Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Okt. 2015 - LwZB 1/15

published on 27/10/2015 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Okt. 2015 - LwZB 1/15
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Amtsgericht Emden, 11a Lw 12/11, 19/09/2014
Oberlandesgericht Oldenburg, 10 W 21/14, 26/01/2015

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
LwZB1/15
vom
27. Oktober 2015
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Das Rechtsschutzbedürfnis für ein Befangenheitsgesuch entfällt grundsätzlich, wenn
der abgelehnte Richter an ein anderes Gericht abgeordnet und infolgedessen ein
anderer Richter mit der Sache befasst wird.
BGH, Beschluss vom 27. Oktober 2015 - LwZB 1/15 - OLG Oldenburg
AG Emden
Der Bundesgerichtshof, Senat für Landwirtschaftssachen, hat am
27. Oktober 2015 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, den Richter
Dr. Czub und die Richterin Dr. Brückner - gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 LwVfG ohne
Zuziehung ehrenamtlicher Richter -

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg - Senat für Landwirtschaftssachen - vom 26. Januar 2015 wird auf Kosten des Beklagten als unzulässig verworfen. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 35.497,79 €.

Gründe:

I.

1
Die Parteien schlossen am 9. März 2011 einen Pachtvertrag über einen landwirtschaftlichen Betrieb. Nachdem der Beklagte keine Pachtzinsen zahlte, focht der Kläger den Pachtvertrag wegen arglistiger Täuschung an und reichte Zahlungsklage bei dem Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - Emden in Niedersachsen ein. Ferner stellte er Strafantrag. Daraufhin leitete der damalige Staatsanwalt H. ein Ermittlungsverfahren wegen Betrugs ein und führte die Ermittlungen. Das Amtsgericht Emden verurteilte den Beklagten am 14. August 2013 zu einer Geldstrafe. Das Urteil ist rechtskräftig.
2
Seit dem Sommer 2014 war der frühere Staatsanwalt H. zuständig für Landwirtschaftssachen bei dem Amtsgericht Emden und damit auch für die Zahlungsklage. Der Beklagte lehnte ihn als befangen ab. Diesen Antrag hat ein anderer Richter am Amtsgericht Emden zurückgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde des Beklagten unter Zulassung der Rechtsbeschwerde zurückgewiesen. Zum 1. Februar 2015 wurde der Richter H. an das Amtsgericht Brilon in Nordrhein-Westfalen abgeordnet. Mit der am 20. Februar 2015 eingelegten Rechtsbeschwerde will der Beklagte weiterhin erreichen, dass dem Befangenheitsgesuch stattgegeben wird.

II.

3
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 577 Abs. 1 Satz 2 ZPO als unzulässig zu verwerfen.
4
1. Mit der nach Erlass der angefochtenen Entscheidung erfolgten Abordnung des Richters H. zum 1. Februar 2015 an das Amtsgericht Brilon ist das Rechtsschutzbedürfnis für das Befangenheitsgesuch und damit auch für ein darauf bezogenes Rechtsmittelverfahren entfallen.
5
a) Das Rechtsschutzbedürfnis für die Ablehnung eines Richters besteht nicht, wenn dieser mit der Sache nicht, nicht mehr oder nicht wieder befasst werden kann (vgl. BGH, Beschluss vom 29. Januar 2003 - IX ZR 137/00, WM 2003, 847 f.; Beschluss vom 4. Mai 2011 - AnwZ (B) 12/10, juris Rn. 8). Nach einhelliger Auffassung entfällt es daher, wenn der als befangen abgelehnte Richter aufgrund eines Wechsels der Geschäftsverteilung nicht mehr für die Sache zuständig ist (BGH, Beschluss vom 21. Februar 2011 - II ZB 2/10, NJW 2011, 1358 Rn. 10; BayObLGR 2002, 101; OLG Karlsruhe, FamRZ 2005, 1260; FamRZ 2007, 55; OLG Celle, OLGR 2008, 216; Zöller/Vollkommer, ZPO, 30. Aufl., § 46 Rn. 18; Prütting/Mannebeck, ZPO, 7. Aufl., § 46 Rn. 3).
6
b) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde entfällt das Rechtsschutzbedürfnis grundsätzlich auch dann, wenn der abgelehnte Richter an ein anderes Gericht abgeordnet und infolgedessen ein anderer Richter mit der Sache befasst wird (so zu Recht Prütting/Mannebeck, ZPO, 7. Aufl., § 46 Rn. 3). Eine Ausnahme käme nur dann in Betracht, wenn es tragfähige Anhaltspunkte dafür gäbe, dass nach einem absehbaren Ende der Abordnung die ursprüngliche Geschäftsverteilung wiederhergestellt und der als befangen abgelehnte Richter erneut für die Sache zuständig werden wird. Solche Anhaltspunkte zeigt die Rechtsbeschwerde nicht auf; sie sind auch nicht ersichtlich, weil eine Abordnung - wie hier - in den Geschäftsbereich eines anderen Bundeslands in der Regel im Vorfeld einer Versetzung erfolgt.
7
2. Eine Beschränkung des Rechtsmittels auf die Kosten kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil es bereits bei seiner Einlegung am 20. Februar 2015 unzulässig war und die Kostenentscheidung gemäß § 99 Abs. 1 ZPO nicht isoliert anfechtbar ist.

III.

8
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens entspricht dem des Hauptsacheverfahrens (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Januar 1968- IV ZB 3/68, NJW 1968, 796; Senat, Beschluss vom 6. April 2006 - V ZB 194/05, juris Rn. 33, insoweit in NJW 2006, 2492 nicht abgedruckt).
Stresemann Czub Brückner

Vorinstanzen:
AG Emden, Entscheidung vom 19.09.2014 - 11a Lw 12/11 -
OLG Oldenburg, Entscheidung vom 26.01.2015 - 10 W 21/14 -
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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde a

(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. (2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt
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Annotations

(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.

(2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen.

(3) Das Ablehnungsrecht steht in jedem Fall beiden Parteien zu.

(1) Die Entscheidung über das Ablehnungsgesuch ergeht durch Beschluss.

(2) Gegen den Beschluss, durch den das Gesuch für begründet erklärt wird, findet kein Rechtsmittel, gegen den Beschluss, durch den das Gesuch für unbegründet erklärt wird, findet sofortige Beschwerde statt.

(1) Das Gericht kann ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter über

1.
die Ausschließung oder die Ablehnung der Gerichtspersonen,
2.
einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand,
3.
die Abgabe einer Sache wegen Unzuständigkeit,
4.
die Unzulässigkeit eines Antrags oder eines Rechtsmittels,
5.
die Erinnerung gegen die Erteilung oder gegen die Ablehnung des Rechtskraftzeugnisses;
6.
die Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe und die Änderung der Bewilligung sowie die Versagung der Prozeßkostenhilfe oder die Aufhebung der Bewilligung mit der Begründung, daß die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers die Bewilligung der Prozeßkostenhilfe nicht zulassen,
6a.
die Ernennung des Sachverständigen nach § 585b Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
7.
Angelegenheiten von geringer Bedeutung, soweit es sich nicht um die Entscheidung in der Hauptsache handelt,
8.
die Kosten, wenn die Hauptsache erledigt ist,
entscheiden.

(2) Ein gerichtlicher Vergleich kann beim Amtsgericht vor dem Vorsitzenden, beim Oberlandesgericht und beim Bundesgerichtshof vor dem Vorsitzenden oder einem beauftragten Richter geschlossen werden; die Zuziehung ehrenamtlicher Richter ist nicht erforderlich.

(3) Die Länder können bestimmen, daß die Entscheidung über die Erteilung eines Erbscheins ebenfalls ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter erfolgen kann und daß insoweit § 14 Absatz 2 und § 30 dieses Gesetzes sowie § 38 Abs. 3, §§ 39, 41 Abs. 1 Satz 2, §§ 58 und 66 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit keine Anwendung finden; das gleiche gilt für die Einziehung und die Kraftloserklärung eines Erbscheins.

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 575 Abs. 3 und § 574 Abs. 4 Satz 2 gerügt worden sind. § 559 gilt entsprechend.

(3) Ergibt die Begründung der angefochtenen Entscheidung zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(4) Wird die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen. § 562 Abs. 2 gilt entsprechend. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(5) Das Rechtsbeschwerdegericht hat in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung der Entscheidung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist. § 563 Abs. 4 gilt entsprechend.

(6) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht durch Beschluss. § 564 gilt entsprechend. Im Übrigen kann von einer Begründung abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.

(1) Die Anfechtung der Kostenentscheidung ist unzulässig, wenn nicht gegen die Entscheidung in der Hauptsache ein Rechtsmittel eingelegt wird.

(2) Ist die Hauptsache durch eine auf Grund eines Anerkenntnisses ausgesprochene Verurteilung erledigt, so findet gegen die Kostenentscheidung die sofortige Beschwerde statt. Dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt. Vor der Entscheidung über die Beschwerde ist der Gegner zu hören.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)