Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Juni 2017 - V ZR 254/16
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. Juni 2017 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterinnen Prof. Dr. SchmidtRäntsch und Dr. Brückner, den Richter Dr. Göbel und die Richterin Haberkamp
beschlossen:
Gründe:
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- Die gemäß § 321a Abs. 1 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Anhörungsrüge ist unbegründet, weil der Senat den Anspruch der Kläger auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) mit der Verwerfung der Nichtzulassungsbeschwerde nicht verletzt hat.
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- 1. Ein Verstoß gegen das rechtliche Gehör lässt sich nicht daraus ableiten , dass das Berufungsgericht die Kläger nicht auf die erforderliche Bezifferung ihres Interesses hingewiesen hat. Ob die Kläger durch Angaben, die sie in den Vorinstanzen im Rahmen der Streitwertfestsetzung zu ihrem Interesse getätigt haben, überhaupt gebunden werden, hat der Senat bislang offengelassen (vgl. zuletzt Senat, Beschluss vom 9. Februar 2017 - V ZR 199/16, juris Rn. 9 mwN). Jedenfalls dann, wenn - wie hier - solche konkreten Angaben unterbleiben, weil das Berufungsgericht den Streitwert frei schätzt, steht es dem Rechtsmittelführer frei, in der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde eine 20.000 € übersteigende Beschwer darzulegen und glaubhaft zu machen. Unabhängig davon besteht aus Sicht des Berufungsgerichts kein Anlass, im Hinblick auf ein etwaiges Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren vorsorglich auf eine Bezifferung der Beschwer hinzuwirken.
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- 2. Ebenso wenig musste der Senat einen rechtlichen Hinweis erteilen. Es entspricht - wie in dem angegriffenen Beschluss in Rn. 3 ausgeführt - ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass der Beschwerdeführer innerhalb laufender Begründungsfrist darlegen und glaubhaft machen muss, dass er mit der beabsichtigten Revision das Berufungsurteil in einem Umfang, der die Wert- grenze von 20.000 € übersteigt, abändern lassen will. Der Gebührenstreitwert und die Beschwer des unterlegenen Klägers können nicht nur im Wohnungseigentumsrecht , sondern auch bei anderen sozialpolitisch motivierten Bestimmungen zur Streitwertberechnung auseinanderfallen (vgl. etwa § 41 GKG einerseits , §§ 8, 9 ZPO andererseits). Die Rechtsprechung des Senats, wonach der Streitwert in Wohnungseigentumssachen in der Regel nicht der Rechtsmittelbeschwer entspricht, ist zudem nicht neu (vgl. zu § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO in einer Wohnungseigentumssache Senat, Beschluss vom 9. Februar 2012 - V ZB 211/11, NZM 2012, 838 Rn. 4; zu § 45 WEG aF Senat, Beschluss vom 17. September 1992 - V ZB 21/92, BGHZ 119, 216 ff.).
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- 3. Schließlich ist nicht offenkundig, dass die Wertgrenze überschritten wird (vgl. dazu Senat, Beschluss vom 11. Februar 2016 - V ZR 180/15, juris Rn. 11). Schon der Wert des klägerischen Reihenhauses ist unbekannt. Außerdem ist mit der Nichtzulassungsbeschwerde nicht fristgerecht dargelegt worden, welche konkreten Nachteile - unter Berücksichtigung etwaiger mit der erfolgten Erneuerung des alten Weges durch die Beklagten verbundenen Vorteile - den Klägern im Einzelnen entstanden sind. Diese Nachteile lassen sich auch nicht ohne weiteres im Wege der Schätzung ermitteln. Insbesondere können die für eine auch nur annähernde Bezifferung erforderlichen Anhaltspunkte nicht allein aus den klägerischen Anträgen abgeleitet werden.
Vorinstanzen:
AG Lindau (Bodensee), Entscheidung vom 09.11.2015 - 4 C 27/13 -
LG München I, Entscheidung vom 13.10.2016 - 36 S 21810/15 WEG -
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(1) Auf die Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei ist das Verfahren fortzuführen, wenn
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ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und - 2.
das Gericht den Anspruch dieser Partei auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
(2) Die Rüge ist innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.
(3) Dem Gegner ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
(4) Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rüge an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist erhoben ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rüge als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.
(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies auf Grund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. § 343 gilt entsprechend. In schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können.
(1) Ist das Bestehen oder die Dauer eines Miet-, Pacht- oder ähnlichen Nutzungsverhältnisses streitig, ist der Betrag des auf die streitige Zeit entfallenden Entgelts und, wenn das einjährige Entgelt geringer ist, dieser Betrag für die Wertberechnung maßgebend. Das Entgelt nach Satz 1 umfasst neben dem Nettogrundentgelt Nebenkosten dann, wenn diese als Pauschale vereinbart sind und nicht gesondert abgerechnet werden.
(2) Wird wegen Beendigung eines Miet-, Pacht- oder ähnlichen Nutzungsverhältnisses die Räumung eines Grundstücks, Gebäudes oder Gebäudeteils verlangt, ist ohne Rücksicht darauf, ob über das Bestehen des Nutzungsverhältnisses Streit besteht, das für die Dauer eines Jahres zu zahlende Entgelt maßgebend, wenn sich nicht nach Absatz 1 ein geringerer Streitwert ergibt. Wird die Räumung oder Herausgabe auch aus einem anderen Rechtsgrund verlangt, ist der Wert der Nutzung eines Jahres maßgebend.
(3) Werden der Anspruch auf Räumung von Wohnraum und der Anspruch nach den §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Fortsetzung des Mietverhältnisses über diesen Wohnraum in demselben Prozess verhandelt, werden die Werte nicht zusammengerechnet.
(4) Bei Ansprüchen nach den §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist auch für die Rechtsmittelinstanz der für den ersten Rechtszug maßgebende Wert zugrunde zu legen, sofern nicht die Beschwer geringer ist.
(5) Bei Ansprüchen auf Erhöhung der Miete für Wohnraum ist der Jahresbetrag der zusätzlich geforderten Miete, bei Feststellung einer Minderung der Miete für Wohnraum der Jahresbetrag der Mietminderung, bei Ansprüchen des Mieters auf Durchführung von Instandsetzungsmaßnahmen der Jahresbetrag einer angemessenen Mietminderung und bei Ansprüchen des Vermieters auf Duldung einer Durchführung von Modernisierungs- oder Erhaltungsmaßnahmen der Jahresbetrag einer möglichen Mieterhöhung, in Ermangelung dessen einer sonst möglichen Mietminderung durch den Mieter maßgebend. Endet das Mietverhältnis vor Ablauf eines Jahres, ist ein entsprechend niedrigerer Betrag maßgebend.
Ist das Bestehen oder die Dauer eines Pacht- oder Mietverhältnisses streitig, so ist der Betrag der auf die gesamte streitige Zeit entfallenden Pacht oder Miete und, wenn der 25fache Betrag des einjährigen Entgelts geringer ist, dieser Betrag für die Wertberechnung entscheidend.
Der Wert des Rechts auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen wird nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges berechnet. Bei bestimmter Dauer des Bezugsrechts ist der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge maßgebend, wenn er der geringere ist.
(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt.
(2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn
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der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder - 2.
das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.
(3) Der Berufungskläger hat den Wert nach Absatz 2 Nr. 1 glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf er nicht zugelassen werden.
(4) Das Gericht des ersten Rechtszuges lässt die Berufung zu, wenn
Das Berufungsgericht ist an die Zulassung gebunden.Die Anfechtungsklage muss innerhalb eines Monats nach der Beschlussfassung erhoben und innerhalb zweier Monate nach der Beschlussfassung begründet werden. Die §§ 233 bis 238 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.