Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Dez. 2018 - I ZB 24/17
vorgehend
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. Dezember 2018 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Koch, die Richter Prof. Dr. Schaffert, Dr. Löffler, die Richterin Dr. Schwonke und den Richter Feddersen
beschlossen:
Gründe:
- 1
- A. Der Gläubiger ist der Landkreis Mühldorf. Er betreibt gegen den Schuldner die Zwangsvollstreckung wegen rückständiger Gebühren für Abfallbeseitigung , Mahngebühren und Säumniszuschlägen in Höhe von insgesamt 1.191,71 €.
- 2
- Der Gläubiger richtete an das Amtsgericht Mühldorf - Gerichtsvollzieherverteilerstelle - ein Vollstreckungsersuchen, in dem er die Durchführung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den Schuldner beantragte. Dem Ersuchen war die Ausfertigung eines Ausstandsverzeichnisses vom 21. Juni 2016 beigefügt, die von der Sachbearbeiterin S. unterschrieben war. Die Ausfertigung enthielt außerdem folgenden, vom Regierungsamtmann H. unterschriebenen Vermerk: Diese Ausfertigung ist vollstreckbar.
- 3
- Das Ausstandsverzeichnis wurde dem Schuldner am 29. Juni 2016 durch Einlegung in den Briefkasten seiner Wohnung zugestellt. Mit Schreiben vom selben Tag forderte der Gerichtsvollzieher den Schuldner vergeblich zur Zahlung auf. Der Gerichtsvollzieher lud den Schuldner sodann mit Schreiben vom 8. November 2016 zur Abgabe der Vermögensauskunft. Im Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft erklärte der Schuldner, nicht zahlen zu können.
- 4
- Mit Beschluss vom 5. Januar 2017 hat das Vollstreckungsgericht die gegen die Vollstreckung aus dem Ausstandsverzeichnis gerichtete Erinnerung des Schuldners vom 5. Dezember 2016 sowie seinen Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde des Schuldners ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Schuldner seine Einwände gegen die Zwangsvollstreckung gemäß dem Ausstandsverzeichnis vom 21. Juni 2016 weiter.
- 5
- Während des Rechtsbeschwerdeverfahrens hat der Gläubiger den Vollstreckungsauftrag zurückgenommen. Der Gerichtsvollzieher hat dem Gläubiger die Vollstreckungsunterlagen zurückgesandt. Der Verfahrensbevollmächtigte des Schuldners hat daraufhin die Erinnerung des Schuldners für erledigt erklärt und beantragt, dem Gläubiger die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Der Gläubiger hat der Erledigungserklärung widersprochen.
- 6
- B. Der in der einseitig gebliebenen Erledigungserklärung des Schuldners liegende Antrag, die Erledigung des Rechtsbeschwerdeverfahrens festzustellen und dem Gläubiger die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, ist unbegründet, weil die Rechtsbeschwerde von Anfang an unbegründet war.
- 7
- I. Der Schuldner hat das Rechtsbeschwerdeverfahren allerdings in zulässiger Weise für erledigt erklärt.
- 8
- 1. Die Erledigungserklärung des Schuldners betrifft abweichend von ihrem auf die "Erinnerung" gerichteten Wortlaut bei interessengerechter Auslegung das beim Senat anhängige Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde, mit der der Schuldner sein Begehren weiterverfolgt hat, die Zwangsvollstreckung aus dem Ausstandsverzeichnis vom 21. Juni 2016 zu verhindern. Die Vorschriften der §§ 91 ff. ZPO sind auf Beschwerden im Zwangsvollstreckungsverfahren anwendbar , wenn es sich - wie im Streitfall - um ein kontradiktorisches Verfahren zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger handelt (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Januar 2007 - V ZB 125/05, BGHZ 170, 378 Rn. 6 f.; Beschluss vom 29. März 2018 - I ZB 54/17, WM 2018, 1701 Rn. 8 ff.).
- 9
- 2. Die Erledigungserklärung des Schuldners ist einseitig geblieben. Der Gläubiger hat ihr mit Schreiben vom 26. April 2018 widersprochen. Diese Erklärung ist trotz des im Rechtsbeschwerdeverfahren vor dem Bundesgerichtshof grundsätzlich geltenden Anwaltszwangs (§ 78 Abs. 1 Satz 3 ZPO) wirksam, weil eine Erledigungserklärung im Sinne von § 78 Abs. 3 ZPO auch zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden kann (BGH, Beschluss vom 24. Oktober 2011 - IX ZR 244/09, NJW-RR 2012, 688; Flockenhaus in Musielak/Voit, ZPO, 15. Aufl., § 91a Rn. 12). Gleiches gilt für die Erklärung des Prozessgegners (vgl. Flockenhaus in Musielak/Voit aaO § 91a Rn. 12).
- 10
- 3. Eine auf ein Rechtsmittel bezogene einseitige Erledigungserklärung ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs jedenfalls dann zulässig, wenn hierfür ein besonderes Bedürfnis besteht, weil nur auf diese Weise eine angemessene Kostenentscheidung zu erzielen ist (BGH, Beschluss vom 20. Januar 2009 - VIII ZB 47/08, NJW-RR 2009, 855 Rn. 4 mwN), und zudem das erledigende Ereignis als solches außer Streit steht (BGH, Beschluss vom 5. Juli 2005 - VII ZB 10/05, NJOZ 2005, 3992, 3993 [juris Rn. 5]; BGH, NJW-RR 2009, 855 Rn. 6). So liegt es hier.
- 11
- a) Für den Schuldner besteht ein besonderes Bedürfnis, eine ihn belastende Kostenentscheidung durch die einseitige Erledigungserklärung des Rechtsmittels zu vermeiden.
- 12
- Rechtsbeschwerde gegen die seine Erinnerung zurückweisende Entscheidung des Vollstreckungsgerichts zurückgenommen. Daraufhin hat der Gerichtsvollzieher dem Gläubiger die Vollstreckungsunterlagen zurückgesandt. Damit fehlt es an einem gemäß § 802a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO für die hier in Rede stehende Einholung einer Vermögensauskunft des Schuldners im Sinne von § 802c ZPO erforderlichen Vollstreckungsauftrag. Die Antragsrücknahme führt zur Aufhebung der Vollstreckungsmaßnahme (MünchKomm.ZPO/Wagner, 5. Aufl., § 802a Rn. 6). Dadurch ist die für die Zulässigkeit des Rechtsmittels notwendige Beschwer nachträglich weggefallen. Die Beschwer muss als allgemeine Zulässigkeitsvoraussetzung für jedes Rechtsmittel nach der Zivilprozessordnung noch zum Zeitpunkt der Entscheidung über das Rechtsmittel gegeben sein; ihr Wegfall macht das Rechtsmittel unzulässig und führt zu dessen Verwerfung (BGH, Beschluss vom 29. März 2018 - I ZB 54/17, WM 2018, 1701 Rn. 12 mwN).
- 14
- Eine Rücknahme der Rechtsbeschwerde liegt nicht im Interesse des Schuldners. Sie hätte zur Folge, dass er die Kosten des Rechtsmittels unabhängig davon zu tragen hätte, ob es ursprünglich begründet war oder nicht (BGH, NJW-RR 2009, 855 Rn. 5). Die Möglichkeit, die Hauptsache für erledigt zu erklären, hat lediglich der die Zwangsvollstreckung betreibende Gläubiger.
- 15
b) Das erledigende Ereignis als solches steht vorliegend außer Streit. Der Gläubiger hat den Vollstreckungsauftrag unstreitig zurückgenommen.
- 16
- II. Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthafte und auch ansonsten zulässige (§ 575 ZPO) Rechtsbeschwerde ist jedoch von Anfang an unbegründet gewesen.
- 17
- 1. Das Beschwerdegericht hat die Beschwerde des Schuldners für zulässig , aber unbegründet gehalten. Dazu hat es ausgeführt:
- 18
- Die im Bayerischen Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz (nachfolgend: BayVwZVG) geregelten Vollstreckungsvoraussetzungen lägen im Streitfall vor. Das vollstreckbare Ausstandsverzeichnis entspreche als Vollstreckungsanordnung einem zivilrechtlichen Vollstreckungsauftrag. An der Existenz der der Vollstreckungsanordnung zugrundeliegenden Gebührenbescheide bestünden keine Zweifel. Ob diese Bescheide - wie vom Schuldner bestritten - wirksam bekannt gegeben worden und die Forderungen fällig seien, habe allein die für die Vollstreckungsanordnung zuständige Behörde, nicht aber das Vollstreckungsorgan zu prüfen. Die vom Schuldner erhobenen Einwendungen der Verjährung, Aufrechnung mit einer Gegenforderung sowie der Verhältnismäßigkeit der Vollstreckung seien im Vollstreckungsverfahren ebenfalls nicht zu berücksichtigen.
- 19
- 2. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Rechtsbeschwerde hätten keine andere Entscheidung gerechtfertigt. Das Beschwerdegericht ist mit Recht davon ausgegangen, dass die Vollstreckungsvoraussetzungen im Streitfall vorlagen.
- 20
a) Rückständige Gebühren für die Abfallentsorgung werden im Bundesland Bayern durch den Landkreis auf Grund einer Abgabensatzung erhoben (vgl. Art. 7 Abs. 5 Bayerisches Abfallwirtschaftsgesetz in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1, Art. 8 Abs. 1 des Bayerischen Kommunalabgabengesetzes). Die Leistungsbescheide werden im Wege der Beitreibung vollstreckt (Art. 26 Abs. 1 BayVwZVG).
- 21
- b) Verwaltungsakte, die vom Vollstreckungsschuldner entgegen seiner Verpflichtung nicht rechtzeitig erfüllt werden, können vollstreckt werden, wenn sie unanfechtbar oder vorläufig vollziehbar sind (Art. 19 BayVwZVG). Neben diesen allgemeinen Zwangsvollstreckungsvoraussetzungen ist gemäß Art. 23 Abs. 1 BayVwZVG erforderlich, dass der Leistungsbescheid dem Leistungspflichtigen zugestellt ist (Nr. 1), die Forderung fällig ist (Nr. 2) und der Leistungspflichtige von der Anordnungsbehörde oder von der für sie zuständigen Kasse oder Zahlstelle nach Eintritt der Fälligkeit durch verschlossenen Brief, durch Nachnahme oder durch ortsübliche Bekanntmachung ergebnislos aufgefordert worden ist, innerhalb einer bestimmten Frist von mindestens einer Woche zu leisten (Mahnung: Nr. 3). Geht es - wie im Streitfall - um die Vollstreckung von Geldforderungen der Landkreise, ordnet die Anordnungsbehörde die Vollstreckung sodann dadurch an, dass sie auf eine Ausfertigung des Leistungsbescheids oder eines Ausstandsverzeichnisses die Klausel setzt: "Diese Ausfertigung ist vollstreckbar" (Art. 26, 24 Abs. 1 Nr. 2 BayVwZVG). Auf die Zwangsvollstreckung sind die Vorschriften des Achten Buchs der Zivilprozessordnung mit Ausnahme der §§ 883 bis 898 und 946 bis 959 entsprechend anzuwenden (Art. 26 Abs. 7 BayVwZVG).
- 22
- 3. Von diesen Rechtsgrundlagen ist das Beschwerdegericht ausgegangen. Es hat angenommen, dass das Ausstandsverzeichnis vom 21. Juni 2016 als Vollstreckungsanordnung den gesetzlichen Vollstreckungsvoraussetzungen entspricht. Diese Beurteilung lässt keinen Rechtsfehler erkennen.
a) Die gemäß Art. 26 Abs. 7 BayVwZVG in Verbindung mit § 750 Abs. 1
- 24
- b) Das Beschwerdegericht ist ferner mit Recht davon ausgegangen, dass das zugestellte Ausstandsverzeichnis vollstreckbar war.
- 25
- aa) Das Vollstreckungsgericht, dessen Entscheidung das Beschwerdegericht für zutreffend erachtet hat, hat festgestellt, dass das Ausstandsverzeichnis auf seiner zweiten Seite den vom Regierungsamtmann H. unterschriebenen Vermerk "Diese Ausfertigung ist vollstreckbar" enthielt. Dieser Vermerk entspricht der in Art. 24 Abs. 1 Nr. 2 BayVwZVG vorgeschriebenen Klausel.
- 26
- bb) Im Streitfall ist weder dargelegt noch sonst ersichtlich, dass diese Feststellung nicht den Tatsachen entspricht.
- 27
- (1) Für das Verfahren der Erinnerung gelten die allgemeinen zivilprozessualen Grundsätze. So ist das Erinnerungsverfahren vom Beibringungsgrundsatz beherrscht. Der Tatsachenstoff ist nach den allgemeinen Grundsätzen zur Darlegungs- und Beweislast von den Parteien beizubringen und gegebenenfalls zu beweisen. Es ist deshalb grundsätzlich Sache des Schuldners, Einwendungen vorzubringen, die eine Zwangsvollstreckungsmaßnahme unzulässig machen. Das Vollstreckungsgericht muss zwar von Amts wegen Umstände berücksichtigen, die ihm bekannt sind. Zu weiteren Nachforschungen ist es dagegen nicht verpflichtet (BGH, Beschluss vom 26. Juli 2018 - I ZB 78/17, WM 2018, 2281 Rn. 31).
- 29
- Dem Schuldner ist das Ausstandsverzeichnis unstreitig zugestellt worden. Er war somit in der Lage, mit seiner Rechtsbeschwerde aus eigener Anschauung vorzutragen, dass das Ausstandsverzeichnis die erforderliche Vollstreckungsklausel nicht aufwies. Daran fehlte es im Streitfall.
- 30
- Die Rechtsbeschwerde hat nicht geltend gemacht, dass das Ausstandsverzeichnis keine Vollstreckbarkeitsklausel enthielt. Sie hat lediglich die Ansicht vertreten, es sei "aufgrund der zu den Akten gelangten Kopie der Vollstreckungsunterlagen nicht erkennbar", dass eine vollstreckbare Ausfertigung eines Ausstandsverzeichnisses vorliege. Damit hat sie das Fehlen der Klausel nicht ordnungsgemäß gerügt. Das Vorbringen der Rechtsbeschwerde ist außerdem unschlüssig. Der Schuldner selbst hat seinem unter dem 6. Juli 2016 gestellten "Antrag gemäß § 80 V VwGO" eine Kopie der ihm am 29. Juni 2016 zugestellten , vom Gerichtsvollzieher beglaubigten Abschrift der Urschrift des Ausstandsverzeichnisses beigefügt, aus der die Vollstreckungsklausel ersichtlich war (Blatt 3 der Gerichtsakte). Das Vollstreckungsgericht hat zudem festgestellt, dass die Vollstreckbarkeitsklausel vom Regierungsamtmann H. unterzeichnet worden war. Dies deckt sich mit Inhalt des Schreibens des Schuldners vom 25. Juli 2016 gemäß Blatt 10 der Gerichtsakte, mit der er gerügt hat, der "anordnende Kassenbeamte, Herr H." sei "nach Art. 20, 21 BayVwVrG" (gemeint sein dürfte die Bestimmung über ausgeschlossene Personen gemäß Art. 20 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes) von einer entsprechenden Verfügung ausgeschlossen.
- 31
- Entsprechendes gilt für das Vorbringen der Rechtsbeschwerde, das Ausstandsverzeichnis sei außerdem nicht durch Beiziehung der Akten des Gerichtsvollziehers zum Gegenstand des Verfahrens gemacht worden. Diese Rüge ist nicht näher begründet und daher ins Blaue hinein erhoben worden.Sie steht zudem im Widerspruch zum Inhalt der Gerichtsvollzieherakte, in der sich ein Aktenanforderungsgesuch des Vollstreckungsgerichts vom 22. November 2016 findet. Ausweislich Blatt 61 der Gerichtsakte hat das Vollstreckungsgericht die Akten sodann dem Beschwerdegericht zur Entscheidung übersandt.
- 32
- cc) Ohne Erfolg trägt die Rechtsbeschwerde ferner vor, die hier maßgebliche Gebührenforderung könne nur vollstreckt werden, wenn der Leistungsbescheid selbst mit einer Vollstreckungsklausel versehen sei. Gemäß Art. 24 Abs. 1 Nr. 2 BayVwZVG kann die Vollstreckbarkeitsklausel nicht nur auf die Ausfertigung des Leistungsbescheids, sondern auch - wie im Streitfall geschehen - auf die Ausfertigung eines Ausstandsverzeichnisses gesetzt werden.
- 33
- 4. Das Beschwerdegericht ist weiter davon ausgegangen, dass sowohl der Gerichtsvollzieher als auch das Vollstreckungs- und das Beschwerdegericht weitere Voraussetzungen nicht zu prüfen haben. Insbesondere seien die Einwendungen des Schuldners nicht zu prüfen, ob die im Streitfall unstreitig existierenden Gebührenbescheide der Anordnungsbehörde dem Schuldner wirksam bekanntgegeben worden seien und ob die Gebührenforderungen fällig seien. Diese Beurteilung lässt ebenfalls keinen Rechtsfehler erkennen.
- 34
- a) Allerdings setzt die Vollstreckung eines auf die Zahlung von öffentlichrechtlichen Geldleistungen gerichteten behördlichen Leistungsbescheids gemäß Art. 19 Abs. 1, Art. 23 Abs. 1 BayVwZVG voraus, dass dieser unanfechtbar oder vorläufig vollziehbar und dem Leistungspflichtigen zugestellt worden, die Forderung fällig und der Leistungspflichtige gemahnt worden ist.
- 35
- b) Diese Voraussetzungen der Vollstreckung sind jedoch nicht von den Vollstreckungsbehörden zu prüfen, sondern allein von der Anordnungsbehörde, das heißt der Behörde, die den zu vollstreckenden Verwaltungsakt erlassen hat (Art. 20 Nr. 1 BayVwZVG). Denn gemäß Art. 24 Abs. 2 BayVwZVG übernimmt die Anordnungsbehörde mit der von ihr getroffenen Vollstreckungsanordnung die Verantwortung dafür, dass die in Art. 19 und Art. 23 BayVwZVG bezeichneten Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung gegeben sind.
- 36
- Dies entspricht dem im zivilprozessualen Vollstreckungsrecht geltenden Grundsatz der Trennung von Erkenntnis- und Vollstreckungsverfahren. Danach hat das Vollstreckungsorgan den durch den Vollstreckungstitel urkundlich ausgewiesenen Anspruch des Gläubigers gegen den Schuldner nicht zu überprüfen (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Juli 2017 - I ZB 103/16, NJW 2018, 48 Rn. 13). Dieser Grundsatz ist aufgrund der in Art. 26 Abs. 7 Satz 1 BayVwZVG vorgenommenen Verweisung auf die Vorschriften des Achten Buchs der Zivilprozessordnung auch für die vorliegende Vollstreckung eines Abfallgebührenbescheides maßgeblich (vgl. für die Vollstreckung von Rundfunkgebührenbeiträgen BGH, Beschluss vom 27. April 2017 - I ZB 91/16, WM 2017, 1868 Rn. 22).
Schwonke Feddersen
Vorinstanzen:
AG Mühldorf a. Inn, Entscheidung vom 05.01.2017 - 2 M 2112/16 -
LG Traunstein, Entscheidung vom 01.02.2017 - 4 T 284/17 -
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(1) Vor den Landgerichten und Oberlandesgerichten müssen sich die Parteien durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Ist in einem Land auf Grund des § 8 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz ein oberstes Landesgericht errichtet, so müssen sich die Parteien vor diesem ebenfalls durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Vor dem Bundesgerichtshof müssen sich die Parteien durch einen bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen.
(2) Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich als Beteiligte für die Nichtzulassungsbeschwerde durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.
(3) Diese Vorschriften sind auf das Verfahren vor einem beauftragten oder ersuchten Richter sowie auf Prozesshandlungen, die vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vorgenommen werden können, nicht anzuwenden.
(4) Ein Rechtsanwalt, der nach Maßgabe der Absätze 1 und 2 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Mit Vertrag vom 11. April 2003 beauftragte P. , der spätere Schuldner, die S. GmbH (künftig: Beratungsgesellschaft), ein Sanierungskonzept für die gesamte P. Unternehmensgruppe zu erstellen. Die Beratungsgesellschaft erbrachte Beraterleistungen und stellte diese P. in Rechnung, zuletzt mit Schreiben vom 16. Juni 2003. Am 24. Juni 2003 überwies P. ihr den berechneten Betrag von 89.183,99 €. Drei Tage später, am 27. Juni 2003, stellte er Insolvenzantrag. Das Insolvenzverfahren wurde am 1. September 2003 eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Am 8. September 2003 focht er die Zahlung an. Seine diesbezügliche Klage hat das Landgericht abgewiesen, die Berufung hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen.
- 2
- Der Kläger hat, nachdem der Senat Prozesskostenhilfe für die Nichtzulassungsbeschwerde bewilligt hatte, die Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt, diese begründet und Wiedereinsetzung beantragt. Danach wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beratungsgesellschaft eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Der Kläger meldete die streitgegenständliche Forderung zur Tabelle an; der Beklagte bestritt sie.
- 3
- Mit Schriftsatz vom 30. Dezember 2009 hat der Kläger das Verfahren aufgenommen und angekündigt, nach Zulassung der Revision den Zahlungsantrag umzustellen und Feststellung zur Tabelle zu beantragen. Der Senat hat dem Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt und die Revision zugelassen. Nachdem der Kläger sein Rechtsmittel begründet hatte, nahm der Beklagte den Widerspruch gegen die klägerische Forderung zurück.
- 4
- Daraufhin hat der Kläger den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Der Beklagte, der sich durch Anwälte seiner Kanzlei vertreten lässt, hat sich der Erledigungserklärung angeschlossen. Beide Parteien beantragen, die Kosten der jeweils anderen Seite aufzuerlegen.
II.
- 5
- 1. Der Senat hat somit gemäß § 91a Abs. 1 ZPO durch Beschluss über die Kosten zu entscheiden. Er macht von der Möglichkeit Gebrauch, ohne mündliche Verhandlung über die Kostentragungspflicht zu befinden (§ 128 Abs. 3 ZPO).
- 6
- 2. Eine Erledigung der Hauptsache kann auch noch im Revisionsrechtszug erklärt werden. Der Kläger und der Beklagte haben die Erledigungserklärung schriftsätzlich abgegeben. Das genügt den Formerfordernissen des § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO. Da die Erledigungserklärung auch zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden kann, konnten die den Beklagten vertretenden Rechtsanwälte, obwohl sie beim Bundesgerichtshof nicht zugelassen sind, die Erledigung wirksam erklären, § 78 Abs. 3 ZPO (BGH, Beschluss vom 16. September 1993 - V ZR 246/92, BGHZ 123, 264, 265 f).
- 7
- 3. Die Revision war nach Zulassung durch den Senat zulässig, mithin sind die übereinstimmenden Erledigungserklärungen wirksam (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Januar 2004 - IX ZB 188/03, ZInsO 2004, 201).
III.
- 8
- Ist der Rechtsstreit durch die übereinstimmenden Erklärungen erledigt, hat der Senat unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen über die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden.
- 9
- 1. Die Kosten des Rechtsstreits waren nicht allein dem Kläger aufzubürden, weil dieser sich nicht vor Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 240 Satz 1 ZPO, § 180 Abs. 2 InsO vergewissert hat, ob der Beklagte sein Bestreiten der Forderung aufrechterhält. Dazu hatte der Kläger keinen Anlass, nachdem der Beklagte die Forderungen nicht nur vorläufig, sondern endgültig bestritten hatte (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Februar 2006 - IX ZR 160/04, NZI 2006, 295 Rn. 7 ff). Allerdings war zum Zeitpunkt, als der Beklagte die streitgegenständliche Forderung im Prüftermin bestritten hat, das angefochtene Urteil formell rechtskräftig, weil die Frist für die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde abgelaufen war (vgl. BGH, Urteil vom 18. März 1987 - IVb ZR 44/86, BGHZ 100, 203, 205). Doch hatte der Senat dem Kläger bereits Prozesskostenhilfe für die Nichtzulassungsbeschwerde bewilligt. Der Kläger hatte unter Nachholung der versäumten Rechtshandlungen fristgerecht Wiedereinsetzung beantragt, bevor das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beratungsgesellschaft eröffnet worden war. Der Beklagte musste deswegen damit rechnen, dass die Rechtskraft durch die zu erwartende Wiedereinsetzung rückwirkend gehemmt würde, sobald der Rechtsstreit fortgesetzt würde (BGH, Urteil vom 18. März 1987, aaO). Der Kläger musste nicht annehmen, dass der Beklagte über den Prozessverlauf keine Informationen besaß. Nachdem die streitgegenständliche Forderung bestritten worden war (§ 179 Abs. 1 InsO), blieb ihm nur der Weg des § 180 Abs. 2 InsO. Dass er ihn beschreiten würde, musste er dem Beklagten nicht ankündigen.
- 10
- Zum Zeitpunkt der Anerkennung der streitgegenständlichen Forderung durch den Beklagten hatte der Kläger den Rechtsstreit wirksam aufgenommen, § 250 ZPO, § 180 Abs. 2 InsO. Mit Schriftsatz vom 30. Dezember 2009, der dem Beklagten als Verwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beratungsgesellschaft am 26. März 2010 zugestellt worden ist, hat er ausdrücklich die Aufnahme erklärt und die Umstellung des Zahlungsantrags auf einen Feststellungsantrag zur Tabelle angekündigt. Weiter hat er den Tabellenauszug vorgelegt, aus dem sich ergibt, dass der Beklagte als Insolvenzverwalter die streitgegenständliche Forderung des Klägers bestritten hat. Dieser Schriftsatz ist deswegen dahin auszulegen, dass sich die Klage nunmehr nicht mehr gegen die Beratungsgesellschaft selbst, sondern gegen den Beklagten als Partei kraft Amtes richtet, auch wenn die Beratungsgesellschaft im Kopf des Schriftsatzes noch als Partei genannt wird.
- 11
- 2. Die Kosten waren auch nicht allein dem Beklagten aufzuerlegen, weil dieser außerhalb des Rechtsstreits sein Bestreiten gegen die zur Tabelle angemeldete Forderung zurückgenommen und diese anerkannt hat.
- 12
- Begibt sich eine Partei durch ihr vollzogenes Anerkenntnis in die Rolle des Unterlegenen, so kann dieser Umstand es allerdings rechtfertigen, dass sie auch die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat. Dies ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs insbesondere im Versicherungs- und Schadensrecht anerkannt (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Februar 2004 - VI ZR 110/03 - DAR 2004, 344). Dies sind jedoch Fallgestaltungen, in denen das Prozessverhalten des beklagten Versicherers im Wege der Auslegung keinen anderen Grund haben kann als den, dass der Rechtsstandpunkt des Klägers im Ergebnis hingenommen werde (BGH, Beschluss vom 27. Juli 2010 - VI ZR 154/08, juris Rn. 5).
- 13
- Demgegenüber kann das Verhalten des Beklagten nicht in diesem Sinne verstanden werden. Er hat den Antrag gestellt, der Gegenseite die Kosten aufzuerlegen, und diesen Antrag ausführlich begründet. Er hat sich mithin nicht dem klägerischen Rechtsstandpunkt unterworfen.
- 14
- 3. Vielmehr entspricht es billigem Ermessen, die Verfahrenskosten gegeneinander aufzuheben. Denn es ist offen, wie das Verfahren ohne die Erledigung geendet hätte. Der Rechtsstreit war nämlich nicht zur Endentscheidung reif.
- 15
- a) Zwar hatte die Revision des Klägers gute Erfolgsaussichten, weil das Berufungsgericht die Grundsätze des Bargeschäfts gemäß § 142 InsO ange- wandt hat, obwohl nach Aktenlage ein inkongruentes Deckungsgeschäft vorgelegen haben dürfte, § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO. Die Vorschrift des § 142 InsO war deshalb nicht anwendbar (BGH, Urteil vom 30. September 1993 - IX ZR 227/92, BGHZ 123, 320, 328 zur KO; vom 7. März 2002 - IX ZR 223/01, BGHZ 150, 122, 130; vom 7. Mai 2009 - IX ZR 140/08, NJW 2009, 2307 Rn. 13). Der Vertrag zwischen Schuldner und Beratungsgesellschaft vom 11. April 2003, ergänzt durch die Auftragsbestätigung vom 14. April 2003, sah vor, dass die Rechnungsstellung zum Ende eines jeden Monats zu erfolgen hatte und der Rechnungsbetrag dann sofort fällig war. So waren die Vertragsparteien zunächst auch verfahren. Den Monat Juni 2003, der Grundlage der Rechnung ist, die der Schuldner drei Tage vor Stellung des Insolvenzabtrags beglichen hatte, hat die Beratungsgesellschaft jedoch verfrüht abgerechnet.
- 16
- b) Allerdings fehlte es insoweit an Feststellungen durch das Berufungsgericht. Es konnte daher jedenfalls nicht abschließend gesagt werden, dass Zahlungen anfechtungsrechtlich zurückgefordert wurden, auf die der Gläubiger keinen fälligen Anspruch hatte.
Grupp Möhring
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 01.02.2005 - 36 O 27/04 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 29.09.2005 - I-12 U 69/05 -
(1) Der Gerichtsvollzieher wirkt auf eine zügige, vollständige und Kosten sparende Beitreibung von Geldforderungen hin.
(2) Auf Grund eines entsprechenden Vollstreckungsauftrags und der Übergabe der vollstreckbaren Ausfertigung ist der Gerichtsvollzieher unbeschadet weiterer Zuständigkeiten befugt,
- 1.
eine gütliche Erledigung der Sache (§ 802b) zu versuchen, - 2.
eine Vermögensauskunft des Schuldners (§ 802c) einzuholen, - 3.
Auskünfte Dritter über das Vermögen des Schuldners (§ 802l) einzuholen, - 4.
die Pfändung und Verwertung körperlicher Sachen zu betreiben, - 5.
eine Vorpfändung (§ 845) durchzuführen; hierfür bedarf es nicht der vorherigen Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung und der Zustellung des Schuldtitels.
(1) Der Schuldner ist verpflichtet, zum Zwecke der Vollstreckung einer Geldforderung auf Verlangen des Gerichtsvollziehers Auskunft über sein Vermögen nach Maßgabe der folgenden Vorschriften zu erteilen sowie seinen Geburtsnamen, sein Geburtsdatum und seinen Geburtsort anzugeben. Handelt es sich bei dem Vollstreckungsschuldner um eine juristische Person oder um eine Personenvereinigung, so hat er seine Firma, die Nummer des Registerblatts im Handelsregister und seinen Sitz anzugeben.
(2) Zur Auskunftserteilung hat der Schuldner alle ihm gehörenden Vermögensgegenstände anzugeben. Bei Forderungen sind Grund und Beweismittel zu bezeichnen. Ferner sind anzugeben:
- 1.
die entgeltlichen Veräußerungen des Schuldners an eine nahestehende Person (§ 138 der Insolvenzordnung), die dieser in den letzten zwei Jahren vor dem Termin nach § 802f Abs. 1 und bis zur Abgabe der Vermögensauskunft vorgenommen hat; - 2.
die unentgeltlichen Leistungen des Schuldners, die dieser in den letzten vier Jahren vor dem Termin nach § 802f Abs. 1 und bis zur Abgabe der Vermögensauskunft vorgenommen hat, sofern sie sich nicht auf gebräuchliche Gelegenheitsgeschenke geringen Wertes richteten.
(3) Der Schuldner hat zu Protokoll an Eides statt zu versichern, dass er die Angaben nach den Absätzen 1 und 2 nach bestem Wissen und Gewissen richtig und vollständig gemacht habe. Die Vorschriften der §§ 478 bis 480, 483 gelten entsprechend.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten:
- 1.
die Bezeichnung der Entscheidung, gegen die die Rechtsbeschwerde gerichtet wird und - 2.
die Erklärung, dass gegen diese Entscheidung Rechtsbeschwerde eingelegt werde.
(2) Die Rechtsbeschwerde ist, sofern die Beschwerdeschrift keine Begründung enthält, binnen einer Frist von einem Monat zu begründen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der angefochtenen Entscheidung. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend.
(3) Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss enthalten:
- 1.
die Erklärung, inwieweit die Entscheidung des Beschwerdegerichts oder des Berufungsgerichts angefochten und deren Aufhebung beantragt werde (Rechtsbeschwerdeanträge), - 2.
in den Fällen des § 574 Abs. 1 Nr. 1 eine Darlegung zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 574 Abs. 2, - 3.
die Angabe der Rechtsbeschwerdegründe, und zwar - a)
die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt; - b)
soweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.
(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Beschwerde- und die Begründungsschrift anzuwenden. Die Beschwerde- und die Begründungsschrift sind der Gegenpartei zuzustellen.
(5) Die §§ 541 und 570 Abs. 1, 3 gelten entsprechend.
BUNDESGERICHTSHOF
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. Juli 2018 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Koch, die Richter Prof. Dr. Schaffert, Prof. Dr. Kirchhoff, Dr. Löffler und die Richterin Dr. Schwonke
beschlossen:
Gegenstandswert: 323,64 €
Gründe:
A. Der Gläubiger, eine Anstalt des öffentlichen Rechts, ist die unter der
- 1
- Bezeichnung "Bayerischer Rundfunk" tätige Landesrundfunkanstalt im Bundesland Bayern. Er betreibt gegen den Schuldner die Zwangsvollstreckung wegen rückständiger Rundfunkbeiträge für den Zeitraum Januar 2013 bis März 2015 in Höhe von 323,64 Euro zuzüglich eines Säumniszuschlags.
- 2
- Der Gläubiger richtete an das Amtsgericht Neu-Ulm - Gerichtsvollzieherverteilerstelle - unter dem 3. März 2017 ein Vollstreckungsersuchen, in dem er die Durchführung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen und insbesondere die Bestimmung eines Termins zur Abnahme der Vermögensauskunft gemäß § 802f Abs. 1 ZPO gegen den Schuldner beantragte. Auf der dritten Seite des Vollstreckungsersuchens befand sich der Hinweis "Vollstreckungsanordnung des Bayerischen Rundfunks betreffend ... [Name und Anschrift des Schuldners ]". Unter der Überschrift "Ausstandsverzeichnis über die beizutreibenden Forderungen" und dem darunter befindlichen Hinweis "Gegen den/die o.g. Beitragsschuldner (in) sind folgende Festsetzungsbescheide und Mahnungen unter der Beitragsnummer ... für die nachgenannten Zeiträume ergangen:" befand sich dort außerdem eine Aufstellung der rückständigen Rundfunkbeiträge nebst Säumniszuschlag. Außerdem enthielt die Anlage den Vermerk "Diese Ausfertigung ist vollstreckbar" sowie den darunter befindlichen Hinweis: Der Bayerische Rundfunk ist befugt, für die Vollstreckung der festgesetzten Forderungen eine Vollstreckungsanordnung zu erteilen und zu diesem Zweck die o.g. Vollstreckungsklausel "Diese Ausfertigung ist vollstreckbar" auf dieses Ausstandsverzeichnis zu setzen; da diese Vollstreckungsanordnung mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wurde, ist sie ohne Unterschrift und Dienstsiegel gültig (BayVwZVG, Art. 7 des Gesetzes zur Ausführung des Rundfunkstaatsvertrags, des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags und des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags).
- 3
- Mit Schreiben vom 15. März 2017 forderte der Gerichtsvollzieher den Schuldner zur Zahlung binnen drei Wochen auf und lud ihn für den Fall der Nichtzahlung zur Abgabe der Vermögensauskunft. Zum angesetzten Termin erschien der Schuldner zwar, gab aber keine Vermögensauskunft ab, sondern übergab dem Gerichtsvollzieher ein Schreiben, in dem er unter anderem ausführte , die ihm vom Gerichtsvollzieher "zugesandten Schriftstücke" seien mit der deutschen Rechtsprechung nicht vereinbar. Der Schuldner erklärte, das Schreiben sei als Erinnerung gemäß § 766 ZPO auszulegen. Außerdem legte der Schuldner ein Schreiben der Geschäftsstelle des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 2. März 2017 vor und erklärte hierzu, dass er in der vorliegenden Sache Verfassungsbeschwerde eingelegt habe. Es möge daher zunächst über die Erinnerung und die Verfassungsbeschwerde entschieden werden.
- 4
- Mit Beschluss vom 9. Juni 2017 hat das Vollstreckungsgericht die Erinnerung des Schuldners sowie dessen Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung zurückgewiesen. Die dagegen eingelegte sofortige Beschwerde des Schuldners hat das Beschwerdegericht zurückgewiesen. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Schuld- ner seinen Antrag weiter, die Zwangsvollstreckung wegen rückständiger Rundfunkbeiträge für den Zeitraum Januar 2013 bis März 2015 einzustellen.
- 5
- B. Das Beschwerdegericht hat die Beschwerde des Schuldners für zulässig , aber unbegründet gehalten. Zur Begründung hat es ausgeführt:
- 6
- Die für die Vollstreckung von Rundfunkbeiträgen anwendbaren, im Bayerischen Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz (nachfolgend BayVwZVG) geregelten Vollstreckungsvoraussetzungen lägen im Streitfall vor. Soweit der Schuldner materiell-rechtliche Einwendungen vortrage, seien diese im Vollstreckungsverfahren nicht zu berücksichtigen. Der Schuldner berufe sich zu Unrecht darauf, dass angesichts einer anhängigen Verfassungsbeschwerde keine Entscheidung im vorliegenden Verfahren ergehen könne. Es stehe ihm frei, im Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht um einstweiligen Rechtsschutz nachzusuchen. Außerdem bestünden Zweifel, ob das beim Bundesverfassungsgericht anhängige Verfahren überhaupt die vorliegende Angelegenheit betreffe.
- 7
- C. Die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde ist zurückzuweisen.
- 8
- I. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO) und auch sonst zulässig (§ 575 ZPO). In der Sache hat sie keinen Erfolg. Das Beschwerdegericht ist mit Recht davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen der Vollstreckung im Streitfall vorliegen.
- 9
- 1. Der Kläger war als zuständige Vollstreckungsbehörde berechtigt, die Zwangsvollstreckung durch ein für vollstreckbar erklärtes Ausstandsverzeichnis anzuordnen.
- 10
- a) Rückständige Rundfunkbeiträge werden gemäß § 10 Abs. 5 des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags vom 17. Dezember 2010 (RBStV) durch die zuständige Landesrundfunkanstalt festgesetzt und im Verwaltungsvollstreckungsverfahren vollstreckt (§ 10 Abs. 6 RBStV). Gemäß § 801 ZPO in Verbindung mit Art. 7 Satz 1 des bayerischen Ausführungsgesetzes Rundfunk (AGRf) werden in Bayern rückständige Rundfunkbeiträge nach dem Rundfunkbeitragsstaatsvertrag sowie Zinsen, Kosten und Säumniszuschläge, die nach § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 RBStV in Verbindung mit den entsprechenden Satzungsregelungen zu entrichten sind, im Vollstreckungsverfahren nach den Vorschriften des Bayerischen Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetzes beigetrieben.
- 11
- Säumniszuschlägen ist der Kläger als Anstalt des öffentlichen Rechts (Art. 1 Abs. 1 Bayerisches Rundfunkgesetz) gemäß Art. 27 Abs. 1 Satz 1 und Art. 26 Abs. 1 BayVwZVG in Verbindung mit Art. 7 Satz 2 AGRf die zuständige Anordnungsbehörde.
- 12
- Vollstreckung dadurch an, dass sie auf eine Ausfertigung des Leistungsbescheids oder eines Ausstandsverzeichnisses die Klausel setzt: "Diese Ausfertigung ist vollstreckbar". Art. 7 Satz 2 AGRf bestimmt, dass der Kläger befugt ist, für die Vollstreckung dieser Forderungen eine Vollstreckungsanordnung zu erteilen und zu diesem Zweck die Vollstreckungsklausel auf die Ausfertigung des Leistungsbescheids oder eines Ausstandsverzeichnisses zu setzen. Bei einer Vollstreckungsanordnung, die mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird, können Unterschrift und Dienstsiegel fehlen (Art. 7 Satz 3 AGRf, Art. 24 Abs. 3 BayVwZVG).
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- b) Das Beschwerdegericht hat angenommen, dass diese Vollstreckungsvoraussetzungen im Streitfall vorliegen. Dies lässt keinen Rechtsfehler erkennen und wird von der Rechtsbeschwerde auch nicht beanstandet.
a) Gemäß Art. 26 Abs. 7 Satz 1, Art. 27 Abs. 1 Satz 1 BayVwZVG sind auf
- 15
- die Vollstreckung von Ausstandsverzeichnissen die Vorschriften des Achten Buchs der Zivilprozessordnung über die Zwangsvollstreckung mit Ausnahme der §§ 883 bis 898 ZPO und damit auch § 754 ZPO entsprechend anzuwenden. Aus der entsprechenden Anwendung von § 754 Abs. 2 Satz 1 ZPO ergibt sich, dass der Gerichtsvollzieher zur Vornahme der Zwangsvollstreckung wegen rückständiger Rundfunkbeiträge in Bayern durch den Besitz der vollstreckbaren Ausfertigung des Ausstandsverzeichnisses ermächtigt ist. Führt der Gerichtsvollzieher bei Vornahme der Zwangsvollstreckung die vollstreckbare Ausfertigung nicht bei sich, liegt ein mit der Erinnerung gemäß § 766 ZPO angreifbarer Verfahrensverstoß vor (Zöller/Seibel, ZPO, 32. Aufl., § 754 Rn. 12; MünchKomm.ZPO /Heßler, 5. Aufl., § 754 Rn. 74 f.; Lackmann in Musielak/Voit, ZPO, 15. Aufl., § 754 Rn. 12; Saenger/Kindl, ZPO, 7. Aufl., § 754 Rn. 8; Ulrici in BeckOK.ZPO, Stand 1. März 2018, § 754 Rn. 13).
b) Ein Verstoß gegen die Bestimmung des § 754 Abs. 2 Satz 1 ZPO liegt
- 16
- im Streitfall nicht vor.
heit kein Zweifel besteht. Dies wird bestätigt durch den Inhalt der vom Senat beigezogenen Akte des Gerichtsvollziehers. Die Rechtsbeschwerde hat nach Einsichtnahme in die Akte des Gerichtsvollziehers nicht mehr in Abrede gestellt, dass dem Gerichtsvollzieher das Original des Ausstandsverzeichnisses vorgelegen hat.
bb) Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde geltend, der Gerichtsvoll18 zieher habe nicht seiner Verpflichtung entsprochen, dem Schuldner die vollstreckbare Ausfertigung des Ausstandsverzeichnisses im Original als Ausweis der Zwangsvollstreckung vorzulegen.
(1) Der Gerichtsvollzieher ist allerdings gemäß § 31 Abs. 5 Satz 4 der Ge19 richtsvollzieher-Geschäftsanweisung (GVGA) gehalten, die vollstreckbare Ausfertigung bei Vollstreckungshandlungen stets bei sich zu tragen und sie auf Verlangen vorzuzeigen (vgl. Zöller/Seibel aaO § 754 Rn. 6; Sievers in Kindl/MellerHannich /Wolf, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, 3. Aufl., § 754 Rn. 7; MünchKomm.ZPO/Heßler aaO § 754 Rn. 67).
(2) Im Schrifttum wird die Ansicht vertreten, dass der Schuldner im Wege
- 20
- der Erinnerung gemäß § 766 ZPO gegen eine Zwangsvollstreckungsmaßnahme vorgehen kann, wenn der Gerichtsvollzieher unter Außerachtlassung der Verpflichtung gemäß § 31 Abs. 5 Satz 4 GVGA ohne Vorlage der vollstreckbaren Ausfertigung vollstreckt, obwohl der Schuldner die Vorlage verlangt hat (Zöller/Seibel aaO § 754 Rn. 6; MünchKomm.ZPO/Heßler aaO § 754 Rn. 75; Saenger/Kindl aaO § 754 Rn. 8). Diese Auffassung begegnet Bedenken, weil sich der Bestimmung des § 754 ZPO keine Vorlagepflicht auf Verlangen entnehmen lässt, sich aus der Geschäftsanweisung für Gerichtsvollzieher lediglich Auslegungshilfen sowie Amtspflichten des Gerichtsvollziehers ergeben (§ 1 Satz 2 und Satz 2 GVGA) und ein Verstoß gegen diese Pflichten daher für sich genommen nicht mit der Erinnerung gemäß § 766 ZPO angegriffen werden kann (Zöller/Herget aaO § 766 Rn. 11; Preuß in BeckOK.ZPO aaO § 766 Rn. 11; Lackmann in Musielak/Voit aaO § 766 Rn. 22; MünchKomm.ZPO/ K. Schmidt/Brinkmann aaO § 766 Rn. 34).
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- Schuldners im Wege der Auslegung auch aus § 754 Abs. 2 ZPO entnommen werden kann, muss im Streitfall nicht entschieden werden. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass der Schuldner vom Gerichtsvollzieher die Vorlage der vollstreckbaren Ausfertigung des Ausstandsverzeichnisses verlangt und dieser daraufhin die Vorlage verweigert hat. Abweichendes macht auch die Rechtsbeschwerde nicht geltend.
a) Gemäß Art. 26 Abs. 7 Satz 1, Art. 27 Abs. 1 Satz 1 BayVwZVG sind auf
- 23
- die Vollstreckung von Ausstandsverzeichnissen die Vorschriften des Achten Buchs der Zivilprozessordnung über die Zwangsvollstreckung mit Ausnahme der §§ 883 bis 898 ZPO und damit auch § 750 ZPO entsprechend anzuwenden. Die in Absatz 2 dieser Bestimmung angeordnete Pflicht zur Aushändigung der Vollstreckungsunterlagen an den Vollstreckungsschuldner dient dazu, die Rechtmäßigkeit der Zwangsvollstreckung nachzuprüfen (Zöller/Seibel aaO § 750 Rn. 1). Es soll gewährleistet werden, dass sich der Schuldner anhand der ihm zugestellten Urkunden zuverlässig über die Umstände der bevorstehenden Zwangsvollstreckung informieren kann. Die Zustellung dient mithin der Verwirklichung des rechtlichen Gehörs in der Zwangsvollstreckung (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Oktober 2016 - V ZB 174/15, NJW 2017, 411 Rn. 14; MünchKomm.ZPO /Heßler aaO § 750 Rn. 9; Lackmann in Musielak/Voit aaO § 750 Rn. 1). Für die gemäß Art. 26 Abs. 7 Satz 1 BayVwZVG angeordnete entspre- chende Anwendung des § 750 Abs. 2 ZPO bedeutet dies, dass dem Schuldner vor Beginn der Zwangsvollstreckung oder gleichzeitig mit ihrem Beginn eine vollstreckbare Ausfertigung des Ausstandsverzeichnisses zugestellt werden muss. Eventuelle Zustellungsmängel könnten gemäß § 189 ZPO geheilt werden (BGH, NJW 2017, 411 Rn. 21; Zöller/Seibel aaO § 750 Rn. 16; Saenger/Kindl aaO § 750 Rn. 7).
b) Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt. Das Beschwerdegericht
- 24
- hat festgestellt, dass dem Schuldner die Ladung zur Abgabe der Vermögensauskunft ausweislich der bei der Akte des Gerichtsvollziehers befindlichen Postzustellurkunde am 16. März 2017 zugestellt worden ist. Aus der Stellungnahme des Gerichtsvollziehers gegenüber dem Vollstreckungsgericht vom 12. Mai 2017 ergibt sich, dass der Ladung ein Abdruck des "Vollstreckungsersuchens /Titels" beigefügt war. Entsprechendes ergibt sich aus dem als Erinnerung auszulegenden Schreiben des Schuldners vom 5. April 2017 und der Beschwerdeschrift des Schuldners vom 25. Juni 2017. In diesen Schreiben nimmt der Schuldner inhaltlich auf das ihm mit der Ladung vom 15. März 2017 zugestellte Vollstreckungsersuchen mit dem Ausstandsverzeichnis des Gläubigers vom 3. März 2017 Bezug. Die Rechtsbeschwerde stellt diese Umstände nicht in Frage und macht auch sonst keine konkreten Umstände geltend, die an einer ordnungsgemäßen Zustellung des vollstreckbaren Ausstellungsverzeichnisses zusammen mit der Ladung vom 15. März 2017 zweifeln lassen.
- 25
- ausgegangen, dass der Durchführung der Zwangsvollstreckung nicht der Umstand entgegensteht, dass sich der Schuldner auf eine von ihm eingelegte Verfassungsbeschwerde berufen hat.
a) Das Beschwerdegericht ist davon ausgegangen, es sei ausgeschlos26 sen, dass sich der Schuldner mit seiner Verfassungsbeschwerde unmittelbar
gegen die im Streitfall maßgeblichen Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gewendet habe. Gegenstand des Zwangsvollstreckungsverfahrens sei ein Vollstreckungsersuchen vom 3. März 2017, während die Verfassungsbeschwerde ausweislich des vom Schuldner zur Grundlage seiner Einwendung gemachten Schreibens des Bundesverfassungsgerichts bereits am 25. Februar 2017 eingegangen sei. Diese Beurteilung lässt keinen Rechtsfehler erkennen.
b) Allerdings wäre es im Streitfall nach dem zeitlichen Ablauf möglich,
- 27
- dass sich die Verfassungsbeschwerde des Schuldners gegen den dem Vollstreckungsverfahren zugrundeliegenden Festsetzungsbescheid richtet. Der Durchführung der Zwangsvollstreckung stünde dies aber nicht entgegen.
- 28
- Festsetzungsbescheid vom 1. Februar 2016. Nach den Ausführungen der Beschwerdeerwiderung hat der Schuldner gegen diesen Bescheid am 18. Februar 2016 beim Verwaltungsgericht Augsburg Anfechtungsklage erhoben, die am 22. Juli 2016 abgewiesen wurde. Der dagegen vom Schuldner eingereichte Antrag auf Zulassung der Berufung wurde mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 17. Januar 2017 abgelehnt. Es ist nicht fernliegend, dass sich die am 25. Februar 2017 eingegangene Verfassungsbeschwerde des Schuldners gegen diese rechtswegerschöpfende Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs richtet.
- 29
- nicht geltend gemacht. Sie hat sich lediglich auf Schriftstücke des Gläubigers bezogen, in denen der Schuldner zur Zahlung aufgefordert und die Zwangsvollstreckung angedroht worden sei.
- 30
- ersichtlich, dass das Beschwerdegericht einen vom Schuldner gehaltenen kon- kreten Vortrag zum Gegenstand der Verfassungsbeschwerde nicht berücksichtigt hat.
(2) Diesen Anforderungen an seine Darlegungslast ist der Schuldner nicht
- 32
- nachgekommen. Er hat sein Begehren auf Einstellung der Zwangsvollstreckung lediglich durch eine Bezugnahme auf das Schreiben des Bundesverfassungsgerichts vom 2. März 2017 gestützt, aus dem sich keinerlei Umstände ergeben, die auf einen Zusammenhang mit dem Gegenstand des vorliegenden Zwangsvollstreckungsverfahrens hindeuten. Dies genügt den Anforderungen an eine schlüssig begründete Rüge im Erinnerungsverfahren nicht.
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- einzustellen, wenn sich die vom Schuldner eingelegte Verfassungsbeschwerde gegen den dem streitgegenständlichen Ausstandsverzeichnis zugrundeliegenden Festsetzungsbescheid richtete.
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- (1) Grundlage der Zwangsvollstreckungsmaßnahme des Gläubigers ist nicht der Bescheid, mit dem die Rundfunkgebühren sowie eventuelle Säumniskosten und Mahngebühren festgesetzt werden, sondern das schriftliche Vollstreckungsersuchen der Vollstreckungsbehörde (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Juni 2015 - I ZB 64/14, AfP 2016, 48 Rn. 54; Beschluss vom 27. April 2017 - I ZB 91/16, NVwZ-RR 2017, 893 Rn. 22). Für die Beitreibung von rückständigen Rundfunkgebühren in Bayern ist insoweit die vollstreckbare Ausfertigung des Ausstandsverzeichnisses gemäß Art. 24 Abs. 1 Nr. 2 BayVwZVG maßgeblich. Die rechtliche Überprüfung der Rechtmäßigkeit oder Wirksamkeit des Festsetzungsbescheids durch den Gerichtsvollzieher und das Vollstreckungsgericht findet dagegen im Vollstreckungsverfahren nicht statt (BGH, NVwZ-RR 2017, 893 Rn. 22). Die Rüge der Rechtswidrigkeit des Festsetzungsbescheids ist deshalb für die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung auch dann ohne Bedeutung , wenn gegen den Festsetzungsbescheid Verfassungsbeschwerde erhoben worden ist.
- 36
- 5. Soweit die Rechtsbeschwerde auf den Vorlagebeschluss des Landgerichts Tübingen vom 3. August 2017 (Aktenzeichen 5 T 121/17, juris) hinweist und insoweit geltend macht, dass der Gerichtshof der Europäischen Union auch zu den im vorliegenden Verfahren aufgeworfenen Rechtsfragen zu befinden haben werde, hat sie keine konkreten Rügen gegen die mit dem vorliegenden Rechtsmittel angegriffene Entscheidung des Beschwerdegerichts erhoben und auch keine Anträge gestellt. Der Beschluss des Landgerichts Tübingen und das damit eingeleitete Vorlageverfahren ist für die Vollstreckung von Rundfunkbeiträgen nicht von Bedeutung.
- 37
- Koch Schaffert Kirchhoff Löffler Schwonke
AG Neu-Ulm, Entscheidung vom 09.06.2017 - 14 M 1618/17 -
LG Memmingen, Entscheidung vom 09.08.2017 - 44 T 835/17 -
BESCHLUSS
I ZB 78/17
vom
27. November 2018
in der Rechtsbeschwerdesache
ECLI:DE:BGH:2018:271118BIZB78.17.0
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Koch, die Richter Prof. Dr. Schaffert, Prof.
Dr. Kirchhoff, Dr. Löffler und die Richterin Dr. Schwonke
beschlossen:
Der Senatsbeschluss vom 26. Juli 2018 wird nach § 319 Abs. 1
ZPO, der auf Beschlüsse entsprechend anwendbar ist (BGH, Beschluss
vom 8. Juli 2014 - XI ZB 7/13, NJW 2014, 3101 Rn. 7), wegen
offenbarer Unrichtigkeit in Randnummer 9 und Randnummer
11 dahin berichtigt, dass es jeweils statt „Kläger“ nunmehr „Gläubiger“
lautet.
Koch Schaffert Kirchhoff
Löffler Schwonke
Vorinstanzen:
AG Neu-Ulm, Entscheidung vom 09.06.2017 - 14 M 1618/17 -
LG Memmingen, Entscheidung vom 09.08.2017 - 44 T 835/17 -
ECLI:DE:BGH:2018:271118BIZB78.17.0