Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Jan. 2014 - VI ZB 43/13
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Der Kläger begehrt restlichen Schadensersatz nach einem Verkehrsunfall vom 30. November 2012, bei dem sein Fahrzeug beschädigt wurde. Die volle Haftung der Beklagten steht dem Grunde nach außer Streit. Der Kläger verlangte vorgerichtlich Schadensersatz in Höhe von 6.279,45 €. Die Beklagte zu 2 zahlte vor Rechtshängigkeit 4.663,83 €. Mit der Klage hat der Kläger zunächst weitere 798,84 € nebst Zinsen begehrt, nämlich restliche Mietwagenkosten in Höhe von 263,34 € und vorprozessuale Rechtsanwaltskosten in Höhe von 535,50 € (1,2-Terminsgebührzuzüglich Mehrwertsteuer nach einem Gegenstandswert von 6.279,45 €). Nach Klageerhebung hat die Beklagte die Mietwagenkosten ersetzt. Daraufhin haben die Parteien den Rechtsstreit in Hö- he von 263,34 € nebstZinsen übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt. Das Amtsgericht hat die weitere Klage abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits hat es zu zwei Dritteln dem Kläger und zu einem Drittel den Beklagten auferlegt. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Landgericht die Berufung des Klägers als unzulässig verworfen. Es hält das Rechtsmittel für unzulässig, weil der Wert des Beschwerdegegenstands 600 € nicht übersteige (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Die Beschwer des Klägers betrage nur 535,50 €. Die auf den erledigten Teil der ursprünglichen Klageforderung entfallenden Kosten seien dem Wert der Hauptsache nicht hinzuzurechnen, weil dieser Teil der Klage nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden sei. Dagegen wendet sich der Kläger mit der Rechtsbeschwerde.
II.
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- 1. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 522 Abs. 1 Satz 4, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Sie ist jedoch nicht zulässig, weil die hier maßgeblichen Rechtsfragen durch Entscheidungen des Bundesgerichtshofs geklärt sind und das Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend entschieden hat (vgl. § 574 Abs. 2 ZPO).
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- 2. Das Berufungsgericht hat die Berufung zu Recht als unzulässig ver- worfen, denn der Wert des Beschwerdegegenstands übersteigt 600 € nicht (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde sind die dem Kläger auferlegten Kosten des Rechtsstreits bei der Ermittlung des Beschwerdewerts weder ganz noch teilweise zu berücksichtigen.
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- a) Hat sich der Rechtsstreit in der Hauptsache zum Teil erledigt und wird durch Urteil über den nichterledigten Teil der Hauptsache und zugleich über die Kosten des erledigten Teils entschieden, so ist die Berufung grundsätzlich nur zulässig, wenn der nichterledigte Teil der Hauptsache die Berufungssumme erreicht. Die Kosten des erledigten Teils bleiben für die Beurteilung, ob die Berufungssumme erreicht ist, grundsätzlich außer Betracht (vgl. BGH, Beschluss vom 20. September 1962 - VII ZB 2/62, NJW 1962, 2252, 2253).
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- b) Etwas anderes gilt außer für den Anspruch auf Zinsen allerdings auch für den Anspruch auf Ersatz vorprozessualer Rechtsanwaltskosten. Diese erhöhen als Nebenforderung den Streitwert und die Beschwer nicht, solange sie neben dem Hauptanspruch geltend gemacht werden, für dessen Verfolgung Rechtsanwaltskosten angefallen sind. Sobald und soweit die Hauptforderung jedoch nicht mehr Prozessgegenstand ist, etwa weil eine auf die Hauptforderung oder auf einen Teil der Hauptforderung beschränkte Erledigung beiderseitig erklärt worden ist, wird die Nebenforderung zur Hauptforderung, weil sie sich von der sie bedingenden Forderung gelöst hat und es ohne Hauptforderung keine Nebenforderung gibt (Senatsbeschluss vom 4. Dezember 2007 - VI ZB 73/06, NJW 2008, 999 Rn. 8; BGH, Beschlüsse vom 11. Januar 2011 - VIII ZB 62/10, WuM 2011, 177 Rn. 5; vom 31. März 2011 - V ZB 236/10, NJW-RR 2011, 1026 Rn. 7 und vom 4. April 2012 - IV ZB 19/11, VersR 2012, 881 Rn. 5).
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- c) Vorliegend sind, nachdem die Parteien den Rechtsstreit hinsichtlich der Mietwagenkosten von 263,34 € nebst Zinsen in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, die bezüglich dieser Hauptforderung ursprünglich als Nebenforderungen geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten zur Hauptforderung geworden und zu den von Anfang an als Hauptforderung geltend gemachten Rechtsanwaltskosten hinsichtlich der vorprozessual erfüllten Forderung hinzugetreten. Die verlangten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten betragen insgesamt 535,50 €. Da die in Bezug auf den für erledigt erklärten Teil des Rechtsstreits geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in diesem mit dem Klageantrag verlangten Betrag enthalten und bei der Berechnung der Beschwer bereits berücksichtigt sind, ist für eine weitere Erhöhung des Streitwerts und der Beschwer kein Raum.
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- 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Galke Zoll Diederichsen Pauge Offenloch
AG Goslar, Entscheidung vom 25.06.2013 - 4 C 108/13 -
LG Braunschweig, Entscheidung vom 08.10.2013 - 8 S 284/13 -
Annotations
(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt.
(2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn
- 1.
der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder - 2.
das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.
(3) Der Berufungskläger hat den Wert nach Absatz 2 Nr. 1 glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf er nicht zugelassen werden.
(4) Das Gericht des ersten Rechtszuges lässt die Berufung zu, wenn
Das Berufungsgericht ist an die Zulassung gebunden.(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt.
(2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn
- 1.
der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder - 2.
das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.
(3) Der Berufungskläger hat den Wert nach Absatz 2 Nr. 1 glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf er nicht zugelassen werden.
(4) Das Gericht des ersten Rechtszuges lässt die Berufung zu, wenn
Das Berufungsgericht ist an die Zulassung gebunden.(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)