Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Juni 2017 - AK 30/17
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts sowie des Angeschuldigten und seiner Verteidiger am 29. Juni 2017 gemäß §§ 121, 122 StPO beschlossen:
Eine etwa erforderliche weitere Haftprüfung durch den Bundesgerichtshof findet in drei Monaten statt.
Bis zu diesem Zeitpunkt wird die Haftprüfung dem Oberlandesgericht Hamburg übertragen.
Gründe:
I.
- 1
- Der Angeschuldigte wurde auf Grund des Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 15. Dezember 2016 am selben Tag festgenommen und befindet sich seit dem 16. Dezember 2016 ununterbrochen in Untersuchungshaft. Gegenstand des Haftbefehls ist der Vorwurf, der Angeschuldigte habe in Bremen und andernorts zwischen dem 19. Oktober 2015 und dem 29. Oktober 2016 für den türkischen Geheimdienst eine geheimdienstliche Tätigkeit gegen die Bundesrepublik Deutschland ausgeübt, die auf die Mitteilung oder Lieferung von Tatsachen, Gegenständen oder Erkenntnissen gerichtet gewesen sei, strafbar gemäß § 99 Abs. 1 Nr. 1 StGB. Unter dem 7. Juni 2017 hat der Generalbundesanwalt wegen dieses Vorwurfs, erweitert auf den Zeitraum von September 2015 bis zum 15. Dezember 2016, Anklage zum Oberlandesgericht Hamburg erhoben.
II.
- 2
- Die Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus liegen vor.
- 3
- 1. Gegenstand des Haftprüfungsverfahrens ist der Haftbefehl des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 15. Dezember 2016. Über den vom Generalbundesanwalt mit Erhebung der Anklage gestellten Antrag, diesen Haftbefehl gegen einen neuen Haftbefehl nach Maßgabe der Anklageschrift zu ersetzen, ist noch nicht entschieden.
- 4
- Die Haftprüfung bezieht sich somit allein auf den in dem vollzogenen Haftbefehl gegen den Angeschuldigten erhobenen Tatvorwurf (vgl. Senatsbeschluss vom 11. Januar 2017 - AK 67/16, juris Rn. 22), zu dessen Anpassung oder Erweiterung nunmehr nur das gemäß § 126 Abs. 2 Satz 1 StPO zuständige Oberlandesgericht Hamburg befugt ist. Der Anklagesatz hat indes im Kern diesen Vorwurf übernommen, so dass der Haftbefehl weiterhin seiner Funktion gerecht wird, in tatsächlicher Hinsicht verlässlich Auskunft über den Grund der Untersuchungshaft zu geben.
- 5
- 2. Der Angeschuldigte ist der ihm im Haftbefehl vom 15. Dezember 2016 vorgeworfenen Tat dringend verdächtig.
- 6
- a) Im Sinne eines dringenden Tatverdachts ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:
- 7
- Der Angeschuldigte, ein türkischer Staatsangehöriger, der der kurdischen Volksgruppe angehört, ist seit dem Jahr 2013 für den türkischen nationalen Nachrichtendienst (Millî İstihbarat Teşkilâtı - MIT) tätig.
- 8
- Nach dem 19. Oktober 2015 reiste der Angeschuldigte (erneut) in die Bundesrepublik Deutschland ein. Zumindest bis zu seiner (zwischenzeitlichen) Ausreise am 29. Oktober 2016 verschaffte er sich im Auftrag des MIT unter der Legende, ein Sprachstudium zu betreiben, verdeckt Informationen über den in B. wohnhaften kurdischen Politiker Y. K. und weitere Personen aus dem Umfeld des in B. ansässigen Vereins "Bi. e.V.". Der Angeschuldigte gewann seine Erkenntnisse - unter Geheimhaltung seines Ziels und seiner Funktion - über das Internet und durch persönliche Gespräche. Die Informationen waren zur Weitergabe an den MIT bestimmt. Zu diesem Zweck fertigte der Angeschuldigte Aufzeichnungen über Aufenthaltsorte, Aktivitäten und Kontakte der betreffenden Zielpersonen, namentlich Y. K. , an. Der Angeschuldigte erhielt für seine Ausforschungstätigkeit in Deutschland (zumindest) monatlich ca. 1.500 € zuzüglich der Kosten eines Sprachkurses.
- 9
- Y. K. war (von Mitte Juni 2016 an) einer der beiden Vorsitzenden des Kongresses der kurdisch-demokratischen Gesellschaft in Europa (Kongreya Civakên Demokratîk â Kurdîstanîyên Li Ewrupa - KCDK-E). Er war zwar Sympathisant der Arbeiterpartei Kurdistans (Partiya Karkerên Kurdistanê - PKK), jedoch weder ihr Mitglied noch ihr Unterstützer. Der Verein "Bi. e.V." war im Vereinsregister eingetragen und legal tätig.
- 10
- b) Der dringende Tatverdacht ergibt sich insbesondere aus den Angaben des Angeschuldigten bei seiner Anhörung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge am 12. Dezember 2016 und bei seiner ermittlungsrichterlichen Einvernahme am 16. Dezember 2016, aus den Aussagen der Zeugin E. vor dem Generalbundesanwalt am 9. Januar 2017 und vor dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs am 4. und 10. April 2017, aus den handschriftlichen Aufzeichnungen des Angeschuldigten sowie aus seiner durch Auswertung des elektronischen Kommunikationsverkehrs erlangten selbstbezichtigenden Twitter-Nachricht unbekannten Datums. Die späteren Einlassungen des Angeschuldigten ab dem 6. Februar 2017, er sei auf Geheiß der sog. "Gülen-Bewegung" tätig geworden, sind schon für sich gesehen wenig plausibel. Nachfolgende Ermittlungen haben keine Hinweise auf eine Verbindung des Angeschuldigten zu dieser Organisation erbracht. Wegen der Einzelheiten nimmt der Senat Bezug auf das in der Anklageschrift des Generalbundesanwalts dargelegte wesentliche Ergebnis der bisherigen Ermittlungen, insbesondere die dort wiedergegebenen Einlassungen des Angeschuldigten und die im Einzelnen gewürdigten Beweismittel.
- 11
- Darüber hinaus ist nach Anklageerhebung das Protokoll über die am 31. Mai 2017 in Norwegen durchgeführte polizeiliche Vernehmung des Zeugen Ke. - nach Übersetzung in die deutsche Sprache - zu den Akten gelangt ; der Zeuge hat entgegen der Behauptung des Angeschuldigten nicht bestätigt , dass dieser Angehöriger der "Gülen-Bewegung" sei.
- 12
- 3. Nach alledem besteht die hohe Wahrscheinlichkeit, dass sich der Angeschuldigte wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit gegen die Bundesrepublik Deutschland strafbar gemacht hat, indem er für den türkischen Geheimdienst in einer die Arbeit von Agenten und anderen Hilfspersonen solcher Dienste kennzeichnenden, auf Mitteilung und Lieferung von Tatsachen oder Erkenntnissen gerichteten Vorgehensweise tätig war. Sein Handeln war insbesondere auch gegen die Interessen der Bundesrepublik Deutschland gerichtet, weil von seinen Ausforschungen Personen, namentlich Y. K. , betroffen waren, die sich im Bundesgebiet unter dem Schutz des Art. 5 GG in legaler Weise politisch betätigten, ohne Mitglied oder Unterstützer einer - von der Europäischen Union gelisteten - ausländischen terroristischen Vereinigung zu sein (s. hierzu BGH, Beschlüsse vom 20. Januar 2015 - 3 StR 551/14, BGHSt 60, 158, 160; vom 31. August 2016 - AK 46/16, NStZ 2017, 153, 154).
- 13
- 4. Bei dem Angeschuldigten besteht der Haftgrund der Fluchtgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO). Die zu erwartende Strafe begründet einen erheblichen Fluchtanreiz. Diesem stehen keine hinreichenden fluchthindernden Umstände gegenüber. Der Angeschuldigte hat im Inland keine gefestigten sozialen Bindungen. In der Türkei hat er indes Ehefrau und drei Kinder. Seine hiesige Wohnung in B. räumte er am 14. Oktober 2016. Vor seiner Inhaftierung in dieser Sache war er zuletzt in einer Flüchtlingsunterkunft in Hamburg untergebracht. Einer geregelten legalen Erwerbstätigkeit ging er nicht nach. Unter den obwaltenden Umständen und mit Blick auf die Anbindung des Angeschuldigten an den türkischen Geheimdienst ist zu erwarten, dass er, in Freiheit belassen, sich dem Verfahren entziehen und ins Ausland absetzen wird.
- 14
- Weniger einschneidende Maßnahmen im Sinne des § 116 Abs. 1 StPO kommen nicht in Betracht.
- 15
- 5. Die besonderen Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus (§ 121 Abs. 1 StPO) liegen vor. Die besondere Schwierigkeit und der besondere Umfang der Ermittlungen haben ein Urteil noch nicht zugelassen und rechtfertigen die Fortdauer der Untersuchungshaft.
- 16
- Die Sachakten haben einen Umfang von 20 Stehordnern. Die Änderung des Aussageverhaltens des Angeschuldigten war Anlass für weitere umfangreiche Ermittlungen. Er ist am 6., 7., 15. und 16. Februar 2017 polizeilich einvernommen worden; zudem hat er sich am 6. und 15. Februar 2017 schriftlich ge- äußert. Dies hat - neben den nochmaligen Vernehmungen der Zeugin E. (vom 4. und 10. April 2017 [nach ihrer Einvernahme am 9. und 10. Januar 2017]) und des Zeugen Y. K. (vom 16. Mai 2017 [nach seiner Einvernahme am 27. September 2016]) sowie den erstmaligen Vernehmungen der Zeugen S. und K. K. (am 17. und 18. Mai 2017) - insbesondere die im Wege der Rechtshilfe mit Norwegen veranlasste Vernehmung des dort wohnhaften Zeugen Ke. vom 31. Mai 2017 erforderlich gemacht.
- 17
- Ferner haben die vielen sichergestellten Asservate, vor allem die elektronischen Datenträger des Angeschuldigten, auf ihre Relevanz untersucht werden müssen; hinsichtlich der Einzelheiten verweist der Senat auf die Zuschrift des Generalbundesanwalts vom 8. Juni 2017. Um den Anspruch des Angeschuldigten auf ein Urteil innerhalb angemessener Frist zu gewährleisten, hat der Generalbundesanwalt bereits vor Abschluss der Auswertung - als damit zu rechnen war, dass die weiteren Ermittlungen den dringenden Tatverdacht nicht mehr grundsätzlich in Frage stellen können - Anklage erhoben.
- 18
- 6. Der weitere Vollzug der Untersuchungshaft steht zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe nicht außer Verhältnis (§ 120 Abs. 1 Satz 1 StPO). Becker Spaniol Berg
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(1) Solange kein Urteil ergangen ist, das auf Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung erkennt, darf der Vollzug der Untersuchungshaft wegen derselben Tat über sechs Monate hinaus nur aufrechterhalten werden, wenn die besondere Schwierigkeit oder der besondere Umfang der Ermittlungen oder ein anderer wichtiger Grund das Urteil noch nicht zulassen und die Fortdauer der Haft rechtfertigen.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 ist der Haftbefehl nach Ablauf der sechs Monate aufzuheben, wenn nicht der Vollzug des Haftbefehls nach § 116 ausgesetzt wird oder das Oberlandesgericht die Fortdauer der Untersuchungshaft anordnet.
(3) Werden die Akten dem Oberlandesgericht vor Ablauf der in Absatz 2 bezeichneten Frist vorgelegt, so ruht der Fristenlauf bis zu dessen Entscheidung. Hat die Hauptverhandlung begonnen, bevor die Frist abgelaufen ist, so ruht der Fristenlauf auch bis zur Verkündung des Urteils. Wird die Hauptverhandlung ausgesetzt und werden die Akten unverzüglich nach der Aussetzung dem Oberlandesgericht vorgelegt, so ruht der Fristenlauf ebenfalls bis zu dessen Entscheidung.
(4) In den Sachen, in denen eine Strafkammer nach § 74a des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständig ist, entscheidet das nach § 120 des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständige Oberlandesgericht. In den Sachen, in denen ein Oberlandesgericht nach den §§ 120 oder 120b des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständig ist, tritt an dessen Stelle der Bundesgerichtshof.
(1) In den Fällen des § 121 legt das zuständige Gericht die Akten durch Vermittlung der Staatsanwaltschaft dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vor, wenn es die Fortdauer der Untersuchungshaft für erforderlich hält oder die Staatsanwaltschaft es beantragt.
(2) Vor der Entscheidung sind der Beschuldigte und der Verteidiger zu hören. Das Oberlandesgericht kann über die Fortdauer der Untersuchungshaft nach mündlicher Verhandlung entscheiden; geschieht dies, so gilt § 118a entsprechend.
(3) Ordnet das Oberlandesgericht die Fortdauer der Untersuchungshaft an, so gilt § 114 Abs. 2 Nr. 4 entsprechend. Für die weitere Haftprüfung (§ 117 Abs. 1) ist das Oberlandesgericht zuständig, bis ein Urteil ergeht, das auf Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung erkennt. Es kann die Haftprüfung dem Gericht, das nach den allgemeinen Vorschriften dafür zuständig ist, für die Zeit von jeweils höchstens drei Monaten übertragen. In den Fällen des § 118 Abs. 1 entscheidet das Oberlandesgericht über einen Antrag auf mündliche Verhandlung nach seinem Ermessen.
(4) Die Prüfung der Voraussetzungen nach § 121 Abs. 1 ist auch im weiteren Verfahren dem Oberlandesgericht vorbehalten. Die Prüfung muß jeweils spätestens nach drei Monaten wiederholt werden.
(5) Das Oberlandesgericht kann den Vollzug des Haftbefehls nach § 116 aussetzen.
(6) Sind in derselben Sache mehrere Beschuldigte in Untersuchungshaft, so kann das Oberlandesgericht über die Fortdauer der Untersuchungshaft auch solcher Beschuldigter entscheiden, für die es nach § 121 und den vorstehenden Vorschriften noch nicht zuständig wäre.
(7) Ist der Bundesgerichtshof zur Entscheidung zuständig, so tritt dieser an die Stelle des Oberlandesgerichts.
(1) Wer
- 1.
für den Geheimdienst einer fremden Macht eine geheimdienstliche Tätigkeit gegen die Bundesrepublik Deutschland ausübt, die auf die Mitteilung oder Lieferung von Tatsachen, Gegenständen oder Erkenntnissen gerichtet ist, oder - 2.
gegenüber dem Geheimdienst einer fremden Macht oder einem seiner Mittelsmänner sich zu einer solchen Tätigkeit bereit erklärt,
(2) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse, die von einer amtlichen Stelle oder auf deren Veranlassung geheimgehalten werden, mitteilt oder liefert und wenn er
- 1.
eine verantwortliche Stellung mißbraucht, die ihn zur Wahrung solcher Geheimnisse besonders verpflichtet, oder - 2.
durch die Tat die Gefahr eines schweren Nachteils für die Bundesrepublik Deutschland herbeiführt.
(3) § 98 Abs. 2 gilt entsprechend.
(1) Vor Erhebung der öffentlichen Klage ist für die weiteren gerichtlichen Entscheidungen und Maßnahmen, die sich auf die Untersuchungshaft, die Aussetzung ihres Vollzugs (§ 116), ihre Vollstreckung (§ 116b) sowie auf Anträge nach § 119a beziehen, das Gericht zuständig, das den Haftbefehl erlassen hat. Hat das Beschwerdegericht den Haftbefehl erlassen, so ist das Gericht zuständig, das die vorangegangene Entscheidung getroffen hat. Wird das vorbereitende Verfahren an einem anderen Ort geführt oder die Untersuchungshaft an einem anderen Ort vollzogen, so kann das Gericht seine Zuständigkeit auf Antrag der Staatsanwaltschaft auf das für diesen Ort zuständige Amtsgericht übertragen. Ist der Ort in mehrere Gerichtsbezirke geteilt, so bestimmt die Landesregierung durch Rechtsverordnung das zuständige Amtsgericht. Die Landesregierung kann diese Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltung übertragen.
(2) Nach Erhebung der öffentlichen Klage ist das Gericht zuständig, das mit der Sache befaßt ist. Während des Revisionsverfahrens ist das Gericht zuständig, dessen Urteil angefochten ist. Einzelne Maßnahmen, insbesondere nach § 119, ordnet der Vorsitzende an. In dringenden Fällen kann er auch den Haftbefehl aufheben oder den Vollzug aussetzen (§ 116), wenn die Staatsanwaltschaft zustimmt; andernfalls ist unverzüglich die Entscheidung des Gerichts herbeizuführen.
(3) Das Revisionsgericht kann den Haftbefehl aufheben, wenn es das angefochtene Urteil aufhebt und sich bei dieser Entscheidung ohne weiteres ergibt, daß die Voraussetzungen des § 120 Abs. 1 vorliegen.
(4) Die §§ 121 und 122 bleiben unberührt.
(5) Soweit nach den Gesetzen der Länder über den Vollzug der Untersuchungshaft eine Maßnahme der vorherigen gerichtlichen Anordnung oder der gerichtlichen Genehmigung bedarf, ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk die Maßnahme durchgeführt wird. Unterhält ein Land für den Vollzug der Untersuchungshaft eine Einrichtung auf dem Gebiet eines anderen Landes, können die beteiligten Länder vereinbaren, dass das Amtsgericht zuständig ist, in dessen Bezirk die für die Einrichtung zuständige Aufsichtsbehörde ihren Sitz hat. Für das Verfahren gilt § 121b des Strafvollzugsgesetzes entsprechend.
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.
(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.
(1) Die Untersuchungshaft darf gegen den Beschuldigten angeordnet werden, wenn er der Tat dringend verdächtig ist und ein Haftgrund besteht. Sie darf nicht angeordnet werden, wenn sie zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung außer Verhältnis steht.
(2) Ein Haftgrund besteht, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen
- 1.
festgestellt wird, daß der Beschuldigte flüchtig ist oder sich verborgen hält, - 2.
bei Würdigung der Umstände des Einzelfalles die Gefahr besteht, daß der Beschuldigte sich dem Strafverfahren entziehen werde (Fluchtgefahr), oder - 3.
das Verhalten des Beschuldigten den dringenden Verdacht begründet, er werde - a)
Beweismittel vernichten, verändern, beiseite schaffen, unterdrücken oder fälschen oder - b)
auf Mitbeschuldigte, Zeugen oder Sachverständige in unlauterer Weise einwirken oder - c)
andere zu solchem Verhalten veranlassen,
und wenn deshalb die Gefahr droht, daß die Ermittlung der Wahrheit erschwert werde (Verdunkelungsgefahr).
(3) Gegen den Beschuldigten, der einer Straftat nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 oder § 13 Absatz 1 des Völkerstrafgesetzbuches oder § 129a Abs. 1 oder Abs. 2, auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1, oder nach den §§ 176c, 176d, 211, 212, 226, 306b oder 306c des Strafgesetzbuches oder, soweit durch die Tat Leib oder Leben eines anderen gefährdet worden ist, nach § 308 Abs. 1 bis 3 des Strafgesetzbuches dringend verdächtig ist, darf die Untersuchungshaft auch angeordnet werden, wenn ein Haftgrund nach Absatz 2 nicht besteht.
(1) Der Richter setzt den Vollzug eines Haftbefehls, der lediglich wegen Fluchtgefahr gerechtfertigt ist, aus, wenn weniger einschneidende Maßnahmen die Erwartung hinreichend begründen, daß der Zweck der Untersuchungshaft auch durch sie erreicht werden kann. In Betracht kommen namentlich
- 1.
die Anweisung, sich zu bestimmten Zeiten bei dem Richter, der Strafverfolgungsbehörde oder einer von ihnen bestimmten Dienststelle zu melden, - 2.
die Anweisung, den Wohn- oder Aufenthaltsort oder einen bestimmten Bereich nicht ohne Erlaubnis des Richters oder der Strafverfolgungsbehörde zu verlassen, - 3.
die Anweisung, die Wohnung nur unter Aufsicht einer bestimmten Person zu verlassen, - 4.
die Leistung einer angemessenen Sicherheit durch den Beschuldigten oder einen anderen.
(2) Der Richter kann auch den Vollzug eines Haftbefehls, der wegen Verdunkelungsgefahr gerechtfertigt ist, aussetzen, wenn weniger einschneidende Maßnahmen die Erwartung hinreichend begründen, daß sie die Verdunkelungsgefahr erheblich vermindern werden. In Betracht kommt namentlich die Anweisung, mit Mitbeschuldigten, Zeugen oder Sachverständigen keine Verbindung aufzunehmen.
(3) Der Richter kann den Vollzug eines Haftbefehls, der nach § 112a erlassen worden ist, aussetzen, wenn die Erwartung hinreichend begründet ist, daß der Beschuldigte bestimmte Anweisungen befolgen und daß dadurch der Zweck der Haft erreicht wird.
(4) Der Richter ordnet in den Fällen der Absätze 1 bis 3 den Vollzug des Haftbefehls an, wenn
- 1.
der Beschuldigte den ihm auferlegten Pflichten oder Beschränkungen gröblich zuwiderhandelt, - 2.
der Beschuldigte Anstalten zur Flucht trifft, auf ordnungsgemäße Ladung ohne genügende Entschuldigung ausbleibt oder sich auf andere Weise zeigt, daß das in ihn gesetzte Vertrauen nicht gerechtfertigt war, oder - 3.
neu hervorgetretene Umstände die Verhaftung erforderlich machen.
(1) Solange kein Urteil ergangen ist, das auf Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung erkennt, darf der Vollzug der Untersuchungshaft wegen derselben Tat über sechs Monate hinaus nur aufrechterhalten werden, wenn die besondere Schwierigkeit oder der besondere Umfang der Ermittlungen oder ein anderer wichtiger Grund das Urteil noch nicht zulassen und die Fortdauer der Haft rechtfertigen.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 ist der Haftbefehl nach Ablauf der sechs Monate aufzuheben, wenn nicht der Vollzug des Haftbefehls nach § 116 ausgesetzt wird oder das Oberlandesgericht die Fortdauer der Untersuchungshaft anordnet.
(3) Werden die Akten dem Oberlandesgericht vor Ablauf der in Absatz 2 bezeichneten Frist vorgelegt, so ruht der Fristenlauf bis zu dessen Entscheidung. Hat die Hauptverhandlung begonnen, bevor die Frist abgelaufen ist, so ruht der Fristenlauf auch bis zur Verkündung des Urteils. Wird die Hauptverhandlung ausgesetzt und werden die Akten unverzüglich nach der Aussetzung dem Oberlandesgericht vorgelegt, so ruht der Fristenlauf ebenfalls bis zu dessen Entscheidung.
(4) In den Sachen, in denen eine Strafkammer nach § 74a des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständig ist, entscheidet das nach § 120 des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständige Oberlandesgericht. In den Sachen, in denen ein Oberlandesgericht nach den §§ 120 oder 120b des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständig ist, tritt an dessen Stelle der Bundesgerichtshof.
(1) Der Haftbefehl ist aufzuheben, sobald die Voraussetzungen der Untersuchungshaft nicht mehr vorliegen oder sich ergibt, daß die weitere Untersuchungshaft zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung außer Verhältnis stehen würde. Er ist namentlich aufzuheben, wenn der Beschuldigte freigesprochen oder die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt oder das Verfahren nicht bloß vorläufig eingestellt wird.
(2) Durch die Einlegung eines Rechtsmittels darf die Freilassung des Beschuldigten nicht aufgehalten werden.
(3) Der Haftbefehl ist auch aufzuheben, wenn die Staatsanwaltschaft es vor Erhebung der öffentlichen Klage beantragt. Gleichzeitig mit dem Antrag kann die Staatsanwaltschaft die Freilassung des Beschuldigten anordnen.