Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Okt. 2016 - V ZB 48/15

ECLI:ECLI:DE:BGH:2016:271016BVZB48.15.0
27.10.2016
vorgehend
Amtsgericht Frankfurt am Main, 842 L 2/14, 14.11.2014
Landgericht Frankfurt am Main, 9 T 589/14, 09.03.2015

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 48/15
vom
27. Oktober 2016
in der Zwangsverwaltungssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Fehlt es bei der Anordnung des Zwangsverwaltungsverfahrens an einer
wirksamen Zustellung des Vollstreckungstitels, kann der Mangel durch
Nachholung der Zustellung geheilt werden, sofern die übrigen Voraussetzungen
für die Anordnung der Zwangsverwaltung weiterhin vorliegen.
BGH, Beschluss vom 27. Oktober 2016 - V ZB 48/15 - LG Frankfurt am Main
AG Frankfurt am Main
ECLI:DE:BGH:2016:271016BVZB48.15.0

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. Oktober 2016 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterin Dr. Brückner, den Richter Dr. Kazele, die Richterin Haberkamp und den Richter Dr. Hamdorf

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Gläubigerin wird der Beschluss des Landgerichts Frankfurt am Main - 9. Zivilkammer - vom 9. März 2015 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.

Gründe:


I.


1
Die Beteiligte zu 2 ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, bestehend aus E. F. -R. , wohnhaft in Mexiko, und Z. S. , wohnhaft in Israel (im Folgenden: GbR bzw. Schuldnerin). Die GbR war von 2005 bis 2006 Eigentümerin des im Eingang dieses Beschlusses genannten Grundstücks. Im Jahr 2006 übertrug sie das Grundstück an die S. -Hotel Grundbesitz GmbH & Co. Vermietungs KG (im Folgenden GmbH & Co. KG).
2
Das Grundstück ist mit einer Grundschuld über 13.000.000 € zugunsten einer Bank belastet, die im Zuge einer konzerninternen Umstrukturierung auf die Beteiligte zu 1 (im Folgenden: Gläubigerin) verschmolzen wurde. Am 24. Februar 2014 stellte die Gläubigerin der GmbH & Co. KG die Vollstreckungsunterlagen zur Einleitung der Zwangsvollstreckung zu. Zwei Tage später , am 26. Februar 2014, übertrug die GmbH & Co. KG das Eigentum an dem Grundstück erneut auf die GbR. Dabei wurde die GbR durch den in Deutschland wohnhaften Herrn O. vertreten, der schriftliche Generalvollmachten aus dem Jahr 2010 für beide Gesellschafter der Schuldnerin vorlegte. Nunmehr betreibt die Gläubigerin die Zwangsvollstreckung gegen die GbR. Sie veranlasste die Zustellung des Vollstreckungstitels an Herrn O. . Diese erfolgte am 18. Juni 2014.
3
Mit Beschluss vom 31. Juli 2014 ordnete das Amtsgericht die Zwangsverwaltung des Grundstücks an. Der Beschluss wurde an einen Rechtsanwalt zugestellt, den beide Gesellschafter ausdrücklich nur insoweit bevollmächtigt haben. Auf die Erinnerung der Schuldnerin hat das Amtsgericht die Zwangsverwaltung mit dem angefochtenen Beschluss vom 14. November 2014 aufgehoben. Dabei hat es angeordnet, dass die Wirkungen dieser Entscheidung bis zur Rechtskraft aufgeschoben werden. Das Landgericht hat die Beschwerde der Gläubigerin zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde, deren Zurückweisung die Schuldnerin beantragt, will die Gläubigerin weiterhin die Zurückweisung der Erinnerung erreichen.

II.


4
Das Landgericht meint, eine ordnungsgemäße Zustellung des Vollstreckungstitels an die Gesellschafter der Schuldnerin sei nicht feststellbar. Nach der Behauptung der Schuldnerin seien die Generalvollmachten vor der am 18. Juni 2014 erfolgten Zustellung an Herrn O. widerrufen worden, weshalb dieser die Original-Vollmachtsurkunden am 12. Juni 2014 an die Gesellschafter zurückgesandt habe. Es habe sich um Innenvollmachten gehandelt, von denen die Gläubigerin nur zufällig durch Einsichtnahme in das Grundbuch Kenntnis erlangt habe. Infolgedessen trage die Gläubigerin die Beweislast dafür, dass die Vollmachten im Zeitpunkt der Zustellung noch bestanden. Dies lasse sich nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen.
5
Durch die im Beschwerdeverfahren erfolgte Zustellung an den Gesellschafter Z. S. in Israel sei eine Heilung des Zustellungsmangels nicht eingetreten. Gegen eine solche Heilung bestünden im Verfahren der Zwangsverwaltung ohnehin - anders als im Zwangsversteigerungsverfahren - erhebliche Bedenken, die jedoch dahinstehen könnten. Denn die Zustellung müsse an den in Mexiko wohnhaften Gesellschafter F. -R. erfolgen, nachdem die Schuldnerin einen Gesellschafterbeschluss vom 27. Februar 2014 über dessen Bestellung zum alleingeschäftsführenden Gesellschafter vorgelegt habe. Dies sei zwar zu einem auffällig späten Zeitpunkt im Verfahren geschehen, aber die Gläubigerin habe nichts Gegenteiliges beweisen können.

III.


6
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Die Begründung, mit der das Beschwerdegericht eine wirksame Zustellung des Vollstreckungstitels an Herrn O. als Generalbevollmächtigten der Gesellschafter der GbR verneint, hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Feststellungen des Beschwerdegerichts tragen die Beweislastentscheidung zum Nachteil der Gläubigerin nicht; die bislang getroffenen Feststellungen reichen nicht aus, um das Bestehen der Vollmacht im Zeitpunkt der Zustellung zu beurteilen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf den Beschluss des Senats in dem Zwangsversteigerungsverfahren mit den identischen Beteiligten verwiesen (Senat, Beschluss vom 27. Oktober 2016 - V ZB 47/15 unter III., zur Veröffentlichung bestimmt).

IV.


7
1. Die Sache ist auch im Übrigen nicht zur Entscheidung reif (§ 577 Abs. 5 Satz 1 ZPO). Zwar hat die Gläubigerin im Rechtsbeschwerdeverfahren Unterlagen vorgelegt, die eine Zustellung an den Gesellschafter F. -R. in Mexiko betreffen. Dies kann das Rechtsbeschwerdegericht seiner Entscheidung aber nicht zugrunde legen (§ 577 Abs. 2 Satz 4, § 559 ZPO). Auf den Beschluss des Senats in dem Zwangsversteigerungsverfahren wird verwiesen (Senat, Beschluss vom 27. Oktober 2016 - V ZB 47/15 unter IV.1., zur Veröffentlichung bestimmt).
8
2. Die Sache ist daher zur erneuten Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO). Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
9
a) Zunächst wird zu prüfen sein, ob ein etwaiger Zustellungsmangel durch eine wirksame Zustellung an den Gesellschafter F. -R. in Mexiko geheilt worden ist; hierdurch wäre die Erinnerung unbegründet geworden (vgl. MüKoZPO/K.Schmidt/Brinkmann, 5. Aufl., § 766 Rn. 50 mwN).
10
Die gegen die Möglichkeit einer Heilung gerichteten Bedenken des Beschwerdegerichts sind unbegründet. Fehlt es bei der Anordnung des Zwangs- verwaltungsverfahrens an einer wirksamen Zustellung des Vollstreckungstitels, kann der Mangel durch Nachholung der Zustellung geheilt werden, sofern die übrigen Voraussetzungen für die Anordnung der Zwangsverwaltung weiterhin vorliegen (vgl. Senat, Beschluss vom 18. Oktober 2012 - V ZB 233/11, NJW-RR 2013, 18 Rn. 7; ebenso für Mängel der Zustellung des Anordnungsbeschlusses Senat, Beschluss vom 2. Dezember 2010 - V ZB 84/10, BGHZ 187, 344 Rn. 33). Insoweit gilt nichts anderes als im Zwangsversteigerungsverfahren (vgl. hierzu Senat, Beschluss vom 21. November 2013 - V ZB 109/13, NJW-RR 2014, 400 Rn. 7 mwN). Allgemein macht die entgegen § 750 Abs. 1 ZPO fehlende Zustellung eine Vollstreckungsmaßnahme nur anfechtbar, und zwar gerade deshalb, weil ein solcher Mangel durch Nachholung der Zustellung geheilt werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 16. Februar 1976 - II ZR 171/74, BGHZ 66, 79, 82; PG/Kroppenberg, ZPO, 7. Aufl., § 750 Rn. 16); für die Heilung kann gemäß § 189 ZPO sogar der tatsächliche Zugang ausreichen (vgl. Stöber, ZVG, 21. Aufl., § 3 Rn. 5; Musielak/Voit/Lackmann, ZPO, 13. Aufl., § 750 Rn. 19). Mit der Vornahme der Zustellung ist der Grund für die Aufhebung des Verfahrens entfallen. Rechte des Schuldners werden hierdurch regelmäßig nicht beeinträchtigt. Die diesbezüglichen Erwägungen des Senats zum Verfahren der Zwangsversteigerung (vgl. Senat, Beschluss vom 10. April 2008 - V ZB 114/07, NJW-RR 2008, 1018 Rn. 19 f.) gelten im Verfahren der Zwangsverwaltung gleichermaßen; die Nachholung der Zustellung versetzt den Schuldner in die Lage, die bereits angeordnete Zwangsverwaltung zu prüfen und Fehler zu beanstanden.
11
b) Nur wenn die Zustellung an den Gesellschafter F. -R. in Mexiko nicht wirksam sein sollte, käme es auf die Wirksamkeit der an Herrn O. erfolgten Zustellung an (näher Senat, Beschluss vom 27. Oktober 2016 - V ZB 47/15 unter IV.2b, zur Veröffentlichung bestimmt). Gegebenenfalls wird das Beschwerdegericht erneut überprüfen müssen, ob während des Beschwerdeverfahrens gemäß § 170 Abs. 3 ZPO wirksam an den Gesellschafter S. zugestellt worden ist. Dies verneint es nämlich verfahrensfehlerhaft. Auf die näheren Ausführungen in dem das Zwangsversteigerungsverfahren betreffenden Beschluss des Senats wird Bezug genommen (Senat, Beschluss vom 27. Oktober 2016 - V ZB 47/15 unter IV.2c, zur Veröffentlichung bestimmt).
Stresemann Brückner Kazele
Haberkamp Hamdorf

Vorinstanzen:
AG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 14.11.2014 - 842 L 2/14 -
LG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 09.03.2015 - 2-9 T 589/14 -

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(1) Auf die Anordnung der Zwangsverwaltung finden die Vorschriften über die Anordnung der Zwangsversteigerung entsprechende Anwendung, soweit sich nicht aus den §§ 147 bis 151 ein anderes ergibt.

(2) Von der Anordnung sind nach dem Eingang der im § 19 Abs. 2 bezeichneten Mitteilungen des Grundbuchamts die Beteiligten zu benachrichtigen.

(1) Die Zwangsvollstreckung darf nur beginnen, wenn die Personen, für und gegen die sie stattfinden soll, in dem Urteil oder in der ihm beigefügten Vollstreckungsklausel namentlich bezeichnet sind und das Urteil bereits zugestellt ist oder gleichzeitig zugestellt wird. Eine Zustellung durch den Gläubiger genügt; in diesem Fall braucht die Ausfertigung des Urteils Tatbestand und Entscheidungsgründe nicht zu enthalten.

(2) Handelt es sich um die Vollstreckung eines Urteils, dessen vollstreckbare Ausfertigung nach § 726 Abs. 1 erteilt worden ist, oder soll ein Urteil, das nach den §§ 727 bis 729, 738, 742, 744, dem § 745 Abs. 2 und dem § 749 für oder gegen eine der dort bezeichneten Personen wirksam ist, für oder gegen eine dieser Personen vollstreckt werden, so muss außer dem zu vollstreckenden Urteil auch die ihm beigefügte Vollstreckungsklausel und, sofern die Vollstreckungsklausel auf Grund öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Urkunden erteilt ist, auch eine Abschrift dieser Urkunden vor Beginn der Zwangsvollstreckung zugestellt sein oder gleichzeitig mit ihrem Beginn zugestellt werden.

(3) Eine Zwangsvollstreckung nach § 720a darf nur beginnen, wenn das Urteil und die Vollstreckungsklausel mindestens zwei Wochen vorher zugestellt sind.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 47/15
vom
27. Oktober 2016
in der Zwangsversteigerungssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ob der Zustellungsempfänger rechtsgeschäftlich bestellter Vertreter im Sinne
von § 171 ZPO ist, ergibt sich aus den Vorschriften des bürgerlichen Rechts;
steht fest, dass eine Vollmacht erteilt worden ist, die zu der Entgegennahme
von Zustellungen berechtigt, muss nach den allgemeinen Regeln der Beweislastverteilung
derjenige das Erlöschen der Vollmacht beweisen, der sich
darauf beruft.
BGH, Beschluss vom 27. Oktober 2016 - V ZB 47/15 - LG Frankfurt am Main
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ECLI:DE:BGH:2016:271016BVZB47.15.0

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. Oktober 2016 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterin Dr. Brückner, den Richter Dr. Kazele, die Richterin Haberkamp und den Richter Dr. Hamdorf

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Gläubigerin wird der Beschluss des Landgerichts Frankfurt am Main - 9. Zivilkammer - vom 9. März 2015 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.

Gründe:


I.


1
Die Beteiligte zu 2 ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, bestehend aus E. F. -R. , wohnhaft in Mexiko, und Z. S. , wohnhaft in Israel (im Folgenden: GbR bzw. Schuldnerin). Die GbR war von 2005 bis 2006 Eigentümerin des im Eingang dieses Beschlusses genannten Grundstücks. Im Jahr 2006 übertrug sie das Grundstück an die S. -Hotel Grundbesitz GmbH & Co. Vermietungs KG (im Folgenden GmbH & Co. KG).

2
Das Grundstück ist mit einer Grundschuld über 13.000.000 € zugunsten einer Bank belastet, die im Zuge einer konzerninternen Umstrukturierung auf die Beteiligte zu 1 (im Folgenden: Gläubigerin) verschmolzen wurde. Am 24. Februar 2014 stellte die Gläubigerin der GmbH & Co. KG die Vollstreckungsunterlagen zur Einleitung der Zwangsvollstreckung zu. Zwei Tage später , am 26. Februar 2014, übertrug die GmbH & Co. KG das Eigentum an dem Grundstück erneut auf die GbR. Dabei wurde die GbR durch den in Deutschland wohnhaften Herrn O. vertreten, der schriftliche Generalvollmachten aus dem Jahr 2010 für beide Gesellschafter der Schuldnerin vorlegte. Nunmehr betreibt die Gläubigerin die Zwangsvollstreckung gegen die GbR. Sie veranlasste die Zustellung des Vollstreckungstitels an Herrn O. . Diese erfolgte am 18. Juni 2014.
3
Mit Beschluss vom 31. Juli 2014 ordnete das Amtsgericht die Zwangsversteigerung des Grundstücks an. Der Beschluss wurde an einen Rechtsanwalt zugestellt, den beide Gesellschafter ausdrücklich nur insoweit bevollmächtigt haben. Auf die Erinnerung der Schuldnerin hat das Amtsgericht die Zwangsversteigerung mit dem angefochtenen Beschluss vom 14. November 2014 aufgehoben. Dabei hat es angeordnet, dass die Wirkungen dieser Entscheidung bis zur Rechtskraft aufgeschoben werden. Das Landgericht hat die Beschwerde der Gläubigerin zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde, deren Zurückweisung die Schuldnerin beantragt, will die Gläubigerin weiterhin die Zurückweisung der Erinnerung erreichen.

II.


4
Das Landgericht meint, eine ordnungsgemäße Zustellung des Vollstreckungstitels an die Gesellschafter der Schuldnerin sei nicht feststellbar. Nach der Behauptung der Schuldnerin seien die Generalvollmachten vor der am 18. Juni 2014 erfolgten Zustellung an Herrn O. widerrufen worden, weshalb dieser die Original-Vollmachtsurkunden am 12. Juni 2014 an die Gesellschafter zurückgesandt habe. Es habe sich um Innenvollmachten gehandelt, von denen die Gläubigerin nur zufällig durch Einsichtnahme in das Grundbuch Kenntnis erlangt habe. Infolgedessen trage die Gläubigerin die Beweislast dafür, dass die Vollmachten im Zeitpunkt der Zustellung noch bestanden. Dies lasse sich nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen.
5
Durch die im Beschwerdeverfahren erfolgte Zustellung an den Gesellschafter Z. S. in Israel sei eine Heilung des Zustellungsmangels nicht eingetreten. Die Zustellung müsse an den in Mexiko wohnhaften Gesellschafter F. -R. erfolgen, nachdem die Schuldnerin einen Gesellschafterbeschluss vom 27. Februar 2014 über dessen Bestellung zum alleingeschäftsführenden Gesellschafter vorgelegt habe. Dies sei zwar zu einem auffällig späten Zeitpunkt im Verfahren geschehen, aber die Gläubigerin habe nichts Gegenteiliges beweisen können.

III.


6
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Die Begründung, mit der das Beschwerdegericht eine wirksame Zustellung des Vollstreckungstitels an Herrn O. als Generalbevollmächtigten der Gesellschafter der GbR verneint, hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
7
1. Zutreffend ist der Ausgangspunkt des Beschwerdegerichts. Die Einleitung der Zwangsversteigerung setzt voraus, dass der Vollstreckungstitel an die GbR als neue Eigentümerin zugestellt wird (§ 794 Abs. 1 Nr. 5, § 795, § 750 Abs. 1 und 2, § 866 ZPO). Fehlt es hieran, ist die gemäß § 766 Abs. 1 ZPO erhobene Erinnerung der GbR begründet. Die Zustellung im Parteibetrieb kann an den rechtsgeschäftlich bestellten Vertreter erfolgen (§ 191 i.V.m. § 171 Satz 1 ZPO; vgl. hierzu BT-Drucks. 14/4554 S. 17). Ob der Zustellungsempfänger rechtsgeschäftlich bestellter Vertreter ist, ergibt sich aus den Vorschriften des bürgerlichen Rechts. Fest steht, dass für Herrn O. , an den die Zustellung erfolgt ist, am 26. Februar 2014 schriftliche Generalvollmachten von beiden Gesellschaftern bestanden. Galten die Generalvollmachten fort, erstrecken sie sich auf die Entgegennahme der Zustellung; ob sie bei der Zustellung vorgelegt worden sind (vgl. § 171 Satz 2 ZPO), ist ohne Belang, weil dies keine Voraussetzung für eine wirksame Zustellung gemäß § 171 Satz 1 ZPO ist (vgl. Senat, Beschluss vom 20. Oktober 2011 - V ZB 131/11, juris Rn. 8).
8
2. Richtig ist auch, dass sich eine Fortdauer der Generalvollmachten nicht aus den §§ 171, 172 BGB ergibt. Die Vollmachtsurkunden sind der Gläubigerin nicht im Sinne von § 172 BGB vorgelegt worden. Ebenso wenig sind sie - wie die Rechtsbeschwerde meint - gemäß § 171 Abs. 1 Alt. 2 BGB durch öffentliche Bekanntmachung kundgegeben worden. In das Grundbuch sind sie nicht zum Zwecke der Kundgebung aufgenommen worden, sondern aufgrund der Vertretung bei der zuvor vorgenommenen Überschreibung des Grundstücks. Außerdem fehlt es an einer öffentlichen Bekanntgabe, weil die Einsicht in das Grundbuch nicht ohne weiteres möglich ist, sondern die Darlegung eines berechtigten Interesses voraussetzt (§ 12 Abs. 1 Satz 1 GBO).
9
3. Die Feststellungen des Beschwerdegerichts tragen jedoch die Beweislastentscheidung zum Nachteil der Gläubigerin nicht.

10
a) Für die Beweislastverteilung ist es, anders als das Beschwerdegericht meint, ohne Belang, ob es sich um eine Innen- oder um eine Außenvollmacht handelt. Nichts anderes ergibt sich aus den Vorschriften der §§ 171, 172 BGB. Darin wird nicht die Beweislast, sondern eine Rechtsscheinhaftung geregelt (vgl. Senat, Urteil vom 17. Juni 2005 - V ZR 78/04, NJW 2005, 2983, 2984). Maßgeblich sind vielmehr die allgemeinen Regeln der Beweislastverteilung. Steht fest, dass eine Vollmacht erteilt worden ist, die zu der Entgegennahme von Zustellungen berechtigt, muss das Erlöschen der Vollmacht derjenige beweisen , der hieraus für ihn günstige Rechtsfolgen herleitet. Steht dagegen fest, dass die Vollmacht zwar erteilt, aber wieder erloschen ist, so muss der Abschluss eines Rechtsgeschäfts vor diesem Zeitpunkt von demjenigen bewiesen werden, der die Gültigkeit des Geschäfts behauptet (vgl. BGH, Urteil vom 31. Januar 1974 - II ZR 173/72, NJW 1974, 748 f.; Beschluss vom 23. Februar 1984 - III ZR 7/83, WM 1984, 604; MüKoBGB/Schubert, 7. Aufl., § 168 Rn. 65). Ob ein festgestellter Widerruf eine gemäß § 116 Abs. 1 Satz 2 BGB nichtige Scheinerklärung darstellt oder wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB) oder die guten Sitten (§ 138 BGB) nichtig ist, muss derjenige beweisen, der sich auf die Nichtigkeit beruft.
11
b) Daran gemessen trägt die Schuldnerin - da nach dem Vortrag der Gläubigerin bis heute kein Widerruf erfolgt ist - die Darlegungs- und Beweislast für ihre (vorrangig zu prüfende) Behauptung, vor der Zustellung seien Widerrufserklärungen beider Gesellschafter erfolgt. Sie hat die Abgabe der Erklärungen in räumlicher, zeitlicher und inhaltlicher Weise substantiiert darzulegen und ggf. Beweis anzutreten. Sollte sie diesen Beweis führen, trüge die Gläubigerin die Darlegungs- und Beweislast für die von ihr behauptete Nichtigkeit der abgegebenen Erklärungen.

12
c) Die bislang getroffenen Feststellungen reichen nicht aus, um das Bestehen der Vollmacht im Zeitpunkt der Zustellung zu beurteilen. Das Beschwerdegericht differenziert nämlich - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - nicht zwischen der Abgabe der Widerrufserklärungen und deren Wirksamkeit. Es sieht als streitig an, ob die Vollmachten „wirksam widerrufen“ wurden. Die Schuldnerin und Herr O. hätten vorgetragen, dass die Vollmachten durch Rücksendung der Originalvollmachten am 12. Juni 2014 erloschen seien. Zwar sei in diesem Zusammenhang das enge zeitliche Verhältnis zu den anstehenden Vollstreckungsmaßnahmen auffällig, ebenso wie auch der weitere zeitliche Ablauf der Geschehnisse. Dies lege die Vermutung nahe, dass die Schuldnerin und die ehemalige Eigentümerin versuchten, die Zwangsvollstreckung zu vereiteln oder zumindest zu erschweren. Dies allein sei jedoch nicht ausreichend, um das Weiterbestehen der Vollmachten zu beweisen.
13
Daraus geht nicht klar hervor, ob das Beschwerdegericht die Abgabe der Widerrufserklärungen zwar für möglich, aber für nicht erwiesen hält, oder ob es von der Abgabe der Erklärungen ausgeht und nur deren Nichtigkeit als nicht erwiesen ansieht. Dieser Punkt ist entscheidungserheblich. Ersteres ginge zu Lasten der Schuldnerin, letzteres zu Lasten der Gläubigerin. Insoweit ist dem Rechtsbeschwerdegericht eine eigene Entscheidung schon deshalb nicht möglich , weil sich der Entscheidung nicht entnehmen lässt, was die Schuldnerin zu der Abgabe der Erklärungen vorgetragen hat, und ob sie ggf. Beweis angetreten hat.

IV.


14
1. Die Sache ist auch im Übrigen nicht zur Entscheidung reif (§ 577 Abs. 5 Satz 1 ZPO). Zwar hat die Gläubigerin im Rechtsbeschwerdeverfahren Unterlagen vorgelegt, die eine Zustellung an den Gesellschafter F. -R. in Mexiko betreffen. Dies kann das Rechtsbeschwerdegericht seiner Entscheidung aber nicht zugrunde legen (§ 577 Abs. 2 Satz 4, § 559 ZPO). Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde liegen die Voraussetzungen nicht vor, unter denen neuer Tatsachenvortrag ausnahmsweise berücksichtigt werden kann. Es handelt sich nicht um eine Zulässigkeitsvoraussetzung, die von Amts wegen zu prüfen wäre, da die Auslandszustellung die Begründetheit der Erinnerung betrifft; hierfür gilt der Beibringungsgrundsatz (MüKoZPOK. Schmidt/Brinkmann, 5. Aufl., § 766 Rn. 45; vgl. auch BGH, Beschluss vom 17. September 2014 - VII ZB 21/13, BGHZ 202, 293 Rn. 15). Eine Berücksichtigung von neuem Vortrag, der für die Entscheidung materiell-rechtliche Bedeutung hat, kommt nur in Betracht, wenn er unstreitig ist und schützenswerte Belange der Gegenpartei nicht entgegenstehen (vgl. MüKoZPO/Krüger, 5. Aufl., § 559 Rn. 30 f.). Unstreitig ist die Auslandszustellung schon deshalb nicht, weil die Schuldnerin in dem Rechtsbeschwerdeverfahren nicht vertreten ist.
15
2. Die Sache ist daher zur erneuten Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO). Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
16
a) Zunächst wird zu prüfen sein, ob ein etwaiger Zustellungsmangel durch eine wirksame Zustellung an den Gesellschafter F. -R. in Mexiko geheilt worden ist. Vor der Erteilung des Zuschlags können auch solche Mängel geheilt werden, die sich auf die Zustellung des Vollstreckungstitels beziehen (vgl. Senat, Beschluss vom 21. November 2013 - V ZB 109/13, NJW-RR 2014, 400 Rn. 7 ff. mwN; Stöber, ZVG, 21. Aufl., § 83 Rn. 2.1c). Mit der Heilung wäre die Erinnerung unbegründet geworden (vgl. MüKoZPO/K. Schmidt/ Brinkmann, 5. Aufl., § 766 Rn. 50 mwN).

17
b) Nur wenn sich insoweit Bedenken ergeben sollten, käme es auf die Wirksamkeit der an Herrn O. erfolgten Zustellung an. Insoweit müsste sich das Beschwerdegericht zunächst darüber klar werden, ob es - auch unter Würdigung des gesamten Verhaltens der Schuldnerin in dem Verfahren - als erwiesen ansieht, dass beide Gesellschafter vor der Zustellung den Widerruf der jeweils erteilten Vollmacht erklärt haben. Lediglich unter dieser Voraussetzung wäre die von der Gläubigerin behauptete und von dieser zu beweisende Nichtigkeit der Widerrufserklärungen zu prüfen.
18
c) Gegebenenfalls wird das Beschwerdegericht erneut überprüfen müssen , ob während des Beschwerdeverfahrens gemäß § 170 Abs. 3 ZPO wirksam an den Gesellschafter S. zugestellt worden ist. Dies verneint es nämlich verfahrensfehlerhaft.
19
aa) Richtig ist zwar, dass die Zustellung an den GesellschafterS. nicht gemäß § 170 Abs. 3 ZPO wirksam war, wenn der Gesellschafter F. -R. im Zeitpunkt der Zustellung zum alleinigen geschäftsführenden Gesellschafter bestellt war. Dies soll nach Behauptung der Schuldnerin durch den Gesellschafterbeschluss vom 27. Februar 2014 geschehen sein. Entgegen der Ansicht der Gläubigerin bezieht sich der öffentliche Glaube des Grundbuchs gemäß § 899a BGB nicht auf die Geschäftsführungsbefugnis der dort vermerkten Gesellschafter der GbR (vgl. zum Ganzen Senat, Beschluss vom 2. Dezember 2010 - V ZB 84/10, BGHZ 187, 344 Rn. 28 mwN).
20
bb) Aber die Gläubigerin hat gewichtige Bedenken gegen die Echtheit des Gesellschafterbeschlusses vom 27. Februar 2014 erhoben. Damit hat sich das Beschwerdegericht - wie die Rechtsbeschwerde zu Recht rügt - inhaltlich nicht auseinandergesetzt; auch ist es den hierauf bezogenen, in der Rechtsbeschwerdebegründung aufgezeigten Beweisantritten nicht nachgegangen. Dies wäre gegebenenfalls nachzuholen. Dabei wird zu beachten sein, dass die Darlegungs - und Beweislast für die Wirksamkeit und den Zeitpunkt des Gesellschafterbeschlusses vom 27. Februar 2014 die Schuldnerin trägt, da sie eine von § 709 Abs. 1 BGB abweichende Vereinbarung behauptet. Sie müsste daher zunächst die substantiierten Einwände der Gläubigerin ausräumen, bevor den Beweisangeboten der Gläubigerin nachzugehen wäre.
Stresemann Brückner Kazele
Haberkamp Hamdorf

Vorinstanzen:
AG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 14.11.2014 - 842 K 19/14 -
LG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 09.03.2015 - 2-9 T 588/14 -

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 575 Abs. 3 und § 574 Abs. 4 Satz 2 gerügt worden sind. § 559 gilt entsprechend.

(3) Ergibt die Begründung der angefochtenen Entscheidung zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(4) Wird die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen. § 562 Abs. 2 gilt entsprechend. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(5) Das Rechtsbeschwerdegericht hat in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung der Entscheidung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist. § 563 Abs. 4 gilt entsprechend.

(6) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht durch Beschluss. § 564 gilt entsprechend. Im Übrigen kann von einer Begründung abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.

(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt werden.

(2) Hat das Berufungsgericht festgestellt, dass eine tatsächliche Behauptung wahr oder nicht wahr sei, so ist diese Feststellung für das Revisionsgericht bindend, es sei denn, dass in Bezug auf die Feststellung ein zulässiger und begründeter Revisionsangriff erhoben ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 47/15
vom
27. Oktober 2016
in der Zwangsversteigerungssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ob der Zustellungsempfänger rechtsgeschäftlich bestellter Vertreter im Sinne
von § 171 ZPO ist, ergibt sich aus den Vorschriften des bürgerlichen Rechts;
steht fest, dass eine Vollmacht erteilt worden ist, die zu der Entgegennahme
von Zustellungen berechtigt, muss nach den allgemeinen Regeln der Beweislastverteilung
derjenige das Erlöschen der Vollmacht beweisen, der sich
darauf beruft.
BGH, Beschluss vom 27. Oktober 2016 - V ZB 47/15 - LG Frankfurt am Main
AG Frankfurt am Main
ECLI:DE:BGH:2016:271016BVZB47.15.0

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. Oktober 2016 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterin Dr. Brückner, den Richter Dr. Kazele, die Richterin Haberkamp und den Richter Dr. Hamdorf

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Gläubigerin wird der Beschluss des Landgerichts Frankfurt am Main - 9. Zivilkammer - vom 9. März 2015 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.

Gründe:


I.


1
Die Beteiligte zu 2 ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, bestehend aus E. F. -R. , wohnhaft in Mexiko, und Z. S. , wohnhaft in Israel (im Folgenden: GbR bzw. Schuldnerin). Die GbR war von 2005 bis 2006 Eigentümerin des im Eingang dieses Beschlusses genannten Grundstücks. Im Jahr 2006 übertrug sie das Grundstück an die S. -Hotel Grundbesitz GmbH & Co. Vermietungs KG (im Folgenden GmbH & Co. KG).

2
Das Grundstück ist mit einer Grundschuld über 13.000.000 € zugunsten einer Bank belastet, die im Zuge einer konzerninternen Umstrukturierung auf die Beteiligte zu 1 (im Folgenden: Gläubigerin) verschmolzen wurde. Am 24. Februar 2014 stellte die Gläubigerin der GmbH & Co. KG die Vollstreckungsunterlagen zur Einleitung der Zwangsvollstreckung zu. Zwei Tage später , am 26. Februar 2014, übertrug die GmbH & Co. KG das Eigentum an dem Grundstück erneut auf die GbR. Dabei wurde die GbR durch den in Deutschland wohnhaften Herrn O. vertreten, der schriftliche Generalvollmachten aus dem Jahr 2010 für beide Gesellschafter der Schuldnerin vorlegte. Nunmehr betreibt die Gläubigerin die Zwangsvollstreckung gegen die GbR. Sie veranlasste die Zustellung des Vollstreckungstitels an Herrn O. . Diese erfolgte am 18. Juni 2014.
3
Mit Beschluss vom 31. Juli 2014 ordnete das Amtsgericht die Zwangsversteigerung des Grundstücks an. Der Beschluss wurde an einen Rechtsanwalt zugestellt, den beide Gesellschafter ausdrücklich nur insoweit bevollmächtigt haben. Auf die Erinnerung der Schuldnerin hat das Amtsgericht die Zwangsversteigerung mit dem angefochtenen Beschluss vom 14. November 2014 aufgehoben. Dabei hat es angeordnet, dass die Wirkungen dieser Entscheidung bis zur Rechtskraft aufgeschoben werden. Das Landgericht hat die Beschwerde der Gläubigerin zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde, deren Zurückweisung die Schuldnerin beantragt, will die Gläubigerin weiterhin die Zurückweisung der Erinnerung erreichen.

II.


4
Das Landgericht meint, eine ordnungsgemäße Zustellung des Vollstreckungstitels an die Gesellschafter der Schuldnerin sei nicht feststellbar. Nach der Behauptung der Schuldnerin seien die Generalvollmachten vor der am 18. Juni 2014 erfolgten Zustellung an Herrn O. widerrufen worden, weshalb dieser die Original-Vollmachtsurkunden am 12. Juni 2014 an die Gesellschafter zurückgesandt habe. Es habe sich um Innenvollmachten gehandelt, von denen die Gläubigerin nur zufällig durch Einsichtnahme in das Grundbuch Kenntnis erlangt habe. Infolgedessen trage die Gläubigerin die Beweislast dafür, dass die Vollmachten im Zeitpunkt der Zustellung noch bestanden. Dies lasse sich nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen.
5
Durch die im Beschwerdeverfahren erfolgte Zustellung an den Gesellschafter Z. S. in Israel sei eine Heilung des Zustellungsmangels nicht eingetreten. Die Zustellung müsse an den in Mexiko wohnhaften Gesellschafter F. -R. erfolgen, nachdem die Schuldnerin einen Gesellschafterbeschluss vom 27. Februar 2014 über dessen Bestellung zum alleingeschäftsführenden Gesellschafter vorgelegt habe. Dies sei zwar zu einem auffällig späten Zeitpunkt im Verfahren geschehen, aber die Gläubigerin habe nichts Gegenteiliges beweisen können.

III.


6
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Die Begründung, mit der das Beschwerdegericht eine wirksame Zustellung des Vollstreckungstitels an Herrn O. als Generalbevollmächtigten der Gesellschafter der GbR verneint, hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
7
1. Zutreffend ist der Ausgangspunkt des Beschwerdegerichts. Die Einleitung der Zwangsversteigerung setzt voraus, dass der Vollstreckungstitel an die GbR als neue Eigentümerin zugestellt wird (§ 794 Abs. 1 Nr. 5, § 795, § 750 Abs. 1 und 2, § 866 ZPO). Fehlt es hieran, ist die gemäß § 766 Abs. 1 ZPO erhobene Erinnerung der GbR begründet. Die Zustellung im Parteibetrieb kann an den rechtsgeschäftlich bestellten Vertreter erfolgen (§ 191 i.V.m. § 171 Satz 1 ZPO; vgl. hierzu BT-Drucks. 14/4554 S. 17). Ob der Zustellungsempfänger rechtsgeschäftlich bestellter Vertreter ist, ergibt sich aus den Vorschriften des bürgerlichen Rechts. Fest steht, dass für Herrn O. , an den die Zustellung erfolgt ist, am 26. Februar 2014 schriftliche Generalvollmachten von beiden Gesellschaftern bestanden. Galten die Generalvollmachten fort, erstrecken sie sich auf die Entgegennahme der Zustellung; ob sie bei der Zustellung vorgelegt worden sind (vgl. § 171 Satz 2 ZPO), ist ohne Belang, weil dies keine Voraussetzung für eine wirksame Zustellung gemäß § 171 Satz 1 ZPO ist (vgl. Senat, Beschluss vom 20. Oktober 2011 - V ZB 131/11, juris Rn. 8).
8
2. Richtig ist auch, dass sich eine Fortdauer der Generalvollmachten nicht aus den §§ 171, 172 BGB ergibt. Die Vollmachtsurkunden sind der Gläubigerin nicht im Sinne von § 172 BGB vorgelegt worden. Ebenso wenig sind sie - wie die Rechtsbeschwerde meint - gemäß § 171 Abs. 1 Alt. 2 BGB durch öffentliche Bekanntmachung kundgegeben worden. In das Grundbuch sind sie nicht zum Zwecke der Kundgebung aufgenommen worden, sondern aufgrund der Vertretung bei der zuvor vorgenommenen Überschreibung des Grundstücks. Außerdem fehlt es an einer öffentlichen Bekanntgabe, weil die Einsicht in das Grundbuch nicht ohne weiteres möglich ist, sondern die Darlegung eines berechtigten Interesses voraussetzt (§ 12 Abs. 1 Satz 1 GBO).
9
3. Die Feststellungen des Beschwerdegerichts tragen jedoch die Beweislastentscheidung zum Nachteil der Gläubigerin nicht.

10
a) Für die Beweislastverteilung ist es, anders als das Beschwerdegericht meint, ohne Belang, ob es sich um eine Innen- oder um eine Außenvollmacht handelt. Nichts anderes ergibt sich aus den Vorschriften der §§ 171, 172 BGB. Darin wird nicht die Beweislast, sondern eine Rechtsscheinhaftung geregelt (vgl. Senat, Urteil vom 17. Juni 2005 - V ZR 78/04, NJW 2005, 2983, 2984). Maßgeblich sind vielmehr die allgemeinen Regeln der Beweislastverteilung. Steht fest, dass eine Vollmacht erteilt worden ist, die zu der Entgegennahme von Zustellungen berechtigt, muss das Erlöschen der Vollmacht derjenige beweisen , der hieraus für ihn günstige Rechtsfolgen herleitet. Steht dagegen fest, dass die Vollmacht zwar erteilt, aber wieder erloschen ist, so muss der Abschluss eines Rechtsgeschäfts vor diesem Zeitpunkt von demjenigen bewiesen werden, der die Gültigkeit des Geschäfts behauptet (vgl. BGH, Urteil vom 31. Januar 1974 - II ZR 173/72, NJW 1974, 748 f.; Beschluss vom 23. Februar 1984 - III ZR 7/83, WM 1984, 604; MüKoBGB/Schubert, 7. Aufl., § 168 Rn. 65). Ob ein festgestellter Widerruf eine gemäß § 116 Abs. 1 Satz 2 BGB nichtige Scheinerklärung darstellt oder wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB) oder die guten Sitten (§ 138 BGB) nichtig ist, muss derjenige beweisen, der sich auf die Nichtigkeit beruft.
11
b) Daran gemessen trägt die Schuldnerin - da nach dem Vortrag der Gläubigerin bis heute kein Widerruf erfolgt ist - die Darlegungs- und Beweislast für ihre (vorrangig zu prüfende) Behauptung, vor der Zustellung seien Widerrufserklärungen beider Gesellschafter erfolgt. Sie hat die Abgabe der Erklärungen in räumlicher, zeitlicher und inhaltlicher Weise substantiiert darzulegen und ggf. Beweis anzutreten. Sollte sie diesen Beweis führen, trüge die Gläubigerin die Darlegungs- und Beweislast für die von ihr behauptete Nichtigkeit der abgegebenen Erklärungen.

12
c) Die bislang getroffenen Feststellungen reichen nicht aus, um das Bestehen der Vollmacht im Zeitpunkt der Zustellung zu beurteilen. Das Beschwerdegericht differenziert nämlich - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - nicht zwischen der Abgabe der Widerrufserklärungen und deren Wirksamkeit. Es sieht als streitig an, ob die Vollmachten „wirksam widerrufen“ wurden. Die Schuldnerin und Herr O. hätten vorgetragen, dass die Vollmachten durch Rücksendung der Originalvollmachten am 12. Juni 2014 erloschen seien. Zwar sei in diesem Zusammenhang das enge zeitliche Verhältnis zu den anstehenden Vollstreckungsmaßnahmen auffällig, ebenso wie auch der weitere zeitliche Ablauf der Geschehnisse. Dies lege die Vermutung nahe, dass die Schuldnerin und die ehemalige Eigentümerin versuchten, die Zwangsvollstreckung zu vereiteln oder zumindest zu erschweren. Dies allein sei jedoch nicht ausreichend, um das Weiterbestehen der Vollmachten zu beweisen.
13
Daraus geht nicht klar hervor, ob das Beschwerdegericht die Abgabe der Widerrufserklärungen zwar für möglich, aber für nicht erwiesen hält, oder ob es von der Abgabe der Erklärungen ausgeht und nur deren Nichtigkeit als nicht erwiesen ansieht. Dieser Punkt ist entscheidungserheblich. Ersteres ginge zu Lasten der Schuldnerin, letzteres zu Lasten der Gläubigerin. Insoweit ist dem Rechtsbeschwerdegericht eine eigene Entscheidung schon deshalb nicht möglich , weil sich der Entscheidung nicht entnehmen lässt, was die Schuldnerin zu der Abgabe der Erklärungen vorgetragen hat, und ob sie ggf. Beweis angetreten hat.

IV.


14
1. Die Sache ist auch im Übrigen nicht zur Entscheidung reif (§ 577 Abs. 5 Satz 1 ZPO). Zwar hat die Gläubigerin im Rechtsbeschwerdeverfahren Unterlagen vorgelegt, die eine Zustellung an den Gesellschafter F. -R. in Mexiko betreffen. Dies kann das Rechtsbeschwerdegericht seiner Entscheidung aber nicht zugrunde legen (§ 577 Abs. 2 Satz 4, § 559 ZPO). Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde liegen die Voraussetzungen nicht vor, unter denen neuer Tatsachenvortrag ausnahmsweise berücksichtigt werden kann. Es handelt sich nicht um eine Zulässigkeitsvoraussetzung, die von Amts wegen zu prüfen wäre, da die Auslandszustellung die Begründetheit der Erinnerung betrifft; hierfür gilt der Beibringungsgrundsatz (MüKoZPOK. Schmidt/Brinkmann, 5. Aufl., § 766 Rn. 45; vgl. auch BGH, Beschluss vom 17. September 2014 - VII ZB 21/13, BGHZ 202, 293 Rn. 15). Eine Berücksichtigung von neuem Vortrag, der für die Entscheidung materiell-rechtliche Bedeutung hat, kommt nur in Betracht, wenn er unstreitig ist und schützenswerte Belange der Gegenpartei nicht entgegenstehen (vgl. MüKoZPO/Krüger, 5. Aufl., § 559 Rn. 30 f.). Unstreitig ist die Auslandszustellung schon deshalb nicht, weil die Schuldnerin in dem Rechtsbeschwerdeverfahren nicht vertreten ist.
15
2. Die Sache ist daher zur erneuten Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO). Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
16
a) Zunächst wird zu prüfen sein, ob ein etwaiger Zustellungsmangel durch eine wirksame Zustellung an den Gesellschafter F. -R. in Mexiko geheilt worden ist. Vor der Erteilung des Zuschlags können auch solche Mängel geheilt werden, die sich auf die Zustellung des Vollstreckungstitels beziehen (vgl. Senat, Beschluss vom 21. November 2013 - V ZB 109/13, NJW-RR 2014, 400 Rn. 7 ff. mwN; Stöber, ZVG, 21. Aufl., § 83 Rn. 2.1c). Mit der Heilung wäre die Erinnerung unbegründet geworden (vgl. MüKoZPO/K. Schmidt/ Brinkmann, 5. Aufl., § 766 Rn. 50 mwN).

17
b) Nur wenn sich insoweit Bedenken ergeben sollten, käme es auf die Wirksamkeit der an Herrn O. erfolgten Zustellung an. Insoweit müsste sich das Beschwerdegericht zunächst darüber klar werden, ob es - auch unter Würdigung des gesamten Verhaltens der Schuldnerin in dem Verfahren - als erwiesen ansieht, dass beide Gesellschafter vor der Zustellung den Widerruf der jeweils erteilten Vollmacht erklärt haben. Lediglich unter dieser Voraussetzung wäre die von der Gläubigerin behauptete und von dieser zu beweisende Nichtigkeit der Widerrufserklärungen zu prüfen.
18
c) Gegebenenfalls wird das Beschwerdegericht erneut überprüfen müssen , ob während des Beschwerdeverfahrens gemäß § 170 Abs. 3 ZPO wirksam an den Gesellschafter S. zugestellt worden ist. Dies verneint es nämlich verfahrensfehlerhaft.
19
aa) Richtig ist zwar, dass die Zustellung an den GesellschafterS. nicht gemäß § 170 Abs. 3 ZPO wirksam war, wenn der Gesellschafter F. -R. im Zeitpunkt der Zustellung zum alleinigen geschäftsführenden Gesellschafter bestellt war. Dies soll nach Behauptung der Schuldnerin durch den Gesellschafterbeschluss vom 27. Februar 2014 geschehen sein. Entgegen der Ansicht der Gläubigerin bezieht sich der öffentliche Glaube des Grundbuchs gemäß § 899a BGB nicht auf die Geschäftsführungsbefugnis der dort vermerkten Gesellschafter der GbR (vgl. zum Ganzen Senat, Beschluss vom 2. Dezember 2010 - V ZB 84/10, BGHZ 187, 344 Rn. 28 mwN).
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bb) Aber die Gläubigerin hat gewichtige Bedenken gegen die Echtheit des Gesellschafterbeschlusses vom 27. Februar 2014 erhoben. Damit hat sich das Beschwerdegericht - wie die Rechtsbeschwerde zu Recht rügt - inhaltlich nicht auseinandergesetzt; auch ist es den hierauf bezogenen, in der Rechtsbeschwerdebegründung aufgezeigten Beweisantritten nicht nachgegangen. Dies wäre gegebenenfalls nachzuholen. Dabei wird zu beachten sein, dass die Darlegungs - und Beweislast für die Wirksamkeit und den Zeitpunkt des Gesellschafterbeschlusses vom 27. Februar 2014 die Schuldnerin trägt, da sie eine von § 709 Abs. 1 BGB abweichende Vereinbarung behauptet. Sie müsste daher zunächst die substantiierten Einwände der Gläubigerin ausräumen, bevor den Beweisangeboten der Gläubigerin nachzugehen wäre.
Stresemann Brückner Kazele
Haberkamp Hamdorf

Vorinstanzen:
AG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 14.11.2014 - 842 K 19/14 -
LG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 09.03.2015 - 2-9 T 588/14 -

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 575 Abs. 3 und § 574 Abs. 4 Satz 2 gerügt worden sind. § 559 gilt entsprechend.

(3) Ergibt die Begründung der angefochtenen Entscheidung zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(4) Wird die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen. § 562 Abs. 2 gilt entsprechend. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(5) Das Rechtsbeschwerdegericht hat in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung der Entscheidung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist. § 563 Abs. 4 gilt entsprechend.

(6) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht durch Beschluss. § 564 gilt entsprechend. Im Übrigen kann von einer Begründung abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.

7
2. Richtig ist, dass das Verfahren gegenüber der Schuldnerin nicht wirksam angeordnet worden ist, § 22 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 146 Abs. 1 ZVG. Denn der Beschluss über die Anordnung der Zwangsverwaltung ist ihr nicht wirksam zugestellt worden, weil ihr geschäftsführender Gesellschafter im Zeitpunkt der Zustellung bereits verstorben war. Nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts ist der Zustellungsmangel nicht geheilt worden.
7
a) Der Senat hat bereits entschieden, dass im Zwangsversteigerungsverfahren Mängel bei der Titelzustellung wie die unterbliebene Zustellung der Vollmacht für eine Vollstreckungsunterwerfung, die nach § 83 Nr. 6 ZVG zur Versagung des Zuschlags führen, durch Nachholung der ordnungsgemäßen Zustellung im Laufe des Zwangsversteigerungsverfahrens geheilt werden können. Voraussetzung der Heilung ist, dass der Zustellungsmangel Rechte des Schuldners nicht beeinträchtigt (Beschluss vom 10. April 2008 - V ZB 114/07, NJW-RR 2008, 1018, 1019 f. Rn. 12 ff.). Er hat auch entschieden, dass im Zwangsversteigerungsverfahren ein Verstoß gegen ein Verfahrensgebot noch im Beschwerdeverfahren rückwirkend geheilt werden kann mit der Folge, dass ein trotz des Verstoßes erteilter Zuschlag rechtswirksam ist (Beschluss vom 18. März 2010 - V ZB 124/09, NJW-RR 2010, 1100, 1101 f. Rn. 18, 19 mwN). Voraussetzung für eine solche Heilung ist, dass trotz des an sich gegebenen Zuschlagsversagungsgrundes (§ 83 Nr. 6 ZVG) die Rechte des Schuldners nicht beeinträchtigt werden, so dass sich der Versagungsgrund nicht auswirkt (BGH, Beschluss vom 30. Januar 2004 - IXa ZB 285/03, NJW-RR 2004, 1366, 1367). Schließlich hat der Senat entschieden, dass aufgrund eines fehlerhaften Titels der Zuschlag nicht erteilt werden darf, wenn der Fehler erst in der Beschwerdeinstanz beseitigt wird (Beschluss vom 18. März 2010 - V ZB 124/09, NJW-RR 2010, 1100, 1102 Rn. 25 ff.).

(1) Die Zwangsvollstreckung darf nur beginnen, wenn die Personen, für und gegen die sie stattfinden soll, in dem Urteil oder in der ihm beigefügten Vollstreckungsklausel namentlich bezeichnet sind und das Urteil bereits zugestellt ist oder gleichzeitig zugestellt wird. Eine Zustellung durch den Gläubiger genügt; in diesem Fall braucht die Ausfertigung des Urteils Tatbestand und Entscheidungsgründe nicht zu enthalten.

(2) Handelt es sich um die Vollstreckung eines Urteils, dessen vollstreckbare Ausfertigung nach § 726 Abs. 1 erteilt worden ist, oder soll ein Urteil, das nach den §§ 727 bis 729, 738, 742, 744, dem § 745 Abs. 2 und dem § 749 für oder gegen eine der dort bezeichneten Personen wirksam ist, für oder gegen eine dieser Personen vollstreckt werden, so muss außer dem zu vollstreckenden Urteil auch die ihm beigefügte Vollstreckungsklausel und, sofern die Vollstreckungsklausel auf Grund öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Urkunden erteilt ist, auch eine Abschrift dieser Urkunden vor Beginn der Zwangsvollstreckung zugestellt sein oder gleichzeitig mit ihrem Beginn zugestellt werden.

(3) Eine Zwangsvollstreckung nach § 720a darf nur beginnen, wenn das Urteil und die Vollstreckungsklausel mindestens zwei Wochen vorher zugestellt sind.

Lässt sich die formgerechte Zustellung eines Dokuments nicht nachweisen oder ist das Dokument unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen, so gilt es in dem Zeitpunkt als zugestellt, in dem das Dokument der Person, an die die Zustellung dem Gesetz gemäß gerichtet war oder gerichtet werden konnte, tatsächlich zugegangen ist.

19
aa) Die Zustellung der Vollmacht, die der Vollstreckungsunterwerfung zugrunde liegt, hat ebenso wie die Zustellung der Unterwerfungsurkunde selbst den Zweck, dem Schuldner unmissverständlich klarzumachen, dass der Gläubiger die titulierte Forderung zwangsweise durchsetzen wird, ihn über die förmlichen Grundlagen der Zwangsvollstreckung zu unterrichten, ihm Gelegenheit zu geben, die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung zu prüfen und Einwendungen gegen die Vollstreckung geltend zu machen, und ihn letztmals vor der zwangsweisen Durchsetzung des titulierten Anspruchs zu warnen (Senat, Beschl. v. 21. September 2006, V ZB 76/06, NJW-RR 2007, 358, 359). Interessen anderer Beteiligter dient die Zustellung an den Schuldner nicht. Diese Zwecke werden erreicht, wenn Zustellungsmängel während des laufenden Zwangsversteigerungsverfahrens behoben werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 47/15
vom
27. Oktober 2016
in der Zwangsversteigerungssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ob der Zustellungsempfänger rechtsgeschäftlich bestellter Vertreter im Sinne
von § 171 ZPO ist, ergibt sich aus den Vorschriften des bürgerlichen Rechts;
steht fest, dass eine Vollmacht erteilt worden ist, die zu der Entgegennahme
von Zustellungen berechtigt, muss nach den allgemeinen Regeln der Beweislastverteilung
derjenige das Erlöschen der Vollmacht beweisen, der sich
darauf beruft.
BGH, Beschluss vom 27. Oktober 2016 - V ZB 47/15 - LG Frankfurt am Main
AG Frankfurt am Main
ECLI:DE:BGH:2016:271016BVZB47.15.0

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. Oktober 2016 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterin Dr. Brückner, den Richter Dr. Kazele, die Richterin Haberkamp und den Richter Dr. Hamdorf

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Gläubigerin wird der Beschluss des Landgerichts Frankfurt am Main - 9. Zivilkammer - vom 9. März 2015 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.

Gründe:


I.


1
Die Beteiligte zu 2 ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, bestehend aus E. F. -R. , wohnhaft in Mexiko, und Z. S. , wohnhaft in Israel (im Folgenden: GbR bzw. Schuldnerin). Die GbR war von 2005 bis 2006 Eigentümerin des im Eingang dieses Beschlusses genannten Grundstücks. Im Jahr 2006 übertrug sie das Grundstück an die S. -Hotel Grundbesitz GmbH & Co. Vermietungs KG (im Folgenden GmbH & Co. KG).

2
Das Grundstück ist mit einer Grundschuld über 13.000.000 € zugunsten einer Bank belastet, die im Zuge einer konzerninternen Umstrukturierung auf die Beteiligte zu 1 (im Folgenden: Gläubigerin) verschmolzen wurde. Am 24. Februar 2014 stellte die Gläubigerin der GmbH & Co. KG die Vollstreckungsunterlagen zur Einleitung der Zwangsvollstreckung zu. Zwei Tage später , am 26. Februar 2014, übertrug die GmbH & Co. KG das Eigentum an dem Grundstück erneut auf die GbR. Dabei wurde die GbR durch den in Deutschland wohnhaften Herrn O. vertreten, der schriftliche Generalvollmachten aus dem Jahr 2010 für beide Gesellschafter der Schuldnerin vorlegte. Nunmehr betreibt die Gläubigerin die Zwangsvollstreckung gegen die GbR. Sie veranlasste die Zustellung des Vollstreckungstitels an Herrn O. . Diese erfolgte am 18. Juni 2014.
3
Mit Beschluss vom 31. Juli 2014 ordnete das Amtsgericht die Zwangsversteigerung des Grundstücks an. Der Beschluss wurde an einen Rechtsanwalt zugestellt, den beide Gesellschafter ausdrücklich nur insoweit bevollmächtigt haben. Auf die Erinnerung der Schuldnerin hat das Amtsgericht die Zwangsversteigerung mit dem angefochtenen Beschluss vom 14. November 2014 aufgehoben. Dabei hat es angeordnet, dass die Wirkungen dieser Entscheidung bis zur Rechtskraft aufgeschoben werden. Das Landgericht hat die Beschwerde der Gläubigerin zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde, deren Zurückweisung die Schuldnerin beantragt, will die Gläubigerin weiterhin die Zurückweisung der Erinnerung erreichen.

II.


4
Das Landgericht meint, eine ordnungsgemäße Zustellung des Vollstreckungstitels an die Gesellschafter der Schuldnerin sei nicht feststellbar. Nach der Behauptung der Schuldnerin seien die Generalvollmachten vor der am 18. Juni 2014 erfolgten Zustellung an Herrn O. widerrufen worden, weshalb dieser die Original-Vollmachtsurkunden am 12. Juni 2014 an die Gesellschafter zurückgesandt habe. Es habe sich um Innenvollmachten gehandelt, von denen die Gläubigerin nur zufällig durch Einsichtnahme in das Grundbuch Kenntnis erlangt habe. Infolgedessen trage die Gläubigerin die Beweislast dafür, dass die Vollmachten im Zeitpunkt der Zustellung noch bestanden. Dies lasse sich nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen.
5
Durch die im Beschwerdeverfahren erfolgte Zustellung an den Gesellschafter Z. S. in Israel sei eine Heilung des Zustellungsmangels nicht eingetreten. Die Zustellung müsse an den in Mexiko wohnhaften Gesellschafter F. -R. erfolgen, nachdem die Schuldnerin einen Gesellschafterbeschluss vom 27. Februar 2014 über dessen Bestellung zum alleingeschäftsführenden Gesellschafter vorgelegt habe. Dies sei zwar zu einem auffällig späten Zeitpunkt im Verfahren geschehen, aber die Gläubigerin habe nichts Gegenteiliges beweisen können.

III.


6
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Die Begründung, mit der das Beschwerdegericht eine wirksame Zustellung des Vollstreckungstitels an Herrn O. als Generalbevollmächtigten der Gesellschafter der GbR verneint, hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
7
1. Zutreffend ist der Ausgangspunkt des Beschwerdegerichts. Die Einleitung der Zwangsversteigerung setzt voraus, dass der Vollstreckungstitel an die GbR als neue Eigentümerin zugestellt wird (§ 794 Abs. 1 Nr. 5, § 795, § 750 Abs. 1 und 2, § 866 ZPO). Fehlt es hieran, ist die gemäß § 766 Abs. 1 ZPO erhobene Erinnerung der GbR begründet. Die Zustellung im Parteibetrieb kann an den rechtsgeschäftlich bestellten Vertreter erfolgen (§ 191 i.V.m. § 171 Satz 1 ZPO; vgl. hierzu BT-Drucks. 14/4554 S. 17). Ob der Zustellungsempfänger rechtsgeschäftlich bestellter Vertreter ist, ergibt sich aus den Vorschriften des bürgerlichen Rechts. Fest steht, dass für Herrn O. , an den die Zustellung erfolgt ist, am 26. Februar 2014 schriftliche Generalvollmachten von beiden Gesellschaftern bestanden. Galten die Generalvollmachten fort, erstrecken sie sich auf die Entgegennahme der Zustellung; ob sie bei der Zustellung vorgelegt worden sind (vgl. § 171 Satz 2 ZPO), ist ohne Belang, weil dies keine Voraussetzung für eine wirksame Zustellung gemäß § 171 Satz 1 ZPO ist (vgl. Senat, Beschluss vom 20. Oktober 2011 - V ZB 131/11, juris Rn. 8).
8
2. Richtig ist auch, dass sich eine Fortdauer der Generalvollmachten nicht aus den §§ 171, 172 BGB ergibt. Die Vollmachtsurkunden sind der Gläubigerin nicht im Sinne von § 172 BGB vorgelegt worden. Ebenso wenig sind sie - wie die Rechtsbeschwerde meint - gemäß § 171 Abs. 1 Alt. 2 BGB durch öffentliche Bekanntmachung kundgegeben worden. In das Grundbuch sind sie nicht zum Zwecke der Kundgebung aufgenommen worden, sondern aufgrund der Vertretung bei der zuvor vorgenommenen Überschreibung des Grundstücks. Außerdem fehlt es an einer öffentlichen Bekanntgabe, weil die Einsicht in das Grundbuch nicht ohne weiteres möglich ist, sondern die Darlegung eines berechtigten Interesses voraussetzt (§ 12 Abs. 1 Satz 1 GBO).
9
3. Die Feststellungen des Beschwerdegerichts tragen jedoch die Beweislastentscheidung zum Nachteil der Gläubigerin nicht.

10
a) Für die Beweislastverteilung ist es, anders als das Beschwerdegericht meint, ohne Belang, ob es sich um eine Innen- oder um eine Außenvollmacht handelt. Nichts anderes ergibt sich aus den Vorschriften der §§ 171, 172 BGB. Darin wird nicht die Beweislast, sondern eine Rechtsscheinhaftung geregelt (vgl. Senat, Urteil vom 17. Juni 2005 - V ZR 78/04, NJW 2005, 2983, 2984). Maßgeblich sind vielmehr die allgemeinen Regeln der Beweislastverteilung. Steht fest, dass eine Vollmacht erteilt worden ist, die zu der Entgegennahme von Zustellungen berechtigt, muss das Erlöschen der Vollmacht derjenige beweisen , der hieraus für ihn günstige Rechtsfolgen herleitet. Steht dagegen fest, dass die Vollmacht zwar erteilt, aber wieder erloschen ist, so muss der Abschluss eines Rechtsgeschäfts vor diesem Zeitpunkt von demjenigen bewiesen werden, der die Gültigkeit des Geschäfts behauptet (vgl. BGH, Urteil vom 31. Januar 1974 - II ZR 173/72, NJW 1974, 748 f.; Beschluss vom 23. Februar 1984 - III ZR 7/83, WM 1984, 604; MüKoBGB/Schubert, 7. Aufl., § 168 Rn. 65). Ob ein festgestellter Widerruf eine gemäß § 116 Abs. 1 Satz 2 BGB nichtige Scheinerklärung darstellt oder wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB) oder die guten Sitten (§ 138 BGB) nichtig ist, muss derjenige beweisen, der sich auf die Nichtigkeit beruft.
11
b) Daran gemessen trägt die Schuldnerin - da nach dem Vortrag der Gläubigerin bis heute kein Widerruf erfolgt ist - die Darlegungs- und Beweislast für ihre (vorrangig zu prüfende) Behauptung, vor der Zustellung seien Widerrufserklärungen beider Gesellschafter erfolgt. Sie hat die Abgabe der Erklärungen in räumlicher, zeitlicher und inhaltlicher Weise substantiiert darzulegen und ggf. Beweis anzutreten. Sollte sie diesen Beweis führen, trüge die Gläubigerin die Darlegungs- und Beweislast für die von ihr behauptete Nichtigkeit der abgegebenen Erklärungen.

12
c) Die bislang getroffenen Feststellungen reichen nicht aus, um das Bestehen der Vollmacht im Zeitpunkt der Zustellung zu beurteilen. Das Beschwerdegericht differenziert nämlich - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - nicht zwischen der Abgabe der Widerrufserklärungen und deren Wirksamkeit. Es sieht als streitig an, ob die Vollmachten „wirksam widerrufen“ wurden. Die Schuldnerin und Herr O. hätten vorgetragen, dass die Vollmachten durch Rücksendung der Originalvollmachten am 12. Juni 2014 erloschen seien. Zwar sei in diesem Zusammenhang das enge zeitliche Verhältnis zu den anstehenden Vollstreckungsmaßnahmen auffällig, ebenso wie auch der weitere zeitliche Ablauf der Geschehnisse. Dies lege die Vermutung nahe, dass die Schuldnerin und die ehemalige Eigentümerin versuchten, die Zwangsvollstreckung zu vereiteln oder zumindest zu erschweren. Dies allein sei jedoch nicht ausreichend, um das Weiterbestehen der Vollmachten zu beweisen.
13
Daraus geht nicht klar hervor, ob das Beschwerdegericht die Abgabe der Widerrufserklärungen zwar für möglich, aber für nicht erwiesen hält, oder ob es von der Abgabe der Erklärungen ausgeht und nur deren Nichtigkeit als nicht erwiesen ansieht. Dieser Punkt ist entscheidungserheblich. Ersteres ginge zu Lasten der Schuldnerin, letzteres zu Lasten der Gläubigerin. Insoweit ist dem Rechtsbeschwerdegericht eine eigene Entscheidung schon deshalb nicht möglich , weil sich der Entscheidung nicht entnehmen lässt, was die Schuldnerin zu der Abgabe der Erklärungen vorgetragen hat, und ob sie ggf. Beweis angetreten hat.

IV.


14
1. Die Sache ist auch im Übrigen nicht zur Entscheidung reif (§ 577 Abs. 5 Satz 1 ZPO). Zwar hat die Gläubigerin im Rechtsbeschwerdeverfahren Unterlagen vorgelegt, die eine Zustellung an den Gesellschafter F. -R. in Mexiko betreffen. Dies kann das Rechtsbeschwerdegericht seiner Entscheidung aber nicht zugrunde legen (§ 577 Abs. 2 Satz 4, § 559 ZPO). Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde liegen die Voraussetzungen nicht vor, unter denen neuer Tatsachenvortrag ausnahmsweise berücksichtigt werden kann. Es handelt sich nicht um eine Zulässigkeitsvoraussetzung, die von Amts wegen zu prüfen wäre, da die Auslandszustellung die Begründetheit der Erinnerung betrifft; hierfür gilt der Beibringungsgrundsatz (MüKoZPOK. Schmidt/Brinkmann, 5. Aufl., § 766 Rn. 45; vgl. auch BGH, Beschluss vom 17. September 2014 - VII ZB 21/13, BGHZ 202, 293 Rn. 15). Eine Berücksichtigung von neuem Vortrag, der für die Entscheidung materiell-rechtliche Bedeutung hat, kommt nur in Betracht, wenn er unstreitig ist und schützenswerte Belange der Gegenpartei nicht entgegenstehen (vgl. MüKoZPO/Krüger, 5. Aufl., § 559 Rn. 30 f.). Unstreitig ist die Auslandszustellung schon deshalb nicht, weil die Schuldnerin in dem Rechtsbeschwerdeverfahren nicht vertreten ist.
15
2. Die Sache ist daher zur erneuten Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO). Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
16
a) Zunächst wird zu prüfen sein, ob ein etwaiger Zustellungsmangel durch eine wirksame Zustellung an den Gesellschafter F. -R. in Mexiko geheilt worden ist. Vor der Erteilung des Zuschlags können auch solche Mängel geheilt werden, die sich auf die Zustellung des Vollstreckungstitels beziehen (vgl. Senat, Beschluss vom 21. November 2013 - V ZB 109/13, NJW-RR 2014, 400 Rn. 7 ff. mwN; Stöber, ZVG, 21. Aufl., § 83 Rn. 2.1c). Mit der Heilung wäre die Erinnerung unbegründet geworden (vgl. MüKoZPO/K. Schmidt/ Brinkmann, 5. Aufl., § 766 Rn. 50 mwN).

17
b) Nur wenn sich insoweit Bedenken ergeben sollten, käme es auf die Wirksamkeit der an Herrn O. erfolgten Zustellung an. Insoweit müsste sich das Beschwerdegericht zunächst darüber klar werden, ob es - auch unter Würdigung des gesamten Verhaltens der Schuldnerin in dem Verfahren - als erwiesen ansieht, dass beide Gesellschafter vor der Zustellung den Widerruf der jeweils erteilten Vollmacht erklärt haben. Lediglich unter dieser Voraussetzung wäre die von der Gläubigerin behauptete und von dieser zu beweisende Nichtigkeit der Widerrufserklärungen zu prüfen.
18
c) Gegebenenfalls wird das Beschwerdegericht erneut überprüfen müssen , ob während des Beschwerdeverfahrens gemäß § 170 Abs. 3 ZPO wirksam an den Gesellschafter S. zugestellt worden ist. Dies verneint es nämlich verfahrensfehlerhaft.
19
aa) Richtig ist zwar, dass die Zustellung an den GesellschafterS. nicht gemäß § 170 Abs. 3 ZPO wirksam war, wenn der Gesellschafter F. -R. im Zeitpunkt der Zustellung zum alleinigen geschäftsführenden Gesellschafter bestellt war. Dies soll nach Behauptung der Schuldnerin durch den Gesellschafterbeschluss vom 27. Februar 2014 geschehen sein. Entgegen der Ansicht der Gläubigerin bezieht sich der öffentliche Glaube des Grundbuchs gemäß § 899a BGB nicht auf die Geschäftsführungsbefugnis der dort vermerkten Gesellschafter der GbR (vgl. zum Ganzen Senat, Beschluss vom 2. Dezember 2010 - V ZB 84/10, BGHZ 187, 344 Rn. 28 mwN).
20
bb) Aber die Gläubigerin hat gewichtige Bedenken gegen die Echtheit des Gesellschafterbeschlusses vom 27. Februar 2014 erhoben. Damit hat sich das Beschwerdegericht - wie die Rechtsbeschwerde zu Recht rügt - inhaltlich nicht auseinandergesetzt; auch ist es den hierauf bezogenen, in der Rechtsbeschwerdebegründung aufgezeigten Beweisantritten nicht nachgegangen. Dies wäre gegebenenfalls nachzuholen. Dabei wird zu beachten sein, dass die Darlegungs - und Beweislast für die Wirksamkeit und den Zeitpunkt des Gesellschafterbeschlusses vom 27. Februar 2014 die Schuldnerin trägt, da sie eine von § 709 Abs. 1 BGB abweichende Vereinbarung behauptet. Sie müsste daher zunächst die substantiierten Einwände der Gläubigerin ausräumen, bevor den Beweisangeboten der Gläubigerin nachzugehen wäre.
Stresemann Brückner Kazele
Haberkamp Hamdorf

Vorinstanzen:
AG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 14.11.2014 - 842 K 19/14 -
LG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 09.03.2015 - 2-9 T 588/14 -

(1) Bei nicht prozessfähigen Personen ist an ihren gesetzlichen Vertreter zuzustellen. Die Zustellung an die nicht prozessfähige Person ist unwirksam.

(2) Ist der Zustellungsadressat keine natürliche Person, genügt die Zustellung an den Leiter.

(3) Bei mehreren gesetzlichen Vertretern oder Leitern genügt die Zustellung an einen von ihnen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 47/15
vom
27. Oktober 2016
in der Zwangsversteigerungssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ob der Zustellungsempfänger rechtsgeschäftlich bestellter Vertreter im Sinne
von § 171 ZPO ist, ergibt sich aus den Vorschriften des bürgerlichen Rechts;
steht fest, dass eine Vollmacht erteilt worden ist, die zu der Entgegennahme
von Zustellungen berechtigt, muss nach den allgemeinen Regeln der Beweislastverteilung
derjenige das Erlöschen der Vollmacht beweisen, der sich
darauf beruft.
BGH, Beschluss vom 27. Oktober 2016 - V ZB 47/15 - LG Frankfurt am Main
AG Frankfurt am Main
ECLI:DE:BGH:2016:271016BVZB47.15.0

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. Oktober 2016 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterin Dr. Brückner, den Richter Dr. Kazele, die Richterin Haberkamp und den Richter Dr. Hamdorf

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Gläubigerin wird der Beschluss des Landgerichts Frankfurt am Main - 9. Zivilkammer - vom 9. März 2015 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.

Gründe:


I.


1
Die Beteiligte zu 2 ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, bestehend aus E. F. -R. , wohnhaft in Mexiko, und Z. S. , wohnhaft in Israel (im Folgenden: GbR bzw. Schuldnerin). Die GbR war von 2005 bis 2006 Eigentümerin des im Eingang dieses Beschlusses genannten Grundstücks. Im Jahr 2006 übertrug sie das Grundstück an die S. -Hotel Grundbesitz GmbH & Co. Vermietungs KG (im Folgenden GmbH & Co. KG).

2
Das Grundstück ist mit einer Grundschuld über 13.000.000 € zugunsten einer Bank belastet, die im Zuge einer konzerninternen Umstrukturierung auf die Beteiligte zu 1 (im Folgenden: Gläubigerin) verschmolzen wurde. Am 24. Februar 2014 stellte die Gläubigerin der GmbH & Co. KG die Vollstreckungsunterlagen zur Einleitung der Zwangsvollstreckung zu. Zwei Tage später , am 26. Februar 2014, übertrug die GmbH & Co. KG das Eigentum an dem Grundstück erneut auf die GbR. Dabei wurde die GbR durch den in Deutschland wohnhaften Herrn O. vertreten, der schriftliche Generalvollmachten aus dem Jahr 2010 für beide Gesellschafter der Schuldnerin vorlegte. Nunmehr betreibt die Gläubigerin die Zwangsvollstreckung gegen die GbR. Sie veranlasste die Zustellung des Vollstreckungstitels an Herrn O. . Diese erfolgte am 18. Juni 2014.
3
Mit Beschluss vom 31. Juli 2014 ordnete das Amtsgericht die Zwangsversteigerung des Grundstücks an. Der Beschluss wurde an einen Rechtsanwalt zugestellt, den beide Gesellschafter ausdrücklich nur insoweit bevollmächtigt haben. Auf die Erinnerung der Schuldnerin hat das Amtsgericht die Zwangsversteigerung mit dem angefochtenen Beschluss vom 14. November 2014 aufgehoben. Dabei hat es angeordnet, dass die Wirkungen dieser Entscheidung bis zur Rechtskraft aufgeschoben werden. Das Landgericht hat die Beschwerde der Gläubigerin zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde, deren Zurückweisung die Schuldnerin beantragt, will die Gläubigerin weiterhin die Zurückweisung der Erinnerung erreichen.

II.


4
Das Landgericht meint, eine ordnungsgemäße Zustellung des Vollstreckungstitels an die Gesellschafter der Schuldnerin sei nicht feststellbar. Nach der Behauptung der Schuldnerin seien die Generalvollmachten vor der am 18. Juni 2014 erfolgten Zustellung an Herrn O. widerrufen worden, weshalb dieser die Original-Vollmachtsurkunden am 12. Juni 2014 an die Gesellschafter zurückgesandt habe. Es habe sich um Innenvollmachten gehandelt, von denen die Gläubigerin nur zufällig durch Einsichtnahme in das Grundbuch Kenntnis erlangt habe. Infolgedessen trage die Gläubigerin die Beweislast dafür, dass die Vollmachten im Zeitpunkt der Zustellung noch bestanden. Dies lasse sich nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen.
5
Durch die im Beschwerdeverfahren erfolgte Zustellung an den Gesellschafter Z. S. in Israel sei eine Heilung des Zustellungsmangels nicht eingetreten. Die Zustellung müsse an den in Mexiko wohnhaften Gesellschafter F. -R. erfolgen, nachdem die Schuldnerin einen Gesellschafterbeschluss vom 27. Februar 2014 über dessen Bestellung zum alleingeschäftsführenden Gesellschafter vorgelegt habe. Dies sei zwar zu einem auffällig späten Zeitpunkt im Verfahren geschehen, aber die Gläubigerin habe nichts Gegenteiliges beweisen können.

III.


6
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Die Begründung, mit der das Beschwerdegericht eine wirksame Zustellung des Vollstreckungstitels an Herrn O. als Generalbevollmächtigten der Gesellschafter der GbR verneint, hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
7
1. Zutreffend ist der Ausgangspunkt des Beschwerdegerichts. Die Einleitung der Zwangsversteigerung setzt voraus, dass der Vollstreckungstitel an die GbR als neue Eigentümerin zugestellt wird (§ 794 Abs. 1 Nr. 5, § 795, § 750 Abs. 1 und 2, § 866 ZPO). Fehlt es hieran, ist die gemäß § 766 Abs. 1 ZPO erhobene Erinnerung der GbR begründet. Die Zustellung im Parteibetrieb kann an den rechtsgeschäftlich bestellten Vertreter erfolgen (§ 191 i.V.m. § 171 Satz 1 ZPO; vgl. hierzu BT-Drucks. 14/4554 S. 17). Ob der Zustellungsempfänger rechtsgeschäftlich bestellter Vertreter ist, ergibt sich aus den Vorschriften des bürgerlichen Rechts. Fest steht, dass für Herrn O. , an den die Zustellung erfolgt ist, am 26. Februar 2014 schriftliche Generalvollmachten von beiden Gesellschaftern bestanden. Galten die Generalvollmachten fort, erstrecken sie sich auf die Entgegennahme der Zustellung; ob sie bei der Zustellung vorgelegt worden sind (vgl. § 171 Satz 2 ZPO), ist ohne Belang, weil dies keine Voraussetzung für eine wirksame Zustellung gemäß § 171 Satz 1 ZPO ist (vgl. Senat, Beschluss vom 20. Oktober 2011 - V ZB 131/11, juris Rn. 8).
8
2. Richtig ist auch, dass sich eine Fortdauer der Generalvollmachten nicht aus den §§ 171, 172 BGB ergibt. Die Vollmachtsurkunden sind der Gläubigerin nicht im Sinne von § 172 BGB vorgelegt worden. Ebenso wenig sind sie - wie die Rechtsbeschwerde meint - gemäß § 171 Abs. 1 Alt. 2 BGB durch öffentliche Bekanntmachung kundgegeben worden. In das Grundbuch sind sie nicht zum Zwecke der Kundgebung aufgenommen worden, sondern aufgrund der Vertretung bei der zuvor vorgenommenen Überschreibung des Grundstücks. Außerdem fehlt es an einer öffentlichen Bekanntgabe, weil die Einsicht in das Grundbuch nicht ohne weiteres möglich ist, sondern die Darlegung eines berechtigten Interesses voraussetzt (§ 12 Abs. 1 Satz 1 GBO).
9
3. Die Feststellungen des Beschwerdegerichts tragen jedoch die Beweislastentscheidung zum Nachteil der Gläubigerin nicht.

10
a) Für die Beweislastverteilung ist es, anders als das Beschwerdegericht meint, ohne Belang, ob es sich um eine Innen- oder um eine Außenvollmacht handelt. Nichts anderes ergibt sich aus den Vorschriften der §§ 171, 172 BGB. Darin wird nicht die Beweislast, sondern eine Rechtsscheinhaftung geregelt (vgl. Senat, Urteil vom 17. Juni 2005 - V ZR 78/04, NJW 2005, 2983, 2984). Maßgeblich sind vielmehr die allgemeinen Regeln der Beweislastverteilung. Steht fest, dass eine Vollmacht erteilt worden ist, die zu der Entgegennahme von Zustellungen berechtigt, muss das Erlöschen der Vollmacht derjenige beweisen , der hieraus für ihn günstige Rechtsfolgen herleitet. Steht dagegen fest, dass die Vollmacht zwar erteilt, aber wieder erloschen ist, so muss der Abschluss eines Rechtsgeschäfts vor diesem Zeitpunkt von demjenigen bewiesen werden, der die Gültigkeit des Geschäfts behauptet (vgl. BGH, Urteil vom 31. Januar 1974 - II ZR 173/72, NJW 1974, 748 f.; Beschluss vom 23. Februar 1984 - III ZR 7/83, WM 1984, 604; MüKoBGB/Schubert, 7. Aufl., § 168 Rn. 65). Ob ein festgestellter Widerruf eine gemäß § 116 Abs. 1 Satz 2 BGB nichtige Scheinerklärung darstellt oder wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB) oder die guten Sitten (§ 138 BGB) nichtig ist, muss derjenige beweisen, der sich auf die Nichtigkeit beruft.
11
b) Daran gemessen trägt die Schuldnerin - da nach dem Vortrag der Gläubigerin bis heute kein Widerruf erfolgt ist - die Darlegungs- und Beweislast für ihre (vorrangig zu prüfende) Behauptung, vor der Zustellung seien Widerrufserklärungen beider Gesellschafter erfolgt. Sie hat die Abgabe der Erklärungen in räumlicher, zeitlicher und inhaltlicher Weise substantiiert darzulegen und ggf. Beweis anzutreten. Sollte sie diesen Beweis führen, trüge die Gläubigerin die Darlegungs- und Beweislast für die von ihr behauptete Nichtigkeit der abgegebenen Erklärungen.

12
c) Die bislang getroffenen Feststellungen reichen nicht aus, um das Bestehen der Vollmacht im Zeitpunkt der Zustellung zu beurteilen. Das Beschwerdegericht differenziert nämlich - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - nicht zwischen der Abgabe der Widerrufserklärungen und deren Wirksamkeit. Es sieht als streitig an, ob die Vollmachten „wirksam widerrufen“ wurden. Die Schuldnerin und Herr O. hätten vorgetragen, dass die Vollmachten durch Rücksendung der Originalvollmachten am 12. Juni 2014 erloschen seien. Zwar sei in diesem Zusammenhang das enge zeitliche Verhältnis zu den anstehenden Vollstreckungsmaßnahmen auffällig, ebenso wie auch der weitere zeitliche Ablauf der Geschehnisse. Dies lege die Vermutung nahe, dass die Schuldnerin und die ehemalige Eigentümerin versuchten, die Zwangsvollstreckung zu vereiteln oder zumindest zu erschweren. Dies allein sei jedoch nicht ausreichend, um das Weiterbestehen der Vollmachten zu beweisen.
13
Daraus geht nicht klar hervor, ob das Beschwerdegericht die Abgabe der Widerrufserklärungen zwar für möglich, aber für nicht erwiesen hält, oder ob es von der Abgabe der Erklärungen ausgeht und nur deren Nichtigkeit als nicht erwiesen ansieht. Dieser Punkt ist entscheidungserheblich. Ersteres ginge zu Lasten der Schuldnerin, letzteres zu Lasten der Gläubigerin. Insoweit ist dem Rechtsbeschwerdegericht eine eigene Entscheidung schon deshalb nicht möglich , weil sich der Entscheidung nicht entnehmen lässt, was die Schuldnerin zu der Abgabe der Erklärungen vorgetragen hat, und ob sie ggf. Beweis angetreten hat.

IV.


14
1. Die Sache ist auch im Übrigen nicht zur Entscheidung reif (§ 577 Abs. 5 Satz 1 ZPO). Zwar hat die Gläubigerin im Rechtsbeschwerdeverfahren Unterlagen vorgelegt, die eine Zustellung an den Gesellschafter F. -R. in Mexiko betreffen. Dies kann das Rechtsbeschwerdegericht seiner Entscheidung aber nicht zugrunde legen (§ 577 Abs. 2 Satz 4, § 559 ZPO). Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde liegen die Voraussetzungen nicht vor, unter denen neuer Tatsachenvortrag ausnahmsweise berücksichtigt werden kann. Es handelt sich nicht um eine Zulässigkeitsvoraussetzung, die von Amts wegen zu prüfen wäre, da die Auslandszustellung die Begründetheit der Erinnerung betrifft; hierfür gilt der Beibringungsgrundsatz (MüKoZPOK. Schmidt/Brinkmann, 5. Aufl., § 766 Rn. 45; vgl. auch BGH, Beschluss vom 17. September 2014 - VII ZB 21/13, BGHZ 202, 293 Rn. 15). Eine Berücksichtigung von neuem Vortrag, der für die Entscheidung materiell-rechtliche Bedeutung hat, kommt nur in Betracht, wenn er unstreitig ist und schützenswerte Belange der Gegenpartei nicht entgegenstehen (vgl. MüKoZPO/Krüger, 5. Aufl., § 559 Rn. 30 f.). Unstreitig ist die Auslandszustellung schon deshalb nicht, weil die Schuldnerin in dem Rechtsbeschwerdeverfahren nicht vertreten ist.
15
2. Die Sache ist daher zur erneuten Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO). Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
16
a) Zunächst wird zu prüfen sein, ob ein etwaiger Zustellungsmangel durch eine wirksame Zustellung an den Gesellschafter F. -R. in Mexiko geheilt worden ist. Vor der Erteilung des Zuschlags können auch solche Mängel geheilt werden, die sich auf die Zustellung des Vollstreckungstitels beziehen (vgl. Senat, Beschluss vom 21. November 2013 - V ZB 109/13, NJW-RR 2014, 400 Rn. 7 ff. mwN; Stöber, ZVG, 21. Aufl., § 83 Rn. 2.1c). Mit der Heilung wäre die Erinnerung unbegründet geworden (vgl. MüKoZPO/K. Schmidt/ Brinkmann, 5. Aufl., § 766 Rn. 50 mwN).

17
b) Nur wenn sich insoweit Bedenken ergeben sollten, käme es auf die Wirksamkeit der an Herrn O. erfolgten Zustellung an. Insoweit müsste sich das Beschwerdegericht zunächst darüber klar werden, ob es - auch unter Würdigung des gesamten Verhaltens der Schuldnerin in dem Verfahren - als erwiesen ansieht, dass beide Gesellschafter vor der Zustellung den Widerruf der jeweils erteilten Vollmacht erklärt haben. Lediglich unter dieser Voraussetzung wäre die von der Gläubigerin behauptete und von dieser zu beweisende Nichtigkeit der Widerrufserklärungen zu prüfen.
18
c) Gegebenenfalls wird das Beschwerdegericht erneut überprüfen müssen , ob während des Beschwerdeverfahrens gemäß § 170 Abs. 3 ZPO wirksam an den Gesellschafter S. zugestellt worden ist. Dies verneint es nämlich verfahrensfehlerhaft.
19
aa) Richtig ist zwar, dass die Zustellung an den GesellschafterS. nicht gemäß § 170 Abs. 3 ZPO wirksam war, wenn der Gesellschafter F. -R. im Zeitpunkt der Zustellung zum alleinigen geschäftsführenden Gesellschafter bestellt war. Dies soll nach Behauptung der Schuldnerin durch den Gesellschafterbeschluss vom 27. Februar 2014 geschehen sein. Entgegen der Ansicht der Gläubigerin bezieht sich der öffentliche Glaube des Grundbuchs gemäß § 899a BGB nicht auf die Geschäftsführungsbefugnis der dort vermerkten Gesellschafter der GbR (vgl. zum Ganzen Senat, Beschluss vom 2. Dezember 2010 - V ZB 84/10, BGHZ 187, 344 Rn. 28 mwN).
20
bb) Aber die Gläubigerin hat gewichtige Bedenken gegen die Echtheit des Gesellschafterbeschlusses vom 27. Februar 2014 erhoben. Damit hat sich das Beschwerdegericht - wie die Rechtsbeschwerde zu Recht rügt - inhaltlich nicht auseinandergesetzt; auch ist es den hierauf bezogenen, in der Rechtsbeschwerdebegründung aufgezeigten Beweisantritten nicht nachgegangen. Dies wäre gegebenenfalls nachzuholen. Dabei wird zu beachten sein, dass die Darlegungs - und Beweislast für die Wirksamkeit und den Zeitpunkt des Gesellschafterbeschlusses vom 27. Februar 2014 die Schuldnerin trägt, da sie eine von § 709 Abs. 1 BGB abweichende Vereinbarung behauptet. Sie müsste daher zunächst die substantiierten Einwände der Gläubigerin ausräumen, bevor den Beweisangeboten der Gläubigerin nachzugehen wäre.
Stresemann Brückner Kazele
Haberkamp Hamdorf

Vorinstanzen:
AG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 14.11.2014 - 842 K 19/14 -
LG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 09.03.2015 - 2-9 T 588/14 -