Bundesgerichtshof Beschluss, 05. März 2009 - IX ZR 150/05
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 375.021 € festgesetzt.
Gründe:
- 1
- Nachdem das Insolvenzgericht das Insolvenzverfahren über den Nachlass des R. D. mit Beschluss vom 16. März 2007 aufgehoben hat, was dem Senat am 25. November 2008 mitgeteilt wurde, ist das Verfahren gemäß § 240 Satz 1 ZPO nicht mehr unterbrochen. Deshalb ist über die Nichtzulassungsbeschwerde zu entscheiden.
- 2
- Die Beschwerde ist nach § 544 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO zulässig; sie ist jedoch unbegründet. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO).
- 3
- Auf § 87 InsO kommt es jedenfalls deshalb nicht (mehr) an, weil das Insolvenzverfahren inzwischen beendet ist.
- 4
- 1. Das Berufungsgericht hat unter Auswertung des einschlägigen Schrifttums zutreffend die grundsätzliche Verbürgung der Gegenseitigkeit (§ 723 Abs. 2 Satz 2, § 328 Abs. 1 Nr. 5 ZPO) mit der kanadischen Provinz Ontario für Zahlungsurteile festgestellt.
- 5
- Nach allgemeiner Auffassung ist im Verhältnis zur Provinz Ontario die Gegenseitigkeit der Anerkennung und Vollstreckung von Zahlungsurteilen jedenfalls innerhalb von sechs Jahren ab Rechtskraft des ausländischen Urteils verbürgt (Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz vom 8. August 1962 BayJMBl 1962, S. 123 f; Bachmann in Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, Bd. V 1065/28 f.; Schütze in Geimer/Schütze, Internationale Urteilsanerkennung Bd. I 2. Halbbd. § 246 Kanada/Ontario S. 1860; MünchKomm-ZPO/Gottwald, 3. Aufl. § 328 Rdn. 130; Nagel/Gottwald, Internationales Zivilprozessrecht 6. Aufl. § 11 Rdn. 203 und § 14 Rdn. 53; Stein/Jonas/Roth, ZPO 22. Aufl. § 328 Rdn. 138; Wieczorek /Schütze, ZPO 3. Aufl. § 328 Rdn. 103 Stichwort "Kanada" Unterstichwort "Ontario" in Verbindung mit "Alberta"; Zöller/Geimer, ZPO 27. Aufl. Anh. V S. 3104 Stichwort "Kanada"; Tepper in Festgabe für Sandrock, S. 89 f; Martiny, Handbuch des Internationalen Zivilverfahrensrechts Band III/1 Kap. I Rdn. 1408). Im Unterschied z.B. zur Provinz British Columbia (vgl. dazu BGH, Urt. v. 24. Oktober 2000 - XI ZR 300/99, NJW 2001, 524, 525) ist lediglich für die Vollsteckbarerklärung ausländischer Urteile im Wege der die Rechtsdurch- setzung erleichternden Registrierung die Gegenseitigkeit zu Deutschland nicht gegeben; dadurch wird die Vollstreckbarerklärung im Wege des common law-Verfahrens aber nicht ausgeschlossen (Bachmann in Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr aaO, 1065/23 und 1065/27). Entgegen der Ansicht der Nichtzulassungsbeschwerde verneint Hartmann (in Baumbach/Lauterbach /Albers/Hartmann, ZPO 63. Aufl. Anh. § 328 Rdn. 11, ebenso 67. Aufl.) nur die Verbürgung der Gegenseitigkeit für die Provinz Québec.
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- 2. Der vom Berufungsgericht entschiedene Einzelfall gibt keinen Anlass zur Aufstellung weiterer höchstrichterlicher Leitsätze zu § 723 Abs. 2 Satz 2, § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO, zumal sich das Rechtsmittel nicht mit der vorhandenen Rechtsprechung und Literatur zur Zustellung des verfahrenseinleitenden Dokuments und späterer Schriftsätze auseinandersetzt (vgl. BGH, Beschl. v. 10. Juli 1986 - IX ZB 27/86, WM 1986, 1370, 1371; v. 21. März 1990 - XII ZB 71/89, NJW 1990, 2201, 2202, jeweils zu Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ; MünchKommZPO /Gottwald, aaO § 328 Rdn. 80; Zöller/Geimer, aaO § 328 Rdn. 173 und 187). Im Übrigen stellt die Nichtzulassungsbeschwerde nicht in Abrede, dass den Beklagten die Weiterführung des Rechtsstreits gegen den Nachlass bekannt war und sie die Möglichkeit, dessen Fortgang zu beeinflussen, ungenutzt gelassen haben.
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- 3. Wie das Berufungsgericht mit Recht ausgeführt hat, ist ein Verstoß gegen den ordre public (§ 723 Abs. 2 Satz 2, § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO) zu verneinen , weil die Erben sich im vorliegenden Fall an dem Verfahren gegen den Nachlass in der Provinz Ontario hätten beteiligen können und ihre Haftung - günstiger als im deutschen Recht - von vornherein auf den Nachlass beschränkt ist. Auch Art. 103 Abs. 1 GG gewährleistet im Rahmen des deutschen verfahrensrechtlichen ordre public nur die - von Staats wegen ungehinderte - zumutbare Gelegenheit, sich im Gerichtsverfahren zu beteiligen. Nimmt der Berechtigte sie nicht wahr, hindert das nicht die Anerkennung des ausländischen Urteils (BGHZ 141, 286, 297).
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- 4. Seine internationale Zuständigkeit durfte das kanadische Gericht aus deutscher Sicht mit Recht schon im Hinblick auf § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO annehmen (vgl. BGHZ 141, 286, 291; Zöller/Geimer, aaO § 328 Rdn. 140). Auch zur Frage, ob dem kanadischen Urteil zum Nachteil der jetzigen Beklagten Drittwirkung beigemessen werden durfte, zeigt die Beschwerde einen Zulassungsgrund nicht auf.
Lohmann Fischer
Vorinstanzen:
LG Göttingen, Entscheidung vom 12.02.2004 - 6 O 39/01 -
OLG Braunschweig, Entscheidung vom 21.07.2005 - 8 U 52/04 -
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Im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei wird das Verfahren, wenn es die Insolvenzmasse betrifft, unterbrochen, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet wird. Entsprechendes gilt, wenn die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf einen vorläufigen Insolvenzverwalter übergeht.
(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).
(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn
- 1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder - 2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.
(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.
(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.
(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.
(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.
(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.
(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.
(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.
Die Insolvenzgläubiger können ihre Forderungen nur nach den Vorschriften über das Insolvenzverfahren verfolgen.
(1) Das Vollstreckungsurteil ist ohne Prüfung der Gesetzmäßigkeit der Entscheidung zu erlassen.
(2) Das Vollstreckungsurteil ist erst zu erlassen, wenn das Urteil des ausländischen Gerichts nach dem für dieses Gericht geltenden Recht die Rechtskraft erlangt hat. Es ist nicht zu erlassen, wenn die Anerkennung des Urteils nach § 328 ausgeschlossen ist.
(1) Die Anerkennung des Urteils eines ausländischen Gerichts ist ausgeschlossen:
- 1.
wenn die Gerichte des Staates, dem das ausländische Gericht angehört, nach den deutschen Gesetzen nicht zuständig sind; - 2.
wenn dem Beklagten, der sich auf das Verfahren nicht eingelassen hat und sich hierauf beruft, das verfahrenseinleitende Dokument nicht ordnungsmäßig oder nicht so rechtzeitig zugestellt worden ist, dass er sich verteidigen konnte; - 3.
wenn das Urteil mit einem hier erlassenen oder einem anzuerkennenden früheren ausländischen Urteil oder wenn das ihm zugrunde liegende Verfahren mit einem früher hier rechtshängig gewordenen Verfahren unvereinbar ist; - 4.
wenn die Anerkennung des Urteils zu einem Ergebnis führt, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist, insbesondere wenn die Anerkennung mit den Grundrechten unvereinbar ist; - 5.
wenn die Gegenseitigkeit nicht verbürgt ist.
(2) Die Vorschrift der Nummer 5 steht der Anerkennung des Urteils nicht entgegen, wenn das Urteil einen nichtvermögensrechtlichen Anspruch betrifft und nach den deutschen Gesetzen ein Gerichtsstand im Inland nicht begründet war.
(1) Das Vollstreckungsurteil ist ohne Prüfung der Gesetzmäßigkeit der Entscheidung zu erlassen.
(2) Das Vollstreckungsurteil ist erst zu erlassen, wenn das Urteil des ausländischen Gerichts nach dem für dieses Gericht geltenden Recht die Rechtskraft erlangt hat. Es ist nicht zu erlassen, wenn die Anerkennung des Urteils nach § 328 ausgeschlossen ist.
(1) Die Anerkennung des Urteils eines ausländischen Gerichts ist ausgeschlossen:
- 1.
wenn die Gerichte des Staates, dem das ausländische Gericht angehört, nach den deutschen Gesetzen nicht zuständig sind; - 2.
wenn dem Beklagten, der sich auf das Verfahren nicht eingelassen hat und sich hierauf beruft, das verfahrenseinleitende Dokument nicht ordnungsmäßig oder nicht so rechtzeitig zugestellt worden ist, dass er sich verteidigen konnte; - 3.
wenn das Urteil mit einem hier erlassenen oder einem anzuerkennenden früheren ausländischen Urteil oder wenn das ihm zugrunde liegende Verfahren mit einem früher hier rechtshängig gewordenen Verfahren unvereinbar ist; - 4.
wenn die Anerkennung des Urteils zu einem Ergebnis führt, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist, insbesondere wenn die Anerkennung mit den Grundrechten unvereinbar ist; - 5.
wenn die Gegenseitigkeit nicht verbürgt ist.
(2) Die Vorschrift der Nummer 5 steht der Anerkennung des Urteils nicht entgegen, wenn das Urteil einen nichtvermögensrechtlichen Anspruch betrifft und nach den deutschen Gesetzen ein Gerichtsstand im Inland nicht begründet war.
(1) Das Vollstreckungsurteil ist ohne Prüfung der Gesetzmäßigkeit der Entscheidung zu erlassen.
(2) Das Vollstreckungsurteil ist erst zu erlassen, wenn das Urteil des ausländischen Gerichts nach dem für dieses Gericht geltenden Recht die Rechtskraft erlangt hat. Es ist nicht zu erlassen, wenn die Anerkennung des Urteils nach § 328 ausgeschlossen ist.
(1) Die Anerkennung des Urteils eines ausländischen Gerichts ist ausgeschlossen:
- 1.
wenn die Gerichte des Staates, dem das ausländische Gericht angehört, nach den deutschen Gesetzen nicht zuständig sind; - 2.
wenn dem Beklagten, der sich auf das Verfahren nicht eingelassen hat und sich hierauf beruft, das verfahrenseinleitende Dokument nicht ordnungsmäßig oder nicht so rechtzeitig zugestellt worden ist, dass er sich verteidigen konnte; - 3.
wenn das Urteil mit einem hier erlassenen oder einem anzuerkennenden früheren ausländischen Urteil oder wenn das ihm zugrunde liegende Verfahren mit einem früher hier rechtshängig gewordenen Verfahren unvereinbar ist; - 4.
wenn die Anerkennung des Urteils zu einem Ergebnis führt, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist, insbesondere wenn die Anerkennung mit den Grundrechten unvereinbar ist; - 5.
wenn die Gegenseitigkeit nicht verbürgt ist.
(2) Die Vorschrift der Nummer 5 steht der Anerkennung des Urteils nicht entgegen, wenn das Urteil einen nichtvermögensrechtlichen Anspruch betrifft und nach den deutschen Gesetzen ein Gerichtsstand im Inland nicht begründet war.
(1) Durch die Erhebung der Klage wird die Rechtshängigkeit der Streitsache begründet.
(2) Die Rechtshängigkeit eines erst im Laufe des Prozesses erhobenen Anspruchs tritt mit dem Zeitpunkt ein, in dem der Anspruch in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht oder ein den Erfordernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 entsprechender Schriftsatz zugestellt wird.
(3) Die Rechtshängigkeit hat folgende Wirkungen: