vorgehend
Amtsgericht Schwabach, 8 C 1218/03, 28.09.2007
Landgericht Nürnberg-Fürth, 4 S 9274/07, 14.03.2008

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZA 8/08
vom
3. Juli 2008
in dem Rechtsstreit
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 3. Juli 2008 durch die Richter
Dr. Wurm, Dörr, Dr. Herrmann, die Richterin Harsdorf-Gebhardt und den
Richter Hucke

beschlossen:
Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Revision, die Nichtzulassungsbeschwerde oder die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 14. März 2008 - 4 S 9274/07 - wird abgelehnt.

Gründe:


I.


1
Der Kläger ist Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurg. Er verfolgt gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von Arzthonorar in Höhe von 2.816,09 DM (= 1.439,84 €). Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, da seiner Auffassung nach die Forderung verjährt ist. Gegen dieses seinem seinerzeitigen Prozessbevollmächtigten am 8. Oktober 2007 zugestellte Urteil hat der Kläger mit am 30. Oktober 2007 beim Landgericht eingegangenem anwaltlichen Schriftsatz Berufung eingelegt und eine Berufungsbegründung sowie einen Prozesskostenhilfeantrag angekündigt. Der Kläger hat diesen Antrag persönlich mit am 8. November 2007 beim Berufungsgericht eingegangenem Schreiben gestellt. Dieses hat die Frist zur Berufungsbegründung auf Antrag des Klägervertreters bis zum 8. Januar 2008 verlängert. Eine Berufungsbegründung ist bislang nicht eingegangen.
2
Mit Beschluss vom 10. Januar 2008 hat das Gericht den Prozesskostenhilfeantrag des Klägers für die Berufung abgelehnt. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung habe keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, da das Amtsgericht die geltend gemachte Forderung zutreffend als verjährt angesehen habe. Dieser Beschluss ist dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 11. Januar 2008 zugestellt worden.
3
Durch Verfügung ebenfalls vom 10. Januar 2008 hat das Berufungsgericht den Parteien unter Bezugnahme auf § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO den Hinweis erteilt, die Berufung biete nach einstimmiger Auffassung der Kammer keine Aussicht auf Erfolg.
4
Mit am 10. Februar 2008 eingegangenem Schreiben hat der Kläger gegen den Beschluss, durch den ihm Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren versagt wurde, "sofortige Beschwerde" eingelegt. Dieses Rechtsmittel hat das Oberlandesgericht Nürnberg durch Beschluss vom 25. Februar 2008 als unzulässig verworfen, da es gegen die Entscheidung des Landgerichts als Berufungsgericht keine sofortige Beschwerde gebe. Das Rechtsmittel des Klägers sei auch nicht in eine Rechtsbeschwerde umzudeuten.
5
Mit Beschluss vom 14. März 2008 hat das Landgericht unter Bezugnahme auf § 522 Abs. 2 ZPO im Tenor die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Berufung sei entgegen § 520 Abs. 1 ZPO nicht rechtzeitig begründet worden: "Sie ist daher bereits unzulässig, § 522 Abs. 1 ZPO." Das Rechtsmittel "wäre" darüber hinaus auch unbegründet, da das Amtsgericht zu Recht von der Verjährung des eingeklagten Anspruchs ausgegangen sei. Die Rechtssache habe auch weder grundsätzliche Bedeutung , noch erfordere die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts.
6
Kläger Der beantragt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine Nichtzulassungsbeschwerde, eine Rechtsbeschwerde oder eine Revision gegen diesen Beschluss.

II.


7
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist abzulehnen, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat, § 114 Satz 1 ZPO.
8
1. Die Revision ist nur gegen Endurteile der Berufungsgerichte statthaft (§ 542 Abs. 1 ZPO). Die Nichtzulassungsbeschwerde findet nur gegen die Nichtzulassung der Revision in einem von der Berufungsinstanz erlassenen Endurteil statt (§ 544 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Der Kläger will jedoch eine im Beschlusswege ergangene Entscheidung des Berufungsgerichts anfechten, durch die seine Berufung zurückgewiesen wurde.
9
2. Die beabsichtigte Rechtsbeschwerde des Klägers wäre ebenfalls unzulässig.
10
a) Soweit der Beschluss des Berufungsgerichts vom 14. März 2008 als Entscheidung gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO (Zurückweisung der Berufung wegen mangelnder Aussicht auf Erfolg) aufzufassen ist - wofür der Hinweis auf diese Bestimmung im Tenor spricht -, ist ein Rechtsmittel hiergegen unstatthaft. Gemäß § 522 Abs. 3 ZPO ist ein Beschluss nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht anfechtbar.
11
b) Sollte der Beschluss hingegen als Verwerfung der Berufung als unzulässig gemäß § 522 Abs. 1 Satz 1 und 2 ZPO anzusehen sein - hierauf deutet hin, dass die Begründung zur Zulässigkeit der Berufung im Indikativ abgefasst ist, während die Ausführungen zur Verjährung im Konjunktiv gehalten sind -, wäre eine Rechtsbeschwerde gegen diese Entscheidung zwar statthaft (§ 522 Abs. 1 Satz 3 ZPO). Das Rechtsmittel wäre allerdings im Übrigen nicht zulässig. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (§ 574 Abs. 2 ZPO).
12
Insbesondere ist dem Kläger durch die (etwaige) Verwerfung seiner Berufung nicht der Zugang zu dem von der Zivilprozessordnung eingeräumten Instanzenzug in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert worden (vgl. Senatsbeschluss vom 29. April 2004 - III ZB 72/03 - BGHReport 2004, 1102, 1103; BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2003 - V ZB 28/03 - NJW 2004, 367, 368 m.w.N.). Zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der Kläger die Frist zur Begründung der Berufung (§ 520 Abs. 2 ZPO) versäumt hat. Diese Frist lief nach Verlängerung durch die Vorsitzende der Berufungskammer am 8. Januar 2008 ab. Bis zu diesem Tag ist bei Gericht keine den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO entsprechende Berufungsbegründungsschrift eingegangen. Entgegen der Ansicht des Klägers ändern an der Fristversäumnis im Ergebnis auch sein Prozesskostenhilfeantrag und sein Rechtsmittel gegen dessen Ablehnung nichts.
13
aa) Zwar stellt das - vom Kläger geltend gemachte - durch die Bedürftigkeit begründete wirtschaftliche Unvermögen einer Partei, einen Rechtsanwalt mit der gemäß § 78 Abs. 1 ZPO notwendigen Vertretung zur Vornahme von fristwahrenden Prozesshandlungen zu beauftragen, kein Verschulden der Partei dar, wenn sie alles in ihren Kräften Stehende und ihr Zumutbare getan hat, um die Frist zu wahren (z.B.: Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl., § 233 Rn. 23, Stichwort Prozesskostenhilfe m.w.N.). Sie muss hierfür ein vollständiges Gesuch um Prozesskostenhilfe unter Verwendung der vorgeschriebenen Vordrucke und unter Beifügung aller erforderlichen Unterlagen innerhalb der Rechtsmittel- beziehungsweise Rechtsmittelbegründungsfrist beim zuständigen Gericht einreichen (z.B.: BGH, Beschluss vom 21. September 2005 - VI ZB 21/05 - FamRZ 2005, 2062 m.w.N.; Zöller/Greger aaO). Diese Voraussetzungen mag der Kläger erfüllt haben. Gleichwohl ist ihm die in diesem Fall in Betracht zu ziehende Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 233 Abs. 1 ZPO) nicht zu gewähren.
14
Fristwahrungshindernis, Das dass sich eine Partei wegen finanziellen Unvermögens an der Einlegung oder Begründung eines Rechtsmittels gehindert sehen durfte, entfällt, wenn - wie hier - die Prozesskostenhilfe versagt wird. Die Partei hat dann entsprechend § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO innerhalb eines Monats nach Fortfall des Hindernisses die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu beantragen und die versäumte Berufungsbegründung nachzuholen (Senatsbeschluss vom 29. Juni 2006 - III ZA 7/06 - NJW 2006, 2857 f, Rn. 4). Die Monatsfrist beginnt spätestens nach Ablauf von drei bis vier Tagen ab Zugang des die Prozesskostenhilfe versagenden Beschlusses, in denen die Partei überlegen kann, ob sie das Rechtsmittel auf eigene Kosten durchführt (z.B.: BGH, Be- schluss vom 10. November 1998 - VI ZB 21/98 - VersR 1999, 1123, 1124; Zöller /Philippi, ZPO, 26. Aufl., § 119 Rn. 60; Zöller/Greger, aaO, § 234 Rn. 8 jew. m.w.N.). Der die Prozesskostenhilfe versagende Beschluss des Berufungsgerichts ist dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 11. Januar 2008 zugestellt worden, so dass die Wiedereinsetzungsfrist des § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO spätestens am 15. Februar 2008 ablief. Innerhalb dieser Frist hat der Kläger weder anwaltlich vertreten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt noch die versäumte Berufungsbegründung nachgeholt.
15
bb) Entgegen der Auffassung des Klägers ergibt sich eine andere Beurteilung auch nicht aus der Tatsache, dass er gegen den die Prozesskostenhilfe für die Berufung versagenden Beschluss Beschwerde eingelegt hat. Diese Entscheidung des Landgerichts war aus den Gründen des Beschlusses des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 25. Februar 2008 nicht anfechtbar. Der Kläger hätte deshalb bereits aus der negativen Entscheidung des Landgerichts zur Prozesskostenhilfe die erforderlichen prozessualen Konsequenzen - Durchführung des Berufungsverfahrens auf eigene Kosten oder Absehen von der Rechtsverfolgung - ziehen müssen. Seine Beschwerde gegen die Versagung der Prozesskostenhilfe konnte wegen der Nichtanfechtbarkeit von vornherein zu keiner ihm günstigen Entscheidung führen und deshalb den Beginn der Wiedereinsetzungsfrist nicht hinausschieben (vgl. Senatsbeschluss vom 29. Juni 2006 aaO S. 2858, Rn. 5).
Wurm Dörr Herrmann
Harsdorf-Gebhardt Hucke
Vorinstanzen:
AG Schwabach, Entscheidung vom 28.09.2007 - 8 C 1218/03 -
LG Nürnberg-Fürth, Entscheidung vom 14.03.2008 - 4 S 9274/07 -

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(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

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(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

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(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. (2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der

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(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde). (2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn1.der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Eur

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War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wieder

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(1) Die Revision findet gegen die in der Berufungsinstanz erlassenen Endurteile nach Maßgabe der folgenden Vorschriften statt. (2) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrestes oder einer einstweiligen Verf

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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Die Revision findet gegen die in der Berufungsinstanz erlassenen Endurteile nach Maßgabe der folgenden Vorschriften statt.

(2) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung entschieden worden ist, findet die Revision nicht statt. Dasselbe gilt für Urteile über die vorzeitige Besitzeinweisung im Enteignungsverfahren oder im Umlegungsverfahren.

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZB 72/03
vom
29. April 2004
in dem Rechtsstreit
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. April 2004 durch den Vorsitzenden
Richter Schlick und die Richter Streck, Dörr, Galke und
Dr. Herrmann

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Klägers wird der Beschluß der Zivilkammer 64 des Landgerichts Berlin vom 23. September 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren werden nicht erhoben (§ 8 Abs. 1 GKG).

Gründe:


I.


Der Kläger pachtete 1990 zusammen mit seiner damaligen Ehefrau von dem Beklagten einen Kleingarten. Auf der Parzelle befinden sich ein Schuppen und eine Garage.
2001 kündigten der Kläger und seine Ehefrau den Pacht vertrag. Die Parteien streiten, ob der Kläger nach der Beendigung des Pachtverhältnisses zum 30. September 2001 verpflichtet ist, die auf der Parzelle befindlichen Aufbauten zu beseitigen. Die Kosten für den Abbruch der Garage wurden auf 3.528,70 DM (1.804,20 €) geschätzt.
Der Kläger hat Klage auf Feststellung erhoben, daß e r nicht verpflichtet ist, die Garage und den Schuppen zu beseitigen.
Das Amtsgericht hat dem Klageantrag durch Urteil vom 22 . Juli 2003 hinsichtlich des Schuppens stattgegeben. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen.
Der Kläger hat gegen dieses Urteil Berufung eingeleg t. Das Landgericht hat das Rechtsmittel durch den angefochtenen Beschluß verworfen, ohne die Berufungsbegründung abzuwarten. Es hat ausgeführt, der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteige nicht 600 €. Der Streitwert für den zweiten Rechtszug betrage 146,54 €. Das Landgericht hat dies wie folgt begründet: Garage und Schuppen nähmen 7,33 v.H. der Gesamtfläche der Parzelle in Anspruch. Ein entsprechender Prozentsatz von 42 Monatsmieten ergebe den Streitwert.
Gegen diesen Beschluß hat der Kläger Rechtsbeschwerde erh oben.
Er hat es zunächst unterlassen, die Berufung zu begründen. Mit am 3. März 2004 beim Landgericht eingegangenen Schriftsatz hat er hinsichtlich
der versäumten Begründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und die Berufungsbegründung nachgeholt.

II.


1. Die gemäß § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist auch im Übrigen zulässig. Insbesondere erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts, § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Dies ist unter anderem der Fall, wenn einer Partei der Zugang zu dem von der Zivilprozeßordnung eingeräumten Instanzenzug in unzumutbarer , aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert wird (BGH, Beschluß vom 23. Oktober 2003 - V ZB 28/03 - NJW 2004, 367, 368 m.w.N.; vgl. auch BGHZ 151, 221, 226), da dies den Anspruch der Partei auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes verletzt (BGH, Beschluß vom 23. Oktober 2003 aaO). Dies ist hier der Fall. Der Verwerfungsbeschluß beruht darauf, daß das Berufungsgericht die Beschwer des Klägers anhand von Kriterien bewertet hat, für die es im Gesetz keine Grundlage gibt. Aufgrunddessen hat es unzutreffend angenommen, die nach § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO für die Zulässigkeit einer Berufung erforderliche Mindestbeschwer von mehr als 600 € sei nicht erreicht.
2. Die Rechtsbeschwerde hat auch in der Sache Erfolg.

a) Sie ist nicht deshalb unbegründet, weil der Kläger die Frist zur Begründung der Berufung versäumt hat.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (z.B .: Beschlüsse vom 13. Januar 1998 - VIII ZB 48/97 - NJW 1998, 1155; vom 7. Juni 1978 - IV ZB 13/78 - VersR 1978, 841; vom 16. März 1977 - IV ZB 5/77 - VersR 1977, 573; vom 18. Dezember 1974 - VIII ZB 35/74 - VersR 1975, 421), die auf
die in RGZ 158, 195, 196 f veröffentlichten eingehenden Ausführungen des Reichsgerichts zurückgeht, wird zwar der Lauf der Berufungsbegründungsfrist nicht durch einen Beschluß auf Verwerfung der Berufung unterbrochen. Hat das Berufungsgericht, wie hier, die Berufung aus anderen Gründen als des Ablaufs der Berufungsbegründungsfrist verworfen und wird diese Entscheidung angefochten, so wirkt sich die zwischenzeitlich eingetretene Versäumung der Berufungsbegründungsfrist in der Weise aus, daß das Rechtsmittel gegen die Verwerfungsentscheidung grundsätzlich zurückzuweisen ist. In diesen Fällen ergibt die erforderliche Berücksichtigung aller Umstände im Zeitpunkt der Entscheidung über das Rechtsmittel gegen den Verwerfungsbeschluß, daß er im Ergebnis zu Recht besteht, selbst wenn die Voraussetzungen für seinen Erlaß zunächst nicht vorgelegen haben sollten (BGH, Beschlüsse vom 13. Januar 1998 und 18. Dezember 1974 jeweils aaO).
Dies gilt jedoch dann nicht, wenn, wie im hier zu beur teilenden Fall, ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der versäumten Berufungsbegründungsfrist gestellt ist (BGH, Beschlüsse vom 7. Juni 1978 und 16. März 1977, vgl. auch Beschluß vom 13. Januar 1998 jeweils aaO). Die Notwendigkeit für eine Entscheidung des Beschwerdegerichts über die ursprüngliche Rechtmäßigkeit des Verwerfungsbeschlusses bleibt dann bestehen, weil bei dieser Konstellation nicht gewiß ist, daß die Berufung unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen für den Verwerfungsbeschluß zum Zeitpunkt seines Erlasses unzulässig ist.
Das Rechtsbeschwerdegericht braucht die Entscheidung des Ber ufungsgerichts über den Wiedereinsetzungsantrag nicht abzuwarten. Sofern die Bemerkung des IV. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs in den nicht tragenden
Gründen am Ende des Beschlusses vom 7. Juni 1978 (aaO; anders: Beschlüsse vom 13. Januar 1998 und 16. März 1977 jeweils aaO) dahin zu verstehen sein sollte, daß das Berufungsgericht zunächst über den Wiedereinsetzungsantrag zu entscheiden hat, wäre dem nicht zu folgen. Diese Entscheidung ist nicht vorrangig vor der des Rechtsbeschwerdegerichts über das bei ihm angefallene Rechtsmittel.

b) Die Zulässigkeit der Berufung des Klägers scheitert ni cht an der gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO erforderlichen Mindestbeschwer von mehr als 600 €, so daß der angefochtene Beschluß aufzuheben ist.
aa) Da die Berufung noch nicht begründet ist, muß die Beschwer nach dem ungeschmälerten Wert des Antrags bemessen werden, mit dem der Kläger in der ersten Instanz unterlegen war. Dies war der Antrag auf Feststellung, daß er nicht verpflichtet ist, die auf der Parzelle befindliche Garage zu beseitigen.
bb) Der Wert dieses Antrags ist gemäß § 3 ZPO nach den Kosten zu bemessen, die der Kläger aufbringen müßte, um die Garage von der Kleingartenparzelle zu entfernen (vgl. BGH, Urteil vom 10. Dezember 1993 - V ZR 168/92 - NJW 1994, 735 f). Der Aufwand für die Beseitigung der Garage beträgt nach dem Vorbringen beider Parteien rund 1.800 €. Da es sich um einen negativen Feststellungsantrag handelt, ist hiervon kein Abschlag vorzunehmen (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 24. Aufl., § 3 Rn. 16 Stichwort Feststellungsklagen).
Entgegen der anscheinend vom Berufungsgericht vertretene n Auffassung , dessen Wertberechnung auf dreieinhalb Einjahrespachten basiert, ist § 9
ZPO für die Bemessung der Beschwer des Klägers nicht heranzuziehen. Wiederkehrende Nutzungen und Leistungen, für die diese Vorschrift den Streitwert regelt, sind nicht Gegenstand des Rechtsstreits.
Auch § 8 ZPO, auf dessen Grundlage sich unter Berücksichtig ung der Berechnungsmethode des Berufungsgerichts möglicherweise eine geringere Beschwer als 600 € ergeben könnte, ist für die Wertberechnung nicht maßgebend. Diese Bestimmung ist als Sondervorschrift für Räumungsklagen einschlägig. Der Aufwand, der zur Räumung und Herausgabe des Grundstücks in vertragsgemäßem Zustand erforderlich ist, ist bei diesen Klagen grundsätzlich ohne Bedeutung; für eine Anwendung des § 3 ZPO neben § 8 ZPO ist kein Raum. Ob dies nur dann gilt, wenn kein besonderer Klageantrag auf Abbruch oder Beseitigung eines Bauwerks gestellt worden ist (Schneider/Herget, Streitwert -Kommentar für den Zivilprozeß, 11. Aufl., Rn. 2979 ff, insbesondere 2982; anders wohl BGH, Beschluß vom 10. Mai 2000 - XII ZR 335/99 - NJW-RR 2000, 1739 f; offen gelassen im Senatsbeschluß vom 4. Juli 1996 - III ZR 34/96 - BGHR ZPO § 8 Räumungsklage 7), kann hier auf sich beruhen.
Die Parteien streiten nämlich nicht über das Bestehen o der die Dauer eines Miet- oder Pachtverhältnisses, wie es § 8 ZPO voraussetzt. Vielmehr bestand bei Geltendmachung des Beseitigungsbegehrens unstreitig ein Pachtverhältnis zwischen den Parteien nicht mehr. In diesen Fällen ist für die Bemes -
sung des Streitwerts allein § 3 ZPO maßgebend, weil es an der streitigen Zeit im Sinne des § 8 ZPO fehlt (BGH, Beschluß vom 8. März 1995 - XII ZR 240/94 - NJW-RR 1995, 781 m.w.N.).
Schlick Wurm Streck Dörr Herrmann

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 28/03
vom
23. Oktober 2003
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Verletzt die Entscheidung des Berufungsgerichts den Anspruch der beschwerten
Partei auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes, so ist die nach § 574 Abs. 1
Nr. 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde unter dem Gesichtspunkt der Sicherung einer
einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) unabhängig davon zulässig
, ob sich der Rechtsverstoß auf das Endergebnis auswirkt.
Eine konkrete Anweisung des Anwalts im Einzelfall macht nur dann allgemeine organisatorische
Regelungen obsolet, wenn diese durch die Einzelanweisung ihre Bedeutung
für die Einhaltung der Frist verlieren; das ist nicht der Fall, wenn die Weisung
nur dahin geht, einen Schriftsatz per Telefax zu übermitteln, die Fristüberschreitung
aber darauf beruht, daß es an ausreichenden organisatorischen Vorkehrungen
dazu fehlt, unter welchen Voraussetzungen eine Frist nach Übermittlung
fristwahrender Schriftsätze per Telefax als erledigt vermerkt werden darf.
BGH, Beschl. v. 23. Oktober 2003 - V ZB 28/03 - LG Konstanz
AGÜberlingen
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 23. Oktober 2003 durch die
Richter Tropf, Prof. Dr. Krüger, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und die Richterin
Dr. Stresemann

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß der 1. Zivilkammer des Landgerichts Konstanz vom 2. April 2003 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Gründe:


I.


Gegen das ihr am 7. November 2002 zugestellte Urteil des Amtsgerichts hat die Beklagte Berufung eingelegt. Die Berufungsbegründung ist per Fax am 8. Januar 2003 bei dem Landgericht eingegangen.
Die Beklagte hat gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und dazu folgendes ausgeführt : Ihr Prozeßbevollmächtigter habe den Begründungsschriftsatz am 7. Januar gefertigt und unterzeichnet und die bei ihm beschäftigte Rechtsanwaltsfachangestellte W. gegen 17.15 Uhr angewiesen, ihn per Fax an das Landgericht zu senden. Diese habe zwar mehrfach versucht zu faxen, was aber , weil sie versehentlich eine falsche Nummer gewählt habe, erfolglos geblieben sei. Sie habe angenommen, das Empfängergerät sei belegt, und habe sich zunächst anderen Aufgaben zugewendet, darüber aber die Angelegenheit ver-
gessen. Später habe sie die Frist im Kalender als erledigt eingetragen, so daß dem Prozeßbevollmächtigten bei dessen Kontrolle gegen 20.00 Uhr das Versäumnis nicht aufgefallen sei.
Das Landgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag der Beklagten zurückgewiesen und ihre Berufung als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Beklagten, mit der sie die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses verlangt und den Wiedereinsetzungsantrag weiterverfolgt. Die Kläger beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.

II.


1. Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft und auch im übrigen zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).
aa) Allerdings liegt entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde kein Fall einer Divergenz zu der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 29. Juni 2000 (VII ZB 5/00, NJW 2000, 3006) vor. Eine die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde begründende Abweichung ist nämlich nur gegeben, wenn die angefochtene Entscheidung dieselbe Rechtsfrage anders beantwortet als die Entscheidung eines höherrangigen oder eines anderen gleichgeordneten Gerichts (Senat, BGHZ 151, 42; BGHZ 89, 149, 151). Daran fehlt es im vorliegenden Fall. Das Berufungsgericht geht - im Einklang mit der zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofes - davon aus, daß üblicherweise in Anwaltskanzleien auftretende Schwankungen der Arbeitsbelastung die Sorgfalts-
pflicht des Prozeßbevollmächtigten im Hinblick auf die Organisation eines reibungslos und fehlerfrei funktionierenden Geschäftsbetriebs nicht erhöhen. Es meint lediglich, im konkreten Fall hätten Umstände vorgelegen, die über das Übliche einer Mehrbelastung hinausgingen und daher zu besonderen Maßnahmen Anlaß gegeben hätten. Ist diese Auffassung - wie hier (siehe im folgenden ) - falsch, so liegt darin zwar eine rechtsfehlerhafte Würdigung. Doch wird damit kein allgemeiner Rechtssatz aufgestellt, der der Entscheidung des Bundesgerichtshofes entgegensteht.
bb) Die Entscheidung des Berufungsgerichts beruht aber auf einer Würdigung , die der Beklagten den Zugang zu dem von der Zivilprozeßordnung eingeräumten Instanzenzug in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert. Dies verletzt den Anspruch der Beklagten auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip, vgl. BVerfGE 77, 275, 284; BVerfG NJW 2003, 281) und eröffnet die Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO (vgl. Senat, BGHZ 151, 221; Beschl. v. 20. Februar 2003, V ZB 60/02, NJW-RR 2003, 861; Beschl. v. 30. April 2003, V ZB 71/02, NJW 2003, 2388). Die Annahme, der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten habe angesichts der "besonderen Situation am Nachmittag" des 7. Januars 2003 eine eigenständige Prüfung der Einhaltung der Berufungsbegründungsfrist vornehmen müssen, entbehrt jeder Grundlage. Unscharf ist schon der Ansatz. Die Einhaltung der Berufungsbegründungsfrist war an sich nicht gefährdet. Der Prozeßbevollmächtigte hatte den Schriftsatz rechtzeitig gefertigt und dessen Übermittlung per Fax verfügt. Welche zusätzlichen Maßnahmen er hätte ergreifen sollen, worin sich die nach Auffassung des Berufungsgerichts gebotene erhöhte Sorgfaltspflicht hätte äußern sollen, wird in der angefochtenen Entscheidung nicht gesagt. Dafür ist auch nichts erkennbar. Die einfach zu erledigende Aufgabe einer Telefaxüber-
mittlung kann der Anwalt seinem Personal überlassen (BGH, Beschl. v. 11. Februar 2003, VI ZB 38/02, NJW-RR 2003, 935, 936 m. zahlr. Nachw.). Er braucht sie nicht konkret zu überwachen oder zu kontrollieren. Im übrigen ist hier nach dem Vorbringen der Beklagten sogar eine Kontrolle erfolgt, die aber wegen des falschen Erledigungsvermerks ohne Befund blieb.
Wenn man in dieser konkreten Situation ein Weiteres von dem Anwalt verlangen wollte, so überspannte man die Sorgfaltsanforderungen. Denn solche Maßnahmen könnten nur in einer Beaufsichtigung des Übermittlungsvorgangs selbst oder in einer sofortigen Kontrolle sogleich nach Durchführung bestehen. Dies kann höchstens ganz ausnahmsweise in Betracht kommen (vgl. BGH, Beschl. v. 29. Juni 2000, VII ZB 5/00, NJW 2000, 3006), wenn ein geordneter Geschäftsbetrieb infolge besonderer Umstände nicht mehr gewährleistet ist. Solche Umstände hat das Berufungsgericht aber nicht festgestellt. Daß eine Rechtsanwaltsangestellte über ihre normale Dienstzeit hinaus arbeiten muß und daß drei fristgebundene Sachen zusätzlich zu bearbeiten sind, bedingt keine Situation, die ein ausreichend organisiertes Büro nicht bewältigen könnte. Im übrigen sollte die Übermittlung per Telefax zunächst, nur wenige Minuten nach dem üblichen Dienstschluß, erfolgen, und es ist nicht ersichtlich, inwieweit die Bearbeitung weiterer Fristsachen, die sich bis 19.30 Uhr hinzog, diese einfache Tätigkeit hätte stören oder in einer Weise gefährden können, daß ein Eingreifen des Anwalts erforderlich gewesen wäre.
cc) Dieser Verstoß gegen das Gebot der Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes führt unabhängig davon zur Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde , ob er sich auf das Ergebnis auswirkt. Insoweit besteht ein Unterschied zum Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde (§ 544 ZPO), in dem eine nicht entscheidungserhebliche Frage auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Sicherung
einer einheitlichen Rechtsprechung die Zulassung der Revision gebietet (Senat, Beschl. v. 25. Juli 2002, V ZR 118/02, NJW 2002, 3180, 3181; Urt. v. 18. Juli 2003, V ZR 187/02, Umdruck S. 9, zur Veröffentlichung vorgesehen; BGH, Beschl. v. 19. Dezember 2002, VII ZR 101/02, NJW 2003, 831). Dieser Unterschied beruht auf folgendem: Anders als das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde ist die Rechtsbeschwerde ein Rechtsmittel, das zur Entscheidung über die Sache führt. Dabei hängt - wie stets - die Zulässigkeit des Rechtsmittels nicht von Fragen der Begründetheit ab. Liegen die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 ZPO vor, so ist die Rechtsbeschwerde zulässig. Ob die angefochtene Entscheidung gleichwohl Bestand hat, ist eine Frage der Begründetheit. Beides miteinander zu verquicken, hieße, die Zulässigkeit des Rechtsmittels zu verneinen, weil es an der Begründetheit fehlt. Im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde geht es demgegenüber nicht um eine Entscheidung in der Sache selbst, sondern nur um die Frage, ob eine Sachüberprüfung im Revisionsverfahren geboten ist. Bei dieser Prüfung kann und muß berücksichtigt werden, ob die unter die Zulassungsgründe des § 543 Abs. 2 ZPO subsumierbaren Rechts- oder Verfahrensfragen im konkreten Fall entscheidungserheblich sind oder nicht. Sind sie es nicht, besteht kein Anlaß für eine Zulassung; denn es kommt auf sie letztlich nicht an.
2. Die Rechtsbeschwerde ist aber nicht begründet. Das Berufungsgericht hat die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Ergebnis zu Recht versagt (§ 233 ZPO) und die Berufung infolgedessen zutreffend als unzulässig verworfen (§ 522 Abs. 1 ZPO). Die Beklagte hat nämlich nicht dargelegt , daß sie ohne Verschulden gehindert war, die Frist zur Begründung der Berufung einzuhalten. Es ist nicht ausgeräumt, daß dem Prozeßbevollmächtigten der Beklagten ein eigenes (Organisations-) Verschulden vorzuwerfen ist,
das diese sich nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muß. Das ergibt sich aus zwei Gesichtspunkten:
Zum einen hat der Anwalt organisatorische Vorkehrungen zu treffen, daß Fristen im Fristenkalender erst dann mit einem Erledigungsvermerk versehen werden, wenn die fristwahrende Handlung auch tatsächlich erfolgt oder jedenfalls soweit gediehen ist, daß von einer fristgerechten Vornahme auszugehen ist (BGH, Beschl. v. 18. Oktober 1993, II ZB 7/93, VersR 1994, 703; Beschl. v. 9. September 1997, IX ZB 80/97, BGHR ZPO § 233 Fristenkontrolle 60 m.w.N.). Zum anderen muß der Anwalt bei der Übermittlung fristwahrender Schriftsätze per Telefax die Ausgangskontrolle organisatorisch dahin präzisieren , daß er die damit befaßten Mitarbeiter anweist, einen Einzelnachweis über den Sendevorgang ausdrucken zu lassen, der die ordnungsgemäße Übermittlung anzeigt, bevor die entsprechende Frist als erledigt vermerkt wird (Senat, Beschl. v. 9. Februar 1995, V ZB 26/94, VersR 1995, 1073, 1074). Er muß ferner Vorsorge für Störfälle treffen, um sicherzustellen, daß der Übermittlungsvorgang entweder vollständig wiederholt wird oder daß der Anwalt selbst über geeignete andere Maßnahmen entscheidet.
Ob solche allgemeinen organisatorischen Maßnahmen im Büro des Prozeßbevollmächtigten der Beklagten bestanden, ist nicht vorgetragen worden. Die bloße Angabe, vor Büroschluß werde kontrolliert, ob alle Fristen erledigt seien, erst danach werde die Frist gelöscht, genügt nicht den vorstehenden Anforderungen. Soweit die Beklagte in einem nach Erlaß des angefochtenen Beschlusses bei dem Berufungsgericht eingegangenen Schriftsatz nähere Angaben zur Ausgangskontrolle gemacht hat, führt das zu keiner anderen Beurteilung. Derjenige, der Wiedereinsetzung beantragt, muß die Gründe, die die Wiedereinsetzung rechtfertigen, innerhalb der Frist des § 234 Abs. 1 ZPO vor-
bringen (BGH, Beschl. v. 12. Mai 1998, VI ZB 10/98, BGHR ZPO § 236 Abs. 2 Satz 1 Antragsbegründung 3). Zwar können erkennbar unklare oder ergänzungsbedürftige Angaben, deren Aufklärung nach § 139 ZPO geboten gewesen wäre, nach Fristablauf erläutert oder vervollständigt werden (BGH aaO; Beschl. v. 9. Juli 1985, VI ZB 10/85, VersR 1985, 1184, 1185). Das hilft der Beklagten im konkreten Fall aber schon deswegen nicht, weil die ergänzenden Angaben nach Erlaß der Entscheidung gemacht worden sind und daher für das Rechtsbeschwerdegericht nicht verfügbar sind. Seiner Beurteilung unterliegt - anders als im früheren Verfahren der sofortigen Beschwerde (§ 577 ZPO a.F.) - nur der in den Tatsacheninstanzen festgestellte Sachverhalt sowie der auf Verfahrensrüge zu beachtende dortige Sachvortrag. Soweit die Rechtsbeschwerde den neuen Sachvortrag mit Hilfe einer Aufklärungsrüge einführen möchte, ist ihr nicht zu folgen. Es bestand für das Berufungsgericht keine Pflicht, die anwaltlich vertretene Beklagte auf die nicht ausreichenden Gründe ihres Wiedereinsetzungsgesuchs hinzuweisen. Die Anforderungen, die die Rechtsprechung an eine wirksame Ausgangskontrolle und an die organisatorischen Maßnahmen bei der Übermittlung fristwahrender Schriftsätze stellt, sind bekannt und müssen einem Anwalt auch ohne richterliche Hinweise geläufig sein. Wenn der Vortrag dem nicht Rechnung trägt, gibt dies keinen Hinweis auf Unklarheiten oder Lücken, die aufzuklären bzw. zu füllen wären, sondern erlaubt den Schluß darauf , daß entsprechende organisatorische Maßnahmen gefehlt haben.
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist das Fehlen organisatorischer Maßnahmen zur Vermeidung von Fehlern bei der Übermittlung fristwahrender Schriftsätze nicht deswegen unerheblich, weil der Prozeßbevollmächtigte eine konkrete Einzelweisung erteilt hat. Allerdings ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes anerkannt, daß es auf allgemeine organisatorische Regelungen nicht entscheidend ankommt, wenn im Einzelfall
konkrete Anweisungen vorliegen, deren Befolgung die Fristwahrung sichergestellt hätte (BGH, Urt. v. 6. Oktober 1987, VI ZR 43/87, VersR 1988, 185, 186; Beschl. v. 26. September 1985, XI ZB 13/95, BGHR ZPO § 233 Fristenkontrolle 45; Beschl. v. 2. Juli 2001, II ZB 28/00, NJW-RR 2002, 60). Dabei ist jedoch auf den Inhalt der Einzelweisung und den Zweck der allgemeinen organisatorischen Vorkehrungen Rücksicht zu nehmen. Weicht ein Anwalt von einer bestehenden Organisation ab und erteilt er stattdessen für einen konkreten Fall genaue Anweisungen, die eine Fristwahrung gewährleisten, so sind allein diese maßgeblich; auf allgemeine organisatorische Vorkehrungen kommt es dann nicht mehr an (BGH, Beschl. v. 26. September 1995, XI ZB 13/95, BGHR ZPO § 233 Fristenkontrolle 45; Beschl. v. 1. Juli 2002, II ZB 11/01, NJW-RR 2002, 1289). Anders ist es hingegen, wenn die Einzelweisung nicht die bestehende Organisation außer Kraft setzt, sondern sich darin einfügt und nur einzelne Elemente ersetzt, während andere ihre Bedeutung behalten und geeignet sind, Fristversäumnissen entgegenzuwirken. So ersetzt z.B. die Anweisung, einen Schriftsatz sofort per Telefax zu übermitteln und sich durch einen Telefonanruf über den dortigen Eingang des vollständigen Schriftsatzes zu vergewissern, alle allgemein getroffenen Regelungen einer Ausgangskontrolle und macht etwa hier bestehende Defizite unerheblich (BGH, Beschl. v. 2. Juli 2001, II ZB 28/00, NJW-RR 2002, 60). Ebenso liegt es, wenn der Anwalt von der Eintragung der Sache in den Fristenkalender absieht und die Anweisung erteilt, den fertiggestellten Schriftsatz in die Ausgangsmappe für die Post zum Berufungsgericht zu legen (BGH, Beschl. v. 26. September 1995, XI ZR 13/95, BGHR ZPO § 233 Fristenkontrolle 45). Denn in diesem Fall würde eine Frist als erledigt vermerkt werden können (vgl. BGH, Beschl. v. 9. September 1997, IX ZB 80/97, NJW 1997, 3446; Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl., § 233 Rdn. 23 S. 698).
Besteht hingegen - wie hier - die Anweisung nur darin, die Übermittlung eines Schriftsatzes sofort per Fax zu veranlassen, so fehlt es an Regelungen, die eine ordnungsgemäße Ausgangskontrolle überflüssig machen. Inhalt der Anweisung ist nur die Bestimmung des Mediums der Übermittlung und der Zeitpunkt ihrer Vornahme. Damit sind aber sonst etwa bestehende Kontrollmechanismen weder außer Kraft gesetzt noch obsolet. Es bleibt sinnvoll und notwendig , daß Anweisungen darüber bestehen, wie die Mitarbeiter eine vollständige Übermittlung per Telefax sicherzustellen haben und unter welchen Voraussetzungen sie eine Frist als erledigt vermerken dürfen. Bestehen sie nicht, entlastet es den Anwalt nicht, wenn er sich im konkreten Einzelfall darauf beschränkt , eine Übermittlung per Telefax anzuordnen. Dem entspricht es, daß z.B. der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes (Beschl. v. 1. Juli 2002, II ZB 11/01) einen solchen Übermittlungsauftrag nur für ausreichend erachtet hat, wenn jedenfalls die betreffende Angestellte allgemein angewiesen war, die Telefaxübermittlung jeweils anhand des (auszudruckenden) Sendeberichts zu kontrollieren.

III.


Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Tropf Krüger Lemke Schmidt-Räntsch Stresemann

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Vor den Landgerichten und Oberlandesgerichten müssen sich die Parteien durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Ist in einem Land auf Grund des § 8 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz ein oberstes Landesgericht errichtet, so müssen sich die Parteien vor diesem ebenfalls durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Vor dem Bundesgerichtshof müssen sich die Parteien durch einen bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen.

(2) Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich als Beteiligte für die Nichtzulassungsbeschwerde durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

(3) Diese Vorschriften sind auf das Verfahren vor einem beauftragten oder ersuchten Richter sowie auf Prozesshandlungen, die vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vorgenommen werden können, nicht anzuwenden.

(4) Ein Rechtsanwalt, der nach Maßgabe der Absätze 1 und 2 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.

(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

4
1. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, die Klägerin hätte ihre Berufung - unbeschadet der bewilligten Verlängerung der Frist bis zum 16. Januar 2006 - innerhalb von zwei Monaten nach der am 21. Dezember 2005 bewirkten Zustellung des Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren versagenden Beschlusses vom 16. Dezember 2005 begründen dürfen, also bis zum 21. Februar 2006. Es hat sich insoweit auf Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gestützt, die - vor Inkrafttreten des 1. Justizmodernisierungsgesetzes vom 24. August 2004 (BGBl. I S. 2198) - zur Angleichung der Situation bemittelter und unbemittelter Rechtsmittelführer bei Versäumung der Rechtsmittelbegründungsfrist eine verfassungskonforme Auslegung von § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO für erforderlich gehalten und als eine Lösung angesehen hat, den Beginn des Laufs der Rechtsmittelbegründungsfrist an die Zustellung der Prozesskostenhilfeentscheidung zu knüpfen (vgl. Beschluss vom 9. Juli 2003 - XII ZB 147/02 - NJW 2003, 3275, 3276 f; ähnlich Senatsbeschluss vom 25. September 2003 - III ZB 84/02 - NJW 2003, 3782 f zur Rechtsbeschwerde und Beschluss vom 17. Juni 2004 - IX ZB 208/03 - NJW 2004, 2902, 2903). Hieran kann nach der Neuregelung der Wiedereinsetzungsfrist bei Versäumung von Rechtsmittelbegründungsfristen in § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO durch das am 1. September 2004 in Kraft getretene 1. Justizmodernisierungsgesetz nicht festgehalten werden. Denn in diesen Fällen ist lediglich die Wiedereinsetzungsfrist, innerhalb deren die versäumte Prozesshandlung nachgeholt werden muss (§ 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO), auf einen Monat verlängert worden. Im Hinblick auf diese Regelung , die auf Fälle zugeschnitten ist, in denen einem Rechtsmittelführer erst nach Ablauf der Rechtsmittelbegründungsfrist Prozesskostenhilfe für die Einlegung des Rechtsmittels gewährt wird (vgl. hierzu Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 15/1508 S. 17 f), ist für einen von § 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO abweichenden Beginn des Laufs der Begründungsfrist kein Raum. Es kommt hier hinzu, dass die Frist zur Begründung der Berufung infolge der bis zum 16. Januar 2006 bewilligten Verlängerung noch nicht abgelaufen war, als der Klägerin die Prozesskostenhilfe versagende Entscheidung zuging. Im Zeitpunkt des Eingangs der Berufungsbegründung am 24. Februar 2006 waren sowohl diese Frist als auch die einmonatige Wiedereinsetzungsfrist des § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO längst verstr ichen.

(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.

(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.