweis hat er dies unter anwaltlicher Versicherung dahingehend konkretisiert, dass er am 24. Sep- tember 2018 unvorhergesehen mit hohem Fieber ans Bett gefesselt gewesen sei. Vorkehrungen für diesen seit 20 Jahren erstmals eingetretenen Fall seien nicht getroffen worden, zumal solche in einer Einzelkanzlei nicht möglich seien. Die wirksame Beauftragung eines Vertreters habe aufgrund seiner gesundheitlichen Lage ebenso wenig erfolgen können wie die Beantragung einer Fristverlängerung ; gesundheitsbedingt sei "gar nichts mehr möglich" gewesen. Am 25. September 2018 habe er einen Arzt aufsuchen können, am Abend desselben Tages sei er wieder körperlich in der Lage gewesen, in die Kanzlei zu gehen, den Wiedereinsetzungsantrag zu stellen und die versäumte Prozesshandlung nachzuholen. Der Prozessbevollmächtigte des Beklagten hat ein ärztliches Attest nachgereicht, das ihn vom 24. bis einschließlich 28. September 2018 für nicht arbeitsfähig erklärt.
2
Mit Beschluss vom 9. Oktober 2018 hat das Berufungsgericht die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Prozessbevollmächtigte des Beklagten habe schon nicht ausreichend dargelegt, dass ihm die Einschaltung eines Vertreters oder die Beantragung einer Fristverlängerung nicht möglich gewesen sei. Die bloße Behauptung , mit Fieber an das Bett gefesselt gewesen und zu keinerlei Tätigkeit in der Lage gewesen zu sein, reiche hierfür nicht aus. Insbesondere sei nicht nachvollziehbar, inwiefern der Prozessbevollmächtigte des Beklagten durch seine Krankheit daran gehindert gewesen sei, einen Vertreter zu erreichen, der für ihn einen Fristverlängerungsantrag habe stellen können. Es gehöre zu den Sorgfaltspflichten eines Einzelanwalts, für unvorhergesehene Verhinderungen zumindest die Vorkehrung zu treffen, entweder selbst oder gegebenenfalls über eine angestellte Bürokraft einen Kollegen erreichen zu können, der sich zu einer Vertretung bereit erkläre. Hierzu gehöre das Vorhalten von entsprechenden Telekommunikationsmitteln und Kontaktinformationen. Dass dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten auch bei Beachtung dieser Vorkehrungen am 24.
September 2018 keinerlei Kommunikation möglich gewesen sei, sei mit Fieber und Bettlägerigkeit nicht ausreichend erklärt. Darüber hinaus habe der Prozessbevollmächtigte des Beklagten auch nicht glaubhaft gemacht, in einem Maße erkrankt gewesen zu sein, dass ihm überhaupt kein Tätigwerden möglich gewesen sei. Das vorgelegte Attest bescheinige lediglich eine Arbeitsunfähigkeit ; daraus könne die Art der Erkrankung nicht beurteilt werden.
3
Gegen diesen Beschluss wendet sich der Beklagte mit der Rechtsbeschwerde.

II.

4
Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist unzulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind. Eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) erforderlich; insbesondere verletzt der angefochtene Beschluss nicht den Anspruch des Beklagten auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip; vgl. BVerfG, NJW 2003, 281 mwN).
5
1. Das Verfahrensgrundrecht auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes gebietet es, einer Partei die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht aufgrund von Anforderungen an die Sorgfaltspflichten ihres Prozessbevollmächtigten zu versagen, die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht verlangt werden und den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigenden Weise erschweren (st. Rspr., siehe nur Senatsbeschluss vom 10. April 2018 - VI ZB 44/16, VersR 2018, 1085 Rn. 5 mwN).
6
2. Davon ausgehend ist die Begründung, mit der das Berufungsgericht dem Beklagten die form- und fristgerecht beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist versagt hat, rechtlich nicht zu beanstanden.
7
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss ein Rechtsanwalt allgemeine Vorkehrungen dafür treffen, dass das zur Wahrung von Fristen Erforderliche auch dann unternommen wird, wenn er unvorhergesehen ausfällt. Er muss seinem Personal die notwendigen allgemeinen Anweisungen für einen solchen Fall geben. Ist er als Einzelanwalt ohne eigenes Personal tätig, muss er ihm zumutbare Vorkehrungen für einen Verhinderungsfall, z.B. durch Absprache mit einem vertretungsbereiten Kollegen treffen (Senatsbeschlüsse vom 10. April 2018 - VI ZB 44/16, VersR 2018, 1085 Rn. 7; vom 24. April 2018 - VI ZB 48/17, VersR 2018, 1212 Rn. 9; vom 6. März 1990 - VI ZB 4/90, VersR 1990, 1026; BGH, Beschlüsse vom 26. September 2013 - V ZB 94/13, NJW 2014, 228 Rn. 7; vom 18. September 2008 - V ZB 32/08, NJW 2008, 3571 Rn. 9). Durch konkrete Maßnahmen im Einzelfall muss sich der Rechtsanwalt allerdings nur dann vorbereiten, wenn er einen solchen konkreten Ausfall vorhersehen kann (BGH, Beschlüsse vom 26. September 2013 - V ZB 94/13, NJW 2014, 228 Rn. 7; vom 18. September 2008 - V ZB 32/08, NJW 2008, 3571 Rn. 9; jeweils mwN).
8
b) Dem Vorbringen des Prozessbevollmächtigten des Beklagten zum Wiedereinsetzungsgesuch lässt sich nicht entnehmen, dass er allgemeine Vor- kehrungen für einen unvorhergesehenen Verhinderungsfall getroffen hätte.
Vielmehr hat er sich darauf berufen, dass Vorkehrungen in einer Einzelkanzlei nicht möglich seien. Aus der Rechtsbeschwerdebegründung ergibt sich zudem die rechtsirrige Auffassung der beklagten Partei, ihr Prozessbevollmächtigter habe für unvorhergesehene Krankheitsfälle, anders als das Berufungsgericht meine, allgemeine Vorkehrungen nicht treffen müssen. Soweit sich die Rechtsbeschwerde hierzu auf den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 22. Oktober 2014 - XII ZB 257/14 (NJW 2015, 171 Rn. 18) beruft, verneint dieser lediglich die Pflicht zur Bestellung eines Vertreters als konkrete Vorsorgemaßnahme für einen krankheitsbedingten Ausfall. Die Pflicht, allgemeine Vorkehrungen für den Krankheitsfall zu treffen, bleibt davon unberührt, was sich auch aus den Verweisungen in diesem Beschluss auf andere Entscheidungen, unter anderem auf den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 18. September 2008 - V ZB 32/08 (NJW 2008, 3571 Rn. 9), ergibt. In dem von der Rechtsbeschwerde ebenfalls herangezogenen Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 11. April 2017 - II ZB 5/16 (juris Rn. 16) heißt es zwar, der Rechtsanwalt sei grundsätzlich nicht gehalten, für den Fall einer unvorhergesehenen Erkrankung vorsorglich einen Vertreter zu bestellen, um Fristwahrungen zu ermöglichen. Selbst wenn damit, trotz der Bezugnahme auf den Beschluss vom 22. Oktober 2014 - XII ZB 257/14, gemeint gewesen sein sollte, dass auch nicht im Rahmen der allgemeinen Vorkehrungen eine Vertretung organisiert werden müsse, wäre dies jedenfalls nicht tragend. Denn nach dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt praktizierte der dortige Prozessbevollmächtigte für den Fall seiner Verhinderung eine ständige Vertreterregelung mit einer Rechtsanwältin (juris Rn. 6), weshalb über die Frage zu entscheiden war, ob der Prozessbevollmächtigte nicht trotz seiner Krankheit in der Lage war, Kontakt zu dieser Rechtsanwältin aufzunehmen (juris Rn. 17 ff.).
9
c) Das Versäumnis des Prozessbevollmächtigen des Beklagten, allgemeine Vorkehrungen für eine Vertretung im Krankheitsfall zu treffen, hat sich auf die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist ausgewirkt (vgl. zu diesem Erfordernis Senatsbeschluss vom 6. März 1990 - VI ZB 4/90, VersR 1990, 1026; BGH, Beschluss vom 26. September 2013 - V ZB 94/13, NJW 2014, 228 Rn. 9).
10
aa) Ein Rechtsanwalt muss zwar, wenn er - wie hier - unvorhergesehen erkrankt, nur das, aber auch alles zur Fristwahrung unternehmen, was ihm dann möglich und zumutbar ist (Senatsbeschlüsse vom 10. April 2018 - VI ZB 44/16, VersR 2018, 1085 Rn. 7; vom 6. März 1990 - VI ZB 4/90, VersR 1990, 1026; BGH, Beschlüsse vom 26. September 2013 - V ZB 94/13, NJW 2014, 228 Rn. 10; vom 18. September 2008 - V ZB 32/08, NJW 2008, 3571 Rn. 9). Die Art und Schwere seiner Erkrankung kann ihn im Einzelfall außerstande setzen , noch irgendwelche fristwahrenden Maßnahmen zu ergreifen (vgl. Senatsbeschluss vom 6. März 1990 - VI ZB 4/90, VersR 1990, 1026 für den Fall der Einlieferung des Rechtsanwalts durch den Notarzt in ein Krankenhaus und Verlegung auf die Intensivstation; BGH, Beschluss vom 18. September 2008 - V ZB 32/08, NJW 2008, 3571 Rn. 12). Die fristwahrenden Maßnahmen eines unvorhergesehen erkrankten Einzelanwalts ohne eigenes Personal können sich aber darin erschöpfen, die Vertretung, für die er zuvor im Rahmen der ihm obliegenden allgemeinen Vorkehrungen für Verhinderungsfälle Vorsorge zu treffen hatte , zu kontaktieren und um die Beantragung einer Fristverlängerung zu bitten (vgl. Senatsbeschlüsse vom 24. April 2018 - VI ZB 48/17, VersR 2018, 1212 Rn. 9; vom 10. April 2018 - VI ZB 44/16, VersR 2018, 1085 Rn. 8; BGH, Beschluss vom 26. September 2013 - V ZB 94/13, NJW 2014, 228 Rn. 11). Für die Begründung eines Wiedereinsetzungsantrags ist deshalb die Darlegung und Glaubhaftmachung notwendig, dass aufgrund der Erkrankung selbst diese Maßnahme nicht möglich oder zumutbar war bzw. - bei pflichtgemäßem Treffen der allgemeinen Vorkeh- rungen - gewesen wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 26. September 2013 - V ZB 94/13, NJW 2014, 228 Rn. 11).
11
bb) Gemessen daran reichen, wie vom Berufungsgericht zutreffend gesehen , die Darlegungen zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags nicht aus. Danach litt der Prozessbevollmächtigte des Beklagten an hohem Fieber und war deshalb an das Bett gefesselt. Damit mag es ihm unmöglich gewesen sein, selbst einen Fristverlängerungsantrag zu stellen oder sich (erst jetzt) auf die Suche nach einem vertretungsbereiten Rechtsanwalt zu machen und diesen mit der Fristverlängerung zu beauftragen. Daraus ergibt sich indes nicht, dass er, hätte er bereits im Rahmen der zu treffenden allgemeinen Vorkehrungen Vorsorge für eine Vertretung getroffen und entsprechende Kontaktdaten bereitgehalten , nicht in der Lage gewesen wäre, den Vertreter zu benachrichtigen und diesen um die Beantragung einer Fristverlängerung zu bitten. Da essich um die erste Fristverlängerung gehandelt hätte, hätte diese auch nicht aufwendig begründet werden müssen (vgl. Senatsbeschluss vom 20. Februar 2018 - VI ZB 47/17, VersR 2018, 1277 Rn. 8; BGH, Beschluss vom 26. September 2013 - V ZB 94/13, NJW 2014, 228 Rn. 11 mwN). Dem steht entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht die Behauptung des Prozessbevollmächtigten des Beklagten entgegen, ihm sei gesundheitsbedingt "gar nichts mehr möglich" gewesen. Auch hohes Fieber führt gewöhnlich nicht zu absoluter Handlungsunfähigkeit. Es hätte daher nachvollziehbarer Darlegung dazu bedurft, dass es dem Prozessbevollmächtigten nicht einmal möglich und zumutbar gewesen wäre, mit einer Vertretung, hätte er für diese Vorsorge getroffen, zu kommunizieren.
12
cc) Es ist ferner nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht den Vortrag des Prozessbevollmächtigten, es sei ihm "gar nichts mehr möglich" gewesen , nicht als durch das ärztliche Attest glaubhaft gemacht angesehen hat. Ein Attest, das lediglich Arbeitsunfähigkeit bescheinigt, reicht zur Glaubhaftma- chung völliger Handlungsunfähigkeit nicht aus (vgl. BGH, Beschlüsse vom 22. Oktober 2014 - XII ZB 257/14, NJW 2015, 171 Rn. 21; vom 11. April 2017 - II ZB 5/16, juris Rn. 20 f.; BVerfG, NJW-RR 2007, 1717, 1718). von Pentz Offenloch Oehler Müller Allgayer
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 18.06.2018 - 6 O 116/17 -
KG Berlin, Entscheidung vom 09.10.2018 - 7 U 138/18 -

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Feb. 2019 - VI ZB 43/18

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Feb. 2019 - VI ZB 43/18

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Feb. 2019 - VI ZB 43/18 zitiert 5 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

Zivilprozessordnung - ZPO | § 233 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand


War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wieder

Zivilprozessordnung - ZPO | § 238 Verfahren bei Wiedereinsetzung


(1) Das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist mit dem Verfahren über die nachgeholte Prozesshandlung zu verbinden. Das Gericht kann jedoch das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag beschränken. (2) A

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Feb. 2019 - VI ZB 43/18 zitiert oder wird zitiert von 7 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Feb. 2019 - VI ZB 43/18 zitiert 6 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Okt. 2014 - XII ZB 257/14

bei uns veröffentlicht am 22.10.2014

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB257/14 vom 22. Oktober 2014 in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 233 D Auch bei einer unvorhergesehenen Erkrankung muss ein Rechtsanwalt alle ihm dann noch möglichen

Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Sept. 2013 - V ZB 94/13

bei uns veröffentlicht am 26.09.2013

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZB 94/13 vom 26. September 2013 in dem Rechtsstreit Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. September 2013 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann und die Richter Dr. Lemke, Prof. Dr. Schmidt-R

Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Apr. 2017 - II ZB 5/16

bei uns veröffentlicht am 11.04.2017

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS II ZB 5/16 vom 11. April 2017 in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2017:110417BIIZB5.16.0 Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. April 2017 durch die Richter Prof. Dr. Drescher, Wöstmann, Sunder, Dr. Bernau un

Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Apr. 2018 - VI ZB 48/17

bei uns veröffentlicht am 24.04.2018

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VI ZB 48/17 vom 24. April 2018 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 234 A Eine Entscheidung über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vor Ablauf der Wiederein

Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Apr. 2018 - VI ZB 44/16

bei uns veröffentlicht am 10.04.2018

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VI ZB 44/16 vom 10. April 2018 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 233 D, § 234 Abs. 1 A, § 236 Abs. 2 C Ein Rechtsanwalt muss allgemeine Vorkehrungen dafür treffen, dass d

Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Feb. 2018 - VI ZB 47/17

bei uns veröffentlicht am 20.02.2018

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VI ZB 47/17 vom 20. Februar 2018 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 85 Abs. 2, § 233 (B, Ff) Ein Rechtsanwalt darf regelmäßig erwarten, dass einem ersten Antrag auf Verlän
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Feb. 2019 - VI ZB 43/18.

Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Apr. 2019 - VI ZB 44/18

bei uns veröffentlicht am 16.04.2019

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VI ZB 44/18 vom 16. April 2019 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 233 D a) Ein Rechtsanwalt muss allgemeine Vorkehrungen dafür treffen, dass das zur Wahrung von Fristen Erfor

Referenzen

War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist mit dem Verfahren über die nachgeholte Prozesshandlung zu verbinden. Das Gericht kann jedoch das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag beschränken.

(2) Auf die Entscheidung über die Zulässigkeit des Antrags und auf die Anfechtung der Entscheidung sind die Vorschriften anzuwenden, die in diesen Beziehungen für die nachgeholte Prozesshandlung gelten. Der Partei, die den Antrag gestellt hat, steht jedoch der Einspruch nicht zu.

(3) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.

(4) Die Kosten der Wiedereinsetzung fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

5
1. Das Verfahrensgrundrecht auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes gebietet es, einer Partei die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht aufgrund von Anforderungen an die Sorgfaltspflichten ihres Prozessbevollmächtigten zu versagen, die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht verlangt werden und den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigenden Weise erschweren (st. Rspr., vgl. BVerfG BVerfGK 11, 461, 463; zuletzt Senat, Beschluss vom 19. September 2017 - VI ZB 40/16, VersR 2018, 119 Rn. 6 und vom 12. Dezember 2017 - VI ZB 24/17, NJW-RR 2018, 311 Rn. 4, jeweils mwN).
9
3. Danach kann der angefochtene Beschluss keinen Bestand haben. Die Sache ist gemäß § 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO zur erneuten Entscheidung unter Berücksichtigung des weiteren Vorbringens der Klägerin im Rechtsbeschwerdeverfahren an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Für das weitere Verfahren wird zu berücksichtigen sein, dass ein Einzelanwalt ohne eigenes Personal ihm zumutbare Vorkehrungen für einen Verhinderungsfall, z.B. durch Absprache mit einem vertretungsbereiten Kollegen, zu treffen hat und dass es zu den möglichen und zumutbaren Maßnahmen, die ein unvorhergesehen erkrankter Rechtsanwalt zu treffen hat, auch gehören kann, den Vertreter zu benachrichtigen und diesen zu bitten, einen Fristverlängerungsantrag zu stellen (vgl. BGH, Beschluss vom 26. September 2013 - V ZB 94/13, NJW 2014, 228 Rn. 7, 10, 11 mwN). Galke Wellner Offenloch Müller Allgayer
7
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss ein Rechtsanwalt allgemeine Vorkehrungen dafür treffen, dass das zur Wahrung von Fristen Erforderliche auch dann unternommen wird, wenn er unvorhergesehen ausfällt. Er muss seinem Personal die notwendigen allgemeinen Anweisungen für einen solchen Fall geben. Ist er als Einzelanwalt ohne eigenes Personal tätig, muss er ihm zumutbare Vorkehrungen für einen Verhinderungsfall, z.B. durch Absprache mit einem vertretungsbereiten Kollegen treffen (BGH, Beschlüsse vom 6. März 1990 - VI ZB 4/90, VersR 1990, 1026 und vom 18. Mai 1994 - XII ZB 62/94, FamRZ 1994, 1520). Durch konkrete Maßnahmen im Einzelfall muss sich der Rechtsanwalt allerdings nur dann vorbereiten, wenn er einen solchen konkreten Ausfall vorhersehen kann (BGH, Beschlüsse vom 18. Oktober 1984 - III ZB 13/84, VersR 1985, 139, 140 und Senat, Beschlüsse vom 23. November 1995 - V ZB 20/95, NJW 1996, 997, 998 und vom 18. September 2008 - V ZB 32/08, NJW 2008, 3571, 3572 Rn. 9).
18
aa) Ein Rechtsanwalt, der die Frist zur Einlegung oder Begründung eines Rechtsmittels bis zum letzten Tag ausschöpft, hat wegen des damit erfahrungsgemäß verbundenen Risikos erhöhte Sorgfalt aufzuwenden, um die Einhaltung der Frist sicherzustellen. Auf einen krankheitsbedingten Ausfall muss er sich aber auch in diesem Fall nur durch konkrete Maßnahmen vorbereiten, wenn er einen solchen Ausfall vorhersehen kann. Er ist daher selbst dann, wenn er eine Frist bis zum letzten Tag ausschöpfen will, nicht gehalten, für den Fall einer unvorhergesehenen Erkrankung vorsorglich einen Vertreter zu bestellen (BGH Beschlüsse vom 7. März 2013 - I ZB 67/12 - NJW-RR 2013, 1011 Rn. 7 und vom 18. September 2008 - V ZB 32/08 - FamRZ 2008, 2271 Rn. 9, jeweils mwN; vgl. auch Senatsbeschlüsse vom 5. März 2014 - XII ZB 736/12 - FamRZ 2014, 829 Rn. 9 und vom 7. August 2013 - XII ZB 533/10 - FamRZ 2013, 1722 Rn. 10).
16
b) Der Rechtsanwalt ist grundsätzlich nicht gehalten, für den Fall einer unvorhergesehenen Erkrankung vorsorglich einen Vertreter zu bestellen, um evtl. Fristwahrungen zu ermöglichen (BGH, Beschluss vom 22. Oktober 2014 - XII ZB 257/14, NJW 2015, 171 Rn. 18 mwN). Auch bei einer unvorhergesehenen Erkrankung muss ein Rechtsanwalt aber alle ihm dann noch möglichen und zumutbaren Maßnahmen zur Wahrung einer Frist greifen. Der krankheitsbedingte Ausfall des Rechtsanwalts am letzten Tag der Frist rechtfertigt für sich genommen deshalb eine Wiedereinsetzung noch nicht. Vielmehr fehlt es an einem dem Verfahrensbeteiligten zuzurechnenden Verschulden seines Rechtsanwalts nur dann, wenn infolge der Erkrankung weder kurzfristig ein Vertreter eingeschaltet noch ein Fristverlängerungsantrag gestellt werden konnte. Auch dies ist glaubhaft zu machen (BGH, Beschluss vom 22. Oktober 2014 - XII ZB 257/14, NJW 2015, 171 Rn. 19 mwN).
18
aa) Ein Rechtsanwalt, der die Frist zur Einlegung oder Begründung eines Rechtsmittels bis zum letzten Tag ausschöpft, hat wegen des damit erfahrungsgemäß verbundenen Risikos erhöhte Sorgfalt aufzuwenden, um die Einhaltung der Frist sicherzustellen. Auf einen krankheitsbedingten Ausfall muss er sich aber auch in diesem Fall nur durch konkrete Maßnahmen vorbereiten, wenn er einen solchen Ausfall vorhersehen kann. Er ist daher selbst dann, wenn er eine Frist bis zum letzten Tag ausschöpfen will, nicht gehalten, für den Fall einer unvorhergesehenen Erkrankung vorsorglich einen Vertreter zu bestellen (BGH Beschlüsse vom 7. März 2013 - I ZB 67/12 - NJW-RR 2013, 1011 Rn. 7 und vom 18. September 2008 - V ZB 32/08 - FamRZ 2008, 2271 Rn. 9, jeweils mwN; vgl. auch Senatsbeschlüsse vom 5. März 2014 - XII ZB 736/12 - FamRZ 2014, 829 Rn. 9 und vom 7. August 2013 - XII ZB 533/10 - FamRZ 2013, 1722 Rn. 10).
7
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss ein Rechtsanwalt allgemeine Vorkehrungen dafür treffen, dass das zur Wahrung von Fristen Erforderliche auch dann unternommen wird, wenn er unvorhergesehen ausfällt. Er muss seinem Personal die notwendigen allgemeinen Anweisungen für einen solchen Fall geben. Ist er als Einzelanwalt ohne eigenes Personal tätig, muss er ihm zumutbare Vorkehrungen für einen Verhinderungsfall, z.B. durch Absprache mit einem vertretungsbereiten Kollegen treffen (BGH, Beschlüsse vom 6. März 1990 - VI ZB 4/90, VersR 1990, 1026 und vom 18. Mai 1994 - XII ZB 62/94, FamRZ 1994, 1520). Durch konkrete Maßnahmen im Einzelfall muss sich der Rechtsanwalt allerdings nur dann vorbereiten, wenn er einen solchen konkreten Ausfall vorhersehen kann (BGH, Beschlüsse vom 18. Oktober 1984 - III ZB 13/84, VersR 1985, 139, 140 und Senat, Beschlüsse vom 23. November 1995 - V ZB 20/95, NJW 1996, 997, 998 und vom 18. September 2008 - V ZB 32/08, NJW 2008, 3571, 3572 Rn. 9).
5
1. Das Verfahrensgrundrecht auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes gebietet es, einer Partei die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht aufgrund von Anforderungen an die Sorgfaltspflichten ihres Prozessbevollmächtigten zu versagen, die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht verlangt werden und den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigenden Weise erschweren (st. Rspr., vgl. BVerfG BVerfGK 11, 461, 463; zuletzt Senat, Beschluss vom 19. September 2017 - VI ZB 40/16, VersR 2018, 119 Rn. 6 und vom 12. Dezember 2017 - VI ZB 24/17, NJW-RR 2018, 311 Rn. 4, jeweils mwN).
7
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss ein Rechtsanwalt allgemeine Vorkehrungen dafür treffen, dass das zur Wahrung von Fristen Erforderliche auch dann unternommen wird, wenn er unvorhergesehen ausfällt. Er muss seinem Personal die notwendigen allgemeinen Anweisungen für einen solchen Fall geben. Ist er als Einzelanwalt ohne eigenes Personal tätig, muss er ihm zumutbare Vorkehrungen für einen Verhinderungsfall, z.B. durch Absprache mit einem vertretungsbereiten Kollegen treffen (BGH, Beschlüsse vom 6. März 1990 - VI ZB 4/90, VersR 1990, 1026 und vom 18. Mai 1994 - XII ZB 62/94, FamRZ 1994, 1520). Durch konkrete Maßnahmen im Einzelfall muss sich der Rechtsanwalt allerdings nur dann vorbereiten, wenn er einen solchen konkreten Ausfall vorhersehen kann (BGH, Beschlüsse vom 18. Oktober 1984 - III ZB 13/84, VersR 1985, 139, 140 und Senat, Beschlüsse vom 23. November 1995 - V ZB 20/95, NJW 1996, 997, 998 und vom 18. September 2008 - V ZB 32/08, NJW 2008, 3571, 3572 Rn. 9).
9
3. Danach kann der angefochtene Beschluss keinen Bestand haben. Die Sache ist gemäß § 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO zur erneuten Entscheidung unter Berücksichtigung des weiteren Vorbringens der Klägerin im Rechtsbeschwerdeverfahren an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Für das weitere Verfahren wird zu berücksichtigen sein, dass ein Einzelanwalt ohne eigenes Personal ihm zumutbare Vorkehrungen für einen Verhinderungsfall, z.B. durch Absprache mit einem vertretungsbereiten Kollegen, zu treffen hat und dass es zu den möglichen und zumutbaren Maßnahmen, die ein unvorhergesehen erkrankter Rechtsanwalt zu treffen hat, auch gehören kann, den Vertreter zu benachrichtigen und diesen zu bitten, einen Fristverlängerungsantrag zu stellen (vgl. BGH, Beschluss vom 26. September 2013 - V ZB 94/13, NJW 2014, 228 Rn. 7, 10, 11 mwN). Galke Wellner Offenloch Müller Allgayer
5
1. Das Verfahrensgrundrecht auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes gebietet es, einer Partei die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht aufgrund von Anforderungen an die Sorgfaltspflichten ihres Prozessbevollmächtigten zu versagen, die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht verlangt werden und den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigenden Weise erschweren (st. Rspr., vgl. BVerfG BVerfGK 11, 461, 463; zuletzt Senat, Beschluss vom 19. September 2017 - VI ZB 40/16, VersR 2018, 119 Rn. 6 und vom 12. Dezember 2017 - VI ZB 24/17, NJW-RR 2018, 311 Rn. 4, jeweils mwN).
7
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss ein Rechtsanwalt allgemeine Vorkehrungen dafür treffen, dass das zur Wahrung von Fristen Erforderliche auch dann unternommen wird, wenn er unvorhergesehen ausfällt. Er muss seinem Personal die notwendigen allgemeinen Anweisungen für einen solchen Fall geben. Ist er als Einzelanwalt ohne eigenes Personal tätig, muss er ihm zumutbare Vorkehrungen für einen Verhinderungsfall, z.B. durch Absprache mit einem vertretungsbereiten Kollegen treffen (BGH, Beschlüsse vom 6. März 1990 - VI ZB 4/90, VersR 1990, 1026 und vom 18. Mai 1994 - XII ZB 62/94, FamRZ 1994, 1520). Durch konkrete Maßnahmen im Einzelfall muss sich der Rechtsanwalt allerdings nur dann vorbereiten, wenn er einen solchen konkreten Ausfall vorhersehen kann (BGH, Beschlüsse vom 18. Oktober 1984 - III ZB 13/84, VersR 1985, 139, 140 und Senat, Beschlüsse vom 23. November 1995 - V ZB 20/95, NJW 1996, 997, 998 und vom 18. September 2008 - V ZB 32/08, NJW 2008, 3571, 3572 Rn. 9).
8
b) Das ist jedoch nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei einem ersten Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist im Allgemeinen der Fall, sofern dieser auf erhebliche Gründe im Sinne des § 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO gestützt wird. Zu den erheblichen Gründen im Sinne dieser Vorschrift zählt insbesondere die Arbeitsüberlastung des Prozessbevollmächtigten (Senatsbeschlüsse vom 30. Mai 2017 - VI ZB 54/16, NJW-RR 2017, 1532 Rn. 12; vom 24. November 2009 - VI ZB 69/08, VersR 2010, 789, Rn.6; BGH, Beschlüsse vom 9. Mai 2017 - VIII ZB 69/16, NJW 2017, 2041 Rn. 12; vom 26. Januar 2017 - IX ZB 34/16, NJW-RR 2017, 564 Rn. 10). An die Darlegung eines erheblichen Grundes für die Notwendigkeit der Fristverlängerung dürfen bei einem ersten Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist keine hohen Anforderungen gestellt werden (vgl. Senatsbeschluss vom 16. März 2010 - VI ZB 46/09, NJW 2010, 1610 Rn. 7; BGH, Beschluss vom 9. Mai 2017 - VIII ZB 69/16, NJW 2017, 2041 Rn. 12).
7
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss ein Rechtsanwalt allgemeine Vorkehrungen dafür treffen, dass das zur Wahrung von Fristen Erforderliche auch dann unternommen wird, wenn er unvorhergesehen ausfällt. Er muss seinem Personal die notwendigen allgemeinen Anweisungen für einen solchen Fall geben. Ist er als Einzelanwalt ohne eigenes Personal tätig, muss er ihm zumutbare Vorkehrungen für einen Verhinderungsfall, z.B. durch Absprache mit einem vertretungsbereiten Kollegen treffen (BGH, Beschlüsse vom 6. März 1990 - VI ZB 4/90, VersR 1990, 1026 und vom 18. Mai 1994 - XII ZB 62/94, FamRZ 1994, 1520). Durch konkrete Maßnahmen im Einzelfall muss sich der Rechtsanwalt allerdings nur dann vorbereiten, wenn er einen solchen konkreten Ausfall vorhersehen kann (BGH, Beschlüsse vom 18. Oktober 1984 - III ZB 13/84, VersR 1985, 139, 140 und Senat, Beschlüsse vom 23. November 1995 - V ZB 20/95, NJW 1996, 997, 998 und vom 18. September 2008 - V ZB 32/08, NJW 2008, 3571, 3572 Rn. 9).
18
aa) Ein Rechtsanwalt, der die Frist zur Einlegung oder Begründung eines Rechtsmittels bis zum letzten Tag ausschöpft, hat wegen des damit erfahrungsgemäß verbundenen Risikos erhöhte Sorgfalt aufzuwenden, um die Einhaltung der Frist sicherzustellen. Auf einen krankheitsbedingten Ausfall muss er sich aber auch in diesem Fall nur durch konkrete Maßnahmen vorbereiten, wenn er einen solchen Ausfall vorhersehen kann. Er ist daher selbst dann, wenn er eine Frist bis zum letzten Tag ausschöpfen will, nicht gehalten, für den Fall einer unvorhergesehenen Erkrankung vorsorglich einen Vertreter zu bestellen (BGH Beschlüsse vom 7. März 2013 - I ZB 67/12 - NJW-RR 2013, 1011 Rn. 7 und vom 18. September 2008 - V ZB 32/08 - FamRZ 2008, 2271 Rn. 9, jeweils mwN; vgl. auch Senatsbeschlüsse vom 5. März 2014 - XII ZB 736/12 - FamRZ 2014, 829 Rn. 9 und vom 7. August 2013 - XII ZB 533/10 - FamRZ 2013, 1722 Rn. 10).
16
b) Der Rechtsanwalt ist grundsätzlich nicht gehalten, für den Fall einer unvorhergesehenen Erkrankung vorsorglich einen Vertreter zu bestellen, um evtl. Fristwahrungen zu ermöglichen (BGH, Beschluss vom 22. Oktober 2014 - XII ZB 257/14, NJW 2015, 171 Rn. 18 mwN). Auch bei einer unvorhergesehenen Erkrankung muss ein Rechtsanwalt aber alle ihm dann noch möglichen und zumutbaren Maßnahmen zur Wahrung einer Frist greifen. Der krankheitsbedingte Ausfall des Rechtsanwalts am letzten Tag der Frist rechtfertigt für sich genommen deshalb eine Wiedereinsetzung noch nicht. Vielmehr fehlt es an einem dem Verfahrensbeteiligten zuzurechnenden Verschulden seines Rechtsanwalts nur dann, wenn infolge der Erkrankung weder kurzfristig ein Vertreter eingeschaltet noch ein Fristverlängerungsantrag gestellt werden konnte. Auch dies ist glaubhaft zu machen (BGH, Beschluss vom 22. Oktober 2014 - XII ZB 257/14, NJW 2015, 171 Rn. 19 mwN).