vorgehend
Landgericht München I, 5 HKO 22300/06, 31.05.2007
Oberlandesgericht München, 7 U 3668/07, 23.01.2008

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZR 63/08
vom
7. Dezember 2009
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Die Zulassung der Revision kann auf einen aktienrechtlichen Beschlussanfechtungsgrund
beschränkt werden.

b) Der Versammlungsleiter darf - auch wenn die besonderen Voraussetzungen des
§ 120 Abs. 1 Satz 2 AktG nicht vorliegen - über die Entlastung einzeln abstimmen
lassen.

c) Eine fehlende Entsprechenserklärung kann die Anfechtung eines Entlastungsbeschlusses
nicht rechtfertigen, wenn die betroffenen Organmitglieder vor der notwendigen
Aktualisierung aus dem Amt geschieden sind.
BGH, Beschluss vom 7. Dezember 2009 - II ZR 63/08 - OLG München
LG München I
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 7. Dezember 2009 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und die Richter Dr. Strohn, Dr. Reichart,
Dr. Drescher und Bender
einstimmig beschlossen:
Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die Revision des Klägers durch Beschluss gemäß § 552 a ZPO zurückzuweisen.

Gründe:

1
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor und sie hat auch keine Aussicht auf Erfolg (§ 552 a ZPO).

I.

2
Die Revision ist schon unzulässig, soweit sie sich auf die unzureichende Beantwortung von Fragen stützt und daraus die Anfechtbarkeit der Entlastungsbeschlüsse herleiten will. Dazu ist die Revision nicht zugelassen.
3
Das Berufungsgericht kann die Zulassung der Revision auf einen Beschlussanfechtungsgrund beschränken. Eine Beschränkung auf einen rechtlich selbständigen und abtrennbaren Teil des Streitstoffs, der Gegenstand eines Teil- oder Zwischenurteils sein könnte oder auf den der Revisionskläger selbst seine Revision beschränken könnte, ist zulässig (BGH, Urt. v. 19. Februar 2009 - I ZR 195/06, GRUR 2009, 783 z.V.b. BGHZ 180, 77 Tz. 17 "UHU"). Die Anfechtungsgründe sind abtrennbare Teile des Streitstoffs. Der Streitgegenstand der aktienrechtlichen Anfechtungsklage wird durch die jeweils geltend gemach- ten Beschlussmängelgründe als Teil des zugrunde liegenden Lebenssachverhalts bestimmt (Sen.Urt. v. 14. März 2005 - II ZR 153/03, ZIP 2005, 706 in Klarstellung zu Senat BGHZ 152, 1; v. 6. April 2009 - II ZR 255/08, ZIP 2009, 1003, z.V.b. in BGHZ 180, 221 Tz. 32 "Schiedsfähigkeit II"). Schon die Klage kann auf einzelne Anfechtungsgründe mit der Folge begrenzt werden, dass nach Ablauf der Klagefrist nachgeschobene Gründe nicht mehr berücksichtigt werden (Sen.Urt. v. 14. März 2005, aaO). Erst recht ist eine solche Beschränkung im Verlauf des Rechtsstreits möglich.
4
Das Berufungsgericht hat die Revision nur beschränkt zugelassen. Von einer Beschränkung der Zulassung in den Urteilsgründen ist auszugehen, wenn die Zulassung nur wegen bestimmter Rechtsfragen ausgesprochen wird, die lediglich für die Entscheidung über einen selbständigen Teil des Gesamtstreitstoffs erheblich sein können (BGH, Urt. v. 16. Januar 1996 - VI ZR 116/95, ZIP 1996, 370, insoweit nicht in BGHZ 131, 385). Wenn die Zulassung nur wegen Rechtsfragen ausgesprochen wird, die einzelne Anfechtungsgründe betreffen , ist die Zulassung regelmäßig als beschränkt anzusehen.
5
Das Berufungsgericht hat die Revision nur im Hinblick auf seine Entscheidung zu den Folgen der Nichtabgabe einer Entsprechenserklärung zugelassen , nicht aber im Hinblick auf die unzureichende oder falsche Beantwortung von Fragen des Klägers. Der Kläger hat drei Anfechtungsgründe geltend gemacht , nämlich neben der Verletzung des Informationsrechts das Fehlen einer Entsprechenserklärung gemäß § 161 AktG und die Einzelentlastung des Aufsichtsrats. Die unzureichende Information betrifft als Anfechtungsgrund einen anderen Lebenssachverhalt als das Fehlen der Entsprechenserklärung.
6
Die Revision ist allerdings auch zugelassen, soweit der Kläger als Anfechtungsgrund die Einzelentlastung der Aufsichtsräte geltend macht. Da der Kläger meint, die Einzelentlastung sei verboten, weil den Aufsichtsräten mit der fehlenden Entsprechenserklärung eine gemeinsam begangene Pflichtverletzung zur Last falle, erfasst die Zulassung im Hinblick auf die Folgen der Nichtabgabe einer Entsprechenserklärung auch diesen Anfechtungsgrund.

II.

7
Zulassungsgründe bestehen nicht mehr. Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Entscheidung des Revisionsgerichts (BGH, Beschl. v. 20. Januar 2005 - I ZR 255/02, NJW-RR 2005, 650). Die Folgen einer nicht berichtigten oder - wie hier - fehlenden Entsprechenserklärung für die Entlastung der Organmitglieder , die das Berufungsgericht für grundsätzlich klärungsbedürftig erachtet hat, sind zwischenzeitlich geklärt (Sen.Urt. v. 16. Februar 2009 - II ZR 185/07, ZIP 2009, 460, z.V.b. in BGHZ 180, 9 Tz. 19 "Kirch/Deutsche Bank", bestätigt durch Sen.Urt. v. 21. September 2009 - II ZR 174/08, ZIP 2009, 2051 z.V.b. in BGHZ Tz. 16 "Umschreibungsstopp"). Mit dem Senatsurteil vom 21. September 2009 ist auch entschieden, dass der Versammlungsleiter grundsätzlich statt der Gesamt- eine Einzelentlastung anordnen darf. Weitere Fragen grundsätzlicher Art stellen sich nicht.

III.

8
Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg.
9
1. Das Berufungsgericht ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass die fehlende Entsprechenserklärung die Anfechtung der Entlastung der bereits im Mai 2005 ausgeschiedenen Aufsichtsratsmitglieder nicht rechtfertigt.
Die Nichtabgabe der nach § 161 AktG vorgeschriebenen Entsprechenserklärung ist ein Gesetzesverstoß, der die Entlastungsentscheidung für die Organmitglieder anfechtbar machen kann, die diesen Gesetzesverstoß begangen haben. Dazu zählen die bereits im Mai 2005 ausgeschiedenen Aufsichtsratmitglieder nicht. Da im April 2005 eine Entsprechenserklärung abgegeben wurde, war eine neue jährliche Entsprechenserklärung erst wieder im April 2006 abzugeben (vgl. Sen.Urt. v. 16. Februar 2009 - II ZR 185/07, ZIP 2009, 460, z.V.b. in BGHZ 180, 9 Tz. 19 "Kirch/Deutsche Bank").
10
2. Der Versammlungsleiter durfte in Ausübung des ihm zustehenden Ermessens über die Entlastung jedes Aufsichtsratsmitglieds gesondert abstimmen lassen (Sen.Urt. v. 21. September 2009 - II ZR 174/08, ZIP 2009, 2051 z.V.b. in BGHZ Tz. 12 "Umschreibungsstopp").
11
3. Schließlich ist der Entlastungsbeschluss auch nicht wegen einer Verletzung des Informationsrechts des Klägers zur Unternehmensführung anfechtbar. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger schon nicht vorgetragen hat, dass seine Fragen einen Bezug zur Tätigkeit der ausgeschiedenen Aufsichtsräte haben und für die Entscheidung über ihre Entlastung relevant sind. Da diese Organmitglieder bereits im Mai 2005 ausgeschieden sind, versteht es sich entgegen der Auffassung der Revision nicht von selbst, dass seine Fragen, soweit sie überhaupt das Geschäftsjahr 2005 anbelangten , auch den Zeitraum betrafen, für den die ausgeschiedenen Aufsichtsratsmitglieder entlastet werden sollten.
Goette Strohn Reichart Drescher Bender
Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Zurückweisungsbeschluss erledigt worden.
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 31.05.2007 - 5 HKO 22300/06 -
OLG München, Entscheidung vom 23.01.2008 - 7 U 3668/07 -

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Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Dez. 2009 - II ZR 63/08 zitiert 5 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Aktiengesetz - AktG | § 120 Entlastung


(1) Die Hauptversammlung beschließt alljährlich in den ersten acht Monaten des Geschäftsjahrs über die Entlastung der Mitglieder des Vorstands und über die Entlastung der Mitglieder des Aufsichtsrats. Über die Entlastung eines einzelnen Mitglieds ist

Aktiengesetz - AktG | § 161 Erklärung zum Corporate Governance Kodex


(1) Vorstand und Aufsichtsrat der börsennotierten Gesellschaft erklären jährlich, dass den vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz im amtlichen Teil des Bundesanzeigers bekannt gemachten Empfehlungen der „Regierungskommission Deuts

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Bundesgerichtshof Urteil, 21. Sept. 2009 - II ZR 174/08

bei uns veröffentlicht am 21.09.2009

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 174/08 Verkündet am: 21. September 2009 Vondrasek Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja

Bundesgerichtshof Urteil, 19. Feb. 2009 - I ZR 195/06

bei uns veröffentlicht am 19.02.2009

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 195/06 Verkündet am: 19. Februar 2009 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 06. Apr. 2009 - II ZR 255/08

bei uns veröffentlicht am 06.04.2009

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 255/08 Verkündet am: 6. April 2009 Vondrasek Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ : ja BGHR

Bundesgerichtshof Urteil, 14. März 2005 - II ZR 153/03

bei uns veröffentlicht am 14.03.2005

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 153/03 Verkündet am: 14. März 2005 Vondrasek Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGB §
27 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Dez. 2009 - II ZR 63/08.

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 118/14 Verkündet am: 22. Dezember 2015 Böhringer-Mangold Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2015:221215UVIZR11

Bundesgerichtshof Urteil, 27. Sept. 2011 - II ZR 221/09

bei uns veröffentlicht am 27.09.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES Urteil II ZR 221/09 Verkündet am: 27. September 2011 Vondrasek Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 543 Abs

Referenzen

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

(1) Die Hauptversammlung beschließt alljährlich in den ersten acht Monaten des Geschäftsjahrs über die Entlastung der Mitglieder des Vorstands und über die Entlastung der Mitglieder des Aufsichtsrats. Über die Entlastung eines einzelnen Mitglieds ist gesondert abzustimmen, wenn die Hauptversammlung es beschließt oder eine Minderheit es verlangt, deren Anteile zusammen den zehnten Teil des Grundkapitals oder den anteiligen Betrag von einer Million Euro erreichen.

(2) Durch die Entlastung billigt die Hauptversammlung die Verwaltung der Gesellschaft durch die Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats. Die Entlastung enthält keinen Verzicht auf Ersatzansprüche.

(3) Die Verhandlung über die Entlastung soll mit der Verhandlung über die Verwendung des Bilanzgewinns verbunden werden.

(4) (weggefallen)

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 195/06 Verkündet am:
19. Februar 2009
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
UHU

a) Hat der Kläger sein Klagebegehren auf Ansprüche aus einem Markenrecht
und aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz gestützt,
kann das Berufungsgericht die Revision beschränkt auf die markenrechtlichen
oder die wettbewerbsrechtlichen Ansprüche zulassen.

b) Eine Marke kraft Verkehrsgeltung nach § 4 Nr. 2 MarkenG braucht nicht graphisch
darstellbar i.S. von § 8 Abs. 1 MarkenG zu sein.

c) Für die Marke kraft Verkehrsgeltung gilt das Gebot der Bestimmtheit. Bei einer
als Marke kraft Verkehrsgeltung beanspruchten Farbkombination müssen
die systematische Anordnung und das flächenmäßige Verhältnis der Farben
klar und eindeutig bestimmt sein.
BGH, Urteil vom 19. Februar 2009 - I ZR 195/06 - OLG Köln
LG Köln
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 19. Februar 2009 durch die Richter Dr. Bergmann, Prof. Dr. Büscher,
Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff und Dr. Koch

für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 13. Oktober 2006 wird als unzulässig verworfen, soweit mit ihr die Klageanträge im Hinblick auf Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz weiterverfolgt werden, und im Übrigen zurückgewiesen.
Die Kosten der Revision trägt die Klägerin.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin produziert und vertreibt Klebstoffe unter der Marke "UHU". Sie ist seit 1932 mit ihrem Produkt "UHU Alleskleber" auf dem Markt. Die Klebstofftube und die Umverpackung sind in der Grundfarbe Gelb mit schwarzer Beschriftung gehalten. In derselben farblichen Aufmachung vertreibt die Klägerin seit Jahrzehnten das Produkt "UHU Flinke Flasche".

2
Zur Produktpalette der Klägerin gehören darüber hinaus verschiedene als Sekundenkleber bezeichnete Klebstoffe. Die Behältnisse dieser Kleber weisen eine schwarze Kappe und das in schwarzer Schrift herausgestellte Markenwort "UHU" auf. Für die weitere Beschriftung verwendet die Klägerin neben Schwarz auch die Farben Weiß und Rot. Die gelbe Grundfarbe der Behältnisse des Klebstoffs wird im unteren Drittel teilweise von einer roten Farbgebung abgelöst , die zum unteren Ende hin breiter wird. Die Verpackungskartons sind entsprechend gestaltet. Bei einem der von der Klägerin angebotenen Sekundenkleber enthält die Umverpackung einen grünen Streifen mit der Angabe "ohne Lösungsmittel, keine stechenden Dämpfe". Die Klägerin bietet ferner Spezialklebstoffe für besondere Materialien an, bei denen sie für die Klebstoffbehältnisse und die Umverpackung neben der Grundfarbe Gelb die Farbe Blau verwendet.
3
Zum Produktprogramm der Beklagten, die ebenfalls Klebstoffe vertreibt, gehört seit Anfang des Jahres 2005 ein Sekundenkleber mit der Bezeichnung "PERFECT". Die Klebstofftuben und die Verpackungsaufmachungen dieses Klebstoffs sind in den Grundfarben Gelb, Schwarz und Rot gehalten. Für die Beschriftungen hat die Beklagte ebenfalls diese Farben und die Farbe Weiß gewählt. Die Einzelheiten der Aufmachung ergeben sich aus den im Klageantrag wiedergegebenen Abbildungen.
4
Die Klägerin hat behauptet, sie sei mit einem Marktanteil zwischen 72% und 89% in den Jahren von 1987 bis 2003 im Produktsektor "Alleskleber" Marktführerin gewesen. Gleiches gelte für die als Sekundenkleber bezeichneten Klebstoffe, bei der sich ihr Marktanteil zwischen 41% und 50% bewegt habe. Mit der Farbkombination Gelb/Schwarz verfüge sie über eine überragende Verkehrsbekanntheit für Klebstoffe. Die Klägerin meint, sie habe deshalb eine Mar- ke kraft Verkehrsgeltung bezogen auf Klebstoffprodukte erworben. Sie sieht den Vertrieb des von der Beklagten angebotenen Klebstoffs in der angegriffenen Aufmachung als eine Verletzung ihres Markenrechts und nach den Grundsätzen des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes als wettbewerbswidrig an.
5
Die Klägerin hat beantragt, I. die Beklagte zu verurteilen, 1. es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr Sekundenkleber in der nachstehend wiedergegebenen Ausstattung anzubieten , zu bewerben und/oder in den Verkehr zu bringen:
6
Die Klägerin hat zudem einen Auskunftsanspruch gegen die Beklagte geltend gemacht und die Feststellung der Schadensersatzverpflichtung begehrt.
7
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat einen Markenschutz der Klägerin für eine konturlose Farbmarke mit den Farben Gelb und Schwarz in Abrede gestellt.
8
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt (LG Köln, Urt. v. 3.2.2006 - 81 O 100/05, juris).
9
Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen (OLG Köln GRUR-RR 2007, 100).
10
Mit ihrer vom Berufungsgericht auf die Abweisung der markenrechtlichen Ansprüche beschränkt zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


11
I. Das Berufungsgericht hat einen Unterlassungsanspruch sowohl nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 5 MarkenG als auch wegen vermeidbarer Herkunftstäuschung und wegen Ausnutzung und Beeinträchtigung der Wertschätzung der Produkte der Klägerin nach § 8 Abs. 1, §§ 3, 4 Nr. 9 lit. a und b UWG sowie Ansprüche auf Auskunftserteilung und Schadensersatzansprüche verneint. Zur Begründung hat es ausgeführt:
12
Die Klägerin verfüge nicht über die von ihr in Anspruch genommene Marke kraft Verkehrsgeltung. Sie beanspruche als Benutzungsmarke jede beliebige Kombination der Farben Gelb und Schwarz mit der einzigen Einschränkung , dass die Farbe Schwarz einen Anteil von weniger als 50% ausmache. An einer solchen Marke könne mangels graphischer Darstellbarkeit kein Markenschutz durch Eintragung erworben werden, weil die systematische Anordnung der betreffenden Farben in vorher festgelegter und beständiger Weise fehle. Diese Maßstäbe seien auch bei der Marke kraft Verkehrsgeltung nach § 4 Nr. 2 MarkenG anzuwenden. Zwar sehe das deutsche Markenrecht das Merkmal der graphischen Darstellbarkeit gemäß § 8 Abs. 1 MarkenG als absolutes Schutzhindernis nur für Registermarken vor. Graphisch nicht darstellbare Zeichen blieben nach § 8 Abs. 1 MarkenG jedoch selbst dann von der Eintragung ausgeschlossen , wenn sie sich in den beteiligten Verkehrskreisen i.S. von § 8 Abs. 3 MarkenG durchgesetzt hätten. Es sei nicht einzusehen, dem Zeichen bei (niedrigerer) Verkehrsgeltung Schutz als Benutzungsmarke zuzubilligen.
13
Der Klägerin stünden auch keine Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz zu. Eine Herkunftstäuschung liege nicht vor, weil der Verbraucher unabhängig von den unterschiedlichen Wortbezeichnungen "UHU" und "PERFECT" auf den von den Parteien vertriebenen Produkten die Unterschiede in den sich gegenüberstehenden Aufmachungen erkenne und daher keiner Herkunftstäuschung unterliege. Es sei auch nicht anzunehmen, dass durch die angegriffene Warengestaltung der Beklagten die Wertschätzung der Produkte der Klägerin unangemessen ausgenutzt oder beeinträchtigt werde.
14
II. Die Revision ist teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet.
15
1. Die Revision ist unzulässig, soweit sie sich dagegen richtet, dass das Berufungsgericht die geltend gemachten Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz nach § 8 Abs. 1, § 9 Satz 1, §§ 3, 4 Nr. 9 lit. a und b UWG i.V. mit § 242 BGB verneint hat. Wegen dieser Ansprüche ist die Revision vom Berufungsgericht nicht zugelassen worden und das Rechtsmittel daher gemäß § 543 Abs. 1 ZPO unstatthaft.
16
a) Das Berufungsgericht hat die Revision nur beschränkt im Hinblick auf die Abweisung der markenrechtlichen Ansprüche der Klägerin zugelassen. Diese Beschränkung ist wirksam.
17
b) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann das Berufungsgericht die Zulassung der Revision auf einen rechtlich selbständigen und abtrennbaren Teil des Streitstoffs beschränken, der Gegenstand eines Teiloder Zwischenurteils sein könnte oder auf den der Revisionskläger selbst seine Revision beschränken könnte (BGH, Urt. v. 21.9.2006 - I ZR 2/04, NJW-RR 2007, 182 Tz. 19 = TranspR 2006, 451; Urt. v. 30.3.2007 - V ZR 179/06, NJW 2007, 2182 Tz. 6). Nicht zulässig ist es dagegen, die Revision auf einzelne von mehreren Anspruchsgrundlagen oder auf bestimmte Rechtsfragen zu beschränken (BGH NJW-RR 2007, 182 Tz. 19). Die von der Klägerin verfolgten Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz bilden jedoch einen abtrennbaren Teil des Gesamtstreitstoffs, weil die wettbewerbsrechtlichen Ansprüche nach § 8 Abs. 1, § 9, §§ 3, 4 Nr. 9 UWG und die markenrechtlichen Ansprüche verschiedene Streitgegenstände darstellen.
18
Der Streitgegenstand (der prozessuale Anspruch) wird durch den Klageantrag , in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert , und den Lebenssachverhalt bestimmt, aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet (BGHZ 166, 253 Tz. 25 - Markenparfümverkäufe; BGH, Urt. v. 20.9.2007 - I ZR 6/05, GRUR 2007, 1071 Tz. 56 = WRP 2007, 1461 - Kinder II). Nichts anderes gilt bei der Verfolgung von Rechten aus Marken kraft Verkehrsgeltung (vgl. BGH GRUR 2007, 1071 Tz. 57 - Kinder II; BGH, Urt. v. 20.9.2007 - I ZR 94/04, GRUR 2007, 1066 Tz. 61 = WRP 2007, 1466 - Kinderzeit). Der Kläger bestimmt hier durch seinen Vortrag über die Entstehung des Schutzrechts als Teil des Lebenssachverhalts den Streitgegenstand. Von diesen Maßstäben ist auch für das Verhältnis zwischen Ansprüchen aus einem Markenrecht und aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz auszugehen. Werden neben einem Anspruch aus einem Schutzrecht Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz geltend gemacht, handelt es sich um zwei Streitgegenstände (vgl. BGH, Urt. v. 7.12.2000 - I ZR 146/98, GRUR 2001, 755, 757 = WRP 2001, 804 - Telefonkarte ). Diese bilden jeweils einen selbständigen Teil des Streitstoffs, auf den die Zulassung der Revision beschränkt werden kann.
19
2. Die Revision ist zulässig, jedoch unbegründet, soweit sie sich gegen die Abweisung der auf eine Marke kraft Verkehrsgeltung gestützten Klageanträge richtet. Der Klägerin stehen der markenrechtliche Unterlassungsanspruch nach § 4 Nr. 2, § 14 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 5 MarkenG gegen die Benutzung der im Klageantrag zu I 1 wiedergegebenen Aufmachung sowie der Auskunftsanspruch (§ 242 BGB) und der mit dem Feststellungsantrag geltend gemachte Schadensersatzanspruch (§ 14 Abs. 6 MarkenG) nicht zu.
20
Das Berufungsgericht ist mit Recht davon ausgegangen, dass für die Klägerin nicht die von ihr beanspruchte Marke kraft Verkehrsgeltung nach § 4 Nr. 2 MarkenG an der Farbkombination Gelb/Schwarz entstanden ist.
21
a) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klägerin begehre Schutz für eine aus den Farben Gelb und Schwarz bestehende konturlose Benut- zungsmarke, bei der die Verwendung der gelben gegenüber der schwarzen Farbe überwiege, im Übrigen aber die Farbzusammenstellung ganz unbestimmt und frei wählbar sei. Für eine derartige Marke sei der Markenschutz ausgeschlossen , weil sie nicht graphisch i.S. von § 8 Abs. 1 MarkenG darstellbar sei. Das Erfordernis der graphischen Darstellbarkeit gelte auch für die Benutzungsmarke. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand. Die Benutzungsmarke unterfällt zwar nicht der Vorschrift des § 8 Abs. 1 MarkenG (dazu II 2 b und c aa). Die von der Klägerin beanspruchte Marke genügt jedoch nicht dem Gebot der Bestimmtheit, das auch für Benutzungsmarken gilt (dazu II 2 c bb).
22
b) An einem Zeichen, das in einer Farbe oder in einer Farbkombination ohne konkrete Konturierung besteht, können die Rechte einer Benutzungsmarke nach § 4 Nr. 2 MarkenG erworben werden, wenn die allgemeinen Kriterien der Markenfähigkeit (§ 3 MarkenG) gegeben sind und für das Zeichen durch Benutzung Verkehrsgeltung erlangt worden ist (BGHZ 156, 126, 134 - Farbmarkenverletzung I, m.w.N.).
23
Für die Bestimmung des Schutzgegenstands der Benutzungsmarke ist von der konkreten Gestaltung auszugehen, in der das Zeichen dem Publikum entgegentritt (vgl. BGH, Urt. v. 10.7.1981 - I ZR 124/79, GRUR 1982, 51, 52 - Rote-Punkt-Garantie; Urt. v. 6.5.1982 - I ZR 94/80, GRUR 1982, 672, 674 - Aufmachung von Qualitätsseifen zum Ausstattungsschutz nach § 25 WZG; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 2. Aufl., § 4 Rdn. 13). Soweit unterschiedliche Aufmachungen gewisse gemeinsame Merkmale aufweisen, kann ihnen Zeichenschutz zukommen, wenn sie auf eine gemeinsame Herkunft der Produkte hinweisen (vgl. BGH, Urt. v. 23.6.1967 - Ib ZR 54/66, GRUR 1968, 371, 374 - Maggi; BGH GRUR 1982, 672, 674 - Aufmachung von Qualitätsseifen). Die übereinstimmenden Merkmale, für die Zeichenschutz beansprucht wird, sind jedoch eindeutig zu bestimmen (vgl. BGH GRUR 1968, 371, 374 - Maggi).
24
c) Die Klägerin hat zur Beurteilung der Merkmale der von ihr beanspruchten Marke kraft Verkehrsgeltung auf die Aufmachungen ihrer Klebstoffprodukte Bezug genommen, die vollständig oder teilweise in der Grundfarbe Gelb und der Farbe Schwarz gehalten sind. Sie beansprucht auf der Grundlage dieser Aufmachungen als Benutzungsmarke jede beliebige Kombination der Farben Gelb und Schwarz, wenn der Anteil der gelben Farbe gegenüber der schwarzen Farbgebung überwiegt.
25
Zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass diese Merkmale nicht Schutzgegenstand einer Marke kraft Verkehrsgeltung sein können. Die Marke wird durch diese Merkmale nicht hinreichend bestimmt.
26
aa) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts folgt dies allerdings nicht bereits aus einer mangelnden graphischen Darstellbarkeit i.S. von § 8 Abs. 1 MarkenG der von der Klägerin beanspruchten Benutzungsmarke. Zu Recht macht die Revision geltend, dass die Vorschrift des § 8 Abs. 1 MarkenG auf Marken kraft Verkehrsgeltung i.S. von § 4 Nr. 2 MarkenG nicht anwendbar ist.
27
(1) Zum Register angemeldete Marken sind gemäß § 8 Abs. 1 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen, wenn sie nicht graphisch darstellbar sind. Bei abstrakt und konturlos beanspruchten Farben erfordert die graphische Darstellbarkeit eine systematische Anordnung der Farben in der Weise, dass sie in vorher festgelegter und beständiger Weise verbunden sind. Die bloße form- und konturlose Zusammenstellung zweier Farben oder deren Nennung "in beliebiger Anordnung zueinander" reicht dafür nicht aus. Eine solche Anmeldung erfüllt nicht die Anforderungen an die Eindeutigkeit und Beständigkeit, die Voraussetzungen für die graphische Darstellbarkeit der Marke sind (vgl. EuGH, Urt. v. 24.6.2004 - C-49/02, Slg. 2004, I-6129 = GRUR 2004, 858 Tz. 33 - Heidelberger Bauchemie; BGHZ 169, 167 Tz. 13 - Farbmarke gelb/grün II).
28
(2) Im Schrifttum ist umstritten, ob das Merkmal der graphischen Darstellbarkeit auch für die Schutzfähigkeit von Benutzungsmarken gilt. Zum Teil wird angenommen, bei dem Erfordernis der graphischen Darstellbarkeit handele es sich gemäß Art. 2 der Markenrechtsrichtlinie um ein allgemeines Merkmal der Markenfähigkeit, das auch für die Benutzungsmarke zu gelten habe. Um eine Rechtszersplitterung zu vermeiden, dürften im nationalen Recht keine graphisch nicht darstellbaren Benutzungsmarken anerkannt werden. Es sei Ziel des Markengesetzes, alle Markenrechte einheitlich zu behandeln (vgl. Fezer, Markenrecht, 3. Aufl., § 3 Rdn. 201 und § 4 Rdn. 99; Lange, Marken- und Kennzeichenrecht, Rdn. 251 und 350; Ekey in HK-MarkenR, 2. Aufl., § 4 Rdn. 33; Marx, Deutsches, europäisches und internationales Markenrecht, 2. Aufl., Rdn. 145).
29
Nach der Gegenauffassung hat der nationale Gesetzgeber das Merkmal der graphischen Darstellbarkeit bewusst nicht als Kriterium der allgemeinen Markenfähigkeit nach § 3 MarkenG ausgestaltet, sondern es nur als absolutes Schutzhindernis für Registermarken nach § 8 Abs. 1 MarkenG vorgesehen. Aus der Markenrechtsrichtlinie folge nichts Abweichendes, da diese sich nur mit Registermarken befasse. Zeichenformen, denen die graphische Darstellbarkeit fehle, könnten somit als Benutzungsmarke markenfähig sein (vgl. Hacker in Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl., § 4 Rdn. 12; Schalk in Büscher/Dittmer/ Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz, Urheberrecht, Medienrecht, § 4 MarkenG Rdn. 5; Viefhues/Klauer, GRUR Int. 2004, 584, 586; Berlit, GRUR-RR 2007, 97, 99; Psczolla, MarkenR 2007, 193, 196).

30
(3) Die Bedeutung des Erfordernisses der graphischen Darstellbarkeit liegt darin, im Eintragungsverfahren der Beurteilung der Marke eine festgelegte Form zugrunde legen zu können, die Eintragung ins Register überhaupt zu ermöglichen und die Eintragung im Interesse der Allgemeinheit zur Unterrichtung über die in Kraft stehenden Marken und ihren Schutzbereich zu veröffentlichen (vgl. EuGH, Urt. v. 12.12.2002 - C-273/00, Slg. 2002, I-11737 = GRUR 2003, 145 Tz. 47-51 = WRP 2003, 249 - Sieckmann; EuGH GRUR 2004, 858 Tz. 26-30 - Heidelberger Bauchemie; BGHZ 169, 175 Tz. 13 - Tastmarke). Dieser an der Registereintragung anknüpfende Zweck scheidet bei Marken kraft Verkehrsgeltung von vornherein aus. Nach der Begründung zum Regierungsentwurf des Markengesetzes wurde das Merkmal der graphischen Darstellbarkeit nach Art. 2 MarkenRL in die Bestimmung des § 8 Abs. 1 MarkenG aufgenommen , weil es nur für eingetragene oder angemeldete Marken gelten sollte (vgl. BT-Drucks. 12/6581, S. 70). Auf Benutzungsmarken ist die Bestimmung des § 8 Abs. 1 MarkenG somit nicht anwendbar. Der Schutz einer Benutzungsmarke richtet sich vielmehr nach der konkreten Gestaltung, wie sie dem Publikum entgegentritt. Das verhilft der Revision jedoch nicht zum Erfolg.
31
bb) Für die Marke kraft Verkehrsgeltung i.S. von § 4 Nr. 2 MarkenG gilt das Gebot der Bestimmtheit. Der Kläger, der im Verletzungsprozess Rechte aus einer Benutzungsmarke geltend macht, muss - ebenso wie der Anmelder einer Registermarke - die beanspruchte Marke eindeutig bestimmen (vgl. Hacker in Ströbele/Hacker aaO § 4 Rdn. 3). Die Verkehrsgeltung muss sich deshalb auf ein konkretes Zeichen und nicht auf abstrakte Einzelmerkmale beziehen (vgl. OLG Frankfurt GRUR 2000, 1063, 1066; Ingerl/Rohnke aaO § 4 Rdn. 13). Das schließt es zwar nicht aus, dass eine einzelne Farbe ohne räumliche Begrenzung die Voraussetzungen der Benutzungsmarke nach § 4 Nr. 2 MarkenG erfüllen kann (vgl. BGHZ 156, 126, 135 - Farbmarkenverletzung I).
Davon kann aber nicht in gleicher Weise ausgegangen werden, wenn Schutz für Farbkombinationen in beliebiger Variation beansprucht wird, selbst wenn eine der Farben als Grundfarbe überwiegt.
32
(1) Auch bei Benutzungsmarken muss das Zeichen deshalb klar und eindeutig bestimmt sein. Weisen verschiedene Varianten einer Aufmachung gemeinsame Merkmale auf, z.B. in Gestalt einer bestimmten Farbkombination, müssen diese genau definiert werden. Der Verkehr, auf dessen Verständnis es für die Beurteilung der Gestaltung des Zeichens und seiner Verkehrsgeltung ankommt (vgl. BGH, Urt. v. 26.6.2008 - I ZR 190/05, GRUR 2008, 917 Tz. 38 = WRP 2008, 1319 - EROS), hat keinen Anlass, Merkmale weiter zu abstrahieren als sie ihm tatsächlich begegnen. Soweit älteren Entscheidungen des Senats zum Ausstattungsschutz nach § 25 WZG etwas anderes zu entnehmen sein sollte (vgl. BGH GRUR 1968, 371, 374 - Maggi; GRUR 1982, 672, 674 - Aufmachung von Qualitätsseifen), lässt sich dies auf den Schutz von Marken kraft Verkehrsgeltung i.S. von § 4 Nr. 2 MarkenG nicht übertragen.
33
Die Klägerin muss danach bei einer als Benutzungsmarke beanspruchten Farbkombination konkrete Angaben zur systematischen Anordnung (z.B. zur Grundfarbe und zur Schriftfarbe) und zum flächenmäßigen Verhältnis der Farben bei der beanspruchten Benutzungsmarke machen. Es reicht nicht aus, zwei Farben zu benennen, die in jeder beliebigen Anordnung und Kombination auch mit anderen Farben Verwendung finden können.
34
(2) Diesen Anforderungen an die Bestimmtheit der Marke genügt die von der Klägerin beanspruchte Farbmarke Gelb/Schwarz nicht.
35
Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass die Klägerin für die von ihr beanspruchte Benutzungsmarke keine systematische Anordnung der Farben Gelb und Schwarz bestimmt hat. Die Klägerin hat keine Angaben dazu gemacht , aus denen sich eine konkrete Verbindung der beanspruchten Farben, ein Muster oder ein exaktes Flächenverhältnis ergibt und ob eine der Farben nur Grundfarbe ist und die andere Farbe nur für Schriftelemente oder andere graphische oder funktionelle Elemente verwendet wird. Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts besteht die einzige von der Klägerin vorgenommene Einschränkung darin, dass der gelbe Farbton den schwarzen Farbanteil überwiegt. Dies reicht nicht aus, um die danach verbleibende unübersehbare Vielfalt denkbarer Gestaltungsmöglichkeiten zu begrenzen und die von der Klägerin beanspruchte Benutzungsmarke hinreichend zu bestimmen.
36
Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden. Die Frage, ob die Klägerin eine Marke kraft Verkehrsgeltung ohne systematische Anordnung der Farben Gelb und Schwarz beanspruchen kann, ist eine Rechtsfrage. Der Klägerin ist auch nicht durch Zurückweisung der Sache an das Berufungsgericht Gelegenheit zu geben, die Angabe einer konkreten Farbkombination nachzuholen. Zwischen den Parteien war bereits in der Berufungsinstanz umstritten, ob die Klägerin Schutz für eine konturlose Farbkombination als Benutzungsmarke beanspruchen kann, ohne dass die Klägerin eine bestimmte Farbkombination bezeichnet hat.
37
d) Ansprüche auf Auskunftserteilung und Schadensersatz sind ebenfalls nicht gegeben, weil die Beklagte kein der Klägerin zustehendes Markenrecht verletzt hat.
38
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Bergmann Büscher Schaffert
Kirchhoff Koch
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 03.02.2006 - 81 O 100/05 -
OLG Köln, Entscheidung vom 13.10.2006 - 6 U 59/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 153/03 Verkündet am:
14. März 2005
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein

a) Das grundsätzlich nicht anzuerkennende Recht, einen Mitgesellschafter ohne
Vorhandensein eines sachlichen Grundes aus einer GmbH auszuschließen,
kann dann nicht als sittenwidrig angesehen werden, wenn als Grund für die
Ausschließung in der Satzung die ordentliche Beendigung eines Kooperationsvertrages
bestimmt ist, dem gegenüber die gesellschaftsrechtliche Bindung
von gänzlich untergeordneter Bedeutung ist, weil mit ihr keine Chancen
verbunden sind, die nicht bereits aufgrund des Kooperationsvertrages bestehen.

b) Anfechtungsgründe gegenüber einem Gesellschafterbeschluß müssen, soll
die Anfechtungsfrist des § 246 Abs. 1 AktG nicht funktionslos werden, innerhalb
dieser Frist geltend gemacht werden, eine zeitlich unbegrenzte Einführung
solcher Gründe kommt nicht in Betracht (Klarstellung von BGHZ 152, 1,
6).
BGH, Urteil vom 14. März 2005 - II ZR 153/03 - OLG Frankfurt
LG Fulda
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
Verhandlung vom 14. März 2005 durch den Vorsitzenden Richter
Dr. h.c. Röhricht und die Richter Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly, Münke und
Dr. Gehrlein

für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 1. Kartellsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 1. April 2003 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Gegenstand der beklagten Gesellschaft ist die Errichtung, die Organisation und der Betrieb einer internationalen Kooperation nationaler Paketdienste. Gesellschafter sind die jeweils in ihren Ländern exklusiv als Partner des Systems tätigen "nationalen Partner". Zwischen der Beklagten und den nationalen Partnern bestehen Kooperationsverträge, die im einzelnen die gegenseitigen Rechte und Pflichten festlegen. Diese Verträge sind auf unbestimmte Zeit geschlossen. Die ordentliche Kündigungsfrist beträgt zwölf Monate zum Monatsende; außerdem ist bestimmt, daß die Verträge aus wichtigem Grund jederzeit gekündigt werden können, wobei - in nicht abschließender Form - eine Reihe von Umständen aufgeführt sind, die als wichtiger Grund gelten sollen. In § 8 Abs. 2 lit. a der Satzung der Beklagten war ursprünglich vorgesehen, daß der Beklagten eine call-option zusteht, wenn ein Gesellschafter nicht mehr in
das von ihr organisierte Paketsystem als nationaler Partner eingegliedert ist. Die zwangsweise Einziehung eines Geschäftsanteils war nach § 9 aaO u.a. für den Fall der Kündigung der Gesellschaft seitens eines Gesellschafters oder bei einem Verstoß gegen das gesellschaftsvertragliche Wettbewerbsverbot zugelassen. Im Dezember 1995 wurde eine Satzungsänderung beschlossen, die die genannte call-option aufhob und als neuen Einziehungsgrund den Fall aufführte , daß ein Gesellschafter nicht mehr nationaler Partner ist. Ob diese am 15. März 2002 in das Handelsregister eingetragene Satzungsänderung wirksam beschlossen worden ist, ist zwischen den Parteien umstritten.
Die Klägerin, eine Gesellschaft spanischen Rechts mit Sitz in S., die zu den Gründungsgesellschaftern der Beklagten gehörte und einen Geschäftsanteil von 4.440,00 € (= 4,278 % des Stammkapitals) hält, war die für Spanien zuständige Organisation. Mit Beschluß vom 20. März 2001 hat die Gesellschafterversammlung der Beklagten den Geschäftsführer der Klägerin aus dem Beirat - er ist u.a. zuständig für die Bestellung und Abberufung der Geschäftsführer der Beklagten - abberufen und beschlossen, der beabsichtigten Kündigung des mit der Klägerin geschlossenen Kooperationsvertrages zum 31. März 2002 zuzustimmen und die Geschäftsführung anzuweisen, die Kündigung auszusprechen. Der Beschluß der Versammlung lautet:
"The Shareholder Meeting instructs the Management to terminate the Co-Operation Agreement with R. L. in accordance with the contractual notice period" Zeitgleich mit dieser Gesellschafterversammlung hat der dort neugewählte Beirat den bisherigen Geschäftsführer T. abberufen und an seiner Stelle Th. A. zum Geschäftsführer bestellt. Dieser sprach namens der Gesellschaft mit Schreiben vom 21. März 2001 gegenüber der Klägerin die Kündigung des Kooperationsvertrages zum 31. März 2002 aus; diesem Schreiben, in wel-
chem Herr A. mitteilte, zum Geschäftsführer der Beklagten bestellt worden zu sein, war ein die Abberufung des bisherigen und die Bestellung des neuen Geschäftsführers betreffender Auszug aus dem Protokoll der Gesellschafterversammlung vom 20. März 2001 beigefügt.
Den Beschluß der Gesellschafterversammlung und die Kündigung des Kooperationsvertrages hält die Klägerin für unwirksam, weil sie auf diese Weise gleichzeitig ihre Gesellschafterstellung - sei es auf dem Wege der Ausübung der call-option, sei es auf dem der Zwangseinziehung - verliere, ohne daß dafür ein sachlicher Grund bestehe. Mit ihrer am 4. Mai 2001 bei Gericht eingegangenen Anfechtungs- und Feststellungsklage hat sie auf Nichtigerklärung des Beschlusses vom 20. März 2001 und auf die Feststellung angetragen, daß die ausgesprochene Kündigung des Kooperationsvertrags unwirksam ist. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Während des Berufungsverfahrens hat die Klägerin - gestützt auf ein von ihr inzwischen eingeholtes Rechtsgutachten - ihr Begehren auch damit begründet, ihr sei in der Gesellschafterversammlung das rechtliche Gehör verweigert worden, weil man ihrem Geschäftsführer den Grund für die Kündigung des Vertrags nicht mitgeteilt habe; außerdem sei damit ihr Informationsrecht aus § 51 a GmbHG verletzt worden. Schließlich hat sie sich darauf berufen, daß Herr A. bei der Kündigung nicht alleinvertretungsberechtigtes Organ der Beklagten gewesen sei; sie bestreitet in diesem Zusammenhang , daß dem abberufenen Geschäftsführer T. die Entschließung der Gesellschafterversammlung vor Ausspruch der Kündigung mitgeteilt worden sei. Deswegen hat sie mit Schreiben vom 13. November 2002 die Kündigung auch wegen fehlender (Allein-)Vertretungsmacht des Herrn A. zurückgewiesen. Während des zweitinstanzlichen Verfahrens hat die Gesellschafterversammlung der Beklagten beschlossen, von der call-option Gebrauch zu machen bzw. den Geschäftsanteil der Klägerin einzuziehen. Die Berufung der Klä-
gerin blieb erfolglos. Hiergegen richtet sich die - vom Berufungsgericht zugelassene - Revision der Klägerin.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist nicht begründet. Das Berufungsgericht hat die klageabweisende Entscheidung des Landgerichts mit Recht bestätigt. Der angefochtene Beschluß der Gesellschafterversammlung vom 20. März 2001 und die zwecks seiner Umsetzung ausgesprochene ordentliche Kündigung des Kooperationsvertrages sind formell und materiell wirksam.
1. Das nach dem Kooperationsvertrag in das freie Ermessen beider Vertragsteile gestellte Recht, den Vertrag ordentlich zu kündigen, ist für die Beklagte nicht deswegen eingeschränkt, weil die Beendigung des Kooperationsvertrages der Beklagten die Möglichkeit eröffnet, die Gesellschafterstellung der Klägerin auf dem satzungsrechtlich vorgegebenen Weg zu beenden.

a) Auch die Klägerin verkennt nicht, daß der Kooperationsvertrag, der zwischen einer ordentlichen - erst zum Ablauf des zwölften Monats nach der Erklärung wirkenden - und einer aus wichtigem Grund jederzeit möglichen Kündigung unterscheidet und hinsichtlich des Rechts zu ordentlicher Kündigung beide Vertragsparteien gleich behandelt, keinen Anhaltspunkt für ihre Auffassung gibt, der Beklagten sei auch eine ordentliche Kündigung nur bei Vorhandensein eines wichtigen Grundes erlaubt.

b) Zu Unrecht meint die Klägerin, die Einschränkung des in dem Kooperationsvertrag vereinbarten freien, gerade nicht an besondere Gründe gebundenen ordentlichen Kündigungsrechts ergebe sich aus gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen.
aa) Nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats (BGHZ 125, 74, 79 m.w.Nachw.; Urt. v. 8. März 2004 - II ZR 165/02, ZIP 2004, 903 = WM 2004, 985; vgl. ferner zum Meinungsstand im Schrifttum Münch.Komm.z.BGB/Ulmer, 4. Aufl. § 737 Rdn. 17) kann allerdings eine gesellschaftsvertragliche Regelung nicht anerkannt werden, die einem einzelnen Gesellschafter das Recht einräumt , Mitgesellschafter ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes aus einer Personengesellschaft oder einer GmbH (BGHZ 112, 103 ff.) auszuschließen. Tragende Erwägung hierfür ist, den von der Ausschließung oder Kündigung bedrohten Gesellschafter zu schützen. Denn das freie Kündigungsrecht des anderen Teils kann von ihm als Disziplinierungsmittel empfunden werden, so daß er aus Sorge, der Willkür des ausschließungsberechtigten Gesellschafters ausgeliefert zu sein, nicht frei von seinen Mitgliedschaftsrechten Gebrauch macht oder seinen Gesellschafterpflichten nicht nachkommt, sondern sich den Vorstellungen der anderen Seite beugt ("Damoklesschwert" vgl. BGHZ 81, 263, 268; BGHZ 105, 213, 217).
bb) Einem solchen gesellschaftsvertraglich begründeten "Hinauskündigungsrecht" ist die hier zu beurteilende Fallgestaltung - anders als die Klägerin meint - schon nicht unmittelbar vergleichbar. Nach der Satzung ist nicht einem einzelnen Gesellschafter die Entscheidung überlassen, über die Zustimmung zur Kündigung eines der zwischen der Gesellschaft und ihren Gesellschaftern bestehenden Kooperationsvertrages zu befinden, vielmehr beschließen hierüber die gleichzeitig als nationale Partner in das Paketsystem eingegliederten Gesellschafter. Allenfalls durch eine Übernahme einer größeren Zahl der nationalen Partner durch einen der Gesellschafter kann sich im Laufe der Zeit eine Situation ergeben, in der dieser, weil er nunmehr die Mehrheit der Stimmen in der Gesellschafterversammlung besitzt, wie ein Gesellschafter mit gesellschaftsvertraglich begründeten Befugnissen einen anderen Gesellschafter auf
dem Zwischenschritt über die an keine sachliche Voraussetzung gebundene Beendigung des Kooperationsvertrages aus der Gesellschaft entfernen kann.
cc) Selbst wenn man mit der Klägerin diese faktisch gewonnene Entscheidungsmacht den genannten Fällen eines gesellschaftsvertraglich eingeräumten "Hinauskündigungsrechts" gleichstellen wollte, ist es nicht als sittenwidrig anzusehen, wenn die Beklagte von den ihr in dem Kooperationsvertrag eingeräumten Befugnissen Gebrauch macht. Der Grundsatz, daß ein einzelner Gesellschafter einen Mitgesellschafter nicht ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ausschließen darf, besteht nämlich nicht ausnahmslos. Durchbrechungen hat der Senat, auch wenn er zunächst keinen Anlaß hatte, deren Voraussetzungen im einzelnen festzulegen (vgl. BGHZ 68, 212, 215; BGHZ 81, 263, 269) als möglich erörtert, sie später für den Fall des Ausschlusses des Erben eines Mitgesellschafters (BGHZ 105, 213 ff.) sowie für den Fall ausdrücklich anerkannt, daß der ausschließungsberechtigte GmbH-Gesellschafter mit Rücksicht auf die enge persönliche Beziehung zu seiner Mitgesellschafterin die volle Finanzierung der Gesellschaft übernommen und der Partnerin die Mehrheitsbeteiligung und die Geschäftsführung eingeräumt hatte (BGHZ 112, 103 ff.). Auch für eine Praxisgemeinschaft von Ärzten hat der Senat ein - zeitlich begrenztes - Hinauskündigungsrecht anerkannt, wenn es allein dazu dient, die Prüfung zu ermöglichen, ob zu dem neuen Partner das notwendige Vertrauen hergestellt werden kann und ob die Gesellschafter auf Dauer in ihrer für die gemeinsame Berufsausübung erforderlichen Weise harmonieren können (Sen.Urt. v. 8. März 2004 aaO).
dd) Ein solcher Ausnahmefall liegt - wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat - auch hier vor. Die entscheidende Bedeutung für die Beziehungen der Gesellschafter bzw. nationalen Partner zu der Beklagten ergibt sich
aus dem Kooperationsvertrag. Er regelt im einzelnen die wechselseitigen Rechte und Pflichten und bestimmt vor allem den wirtschaftlichen Ertrag für den einzelnen Partner; zutreffend hat das Berufungsgericht der Klägerin entgegengehalten , daß nichts näher gelegen hätte, als das Recht zu ordentlicher Kündigung an strengere Voraussetzungen zu knüpfen, wenn wirklich die Absicht bestanden hätte, die Partner vor einer verhältnismäßig kurzfristigen Beendigung der Zusammenarbeit zu schützen.
Die Mitgliedschaft in der Beklagten, von der die Gesellschafter keine nennenswerten Gewinne beziehen, stellt sich gegenüber dem Kooperationsverhältnis als ein bloßer Annex dar; sie verschafft dem einzelnen Gesellschafter keine Chancen, die nicht bereits aufgrund des Kooperationsvertrages bestehen. Die durch die Mitgliedschaft in der Beklagten eröffneten Mitwirkungsmöglichkeiten erschöpfen sich für die Gesellschafter in der Einflußnahme auf die Gestaltung des von der Beklagten betriebenen internationalen Paketnetzdienstes, indem sie in der Gesellschafterversammlung die von den Geschäftsführern vorgelegte Jahresplanung billigen, über die Entlastung der Geschäftsführung entscheiden und die Geschäftsführer - über den von ihnen gewählten Beirat - bestellen, abberufen, sie in ihrer laufenden Arbeit kontrollieren sowie mit darüber befinden, mit welchen Unternehmen eine Kooperation begründet oder aufrechterhalten werden soll. Nur ein zugleich mit der Beklagten durch einen Kooperationsvertrag verbundener Gesellschafter kann diese Mitgliedschaftsrechte sinnvoll ausüben. Umgekehrt ist die Beklagte nach der gesamten Konstruktion des Vertragswerks aber darauf angewiesen, den an Stelle des ausgeschiedenen für das entsprechende Land neu gewonnenen Kooperationspartner in den Kreis der Gesellschafter aufzunehmen. Dem trägt die satzungsrechtliche Möglichkeit, den ehemaligen Partner auf dem Wege der call-option bzw. der Zwangseinziehung aus der Gesellschaft zu entfernen, Rechnung, indem auf
diesem Weg der Gleichlauf von bestehendem Kooperationsvertrag und Gesellschaftereigenschaft hergestellt werden kann.
2. Der angefochtene Gesellschafterbeschluß leidet auch nicht an weiteren Mängeln.

a) Da - wie ausgeführt - der Kooperationsvertrag auch ohne Vorhandensein eines wichtigen Grundes ordentlich gekündigt werden kann, bedarf der entsprechende Beschluß der Gesellschafterversammlung keiner Begründung. Ihren Standpunkt, daß sie keinen Grund für die Beendigung der Zusammenarbeit sieht, hat die Klägerin vor der Beschlußfassung eingehend darlegen können. Darin, daß dem Geschäftsführer der Klägerin in der Gesellschafterversammlung die Gründe im einzelnen nicht dargelegt worden sind, warum die Gesellschaftermehrheit den Kooperationsvertrag mit ihr beenden will, liegt entgegen der Ansicht der Klägerin keine Verletzung ihres Informationsrechts (§ 51 a GmbHG), weil es sich hierbei um Angelegenheiten des einzelnen Gesellschafters und nicht - wie dies nach § 51 a GmbHG erforderlich ist - um solche der Gesellschaft handelt.

b) Abgesehen davon, daß danach Anfechtungsgründe nicht schlüssig vorgetragen sind, hat das Berufungsgericht mit Recht diese erst während des Berufungsverfahrens eingeführten Gründe als verfristet (§ 246 Abs. 1 AktG analog) angesehen. Es entspricht der gefestigten, vom Schrifttum ganz überwiegend zustimmend aufgenommenen (vgl. Hüffer, AktG 6. Aufl. § 246 Rdn. 26 m.eingehenden Nachw.) Rechtsprechung des Senats (BGHZ 120, 141, 156 f.; 134, 364, 366; 137, 378, 386 m.w.Nachw.), daß die Anfechtungsgründe binnen der einen Monat betragenden Anfechtungsfrist geltend gemacht werden müssen. Aus der Entscheidung des Senats vom 22. Juli 2002 (BGHZ 152, 1), in der es allein um den Umfang der Darlegung der Berufungsgründe ging, ergibt sich
entgegen der Ansicht der Klägerin nicht, daß der Anfechtungskläger jederzeit neue Anfechtungsgründe in den Rechtsstreit einführen und damit die vom Gesetzgeber aus wohl erwogenen Gründen geschaffene Vorschrift des § 246 Abs. 1 AktG funktionslos machen dürfe; vielmehr muß bei der Anfechtungsklage binnen der Anfechtungsfrist der nach der genannten Entscheidung den einen Teil des Klagegrundes dieser Klage bildende maßgebliche Lebenssachverhalt , aus dem der Kläger die Anfechtbarkeit des Beschlusses herleiten will, vorgetragen werden (vgl. Hüffer aaO § 246 Rdn. 26; Bork, NZG 2002, 1094 f.; v. Falkenhausen/Kocher, ZIP 2003, 426 ff.; Scholz/K.Schmidt, GmbHG 9. Aufl. § 45 Rdn. 146; a.A. Zöllner in Baumbach/Hueck, GmbHG 17. Aufl. Anh. § 47 Rdn. 80).
3. Auch der Feststellungsantrag ist - wie das Berufungsgericht zutreffend entschieden hat - unbegründet.

a) Auf das Fehlen eines wichtigen Grundes für die Kündigung kann die Klägerin die Unwirksamkeit der Kündigung, wie vorstehend ausgeführt, nicht stützen.

b) Die Wirksamkeit der Kündigung scheitert - anders als die Klägerin meint - auch nicht an der etwa fehlenden organschaftlichen (Allein-)Vertretungsmacht des Geschäftsführers A., der das Kündigungsschreiben unterzeichnet hat. Die Klägerin meint zu Unrecht, der neu berufene Geschäftsführer A. habe bei der Kündigung ausschließlich als organschaftlicher Vertreter der Beklagten handeln können; vielmehr hat er - wie sich aus dem Beschlußprotokoll ergibt - die entsprechende Erklärung kraft einer ihm von der Gesellschafterversammlung eigens zwecks Umsetzung des Beschlusses erteilten Einzelvollmacht mit Wirkung für die Gesellschaft abgegeben. Auf die Frage, ob seinem Vorgänger T. die Entscheidung über seine Abberufung zuvor mitgeteilt
worden war oder ob die Beklagte - wie das Berufungsgericht angenommen hat - das Handeln von Herrn A. stillschweigend genehmigt hat, kommt es danach nicht an.
Röhricht Goette Kurzwelly
Münke Gehrlein

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 255/08 Verkündet am:
6. April 2009
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : ja
BGHR : ja
"Schiedsfähigkeit II"
Beschlussmängelstreitigkeiten im Recht der GmbH sind auch ohne ausdrückliche
gesetzliche Anordnung der Wirkungen der §§ 248 Abs. 1 Satz 1, 249
Abs. 1 Satz 1 AktG grundsätzlich kraft einer dies analog im Gesellschaftsvertrag
festschreibenden Schiedsvereinbarung oder einer außerhalb der Satzung
unter Mitwirkung aller Gesellschafter und der Gesellschaft getroffenen Individualabrede
"schiedsfähig", sofern und soweit das schiedsgerichtliche Verfahren in
einer dem Rechtsschutz durch staatliche Gerichte gleichwertigen Weise - d.h.
unter Einhaltung eines aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Mindeststandards
an Mitwirkungsrechten und damit an Rechtsschutzgewährung für alle ihr
unterworfenen Gesellschafter - ausgestaltet ist (Fortführung von BGHZ 132,
278 - "Schiedsfähigkeit I").
BGH, Urt. v. 6. April 2009 - II ZR 255/08 - OLG Köln
LG Aachen
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. April 2009 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und die Richter Dr. Kurzwelly, Kraemer,
Caliebe und Dr. Drescher

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 20. März 2008 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger ist seit der Gründung der beklagten GmbH im Jahr 1989 an deren Stammkapital zu 50 % als Gesellschafter beteiligt; die beiden weiteren Gesellschafter - Witwe und Sohn des verstorbenen zweiten Gründungsgesellschafters - halten jeweils 25 % des Gesellschaftskapitals. Die Mitgesellschafterin fungiert zugleich als Geschäftsführerin der Beklagten. Zwischen dem Kläger und seinen Mitgesellschaftern bestehen seit Jahren erhebliche Differenzen.
2
Die Gesellschafterversammlung der Beklagten beschloss am 9. Oktober 2006 mit den Stimmen der beiden anderen Gesellschafter in Anwesenheit des Klägers, seinen Geschäftsanteil aus wichtigem Grund einzuziehen. Nachdem der Kläger die Gesellschafterversammlung verlassen hatte, beschlossen die Mitgesellschafter außerdem, dessen Geschäftsanteil auf sich zu übertragen, stellten die Jahresabschlüsse 2003 und 2004 fest und entlasteten die Geschäftsführerin der Beklagten für die Geschäftsjahre 2003 und 2004.
3
Der Kläger hat sämtliche Beschlüsse vor dem Landgericht mit dem Antrag angegriffen, ihre Nichtigkeit festzustellen bzw. sie hilfsweise für nichtig zu erklären. Die Beklagte hat innerhalb der Klageerwiderungsfrist unter Verweis auf den Gesellschaftsvertrag die Einrede des Schiedsvertrages erhoben und diese in der abgesonderten Verhandlung des Landgerichts über die Zulässigkeit der Klage wiederholt.
4
Der Gesellschaftsvertrag der Beklagten aus dem Jahr 1989 enthält insoweit folgende Schiedsklausel: "Rechtsstreitigkeiten in Angelegenheiten der Gesellschaft zwischen der Gesellschaft und den Gesellschaftern oder von Gesellschaftern untereinander in Angelegenheiten der Gesellschaft sollen - soweit gesetzlich zulässig - unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges durch ein aus zwei Beisitzern und einem Vorsitzenden bestehendes Schiedsgericht entschieden werden, von dem, jeweils durch eingeschriebenen Brief an den anderen Teil, die das Schiedsgericht anrufende Partei den einen und die andere Partei binnen zwei Wochen den anderen Beisitzer bestimmt; der Vorsitzende , welcher die Befähigung zum Richteramt besitzen muss, wird durch die Beisitzer binnen zwei Wochen nach Benennung des zweiten Beisitzers bestimmt; benennt die andere Partei ihren Beisitzer oder benennen die Beisitzer den Vorsitzenden nicht frist- und ordnungsgemäß, so werden der zweite Beisitzer bzw. der Vorsitzende auf Antrag einer Partei durch den Präsidenten des für den Gesellschaftssitz zuständigen Landgerichts bestellt ; bei Wegfall eines Schiedsrichters - gleichgültig aus welchem Grund - ist ein anderer Schiedsrichter zu bestellen; insoweit gelten die vorstehenden Bestimmungen entsprechend. Mehrere Beteiligte auf Seiten des Klägers oder des Beklagten gelten im Sinne der vorstehenden Regelungen als die eine bzw. die andere Partei; sie treffen die Entscheidungen innerhalb ihrer Partei mit einfacher Mehrheit der vorhandenen Beteiligten nach Köpfen.
Die gesetzlichen Bestimmungen über das Schiedsverfahren im 10. Buch der Zivilprozessordnung bleiben im Übrigen und auch insoweit, als sie zwingendes Recht darstellen, unberührt."
5
Im Zusammenhang mit der Anfechtung von Gesellschafterbeschlüssen nimmt der Gesellschaftsvertrag zusätzlich auf die Schiedsklausel Bezug. Er macht die Anfechtung von einer Beanstandung des Beschlusses gegenüber der Gesellschaft innerhalb einer vierwöchigen Frist abhängig, die bei Anwesenheit des Anfechtenden mit der Beschlussfassung und für in seiner Abwesenheit gefasste Beschlüsse mit dem Tag der Absendung der Mitteilung über das Abstimmungsergebnis anlaufen soll. Im Übrigen legt er fest, dass - soweit nicht zwingende gesetzliche Bestimmungen entgegenstehen - die Gesellschafter nur dann zur Anfechtung berechtigt sind, wenn sie allein oder zusammen mindestens 25 % des Gesellschaftskapitals repräsentieren.
6
Das Landgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht das Urteil des Landgerichts aufgehoben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen. Dagegen richtet sich die - von dem erkennenden Senat zugelassene - Revision der Beklagten.

Entscheidungsgründe:


7
Die Revision der Beklagten ist unbegründet.
8
I. Das Berufungsgericht ist der Ansicht, Streitigkeiten über die Wirksamkeit von GmbH-Gesellschafterbeschlüssen seien grundsätzlich schiedsfähig. Voraussetzung der Wirksamkeit einer solche Streitigkeiten umfassenden Schiedsklausel sei allerdings, dass alle Gesellschafter nicht nur die Möglichkeit hätten, sich am Schiedsverfahren zu beteiligen, sondern auch auf die Auswahl des Schiedsgerichts Einfluss nehmen könnten, sofern nicht eine neutrale Stelle als Schiedsgericht bestimmt sei. Außerdem müssten alle Streitigkeiten bei einem Schiedsgericht konzentriert sein. Im konkreten Fall seien diese Bedingungen für eine wirksame Schiedsvereinbarung nicht vollständig erfüllt, weil nicht gewährleistet sei, dass alle denselben Beschluss betreffenden Streitigkeiten in einem Schiedsverfahren erledigt würden; zudem sei nicht sichergestellt, dass alle Gesellschafter die Besetzung des Schiedsgerichts mit beeinflussen könnten.
9
II. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Überprüfung stand.
10
Beschlussmängelstreitigkeiten im Recht der GmbH sind - wie nunmehr auch der Senat unter Aufgabe seines früheren, in BGHZ 132, 278, 285 ff. - Schiedsfähigkeit I - vertretenen ablehnenden Standpunkts in Übereinstimmung mit der jetzt herrschenden Meinung im Schrifttum (vgl. aus der Kommentarliteratur zum GmbHG nur: Roth in Altmeppen/Roth, GmbHG 5. Aufl. § 47 Rdn. 153 f.; Baumbach/Hueck/Zöllner, GmbHG 18. Aufl. Anh. § 47 Rdn. 36 f.; Lutter/Hommelhoff, GmbHG 16. Aufl. Anh. § 47 Rdn. 77 ff.; Michalski/Römermann , GmbHG Anh. § 47 Rdn. 557 ff.; Koppensteiner in Rowedder/SchmidtLeithoff , GmbHG 4. Aufl. § 47 Rdn. 143 a.E.; Scholz/K. Schmidt, GmbHG 10. Aufl. § 45 Rdn. 150; Raiser in Ulmer/Habersack/Winter, GmbHG Anh. § 47 Rdn. 233 ff.; Wicke, GmbHG Anh. § 47 Rdn. 21) annimmt - auch ohne ausdrückliche gesetzliche Anordnung der Wirkungen der §§ 248 Abs. 1 Satz 1, 249 Abs. 1 Satz 1 AktG grundsätzlich kraft einer dies analog im Gesellschaftsvertrag festschreibenden Schiedsvereinbarung oder einer außerhalb der Satzung unter Mitwirkung aller Gesellschafter und der Gesellschaft getroffenen Individualabrede "schiedsfähig", sofern und soweit das schiedsgerichtliche Verfahren in einer dem Rechtsschutz durch staatliche Gerichte gleichwertigen Weise - d.h. unter Einhaltung eines aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Mindeststan- dards an Mitwirkungsrechten und damit an Rechtsschutzgewährung für alle ihr unterworfenen Gesellschafter (vgl. dazu schon BGHZ 132, 278, 282 - Schiedsfähigkeit
I) - ausgestaltet ist (A). Die im Gesellschaftsvertrag der Beklagten enthaltene Schiedsklausel genügt aber nicht diesen an eine solche Vereinbarung zu stellenden Mindestanforderungen, so dass im konkreten Fall die von der Beklagten erhobene Schiedseinrede nicht durchgreift (B).
11
A. 1. Eine Schiedsklausel im Gesellschaftsvertrag einer GmbH kann - wovon das Berufungsgericht zutreffend ausgegangen ist - die Schiedsfähigkeit von Beschlussmängelstreitigkeiten auch dann gültig anordnen, wenn sich - wie hier die aus dem Jahr 1989 stammende streitige Schiedsklausel - ihre Wirksamkeit gemäß § 33 Abs. 1 EGZPO noch nach dem bis zum Inkrafttreten des Schiedsverfahrens -Neuregelungsgesetzes vom 22. Dezember 1997 (BGBl. I S. 3224) geltenden alten Recht richtet (Senat, BGHZ 160, 127, 130; 144, 146, 147; BGH, Urt. v. 10. Mai 2001 - III ZR 262/00, ZIP 2001, 1694, 1695; insoweit nicht abgedruckt in BGHZ 147, 394 ff.).
12
2. Aus der Anwendung des am 31. Dezember 1997 geltenden Rechts ergibt sich keine Vorentscheidung gegen die Zulässigkeit der Anordnung des schiedsrichterlichen Verfahrens. Wie der Senat bereits entschieden hat (BGHZ 160, 127, 132 ff.; 132, 278, 282 f. - Schiedsfähigkeit I), steht § 1025 ZPO a.F. - wie auch § 1030 ZPO n.F. - der grundsätzlichen Schiedsfähigkeit von Beschlussmängelstreitigkeiten im Recht der GmbH nicht entgegen (so zutr. auch Baumbach/Hueck/Zöllner aaO Anh. § 47 Rdn. 34; Scholz/K. Schmidt aaO § 45 Rdn. 45; Bayer, ZIP 2003, 881, 884; K. P. Berger, RIW 2001, 7, 13).
13
3. Soweit der Senat in seinem Urteil vom 29. März 1996 (BGHZ 132, 278 ff. - Schiedsfähigkeit I) ausgesprochen hat, dass mangels ausdrücklicher Regelung durch den Gesetzgeber eine Schiedsfähigkeit von Beschlussmängel- streitigkeiten im Hinblick auf die Wirkungen der §§ 248 Abs. 1 Satz 1, 249 Abs. 1 Satz 1 AktG nicht auf dem Wege richterlicher Rechtsfortbildung zu eröffnen sei, hält er daran nicht mehr fest. Da der Gesetzgeber im Rahmen des zwischenzeitlich verabschiedeten und in Kraft getretenen SchiedsverfahrensNeuregelungsgesetzes von einer diesbezüglichen gesetzlichen Regelung bewusst Abstand genommen und im Anschluss an die Entwurfsbegründung die Problematik "angesichts ihrer Vielschichtigkeit in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht weiterhin der Lösung durch die Rechtsprechung unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls überlassen" hat (vgl. RegE Schiedsverfahrens-Neuregelungsgesetz, BT-Drs. 13/5274, S. 35), greift der Senat die ihm solchermaßen überantwortete Aufgabe auf und hält - nach nochmaliger Prüfung im Lichte des zwischenzeitlich erreichten Diskussionsstandes in der gesellschaftsrechtlichen (vgl. u.a.: Roth in Altmeppen/Roth aaO § 47 Rdn. 153 f.; Baumbach/Hueck/Zöllner aaO Anh. § 47 Rdn. 36 f.; Lutter/ Hommelhoff aaO § 47 Rdn. 77 ff.; Michalski/Römermann aaO Anh. § 47 Rdn. 557 ff.; Koppensteiner in Rowedder/Schmidt-Leithoff aaO § 47 Rdn. 143 a.E.; Scholz/K. Schmidt aaO § 45 Rdn. 150; Raiser in Ulmer/Habersack/Winter aaO Anh. § 47 Rdn. 233 ff.; Wicke aaO Anh. § 47 Rdn. 21) und zivilprozessualen (vgl. u.a.: Münch in MünchKommZPO, 3. Aufl. § 1030 Rdn. 35 f.; Saenger, ZPO 2. Aufl. § 1030 Rdn. 10; Stein/Jonas/Schlosser, ZPO 22. Aufl. § 1034 Rdn. 22 ff.; Zöller/Geimer, ZPO 27. Aufl. § 1030 Rdn. 9 ff.) Literatur - seine früheren Bedenken gegen die grundsätzliche Zulässigkeit einer analogen Herbeiführung der Wirkungen aus §§ 248 Abs. 1 Satz 1, 249 Abs. 1 Satz 1 AktG durch Schiedssprüche auf der Grundlage gesellschaftsvertraglicher Schiedsklauseln nicht mehr aufrecht. Dies gilt freilich nur unter der bereits früher vom Senat mit Rücksicht auf das auch hier geltende Rechtsstaatsprinzip geforderten (BGHZ 132, 278, 282 - Schiedsfähigkeit I) Voraussetzung einer dem Rechtsschutz durch staatliche Gerichte gleichwertigen Ausgestaltung des schiedsgerichtlichen Verfahrens, die für sämtliche ihm unterworfenen Gesellschafter einen am Maßstab des § 138 BGB zu messenden (vgl. BGHZ 106, 336, 338 f.) Mindeststandard an Mitwirkungsrechten und damit Rechtsschutzmöglichkeit sicherstellen muss.
14
a) Bei der Begründung der Schiedsfähigkeit von Beschlussmängelstreitigkeiten in dem hier zu beurteilenden Recht der GmbH handelt es sich - wie in der Literatur zutreffend hervorgehoben worden ist (vgl. nur K. Schmidt, BB 2001, 1857, 1859) - nicht um eine allein vom Gesetzgeber zu lösende Aufgabe; vielmehr kann sie auch durch die beteiligten Gesellschafter privatautonom - d.h. primär durch eine Regelung im Gesellschaftsvertrag, ggfs. auch auf der Basis eines ad hoc zustande gebrachten Einvernehmens - gelöst werden.
15
Denn genauso wie die Gesellschafter einen von ihnen mit satzungsmäßiger Mehrheit gefassten Beschluss durch allseitigen Vertrag aufheben können, können sie auch in allseitigem Einvernehmen einem Schiedsgericht unter den genannten "Gleichwertigkeitskautelen" die Befugnis verleihen, den Beschluss nach den Maßstäben des objektiven Gesellschaftsrechts zu prüfen und ggfs. mit den aus den §§ 248, 249 AktG ersichtlichen Wirkungen für nichtig zu erklären. Dabei ist entscheidend, dass diese Aufgabe vor Beginn eines Prozesses gelöst wird und dass die oben genannten vom Senat mit Urteil vom 29. März 1996 (BGHZ 132, 278, 282 f. - Schiedsfähigkeit I) eingeforderten Verfahrensgarantien - das ist das Ergebnis der zwischenzeitlichen wissenschaftlichen Diskussion (vgl. dazu Röhricht in: Gesellschaftsrechtliche Vereinigung [Hrsg.], Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2004 [2005], S. 1, 23) - mittels einer entsprechenden kautelarjuristischen vertraglichen Gestaltung gewährleistet werden. Im Übrigen beruht die Rechtskraftwirkung gemäß §§ 248 Abs. 1 Satz 1, 249 Abs. 1 Satz 1 AktG, soweit sie Beschlussmängelstreitigkeiten im Recht der GmbH betrifft , selbst auf einer richterlichen Rechtsfortbildung, neben der einer analogen Anwendung dieser Vorschriften auf Schiedssprüche keine die Grenzen richterli- cher Rechtsfortbildung sprengende Qualität zukommt (dazu Bergmann, RWSForum 20 [2001], 227, 236 f.). Immerhin ist die analoge Anwendung der §§ 248 Abs. 1 Satz 1, 249 Abs. 1 Satz 1 AktG - eine wirksame Schiedsvereinbarung vorausgesetzt - zwingende Folge der Eröffnung des schiedsrichterlichen Verfahrens.
16
b) Die mit einer Schiedsklausel getroffene Anordnung des schiedsrichterlichen Verfahrens auch für Beschlussmängelstreitigkeiten muss sich allerdings an § 138 Abs. 1 BGB messen lassen:
17
Die Schiedsvereinbarung unterliegt nach altem wie nach neuem Recht als Unterfall des Prozessvertrages (BGHZ 99, 143, 147) materiellen Gültigkeitsgrenzen (MünchKommZPO/Münch, 3. Aufl. § 1029 Rdn. 15 ff.), die durch § 138 Abs. 1 BGB - der neben § 1025 Abs. 2 ZPO a.F. Anwendung findet - gezogen werden. Nach § 138 Abs. 1 BGB (dazu BGHZ 106, 336, 338 f.) sind Schiedsvereinbarungen nichtig, wenn sie eine übermäßige Einschränkung des Rechtsschutzes zum Gegenstand haben. § 138 Abs. 1 BGB hat die Funktion, den wesentlichen Grundsätzen und grundlegenden Maßstäben der Rechtsordnung - zu denen auch das Rechtsstaatsprinzip des Grundgesetzes gehört - gegenüber einem Missbrauch der Vertragsfreiheit Achtung zu verschaffen. Aus dem Rechtsstaatsprinzip ist für bürgerlich-rechtliche Streitigkeiten die Gewährleistung eines wirkungsvollen Rechtsschutzes abzuleiten.
18
Wegen seiner für den Bestand der Rechtsordnung wesentlichen Bedeutung kann der Rechtsschutz durch Parteivereinbarung allenfalls in einzelnen konkreten Ausgestaltungen, nicht aber in seiner Substanz abbedungen werden. Führt die Vereinbarung einer Schiedsklausel dazu, dass eine Partei - hier im weiten Sinne als von der Rechtskraftwirkung eines stattgebenden Schiedsspruchs Betroffenen verstanden - benachteiligt bzw. dass ihr der notwendige Rechtsschutz entzogen wird, ist die Schiedsvereinbarung mit den guten Sitten unvereinbar und daher nichtig.
19
c) Danach setzt, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, die Wirksamkeit einer Schiedsklausel zu Beschlussmängelstreitigkeiten - am Maßstab des § 138 BGB gemessen - die Erfüllung folgender Mindestanforderungen (vgl. nur Wicke aaO Anh. § 47 Rdn. 21 m.w.Nachw.) voraus:
20
Die Schiedsabrede muss grundsätzlich mit Zustimmung sämtlicher Gesellschafter in der Satzung verankert sein; alternativ reicht eine außerhalb der Satzung unter Mitwirkung sämtlicher Gesellschafter und der Gesellschaft getroffene Absprache aus. Jeder Gesellschafter muss - neben den Gesellschaftsorganen - über die Einleitung und den Verlauf des Schiedsverfahrens informiert und dadurch in die Lage versetzt werden, dem Verfahren zumindest als Nebenintervenient beizutreten (vgl. Art. 103 Abs. 1 GG: dazu Senat, BGHZ 172, 136 Tz. 15 - AG; BVerfGE 21, 132, 137 f.; 60, 7, 14). Sämtliche Gesellschafter müssen an der Auswahl und Bestellung der Schiedsrichter mitwirken können, sofern nicht die Auswahl durch eine neutrale Stelle erfolgt; im Rahmen der Beteiligung mehrerer Gesellschafter auf einer Seite des Streitverhältnisses kann dabei grundsätzlich das Mehrheitsprinzip zur Anwendung gebracht werden (vgl. dazu auch: Sen.Urt. v. 24. November 2008 - II ZR 116/08, ZIP 2009, 216 - Schutzgemeinschaftsvertrag II, z.V.b. in BGHZ). Schließlich muss gewährleistet sein, dass alle denselben Streitgegenstand betreffenden Beschlussmängelstreitigkeiten bei einem Schiedsgericht konzentriert werden.
21
B. Trotz der solchermaßen grundsätzlich eröffneten Möglichkeit, Beschlussmängelstreitigkeiten im Recht der GmbH nach Maßgabe näherer Anordnung einer im Gesellschaftsvertrag enthaltenen Schiedsklausel dem schiedsrichterlichen Verfahren zu unterwerfen, genügten - wie das Berufungs- gericht ebenfalls zutreffend erkannt hat - die Verfahrensvorgaben der konkreten Schiedsklausel nicht, um der von der Beklagten nach § 1032 ZPO n.F., § 33 Abs. 3 EGZPO rechtzeitig (Senat, BGHZ 160, 127, 131; außerdem BGHZ 147, 394, 396) erhobenen Schiedseinrede zum Erfolg zu verhelfen. Die Schiedsklausel ist vielmehr nach § 138 BGB jedenfalls insoweit nichtig, als sie Beschlussmängelstreitigkeiten in ihren Anwendungsbereich einbezieht.
22
1. Der Senat geht allerdings mit dem Berufungsgericht davon aus, dass die im Gesellschaftsvertrag der Beklagten enthaltene Schiedsklausel das Rechtsschutzbegehren des Klägers trotz der Wendung "soweit gesetzlich zu- lässig" mit umfasst, obwohl zur Zeit ihrer Einführung im Jahr 1989 die damalige höchstrichterliche Rechtsprechung (vgl. Sen.Urt. v. 4. Juli 1951 - II ZR 117/50, LM Nr. 1 zu § 199 AktG 1937; v. 11. Juli 1966 - II ZR 134/65, WM 1966, 1132, 1133; BGH, Urt. v. 28. Mai 1979 - III ZR 18/77, NJW 1979, 2567, 2569) Beschlussmängelstreitigkeiten für nicht schiedsfähig erachtete. Die Revision greift diese Auslegung des Berufungsgerichts als ihr günstig nicht an. Für die Richtigkeit dieses Auslegungsergebnisses spricht der Umstand, dass der Gesellschaftsvertrag im Zusammenhang mit der Anfechtung von Gesellschafterbeschlüssen auf die Schiedsklausel Bezug nimmt.
23
2. Am Maßstab des § 138 BGB gemessen ist die Schiedsklausel jedenfalls insoweit unwirksam, als sie Beschlussmängelstreitigkeiten - zur Wirksamkeit im Übrigen bzw. zur Anwendung des § 139 BGB auf die gesamte Schiedsklausel muss der Senat nicht Stellung nehmen - einbezieht. Denn sie sichert die Belange der von der Rechtskraftwirkung analog §§ 248 Abs. 1 Satz 1, 249 Abs. 1 Satz 1 AktG potentiell berührten Gesellschafter nicht in einer den Geboten des Rechtsstaatsprinzips genügenden Weise.
24
a) Da - wie bereits oben unter II A 3 a) ausgeführt - eine wirksame Schiedsvereinbarung zu Beschlussmängelstreitigkeiten die analoge Anwendung der §§ 248 Abs. 1 Satz 1, 249 Abs. 1 Satz 1 AktG zur Folge hat, gehört zu dem von § 138 Abs. 1 BGB geschützten Mindeststandard eines rechtsstaatlichen Schiedsverfahrens eine den Mechanismen des § 246 Abs. 3 AktG entsprechende Zuständigkeitskonzentration. Diesen Mindeststandard verfehlt die hier vereinbarte Schiedsklausel schon deshalb, weil sie nicht die notwendige Zusammenfassung sämtlicher einen Beschluss betreffenden Schiedsverfahren bei einem Schiedsgericht gewährleistet.
25
Die Schiedsklausel legt nicht - was im Sinne des Regelungszwecks des § 246 Abs. 3 Satz 1 AktG zur gebotenen Erledigung sämtlicher Beschlussmängelstreitigkeiten durch ein Schiedsgericht führen würde - eine neutrale Person oder Stelle ex ante als Schiedsgericht fest. Sie sichert die Befassung nur eines ex post bestimmten Schiedsgerichts auch nicht mittels der - dann erforderlichen - Vorgabe, der erste bei der Geschäftsleitung der Gesellschaft eingegangene Antrag, die Streitigkeit einem Schiedsgericht vorzulegen, entfalte im Sinne einer Verfahrenskonzentration "Sperrwirkung" in Bezug auf spätere Anträge.
26
Die Schiedsklausel enthält zudem keine - zur Sicherung der Beteiligungsmöglichkeit für sämtliche Gesellschafter unerlässliche - Bestimmung dahingehend , dass der Verfahrenseinleitungsantrag ohne Festlegung des Antragstellers auf einen Schiedsrichter bei der Gesellschaft einzureichen und von dort aus sämtlichen Mitgesellschaftern mit der Aufforderung zuzustellen sei, binnen einer bestimmten Frist über einen Beitritt auf Seiten des Antragstellers oder der Gesellschaft zu entscheiden.
27
Damit bleiben die allgemeinen Vorgaben der Klausel so weit hinter dem Standard eines Verfahrens vor den staatlichen Gerichten zurück, dass sie am Maßstab des § 138 Abs. 1 BGB scheitert.
28
b) Die Annahme der Revision, es reiche für die Wirksamkeit der Schiedseinrede aus, wenn aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls gewährleistet sei, dass ein von den Gesellschaftern der Beklagten gefasster Beschluss nur von einem Gesellschafter und damit nur in einem Verfahren angegriffen werde, trifft schon deswegen nicht zu, weil die gesellschaftsvertragliche Klausel im GmbH-Recht objektiv auszulegen ist. Die Sittenwidrigkeit einer Schiedsklausel ist - wie die anderer Rechtsgeschäfte - nach den Verhältnissen im Zeitpunkt ihrer Einführung in den Gesellschaftsvertrag zu beurteilen, nicht hingegen nach den Verhältnissen in dem Zeitpunkt, in dem sie ihre Rechtswirkungen entfaltet (BGHZ 125, 206, 209; 120, 272, 276; 107, 92, 96 f.; 100, 353, 359). Ob eine Schiedsklausel wirksam ist oder nicht und damit die Schiedseinrede eröffnet ist oder nicht, darf nicht nachträglich von Fall zu Fall entschieden werden. Deshalb spielt es auch keine Rolle, dass der Kläger als Initiator eines Schiedsverfahrens auf die Bestimmung des Schiedsgerichts in einem konkreten, von ihm in Gang gesetzten Schiedsverfahren hätte Einfluss nehmen können.
29
c) Dass die Beklagte bei ihrer Gründung lediglich zwei Gesellschafter hatte und gegenwärtig auch nur drei Gesellschafter hat, mithin aus einem überschaubaren Personenkreis besteht, ist in diesem Zusammenhang unerheblich, zumal der Gesellschaftsvertrag eine Erweiterung des Kreises der Gesellschafter schon bei seinem Abschluss vorgezeichnet hat. Die Entscheidung über die Einhaltung rechtsstaatlicher Mindeststandards und damit über die Wirksamkeit der Schiedsklausel darf nicht von Zufallskriterien abhängen (anders OLG Düsseldorf , GmbHR 2004, 572, 577), zu denen auch gehört, ob sämtliche Gegner einer Beschlussanfechtung - wie im Falle der Beklagten freilich nicht - zugleich organschaftliche Vertreter der Gesellschaft sind und damit notwendig Kenntnis von der Auseinandersetzung haben. Die Zahl der Gesellschafter der Beklagten ist an keiner Stelle auf die Höchstzahl drei festgeschrieben. Diese Höchstzahl wäre im Übrigen völlig zufällig gewählt. Eine Schiedsklausel kann - vom Systembruch im Hinblick auf die § 138 Abs. 1 BGB sonst beherrschenden Grundsätze ganz abgesehen - nicht jeweils in Abhängigkeit vom aktuellen Bestand der Gesellschafter als wirksam oder als unwirksam behandelt werden.
30
d) Die von der Revision zitierten statutarischen Erschwernisse einer Anfechtung von Gesellschafterbeschlüssen führen zu keinem anderen, für die Beklagte günstigeren Ergebnis, weil sie nicht auszuschließen vermögen, dass gerade über ihre Wirksamkeit zugleich und denselben Beschluss betreffend vor verschiedenen Schiedsgerichten gestritten wird. In diesem Zusammenhang ist zudem darauf hinzuweisen, dass die verbindliche statutarische Vorgabe eines von der Revision so bezeichneten gesellschaftsinternen Vorschaltverfahrens bei Übertragung der Grundsätze der Senatsrechtsprechung zur Verkürzung der Frist des § 246 Abs. 1 AktG (Senat, BGHZ 104, 66, 72; Urt. v. 13. Februar 1995 - II ZR 15/94, ZIP 1995, 460, 461) nicht dem Mindeststandard an Rechtsschutzgewährung entspricht. Zwar lässt der Gesellschaftsvertrag für die Erhebung der Anfechtungsklage selbst mehr als einen Monat Zeit. Er gibt aber weitergehend - der Anfechtungsmöglichkeit vorgeschaltet - eine zusätzliche Obliegenheit zur Beanstandung des Beschlusses innerhalb einer Vierwochenfrist vor, durch die nicht nur der zur sachgerechten Wahrnehmung der Mitgliedschaftsrechte erforderliche Überlegungszeitraum gegenüber der Mindestanfechtungsfrist unzulässig verkürzt, sondern weitergehend im Falle ihrer Nichtbeachtung sogar das Anfechtungsrecht völlig ausgeschlossen wird.
31
e) Über die mangelhafte Sicherung der Verfahrenskonzentration hilft auch nicht hinweg, dass nach verbreiteter Auffassung das Ermessen des Schiedsge- richts, weitere Gesellschafter im Verlaufe des schiedsrichterlichen Verfahrens als streitgenössische Nebenintervenienten nach § 69 ZPO zuzulassen, trotz § 1042 Abs. 4 Satz 1 ZPO n.F., § 33 Abs. 3 EGZPO auf Null reduziert ist (so bereits österreichischer OGH, NZG 1999, 307, 308; OLG Karlsruhe, ZIP 1995, 915, 917; Ebenroth/Bohne, BB 1996, 1393, 1396 f.; K. P. Berger, aaO S. 14). Denn diese allein das Schiedsgericht treffende Verpflichtung vermag nicht die Einleitung paralleler Schiedsverfahren zu verhindern.
32
Durch eine analoge Anwendung des § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO lässt sich die Unzulänglichkeit der Schiedsklausel nicht korrigieren. Ein Rückgriff auf § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO zugunsten des zuerst befassten Schiedsgerichts (Bayer, aaO S. 887; Bender, DB 1998, 1900, 1903; Chr. Berger, ZHR 164 [2000], 295, 310 f.; Bork, ZHR 160 [1996], 374, 380; Ebbing, Private Zivilgerichte, S. 182; Papmehl, Die Schiedsfähigkeit gesellschaftsrechtlicher Streitigkeiten, S. 95; Schulze, Grenzen der objektiven Schiedsfähigkeit im Rahmen des § 1030 ZPO, S. 128 Fn. 634; Vetter, DB 2000, 705, 707) hülfe nur dann weiter, wenn Beschlussmängelstreitigkeiten per definitionem stets denselben Streitgegenstand beträfen. Dies ist indessen nicht der Fall, weil der zur Begründung vorgetragene Lebenssachverhalt in verschiedenen Verfahren differieren kann und es sich daher bei den vor verschiedene Schiedsgerichte gebrachten Streitigkeiten nicht notwendig um denselben Streitgegenstand handelt (Korff, Beschlussmängelstreitigkeiten der Kapitalgesellschaft im Schiedsverfahren, 2004, S. 196; Lüke/ Blenske, ZGR 1998, 253, 283; gesehen auch von Papmehl, aaO S. 96).
33
f) Lückenhaft ist die Schiedsklausel auch insofern, als sie eine Einflussnahme aller von der Rechtskraft eines Schiedsspruchs nach §§ 248 Abs. 1 Satz 1, 249 Abs. 1 Satz 1 AktG potentiell Betroffenen auf die Besetzung des Schiedsgerichts nicht sichert. Diese Sicherung ist als Kompensation für den Verlust des unabhängigen staatlichen Richters als Entscheidungsträger mit po- tentiell inter omnes wirkender Entscheidungsmacht unverzichtbar. Die Schiedsklausel verfehlt diese Sicherung, weil sie die Bestimmung der Parteischiedsrichter nicht von einer Vorabunterrichtung sämtlicher Gesellschafter abhängig macht. Die in der Schiedsklausel festgelegten und von der Revision wiederholten Vorgaben für die Benennung der Parteischiedsrichter lassen diesen Gesichtspunkt außer Betracht. Dass sich mehrere Streitgenossen auf einer Seite nach näherer Vorgabe der Schiedsklausel auf einen Schiedsrichter zu einigen haben, bedeutet nicht, dass die Schiedsklausel eine Einbindung sämtlicher Gesellschafter auf der einen oder anderen Seite voraussetzt. Auch insoweit hilft eine Ermessenreduktion im Sinne einer Verpflichtung des Schiedsgerichts nicht weiter, nachträglich Gesellschafter als streitgenössische Nebenintervenienten zuzulassen, weil dann die Bestimmung der Schiedsrichter bereits erfolgt ist.
34
g) Dass die Gründer der Beklagten bei Einführung der Schiedsklausel nicht verwerflich handelten und sie den rechtlichen Schluss von der Lückenhaftigkeit der Klausel auf § 138 Abs. 1 BGB nicht gezogen haben, ist für die Anwendung der Vorschrift unerheblich. Die Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts ist nicht davon abhängig, dass den Erklärenden ein sittlicher Vorwurf trifft (BGHZ 94, 268, 272 f.).
35
3. Die Lücken der Schiedsklausel lassen sich auch nicht im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung mit der Folge einer Unanwendbarkeit des § 138 Abs. 1 BGB schließen.
36
Die ergänzende Vertragsauslegung findet ihre Grenze dort, wo sie in eine - unzulässige - freie richterliche Rechtsschöpfung umschlägt (Staudinger/Roth, BGB [2003] § 157 Rdn. 37 ff.). Sie ist deshalb insbesondere ausgeschlossen, wenn verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten zur Ausfüllung einer vertraglichen Regelungslücke in Betracht kommen, aber kein Anhaltspunkt dafür be- steht, welche dieser Regelungen die Parteien getroffen hätten (BGH, Urt. v. 10. Dezember 1998 - IX ZR 262/97, ZIP 1999, 234, 236; Bamberger/Roth/ Wendtland, BGB 2. Aufl. § 157 Rdn. 42).
37
Das ist hier der Fall. Die Schiedsklausel stammt aus einer Zeit, zu der die Vorgaben des Senats für eine rechtsstaatliche Gestaltung des Schiedsverfahrens in Beschlussmängelstreitigkeiten noch nicht entwickelt waren. Diesen Vorgaben kann auf verschiedene Weise Rechnung getragen werden. Welche der den Erfordernissen rechtsstaatlicher Ausgestaltung des schiedsrichterlichen Verfahrens genügende Variante die Parteien gewählt hätten, ist ungewiss. Dementsprechend lässt sich ein hypothetischer Parteiwille, die Lücken in der einen oder der anderen Weise auszufüllen, nicht ermitteln.
38
4. Die Schiedseinrede der Beklagten greift trotz der Unwirksamkeit der Schiedsklausel nicht etwa deshalb durch, weil der Kläger aus dem Gesichtspunkt der gesellschafterlichen Treuepflicht daran gehindert wäre, ihre Nichtigkeit geltend zu machen.
39
Zwar wird in der Literatur die Ansicht vertreten, die Gesellschafter seien, sofern der Gesellschaftsvertrag eine unwirksame, weil lückenhafte Schiedsklausel enthalte, aus dem Gesichtspunkt der gesellschafterlichen Treuepflicht gehalten, die Schiedsklausel anzupassen (mit unterschiedlichem Ansatz im Einzelnen: Asmussen, Schiedsfähigkeit von Beschlussmängelkonflikten in Körperschaften , S. 107; Bayer aaO S. 890 f.; K. P. Berger aaO S. 15; Bergmann aaO S. 249; Lutter/Hommelhoff aaO Anh. § 47 Rdn. 84; Reichert, FS Ulmer 2003, 511, 533; ders./Harbarth, NZG 2003, 379, 381; Scholz/K. Schmidt aaO § 45 Rdn. 150; ders., BB 2001 aaO S. 1862; B. Schneider, GmbHR 2005, 86, 87; Michalski/Römermann aaO Anh. § 47 Rdn. 561 a.E.). Eine etwaige Verpflichtung des Klägers, an einer Anpassung der unwirksamen Schiedsklausel mitzuwirken, könnte aber nicht dazu führen, im Rahmen eines bereits rechthängigen Prozesses einer lückenhaften Vereinbarung zum Erfolg zu verhelfen. Der Senat kann deshalb offen lassen, ob eine solche Verpflichtung tatsächlich besteht und mit welcher Mehrheit eine Änderung des Gesellschaftsvertrages herbeizuführen wäre.
Goette Kurzwelly Kraemer
Caliebe Drescher
Vorinstanzen:
LG Aachen, Entscheidung vom 22.05.2007 - 41 O 121/06 -
OLG Köln, Entscheidung vom 20.03.2008 - 18 U 98/07 -

(1) Vorstand und Aufsichtsrat der börsennotierten Gesellschaft erklären jährlich, dass den vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz im amtlichen Teil des Bundesanzeigers bekannt gemachten Empfehlungen der „Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex“ entsprochen wurde und wird oder welche Empfehlungen nicht angewendet wurden oder werden und warum nicht. Gleiches gilt für Vorstand und Aufsichtsrat einer Gesellschaft, die ausschließlich andere Wertpapiere als Aktien zum Handel an einem organisierten Markt im Sinn des § 2 Absatz 11 des Wertpapierhandelsgesetzes ausgegeben hat und deren ausgegebene Aktien auf eigene Veranlassung über ein multilaterales Handelssystem im Sinn des § 2 Absatz 8 Satz 1 Nummer 8 des Wertpapierhandelsgesetzes gehandelt werden.

(2) Die Erklärung ist auf der Internetseite der Gesellschaft dauerhaft öffentlich zugänglich zu machen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 174/08 Verkündet am:
21. September 2009
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
"Umschreibungsstopp"
AktG §§ 120 Abs. 1, 121 Abs. 3 Satz 2 (a.F.), 161, 241 Nr. 1 (a.F.)

a) Die Gesellschaft darf bei Namensaktien Umschreibungen im Aktienregister für einen an
der Anmeldefrist orientierten Zeitraum vor Durchführung der Hauptversammlung aussetzen
(Umschreibungsstopp).

b) Die Entscheidung, ob über die Entlastung des Aufsichtsrats für alle Mitglieder insgesamt
oder für jedes Aufsichtsratsmitglied einzeln abzustimmen ist, steht im Ermessen des
Versammlungsleiters, sofern die Satzung keine Regelung enthält, es sei denn, die
Hauptversammlung beschließt oder eine qualifizierte Minderheit verlangt die Einzelentlastung.

c) Wenn entgegen der Empfehlung 5.5.3 des DCGK nicht über das Vorliegen und/oder die
praktische Behandlung eines Interessenkonflikts in der Person eines Organmitglieds berichtet
wird, liegt ein zur Anfechtbarkeit nach § 243 Abs. 1 AktG führender Verstoß gegen
die Verpflichtung zur Abgabe einer richtigen oder zur Berichtigung einer unrichtig gewordenen
Entsprechenserklärung in einem nicht unwesentlichen Punkt nur vor, wenn die unterbliebene
Information für einen objektiv urteilenden Aktionär für die sachgerechte
Wahrnehmung seiner Teilnahme- und Mitgliedschaftsrechte relevant ist.
BGH, Urteil vom 21. September 2009 - II ZR 174/08 - KG Berlin
LG Berlin
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. September 2009 durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Goette und die Richter Kraemer, Caliebe, Dr. Drescher und Dr. Löffler

für Recht erkannt:
I. Auf die Revision des Klägers wird unter Zurückweisung seiner weitergehenden Revision das Urteil des 23. Zivilsenats des Kammergerichts vom 26. Mai 2008 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Anfechtungsklage des Klägers gegen die Entlastungsbeschlüsse der Hauptversammlung der Beklagten vom 27. April 2006 (TOP 3 und 4) abgewiesen worden ist. Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das Urteil des Landgerichts Berlin vom 26. April 2007 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst: DieEntlastungsbeschlüsse der Hauptversammlung der Beklagten vom 27. April 2006 (TOP 3) "den im Geschäftsjahr 2005 amtierenden Mitgliedern des Vorstands wird für diesen Zeitraum Entlastung erteilt," (TOP 4) "den im Geschäftsjahr 2005 amtierenden Mitgliedern des Aufsichtsrats (exklusive Frau Dr. h.c. F. S. ) wird für diesen Zeitraum Entlastung erteilt," "dem im Geschäftsjahr 2005 amtierenden Mitglied des Aufsichtsrats Frau Dr. h.c. F. S. wird für diesen Zeitraum Entlastung erteilt" werden für nichtig erklärt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. II. 1. Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz werden wie folgt verteilt: Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten der Beklagten tragen der Kläger und die Streithelferin jeweils 1/6, die Beklagte 2/3. Von den außergerichtlichen Kosten des Klägers und der Streithelferin trägt die Beklagte jeweils 2/3; im Übrigen tragen die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten selbst. 2. Von den Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens tragen die Beklagte 2/3, der Kläger 1/3.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger ist Aktionär der Beklagten, die im März 2006 zur Hauptversammlung am 27. April 2006 einlud. In der Einladung zur Hauptversammlung der Beklagten heißt es u.a.: "Zur Teilnahme an der Hauptversammlung und der Ausübung des Stimmrechts ist jeder im Aktienregister der Gesellschaft eingetragene Aktionär berechtigt, wenn er die Anmeldung zur Teilnahme spätestens am fünften Tag vor der Hauptversammlung , d.h. … spätestens am Freitag, dem 21. April 2006, beim Vorstand der A. S. AG schriftlich, per Telefax … oder per E-mail … eingereicht hat. … Ein Anmeldeformular wird unseren Aktionären direkt übersandt. Während der Vorbereitung zur Hauptversammlung können aus arbeitstechnischen Gründen keine Umschreibungen im Aktienregister vorgenommen werden, d.h. Erwerber von Aktien, deren Umschreibungsanträge nach dem 21. April 2006 bei der Gesellschaft eingehen, können daher Teilnahmerechte und Stimmrechte aus diesen Aktien nicht ausüben. … In solchen Fällen bleiben Teilnahme- und Stimmrecht bis zur Umschreibung noch bei dem im Aktienregister eingetragenen Aktionär. Darüber hinaus können Anträge zur Umschreibung des Aktienregisters , die zeitnah vor dem 21. April 2006 bei der Gesellschaft eingehen, im Hinblick auf die erforderliche Überprüfung der Voraussetzungen für die Erteilung der Zustimmung zum Erwerb gemäß § 5 Abs. 3 der Satzung gegebenenfalls nicht mehr zu einer rechtzeitigen Eintragung des Erwerbers in das Aktienregister führen, um eine Teilnahme an der Hauptversammlung zu ermöglichen. Sämtliche Erwerber von Aktien der Gesellschaft, die noch nicht im Aktienregister eingetragen sind, werden daher gebeten, Umschreibungsanträge so zeitnah wie möglich zu stellen. Teilnahme- und stimmberechtigt sind die am Tag der Hauptversammlung im Aktienregister eingetragenen und rechtzeitig angemeldeten Aktionäre. …"
2
Nach § 19 der Satzung der Beklagten sind im Aktienbuch eingetragene und rechtzeitig angemeldete Aktionäre zur Teilnahme an der Hauptversammlung und zur Ausübung des Stimmrechts berechtigt, wobei die Anmeldung spätestens am fünften Tag vor der Hauptversammlung eingereicht werden muss. Nach § 5 Abs. 3 der Satzung der Beklagten bedarf die Übertragung der Aktien der Zustimmung der Gesellschaft, die der Vorstand erteilt und über deren Erteilung der Aufsichtsrat beschließt. Der Aufsichtsrat hat mit Beschluss vom 31. Oktober 1986 einer Übertragung von Aktien mit Ausnahme der Übertragung an einen Wettbewerber und an einen Erwerber, der bestimmte Beteiligungsgrenzen überschreitet oder die Unternehmensgrundsätze nicht teilt, im Voraus zugestimmt.
3
Die Beklagte hat in ihrer Entsprechenserklärung vom Dezember 2005 mitgeteilt, dass sie den Empfehlungen der Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex (im Folgenden: DCGK) mit Abweichungen bei den Empfehlungen 4.2.3, 4.2.4, 5.4.7 und 7.1.4 entspreche und mit weiteren Ausnahmen bei den Empfehlungen 5.4.5 und 7.1.2 seit der Entsprechenserklärung vom Dezember 2004 entsprochen habe. Aufsichtsrat der Beklagten war u.a. P. , der gleichzeitig Aufsichtsrat der Pr. AG und Vorstandsvorsitzender der H. & F. LLC. (im Folgenden: H & F) war, die an der Pr. AG beteiligt war. Die Beklagte erwog, die Pr. AG zu übernehmen. Bei Beschlüssen des Aufsichtsrats der Beklagten zur Übernahme enthielt sich P. der Stimme. Im Bericht des Aufsichtsrats an die Hauptversammlung vom 7. März 2006 sind ein Interessenkonflikt des Aufsichtsratsmitglieds P. und seine Behandlung nicht erwähnt.
4
In der Hauptversammlung am 27. April 2006, an der der Kläger teilnahm, wurde u.a. die Entlastung des Vorstands (TOP 3), die Entlastung der Aufsichtsratsmitglieder (TOP 4) und eine Ermächtigung der Beklagten zum Erwerb und zur Verwendung eigener Aktien (TOP 6) beschlossen. Vor der Abstimmung über die Entlastung der Aufsichtsratsmitglieder ordnete der Hauptversammlungsleiter an, dass über die Entlastung des Aufsichtsrats getrennt abgestimmt werden sollte, in der ersten Abstimmung über die Entlastung aller Aufsichtsratsmitglieder ausschließlich der Aufsichtsrätin S. , in einer zweiten Ab- stimmung über die Entlastung von Frau S. , weil für diese als mittelbare bzw. unmittelbare Aktionärin ein Stimmverbot bestehe. Entsprechend wurde verfahren. Der Kläger erklärte gegen die Beschlüsse Widerspruch zu Protokoll des Notars.
5
Der Kläger hat mit seiner Nichtigkeits- und Anfechtungsklage die Entlastungsbeschlüsse (TOP 3 und 4) und den Beschluss über die Ermächtigung zum Erwerb und zur Verwendung eigener Aktien (TOP 6) angegriffen. Er meint, die Beschlüsse seien nichtig, weil die Beklagte einen weder in der Satzung noch im Gesetz vorgesehenen Umschreibungsstopp verhängt habe. Außerdem habe sie sich unausgesprochen eine unbestimmte zusätzliche Frist für die Einreichung von Umschreibungsanträgen bewilligt. Der Versammlungsleiter habe keine gesonderte Abstimmung über die Entlastung von Frau S. anordnen dürfen. Die Entlastungsbeschlüsse seien ferner anfechtbar, weil vor der Hauptversammlung nicht auf den Interessenkonflikt von P. hingewiesen worden sei. Schließlich seien Fragen des Klägers unzureichend und unzutreffend beantwortet worden.
6
Die Klage blieb in den Vorinstanzen erfolglos. Dagegen richtet sich die hinsichtlich der Anfechtungsklage gegen den Tagesordnungspunkt 4 vom Berufungsgericht , im Übrigen vom erkennenden Senat zugelassene Revision des Klägers.

Entscheidungsgründe:

7
Die Revision des Klägers führt zur Nichtigerklärung der in der Hauptversammlung vom 27. April 2006 gefassten Entlastungsbeschlüsse. Im Übrigen bleibt sie erfolglos.
8
I. Entgegen der Ansicht der Revision sind die auf der Hauptversammlung der Beklagten vom 27. April 2006 gefassten Beschlüsse nicht gemäß § 241 Nr. 1 AktG i.V.m. § 121 Abs. 3 Satz 2 AktG a.F. (in der bis 31. August 2009 gültigen Fassung, § 20 Abs. 1 EGAktG) wegen eines Einladungsmangels nichtig oder nach § 243 Abs. 1 AktG anfechtbar.
9
1. Mit einem Stopp für die Bearbeitung von Umschreibungsanträgen wird keine gesetzes- oder satzungswidrige Teilnahmebeschränkung aufgestellt bzw. keine unrichtige Teilnahmebedingung mitgeteilt. Die Gesellschaft darf Umschreibungen im Aktienregister für einen gewissen Zeitraum vor Durchführung der Hauptversammlung aussetzen (MünchKommAktG/Bayer 3. Aufl. § 67 Rdn. 93; Cahn in Spindler/Stilz, § 67 Rdn. 68; Ziemons in K. Schmidt/Lutter, AktG § 123 Rdn. 16; T. Bezzenberger in K. Schmidt/Lutter, AktG § 67 Rdn. 23; Hüffer, AktG 8. Aufl. § 67 Rdn. 20; Merkt in Großkomm.z.AktG 4. Aufl. § 67 Rdn. 105; Wieneke in Bürgers/Körber, AktG § 67 Rdn. 27; a.A. Diekmann, BB 1999, 1985). Sie darf eine Bearbeitungszeit in Anspruch nehmen, um die Teilnehmerliste (§ 129 Abs. 1 Satz 2 AktG) und das Aktienregister in Übereinstimmung zu bringen (BT-Drucks. 14/4051 S. 11). Das Interesse an einer ordnungsgemäßen Vorbereitung der Hauptversammlung überwiegt das Interesse eines Erwerbers an der raschen Eintragung im Aktienregister. Der Gesetzgeber hat dies bei Namensaktien für so selbstverständlich erachtet, dass er ausdrücklich auf eine gesetzliche Regelung verzichtet hat (BT-Drucks. 15/5092 S. 14). Die Bearbeitungszeit ist nicht auf den technisch unvermeidbaren Zeitraum be- schränkt, sondern in Anlehnung an die demselben Zweck dienende Frist für den Zugang des Nachweises der Teilnahmeberechtigung bei Inhaberaktien (§ 123 Abs. 3 Satz 3 AktG a.F.) bzw. die Anmeldefrist (§ 123 Abs. 2 Satz 3 AktG a.F.) zu bestimmen (Ziemons in K. Schmidt/Lutter, AktG § 123 Rdn. 16; T. Bezzenberger in K. Schmidt/Lutter, AktG § 67 Rdn. 23; MünchKommAktG/ Bayer 3. Aufl. § 67 Rdn. 93; Hüffer, AktG 8. Aufl. § 67 Rdn. 20; Cahn in Spindler/Stilz, § 67 Rdn. 68; a.A. Merkt in Großkomm.z.AktG 4. Aufl. § 67 Rdn. 105; Noack, ZIP 1999, 1993, 1997). Da während dieser Bearbeitungszeit die Eintragung neuer Aktionäre vollständig unterbleiben darf, ist das Vorgehen der Beklagten erst recht zulässig, nur die nach dem Stichtag neu eingehenden Umschreibungsanträge nicht mehr zu bearbeiten, aber bei zuvor gestellten Anträgen noch Umschreibungen vorzunehmen. Die zulässige Höchstfrist für einen Umschreibungsstopp ist eingehalten. Nicht mehr bearbeitet werden nur die Anträge , die nach dem statutarisch bestimmten Anmeldeschluss eingehen.
10
2. Die Aufforderung, Umschreibungsanträge möglichst rechtzeitig vor der Hauptversammlung zu stellen, ist keine Beschränkung der Teilnahmerechte und kein Verstoß gegen Satzung oder Gesetz. Die Einladung zur Hauptversammlung verfehlt die Mindestangaben (§ 121 Abs. 3 AktG a.F.) nicht und beschränkt keine Teilnahmerechte, wenn zusätzliche Empfehlungen gemacht werden , solange diese nicht irreführend sind und nicht unzutreffend als Teilnahmevoraussetzung erscheinen. Das ist bei einer Empfehlung, Umschreibungsanträge möglichst zeitnah nach der Einladung zur Hauptversammlung zu stellen, nicht der Fall. Die Beklagte lässt sich entgegen der Ansicht der Revision keinen Freibrief für eine zeitliche Verzögerung der Umschreibung ausstellen. Die Pflicht zur möglichst raschen Umschreibung wird mit der Empfehlung und der dafür gegebenen Begründung, dass eine Überprüfung der Umschreibungsvoraussetzungen aufgrund der Vinkulierung möglicherweise Bearbeitungszeit benötige , nicht aufgehoben. Diese Überprüfung kann eine gewisse Zeit beanspru- chen, weil nicht immer kurzfristig zu klären ist, ob die Voraussetzungen vorliegen , unter denen ohne Befassung des Aufsichtsrats entsprechend seinem Beschluss vom 31. Oktober 1986 umgeschrieben werden kann, oder ob nicht doch der Aufsichtsrat seine Zustimmung individuell erteilen muss, ehe umgeschrieben werden kann. So kann die Ermittlung der Beteiligungsquoten bei mittelbarer Beteiligung ebenso weitere Nachprüfungen und Nachfragen notwendig machen wie die Ermittlung, ob ein Erwerber Wettbewerber der Beklagten ist.
11
II. Die Beschlüsse über die Entlastung des Vorstands und des Aufsichtsrats sind dagegen für nichtig zu erklären.
12
1. Zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass der Beschluss zur Entlastung des Aufsichtsrats nicht schon deshalb anfechtbar ist, weil über die Entlastung des Aufsichtsratsmitglieds Frau S. gesondert abgestimmt wurde. Der Versammlungsleiter durfte über die Entlastung von Frau S. gesondert abstimmen lassen. Da er befugt war, insgesamt Einzelentlastung anzuordnen, konnte er auch eine Einzelabstimmung für ein oder mehrere namentlich benannte Organmitglieder anordnen. Die Entscheidung , ob über die Entlastung des Aufsichtsrats zusammen oder über die Entlastung jedes einzelnen Aufsichtsratsmitglieds getrennt abzustimmen ist, steht im Ermessen des Versammlungsleiters. § 120 Abs. 1 AktG verbietet dem Versammlungsleiter nicht, über die Entlastung einzeln abstimmen zu lassen (MünchKommAktG/Kubis 2. Aufl. § 120 Rdn. 12; Mülbert in Großkomm.z.AktG 4. Aufl. § 120 Rdn. 106; Zöllner in Kölner Komm.z.AktG § 120 Rdn. 17; Hüffer, AktG 8. Aufl. § 120 Rdn. 10; Hoffmann in Spindler/Stilz, AktG § 120 Rdn. 15; Spindler in K. Schmidt/Lutter, AktG § 120 Rdn. 26; Pluta in Heidel, AktG 2. Aufl. § 120 Rdn. 21; Reger in Bürgers/Körber, AktG § 120 Rdn. 8; a.A. Stützle/ Walgenbach, ZHR 155 [1991], 516, 534; Martens, Leitfaden für die Leitung der Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft, 3. Aufl. S. 81).
13
a) Dem Wortlaut der Vorschrift lässt sich ein solches Verbot nicht entnehmen. § 120 Abs. 1 Satz 1 AktG verhält sich über die Abstimmungsmodalitäten nicht, sondern ordnet lediglich an, dass die Hauptversammlung über die Entlastung zu beschließen hat. Aus dem Gebot des § 120 Abs. 1 Satz 2 AktG, über die Entlastung eines einzelnen Mitglieds gesondert abzustimmen, wenn die Hauptversammlung es beschließt oder eine Minderheit es verlangt, lässt sich nicht der Umkehrschluss ziehen, dass in allen anderen Fällen die Organe nur zusammen entlastet werden dürfen. Darin werden nur die Voraussetzungen geregelt, unter denen über die Entlastung einzeln abgestimmt werden muss.
14
b) Auch der Normzweck von § 120 Abs. 1 Satz 1 AktG gebietet keine Gesamtentlastung. Sie dient der Vereinfachung und Beschleunigung des Ablaufs der Hauptversammlung, und § 120 Abs. 1 Satz 1 AktG schafft erst die Befugnis des Versammlungsleiters, von der an sich nahe liegenden und in Hauptversammlungen oft geforderten Einzelentlastung abzusehen. Ob der Vorstand oder der Aufsichtsrat jeweils einzeln oder zusammen entlastet werden soll, ist eine Frage der Zweckmäßigkeit. Die sachgerechte und zweckmäßige Leitung der Hauptversammlung obliegt grundsätzlich dem Versammlungsleiter, soweit sie weder durch Gesetz noch durch Satzung noch durch einen Geschäftsordnungsbeschluss der Hauptversammlung geregelt ist. Für eine Beschränkung seines Ermessens auf das Vorliegen einer sachlichen Rechtfertigung für eine Einzelentlastung besteht kein Grund. Die Entscheidung ist unter verfahrensökonomischen Gesichtspunkten zu treffen und setzt nicht einen weitergehenden sachlichen Grund für die Einzelentlastung voraus (Hüffer, AktG 8. Aufl. § 120 Rdn. 10; MünchKommAktG/Kubis 2. Aufl. § 120 Rdn. 12; Semler in Münch. HdB z. Gesellschaftsrecht Bd. 4 AG 3. Aufl. § 34 Rdn. 24; Hoffmann in Spindler/Stilz, AktG § 120 Rdn. 15; Reger in Bürgers/Körber, AktG § 120 Rdn. 8; Mülbert in Großkomm.z.AktG 4. Aufl. § 120 Rdn. 106; a.A. Spindler in K. Schmidt/Lutter, AktG § 120 Rdn. 26; Pluta in Heidel, AktG 2. Aufl. § 120 Rdn. 21).
15
c) Die Gesamtentlastung ist entgegen der von dem Kläger in den Vorinstanzen vertretenen Ansicht nicht zum Schutz der Minderheitsaktionäre erforderlich , um eine Umgehung von etwa bestehenden Stimmverboten nach § 136 Abs. 1 AktG durch die Anordnung einer Einzelentlastung zu verhindern (a.A. OLG München WM 1995, 842). Wenn ein Aktionär von der Entscheidung über die Entlastung eines anderen Verwaltungsmitglieds in gleicher Weise betroffen ist und dabei quasi als "Richter in eigener Sache" tätig wird - etwa weil er an einem Vorgang beteiligt war, der dem Organmitglied, um dessen Entlastung es geht, als Pflichtverletzung vorzuwerfen ist -, so erstreckt sich das Stimmverbot auch bei Einzelentlastung auf die Entscheidung über die Entlastung des anderen Verwaltungsmitglieds (vgl. BGHZ 97, 28, 33; Hüffer, AktG 8. Aufl. § 120 Rdn. 10 und § 136 Rdn. 20; MünchKommAktG/Schröer 2. Aufl. § 136 Rdn. 8; Grundmann in Großkomm.z.AktG 4. Aufl. § 136 Rdn. 32; a.A. Hoffmann in Spindler/Stilz, AktG § 120 Rdn. 20). Wo sich das Verbot der Entscheidung über die eigene Entlastung (§ 136 Abs. 1 AktG) dagegen nicht auf die Entscheidung über die Entlastung eines anderen Verwaltungsmitglieds erstreckt, kann mit der Einzelentlastung auch kein Stimmverbot umgangen werden. Soweit aus der Entscheidung BGHZ 108, 21, 25 zu entnehmen sein sollte, dass sich ein Stimmverbot immer auf die Entscheidung über die Entlastung der übrigen Organmitglieder erstreckt (so auch Zöllner in Kölner Komm.z.AktG § 120 Rdn. 18; ähnlich Mülbert in Großkomm.z.AktG 4. Aufl. § 120 Rdn. 112), hält der Senat daran nicht fest.
16
2. Die Entlastungsbeschlüsse für Vorstand und Aufsichtsrat sind aber für nichtig zu erklären, weil die Entsprechenserklärung gemäß § 161 Satz 1 AktG a.F. hinsichtlich der Einhaltung der Empfehlung 5.5.3 des DCGK unrichtig ge- http://www.juris.de/jportal/portal/t/zzr/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=446&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR010890965BJNE018802140&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/zzr/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=446&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR010890965BJNE018802140&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 12 - worden war und nicht berichtigt wurde. Ist die Entsprechenserklärung von vorneherein in einem nicht unwesentlichen Punkt unrichtig oder wird sie bei einer später eintretenden Abweichung von den DCGK-Empfehlungen in einem solchen Punkt nicht umgehend berichtigt, so liegt darin ein Gesetzesverstoß (§ 243 Abs. 1 AktG), der dem Verstoß zuwider gefasste Entlastungsbeschlüsse anfechtbar macht (Sen.Urt. v. 16. Februar 2009 - II ZR 185/07, ZIP 2009, 460, z.V.b. in BGHZ 180, 9 Tz. 19 "Kirch/Deutsche Bank"). Gemäß § 161 Satz 1 und 2 AktG a.F. haben Vorstand und Aufsichtsrat der börsennotierten Gesellschaft jährlich zu erklären, dass den Empfehlungen zum DCGK entsprochen wurde und wird oder welche Empfehlungen nicht angewendet wurden oder werden; außerdem ist diese Erklärung den Aktionären dauerhaft zugänglich zu machen.
17
a) Die Entsprechenserklärung des Vorstandes und des Aufsichtsrats der Beklagten vom Dezember 2005 wurde hinsichtlich ihres in die Zukunft gerichteten Inhalts unrichtig, weil im Bericht an die Hauptversammlung (§ 171 Abs. 2 AktG) im März 2006 entgegen der Empfehlung 5.5.3 des DCGK über den bei dem Aufsichtsratsmitglied P. aufgetretenen Interessenkonflikt und seine Behandlung nicht informiert wurde. Die Beklagte hat selbst eingeräumt, dass sie hinsichtlich dieses Aufsichtsratsmitglieds im Hinblick auf die Übernahme der Pr. AG von einem Interessenkonflikt ausgegangen ist, dem dadurch Rechnung getragen wurde, dass sich dieses Aufsichtsratsmitglied bei der Beschlussfassung der Stimme enthielt. Die Entsprechenserklärung vom Dezember 2005 wurde nach dem weder den Interessenkonflikt noch seine Behandlung erwähnenden Bericht an die Hauptversammlung auch nicht umgehend dahin berichtigt, dass die Beklagte der Empfehlung 5.5.3 des DCGK nicht gefolgt sei bzw. ihr nicht mehr folgen wolle.
18
b) Die Unrichtigkeit betraf auch einen nicht unwesentlichen Punkt der Entsprechenserklärung. Die Verpflichtung, über aufgetretene Interessenkonflik- te und ihre Behandlung im Bericht an die Hauptversammlung zu informieren (5.5.3 DCGK), ist grundsätzlich ein nicht unwesentlicher Punkt der Entsprechenserklärung (Sen.Urt. aaO). Wenn die Unrichtigkeit der Entsprechenserklärung - wie bei einem Verstoß gegen die Empfehlung in 5.5.3 Satz 1 DCGK - auf einer Informationspflichtverletzung beruht, muss die unterbliebene Information für einen objektiv urteilenden Aktionär für die sachgerechte Wahrnehmung seiner Teilnahme- und Mitgliedschaftsrechte darüber hinaus relevant sein, um die schwere Folge der Anfechtbarkeit auszulösen. Da nur eindeutige und schwerwiegende Gesetzesverstöße die Entlastungsentscheidung anfechtbar machen (Senat, BGHZ 153, 47, 51), muss der in der unrichtigen Entsprechenserklärung liegende Verstoß über einen Formalverstoß hinausgehen und auch im konkreten Einzelfall Gewicht haben. Bei einem Verstoß gegen die Empfehlung 5.5.3 des DCGK wird die Entsprechenserklärung erst aufgrund einer Informationspflichtverletzung - der fehlenden Erwähnung des Interessenkonflikts im Bericht an die Hauptversammlung - unrichtig. Die unrichtige oder unvollständige Erteilung von Informationen ist aber nach der auch in diesem Zusammenhang zu beachtenden Wertung in § 243 Abs. 4 Satz 1 AktG nur von Bedeutung, wenn ein objektiv urteilender Aktionär die Informationserteilung als Voraussetzung für die sachgerechte Wahrnehmung seines Teilnahme- und Mitgliedschaftsrechts ansähe. An der Relevanz für den Aktionär kann es fehlen, wenn der Interessenkonflikt und seine Behandlung bereits aus allgemeinen Quellen bekannt sind (vgl. Sen.Urt. v. 16. Februar 2009 - II ZR 185/07, ZIP 2009, 460, z.V.b. in BGHZ 180, 9 Tz. 22 "Kirch/Deutsche Bank") oder beides - etwa wegen Geringfügigkeit - nicht geeignet ist, die Entscheidungen eines objektiv urteilenden Aktionärs zu beeinflussen.
19
Der in der Person des Aufsichtsratsmitglieds P. bestehende Interessenkonflikt und seine Behandlung im Aufsichtsrat waren in diesem Sinn für die Beurteilung durch einen objektiv urteilenden Aktionär relevant. Es handelt sich nicht um einen geringfügigen Interessenkonflikt. Die geplante Übernahme der Pr. AG hatte für die Beklagte erhebliche Bedeutung. P. stand als Aufsichtsrat auf beiden Seiten, und die von ihm repräsentierte H & F verfolgte in beiden Gesellschaften ihre Interessen. Jedenfalls die Behandlung des Interessenkonflikts im Aufsichtsrat der Beklagten war auch nicht allgemein bekannt.
20
c) Der Anfechtbarkeit der Entlastungsbeschlüsse steht es nicht entgegen , dass die Beklagte noch auf der Hauptversammlung ein Versehen bei der Abfassung des Berichts eingeräumt hat. Dies hat zwar den erschienenen Aktionären vor der Abstimmung vor Augen geführt, dass die Erklärung der Verwaltungsorgane unrichtig war, macht aber den Gesetzesverstoß allein schon im Hinblick auf die in der Hauptversammlung nicht erschienenen Aktionäre nicht hinfällig (vgl. Senat aaO Tz. 28). Auf die Mehrheitsverhältnisse im Sinne einer Kausalbetrachtung kommt es nicht an.
21
III. Keinen Erfolg hat die Anfechtungsklage gegen den Beschluss zum Erwerb eigener Aktien (TOP 6). Der Beschluss ist - was der Kläger mit Recht nicht geltend macht - nicht im Hinblick auf die unrichtige Entsprechenserklärung anfechtbar. Anders als der Kläger meint, ist er auch nicht wegen einer Verletzung des Informationsrechts des Klägers (§ 131 Abs. 1 AktG) anfechtbar.
22
1. Die Abweisung des Auskunftsbegehrens des Klägers im Verfahren nach § 132 AktG durch das Landgericht Berlin entfaltet allerdings - anders als das Landgericht angenommen, das Berufungsgericht aber unentschieden gelassen hat - im Anfechtungsprozess keine Bindungswirkung (BGHZ 86, 1, 3; Sen.Urt. v. 16. Februar 2009 - II ZR 185/07, ZIP 2009, 460, z.V.b. in BGHZ 180, 9 Tz. 35 "Kirch/Deutsche Bank").
23
2. Das Berufungsgericht hat aber in eigener tatrichterlicher Verantwortung und ohne revisionsrechtlich relevante Fehler mit Recht angenommen, dass die erteilten Auskünfte weder unrichtig noch unvollständig waren. Der Senat hat die dagegen erhobenen Verfahrensrügen geprüft, aber für nicht durchgreifend erachtet (§ 564 ZPO).
24
Davon abgesehen waren die angeblich unzureichend oder falsch erteilten Auskünfte für die Beschlussfassung über den Erwerb eigener Aktien nach Tagesordnungspunkt 6 nicht relevant (§ 243 Abs. 4 Satz 1 AktG). Ein objektiv urteilender Aktionär hätte die Erteilung der Information nicht als wesentliche Voraussetzung für die sachgerechte Wahrnehmung seiner Teilnahme- oder Mitgliedschaftsrechte zu diesem Tagesordnungspunkt angesehen. Die Vorgänge aus den Jahren 2003 und 2004, zu denen der Kläger mit den Fragen 7 und 8 Informationen verlangt hat, haben mit der Entscheidung zu Tagesordnungspunkt 6 über den Erwerb eigener Aktien von H & F zur Unterstützung des Unternehmensbeteiligungsprogramms ab 2006 und den Rückerwerb von solchen Aktien von ausscheidenden Vorstandsmitgliedern unmittelbar nichts mehr zu tun. Dass ein in der Vergangenheit liegender Vorfall Dauerwirkung hat, verpflichtet die Gesellschaft nicht zu Auskünften ohne zeitliche Beschränkung, wenn ein Gegenstand der aktuellen Tagesordnung nur berührt wird, weil sich die damalige Weichenstellung weiterhin auswirkt (vgl. Decher in Großkomm.z.AktG 4. Aufl. § 131 Rdn. 151). Die erfragten Vorgänge zu den Umständen und Vereinbarungen eines Aktienerwerbs von H & F, der Beklagten und Frau S. betreffen das Unternehmensbeteiligungsprogramm. Das Unternehmensbeteiligungsprogramm wurde bereits 2004 eingeführt, und die 2006 fortbestehende Ermächtigung dazu hat die Hauptversammlung bereits 2004 erteilt. Entgegen der Ansicht der Revision musste bei dem Beschluss zu Tagesordnungspunkt 6 nicht erneut über die Konzeption des Unternehmensbeteiligungsprogramms befunden werden. Die 2006 begehrte Ermächtigung zum Erwerb eigener Aktien betrifft nur noch den Aktienerwerb von H & F zur Erfüllung dieses Programms. Die Erfüllung der eingegangenen vertraglichen Verpflichtung stand nicht mehr zur Disposition der Beklagten.
Goette Kraemer Caliebe Drescher Löffler
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 26.04.2007 - 93 O 86/06 -
KG Berlin, Entscheidung vom 26.05.2008 - 23 U 88/07 -

(1) Vorstand und Aufsichtsrat der börsennotierten Gesellschaft erklären jährlich, dass den vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz im amtlichen Teil des Bundesanzeigers bekannt gemachten Empfehlungen der „Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex“ entsprochen wurde und wird oder welche Empfehlungen nicht angewendet wurden oder werden und warum nicht. Gleiches gilt für Vorstand und Aufsichtsrat einer Gesellschaft, die ausschließlich andere Wertpapiere als Aktien zum Handel an einem organisierten Markt im Sinn des § 2 Absatz 11 des Wertpapierhandelsgesetzes ausgegeben hat und deren ausgegebene Aktien auf eigene Veranlassung über ein multilaterales Handelssystem im Sinn des § 2 Absatz 8 Satz 1 Nummer 8 des Wertpapierhandelsgesetzes gehandelt werden.

(2) Die Erklärung ist auf der Internetseite der Gesellschaft dauerhaft öffentlich zugänglich zu machen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 174/08 Verkündet am:
21. September 2009
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
"Umschreibungsstopp"
AktG §§ 120 Abs. 1, 121 Abs. 3 Satz 2 (a.F.), 161, 241 Nr. 1 (a.F.)

a) Die Gesellschaft darf bei Namensaktien Umschreibungen im Aktienregister für einen an
der Anmeldefrist orientierten Zeitraum vor Durchführung der Hauptversammlung aussetzen
(Umschreibungsstopp).

b) Die Entscheidung, ob über die Entlastung des Aufsichtsrats für alle Mitglieder insgesamt
oder für jedes Aufsichtsratsmitglied einzeln abzustimmen ist, steht im Ermessen des
Versammlungsleiters, sofern die Satzung keine Regelung enthält, es sei denn, die
Hauptversammlung beschließt oder eine qualifizierte Minderheit verlangt die Einzelentlastung.

c) Wenn entgegen der Empfehlung 5.5.3 des DCGK nicht über das Vorliegen und/oder die
praktische Behandlung eines Interessenkonflikts in der Person eines Organmitglieds berichtet
wird, liegt ein zur Anfechtbarkeit nach § 243 Abs. 1 AktG führender Verstoß gegen
die Verpflichtung zur Abgabe einer richtigen oder zur Berichtigung einer unrichtig gewordenen
Entsprechenserklärung in einem nicht unwesentlichen Punkt nur vor, wenn die unterbliebene
Information für einen objektiv urteilenden Aktionär für die sachgerechte
Wahrnehmung seiner Teilnahme- und Mitgliedschaftsrechte relevant ist.
BGH, Urteil vom 21. September 2009 - II ZR 174/08 - KG Berlin
LG Berlin
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. September 2009 durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Goette und die Richter Kraemer, Caliebe, Dr. Drescher und Dr. Löffler

für Recht erkannt:
I. Auf die Revision des Klägers wird unter Zurückweisung seiner weitergehenden Revision das Urteil des 23. Zivilsenats des Kammergerichts vom 26. Mai 2008 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Anfechtungsklage des Klägers gegen die Entlastungsbeschlüsse der Hauptversammlung der Beklagten vom 27. April 2006 (TOP 3 und 4) abgewiesen worden ist. Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das Urteil des Landgerichts Berlin vom 26. April 2007 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst: DieEntlastungsbeschlüsse der Hauptversammlung der Beklagten vom 27. April 2006 (TOP 3) "den im Geschäftsjahr 2005 amtierenden Mitgliedern des Vorstands wird für diesen Zeitraum Entlastung erteilt," (TOP 4) "den im Geschäftsjahr 2005 amtierenden Mitgliedern des Aufsichtsrats (exklusive Frau Dr. h.c. F. S. ) wird für diesen Zeitraum Entlastung erteilt," "dem im Geschäftsjahr 2005 amtierenden Mitglied des Aufsichtsrats Frau Dr. h.c. F. S. wird für diesen Zeitraum Entlastung erteilt" werden für nichtig erklärt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. II. 1. Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz werden wie folgt verteilt: Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten der Beklagten tragen der Kläger und die Streithelferin jeweils 1/6, die Beklagte 2/3. Von den außergerichtlichen Kosten des Klägers und der Streithelferin trägt die Beklagte jeweils 2/3; im Übrigen tragen die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten selbst. 2. Von den Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens tragen die Beklagte 2/3, der Kläger 1/3.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger ist Aktionär der Beklagten, die im März 2006 zur Hauptversammlung am 27. April 2006 einlud. In der Einladung zur Hauptversammlung der Beklagten heißt es u.a.: "Zur Teilnahme an der Hauptversammlung und der Ausübung des Stimmrechts ist jeder im Aktienregister der Gesellschaft eingetragene Aktionär berechtigt, wenn er die Anmeldung zur Teilnahme spätestens am fünften Tag vor der Hauptversammlung , d.h. … spätestens am Freitag, dem 21. April 2006, beim Vorstand der A. S. AG schriftlich, per Telefax … oder per E-mail … eingereicht hat. … Ein Anmeldeformular wird unseren Aktionären direkt übersandt. Während der Vorbereitung zur Hauptversammlung können aus arbeitstechnischen Gründen keine Umschreibungen im Aktienregister vorgenommen werden, d.h. Erwerber von Aktien, deren Umschreibungsanträge nach dem 21. April 2006 bei der Gesellschaft eingehen, können daher Teilnahmerechte und Stimmrechte aus diesen Aktien nicht ausüben. … In solchen Fällen bleiben Teilnahme- und Stimmrecht bis zur Umschreibung noch bei dem im Aktienregister eingetragenen Aktionär. Darüber hinaus können Anträge zur Umschreibung des Aktienregisters , die zeitnah vor dem 21. April 2006 bei der Gesellschaft eingehen, im Hinblick auf die erforderliche Überprüfung der Voraussetzungen für die Erteilung der Zustimmung zum Erwerb gemäß § 5 Abs. 3 der Satzung gegebenenfalls nicht mehr zu einer rechtzeitigen Eintragung des Erwerbers in das Aktienregister führen, um eine Teilnahme an der Hauptversammlung zu ermöglichen. Sämtliche Erwerber von Aktien der Gesellschaft, die noch nicht im Aktienregister eingetragen sind, werden daher gebeten, Umschreibungsanträge so zeitnah wie möglich zu stellen. Teilnahme- und stimmberechtigt sind die am Tag der Hauptversammlung im Aktienregister eingetragenen und rechtzeitig angemeldeten Aktionäre. …"
2
Nach § 19 der Satzung der Beklagten sind im Aktienbuch eingetragene und rechtzeitig angemeldete Aktionäre zur Teilnahme an der Hauptversammlung und zur Ausübung des Stimmrechts berechtigt, wobei die Anmeldung spätestens am fünften Tag vor der Hauptversammlung eingereicht werden muss. Nach § 5 Abs. 3 der Satzung der Beklagten bedarf die Übertragung der Aktien der Zustimmung der Gesellschaft, die der Vorstand erteilt und über deren Erteilung der Aufsichtsrat beschließt. Der Aufsichtsrat hat mit Beschluss vom 31. Oktober 1986 einer Übertragung von Aktien mit Ausnahme der Übertragung an einen Wettbewerber und an einen Erwerber, der bestimmte Beteiligungsgrenzen überschreitet oder die Unternehmensgrundsätze nicht teilt, im Voraus zugestimmt.
3
Die Beklagte hat in ihrer Entsprechenserklärung vom Dezember 2005 mitgeteilt, dass sie den Empfehlungen der Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex (im Folgenden: DCGK) mit Abweichungen bei den Empfehlungen 4.2.3, 4.2.4, 5.4.7 und 7.1.4 entspreche und mit weiteren Ausnahmen bei den Empfehlungen 5.4.5 und 7.1.2 seit der Entsprechenserklärung vom Dezember 2004 entsprochen habe. Aufsichtsrat der Beklagten war u.a. P. , der gleichzeitig Aufsichtsrat der Pr. AG und Vorstandsvorsitzender der H. & F. LLC. (im Folgenden: H & F) war, die an der Pr. AG beteiligt war. Die Beklagte erwog, die Pr. AG zu übernehmen. Bei Beschlüssen des Aufsichtsrats der Beklagten zur Übernahme enthielt sich P. der Stimme. Im Bericht des Aufsichtsrats an die Hauptversammlung vom 7. März 2006 sind ein Interessenkonflikt des Aufsichtsratsmitglieds P. und seine Behandlung nicht erwähnt.
4
In der Hauptversammlung am 27. April 2006, an der der Kläger teilnahm, wurde u.a. die Entlastung des Vorstands (TOP 3), die Entlastung der Aufsichtsratsmitglieder (TOP 4) und eine Ermächtigung der Beklagten zum Erwerb und zur Verwendung eigener Aktien (TOP 6) beschlossen. Vor der Abstimmung über die Entlastung der Aufsichtsratsmitglieder ordnete der Hauptversammlungsleiter an, dass über die Entlastung des Aufsichtsrats getrennt abgestimmt werden sollte, in der ersten Abstimmung über die Entlastung aller Aufsichtsratsmitglieder ausschließlich der Aufsichtsrätin S. , in einer zweiten Ab- stimmung über die Entlastung von Frau S. , weil für diese als mittelbare bzw. unmittelbare Aktionärin ein Stimmverbot bestehe. Entsprechend wurde verfahren. Der Kläger erklärte gegen die Beschlüsse Widerspruch zu Protokoll des Notars.
5
Der Kläger hat mit seiner Nichtigkeits- und Anfechtungsklage die Entlastungsbeschlüsse (TOP 3 und 4) und den Beschluss über die Ermächtigung zum Erwerb und zur Verwendung eigener Aktien (TOP 6) angegriffen. Er meint, die Beschlüsse seien nichtig, weil die Beklagte einen weder in der Satzung noch im Gesetz vorgesehenen Umschreibungsstopp verhängt habe. Außerdem habe sie sich unausgesprochen eine unbestimmte zusätzliche Frist für die Einreichung von Umschreibungsanträgen bewilligt. Der Versammlungsleiter habe keine gesonderte Abstimmung über die Entlastung von Frau S. anordnen dürfen. Die Entlastungsbeschlüsse seien ferner anfechtbar, weil vor der Hauptversammlung nicht auf den Interessenkonflikt von P. hingewiesen worden sei. Schließlich seien Fragen des Klägers unzureichend und unzutreffend beantwortet worden.
6
Die Klage blieb in den Vorinstanzen erfolglos. Dagegen richtet sich die hinsichtlich der Anfechtungsklage gegen den Tagesordnungspunkt 4 vom Berufungsgericht , im Übrigen vom erkennenden Senat zugelassene Revision des Klägers.

Entscheidungsgründe:

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Die Revision des Klägers führt zur Nichtigerklärung der in der Hauptversammlung vom 27. April 2006 gefassten Entlastungsbeschlüsse. Im Übrigen bleibt sie erfolglos.
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I. Entgegen der Ansicht der Revision sind die auf der Hauptversammlung der Beklagten vom 27. April 2006 gefassten Beschlüsse nicht gemäß § 241 Nr. 1 AktG i.V.m. § 121 Abs. 3 Satz 2 AktG a.F. (in der bis 31. August 2009 gültigen Fassung, § 20 Abs. 1 EGAktG) wegen eines Einladungsmangels nichtig oder nach § 243 Abs. 1 AktG anfechtbar.
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1. Mit einem Stopp für die Bearbeitung von Umschreibungsanträgen wird keine gesetzes- oder satzungswidrige Teilnahmebeschränkung aufgestellt bzw. keine unrichtige Teilnahmebedingung mitgeteilt. Die Gesellschaft darf Umschreibungen im Aktienregister für einen gewissen Zeitraum vor Durchführung der Hauptversammlung aussetzen (MünchKommAktG/Bayer 3. Aufl. § 67 Rdn. 93; Cahn in Spindler/Stilz, § 67 Rdn. 68; Ziemons in K. Schmidt/Lutter, AktG § 123 Rdn. 16; T. Bezzenberger in K. Schmidt/Lutter, AktG § 67 Rdn. 23; Hüffer, AktG 8. Aufl. § 67 Rdn. 20; Merkt in Großkomm.z.AktG 4. Aufl. § 67 Rdn. 105; Wieneke in Bürgers/Körber, AktG § 67 Rdn. 27; a.A. Diekmann, BB 1999, 1985). Sie darf eine Bearbeitungszeit in Anspruch nehmen, um die Teilnehmerliste (§ 129 Abs. 1 Satz 2 AktG) und das Aktienregister in Übereinstimmung zu bringen (BT-Drucks. 14/4051 S. 11). Das Interesse an einer ordnungsgemäßen Vorbereitung der Hauptversammlung überwiegt das Interesse eines Erwerbers an der raschen Eintragung im Aktienregister. Der Gesetzgeber hat dies bei Namensaktien für so selbstverständlich erachtet, dass er ausdrücklich auf eine gesetzliche Regelung verzichtet hat (BT-Drucks. 15/5092 S. 14). Die Bearbeitungszeit ist nicht auf den technisch unvermeidbaren Zeitraum be- schränkt, sondern in Anlehnung an die demselben Zweck dienende Frist für den Zugang des Nachweises der Teilnahmeberechtigung bei Inhaberaktien (§ 123 Abs. 3 Satz 3 AktG a.F.) bzw. die Anmeldefrist (§ 123 Abs. 2 Satz 3 AktG a.F.) zu bestimmen (Ziemons in K. Schmidt/Lutter, AktG § 123 Rdn. 16; T. Bezzenberger in K. Schmidt/Lutter, AktG § 67 Rdn. 23; MünchKommAktG/ Bayer 3. Aufl. § 67 Rdn. 93; Hüffer, AktG 8. Aufl. § 67 Rdn. 20; Cahn in Spindler/Stilz, § 67 Rdn. 68; a.A. Merkt in Großkomm.z.AktG 4. Aufl. § 67 Rdn. 105; Noack, ZIP 1999, 1993, 1997). Da während dieser Bearbeitungszeit die Eintragung neuer Aktionäre vollständig unterbleiben darf, ist das Vorgehen der Beklagten erst recht zulässig, nur die nach dem Stichtag neu eingehenden Umschreibungsanträge nicht mehr zu bearbeiten, aber bei zuvor gestellten Anträgen noch Umschreibungen vorzunehmen. Die zulässige Höchstfrist für einen Umschreibungsstopp ist eingehalten. Nicht mehr bearbeitet werden nur die Anträge , die nach dem statutarisch bestimmten Anmeldeschluss eingehen.
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2. Die Aufforderung, Umschreibungsanträge möglichst rechtzeitig vor der Hauptversammlung zu stellen, ist keine Beschränkung der Teilnahmerechte und kein Verstoß gegen Satzung oder Gesetz. Die Einladung zur Hauptversammlung verfehlt die Mindestangaben (§ 121 Abs. 3 AktG a.F.) nicht und beschränkt keine Teilnahmerechte, wenn zusätzliche Empfehlungen gemacht werden , solange diese nicht irreführend sind und nicht unzutreffend als Teilnahmevoraussetzung erscheinen. Das ist bei einer Empfehlung, Umschreibungsanträge möglichst zeitnah nach der Einladung zur Hauptversammlung zu stellen, nicht der Fall. Die Beklagte lässt sich entgegen der Ansicht der Revision keinen Freibrief für eine zeitliche Verzögerung der Umschreibung ausstellen. Die Pflicht zur möglichst raschen Umschreibung wird mit der Empfehlung und der dafür gegebenen Begründung, dass eine Überprüfung der Umschreibungsvoraussetzungen aufgrund der Vinkulierung möglicherweise Bearbeitungszeit benötige , nicht aufgehoben. Diese Überprüfung kann eine gewisse Zeit beanspru- chen, weil nicht immer kurzfristig zu klären ist, ob die Voraussetzungen vorliegen , unter denen ohne Befassung des Aufsichtsrats entsprechend seinem Beschluss vom 31. Oktober 1986 umgeschrieben werden kann, oder ob nicht doch der Aufsichtsrat seine Zustimmung individuell erteilen muss, ehe umgeschrieben werden kann. So kann die Ermittlung der Beteiligungsquoten bei mittelbarer Beteiligung ebenso weitere Nachprüfungen und Nachfragen notwendig machen wie die Ermittlung, ob ein Erwerber Wettbewerber der Beklagten ist.
11
II. Die Beschlüsse über die Entlastung des Vorstands und des Aufsichtsrats sind dagegen für nichtig zu erklären.
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1. Zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass der Beschluss zur Entlastung des Aufsichtsrats nicht schon deshalb anfechtbar ist, weil über die Entlastung des Aufsichtsratsmitglieds Frau S. gesondert abgestimmt wurde. Der Versammlungsleiter durfte über die Entlastung von Frau S. gesondert abstimmen lassen. Da er befugt war, insgesamt Einzelentlastung anzuordnen, konnte er auch eine Einzelabstimmung für ein oder mehrere namentlich benannte Organmitglieder anordnen. Die Entscheidung , ob über die Entlastung des Aufsichtsrats zusammen oder über die Entlastung jedes einzelnen Aufsichtsratsmitglieds getrennt abzustimmen ist, steht im Ermessen des Versammlungsleiters. § 120 Abs. 1 AktG verbietet dem Versammlungsleiter nicht, über die Entlastung einzeln abstimmen zu lassen (MünchKommAktG/Kubis 2. Aufl. § 120 Rdn. 12; Mülbert in Großkomm.z.AktG 4. Aufl. § 120 Rdn. 106; Zöllner in Kölner Komm.z.AktG § 120 Rdn. 17; Hüffer, AktG 8. Aufl. § 120 Rdn. 10; Hoffmann in Spindler/Stilz, AktG § 120 Rdn. 15; Spindler in K. Schmidt/Lutter, AktG § 120 Rdn. 26; Pluta in Heidel, AktG 2. Aufl. § 120 Rdn. 21; Reger in Bürgers/Körber, AktG § 120 Rdn. 8; a.A. Stützle/ Walgenbach, ZHR 155 [1991], 516, 534; Martens, Leitfaden für die Leitung der Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft, 3. Aufl. S. 81).
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a) Dem Wortlaut der Vorschrift lässt sich ein solches Verbot nicht entnehmen. § 120 Abs. 1 Satz 1 AktG verhält sich über die Abstimmungsmodalitäten nicht, sondern ordnet lediglich an, dass die Hauptversammlung über die Entlastung zu beschließen hat. Aus dem Gebot des § 120 Abs. 1 Satz 2 AktG, über die Entlastung eines einzelnen Mitglieds gesondert abzustimmen, wenn die Hauptversammlung es beschließt oder eine Minderheit es verlangt, lässt sich nicht der Umkehrschluss ziehen, dass in allen anderen Fällen die Organe nur zusammen entlastet werden dürfen. Darin werden nur die Voraussetzungen geregelt, unter denen über die Entlastung einzeln abgestimmt werden muss.
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b) Auch der Normzweck von § 120 Abs. 1 Satz 1 AktG gebietet keine Gesamtentlastung. Sie dient der Vereinfachung und Beschleunigung des Ablaufs der Hauptversammlung, und § 120 Abs. 1 Satz 1 AktG schafft erst die Befugnis des Versammlungsleiters, von der an sich nahe liegenden und in Hauptversammlungen oft geforderten Einzelentlastung abzusehen. Ob der Vorstand oder der Aufsichtsrat jeweils einzeln oder zusammen entlastet werden soll, ist eine Frage der Zweckmäßigkeit. Die sachgerechte und zweckmäßige Leitung der Hauptversammlung obliegt grundsätzlich dem Versammlungsleiter, soweit sie weder durch Gesetz noch durch Satzung noch durch einen Geschäftsordnungsbeschluss der Hauptversammlung geregelt ist. Für eine Beschränkung seines Ermessens auf das Vorliegen einer sachlichen Rechtfertigung für eine Einzelentlastung besteht kein Grund. Die Entscheidung ist unter verfahrensökonomischen Gesichtspunkten zu treffen und setzt nicht einen weitergehenden sachlichen Grund für die Einzelentlastung voraus (Hüffer, AktG 8. Aufl. § 120 Rdn. 10; MünchKommAktG/Kubis 2. Aufl. § 120 Rdn. 12; Semler in Münch. HdB z. Gesellschaftsrecht Bd. 4 AG 3. Aufl. § 34 Rdn. 24; Hoffmann in Spindler/Stilz, AktG § 120 Rdn. 15; Reger in Bürgers/Körber, AktG § 120 Rdn. 8; Mülbert in Großkomm.z.AktG 4. Aufl. § 120 Rdn. 106; a.A. Spindler in K. Schmidt/Lutter, AktG § 120 Rdn. 26; Pluta in Heidel, AktG 2. Aufl. § 120 Rdn. 21).
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c) Die Gesamtentlastung ist entgegen der von dem Kläger in den Vorinstanzen vertretenen Ansicht nicht zum Schutz der Minderheitsaktionäre erforderlich , um eine Umgehung von etwa bestehenden Stimmverboten nach § 136 Abs. 1 AktG durch die Anordnung einer Einzelentlastung zu verhindern (a.A. OLG München WM 1995, 842). Wenn ein Aktionär von der Entscheidung über die Entlastung eines anderen Verwaltungsmitglieds in gleicher Weise betroffen ist und dabei quasi als "Richter in eigener Sache" tätig wird - etwa weil er an einem Vorgang beteiligt war, der dem Organmitglied, um dessen Entlastung es geht, als Pflichtverletzung vorzuwerfen ist -, so erstreckt sich das Stimmverbot auch bei Einzelentlastung auf die Entscheidung über die Entlastung des anderen Verwaltungsmitglieds (vgl. BGHZ 97, 28, 33; Hüffer, AktG 8. Aufl. § 120 Rdn. 10 und § 136 Rdn. 20; MünchKommAktG/Schröer 2. Aufl. § 136 Rdn. 8; Grundmann in Großkomm.z.AktG 4. Aufl. § 136 Rdn. 32; a.A. Hoffmann in Spindler/Stilz, AktG § 120 Rdn. 20). Wo sich das Verbot der Entscheidung über die eigene Entlastung (§ 136 Abs. 1 AktG) dagegen nicht auf die Entscheidung über die Entlastung eines anderen Verwaltungsmitglieds erstreckt, kann mit der Einzelentlastung auch kein Stimmverbot umgangen werden. Soweit aus der Entscheidung BGHZ 108, 21, 25 zu entnehmen sein sollte, dass sich ein Stimmverbot immer auf die Entscheidung über die Entlastung der übrigen Organmitglieder erstreckt (so auch Zöllner in Kölner Komm.z.AktG § 120 Rdn. 18; ähnlich Mülbert in Großkomm.z.AktG 4. Aufl. § 120 Rdn. 112), hält der Senat daran nicht fest.
16
2. Die Entlastungsbeschlüsse für Vorstand und Aufsichtsrat sind aber für nichtig zu erklären, weil die Entsprechenserklärung gemäß § 161 Satz 1 AktG a.F. hinsichtlich der Einhaltung der Empfehlung 5.5.3 des DCGK unrichtig ge- http://www.juris.de/jportal/portal/t/zzr/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=446&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR010890965BJNE018802140&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/zzr/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=446&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR010890965BJNE018802140&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 12 - worden war und nicht berichtigt wurde. Ist die Entsprechenserklärung von vorneherein in einem nicht unwesentlichen Punkt unrichtig oder wird sie bei einer später eintretenden Abweichung von den DCGK-Empfehlungen in einem solchen Punkt nicht umgehend berichtigt, so liegt darin ein Gesetzesverstoß (§ 243 Abs. 1 AktG), der dem Verstoß zuwider gefasste Entlastungsbeschlüsse anfechtbar macht (Sen.Urt. v. 16. Februar 2009 - II ZR 185/07, ZIP 2009, 460, z.V.b. in BGHZ 180, 9 Tz. 19 "Kirch/Deutsche Bank"). Gemäß § 161 Satz 1 und 2 AktG a.F. haben Vorstand und Aufsichtsrat der börsennotierten Gesellschaft jährlich zu erklären, dass den Empfehlungen zum DCGK entsprochen wurde und wird oder welche Empfehlungen nicht angewendet wurden oder werden; außerdem ist diese Erklärung den Aktionären dauerhaft zugänglich zu machen.
17
a) Die Entsprechenserklärung des Vorstandes und des Aufsichtsrats der Beklagten vom Dezember 2005 wurde hinsichtlich ihres in die Zukunft gerichteten Inhalts unrichtig, weil im Bericht an die Hauptversammlung (§ 171 Abs. 2 AktG) im März 2006 entgegen der Empfehlung 5.5.3 des DCGK über den bei dem Aufsichtsratsmitglied P. aufgetretenen Interessenkonflikt und seine Behandlung nicht informiert wurde. Die Beklagte hat selbst eingeräumt, dass sie hinsichtlich dieses Aufsichtsratsmitglieds im Hinblick auf die Übernahme der Pr. AG von einem Interessenkonflikt ausgegangen ist, dem dadurch Rechnung getragen wurde, dass sich dieses Aufsichtsratsmitglied bei der Beschlussfassung der Stimme enthielt. Die Entsprechenserklärung vom Dezember 2005 wurde nach dem weder den Interessenkonflikt noch seine Behandlung erwähnenden Bericht an die Hauptversammlung auch nicht umgehend dahin berichtigt, dass die Beklagte der Empfehlung 5.5.3 des DCGK nicht gefolgt sei bzw. ihr nicht mehr folgen wolle.
18
b) Die Unrichtigkeit betraf auch einen nicht unwesentlichen Punkt der Entsprechenserklärung. Die Verpflichtung, über aufgetretene Interessenkonflik- te und ihre Behandlung im Bericht an die Hauptversammlung zu informieren (5.5.3 DCGK), ist grundsätzlich ein nicht unwesentlicher Punkt der Entsprechenserklärung (Sen.Urt. aaO). Wenn die Unrichtigkeit der Entsprechenserklärung - wie bei einem Verstoß gegen die Empfehlung in 5.5.3 Satz 1 DCGK - auf einer Informationspflichtverletzung beruht, muss die unterbliebene Information für einen objektiv urteilenden Aktionär für die sachgerechte Wahrnehmung seiner Teilnahme- und Mitgliedschaftsrechte darüber hinaus relevant sein, um die schwere Folge der Anfechtbarkeit auszulösen. Da nur eindeutige und schwerwiegende Gesetzesverstöße die Entlastungsentscheidung anfechtbar machen (Senat, BGHZ 153, 47, 51), muss der in der unrichtigen Entsprechenserklärung liegende Verstoß über einen Formalverstoß hinausgehen und auch im konkreten Einzelfall Gewicht haben. Bei einem Verstoß gegen die Empfehlung 5.5.3 des DCGK wird die Entsprechenserklärung erst aufgrund einer Informationspflichtverletzung - der fehlenden Erwähnung des Interessenkonflikts im Bericht an die Hauptversammlung - unrichtig. Die unrichtige oder unvollständige Erteilung von Informationen ist aber nach der auch in diesem Zusammenhang zu beachtenden Wertung in § 243 Abs. 4 Satz 1 AktG nur von Bedeutung, wenn ein objektiv urteilender Aktionär die Informationserteilung als Voraussetzung für die sachgerechte Wahrnehmung seines Teilnahme- und Mitgliedschaftsrechts ansähe. An der Relevanz für den Aktionär kann es fehlen, wenn der Interessenkonflikt und seine Behandlung bereits aus allgemeinen Quellen bekannt sind (vgl. Sen.Urt. v. 16. Februar 2009 - II ZR 185/07, ZIP 2009, 460, z.V.b. in BGHZ 180, 9 Tz. 22 "Kirch/Deutsche Bank") oder beides - etwa wegen Geringfügigkeit - nicht geeignet ist, die Entscheidungen eines objektiv urteilenden Aktionärs zu beeinflussen.
19
Der in der Person des Aufsichtsratsmitglieds P. bestehende Interessenkonflikt und seine Behandlung im Aufsichtsrat waren in diesem Sinn für die Beurteilung durch einen objektiv urteilenden Aktionär relevant. Es handelt sich nicht um einen geringfügigen Interessenkonflikt. Die geplante Übernahme der Pr. AG hatte für die Beklagte erhebliche Bedeutung. P. stand als Aufsichtsrat auf beiden Seiten, und die von ihm repräsentierte H & F verfolgte in beiden Gesellschaften ihre Interessen. Jedenfalls die Behandlung des Interessenkonflikts im Aufsichtsrat der Beklagten war auch nicht allgemein bekannt.
20
c) Der Anfechtbarkeit der Entlastungsbeschlüsse steht es nicht entgegen , dass die Beklagte noch auf der Hauptversammlung ein Versehen bei der Abfassung des Berichts eingeräumt hat. Dies hat zwar den erschienenen Aktionären vor der Abstimmung vor Augen geführt, dass die Erklärung der Verwaltungsorgane unrichtig war, macht aber den Gesetzesverstoß allein schon im Hinblick auf die in der Hauptversammlung nicht erschienenen Aktionäre nicht hinfällig (vgl. Senat aaO Tz. 28). Auf die Mehrheitsverhältnisse im Sinne einer Kausalbetrachtung kommt es nicht an.
21
III. Keinen Erfolg hat die Anfechtungsklage gegen den Beschluss zum Erwerb eigener Aktien (TOP 6). Der Beschluss ist - was der Kläger mit Recht nicht geltend macht - nicht im Hinblick auf die unrichtige Entsprechenserklärung anfechtbar. Anders als der Kläger meint, ist er auch nicht wegen einer Verletzung des Informationsrechts des Klägers (§ 131 Abs. 1 AktG) anfechtbar.
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1. Die Abweisung des Auskunftsbegehrens des Klägers im Verfahren nach § 132 AktG durch das Landgericht Berlin entfaltet allerdings - anders als das Landgericht angenommen, das Berufungsgericht aber unentschieden gelassen hat - im Anfechtungsprozess keine Bindungswirkung (BGHZ 86, 1, 3; Sen.Urt. v. 16. Februar 2009 - II ZR 185/07, ZIP 2009, 460, z.V.b. in BGHZ 180, 9 Tz. 35 "Kirch/Deutsche Bank").
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2. Das Berufungsgericht hat aber in eigener tatrichterlicher Verantwortung und ohne revisionsrechtlich relevante Fehler mit Recht angenommen, dass die erteilten Auskünfte weder unrichtig noch unvollständig waren. Der Senat hat die dagegen erhobenen Verfahrensrügen geprüft, aber für nicht durchgreifend erachtet (§ 564 ZPO).
24
Davon abgesehen waren die angeblich unzureichend oder falsch erteilten Auskünfte für die Beschlussfassung über den Erwerb eigener Aktien nach Tagesordnungspunkt 6 nicht relevant (§ 243 Abs. 4 Satz 1 AktG). Ein objektiv urteilender Aktionär hätte die Erteilung der Information nicht als wesentliche Voraussetzung für die sachgerechte Wahrnehmung seiner Teilnahme- oder Mitgliedschaftsrechte zu diesem Tagesordnungspunkt angesehen. Die Vorgänge aus den Jahren 2003 und 2004, zu denen der Kläger mit den Fragen 7 und 8 Informationen verlangt hat, haben mit der Entscheidung zu Tagesordnungspunkt 6 über den Erwerb eigener Aktien von H & F zur Unterstützung des Unternehmensbeteiligungsprogramms ab 2006 und den Rückerwerb von solchen Aktien von ausscheidenden Vorstandsmitgliedern unmittelbar nichts mehr zu tun. Dass ein in der Vergangenheit liegender Vorfall Dauerwirkung hat, verpflichtet die Gesellschaft nicht zu Auskünften ohne zeitliche Beschränkung, wenn ein Gegenstand der aktuellen Tagesordnung nur berührt wird, weil sich die damalige Weichenstellung weiterhin auswirkt (vgl. Decher in Großkomm.z.AktG 4. Aufl. § 131 Rdn. 151). Die erfragten Vorgänge zu den Umständen und Vereinbarungen eines Aktienerwerbs von H & F, der Beklagten und Frau S. betreffen das Unternehmensbeteiligungsprogramm. Das Unternehmensbeteiligungsprogramm wurde bereits 2004 eingeführt, und die 2006 fortbestehende Ermächtigung dazu hat die Hauptversammlung bereits 2004 erteilt. Entgegen der Ansicht der Revision musste bei dem Beschluss zu Tagesordnungspunkt 6 nicht erneut über die Konzeption des Unternehmensbeteiligungsprogramms befunden werden. Die 2006 begehrte Ermächtigung zum Erwerb eigener Aktien betrifft nur noch den Aktienerwerb von H & F zur Erfüllung dieses Programms. Die Erfüllung der eingegangenen vertraglichen Verpflichtung stand nicht mehr zur Disposition der Beklagten.
Goette Kraemer Caliebe Drescher Löffler
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 26.04.2007 - 93 O 86/06 -
KG Berlin, Entscheidung vom 26.05.2008 - 23 U 88/07 -