Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Juli 2008 - II ZA 4/08
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Der Beklagte beantragt Prozesskostenhilfe für ein Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren. Mit am 21. April 2008 zugestelltem Urteil hat das Oberlandesgericht die Berufung des Antragstellers gegen seine Verurteilung zur Zahlung von 2.243.548,77 € zurückgewiesen, ohne die Revision zuzulassen. Der Prozesskostenhilfeantrag wurde am 21. Mai 2008 per Telefax an die Generalbundesanwaltschaft gesandt und ging am 23. Mai 2008 beim Bundesgerichtshof ein. Er ist an den Bundesgerichtshof adressiert, aber im Adressfeld mit der Telefaxnummer der Generalbundesanwaltschaft versehen. Der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers hat eine Mitarbeiterin angewiesen, den Antrag vorab an den Bundesgerichtshof per Telefax zu senden. Diese hat eine in einem Anwaltsprogramm im Beteiligtenregister unter "Bundesgerichtshof" gespeicherte Faxnummer verwendet, ohne sie auf ihre Richtigkeit zu überprüfen.
II.
- 2
- Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist zurückzuweisen, weil die Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (§ 114 ZPO). Die beabsichtigte Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der Antragsteller die Monatsfrist des § 544 Abs. 1 Satz 2 ZPO für die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde nicht gewahrt hat, innerhalb dieser Frist keinen vollständigen Prozesskostenhilfeantrag eingereicht hat und die Verspätung nicht unverschuldet ist (§ 233 ZPO). Unterbleibt wegen des wirtschaftlichen Unvermögens einer Partei die rechtzeitige Einlegung eines Rechtsmittels, ist die Frist unverschuldet versäumt, wenn die Partei bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist um die Bewilligung der Prozesskostenhilfe nachsucht oder, sofern der Antrag auf Prozesskostenhilfe noch innerhalb der Frist des § 234 ZPO gestellt wird, sie an der Versäumung kein Verschulden trifft (st.Rspr. vgl. BGH, Beschl. v. 6. Juli 2007 - IX ZA 10/06, FamRZ 2006, 1522; v. 21. Februar 2002 - IX ZA 10/01, NJW 2002, 2180 m.w.Nachw.).
- 3
- 1. Der Antragsteller hat seinen Prozesskostenhilfeantrag nicht unverschuldet verspätet eingereicht. Die mit der Zustellung des Urteils am 21. April 2008 beginnende Monatsfrist (§ 544 Abs. 1 Satz 2 ZPO) endete mit dem 21. Mai 2008. Der Antrag ging beim Bundesgerichtshof erst am 23. Mai 2008 ein. Der zweitinstanzliche Prozessbevollmächtigte, dessen Verschulden dem Antragsteller nach § 85 Abs. 2 ZPO im Prozesskostenhilfeverfahren zuzurechnen ist (BGHZ 148, 66, 70), hat die Frist schuldhaft versäumt, weil der Antrag aufgrund einer falschen Telefaxnummer an die Generalbundesanwaltschaft statt an den Bundesgerichtshof gesandt wurde. Ein Rechtsanwalt hat durch organisatorische Vorkehrungen dafür zu sorgen, dass die Eintragung der Telefaxnummer in ein Stammdatenblatt einer Computeranlage, aus dem sie zur Versendung an das Gericht übernommen wird, kontrolliert wird oder dass jede einzelne Sendung beispielsweise anhand des Sendeberichts auf die Richtigkeit des Adressaten und der Telefaxnummer überprüft wird (Sen.Beschl. v. 10. Januar 2000 - II ZB 14/99, ZIP 2000, 335). Eine so organisierte Ausgangskontrolle in seiner Kanzlei hat der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers nicht dargelegt und glaubhaft gemacht. Die Einzelweisung, den Schriftsatz vorab per Telefax an den Bundesgerichtshof zu senden, ersetzt die ordnungsgemäße Ausgangskontrolle nicht. Eine Einzelweisung kann allgemeine organisatorische Regelungen ersetzen, wenn sie die Fristwahrung gewährleistet. Dazu genügt es nicht, dass sie in einem unzureichend geregelten Ablauf einzelne Elemente ersetzt (BGH, Beschl. v. 23. Oktober 2003 - V ZB 28/03, NJW 2004, 367; v. 26. Januar 2006 - I ZB 64/05, NJW 2006, 1519; v. 30. Januar 2007 - XI ZB 5/06, FamRZ 2007, 720; vom 4. April 2007 - III ZB 85/06, VersR 2008, 703; v. 18. Juli 2007 - XII ZB 32/07, NJW 2007, 2778; v. 19. März 2008 - III ZB 80/07, MDR 2008, 703). Die Weisung, den Schriftsatz per Telefax an das Gericht zu versenden, gewährleistet die Fristwahrung nicht, weil sie keine Überprüfung der korrekten Versendung im Einzelfall an die Stelle der unzureichenden Ausgangskontrolle setzt.
- 4
- 2. Dem Antragsteller könnte aber auch deshalb keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden, weil die am 21. Mai 2008 übersandte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse unvollständig ist und innerhalb der Rechtsmittelfrist keine Belege vorgelegt wurden. Der Partei kann wegen der Versäumung der Rechtsmittelfrist nur dann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden, wenn sie innerhalb dieser Rechtsmittelfrist ihr vollständiges Gesuch um Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Verwendung der vorgeschriebenen Vordrucke und unter Beifügung aller erforderlichen Belege (§ 117 Abs. 2 ZPO) bei Gericht eingereicht hat (BGH, Beschl.
Goette Kurzwelly Kraemer Caliebe Drescher
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 27.07.2007 - 27 O 11060/02 -
OLG München, Entscheidung vom 01.04.2008 - 18 U 4098/07 -
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(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.
(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.
(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).
(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn
- 1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder - 2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.
(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.
(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.
(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.
(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.
(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.
(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.
(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.
War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.
(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.
(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.
(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.
(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).
(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn
- 1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder - 2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.
(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.
(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.
(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.
(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.
(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.
(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.
(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.
(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.
(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.
(1) Der Antrag auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe ist bei dem Prozessgericht zu stellen; er kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. In dem Antrag ist das Streitverhältnis unter Angabe der Beweismittel darzustellen. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Zwangsvollstreckung ist bei dem für die Zwangsvollstreckung zuständigen Gericht zu stellen.
(2) Dem Antrag sind eine Erklärung der Partei über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten) sowie entsprechende Belege beizufügen. Die Erklärung und die Belege dürfen dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden; es sei denn, der Gegner hat gegen den Antragsteller nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts einen Anspruch auf Auskunft über Einkünfte und Vermögen des Antragstellers. Dem Antragsteller ist vor der Übermittlung seiner Erklärung an den Gegner Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Er ist über die Übermittlung seiner Erklärung zu unterrichten.
(3) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, zur Vereinfachung und Vereinheitlichung des Verfahrens durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Formulare für die Erklärung einzuführen. Die Formulare enthalten die nach § 120a Absatz 2 Satz 4 erforderliche Belehrung.
(4) Soweit Formulare für die Erklärung eingeführt sind, muss sich die Partei ihrer bedienen.