Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Okt. 2011 - V ZB 126/11
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Der Betroffene, ein algerischer Staatsangehöriger, reiste 2006 ohne Aufenthaltstitel und Legitimationspapiere in die Bundesrepublik ein. Gegen ihn wurde nach seiner Festnahme in Saarbrücken mit Beschluss des Amtsgerichts vom 10. September 2010 Abschiebungshaft bis zum 9. Dezember 2010 angeordnet. Seine Beschwerde blieb erfolglos. In dem Verfahren machte der Betroffene widersprüchliche Angaben zu seiner Nationalität und zu dem Vorhandensein und Verbleib seiner algerischen Ausweispapiere. Am 1. Dezember 2010 wurde er der algerischen Botschaft vorgeführt, wo er erklärte, er sei nicht bereit, freiwillig nach Algerien zurückzukehren. Die algerische Botschaft kündigte an, die Angaben zur Person zu überprüfen, und erhielt dazu später auch die Fingerabdrücke des Betroffenen. Mit Beschluss vom 8. Dezember 2010 ordnete das (nunmehr zuständige) Amtsgericht auf Antrag der beteiligten Behörde die Verlängerung der Abschiebungshaft bis zum 9. März 2011 an. In der dem vorausgegangenen Anhörung erklärte der Vertreter der beteiligten Behörde, es liege ein generelles Einvernehmen der Staatsanwaltschaft mit der Abschiebung vor, die Staatsanwaltschaft sei mit der Abschiebung einverstanden.
- 2
- Auf Antrag der beteiligten Behörde hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 28. Februar 2011 die Abschiebungshaft bis zum 9. Juni 2011 verlängert. Die Beschwerde hat das Landgericht nach Anhörung des Betroffenen zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Betroffene mit der Rechtsbeschwerde, nach seiner Abschiebung am 1. Juni 2011 mit dem Antrag, die Rechtswidrigkeit der Anordnung von Abschiebungshaft über den 9. März 2011 hinaus festzustellen.
II.
- 3
- Das Beschwerdegericht meint, die Verlängerung der Abschiebungshaft über sechs Monate hinaus auf insgesamt neun Monate sei verhältnismäßig, weil der Betroffene seine Abschiebung verhindert habe. Er sei seinen Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen. Er habe zunächst zwar erklärt, er habe algerische Papiere, sei aber nicht bereit gewesen, mit seinen Verwandten, bei denen sich diese befänden, Kontakt aufzunehmen. Jetzt bestreite er, algerische Papiere zu haben. Seine fehlende Mitwirkung sei auch ursächlich dafür, dass seine Abschiebung bislang nicht gelungen sei. Dem Antrag des Betroffenen festzustellen, dass die Abschiebung algerischer Staatsangehöriger ohne Papiere regelmäßig mehr als sechs Monate in Anspruch nimmt, sei nicht nachzuge- hen gewesen, weil die Abschiebung innerhalb der verstrichenen sechs Monate nicht erfolgt sei. Sonstige Abschiebungshindernisse lägen nicht vor. Insbesondere liege auch das erforderliche Einvernehmen der Staatsanwaltschaft vor. Dazu verhalte sich der Antrag zwar nicht. Die Behörde habe aber davon ausgehen können, dass dem Gericht das allgemeine Einvernehmen der Staatsanwaltschaft bekannt gewesen sei.
III.
- 4
- Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Prüfung nicht stand. Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen ist festzustellen, dass die Verlängerung der Abschiebungshaft von sechs auf neun Monate durch das Amtsgericht und die Zurückweisung der Beschwerde des Betroffenen durch das Beschwerdegericht den Betroffenen in seinen Rechten verletzt haben.
- 5
- 1. Das ergibt sich entgegen der Ansicht des Betroffenen nicht schon aus dem Fehlen eines zulässigen Haftantrags.
- 6
- Der Haftantrag der beteiligten Behörde war allerdings zunächst unzulässig , weil er den Anforderungen der Vorschrift des § 417 Abs. 2 Satz 2 FamFG an die Begründung eines Haftantrags (dazu Senat, Beschluss vom 15. September 2011 - V ZB 123/11, juris) nicht genügt. Er lässt nämlich erkennen , dass gegen den Betroffenen seinerzeit ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren betrieben wurde, enthielt indes nicht die gebotenen (Senat, Beschluss vom 20. Januar 2011 - V ZB 226/10, FGPrax 2011, 144 Rn. 9) Angaben zu dem dann nach § 72 Abs. 4 AufenthG notwendigen Einvernehmen der Staatsanwaltschaft. Diese waren auch nicht entbehrlich, weil ein generelles Einvernehmen vorlag. Von einem solchen generellen Einvernehmen mögen zwar die beteiligten Behörden und Gerichte wissen. Dem Betroffenen, dessen Rechtsverteidigung die Antragsbegründung eine Grundlage geben soll (Senat, Beschlüsse vom 22. Juli 2010 - V ZB 28/10, NVwZ 2010, 1511, 1512 Rn. 12 und vom 15. September 2011 - V ZB 123/11, juris Rn. 9), ist das aber regelmäßig nicht bekannt. Hier kommt hinzu, dass die Verfügung des Leitenden Oberstaatsanwalts bei dem Landgericht Saarbrücken vom 28. Februar 1991 das Einvernehmen nicht unter dem Vorbehalt der Rücknahme im Einzelfall erteilt, sondern nur in Aussicht stellt. Dieser Fehler ist aber für die Zukunft durch die Angaben des Vertreters der beteiligten Behörde bei der Anhörung des Betroffenen zur ersten Verlängerung der Abschiebungshaft durch das Amtsgericht am 8. Dezember 2010 geheilt worden, was möglich ist (Senat, Beschluss vom 3. Mai 2011 - V ZA 10/11, juris Rn. 11 und vom 15. September 2011 - V ZB 123/11, juris Rn. 15 und 136/11, juris Rn. 8 f.).
- 7
- 2. Durch die Verlängerung der Abschiebungshaft und die Zurückweisung seiner Beschwerde ist der Betroffene aber deshalb in seinen Rechten verletzt worden, weil die Voraussetzungen hierfür nicht vorlagen.
- 8
- a) Nach § 62 Abs. 3 Satz 2 AufenthG darf Abschiebungshaft - wie hier - über sechs Monate hinaus nur angeordnet werden, wenn der Betroffene seine Abschiebung verhindert hat. Eine Verhinderung der Abschiebung liegt weder allein in der Einreise ohne die erforderlichen Einreisedokumente (vgl. Senat, Beschluss vom 11. Juli 1996 - V ZB 14/96, BGHZ 133, 235, 239) noch in der Weigerung, freiwillig in sein Heimatland zurückzukehren (vgl. Senat, Beschluss vom 6. Mai 2010 - V ZB 193/09, InfAuslR 2010, 361, 363). Sie könnte in falschen Angaben zu der eigenen Identität liegen (Senat, Beschluss vom 25. März 2010 - V ZA 9/10, NVwZ 2010, 1175, 1176 Rn. 20). Die falsche Angabe zu seiner Nationalität hat der Betroffene aber schon bei seiner ersten Anhörung am 10. September 2010 korrigiert. Sie hat seine Abschiebung nicht verzögert.
- 9
- b) Eine Verhinderung der Abschiebung kann hier auch nicht darin gesehen werden, dass es der Betroffene abgelehnt hat, sich sein vorhandenes Ausweispapier aus seinem Heimatland im Original oder in Kopie schicken zu lassen. Zu einer solchen Mitwirkung ist der Betroffene zwar verpflichtet (Senat, Beschluss vom 25. März 2010 - V ZA 9/10, NVwZ 2010, 1175, 1176 Rn. 21; OVG Münster, InfAuslR 2006, 322 f.). Die Verweigerung der geschuldeten Mitwirkung durch den Betroffenen rechtfertigt eine Verlängerung der Abschiebungshaft über sechs Monate hinaus aber nur, wenn diese Verweigerung für die Nichtabschiebung ursächlich bleibt (Senat, Beschlüsse vom 11. Juli 1996 - V ZB 14/96, BGHZ 133, 235, 239 und vom 25. Februar 2010 - V ZA 2/10, juris Rn. 13). Daran fehlt es hier. Der beteiligten Behörde ist die Beschaffung von Ersatzpapieren nicht deshalb erst nach Anordnung der Verlängerung der Abschiebungshaft über sechs Monate hinaus gelungen, weil sich der Betroffene geweigert hat, seinen Vater um Zusendung einer Kopie seines Ausweises zu bitten. Der Grund für die Verzögerung liegt vielmehr darin, dass die beteiligte Behörde die zuvor angeordnete Abschiebungshaft von immerhin sechs Monaten nicht genutzt hat, die Abschiebung des Betroffenen mit dem gebotenen Nachdruck (Senat, Beschluss vom 28. Oktober 2010 - V ZB 210/10, InfAuslR 2011, 71, 74 Rn. 25) zu betreiben. Sie musste von vornherein nicht nur mit der Weigerung des Betroffenen, seinen Vater um Übersendung einer Kopie seiner Identitätskarte zu bitten, sondern auch mit einem Scheitern eines solchen Versuchs rechnen, weil der Betroffene schon in seiner ersten Anhörung von dem schlechten Verhältnis zu seinem Vater berichtet hatte. Sie musste deshalb zeitnah klären, ob sich der Betroffene an seinen Vater wenden würde, und dann die Beschaffung der Ersatzpapiere zügig einleiten. Daran hat es die beteiligte Behörde fehlen lassen. Sie hat jedenfalls die ersten drei Monate der Abschiebungshaft ungenutzt verstreichen lassen.
IV.
- 10
- Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 Abs. 1 Sätze 1 und 2, § 83 Abs. 2 FamFG und § 430 FamFG, Art. 5 Abs. 5 EMRK analog und § 128c Abs. 3 Satz 2 KostO, die Festsetzung des Gegenstandswerts auf § 128c Abs. 2, § 30 Abs. 2 KostO. Krüger Lemke Schmidt-Räntsch Brückner Weinland
AG Bingen am Rhein, Entscheidung vom 28.02.2011 - 10 XIV 51/10.B -
LG Mainz, Entscheidung vom 18.04.2011 - 8 T 61/11 -
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(1) Die Freiheitsentziehung darf das Gericht nur auf Antrag der zuständigen Verwaltungsbehörde anordnen.
(2) Der Antrag ist zu begründen. Die Begründung hat folgende Tatsachen zu enthalten:
- 1.
die Identität des Betroffenen, - 2.
den gewöhnlichen Aufenthaltsort des Betroffenen, - 3.
die Erforderlichkeit der Freiheitsentziehung, - 4.
die erforderliche Dauer der Freiheitsentziehung sowie - 5.
in Verfahren der Abschiebungs-, Zurückschiebungs- und Zurückweisungshaft die Verlassenspflicht des Betroffenen sowie die Voraussetzungen und die Durchführbarkeit der Abschiebung, Zurückschiebung und Zurückweisung.
(3) Tatsachen nach Absatz 2 Satz 2 können bis zum Ende der letzten Tatsacheninstanz ergänzt werden.
(1) Eine Betretenserlaubnis (§ 11 Absatz 8) darf nur mit Zustimmung der für den vorgesehenen Aufenthaltsort zuständigen Ausländerbehörde erteilt werden. Die Behörde, die den Ausländer ausgewiesen, abgeschoben oder zurückgeschoben hat, ist in der Regel zu beteiligen.
(2) Über das Vorliegen eines zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbots nach § 60 Absatz 5 oder 7 und das Vorliegen eines Ausschlusstatbestandes nach § 25 Absatz 3 Satz 3 Nummer 1 bis 4 entscheidet die Ausländerbehörde nur nach vorheriger Beteiligung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge.
(3) Räumliche Beschränkungen, Auflagen und Bedingungen, Befristungen nach § 11 Absatz 2 Satz 1, Anordnungen nach § 47 und sonstige Maßnahmen gegen einen Ausländer, der nicht im Besitz eines erforderlichen Aufenthaltstitels ist, dürfen von einer anderen Behörde nur im Einvernehmen mit der Behörde geändert oder aufgehoben werden, die die Maßnahme angeordnet hat. Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Aufenthalt des Ausländers nach den Vorschriften des Asylgesetzes auf den Bezirk der anderen Ausländerbehörde beschränkt ist.
(3a) Die Aufhebung einer Wohnsitzverpflichtung nach § 12a Absatz 5 darf nur mit Zustimmung der Ausländerbehörde des geplanten Zuzugsorts erfolgen. Die Zustimmung ist zu erteilen, wenn die Voraussetzungen des § 12a Absatz 5 vorliegen; eine Ablehnung ist zu begründen. Die Zustimmung gilt als erteilt, wenn die Ausländerbehörde am Zuzugsort nicht innerhalb von vier Wochen ab Zugang des Ersuchens widerspricht. Die Erfüllung melderechtlicher Verpflichtungen begründet keine Zuständigkeit einer Ausländerbehörde.
(4) Ein Ausländer, gegen den öffentliche Klage erhoben oder ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet ist, darf nur im Einvernehmen mit der zuständigen Staatsanwaltschaft ausgewiesen und abgeschoben werden. Ein Ausländer, der zu schützende Person im Sinne des Zeugenschutz-Harmonisierungsgesetzes ist, darf nur im Einvernehmen mit der Zeugenschutzdienststelle ausgewiesen oder abgeschoben werden. Des Einvernehmens der Staatsanwaltschaft nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn nur ein geringes Strafverfolgungsinteresse besteht. Dies ist der Fall, wenn die Erhebung der öffentlichen Klage oder die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens wegen einer Straftat nach § 95 dieses Gesetzes oder nach § 9 des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern oder Straftaten nach dem Strafgesetzbuch mit geringem Unrechtsgehalt erfolgt ist. Insoweit sind Straftaten mit geringem Unrechtsgehalt Straftaten nach § 113 Absatz 1, § 115 des Strafgesetzbuches, soweit er die entsprechende Geltung des § 113 Absatz 1 des Strafgesetzbuches vorsieht, den §§ 123, 166, 167, 169, 185, 223, 240 Absatz 1, den §§ 242, 246, 248b, 263 Absatz 1, 2 und 4, den §§ 265a, 267 Absatz 1 und 2, § 271 Absatz 1, 2 und 4, den §§ 273, 274, 276 Absatz 1, den §§ 279, 281, 303 des Strafgesetzbuches, dem § 21 des Straßenverkehrsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. März 2003 (BGBl. I S. 310, 919), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 8. April 2019 (BGBl. I S. 430) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, und dem § 6 des Pflichtversicherungsgesetzes vom 5. April 1965 (BGBl. I S. 213), das zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 6. Februar 2017 (BGBl. I S. 147) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, es sei denn, diese Strafgesetze werden durch verschiedene Handlungen mehrmals verletzt oder es wird ein Strafantrag gestellt.
(5) § 45 des Achten Buches Sozialgesetzbuch gilt nicht für Ausreiseeinrichtungen und Einrichtungen, die der vorübergehenden Unterbringung von Ausländern dienen, denen aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt oder bei denen die Abschiebung ausgesetzt wird.
(6) Vor einer Entscheidung über die Erteilung, die Verlängerung oder den Widerruf eines Aufenthaltstitels nach § 25 Abs. 4a oder 4b und die Festlegung, Aufhebung oder Verkürzung einer Ausreisefrist nach § 59 Absatz 7 ist die für das in § 25 Abs. 4a oder 4b in Bezug genommene Strafverfahren zuständige Staatsanwaltschaft oder das mit ihm befasste Strafgericht zu beteiligen, es sei denn, es liegt ein Fall des § 87 Abs. 5 Nr. 1 vor. Sofern der Ausländerbehörde die zuständige Staatsanwaltschaft noch nicht bekannt ist, beteiligt sie vor einer Entscheidung über die Festlegung, Aufhebung oder Verkürzung einer Ausreisefrist nach § 59 Absatz 7 die für den Aufenthaltsort zuständige Polizeibehörde.
(7) Zur Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen der §§ 16a, 16d, 16e, 18a, 18b, 18c Absatz 3 und der §§ 19 bis 19c können die Ausländerbehörde, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sowie die Auslandsvertretung zur Erfüllung ihrer Aufgaben die Bundesagentur für Arbeit auch dann beteiligen, wenn sie ihrer Zustimmung nicht bedürfen.
(1) Die Abschiebungshaft ist unzulässig, wenn der Zweck der Haft durch ein milderes Mittel erreicht werden kann. Die Inhaftnahme ist auf die kürzest mögliche Dauer zu beschränken. Minderjährige und Familien mit Minderjährigen dürfen nur in besonderen Ausnahmefällen und nur so lange in Abschiebungshaft genommen werden, wie es unter Berücksichtigung des Kindeswohls angemessen ist.
(2) Ein Ausländer ist zur Vorbereitung der Ausweisung oder der Abschiebungsanordnung nach § 58a auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen, wenn über die Ausweisung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a nicht sofort entschieden werden kann und die Abschiebung ohne die Inhaftnahme wesentlich erschwert oder vereitelt würde (Vorbereitungshaft). Die Dauer der Vorbereitungshaft soll sechs Wochen nicht überschreiten. Im Falle der Ausweisung bedarf es für die Fortdauer der Haft bis zum Ablauf der angeordneten Haftdauer keiner erneuten richterlichen Anordnung.
(3) Ein Ausländer ist zur Sicherung der Abschiebung auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen (Sicherungshaft), wenn
- 1.
Fluchtgefahr besteht, - 2.
der Ausländer auf Grund einer unerlaubten Einreise vollziehbar ausreisepflichtig ist oder - 3.
eine Abschiebungsanordnung nach § 58a ergangen ist, diese aber nicht unmittelbar vollzogen werden kann.
(3a) Fluchtgefahr im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 wird widerleglich vermutet, wenn
- 1.
der Ausländer gegenüber den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden über seine Identität täuscht oder in einer für ein Abschiebungshindernis erheblichen Weise und in zeitlichem Zusammenhang mit der Abschiebung getäuscht hat und die Angabe nicht selbst berichtigt hat, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten oder das Vorgeben einer falschen Identität, - 2.
der Ausländer unentschuldigt zur Durchführung einer Anhörung oder ärztlichen Untersuchung nach § 82 Absatz 4 Satz 1 nicht an dem von der Ausländerbehörde angegebenen Ort angetroffen wurde, sofern der Ausländer bei der Ankündigung des Termins auf die Möglichkeit seiner Inhaftnahme im Falle des Nichtantreffens hingewiesen wurde, - 3.
die Ausreisefrist abgelaufen ist und der Ausländer seinen Aufenthaltsort trotz Hinweises auf die Anzeigepflicht gewechselt hat, ohne der zuständigen Behörde eine Anschrift anzugeben, unter der er erreichbar ist, - 4.
der Ausländer sich entgegen § 11 Absatz 1 Satz 2 im Bundesgebiet aufhält und er keine Betretenserlaubnis nach § 11 Absatz 8 besitzt, - 5.
der Ausländer sich bereits in der Vergangenheit der Abschiebung entzogen hat oder - 6.
der Ausländer ausdrücklich erklärt hat, dass er sich der Abschiebung entziehen will.
(3b) Konkrete Anhaltspunkte für Fluchtgefahr im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 können sein:
- 1.
der Ausländer hat gegenüber den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden über seine Identität in einer für ein Abschiebungshindernis erheblichen Weise getäuscht und hat die Angabe nicht selbst berichtigt, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten oder das Vorgeben einer falschen Identität, - 2.
der Ausländer hat zu seiner unerlaubten Einreise erhebliche Geldbeträge, insbesondere an einen Dritten für dessen Handlung nach § 96, aufgewandt, die nach den Umständen derart maßgeblich sind, dass daraus geschlossen werden kann, dass er die Abschiebung verhindern wird, damit die Aufwendungen nicht vergeblich waren, - 3.
von dem Ausländer geht eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit aus, - 4.
der Ausländer ist wiederholt wegen vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu mindestens einer Freiheitsstrafe verurteilt worden, - 5.
der Ausländer hat die Passbeschaffungspflicht nach § 60b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 6 nicht erfüllt oder der Ausländer hat andere als die in Absatz 3a Nummer 2 genannten gesetzlichen Mitwirkungshandlungen zur Feststellung der Identität, insbesondere die ihm nach § 48 Absatz 3 Satz 1 obliegenden Mitwirkungshandlungen, verweigert oder unterlassen und wurde vorher auf die Möglichkeit seiner Inhaftnahme im Falle der Nichterfüllung der Passersatzbeschaffungspflicht nach § 60b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 6 oder der Verweigerung oder Unterlassung der Mitwirkungshandlung hingewiesen, - 6.
der Ausländer hat nach Ablauf der Ausreisefrist wiederholt gegen eine Pflicht nach § 61 Absatz 1 Satz 1, Absatz 1a, 1c Satz 1 Nummer 3 oder Satz 2 verstoßen oder eine zur Sicherung und Durchsetzung der Ausreisepflicht verhängte Auflage nach § 61 Absatz 1e nicht erfüllt, - 7.
der Ausländer, der erlaubt eingereist und vollziehbar ausreisepflichtig geworden ist, ist dem behördlichen Zugriff entzogen, weil er keinen Aufenthaltsort hat, an dem er sich überwiegend aufhält.
(4) Die Sicherungshaft kann bis zu sechs Monaten angeordnet werden. Sie kann in Fällen, in denen die Abschiebung aus von dem Ausländer zu vertretenden Gründen nicht vollzogen werden kann, um höchstens zwölf Monate verlängert werden. Eine Verlängerung um höchstens zwölf Monate ist auch möglich, soweit die Haft auf der Grundlage des Absatzes 3 Satz 1 Nummer 3 angeordnet worden ist und sich die Übermittlung der für die Abschiebung erforderlichen Unterlagen oder Dokumente durch den zur Aufnahme verpflichteten oder bereiten Drittstaat verzögert. Die Gesamtdauer der Sicherungshaft darf 18 Monate nicht überschreiten. Eine Vorbereitungshaft ist auf die Gesamtdauer der Sicherungshaft anzurechnen.
(4a) Ist die Abschiebung gescheitert, bleibt die Anordnung bis zum Ablauf der Anordnungsfrist unberührt, sofern die Voraussetzungen für die Haftanordnung unverändert fortbestehen.
(5) Die für den Haftantrag zuständige Behörde kann einen Ausländer ohne vorherige richterliche Anordnung festhalten und vorläufig in Gewahrsam nehmen, wenn
- 1.
der dringende Verdacht für das Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 3 Satz 1 besteht, - 2.
die richterliche Entscheidung über die Anordnung der Sicherungshaft nicht vorher eingeholt werden kann und - 3.
der begründete Verdacht vorliegt, dass sich der Ausländer der Anordnung der Sicherungshaft entziehen will.
(6) Ein Ausländer kann auf richterliche Anordnung zum Zwecke der Abschiebung für die Dauer von längstens 14 Tagen zur Durchführung einer Anordnung nach § 82 Absatz 4 Satz 1, bei den Vertretungen oder ermächtigten Bediensteten des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er vermutlich besitzt, persönlich zu erscheinen, oder eine ärztliche Untersuchung zur Feststellung seiner Reisefähigkeit durchführen zu lassen, in Haft genommen werden, wenn er
- 1.
einer solchen erstmaligen Anordnung oder - 2.
einer Anordnung nach § 82 Absatz 4 Satz 1, zu einem Termin bei der zuständigen Behörde persönlich zu erscheinen,
(1) Das Gericht kann die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Es kann auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist. In Familiensachen ist stets über die Kosten zu entscheiden.
(2) Das Gericht soll die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise einem Beteiligten auferlegen, wenn
- 1.
der Beteiligte durch grobes Verschulden Anlass für das Verfahren gegeben hat; - 2.
der Antrag des Beteiligten von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hatte und der Beteiligte dies erkennen musste; - 3.
der Beteiligte zu einer wesentlichen Tatsache schuldhaft unwahre Angaben gemacht hat; - 4.
der Beteiligte durch schuldhaftes Verletzen seiner Mitwirkungspflichten das Verfahren erheblich verzögert hat; - 5.
der Beteiligte einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einem kostenfreien Informationsgespräch über Mediation oder über eine sonstige Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktbeilegung nach § 156 Absatz 1 Satz 3 oder einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einer Beratung nach § 156 Absatz 1 Satz 4 nicht nachgekommen ist, sofern der Beteiligte dies nicht genügend entschuldigt hat.
(3) Einem minderjährigen Beteiligten können Kosten in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, nicht auferlegt werden.
(4) Einem Dritten können Kosten des Verfahrens nur auferlegt werden, soweit die Tätigkeit des Gerichts durch ihn veranlasst wurde und ihn ein grobes Verschulden trifft.
(5) Bundesrechtliche Vorschriften, die die Kostenpflicht abweichend regeln, bleiben unberührt.
(1) Wird das Verfahren durch Vergleich erledigt und haben die Beteiligten keine Bestimmung über die Kosten getroffen, fallen die Gerichtskosten jedem Teil zu gleichen Teilen zur Last. Die außergerichtlichen Kosten trägt jeder Beteiligte selbst.
(2) Ist das Verfahren auf sonstige Weise erledigt oder wird der Antrag zurückgenommen, gilt § 81 entsprechend.
Wird ein Antrag der Verwaltungsbehörde auf Freiheitsentziehung abgelehnt oder zurückgenommen und hat das Verfahren ergeben, dass ein begründeter Anlass zur Stellung des Antrags nicht vorlag, hat das Gericht die Auslagen des Betroffenen, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren, der Körperschaft aufzuerlegen, der die Verwaltungsbehörde angehört.