Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Juni 2019 - 5 StR 51/19
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und der Beschwerdeführer am 18. Juni 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 sowie analog § 354 Abs. 1 StPO beschlossen:
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass er des gewerbsund bandenmäßigen Betruges in Tateinheit mit Amtsanmaßung in zwei Fällen und des versuchten gewerbs- und bandenmäßigen Betruges in vier Fällen schuldig ist,
b) im Adhäsionsanspruch dahin geändert, dass Zinsen ab dem 4. Mai 2018 zu zahlen sind.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten G. und die Revision des Angeklagten S. werden verworfen.
3. Der Angeklagte G. hat die Kosten seines Rechtsmittels, die insoweit durch das Adhäsionsverfahren entstandenen besonderen Kosten und die den Adhäsionsklägerinnen in der Revisionsinstanz erwachsenen notwendigen Auslagen zu tragen. Der Angeklagte S. hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten G. wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betruges in Tateinheit mit Amtsanmaßung in zwei Fällen und versuchten gewerbs- und bandenmäßigen Betruges in Tateinheit mit Amtsanmaßung in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten und den Angeklagten S. wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln, Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie wegen Straftaten nach dem Waffen- und dem Sprengstoffgesetz zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sieben Monaten verurteilt. Zudem hat es gegen beide Angeklagte Einziehungsanordnungen und gegen den Angeklagten G. Adhäsionsentscheidungen getroffen. Das auf die Sachrüge gestützte Rechtsmittel des Angeklagten G. führt zu den aus der Beschlussformel ersichtlichen Änderungen. Die weitergehende Revision des Angeklagten G. und die Revision des Angeklagten S. sind unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
- 2
- 1. Soweit das Landgericht den Angeklagten G. in vier Fällen – tateinheitlich mit versuchtem gewerbs- und bandenmäßigen Betrug – wegen Amtsanmaßung verurteilt hat, hält dies der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
- 3
- a) Das Landgericht hat insoweit im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:
- 4
- Der Angeklagte schloss sich spätestens Mitte August 2017 einer aus der Türkei agierenden Tätergruppierung um den gesondert Verfolgten C. an, die Betrugstaten zum Nachteil älterer Menschen beging. Zu diesem Zweck spiegelte C. – teilweise unter Einbeziehung weiterer Bandenmitglieder – als vorgeblicher deutscher Kriminalbeamter potentiellen Opfern telefonisch einen kurz be- vorstehenden Überfall auf deren Wohnung oder Bank vor, weshalb sie ihre Vermögenswerte vorübergehend in polizeiliche Verwahrung geben sollten. War die Täuschung erfolgreich, beauftragte C. den im Raum Hamburg als „Abho- ler“ eingesetzten Angeklagten G. telefonisch,zu den sich um ihr Vermögen ängstigenden Geschädigten zu fahren und sich die Wertgegenstände ebenfalls als vorgeblicher Polizeibeamter aushändigen zu lassen. Anschließend nahm
C.
erneut telefonischen Kontakt mit dem jeweiligen Opfer auf, um auf eine erfolgreiche Beendigung der Tat hinzuwirken. Das Vorhaben wurde in den hier in Rede stehenden Fällen während der Fahrt des Angeklagten zum Übergabeort abgebrochen , weil C. und G. teils zutreffend, teils irrig annahmen, dass die Opfer von der Polizei gewarnt worden waren und deshalb die Festnahme des Angeklagten drohte.- 5
- b) Auf Grundlage dieser Feststellungen hat sich der Angeklagte G. weder als Täter noch als Gehilfe einer Amtsanmaßung (§ 132 StGB) strafbar gemacht.
- 6
- Da er den Opfern nicht selbst als Polizeibeamter gegenübergetreten ist und damit sich nicht selbst ein öffentliches Amt angemaßt hat, kommt als Anknüpfung für eine Strafbarkeit des Angeklagten nach § 132 StGB nur die Amtsanmaßung des gesondert Verfolgten C. in Betracht (vgl. zur telefonischen Verwirklichung des Tatbestandes LK-Krauß, StGB, 12. Aufl., § 132 Rn. 23). Insofern fehlt es jedoch an einem – für eine strafbare Beteiligung notwendigen – konkreten Tatbeitrag. Zwar wusste und billigte G. , dass C. sich zur Umsetzung des gemeinsamen Tatplans gegenüber den Opfern als Kriminalbeamter ausgeben würde. Die bloße Kenntnis von der Tat und deren Billigung ohne einen die Tatbegehung objektiv fördernden Beitrag genügt aber nicht den inso- weit zu stellenden Anforderungen. Dies allein kann weder die Annahme einer Beihilfe gemäß § 27 StGB (vgl. BGH, Beschlüsse vom 4. Februar 2016 – 1 StR 344/15, NStZ-RR 2016, 136, 237; vom 13. Januar 1993 – 3 StR 516/92, NStZ 1993, 233) noch die Zurechnung nach § 25 Abs. 2 StGB begründen (vgl. auch BGH, Beschluss vom 13. September 2017 – 2 StR 161/17, NStZ-RR 2018, 40).
- 7
- Der Senat kann daher offenlassen, ob (Mit-)Täter einer Straftat nach § 132 StGB nur derjenige sein kann, der sich selbst ein Amt anmaßt (so RGSt 55, 265, 266; 59, 79, 81; SK-StGB/Stein, 9. Aufl., § 132 Rn. 8; a.A. Schönke /Schröder/Sternberg-Lieben, StGB, 30. Aufl., § 132 Rn. 12; LK-StGB/Krauß, 12. Aufl., § 132 Rn. 42; SSW-StGB/Jeßberger, 4. Aufl., § 132 Rn. 14; MüKo-StGB/Hohmann, StGB, 3. Aufl., § 132 Rn. 26).
- 8
- c) Der Senat schließt aus, dass insoweit weitergehende Feststellungen getroffen werden können. Er ändert den Schuldspruch daher in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO.
- 9
- 3. Der Strafausspruch kann bestehen bleiben, da er nicht auf dem Rechtsfehler beruht (§ 337 Abs. 1 StPO). Das Landgericht hat sowohl bei der Bemessung der Strafen als auch bei der Gesamtstrafenbildung zulasten des Angeklagten vor allem berücksichtigt, dass sich die auf „eine Überrumpelung“ angelegten Taten gezielt gegen betagte Opfer und deren Ersparnisse richteten. Der Senat kann daher ausschließen, dass das Landgericht bei zutreffender Rechtsanwendung niedrigere Strafen oder eine mildere Gesamtfreiheitsstrafe verhängt hätte, zumal die das Tatbild mitprägende Amtsanmaßung durch den gesondert Verfolgten C. sowie die sich in der vom Angeklagten G. beabsichtigten eigenhändigen Amtsanmaßung zeigende Intensität des Tatwillens ohnehin strafschärfend zu berücksichtigen gewesen wären (vgl. Schäfer /Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, 6. Aufl., Rn. 619, 631).
- 10
- 4. Die von der Adhäsionsklägerin B. geltend gemachten Prozesszinsen sind gemäß § 404 Abs. 2 StPO, § 291 Satz 2, analog § 187 Abs. 1 BGB erst ab dem auf die Anhängigkeit des Adhäsionsantrags folgenden Tag zu entrichten (vgl. BGH, Beschlüsse vom 5. Dezember 2018 – 4 StR 292/18, NStZ-RR 2019, 96; vom 19. Juli 2018 – 5 StR 277/18). Entsprechend berichtigt der Senat den Zinsausspruch.
- 11
- 5. Angesichts des geringfügigen Erfolgs ist es nicht unbillig, den Angeklagten G. mit den gesamten Kosten seines Rechtsmittels, den insoweit durch das Adhäsionsverfahren entstandenen besonderen Kosten und die den Adhäsionsklägerinnen in der Revisionsinstanz erwachsenen notwendigen Auslagen zu belasten.
König Köhler
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(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.
(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.
(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.
(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.
(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
Wer unbefugt sich mit der Ausübung eines öffentlichen Amtes befaßt oder eine Handlung vornimmt, welche nur kraft eines öffentlichen Amtes vorgenommen werden darf, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat.
(2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu mildern.
Wer unbefugt sich mit der Ausübung eines öffentlichen Amtes befaßt oder eine Handlung vornimmt, welche nur kraft eines öffentlichen Amtes vorgenommen werden darf, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.
(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.
(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.
(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.
(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.
(1) Der Antrag, durch den der Anspruch geltend gemacht wird, kann schriftlich oder mündlich zu Protokoll des Urkundsbeamten, in der Hauptverhandlung auch mündlich bis zum Beginn der Schlußvorträge gestellt werden. Er muß den Gegenstand und Grund des Anspruchs bestimmt bezeichnen und soll die Beweismittel enthalten. Ist der Antrag außerhalb der Hauptverhandlung gestellt, so wird er dem Beschuldigten zugestellt.
(2) Die Antragstellung hat dieselben Wirkungen wie die Erhebung der Klage im bürgerlichen Rechtsstreit. Sie treten mit Eingang des Antrages bei Gericht ein.
(3) Ist der Antrag vor Beginn der Hauptverhandlung gestellt, so wird der Antragsteller von Ort und Zeit der Hauptverhandlung benachrichtigt. Der Antragsteller, sein gesetzlicher Vertreter und der Ehegatte oder Lebenspartner des Antragsberechtigten können an der Hauptverhandlung teilnehmen.
(4) Der Antrag kann bis zur Verkündung des Urteils zurückgenommen werden.
(5) Dem Antragsteller und dem Angeschuldigten ist auf Antrag Prozeßkostenhilfe nach denselben Vorschriften wie in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten zu bewilligen, sobald die Klage erhoben ist. § 121 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung gilt mit der Maßgabe, daß dem Angeschuldigten, der einen Verteidiger hat, dieser beigeordnet werden soll; dem Antragsteller, der sich im Hauptverfahren des Beistandes eines Rechtsanwalts bedient, soll dieser beigeordnet werden. Zuständig für die Entscheidung ist das mit der Sache befaßte Gericht; die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
(1) Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt.
(2) Ist der Beginn eines Tages der für den Anfang einer Frist maßgebende Zeitpunkt, so wird dieser Tag bei der Berechnung der Frist mitgerechnet. Das Gleiche gilt von dem Tage der Geburt bei der Berechnung des Lebensalters.