Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Mai 2017 - IV ZR 501/15
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende Richterin Mayen, dieRichterin Harsdorf-Gebhardt, den Richter Lehmann, die Richterinnen Dr. Brockmöller und Dr. Bußmann
am 17. Mai 2017
beschlossen:
Die Parteien erhalten Gelegenheit, hierzu binnen eines Monats Stellung zu nehmen.
Gründe:
- 1
- I. Die Klägerseite (Versicherungsnehmer, im Folgenden: d. VN) begehrt von dem beklagten Versicherer (im Folgenden: Versicherer) Rückzahlung geleisteter Versicherungsbeiträge einer fondsgebundenen Kinderversicherung.
- 2
- Diese wurde aufgrund eines Antrags d. VN mit Versicherungsbeginn zum 1. Juni 2004 nach dem so genannten Antragsmodell des § 8 VVG in der seinerzeit gültigen Fassung (im Folgenden: § 8 VVG a.F.) abgeschlossen. Dem Antragsformular waren Schlusserklärungen beigefügt , die auch eine Belehrung über das Rücktrittsrecht nach § 8 Abs. 5 Satz 1 VVG a.F. enthielten. Der Kläger zahlte fortan die Versicherungsbeiträge.
- 4
- Mit der Klage hat d. VN Rückzahlung aller auf den Vertrag geleisteten Beiträge nebst Zinsen abzüglich des bereits gezahlten Rückkaufswerts , insgesamt 3.348,08 € verlangt.
- 5
- Nach Auffassung d. VN ist er wirksam vom Versicherungsvertrag zurückgetreten. Da er nicht ordnungsgemäß über sein Rücktrittsrecht belehrt worden sei, habe er auch nach Ablauf der Frist des - gegen Gemeinschaftsrecht verstoßenden - § 8 Abs. 5 Satz 4 VVG a.F. den Rücktritt noch erklären können.
- 6
- Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landgericht hat auf die Berufung des Versicherers das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt d. VN die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
- 7
- II. Nach Auffassung des Berufungsgerichts steht d. VN kein Anspruch auf Rückgewähr sämtlicher von ihm gezahlter Versicherungsprämien und daraus gezogener Nutzungen zu. Er habe sein Rücktrittsrecht aus § 8 Abs. 5 Satz 1 VVG a.F. nicht rechtzeitig ausgeübt. Die 14-tägige Rücktrittsfrist sei zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung vom 11. April 2011 längst abgelaufen gewesen. D. VN sei ordnungsgemäß im Sinne des § 8 Abs. 5 Satz 3 VVG a.F. über seinRücktrittsrecht belehrt worden. D. VN habe die Rücktrittsbelehrung auch, wie es diese Vorschrift verlange , durch seine Unterschrift bestätigt.
- 8
- Die hilfsweise erhobene Stufenklage sei abzuweisen, weil ein Zahlungsanspruch , den die Auskunft vorbereiten solle, nicht begründet sei.
- 9
- III. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg (§ 552a Satz 1 ZPO).
- 10
- 1. Das Berufungsgericht hat die Revision gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO zugelassen, "da eine höchstrichterliche Überprüfung der hier konkret zur Bewertung anstehenden Rücktrittsbelehrung bisher …noch nicht erfolgt ist". Diese Frage ist nicht allgemein zur Fortbildung des Rechts oder zum Zwecke der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung klärungsfähig. Zu den Anforderungen an eine Belehrung über das Rücktrittsrecht gemäß § 8 Abs. 5 Satz 1 VVG a.F. hat der Senat bereits klargestellt, dass zwar eine drucktechnische Hervorhebung der Belehrung vom Wortlaut dieser Vorschrift nicht ausdrücklich vorausgesetzt war, aber auch eine solche Belehrung zur Erreichung ihres gesetzlichen Zweckes inhaltlich möglichst umfassend, unmissverständlich und aus Sicht der Verbraucher eindeutig sein musste. Das erforderte eine Form der Belehrung, die dem Aufklärungsziel Rechnung trug und darauf angelegt war, den Angesprochenen aufmerksam zu machen und das maßgebliche Wissen zu vermitteln (Senatsurteile vom 25. Januar 2017 - IV ZR 173/15, r+s 2017, 126 Rn. 18; vom 29. Juni 2016 - IV ZR 24/14, juris Rn. 14; vom 17. Dezember 2014 - IV ZR 260/11, VersR 2015, 224 Rn. 16).
- 11
- Des Weiteren hat der Senat entschieden, dass der Versicherer d. VN nicht, wie aber die Revision meint, über eine etwaige Form der Rücktrittserklärung belehren musste, weil von ihm nicht verlangt werden konnte, die insoweit unklare gesetzliche Bestimmung des § 8 Abs. 5 VVG a.F. auszulegen (Senatsurteil vom 29. Juni 2016 aaO Rn. 15 m.w.N.).
- 12
- Ob eine Rücktrittsbelehrung den genannten Anforderungen genügt , hat der Tatrichter im jeweiligen Einzelfall zu entscheiden; eine höchstrichterliche Klärung, ob einzelne Rücktrittsbelehrungen formal und inhaltlich ordnungsgemäß sind, ist nicht geboten.
- 13
- 2. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg.
- 14
- Das Berufungsgericht hat sich an den vorgenannten Maßstäben orientiert und die in Rede stehende Rücktrittsbelehrung ohne Rechtsfehler als ordnungsgemäß gewertet. Es hat die aus seiner Sicht maßgeblichen Umstände, aus denen sich die ordnungsgemäße Belehrung und deren Bestätigung durch d. VN ergibt, im Einzelnen dargelegt. Diese Würdigung lässt auch unter Berücksichtigung des Revisionsvorbringens keine revisionsrechtlich beachtlichen Fehler erkennen.
- 15
- IV. Soweit die Revision den auf Auskunftserteilung gerichteten Hilfsantrag weiterverfolgen will, ist sie bereits mangels Zulassung unzulässig. Wie sich aus der Begründung der Zulassungsentscheidung ergibt, hat das Berufungsgericht die Revision nur wegen der Frage zugelassen, ob die Rücktrittsbelehrung ordnungsgemäß war. Diese in den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils mit der gebotenen Deutlichkeit zum Ausdruck gebrachte Beschränkung der Revisionszulassung auf den aus dem Rücktritt abgeleiteten Rückgewähranspruch gemäß § 346 BGB ist wirksam. Der diesem zugrunde liegende Sachverhalt kann in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht unabhängig von dem für die begehrte Auskunft maßgeblichen Prozessstoff beurteilt werden (vgl. Senatsurteil vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11, BGHZ 201, 101 Rn. 11).
Vorinstanzen:
AG Bautzen, Entscheidung vom 22.05.2015- 20 C 881/14 -
LG Görlitz, Entscheidung vom 14.10.2015- 2 S 92/15 -
moreResultsText
moreResultsText
Annotations
Das Revisionsgericht weist die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision durch einstimmigen Beschluss zurück, wenn es davon überzeugt ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf Erfolg hat. § 522 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.
(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.
(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(3) Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, so beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren.
Das Revisionsgericht weist die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision durch einstimmigen Beschluss zurück, wenn es davon überzeugt ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf Erfolg hat. § 522 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.
(1) Hat sich eine Vertragspartei vertraglich den Rücktritt vorbehalten oder steht ihr ein gesetzliches Rücktrittsrecht zu, so sind im Falle des Rücktritts die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben.
(2) Statt der Rückgewähr oder Herausgabe hat der Schuldner Wertersatz zu leisten, soweit
- 1.
die Rückgewähr oder die Herausgabe nach der Natur des Erlangten ausgeschlossen ist, - 2.
er den empfangenen Gegenstand verbraucht, veräußert, belastet, verarbeitet oder umgestaltet hat, - 3.
der empfangene Gegenstand sich verschlechtert hat oder untergegangen ist; jedoch bleibt die durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme entstandene Verschlechterung außer Betracht.
(3) Die Pflicht zum Wertersatz entfällt,
- 1.
wenn sich der zum Rücktritt berechtigende Mangel erst während der Verarbeitung oder Umgestaltung des Gegenstandes gezeigt hat, - 2.
soweit der Gläubiger die Verschlechterung oder den Untergang zu vertreten hat oder der Schaden bei ihm gleichfalls eingetreten wäre, - 3.
wenn im Falle eines gesetzlichen Rücktrittsrechts die Verschlechterung oder der Untergang beim Berechtigten eingetreten ist, obwohl dieser diejenige Sorgfalt beobachtet hat, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt.
(4) Der Gläubiger kann wegen Verletzung einer Pflicht aus Absatz 1 nach Maßgabe der §§ 280 bis 283 Schadensersatz verlangen.