Bundesgerichtshof Beschluss, 21. März 2019 - IX ZR 29/18
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Grupp, die Richterin Möhring und den Richter Dr. Schoppmeyer
am 21. März 2019
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Der Beklagte ist Verwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen einer Schuldnerin, gegen welche die Kläger sich Schadensersatzforderungen in Höhe von insgesamt 126.000 € berühmen. Sie meldeten ihre Forderungen nebst Feststellungspauschalen in Höhe von 40 € zur Tabelle an, der Beklagte bestritt die Forderung mangels schlüssiger Darlegung der Anspruchsgrundlage , woraufhin die Kläger gegen den Beklagten eine Tabellenfeststellungsklage nach § 180 InsO erhoben haben. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen , das Berufungsgericht hat die Berufung der Kläger zurück-, weitere Hilfsklagen abgewiesen und den Streitwert auf bis zu 3.000 € festgesetzt. Zur Begründung des Streitwerts hat es auf § 182 InsO verwiesen und darauf, dass jedenfalls mit einer Quote von 1,74 vom Hundert zu rechnen sei. Hiergegen wenden sich die Kläger mit ihrer Beschwerde, mit welcher sie die Zulassung der Revision und die Verurteilung des Beklagten erreichen möchten.
II.
- 2
- Die Beschwerde ist unzulässig. Die Kläger haben nicht hinreichend glaubhaft gemacht, dass bei der Verteilung der Insolvenzmasse für die Forde- rung ein Betrag zu erwarten ist, der 20.000 € übersteigt (§ 26 Nr. 8 EGZPO). Das wäre nur dann der Fall, wenn mit einer Quote von über 15,87 vom Hundert zu rechnen wäre. Davon ist nicht auszugehen.
- 3
- 1. Der Wert der Beschwer ist im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung ohne Bindung an die durch das Berufungsgericht vorgenommene Streitwertfestsetzung von Amts wegen nach §§ 2 ff ZPO, § 182 InsO zu bestimmen (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2006 - VII ZR 200/05, NZI 2007, 175 Rn. 4 mwN). Für die Wertgrenze der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 26 Nr. 8 EGZPO ist der Wert des Beschwerdegegenstandes aus dem beabsichtigten Revisionsverfahren maßgebend (BGH, Beschluss vom 25. Februar 2014 - II ZR 156/13, NZI 2014, 357 Rn. 4). Nach § 182 InsO bestimmt sich der Wert des Streitgegenstandes einer gemäß § 180 InsO erhobenen Klage auf Feststellung einer vom Insolvenzverwalter bestrittenen Forderung zur Insolvenztabelle nach dem Betrag, der bei der Verteilung der Insolvenzmasse für die Forderung zu erwarten ist. Diese Regelung gilt sowohl für den Gebühren- als auch für den Zuständigkeits- und Rechtsmittelstreitwert, mithin auch für die Ermittlung des Werts der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer (BGH, Beschluss vom 25. Februar 2014 - II ZR 156/13, NZI 2014, 357 Rn. 4; vgl. BGH, Beschluss vom 12. Mai 2016 - IX ZA 32/15, ZInsO 2016, 1776 Rn. 4). Maßgebend für die Bewertung der Beschwer der Nichtzulassungsbeschwerde ist der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht (BGH, Beschluss vom 25. Februar 2014, aaO Rn. 5; vom 12. Mai 2016, aaO Rn. 3). Der Betrag, der bei der Verteilung der Insolvenzmasse für die Forderung zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht zu erwarten ist, bestimmt sich nach dem Verhältnis der Teilungsmasse zur Schuldenmasse. Bei der Schätzung der Schuldenmasse ist die Klageforderung zum vollen Betrag anzusetzen; andere bestrittene Forderungen sind unabhängig davon, ob ihretwegen bereits Feststellungsklage erhoben wurde oder nicht, mit dem Wahrscheinlichkeitswert zu berücksichtigen (MünchKommInsO /Schumacher, 3. Aufl., § 182 Rn. 8; vgl. auch BGH, Urteil vom 9. September 1999 - IX ZR 80/99, ZIP 1999, 1811, 1812). Auch die bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgelaufenen Zinsen und die bis dahin entstandenen Kosten sind, wie sich im Umkehrschluss aus § 39 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2, Abs. 3 InsO ergibt, bei der Ermittlung der Schuldenmasse zu berücksichtigen. Im Übrigen bleiben die für die Forderung angefallenen Zinsen und Kosten bei der Berechnung des Streitwerts außer Betracht (Schumacher, aaO).
- 4
- Dabei obliegt es dem Beschwerdeführer innerhalb der laufenden Frist zur Begründung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision darzulegen und glaubhaft zu machen, dass er mit der beabsichtigten Revision die Abänderung des Berufungsurteils in einem Umfang erstreben will, der die Wertgrenze von 20.000 € übersteigt (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2006, aaO; Beschluss vom 21. Juni 2018 - V ZB 254/17, WuM 2018, 733 Rn. 5 mwN). Dies gilt auch für die Beschwer bei einer Klage auf Feststellung einer Insolvenzforderung zur Tabelle. Demgemäß hat der Beschwerdeführer Tatsachen vorzu- tragen und glaubhaft zu machen, die dem Revisionsgericht ermöglichen, die voraussichtliche Quote zu schätzen.
- 5
- 2. Nach diesen Maßstäben gehen die Kläger zu Unrecht von einer zu erwartenden Quote in Höhe von 60,22 vom Hundert aus. Sie berufen sich dafür allerdings im Ansatz zutreffend auf den achten Sachstandsbericht des Beklagten für den Zeitraum vom 1. Februar bis zum 31. Juli 2017 vom 10. August 2017 (Anlage K 22). Da der Bericht sich auf einen Zeitraum nicht lange vor der am 15. November 2017 erfolgten letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht bezieht, können hierauf die Schätzungen für die Teilungs- und Schuldenmasse gestützt werden. Doch treffen die Schlussfolgerungen, welche die Kläger aus diesem Bericht zur Höhe der zu erwartenden Quote ziehen, nicht zu. Der Bericht kündigt keine zu erwartende Quote an.
- 6
- Jedenfalls ist ausweislich des Berichts mit einer Masse in Höhe von 417.262,49 € (329.462,49 € + 87.800,00 €) zu rechnen. Hiervon sind die Verfahrenskosten und die sonstigen Masseverbindlichkeiten (§ 53 InsO) abzuziehen. Die sonstigen Masseverbindlichkeiten sind in dem Bericht mit 160.859,39 € angegeben. Zu den Kosten des Verfahrens machen weder der Bericht, noch die Nichtzulassungsbeschwerde noch die Erwiderung Angaben. Sie können jedoch anhand des Schriftsatzes des Beklagten vom 22. Juli 2015 geschätzt werden. Unter Zugrundelegung der im Vergleich zu der vom Beklagten am 22. Juli 2015 angenommenen Kostenmasse zum 25. November 2017 höheren Kostenmasse fallen mithin voraussichtlich Gerichtskosten in Höhe von (3 x 2.656 € + Schreibauslagen in Höhe von 1.000 € =) 8.968,00 € an. Ebenfalls unter Berücksichtigung der höheren Kostenmasse, der vom Beklagten geltend gemachten Zuschläge von 100 vom Hundert und von § 8 Abs. 3 Satz 2, § 7 InsO beträgt die voraussichtliche Vergütung des Insolvenzverwalters 96.528,18 €.
- 7
- Hinsichtlich der Schuldenmasse berücksichtigen die Kläger lediglich die festgestellten Forderungen zuzüglich ihre eingeklagten Forderungen. Doch sind auch die bestrittenen Forderungen nach der Wahrscheinlichkeit ihrer Berechtigung in die Schätzung einzubeziehen. In die Schätzung nicht einzustellen sind die geltend gemachten Feststellungspauschalen, weil sie in der Verteilung nach § 39 Abs. 1 Nr. 2 InsO als nachrangige Forderungen vorerst nicht berücksichtigt werden. Ebenso wenig sind die in der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde eingestellten mit der Feststellung der Klageforderung verbundenen weiteren Verfahrenskosten in die Schätzung der Quote einzubeziehen. Weder haben die Kläger dargetan, dass es sich insoweit um Insolvenzforderungen nach § 38 InsO handelt, noch haben sie in diesem Rechtsstreit beantragt, diese Kosten gegen den Beklagten festzustellen. Die Schuldenmasse ergibt sich danach aus den festgestellten Forderungen in Höhe von 289.726,44 €, den eingeklagten Forderungen in Höhe von insgesamt 126.000 € und 10 vom Hundert der übrigen angemeldeten Forderungen, mithin 692.150,61 €, beträgt insgesamt also 1.107.877,05 €. Daraus ergibt sich eine am 15. November 2017 zu erwartende Quote in Höhe von 13,62 vom Hundert, mithin ein Gegenstandswert für die Nichtzulassungsbeschwerde von 17.161,20 €.
Möhring Schoppmeyer
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 10.04.2015 - 29 O 25657/12 -
OLG München, Entscheidung vom 22.12.2017 - 13 U 1785/15 -
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(1) Auf die Feststellung ist im ordentlichen Verfahren Klage zu erheben. Für die Klage ist das Amtsgericht ausschließlich zuständig, bei dem das Insolvenzverfahren anhängig ist oder anhängig war. Gehört der Streitgegenstand nicht zur Zuständigkeit der Amtsgerichte, so ist das Landgericht ausschließlich zuständig, zu dessen Bezirk das Insolvenzgericht gehört.
(2) War zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein Rechtsstreit über die Forderung anhängig, so ist die Feststellung durch Aufnahme des Rechtsstreits zu betreiben.
Der Wert des Streitgegenstands einer Klage auf Feststellung einer Forderung, deren Bestand vom Insolvenzverwalter oder von einem Insolvenzgläubiger bestritten worden ist, bestimmt sich nach dem Betrag, der bei der Verteilung der Insolvenzmasse für die Forderung zu erwarten ist.
(1) Auf die Feststellung ist im ordentlichen Verfahren Klage zu erheben. Für die Klage ist das Amtsgericht ausschließlich zuständig, bei dem das Insolvenzverfahren anhängig ist oder anhängig war. Gehört der Streitgegenstand nicht zur Zuständigkeit der Amtsgerichte, so ist das Landgericht ausschließlich zuständig, zu dessen Bezirk das Insolvenzgericht gehört.
(2) War zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein Rechtsstreit über die Forderung anhängig, so ist die Feststellung durch Aufnahme des Rechtsstreits zu betreiben.
(1) Im Rang nach den übrigen Forderungen der Insolvenzgläubiger werden in folgender Rangfolge, bei gleichem Rang nach dem Verhältnis ihrer Beträge, berichtigt:
- 1.
die seit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens laufenden Zinsen und Säumniszuschläge auf Forderungen der Insolvenzgläubiger; - 2.
die Kosten, die den einzelnen Insolvenzgläubigern durch ihre Teilnahme am Verfahren erwachsen; - 3.
Geldstrafen, Geldbußen, Ordnungsgelder und Zwangsgelder sowie solche Nebenfolgen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit, die zu einer Geldzahlung verpflichten; - 4.
Forderungen auf eine unentgeltliche Leistung des Schuldners; - 5.
nach Maßgabe der Absätze 4 und 5 Forderungen auf Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens oder Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen.
(2) Forderungen, für die zwischen Gläubiger und Schuldner der Nachrang im Insolvenzverfahren vereinbart worden ist, werden im Zweifel nach den in Absatz 1 bezeichneten Forderungen berichtigt.
(3) Die Zinsen der Forderungen nachrangiger Insolvenzgläubiger und die Kosten, die diesen Gläubigern durch ihre Teilnahme am Verfahren entstehen, haben den gleichen Rang wie die Forderungen dieser Gläubiger.
(4) Absatz 1 Nr. 5 gilt für Gesellschaften, die weder eine natürliche Person noch eine Gesellschaft als persönlich haftenden Gesellschafter haben, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist. Erwirbt ein Gläubiger bei drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft oder bei Überschuldung Anteile zum Zweck ihrer Sanierung, führt dies bis zur nachhaltigen Sanierung nicht zur Anwendung von Absatz 1 Nr. 5 auf seine Forderungen aus bestehenden oder neu gewährten Darlehen oder auf Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen.
(5) Absatz 1 Nr. 5 gilt nicht für den nicht geschäftsführenden Gesellschafter einer Gesellschaft im Sinne des Absatzes 4 Satz 1, der mit 10 Prozent oder weniger am Haftkapital beteiligt ist.
Aus der Insolvenzmasse sind die Kosten des Insolvenzverfahrens und die sonstigen Masseverbindlichkeiten vorweg zu berichtigen.
(1) Die Zustellungen erfolgen von Amts wegen, ohne dass es einer Beglaubigung des zuzustellenden Schriftstücks bedarf. Sie können dadurch bewirkt werden, dass das Schriftstück unter der Anschrift des Zustellungsadressaten zur Post gegeben wird; § 184 Abs. 2 Satz 1, 2 und 4 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Soll die Zustellung im Inland bewirkt werden, gilt das Schriftstück drei Tage nach Aufgabe zur Post als zugestellt.
(2) An Personen, deren Aufenthalt unbekannt ist, wird nicht zugestellt. Haben sie einen zur Entgegennahme von Zustellungen berechtigten Vertreter, so wird dem Vertreter zugestellt.
(3) Das Insolvenzgericht kann den Insolvenzverwalter beauftragen, die Zustellungen nach Absatz 1 durchzuführen. Zur Durchführung der Zustellung und zur Erfassung in den Akten kann er sich Dritter, insbesondere auch eigenen Personals, bedienen. Der Insolvenzverwalter hat die von ihm nach § 184 Abs. 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung angefertigten Vermerke unverzüglich zu den Gerichtsakten zu reichen.
(1) Im Rang nach den übrigen Forderungen der Insolvenzgläubiger werden in folgender Rangfolge, bei gleichem Rang nach dem Verhältnis ihrer Beträge, berichtigt:
- 1.
die seit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens laufenden Zinsen und Säumniszuschläge auf Forderungen der Insolvenzgläubiger; - 2.
die Kosten, die den einzelnen Insolvenzgläubigern durch ihre Teilnahme am Verfahren erwachsen; - 3.
Geldstrafen, Geldbußen, Ordnungsgelder und Zwangsgelder sowie solche Nebenfolgen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit, die zu einer Geldzahlung verpflichten; - 4.
Forderungen auf eine unentgeltliche Leistung des Schuldners; - 5.
nach Maßgabe der Absätze 4 und 5 Forderungen auf Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens oder Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen.
(2) Forderungen, für die zwischen Gläubiger und Schuldner der Nachrang im Insolvenzverfahren vereinbart worden ist, werden im Zweifel nach den in Absatz 1 bezeichneten Forderungen berichtigt.
(3) Die Zinsen der Forderungen nachrangiger Insolvenzgläubiger und die Kosten, die diesen Gläubigern durch ihre Teilnahme am Verfahren entstehen, haben den gleichen Rang wie die Forderungen dieser Gläubiger.
(4) Absatz 1 Nr. 5 gilt für Gesellschaften, die weder eine natürliche Person noch eine Gesellschaft als persönlich haftenden Gesellschafter haben, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist. Erwirbt ein Gläubiger bei drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft oder bei Überschuldung Anteile zum Zweck ihrer Sanierung, führt dies bis zur nachhaltigen Sanierung nicht zur Anwendung von Absatz 1 Nr. 5 auf seine Forderungen aus bestehenden oder neu gewährten Darlehen oder auf Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen.
(5) Absatz 1 Nr. 5 gilt nicht für den nicht geschäftsführenden Gesellschafter einer Gesellschaft im Sinne des Absatzes 4 Satz 1, der mit 10 Prozent oder weniger am Haftkapital beteiligt ist.
Die Insolvenzmasse dient zur Befriedigung der persönlichen Gläubiger, die einen zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner haben (Insolvenzgläubiger).