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Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 153/03 Verkündet am:
14. März 2005
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein

a) Das grundsätzlich nicht anzuerkennende Recht, einen Mitgesellschafter ohne
Vorhandensein eines sachlichen Grundes aus einer GmbH auszuschließen,
kann dann nicht als sittenwidrig angesehen werden, wenn als Grund für die
Ausschließung in der Satzung die ordentliche Beendigung eines Kooperationsvertrages
bestimmt ist, dem gegenüber die gesellschaftsrechtliche Bindung
von gänzlich untergeordneter Bedeutung ist, weil mit ihr keine Chancen
verbunden sind, die nicht bereits aufgrund des Kooperationsvertrages bestehen.

b) Anfechtungsgründe gegenüber einem Gesellschafterbeschluß müssen, soll
die Anfechtungsfrist des § 246 Abs. 1 AktG nicht funktionslos werden, innerhalb
dieser Frist geltend gemacht werden, eine zeitlich unbegrenzte Einführung
solcher Gründe kommt nicht in Betracht (Klarstellung von BGHZ 152, 1,
6).
BGH, Urteil vom 14. März 2005 - II ZR 153/03 - OLG Frankfurt
LG Fulda
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
Verhandlung vom 14. März 2005 durch den Vorsitzenden Richter
Dr. h.c. Röhricht und die Richter Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly, Münke und
Dr. Gehrlein

für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 1. Kartellsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 1. April 2003 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Gegenstand der beklagten Gesellschaft ist die Errichtung, die Organisation und der Betrieb einer internationalen Kooperation nationaler Paketdienste. Gesellschafter sind die jeweils in ihren Ländern exklusiv als Partner des Systems tätigen "nationalen Partner". Zwischen der Beklagten und den nationalen Partnern bestehen Kooperationsverträge, die im einzelnen die gegenseitigen Rechte und Pflichten festlegen. Diese Verträge sind auf unbestimmte Zeit geschlossen. Die ordentliche Kündigungsfrist beträgt zwölf Monate zum Monatsende; außerdem ist bestimmt, daß die Verträge aus wichtigem Grund jederzeit gekündigt werden können, wobei - in nicht abschließender Form - eine Reihe von Umständen aufgeführt sind, die als wichtiger Grund gelten sollen. In § 8 Abs. 2 lit. a der Satzung der Beklagten war ursprünglich vorgesehen, daß der Beklagten eine call-option zusteht, wenn ein Gesellschafter nicht mehr in
das von ihr organisierte Paketsystem als nationaler Partner eingegliedert ist. Die zwangsweise Einziehung eines Geschäftsanteils war nach § 9 aaO u.a. für den Fall der Kündigung der Gesellschaft seitens eines Gesellschafters oder bei einem Verstoß gegen das gesellschaftsvertragliche Wettbewerbsverbot zugelassen. Im Dezember 1995 wurde eine Satzungsänderung beschlossen, die die genannte call-option aufhob und als neuen Einziehungsgrund den Fall aufführte , daß ein Gesellschafter nicht mehr nationaler Partner ist. Ob diese am 15. März 2002 in das Handelsregister eingetragene Satzungsänderung wirksam beschlossen worden ist, ist zwischen den Parteien umstritten.
Die Klägerin, eine Gesellschaft spanischen Rechts mit Sitz in S., die zu den Gründungsgesellschaftern der Beklagten gehörte und einen Geschäftsanteil von 4.440,00 € (= 4,278 % des Stammkapitals) hält, war die für Spanien zuständige Organisation. Mit Beschluß vom 20. März 2001 hat die Gesellschafterversammlung der Beklagten den Geschäftsführer der Klägerin aus dem Beirat - er ist u.a. zuständig für die Bestellung und Abberufung der Geschäftsführer der Beklagten - abberufen und beschlossen, der beabsichtigten Kündigung des mit der Klägerin geschlossenen Kooperationsvertrages zum 31. März 2002 zuzustimmen und die Geschäftsführung anzuweisen, die Kündigung auszusprechen. Der Beschluß der Versammlung lautet:
"The Shareholder Meeting instructs the Management to terminate the Co-Operation Agreement with R. L. in accordance with the contractual notice period" Zeitgleich mit dieser Gesellschafterversammlung hat der dort neugewählte Beirat den bisherigen Geschäftsführer T. abberufen und an seiner Stelle Th. A. zum Geschäftsführer bestellt. Dieser sprach namens der Gesellschaft mit Schreiben vom 21. März 2001 gegenüber der Klägerin die Kündigung des Kooperationsvertrages zum 31. März 2002 aus; diesem Schreiben, in wel-
chem Herr A. mitteilte, zum Geschäftsführer der Beklagten bestellt worden zu sein, war ein die Abberufung des bisherigen und die Bestellung des neuen Geschäftsführers betreffender Auszug aus dem Protokoll der Gesellschafterversammlung vom 20. März 2001 beigefügt.
Den Beschluß der Gesellschafterversammlung und die Kündigung des Kooperationsvertrages hält die Klägerin für unwirksam, weil sie auf diese Weise gleichzeitig ihre Gesellschafterstellung - sei es auf dem Wege der Ausübung der call-option, sei es auf dem der Zwangseinziehung - verliere, ohne daß dafür ein sachlicher Grund bestehe. Mit ihrer am 4. Mai 2001 bei Gericht eingegangenen Anfechtungs- und Feststellungsklage hat sie auf Nichtigerklärung des Beschlusses vom 20. März 2001 und auf die Feststellung angetragen, daß die ausgesprochene Kündigung des Kooperationsvertrags unwirksam ist. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Während des Berufungsverfahrens hat die Klägerin - gestützt auf ein von ihr inzwischen eingeholtes Rechtsgutachten - ihr Begehren auch damit begründet, ihr sei in der Gesellschafterversammlung das rechtliche Gehör verweigert worden, weil man ihrem Geschäftsführer den Grund für die Kündigung des Vertrags nicht mitgeteilt habe; außerdem sei damit ihr Informationsrecht aus § 51 a GmbHG verletzt worden. Schließlich hat sie sich darauf berufen, daß Herr A. bei der Kündigung nicht alleinvertretungsberechtigtes Organ der Beklagten gewesen sei; sie bestreitet in diesem Zusammenhang , daß dem abberufenen Geschäftsführer T. die Entschließung der Gesellschafterversammlung vor Ausspruch der Kündigung mitgeteilt worden sei. Deswegen hat sie mit Schreiben vom 13. November 2002 die Kündigung auch wegen fehlender (Allein-)Vertretungsmacht des Herrn A. zurückgewiesen. Während des zweitinstanzlichen Verfahrens hat die Gesellschafterversammlung der Beklagten beschlossen, von der call-option Gebrauch zu machen bzw. den Geschäftsanteil der Klägerin einzuziehen. Die Berufung der Klä-
gerin blieb erfolglos. Hiergegen richtet sich die - vom Berufungsgericht zugelassene - Revision der Klägerin.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist nicht begründet. Das Berufungsgericht hat die klageabweisende Entscheidung des Landgerichts mit Recht bestätigt. Der angefochtene Beschluß der Gesellschafterversammlung vom 20. März 2001 und die zwecks seiner Umsetzung ausgesprochene ordentliche Kündigung des Kooperationsvertrages sind formell und materiell wirksam.
1. Das nach dem Kooperationsvertrag in das freie Ermessen beider Vertragsteile gestellte Recht, den Vertrag ordentlich zu kündigen, ist für die Beklagte nicht deswegen eingeschränkt, weil die Beendigung des Kooperationsvertrages der Beklagten die Möglichkeit eröffnet, die Gesellschafterstellung der Klägerin auf dem satzungsrechtlich vorgegebenen Weg zu beenden.

a) Auch die Klägerin verkennt nicht, daß der Kooperationsvertrag, der zwischen einer ordentlichen - erst zum Ablauf des zwölften Monats nach der Erklärung wirkenden - und einer aus wichtigem Grund jederzeit möglichen Kündigung unterscheidet und hinsichtlich des Rechts zu ordentlicher Kündigung beide Vertragsparteien gleich behandelt, keinen Anhaltspunkt für ihre Auffassung gibt, der Beklagten sei auch eine ordentliche Kündigung nur bei Vorhandensein eines wichtigen Grundes erlaubt.

b) Zu Unrecht meint die Klägerin, die Einschränkung des in dem Kooperationsvertrag vereinbarten freien, gerade nicht an besondere Gründe gebundenen ordentlichen Kündigungsrechts ergebe sich aus gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen.
aa) Nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats (BGHZ 125, 74, 79 m.w.Nachw.; Urt. v. 8. März 2004 - II ZR 165/02, ZIP 2004, 903 = WM 2004, 985; vgl. ferner zum Meinungsstand im Schrifttum Münch.Komm.z.BGB/Ulmer, 4. Aufl. § 737 Rdn. 17) kann allerdings eine gesellschaftsvertragliche Regelung nicht anerkannt werden, die einem einzelnen Gesellschafter das Recht einräumt , Mitgesellschafter ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes aus einer Personengesellschaft oder einer GmbH (BGHZ 112, 103 ff.) auszuschließen. Tragende Erwägung hierfür ist, den von der Ausschließung oder Kündigung bedrohten Gesellschafter zu schützen. Denn das freie Kündigungsrecht des anderen Teils kann von ihm als Disziplinierungsmittel empfunden werden, so daß er aus Sorge, der Willkür des ausschließungsberechtigten Gesellschafters ausgeliefert zu sein, nicht frei von seinen Mitgliedschaftsrechten Gebrauch macht oder seinen Gesellschafterpflichten nicht nachkommt, sondern sich den Vorstellungen der anderen Seite beugt ("Damoklesschwert" vgl. BGHZ 81, 263, 268; BGHZ 105, 213, 217).
bb) Einem solchen gesellschaftsvertraglich begründeten "Hinauskündigungsrecht" ist die hier zu beurteilende Fallgestaltung - anders als die Klägerin meint - schon nicht unmittelbar vergleichbar. Nach der Satzung ist nicht einem einzelnen Gesellschafter die Entscheidung überlassen, über die Zustimmung zur Kündigung eines der zwischen der Gesellschaft und ihren Gesellschaftern bestehenden Kooperationsvertrages zu befinden, vielmehr beschließen hierüber die gleichzeitig als nationale Partner in das Paketsystem eingegliederten Gesellschafter. Allenfalls durch eine Übernahme einer größeren Zahl der nationalen Partner durch einen der Gesellschafter kann sich im Laufe der Zeit eine Situation ergeben, in der dieser, weil er nunmehr die Mehrheit der Stimmen in der Gesellschafterversammlung besitzt, wie ein Gesellschafter mit gesellschaftsvertraglich begründeten Befugnissen einen anderen Gesellschafter auf
dem Zwischenschritt über die an keine sachliche Voraussetzung gebundene Beendigung des Kooperationsvertrages aus der Gesellschaft entfernen kann.
cc) Selbst wenn man mit der Klägerin diese faktisch gewonnene Entscheidungsmacht den genannten Fällen eines gesellschaftsvertraglich eingeräumten "Hinauskündigungsrechts" gleichstellen wollte, ist es nicht als sittenwidrig anzusehen, wenn die Beklagte von den ihr in dem Kooperationsvertrag eingeräumten Befugnissen Gebrauch macht. Der Grundsatz, daß ein einzelner Gesellschafter einen Mitgesellschafter nicht ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ausschließen darf, besteht nämlich nicht ausnahmslos. Durchbrechungen hat der Senat, auch wenn er zunächst keinen Anlaß hatte, deren Voraussetzungen im einzelnen festzulegen (vgl. BGHZ 68, 212, 215; BGHZ 81, 263, 269) als möglich erörtert, sie später für den Fall des Ausschlusses des Erben eines Mitgesellschafters (BGHZ 105, 213 ff.) sowie für den Fall ausdrücklich anerkannt, daß der ausschließungsberechtigte GmbH-Gesellschafter mit Rücksicht auf die enge persönliche Beziehung zu seiner Mitgesellschafterin die volle Finanzierung der Gesellschaft übernommen und der Partnerin die Mehrheitsbeteiligung und die Geschäftsführung eingeräumt hatte (BGHZ 112, 103 ff.). Auch für eine Praxisgemeinschaft von Ärzten hat der Senat ein - zeitlich begrenztes - Hinauskündigungsrecht anerkannt, wenn es allein dazu dient, die Prüfung zu ermöglichen, ob zu dem neuen Partner das notwendige Vertrauen hergestellt werden kann und ob die Gesellschafter auf Dauer in ihrer für die gemeinsame Berufsausübung erforderlichen Weise harmonieren können (Sen.Urt. v. 8. März 2004 aaO).
dd) Ein solcher Ausnahmefall liegt - wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat - auch hier vor. Die entscheidende Bedeutung für die Beziehungen der Gesellschafter bzw. nationalen Partner zu der Beklagten ergibt sich
aus dem Kooperationsvertrag. Er regelt im einzelnen die wechselseitigen Rechte und Pflichten und bestimmt vor allem den wirtschaftlichen Ertrag für den einzelnen Partner; zutreffend hat das Berufungsgericht der Klägerin entgegengehalten , daß nichts näher gelegen hätte, als das Recht zu ordentlicher Kündigung an strengere Voraussetzungen zu knüpfen, wenn wirklich die Absicht bestanden hätte, die Partner vor einer verhältnismäßig kurzfristigen Beendigung der Zusammenarbeit zu schützen.
Die Mitgliedschaft in der Beklagten, von der die Gesellschafter keine nennenswerten Gewinne beziehen, stellt sich gegenüber dem Kooperationsverhältnis als ein bloßer Annex dar; sie verschafft dem einzelnen Gesellschafter keine Chancen, die nicht bereits aufgrund des Kooperationsvertrages bestehen. Die durch die Mitgliedschaft in der Beklagten eröffneten Mitwirkungsmöglichkeiten erschöpfen sich für die Gesellschafter in der Einflußnahme auf die Gestaltung des von der Beklagten betriebenen internationalen Paketnetzdienstes, indem sie in der Gesellschafterversammlung die von den Geschäftsführern vorgelegte Jahresplanung billigen, über die Entlastung der Geschäftsführung entscheiden und die Geschäftsführer - über den von ihnen gewählten Beirat - bestellen, abberufen, sie in ihrer laufenden Arbeit kontrollieren sowie mit darüber befinden, mit welchen Unternehmen eine Kooperation begründet oder aufrechterhalten werden soll. Nur ein zugleich mit der Beklagten durch einen Kooperationsvertrag verbundener Gesellschafter kann diese Mitgliedschaftsrechte sinnvoll ausüben. Umgekehrt ist die Beklagte nach der gesamten Konstruktion des Vertragswerks aber darauf angewiesen, den an Stelle des ausgeschiedenen für das entsprechende Land neu gewonnenen Kooperationspartner in den Kreis der Gesellschafter aufzunehmen. Dem trägt die satzungsrechtliche Möglichkeit, den ehemaligen Partner auf dem Wege der call-option bzw. der Zwangseinziehung aus der Gesellschaft zu entfernen, Rechnung, indem auf
diesem Weg der Gleichlauf von bestehendem Kooperationsvertrag und Gesellschaftereigenschaft hergestellt werden kann.
2. Der angefochtene Gesellschafterbeschluß leidet auch nicht an weiteren Mängeln.

a) Da - wie ausgeführt - der Kooperationsvertrag auch ohne Vorhandensein eines wichtigen Grundes ordentlich gekündigt werden kann, bedarf der entsprechende Beschluß der Gesellschafterversammlung keiner Begründung. Ihren Standpunkt, daß sie keinen Grund für die Beendigung der Zusammenarbeit sieht, hat die Klägerin vor der Beschlußfassung eingehend darlegen können. Darin, daß dem Geschäftsführer der Klägerin in der Gesellschafterversammlung die Gründe im einzelnen nicht dargelegt worden sind, warum die Gesellschaftermehrheit den Kooperationsvertrag mit ihr beenden will, liegt entgegen der Ansicht der Klägerin keine Verletzung ihres Informationsrechts (§ 51 a GmbHG), weil es sich hierbei um Angelegenheiten des einzelnen Gesellschafters und nicht - wie dies nach § 51 a GmbHG erforderlich ist - um solche der Gesellschaft handelt.

b) Abgesehen davon, daß danach Anfechtungsgründe nicht schlüssig vorgetragen sind, hat das Berufungsgericht mit Recht diese erst während des Berufungsverfahrens eingeführten Gründe als verfristet (§ 246 Abs. 1 AktG analog) angesehen. Es entspricht der gefestigten, vom Schrifttum ganz überwiegend zustimmend aufgenommenen (vgl. Hüffer, AktG 6. Aufl. § 246 Rdn. 26 m.eingehenden Nachw.) Rechtsprechung des Senats (BGHZ 120, 141, 156 f.; 134, 364, 366; 137, 378, 386 m.w.Nachw.), daß die Anfechtungsgründe binnen der einen Monat betragenden Anfechtungsfrist geltend gemacht werden müssen. Aus der Entscheidung des Senats vom 22. Juli 2002 (BGHZ 152, 1), in der es allein um den Umfang der Darlegung der Berufungsgründe ging, ergibt sich
entgegen der Ansicht der Klägerin nicht, daß der Anfechtungskläger jederzeit neue Anfechtungsgründe in den Rechtsstreit einführen und damit die vom Gesetzgeber aus wohl erwogenen Gründen geschaffene Vorschrift des § 246 Abs. 1 AktG funktionslos machen dürfe; vielmehr muß bei der Anfechtungsklage binnen der Anfechtungsfrist der nach der genannten Entscheidung den einen Teil des Klagegrundes dieser Klage bildende maßgebliche Lebenssachverhalt , aus dem der Kläger die Anfechtbarkeit des Beschlusses herleiten will, vorgetragen werden (vgl. Hüffer aaO § 246 Rdn. 26; Bork, NZG 2002, 1094 f.; v. Falkenhausen/Kocher, ZIP 2003, 426 ff.; Scholz/K.Schmidt, GmbHG 9. Aufl. § 45 Rdn. 146; a.A. Zöllner in Baumbach/Hueck, GmbHG 17. Aufl. Anh. § 47 Rdn. 80).
3. Auch der Feststellungsantrag ist - wie das Berufungsgericht zutreffend entschieden hat - unbegründet.

a) Auf das Fehlen eines wichtigen Grundes für die Kündigung kann die Klägerin die Unwirksamkeit der Kündigung, wie vorstehend ausgeführt, nicht stützen.

b) Die Wirksamkeit der Kündigung scheitert - anders als die Klägerin meint - auch nicht an der etwa fehlenden organschaftlichen (Allein-)Vertretungsmacht des Geschäftsführers A., der das Kündigungsschreiben unterzeichnet hat. Die Klägerin meint zu Unrecht, der neu berufene Geschäftsführer A. habe bei der Kündigung ausschließlich als organschaftlicher Vertreter der Beklagten handeln können; vielmehr hat er - wie sich aus dem Beschlußprotokoll ergibt - die entsprechende Erklärung kraft einer ihm von der Gesellschafterversammlung eigens zwecks Umsetzung des Beschlusses erteilten Einzelvollmacht mit Wirkung für die Gesellschaft abgegeben. Auf die Frage, ob seinem Vorgänger T. die Entscheidung über seine Abberufung zuvor mitgeteilt
worden war oder ob die Beklagte - wie das Berufungsgericht angenommen hat - das Handeln von Herrn A. stillschweigend genehmigt hat, kommt es danach nicht an.
Röhricht Goette Kurzwelly
Münke Gehrlein

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(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

(1) Die Einziehung (Amortisation) von Geschäftsanteilen darf nur erfolgen, soweit sie im Gesellschaftsvertrag zugelassen ist.

(2) Ohne die Zustimmung des Anteilsberechtigten findet die Einziehung nur statt, wenn die Voraussetzungen derselben vor dem Zeitpunkt, in welchem der Berechtigte den Geschäftsanteil erworben hat, im Gesellschaftsvertrag festgesetzt waren.

(3) Die Bestimmung in § 30 Abs. 1 bleibt unberührt.

(1) Die Klage muß innerhalb eines Monats nach der Beschlußfassung erhoben werden.

(2) Die Klage ist gegen die Gesellschaft zu richten. Die Gesellschaft wird durch Vorstand und Aufsichtsrat vertreten. Klagt der Vorstand oder ein Vorstandsmitglied, wird die Gesellschaft durch den Aufsichtsrat, klagt ein Aufsichtsratsmitglied, wird sie durch den Vorstand vertreten.

(3) Zuständig für die Klage ist ausschließlich das Landgericht, in dessen Bezirk die Gesellschaft ihren Sitz hat. Ist bei dem Landgericht eine Kammer für Handelssachen gebildet, so entscheidet diese an Stelle der Zivilkammer. § 148 Abs. 2 Satz 3 und 4 gilt entsprechend. Die mündliche Verhandlung findet nicht vor Ablauf der Monatsfrist des Absatzes 1 statt. Die Gesellschaft kann unmittelbar nach Ablauf der Monatsfrist des Absatzes 1 eine eingereichte Klage bereits vor Zustellung einsehen und sich von der Geschäftsstelle Auszüge und Abschriften erteilen lassen. Mehrere Anfechtungsprozesse sind zur gleichzeitigen Verhandlung und Entscheidung zu verbinden.

(4) Der Vorstand hat die Erhebung der Klage unverzüglich in den Gesellschaftsblättern bekanntzumachen. Ein Aktionär kann sich als Nebenintervenient nur innerhalb eines Monats nach der Bekanntmachung an der Klage beteiligen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 165/02 Verkündet am:
8. März 2004
Boppel
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Das grundsätzlich nicht anzuerkennende Recht, einen Mitgesellschafter ohne
Vorhandensein eines sachlichen Grundes aus einer Gesellschaft ausschließen
zu dürfen, kann ausnahmsweise dann als nicht sittenwidrig angesehen werden,
wenn ein neuer Gesellschafter in eine seit langer Zeit bestehende Sozietät von
Freiberuflern (hier: Gemeinschaftspraxis von Laborärzten) aufgenommen wird
und das Ausschließungsrecht allein dazu dient, den Altgesellschaftern binnen
einer angemessenen Frist die Prüfung zu ermöglichen, ob zu dem neuen Partner
das notwendige Vertrauen hergestellt werden kann und ob die Gesellschafter
auf Dauer in der für die gemeinsame Berufsausübung erforderlichen
Weise harmonieren können; eine Prüfungsfrist von zehn Jahren überschreitet
den anzuerkennenden Rahmen bei weitem.
BGH, Urteil vom 8. März 2004 - II ZR 165/02 - OLG Karlsruhe
LG Karlsruhe
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 8. März 2004 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht
und die Richter Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly, Münke und Dr. Gehrlein

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 3A. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 16. April 2002 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagten zu 1 und 2 (im folgenden: Beklagte) gründeten im Jahr 1978 eine Gemeinschaftspraxis, deren Gegenstand die Ausübung laborärztlicher Tätigkeit ist. Der Kläger, Neffe der Beklagten zu 2, absolvierte in der Praxis zunächst eine Chemielaborantenlehre und war ab 1988 nach Abschluß seines Medizinstudiums zunächst als Arzt im Praktikum, später als Arzt und Facharzt in der Gemeinschaftspraxis tätig. Zum 1. Januar 1991 wurde er als Gesellschafter in die Gemeinschaftspraxis aufgenommen. Eine Einlageleistung hatte er nicht zu erbringen, er wurde auch nicht am Gesellschaftsvermögen beteiligt, sein Gesellschaftsanteil von zunächst 1,6 %, ab Oktober 1995 4 % bzw. 4,1 %, war vielmehr Grundlage für die Gewinn- und Verlustbeteiligung und für die Ermittlung des Stimmrechts. Von Altverbindlichkeiten der Gesellschaft wurde er freigestellt, für neue Verbindlichkeiten hatte er im Innenverhältnis - außer bei
grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz - nur nach Maßgabe seiner Beteiligungsquote einzustehen. Die Beklagten waren ab Oktober 1995 i.H.v. 42,196 % bzw. 46 % an der Gesellschaft beteiligt; die restlichen Gesellschaftsanteile entfielen auf andere Gesellschafter.
Nach §§ 7 und 9 des Gesellschaftsvertrages kann ein Gesellschafter das Gesellschaftsverhältnis mit sechsmonatiger Frist zum Jahresende kündigen und scheidet dann aus der zwischen den übrigen Mitgliedern fortgesetzten Gesellschaft aus. Unterbleibt eine Kündigung, wird die Gesellschaft um jeweils ein Jahr verlängert. Für den Kläger wie für die anderen Gesellschafter mit Ausnahme der Beklagten endete die Mitgliedschaft in jedem Fall mit dem Erreichen des 65. Lebensjahres. Nach § 11 Nr. 1 des Gesellschaftsvertrages haben die Gesellschafter , die wie der Kläger nicht am Gesellschaftsvermögen beteiligt sind, lediglich Anspruch auf Auszahlung ihres Gewinnanteils bis zum Ende ihrer Mitgliedschaft , weitergehende Ansprüche sind ausgeschlossen. Der Ausscheidende unterliegt keinem Wettbewerbsverbot, darf aber bestimmte, von den Beklagten entwickelte Analyseverfahren nicht verwenden (§ 16). Die Auflösung der Gesellschaft erfordert einen einstimmigen Beschluß (§ 13); im übrigen bedürfen Beschlüsse seit einer Änderung des Gesellschaftsvertrages vom 25. Oktober 1996 einer Dreiviertelmehrheit. Über die Ausschließung eines Gesellschafters trifft § 8 folgende Bestimmung:
"Ausschließung 1. Jeder Gesellschafter kann durch ihm gegenüber abzugebende Erklärung aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden, wenn er
a) berufsunfähig ist,
b) aufgrund Krankheit länger als ein Jahr seine Mitarbeit in der Gesellschaft eingestellt hat,
c) ein sonstiger wichtiger Grund in seiner Person vorliegt.

2. Im Hinblick auf die erheblichen Vorleistungen der Altgesellschafter kommen die Vertragsschließenden überein, daß die Ausschließung der Vertrags- schließenden Ziff. 4 (= Kläger) + 5 aus der Gesellschaft mit einer Frist von 6 Monaten zum Ende eines Kalenderjahres auch ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes, frühestens aber zum 31.12.1993 zulässig ist. 3. Die Ausschließung erfolgt durch Mehrheitsbeschluß der nicht betroffenen Gesellschafter ... 4. Die Ausschließung der Vertragsschließenden Ziff. 1 + 2 (= Beklagte) unterliegt nicht den vorstehenden Bestimmungen, sondern kann nur durch Gerichtsbeschluß erfolgen." Ferner ist in § 11 Nr. 7 folgendes geregelt: "7. Die Vertragsschließenden Ziff. 1 und 2 haben das Recht, die Gemein- schaftspraxis insgesamt an einen Dritten zu veräußern. Hierzu bedarf es eines Gesellschafterbeschlusses, der mit einfacher Mehrheit gefaßt werden kann. In diesem Fall scheiden die Vertragsschließenden Ziff. 3 - 5 mit Ablauf des dritten Monats nach dieser Beschlußfassung aus der Gesellschaft aus. In diesem Fall hat der Vertragsschließende Ziff. 3 abweichend von den vorstehenden Bestimmungen einen Vergütungsanspruch in Höhe des seiner Gewinnquote entsprechenden Anteils am Kaufpreis ... Gleiches gilt für die Vertragsschließenden Ziff. 4 (= Kläger) und 5 nach einer Zugehörigkeit zur Gesellschaft von 10 Jahren." Unter dem 20. Juni 2000 unterbreiteten die Beklagten aus Anlaß des Ausscheidens des bisherigen Mitgesellschafters Dr. S. dem Kläger ein Angebot auf Änderung des Gesellschaftsvertrages, die u.a. die Gewinn- und Verlustbeteiligung auch für den Wegfall der Kassenzulassung der Beklagten festschreiben sollte und die hinsichtlich § 11 Nr. 7 folgenden Text vorsah:
"Dem Gesellschafter ... (Kläger) stehen Ansprüche gemäß § 11 Ziff. 7 Abs. 2 nur zu, wenn bei Abschluß und/oder bei Erfüllung des in § 11 Ziff. 7 Abs. 1 vorgesehenen Veräußerungsgeschäfts das Gesellschaftsverhältnis ungekün-
digt - ... - fortbesteht und ein Beschluß über die Ausschließung des Gesell- schafters ... gemäß § 8 Ziff. 2 weder beantragt noch gefaßt worden ist." Da der Kläger hierauf nicht einging, beriefen die Beklagten am 24. Juni 2000 auf den 27. Juni 2000 eine Gesellschafterversammlung ein, in der sie einstimmig beschlossen, den Kläger "gemäß § 8 Abs. 2 und 3 des Gesellschaftsvertrages" zum 31. Dezember 2000 aus der Gesellschaft auszuschließen. Hiergegen hat sich der Kläger mit der negativen Feststellungsklage gewandt. Während des erstinstanzlichen Verfahrens hat die Gesellschafterversammlung gegen die Stimme des Klägers die Veräußerung der Gesellschaft beschlossen; die entsprechenden Vertragsverhandlungen sind später gescheitert. Die Gesellschaft wird von den Beklagten und zwei weiteren Gesellschaftern fortgeführt. Der Kläger ist aufgrund unstreitig wirksamer fristloser Kündigung vom 22. Februar 2001 aus der Gemeinschaftspraxis ausgeschieden.
Das Landgericht hat - soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse - der negativen Feststellungsklage entsprochen. Das Berufungsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen und die Revision zugelassen.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist nicht begründet. Das Berufungsgericht hat - im Ergebnis - mit Recht entschieden, daß der Kläger nicht bereits zum 31. Dezember 2000 als Gesellschafter aus der Gemeinschaftspraxis ausgeschieden ist. Die am 27. Juni 2000 beschlossene Ausschließung des Klägers ist unwirksam.
1. Mit Recht haben Landgericht und Oberlandesgericht die negative Feststellungsklage für zulässig gehalten. Daß der Kläger am 22. Februar 2001
durch seine eigene Kündigung aus der Gesellschaft ausgeschieden ist, läßt das bei Klageerhebung bestehende Feststellungsinteresse nicht entfallen, auch wenn der Kläger nunmehr möglicherweise seinen Gewinnauszahlungsanspruch für die Zeit bis zum Ausscheiden beziffern könnte (vgl. BGH, Urt. v. 15. November 1977 - VI ZR 101/76, NJW 1978, 210, insofern in BGHZ 70, 39 nicht abgedruckt; Urt. v. 4. Juni 1996 - VI ZR 123/95, NJW 1996, 2725 f.) und nach dem Wortlaut und der systematischen Stellung des § 11 Nr. 7 des Vertrages der an sich ab 1. Januar 2001 gegebene Anspruch auf Teilhabe an dem Erlös eines etwaigen Verkaufs der Gemeinschaftspraxis mit der Beendigung der Gesellschafterstellung entfallen und ein davon unabhängiger Abfindungsanspruch hier vertraglich ausgeschlossen ist (vgl. dazu Sen.Urt. v. 8. Mai 2000 - II ZR 308/98, ZIP 2000, 1337, 1338 unter II. 1. m.w.N.).
2. a) Nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats (BGHZ 125, 74, 79 m.w.N.; vgl. ferner zum Meinungsstand im Schrifttum MünchKomm.z.BGB/ Ulmer, 4. Aufl. § 737 Rdn. 17) kann eine gesellschaftsvertragliche Regelung nicht anerkannt werden, die einem einzelnen Gesellschafter das Recht einräumt , Mitgesellschafter ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes aus einer Personengesellschaft oder einer GmbH (BGHZ 112, 103 ff.) auszuschließen. Tragende Erwägung hierfür ist, den von der Ausschließung oder Kündigung bedrohten Gesellschafter zu schützen. Denn das freie Kündigungsrecht des anderen Teils kann von ihm als Disziplinierungsmittel empfunden werden, so daß er aus Sorge, der Willkür des ausschließungsberechtigten Gesellschafters ausgeliefert zu sein, nicht frei von seinen Mitgliedschaftsrechten Gebrauch macht oder seinen Gesellschafterpflichten nicht nachkommt, sondern sich den Vorstellungen der anderen Seite beugt ("Damoklesschwert" vgl. BGHZ 81, 263, 268; BGHZ 105, 213, 217). Gerade das Vorgehen der Beklagten, die auf die Weigerung des Klägers, sich auf eine seine Position in der Gesellschaft ver-
schlechternde Vertragsänderung einzulassen, ihrer Ankündigung entsprechend mit der sofort ausgesprochenen Ausschließung reagiert haben, belegt diese Gefahr eindrucksvoll.

b) Allerdings gilt dieser Grundsatz nicht ausnahmslos, wie auch das Berufungsgericht nicht verkannt hat. Durchbrechungen hat der Senat, auch wenn er zunächst keinen Anlaß hatte, deren Voraussetzungen im einzelnen festzulegen (vgl. BGHZ 68, 212, 215; BGHZ 81, 213, 269) als möglich erörtert, sie später für den Fall des Ausschlusses des Erben eines Mitgesellschafters (BGHZ 105, 213 ff.) und für den Fall ausdrücklich anerkannt, daß der ausschließungsberechtigte GmbH-Gesellschafter mit Rücksicht auf die enge persönliche Beziehung zu seiner Mitgesellschafterin die volle Finanzierung der Gesellschaft übernommen und der Partnerin die Mehrheitsbeteiligung und die Geschäftsführung eingeräumt hatte (BGHZ 112, 103 ff.).

c) Auch bei der Aufnahme eines neuen Gesellschafters in eine seit Jahren bestehende Sozietät von Freiberuflern können Gründe vorliegen, die es nach Abwägung der beiderseits beteiligten Interessen als gerechtfertigt erscheinen lassen, daß die Altgesellschafter auch ohne Vorhandensein eines in der Person des anderen Teils liegenden wichtigen Grundes dessen Gesellschafterstellung einseitig beenden. Das gilt erst recht, wenn es sich bei dieser Sozietät um einen Zusammenschluß von Ärzten handelt, die regelmäßig auf ihre Zulassung als Kassenärzte angewiesen und in dieser Eigenschaft besonderen öffentlich-rechtlichen Restriktionen bei der Gestaltung ihres beruflichen Zusammenwirkens ausgesetzt sind. Denn nach dem Zulassungsrecht bestehen für eine Tätigkeit als angestellter Arzt enge zeitliche Beschränkungen, und der jeweilige Zulassungsausschuß achtet darauf, daß die derzeit geltenden Regeln, nach denen Ärzte nur in Form einer BGB-Gesellschaft oder einer Partner-
schaftsgesellschaft ihren Beruf gemeinsam ausüben dürfen, nicht nur in einem formellen Sinn eingehalten werden. Für die bisherigen Gesellschafter, die einen ihnen u.U. weitgehend unbekannten Partner aufnehmen müssen, können daraus erhebliche Gefahren entstehen, weil sich im allgemeinen erst nach einer gewissen Zeit der Zusammenarbeit herausstellen wird, ob zwischen den Gesellschaftern das notwendige Vertrauen besteht, vor allem ob sie in ihrer besondere ethische Anforderungen stellenden Berufsauffassung harmonieren. Unter diesem Gesichtspunkt kann es nicht von vornherein als sittenwidrig angesehen werden, wenn den Altgesellschaftern - zumal wenn sie allein Träger des Gesellschaftsvermögens sind und der neue Partner ohne Leistung einer Einlage aufgenommen wird - für eine angemessene Prüfungszeit, die jedenfalls den hier für das Teilhaberecht des Klägers an einem etwaigen Veräußerungserlös bestimmten Zeitraum von zehn Jahren bei weitem nicht erreichen darf, das Recht eingeräumt wird, den Neugesellschafter auszuschließen, auch wenn keine Gründe vorliegen, die es den Altgesellschaftern unzumutbar machen, das Gesellschaftsverhältnis fortzusetzen. Anderenfalls bliebe den aufnehmenden Gesellschaftern allein die Auflösungskündigung der Gemeinschaftspraxis und damit u.U. die Zerschlagung des in Jahren Aufgebauten oder aber das eigene Ausscheiden.
3. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts bedarf es hier jedoch keiner abschließenden Festlegung der Grenzen eines solchen ausnahmsweise gerechtfertigten Hinauskündigungsrechts. Denn selbst wenn man zugunsten der Beklagten annehmen wollte, daß die Regelung in § 8 Nr. 2 des Gesellschaftsvertrages nicht sittenwidrig und nichtig ist, ist die Ausschließungsentscheidung unwirksam, weil die Beklagten von dieser Bestimmung in einer gegen § 242 BGB verstoßenden Weise Gebrauch gemacht haben (zur Ausübungskontrolle vgl. Schlegelberger/K.Schmidt, HGB 5. Aufl. § 140 Rdn. 79).


a) Mit der Ausschließung zielten die Beklagten nicht darauf ab, den ge- schilderten Besonderheiten einer Aufnahme eines jungen Partners in eine seit langer Zeit bestehende, von den Altgesellschaftern aufgebaute und durch ihren persönlichen Einsatz und ihr Ansehen geprägte Sozietät Rechnung zu tragen; sie wollten sich vielmehr - nachdem der Kläger die für ihn nachteilige Vertragsänderung nicht hinnehmen wollte - allein von den vor rund zehn Jahren eingegangenen und ihnen inzwischen lästig gewordenen vertraglichen Verpflichtungen lösen.

b) Nach dem im Jahre 1991 geschlossenen Gesellschaftsvertrag war selbstverständlich, daß im Falle eines Auslaufens der Kassenzulassung der beiden beklagten Altgesellschafter die bisher verabredete Gewinn- und Verlustverteilung nicht unverändert weitergeführt, sondern den neuen Verhältnissen angepaßt werden mußte. Durch die Ausnutzung des zu ihren Gunsten aus anderen Gründen eingeräumten - nur unterstellt wirksamen - Hinauskündigungsrechts sollte die angestrebte Befreiung aus den vertraglichen Bindungen auf anderem Wege erreicht werden.

c) Noch deutlicher wird der Fehlgebrauch des Ausschließungsrechts im Hinblick auf das Recht des Klägers, an dem Erlös aus einem etwaigen Verkauf der Gemeinschaftspraxis beteiligt zu werden. Nach dem Vertrag erwarb er den entsprechenden Anspruch nach Ablauf von zehn Jahren Zugehörigkeit zu der Gesellschaft, also am 1. Januar 2001. Der letzte Zeitpunkt, zu dem die Beklagten erreichen konnten, daß der Kläger keinesfalls in den Genuß dieser bei seinem Eintritt in die Gemeinschaftspraxis versprochenen und seine langjährige Tätigkeit für die Praxis honorierenden Rechtsstellung kam, war der 30. Juni 2000, weil eine Ausschließungskündigung nach § 8 Nr. 2 des Gesellschaftsver-
trages nur zum Jahresende und mit einer Auslauffrist von sechs Monaten ausgesprochen werden konnte. Wenn die Beklagten erst zehn Tage vor diesem Kündigungszeitpunkt ihr Vertragsänderungsangebot - unter Hinweis auf das ihnen zustehende Ausschließungsrecht - abgegeben und dann, nachdem der Kläger sich ihren Wünschen nicht unterworfen hatte, mit außerordentlich kurzer Einladungsfrist drei Tage vor dem genannten letzt möglichen Zeitpunkt den Ausschließungsbeschluß gefaßt haben, dann zeigt dies deutlich, daß es den Beklagten nur um die Durchsetzung ihres sachlich nicht gerechtfertigten Wunsches nach Lösung aus den früher übernommenen vertraglichen Verpflichtungen gegangen ist. Ihrem berechtigten Interesse, sich als die allein am Gesellschaftsvermögen beteiligten Gründungsgesellschafter der Gemeinschaftspraxis die Ergebnisse ihrer jahrelangen Aufbauarbeit auch bei oder im Vorfeld des Endes ihrer Kassenarzttätigkeit zunutze zu machen, war durch das ihnen allein zustehende Recht, auch gegen den Willen ihrer Mitgesellschafter die Praxis zu veräußern und den dabei erzielten Erlös weitgehend für sich vereinnahmen zu dürfen, hinreichend Rechnung getragen.
Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 766.937,82 esetzt.
Röhricht Goette Kurzwelly
Münke Gehrlein

(1) Die Klage muß innerhalb eines Monats nach der Beschlußfassung erhoben werden.

(2) Die Klage ist gegen die Gesellschaft zu richten. Die Gesellschaft wird durch Vorstand und Aufsichtsrat vertreten. Klagt der Vorstand oder ein Vorstandsmitglied, wird die Gesellschaft durch den Aufsichtsrat, klagt ein Aufsichtsratsmitglied, wird sie durch den Vorstand vertreten.

(3) Zuständig für die Klage ist ausschließlich das Landgericht, in dessen Bezirk die Gesellschaft ihren Sitz hat. Ist bei dem Landgericht eine Kammer für Handelssachen gebildet, so entscheidet diese an Stelle der Zivilkammer. § 148 Abs. 2 Satz 3 und 4 gilt entsprechend. Die mündliche Verhandlung findet nicht vor Ablauf der Monatsfrist des Absatzes 1 statt. Die Gesellschaft kann unmittelbar nach Ablauf der Monatsfrist des Absatzes 1 eine eingereichte Klage bereits vor Zustellung einsehen und sich von der Geschäftsstelle Auszüge und Abschriften erteilen lassen. Mehrere Anfechtungsprozesse sind zur gleichzeitigen Verhandlung und Entscheidung zu verbinden.

(4) Der Vorstand hat die Erhebung der Klage unverzüglich in den Gesellschaftsblättern bekanntzumachen. Ein Aktionär kann sich als Nebenintervenient nur innerhalb eines Monats nach der Bekanntmachung an der Klage beteiligen.