Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Juli 2019 - XII ZB 562/18
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. Juli 2019 durch die Richter Prof. Dr. Klinkhammer, Schilling, Dr. Günter und Dr. Nedden-Boeger und die Richterin Dr. Krüger
beschlossen:
Gründe:
I.
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- Die Antragsgegnerin wendet sich gegen die Verwerfung ihrer Beschwerde wegen Versäumung der Beschwerdefrist.
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- Das Amtsgericht hat auf Antrag des Antragstellers die Ehe der Beteiligten geschieden, den Versorgungsausgleich durchgeführt und den Antrag der Antragsgegnerin auf Zahlung nachehelichen Ehegattenunterhalts zurückgewiesen. Der Beschluss ist der Antragsgegnerin am 16. Mai 2018 zugestellt worden. Mit einem am Montag, dem 18. Juni 2018 beim Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten hat die Antragsgegnerin Verfahrenskostenhilfe für ein beabsichtigtes Beschwerdeverfahren gegen den Beschluss des Amtsgerichts beantragt, soweit ihr darin nachehelicher Ehegattenunterhalt versagt worden ist. Das Oberlandesgericht hat den Antrag auf Verfahrenskostenhilfe wegen fehlender Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsver- folgung abgelehnt. Nachdem der Antragsgegnerin diese Entscheidung am 6. August 2018 zugestellt worden war, hat sie mit einem beim Oberlandesgericht am 9. August 2018 eingegangenen Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten Beschwerde gegen die Entscheidung des Amtsgerichts eingelegt und beantragt, ihr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist zu bewilligen.
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- Mit Beschluss vom 8. Oktober 2018 hat das Oberlandesgericht den Antrag der Antragsgegnerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen und mit weiterem Beschluss vom 12. November 2018 ihre Beschwerde verworfen. Gegen beide Entscheidungen hat die Antragsgegnerin Rechtsbeschwerde eingelegt. Mit Beschluss vom 8. Mai 2019 (XII ZB 520/18 - NZFam 2019, 538) hat der Senat den Beschluss des Oberlandesgerichts vom 8. Oktober 2018 aufgehoben und der Antragsgegnerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt. Daraufhin hat die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 3. Juni 2019 die gegen die Verwerfung ihrer Beschwerde gerichtete Rechtsbeschwerde für erledigt erklärt. Der Antragsteller hat der ihm am 7. Juni 2019 zugestellten Erledigungserklärung nicht widersprochen.
II.
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- Nachdem die Beteiligten die Rechtsbeschwerde übereinstimmend für erledigt erklärt haben, hat der Senat nur noch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu entscheiden.
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- 1. Durch die nach Einlegung der Rechtsbeschwerde vom Senat gewährte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist , auf die die angefochtene Entscheidung gestützt war, ist diese Entscheidung gegenstandslos geworden (Senatsbeschluss vom 9. Februar 2005 - XII ZB 225/04 - FamRZ 2005, 791, 792 mwN), ohne dass es ihrer förmlichen Aufhebung bedarf. Dadurch entfiel das erforderliche Rechtsschutzinteresse der Antragsgegnerin an der Anfechtung dieses Beschlusses, da eine Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ihre Rechtsstellung nun nicht mehr hätte verbessern können. Daraus hat die Antragsgegnerin die gebotene Konsequenz gezogen, ihre Rechtsbeschwerde für erledigt zu erklären und damit auf den Kostenpunkt zu beschränken. Ungeachtet der umstrittenen Frage, ob auch ein Rechtsmittel Gegenstand einer Erledigungserklärung sein kann (vgl. hierzu Zöller/Althammer ZPO 32. Aufl. § 91 a Rn. 19), gehört der hier vorliegende Fall jedenfalls zu jenen, in denen es zur Vermeidung einer nicht gerechtfertigten Belastung des Rechtsmittelführers mit den Kosten des Rechtsmittelverfahrens geboten ist, eine auf das Rechtsmittel beschränkte Erledigungserklärung zuzulassen (Senatsbeschluss vom 13. Juli 2005 - XII ZB 80/05 - NJW-RR 2006, 142, 143; vgl. auch BGH Beschluss vom 20. Dezember 2018 - I ZB 24/17 - juris Rn. 10 mwN).
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- 2. Die Antragsgegnerin hat die Erledigungserklärung schriftsätzlich abgegeben. Der Antragsteller hat innerhalb der Frist des § 91 a Abs. 1 Satz 2 ZPO der Erledigung nicht widersprochen, so dass dessen Einwilligung fingiert wird. Nach der damit vorliegenden übereinstimmenden Erledigungserklärung ist gemäß § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG iVm § 91 a Abs. 1 Satz 1 ZPO nur noch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu entscheiden, und zwar nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes. Dabei entspricht es grundsätzlich billigem Ermessen, dem Beteiligten , der ohne Eintritt des erledigenden Ereignisses unterlegen wäre, die Verfahrenskosten und die erstattungsfähigen außergerichtlichen Auslagen der Gegenseite aufzuerlegen.
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- Bei Anlegung dieses Maßstabs erscheint es angemessen, dem Antragsteller die weiteren Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens mit Ausnahme der Gerichtskosten aufzuerlegen, weil die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin gegen den die Beschwerde verwerfenden Beschluss des Oberlandesgerichts vom 12. November 2018 erfolgreich gewesen wäre.
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- Von der Erhebung von Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren ist gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 FamGKG abzusehen, weil es der Rechtsbeschwerde nicht bedurft hätte, wenn das Beschwerdegericht der Antragsgegnerin die zu Recht beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist gewährt hätte.
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- 3. Der Verfahrenswert bestimmt sich im Anschluss an die Erledigungserklärungen der Beteiligten nur noch nach dem Kosteninteresse. Klinkhammer Schilling Günter Nedden-Boeger Krüger
AG Ingolstadt, Entscheidung vom 11.05.2018 - 5 F 774/15 -
OLG München, Entscheidung vom 12.11.2018 - 33 UF 726/18 -
Annotations
(1) Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, werden nicht erhoben. Das Gleiche gilt für Auslagen, die durch eine von Amts wegen veranlasste Verlegung eines Termins oder Vertagung einer Verhandlung entstanden sind. Für abweisende Entscheidungen sowie bei Zurücknahme eines Antrags kann von der Erhebung von Kosten abgesehen werden, wenn der Antrag auf unverschuldeter Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse beruht.
(2) Die Entscheidung trifft das Gericht. Solange nicht das Gericht entschieden hat, können Anordnungen nach Absatz 1 im Verwaltungsweg erlassen werden. Eine im Verwaltungsweg getroffene Anordnung kann nur im Verwaltungsweg geändert werden.
(1) In Ehesachen und Familienstreitsachen sind die §§ 2 bis 22, 23 bis 37, 40 bis 45, 46 Satz 1 und 2 sowie die §§ 47 und 48 sowie 76 bis 96 nicht anzuwenden. Es gelten die Allgemeinen Vorschriften der Zivilprozessordnung und die Vorschriften der Zivilprozessordnung über das Verfahren vor den Landgerichten entsprechend.
(2) In Familienstreitsachen gelten die Vorschriften der Zivilprozessordnung über den Urkunden- und Wechselprozess und über das Mahnverfahren entsprechend.
(3) In Ehesachen und Familienstreitsachen ist § 227 Abs. 3 der Zivilprozessordnung nicht anzuwenden.
(4) In Ehesachen sind die Vorschriften der Zivilprozessordnung über
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die Folgen der unterbliebenen oder verweigerten Erklärung über Tatsachen, - 2.
die Voraussetzungen einer Klageänderung, - 3.
die Bestimmung der Verfahrensweise, den frühen ersten Termin, das schriftliche Vorverfahren und die Klageerwiderung, - 4.
die Güteverhandlung, - 5.
die Wirkung des gerichtlichen Geständnisses, - 6.
das Anerkenntnis, - 7.
die Folgen der unterbliebenen oder verweigerten Erklärung über die Echtheit von Urkunden, - 8.
den Verzicht auf die Beeidigung des Gegners sowie von Zeugen oder Sachverständigen
(5) Bei der Anwendung der Zivilprozessordnung tritt an die Stelle der Bezeichnung
(1) Die Wohnung des Verpflichteten darf ohne dessen Einwilligung nur auf Grund eines richterlichen Beschlusses durchsucht werden. Dies gilt nicht, wenn der Erlass des Beschlusses den Erfolg der Durchsuchung gefährden würde.
(2) Auf die Vollstreckung eines Haftbefehls nach § 94 in Verbindung mit § 802g der Zivilprozessordnung ist Absatz 1 nicht anzuwenden.
(3) Willigt der Verpflichtete in die Durchsuchung ein oder ist ein Beschluss gegen ihn nach Absatz 1 Satz 1 ergangen oder nach Absatz 1 Satz 2 entbehrlich, haben Personen, die Mitgewahrsam an der Wohnung des Verpflichteten haben, die Durchsuchung zu dulden. Unbillige Härten gegenüber Mitgewahrsamsinhabern sind zu vermeiden.
(4) Der Beschluss nach Absatz 1 ist bei der Vollstreckung vorzulegen.
(1) Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, werden nicht erhoben. Das Gleiche gilt für Auslagen, die durch eine von Amts wegen veranlasste Verlegung eines Termins oder Vertagung einer Verhandlung entstanden sind. Für abweisende Entscheidungen sowie bei Zurücknahme eines Antrags kann von der Erhebung von Kosten abgesehen werden, wenn der Antrag auf unverschuldeter Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse beruht.
(2) Die Entscheidung trifft das Gericht. Solange nicht das Gericht entschieden hat, können Anordnungen nach Absatz 1 im Verwaltungsweg erlassen werden. Eine im Verwaltungsweg getroffene Anordnung kann nur im Verwaltungsweg geändert werden.