Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Feb. 2017 - 5 StR 615/16

bei uns veröffentlicht am23.02.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 615/16
vom
23. Februar 2017
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Computerbetruges u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:230217B5STR615.16.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und der Beschwerdeführer am 23. Februar 2017 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Der Antrag des Angeklagten K. , ihm wegen Versäumung der Frist des § 349 Abs. 3 Satz 2 StPO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wird verworfen.
2. Auf die Revision dieses Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 23. Mai 2016, soweit es ihn betrifft, im Ausspruch gemäß § 111i Abs. 2 StPO mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben. Insoweit wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision dieses Angeklagten sowie diejenige des Angeklagten R. werden verworfen, da die Nachprüfung des genannten Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen im Übrigen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben hat.
4. Der Angeklagte R. hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Der Senat ergänzt die Antragsschrift des Generalbundesanwalts wie folgt:
2
1. Der Angeklagte K. hat beantragt, ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, weil er die in § 349 Abs. 3 Satz 2 StPO vorgesehene Frist unverschuldet versäumt habe. Denn die Antragsschrift des Generalbundesanwalts sei nicht seinem gewählten, sondern dem notwendigen Verteidiger zugestellt worden.
3
Der Antrag ist abzulehnen, weil es sich bei der genannten Frist nicht um eine solche im Sinne von § 44 Satz 1 StPO handelt (BGH, Beschluss vom 3. März 2016 – 1 StR 518/15, NStZ 2016, 496; Franke in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 349 Rn. 29; jeweils mwN). Da sie keine absolute Ausschlussfrist darstellt (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Mai 2010 – 1 StR 530/09, wistra 2010, 312), hat der Senat jedoch – um einen Nachteil für den Angeklagten völlig auszuschließen – die Antragsschrift des Generalbundesanwalts dem Wahlverteidiger zur Stellungnahme übersandt; dieser hat die Gelegenheit wahrgenommen , sich ergänzend zu äußern.
4
2. Die Entscheidung des Landgerichts, von der Anordnung des Wertersatzverfalls in Höhe von 12.775,24 € gegen den Angeklagten K. nur deshalb abzusehen, weil dem Ansprüche Verletzter entgegenstünden (§ 111i Abs. 2 StPO), hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Denn es hat die auch in diesem Zusammenhang belangvolle Härtevorschrift des § 73c StGB nicht erkennbar bedacht (s. hierzu BGH, Beschluss vom 10. Mai 2016 – 5 StR 150/16, NStZ-RR 2016, 339). Dem Urteil kann schon nicht entnommen werden, ob das durch die Taten Erlangte im Vermögen des Angeklagten noch vorhanden war (§ 73c Abs. 1 Satz 2 StGB). Auch eine Ausübung des dem Landgericht durch diese Vorschrift eingeräumten Ermessens ist nicht erkennbar. Gleiches gilt für die Frage, ob und gegebenenfalls inwiefern die Anordnung des Verfalls von Wertersatz für den Angeklagten eine unbillige Härte darstellt (§ 73c Abs. 1 Satz 1 StGB).
5
Der Senat kann nicht sicher ausschließen, dass bei rechtsfehlerfreier Anwendung der genannten Vorschriften der Betrag des Wertersatzverfalls geringer ausgefallen oder dessen Anordnung unterblieben wäre. Er hebt auch die der Verfallsentscheidung zugrunde liegenden Feststellungen auf, um dem neuen Tatgericht in sich widerspruchsfreie Feststellungen zu den für die Handhabung von § 73c Abs. 1 StGB maßgeblichen Umständen zu ermöglichen.
Mutzbauer Sander Schneider
Dölp Mosbacher

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 73c Einziehung des Wertes von Taterträgen


Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht

Strafprozeßordnung - StPO | § 44 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Fristversäumung


War jemand ohne Verschulden verhindert, eine Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Die Versäumung einer Rechtsmittelfrist ist als unverschuldet anzusehen, wenn die Belehrung nach den § 35a Satz 1

Strafprozeßordnung - StPO | § 111i Insolvenzverfahren


(1) Ist jemandem aus der Tat ein Anspruch auf Ersatz des Wertes des Erlangten erwachsen und wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arrestschuldners eröffnet, so erlischt das Sicherungsrecht nach § 111h Absatz 1 an dem Gegenstand oder an de

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Ist jemandem aus der Tat ein Anspruch auf Ersatz des Wertes des Erlangten erwachsen und wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arrestschuldners eröffnet, so erlischt das Sicherungsrecht nach § 111h Absatz 1 an dem Gegenstand oder an dem durch dessen Verwertung erzielten Erlös, sobald dieser vom Insolvenzbeschlag erfasst wird. Das Sicherungsrecht erlischt nicht an Gegenständen, die in einem Staat belegen sind, in dem die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht anerkannt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für das Pfandrecht an der nach § 111g Absatz 1 hinterlegten Sicherheit.

(2) Sind mehrere Anspruchsberechtigte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 vorhanden und reicht der Wert des in Vollziehung des Vermögensarrestes gesicherten Gegenstandes oder des durch seine Verwertung erzielten Erlöses zur Befriedigung der von ihnen geltend gemachten Ansprüche nicht aus, so stellt die Staatsanwaltschaft einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arrestschuldners. Die Staatsanwaltschaft sieht von der Stellung eines Eröffnungsantrags ab, wenn begründete Zweifel daran bestehen, dass das Insolvenzverfahren auf Grund des Antrags eröffnet wird.

(3) Verbleibt bei der Schlussverteilung ein Überschuss, so erwirbt der Staat bis zur Höhe des Vermögensarrestes ein Pfandrecht am Anspruch des Schuldners auf Herausgabe des Überschusses. In diesem Umfang hat der Insolvenzverwalter den Überschuss an die Staatsanwaltschaft herauszugeben.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

War jemand ohne Verschulden verhindert, eine Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Die Versäumung einer Rechtsmittelfrist ist als unverschuldet anzusehen, wenn die Belehrung nach den § 35a Satz 1 und 2, § 319 Abs. 2 Satz 3 oder nach § 346 Abs. 2 Satz 3 unterblieben ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 518/15
vom
3. März 2016
in der Strafsache
gegen
wegen versuchter räuberischer Erpressung
hier: Wiedereinsetzungsgesuch und Anhörungsrüge
ECLI:DE:BGH:2016:030316B1STR518.15.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat gemäß § 44 Satz 1, § 46 Abs. 1, § 356a StPO am 3. März 2016 beschlossen:
1. Der Antrag des Verurteilten vom 31. Dezember 2015 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird als unzulässig verworfen. 2. Die Anhörungsrüge des Verurteilten vom 31. Dezember 2015 gegen den Beschluss des Senats vom 15. Dezember 2015 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Rechtsbehelfsführer wegen versuchter räuberischer Erpressung in drei Fällen unter Einbeziehung von weiteren Strafen aus einer früheren Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt.
2
1. Gegen dieses Urteil hatte sein Verteidiger form- und fristgerecht Revision eingelegt sowie das Rechtsmittel - ebenfalls innerhalb der dafür maßgeblichen Frist - mit einer Verfahrensbeanstandung und mit der ausgeführten Sachrüge begründet.
3
Auf entsprechenden Antrag des Generalbundesanwalts vom 23. Oktober 2015 hat der Senat die Revision durch Beschluss vom 15. Dezember 2015 als unbegründet gemäß § 349 Abs. 2 StPO verworfen. Dieser Beschluss ist dem Verurteilten ausweislich seines eigenen Vorbringens am 28. Dezember 2015 zugegangen.
4
2. Am 1. Januar 2016 ist bei dem Bundesgerichtshof ein Schreiben des Verurteilten eingegangen. Mit diesem beantragt er ausdrücklich „Wiedereinset- zung in den vorigen Stand bei Fristversäumung gemäß § 44 StPO und den Be- schluss vom 15.12.2015 auf zu heben“. Dem nähere Ausführungen enthalten- den Schreiben waren eine Ablichtung der Revisionsbegründung seines Verteidigers sowie eine vom Verurteilten verfasste „Ergänzung der Revisionsbegrün- dung“ beigefügt. In einem weiteren, am 14. Februar 2016 eingegangenen Schreiben nimmt der Verurteilte nochmals auf seinen früheren Antrag Bezug und bezeichnet ihn wiederum ausdrücklich als „Antrag … auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Fristversäumung gemäß § 44 StPO...“.
5
3. Das vorgenannte Schreiben ist sowohl nach der von dem Verurteilten selbst verwendeten Bezeichnung als auch nach dem Inhalt jedenfalls eindeutig als Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu verstehen. Als solcher ist er aber unter jedem hier in Frage kommenden rechtlichen Gesichtspunkt unzulässig.
6
a) Soweit der Verurteilte eine Wiedereinsetzung in die durch § 349 Abs. 3 Satz 2 StPO bestimmte Frist zur Abgabe einer Gegenerklärung zu dem Antrag der Staatsanwaltschaft bei dem Revisionsgericht (hier des Generalbundesanwalts ) erstrebt, findet auf diese Frist die Wiedereinsetzung gemäß § 44 StPO keine Anwendung. Bei der genannten zweiwöchigen Frist, die keine Ausschlussfrist ist (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Mai 2010 - 1 StR 530/09, wistra 2010, 312; Nagel in Radtke/Hohmann, StPO, § 349 Rn. 25; Wohlers in SKStPO , 4. Aufl., Band VII, § 349 Rn. 31 mwN), handelt es sich nicht um eine Frist im Sinne von § 44 Satz 1 StPO. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kommt daher nicht in Betracht (Franke in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 349 Rn. 29; Meyer-Goßner in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 349 Rn. 17 aE; Nagel in Radtke/Hohmann aaO § 349 Rn. 26; näher Radtke, Die Systematik des Strafklageverbrauchs verfahrenserledigender Entscheidungen im Strafprozeß, 1993, S. 235-237; siehe auch - zweifelnd - Wohlers in SK-StPO aaO § 349 Rn. 31).
7
b) Sollte der Verurteilte insgesamt eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in das durch den Rechtskraft herbeiführenden Verwerfungsbeschluss (§ 349 Abs. 2 StPO) des Senats vom 15. Dezember 2015 abgeschlossene Verfahren begehren - wofür vor allem sein Schreiben vom 14. Februar 2016 spricht -, wäre auch dieser Rechtsbehelf unzulässig. Außerhalb des Rechtsbehelfs aus § 356a StPO zur Nachholung rechtlichen Gehörs (dazu nachfolgend 4.) ist eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Abschluss des Verfahrens durch eine wie hier rechtskräftige Sachentscheidung nicht mehr möglich (st. Rspr.; etwa BGH, Beschluss vom 3. Dezember 2002 - 1 StR 327/02, StraFo 2003, 172 mwN; Meyer-Goßner in Meyer-Goßner/Schmitt aaO § 349 Rn. 25; zu den Gründen Radtke aaO S. 235-237 und 341).
8
c) Wiedereinsetzung in die Versäumung der Fristen zur Einlegung der Revision (§ 341 StPO) oder zu deren Begründung (§ 345 Abs. 1 StPO) kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil die Fristen gewahrt worden waren.
9
4. Der Senat legt gemäß § 300 StPO die Eingabe des Verurteilten vom 31. Dezember 2015 angesichts des Inhalts der als Anlage beigefügten „Ergän- zung zur Revisionsbegründung“ auch als Anhörungsrüge nach § 356a StPO aus. Der zulässige, die Frist des § 356a Satz 2 StPO wahrende und den Anforderungen aus § 356a Satz 3 StPO genügende Antrag bleibt in der Sache ohne Erfolg.
10
Der Senat hat bei seiner Entscheidung über die durch den Verteidiger näher begründete Revision weder in einer Art. 103 Abs. 1 GG widersprechenden Weise Verfahrensstoff verwertet, zu dem der Verurteilte nicht gehört worden wäre, noch hat er bei der Entscheidung zu berücksichtigendes Vorbringen des Verurteilten übergangen. Die erst am 1. Januar 2016 bei dem Senat einge- gangene „Ergänzung zur Revisionsbegründung“ ist kein zu berücksichtigendes Vorbringen. Der Verwerfungsbeschluss des Senats ist nach dem Ablauf der Frist des § 349 Abs. 3 Satz 2 StPO ergangen. Eine Pflicht, auf weiteres mögliches Vorbringen nach Fristablauf zu warten, besteht selbst dann nicht, wenn solches - anders als vorliegend - seitens des Rechtsmittelführers angekündigt worden ist (BGH, Beschluss vom 30. Juli 2008 - 2 StR 234/08, NStZ-RR 2008, 352 mwN; Wohlers in SK-StPO aaO § 349 Rn. 31 aE; differenzierend Gericke in KK-StPO, 7. Aufl., § 349 Rn. 18 für die Fälle angekündigter Ausführungen).
11
Entgegen der vom Verurteilten offenbar vertretenen Auffassung sieht das Gesetz eine Belehrung über die Frist des § 349 Abs. 3 Satz 2 StPO nicht vor.
12
5. Die Kostenentscheidung bezüglich der Anhörungsrüge gemäß § 356a StPO beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 465 Abs. 1 StPO (Gericke in KK-StPO aaO § 356a Rn. 14 mwN).
Raum Radtke Mosbacher Fischer Bär

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 530/09
vom
12. Mai 2010
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung u.a.
hier: Anhörungsrüge
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. Mai 2010 beschlossen:
Die Anhörungsrüge des Verurteilten vom 5. März 2010 gegen den Senatsbeschluss vom 2. Februar 2010 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Gründe:


1
1. Der Senat hat die Revision des Verurteilten gegen das Urteil des Landgerichts Dortmund vom 30. Juni 2008 mit Beschluss vom 2. Februar 2010 gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen. Am 5. März 2010 hat der Verurteilte gegen den Beschluss zu Protokoll der Geschäftsstelle gemäß § 356a StPO die Anhörungsrüge erhoben.
2
2. Die Anhörungsrüge ist jedenfalls unbegründet, denn es liegt keine Verletzung rechtlichen Gehörs vor. Der Senat hat bei seiner Revisionsentscheidung zum Nachteil des Verurteilten weder Tatsachen noch Beweisergebnisse verwertet, zu denen dieser nicht gehört worden wäre. Auch wurde weder zu berücksichtigendes Vorbringen übergangen noch in sonstiger Weise der Anspruch des Verurteilten auf rechtliches Gehör verletzt. Der Umstand, dass der Senat den Ansichten des Verurteilten nicht gefolgt ist, begründet keine Gehörsverletzung.
3
Auch soweit der Verurteilte geltend macht, der Senat habe bei Bescheidung seines Wiedereinsetzungsantrages zu Unrecht eine verschuldete Fristver- säumung angenommen, zeigt er keine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör auf. Der von ihm in der Anhörungsrüge angesprochene Schriftsatz vom 25. Juli 2009 enthielt - neben der ohne ausreichende Begründung erhobenen Rüge der Verletzung formellen Rechts - lediglich die Sachrüge konkretisierende Angriffe gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts mit überwiegend urteilsfremden Tatsachen. Diese Gesichtspunkte wurden vom Senat auf die fristgerecht erhobene Sachrüge hin berücksichtigt, ohne dass es insoweit der Wiedereinsetzung bedurft hätte. Soweit im Zusammenhang mit Verfahrensrügen die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand versagt wurde, hat sich der Senat ungeachtet der Frage, ob der Wiedereinsetzungsantrag zulässig erhoben worden war, auch mit der Begründetheit des Antrags auseinandergesetzt; er hat diese verneint.
4
Auch das Vorbringen des Verurteilten in den vom ihm in der Anhörungsrüge angesprochenen Schriftsätzen vom 13., 25. und 26. Januar 2010 hat der Senat bei der Revisionsentscheidung nicht übergangen. Bei diesen Schriftsätzen handelte es sich um Gegenerklärungen i.S.v. § 349 Abs. 3 Satz 2 StPO zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts, die dem Verurteilten - wie er mit Schreiben vom 13. Januar 2010 selbst mitgeteilt hat - an diesem Tag zugegangen war. Soweit der Verurteilte meint, aus Formulierungen in dem beanstandeten Beschluss entnehmen zu können, sein Vorbringen in den fraglichen Schriftsätzen sei wegen Überschreitung der Revisionsbegründungsfrist nicht berücksichtigt worden, irrt er. Da es sich bei der Frist zur Gegenerklärung gemäß § 349 Abs. 3 Satz 2 StPO nicht um eine Ausschlussfrist handelt (vgl. MeyerGoßner , StPO 52. Aufl. § 349 Rdn. 17), hat der Senat die Ausführungen des Verurteilten in den Gegenerklärungen, welche die ordnungsgemäß erhobene Sachrüge konkretisierten, ebenfalls berücksichtigt (vgl. zu der vom Verurteilten beanstandeten Formulierung auch Meyer-Goßner aaO). Das Recht zur Gegen- erklärung i.S.v. § 349 Abs. 3 StPO ermöglicht indes nicht, weitere Verfahrensrügen zu erheben oder nachträglich formgerecht zu begründen (Meyer-Goßner aaO).
5
3. Der Senat ist an einer abschließenden Beschlussfassung über die Anhörungsrüge des Verurteilten nicht dadurch gehindert, dass der Vorsitzende den Antrag, dem Verurteilten einen neuen Pflichtverteidiger beizuordnen, abgelehnt hat. Diese Entscheidung war zutreffend. Dem Verurteilten war bereits im Strafverfahren Rechtsanwalt M. beigeordnet worden. Diese Pflichtverteidigerbestellung wirkte im Verfahren nach § 356a StPO fort (vgl. BGHR StPO § 356a Verteidiger 1). Neben dem bereits bestellten Verteidiger dem Verurteilten einen weiteren Verteidiger zu bestellen, war hier nicht geboten. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass Rechtsanwalt M. dem Verurteilten seine Rechtsauffassung mitgeteilt hatte, dass seines Erachtens eine Anhörungsrüge keinen Erfolg bringe. Denn die Prüfung der Erfolgsaussichten einer solchen Rüge gehört gerade zu den Aufgaben eines Pflichtverteidigers.

6
Der Schriftsatz des Verurteilten vom 3. Mai 2010 hat dem Senat vorgelegen.
Nack Wahl Hebenstreit Jäger Sander

(1) Ist jemandem aus der Tat ein Anspruch auf Ersatz des Wertes des Erlangten erwachsen und wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arrestschuldners eröffnet, so erlischt das Sicherungsrecht nach § 111h Absatz 1 an dem Gegenstand oder an dem durch dessen Verwertung erzielten Erlös, sobald dieser vom Insolvenzbeschlag erfasst wird. Das Sicherungsrecht erlischt nicht an Gegenständen, die in einem Staat belegen sind, in dem die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht anerkannt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für das Pfandrecht an der nach § 111g Absatz 1 hinterlegten Sicherheit.

(2) Sind mehrere Anspruchsberechtigte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 vorhanden und reicht der Wert des in Vollziehung des Vermögensarrestes gesicherten Gegenstandes oder des durch seine Verwertung erzielten Erlöses zur Befriedigung der von ihnen geltend gemachten Ansprüche nicht aus, so stellt die Staatsanwaltschaft einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arrestschuldners. Die Staatsanwaltschaft sieht von der Stellung eines Eröffnungsantrags ab, wenn begründete Zweifel daran bestehen, dass das Insolvenzverfahren auf Grund des Antrags eröffnet wird.

(3) Verbleibt bei der Schlussverteilung ein Überschuss, so erwirbt der Staat bis zur Höhe des Vermögensarrestes ein Pfandrecht am Anspruch des Schuldners auf Herausgabe des Überschusses. In diesem Umfang hat der Insolvenzverwalter den Überschuss an die Staatsanwaltschaft herauszugeben.

Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 150/16
vom
10. Mai 2016
in der Strafsache
gegen
wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
ECLI:DE:BGH:2016:100516B5STR150.16.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. Mai 2016 beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Neuruppin vom 28. Dezember 2015 im Ausspruch über den Verfall von Wertersatz mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben (§ 349 Abs. 4 StPO). Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat: Die Anordnung des Verfalls von Wertersatz hält sachlich-rechtlicher Prüfung nicht stand. Das Landgericht hat bereits nicht zutreffend festgestellt, was der Angeklagte durch die Taten im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB unmittelbar erlangt hat (vgl. BGH, Urteile vom 16. Mai 2006 – 1 StR 46/06, BGHSt 51, 65, 66 f.; vom 2. Juli 2015 – 3 StR 157/15, NStZ-RR 2015, 310, 311). Zudem hat es die Härtevorschrift des § 73c StGB nicht erkennbar bedacht und insbesondere keine ausreichenden Feststellungen zu den Vermögensverhältnissen des Angeklagten getroffen.
Das Landgericht hat festgestellt, dass bei dem Angeklagten, der nach den mit- geteilten Ergebnissen der Beweisaufnahme von seiner Mutter mit 165 € im Mo- nat unterstützt wurde bzw. Sozialleistungen bezog, Bargeld in Höhe von mehr als 6.500 € aufgefunden wurde, von ihm Genossenschaftsanteile mit einem Wert von 955 € gehalten wurden, er mit den Einnahmen aus dem Betäu- bungsmittelhandel Einrichtungsgegenstände für seine Wohnung erworben hat und er (wirtschaftlicher) Eigentümer eines Mercedes Benz C 180 sowie eines Motorrades der Marke Harley-Davidson war (UA S. 8, 10, 14 f.). Es hat jedoch den Wert sowohl der Einrichtungsgegenstände als auch der Fahrzeuge offen gelassen und keine Feststellungen zum Gesamtvermögen des Angeklagten getroffen. Das Landgericht hat lediglich pauschal darauf verwiesen, dass der Angeklagte sich mit der außergerichtlichen Einziehung sowohl des in seiner Wohnung aufgefundenen Bargeldbetrages als auch des sichergestellten Motorrades einverstanden erklärt habe, und ohne nähere Begründung den Verfall von Wertersatz „in Höhe von weiteren 5.000 €“ angeordnet.
Dem Urteil kann schon nicht entnommen werden, dass das Landgericht im Rahmen seiner Entscheidung geprüft hat, ob das durch die Taten Erlangte im Vermögen des Angeklagten noch vorhanden war (§ 73c Abs. 1 Satz 2 StGB). Auch eine Ausübung des dem Landgericht durch diese Vorschrift eingeräumten Ermessens ist nicht erkennbar. Gleiches gilt für die – systematisch nachrangig – zu prüfende Frage, ob und gegebenenfalls inwiefern die Anordnung des Verfalls von Wertersatz für den Angeklagten eine unbillige Härte darstellt (§ 73c Abs. 1 Satz 1 StGB).
Der Senat kann nicht sicher ausschließen, dass bei rechtsfehlerfreier Anwendung der Verfallsvorschriften der Betrag des Wertersatzverfalls geringer ausgefallen oder eine Verfallsanordnung unterblieben wäre. Er hebt die der Anord- nung des Verfalls von Wertersatz zugrunde liegenden Feststellungen auf, um dem neuen Tatgericht umfassende und in sich widerspruchsfreie Feststellungen zu den für die Handhabung von § 73c Abs. 1 StGB maßgeblichen Umständen zu ermöglichen.
Sander Schneider Berger Bellay Feilcke

Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.