Bundesgerichtshof Beschluss, 06. März 2013 - 5 StR 423/12

bei uns veröffentlicht am06.03.2013

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

Nachschlagewerk: ja
BGHSt : ja
Veröffentlichung : ja
StPO §§ 257c; 261, 267 Abs. 3 Satz 5
Verfahrensrechtliche Beanstandung mangelnder Berücksichtigung
einem Mitangeklagten im Rahmen von Verständigungsgesprächen
erteilter Rechtsfolgenprognosen bei der Würdigung
von dessen belastenden Angaben (im Anschluss an BGHSt
48, 161; 52, 78).
BGH, Beschluss vom 6. März 2013 – 5 StR 423/12
LG Berlin –

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 6. März 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. März 2013

beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 6. Dezember 2011 wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten N. wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und zehn Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete, auf eine Verfahrensrüge und auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten ist im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO unbegründet.
2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts verabredeten der Angeklagte und der Mitangeklagte T. mit einem türkischen Heroinlieferanten den Transport von 75 kg Heroin von Istanbul nach Berlin. Als Gegenleistung für den Transport sollten der Angeklagte und T. 2.000 € je Kilogramm erhalten. Entsprechend der zuvor mit dem Lieferanten getroffenen Absprache wurde das Heroin in einen von T. eigens für Rauschgifttransporte angeschafften Jeep eingebaut. Anschließend übergab der Angeklagte den Jeep absprachegemäß an eine Bekannte des Mitangeklagten, die das Heroin als Kurierfahrerin nach Berlin bringen sollte. Bei einer Routinekontrolle an der türkisch-bulgarischen Grenze wurde das Rauschgift von bulgarischen Beamten entdeckt und sichergestellt.
3
Nach einem erfolgreich durchgeführten, indes nicht verfahrensgegenständlichen Geschäft mit einer Menge von 6 ½ kg Heroin, die der Angeklagte mit anderen Mittätern in Italien erworben hatte und in Berlin verkaufen ließ, bemühten sich der Angeklagte und der Mitangeklagte intensiv bei verschiedenen potentiellen Lieferanten um den Erwerb größerer Mengen (mindestens etwa 30 kg) Kokain. Da sich hierbei lediglich die Möglichkeit einer Lieferung gegen sofortige Bezahlung abzeichnete, versuchten T. und der Angeklagte auf verschiedenen Wegen, Geldgeber zu gewinnen. Einer der potentiellen Geldgeber, bei dem es sich um eine Vertrauensperson des Bundeskriminalamts handelte, stellte konkret die Bereitstellung einer erheblichen Summe in Aussicht. Schließlich kündigte der Angeklagte einem in Paris lebenden Freund, der in Kontakt zu einem Lieferanten stand, den Erhalt des Geldes binnen einer Woche an und forderte ihn auf, für die Lieferung zu sorgen. Diesen Termin mussten die Angeklagten jedoch kurzfristig absagen, weil sie bis zu diesem Zeitpunkt – wie auch in der Folgezeit – keinerlei Geld hatten beschaffen können, so dass das Kokaingeschäft letztlich scheiterte.
4
2. Der Erörterung bedarf nur die mit der Verfahrensrüge erhobene Beanstandung , das Landgericht habe die mehrfach gescheiterten Verständigungsgespräche und insbesondere den dem Mitangeklagten T. unterbreiteten Verständigungsvorschlag nicht mitgeteilt. Das Landgericht ha- be „eine als Strafrahmenobergrenze genannte Prognose gestellt und durchgehalten“ , so dass § 267 Abs. 3 Satz 5 StPO aus Gründen der Transparenz entsprechend hätte zur Anwendung kommen müssen. Das Unterlassen habe möglichen Einfluss auf die Beweiswürdigung.
5
a) Der Rüge liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:
6
Nachdem sich der Mitangeklagte T. bereits im Ermittlungsverfahren geständig eingelassen hatte, kam es im Zwischenverfahren zu einem Verständigungsgespräch der Verfahrensbeteiligten mit der Strafkammer, in dem die Staatsanwaltschaft ihre Strafvorstellungen zu erkennen gab. Für den Angeklagten N. beliefen sich diese für den Fall eines Geständnisses ohne Aufklärungshilfe auf zwölf bis dreizehn Jahre, für den Mitangeklagten T. wegen der bereits geleisteten Aufklärungshilfe auf sieben bis acht Jahre Freiheitsstrafe. Im Falle noch zu leistender Aufklärungshilfe wurde für N. eine Freiheitsstrafe von etwa zehn Jahren in Aussicht gestellt. Zudem wurde vereinbart, dass eine etwa nach der Eröffnung geleistete Aufklärungshilfe im Ergebnis wie eine solche vor Eröffnung behandelt werden solle. Nach Eröffnung des Hauptverfahrens erklärte der Verteidiger des MitangeklagtenT. gegenüber der Staatsanwaltschaft, sein Mandant hoffe, sich durch seine wei- tere Aussagebereitschaft eine Freiheitsstrafe „mit einer Vier vor dem Komma“ zu verdienen, die eine Vollstreckung im offenen Vollzug und eine etwai- ge Haftverschonung am Ende der Hauptverhandlung ermögliche. Der Staatsanwalt äußerte hierzu, im Falle weiterführender Angaben sehe er noch Raum für eine Absenkung der indes bereits sehr milde bemessenen ur- sprünglichen Strafvorstellungen, die erhoffte „Vier vor dem Komma“ sehe er aber skeptisch; Zusagen zur Haftfrage lehnte er ab. Daraufhin erfolgte wenige Tage später eine erneute polizeiliche Vernehmung des Mitangeklagten, in der dieser unter anderem Aufklärungshilfe hinsichtlich anderer Personen aus dem Drogenmilieu leistete.
7
Nach einer Vielzahl von Verhandlungstagen fand vor einem weiteren Hauptverhandlungstermin erneut ein Rechtsgespräch zwischen der Strafkammer und den Verfahrensbeteiligten statt. In diesem stellte die Strafkammer für den Fall von Geständnissen eine Beschränkung des Schuldspruchs auf die Lieferung der 75 kg Heroin sowie eine Vorgehensweise gemäß § 154a StPO in Aussicht, nach der die Verwendung einer Waffe „rechtlich und tatsächlich“ und eine bandenmäßige Begehungsweise „als rechtlicher Gesichtspunkt“ ausgeschieden werden sollten. Zudem wurden an der bishe- rigen Einlassung des T. orientierte konkrete Vorgaben zum Inhalt der abzulegenden Geständnisse gemacht. Auf dieser Grundlage wurde für T. eine Strafobergrenze von rund sechs Jahren Freiheitsstrafe angekündigt, für den Angeklagten N. eine solche von acht Jahren und neun Monaten.
Über dieses Gespräch fertigte der Vorsitzende einen Vermerk, der im folgenden Hauptverhandlungstermin den Beteiligten im Rahmen eines erneuten Rechtsgesprächs ausgehändigt wurde. Nachdem in einem weiteren Termin der Verteidiger des Beschwerdeführers den Vorschlag abgelehnt hatte, gab die Strafkammer bekannt, dass sie sich für den Angeklagten N. an eine vorgeschlagene Strafobergrenze nicht mehr gebunden fühle.
8
Nach Fortführung der Verhandlung erfolgten in einem mehrere Monate später stattfindenden Hauptverhandlungstermin erneute Verständigungsgespräche , nach denen die Erwartungen an den Inhalt der abzulegenden Geständnisse weiter reduziert und Strafobergrenzen von jeweils vier Jahren und neun Monaten für den Mitangeklagten T. und von sechs Jahren und neun Monaten für den Angeklagten N. angekündigt wurden. Ferner prognostizierte die Strafkammer außerhalb einer Verständigung, dass bei deren Durchführung den Angeklagten mit Urteilserlass Haftverschonung gewährt werden könne. Am selben Tag rief der Verteidiger des MitangeklagtenT. den Vorsitzenden an und erklärte diesem, sein Mandant habe sich über den Verständigungsvorschlag erfreut gezeigt. Im Falle eines entsprechenden Urteils werde dieser auf Rechtsmittel verzichten; nach Abtrennung stünde er als Zeuge zur Verfügung. Nachdem die Staatsanwaltschaft den Verständigungsvorschlag außerhalb der Hauptverhandlung schriftlich abgelehnt hatte, erklärte der Vorsitzende in einem späteren Verhandlungstermin, dass sich die Kammer an den Vorschlag nicht mehr gebunden sehe, nachdem N. nicht darauf eingegangen sei und die Staatsanwaltschaft die vorgeschlagene Verständigung ausdrücklich ablehne. In Bezug auf T. stellte er indessen klar, dass die Kammer zwar formell ebenfalls nicht an ihren letzten Vorschlag gebunden sei, nachdem die Staatsanwaltschaft auch insoweit den Strafvorschlag abgelehnt habe, dass ihre Prognose aber weiterhin den genannten Rahmen (Strafobergrenze von rund vier Jahren und neun Monaten) nicht überschreite. Der Mitangeklagte T. wiederholte und ergänzte im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung seine unter anderem den Beschwerdeführer belastenden Angaben.
9
b) Die Rüge ist letztlich unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt begründet.
10
aa) Eine entsprechende Anwendung des § 267 Abs. 3 Satz 5 StPO auf nicht zustande gekommene oder informelle Absprachen kommt nicht in Betracht.
11
(1) Nach dem Wortlaut der Vorschrift ist diese nur auf Fälle anwendbar , in denen dem Urteil eine Verständigung – und nicht nur ein Verständigungsversuch – vorangegangen ist. Die Beschränkung des Anwendungsbereichs der Norm auf Fälle tatsächlich zustande gekommener Verständigungen kann auch nicht als planwidrige Regelungslücke angesehen werden, weil einem Verständigungsversuch – namentlich, sofern es um die Verständigung mit dem jeweiligen Revisionsführer selbst geht – regelmäßig nicht die gleiche Bedeutung zukommt wie einer zustande gekommenen Verständigung , die zumeist Grundlage des Prozessverhaltens der Beteiligten und der verhängten Rechtsfolge ist. Gegen eine derartige Ausweitung der Vorschrift des § 267 Abs. 3 Satz 5 StPO spricht auch der Umstand, dass sich hierdurch Unklarheiten über ihren Anwendungsbereich ergäben.
12
Abgesehen davon läge ein Beruhen des Urteils auf einem unterstellten Verstoß gegen die Vorschrift des § 267 Abs. 3 Satz 5 StPO, die der Transparenz des Verständigungsverfahrens dient, fern (vgl. BGH, Beschluss vom 19. August 2010 – 3 StR 226/10, StV 2011, 76).
13
(2) Eine womöglich zu einer erweiternden Beurteilung der Beruhensfrage führende Auslegung der Vorschrift, wonach auch Inhalt und Zustandekommen der Verständigung darzulegen wären, kommt nicht in Betracht. Sie ist entgegen der Ansicht der Revision nicht im Hinblick auf die mit der Einführung des § 267 Abs. 3 Satz 5 StPO verfolgte – indes letztlich nur sehr formal gewährte – Transparenz und die Ermöglichung einer effektiven revisionsgerichtlichen Kontrolle (vgl. BT-Drucks. 16/12310, S. 9, 15) geboten.
14
Sofern Inhalt und Begleitumstände einer Verständigung – wie etwa bei einer Verständigung mit einem Mitangeklagten – für die Beweiswürdigung relevant sein können, ergibt sich die Notwendigkeit einer Berücksichtigung in der Hauptverhandlung stattgefundener Verständigungsgespräche bereits aus § 261 StPO. Fehlt es an einer entsprechenden Erörterung in den Urteilsgründen , ist demgemäß die Inbegriffsrüge eröffnet. Finden Verständigungsbemühungen außerhalb der Hauptverhandlung statt und werden diese trotz sich aufdrängender Relevanz für die Beweisführung nicht in die Beweisaufnahme eingeführt, kann dies mit der Aufklärungsrüge gemäß § 244 Abs. 2 StPO geltend gemacht werden. Die Vorschrift des § 267 Abs. 3 Satz 5 StPO wäre für den revisionsrechtlichen Schutz eines Angeklagten, der von einem Mitbeschuldigten im Rahmen einer mit diesem getroffenen Verfahrensabsprache belastet wird, mangels Anwendbarkeit der Norm auf Fälle gesonderter Aburteilung des von der Absprache betroffenen Mittäters von vornherein nur eingeschränkt geeignet.
15
bb) Entsprechend der im letztgenannten Sinn geführten Stoßrichtung der Revision liegt aber eine verfahrensrechtlich zulässig gerügte Verletzung des § 261 StPO vor. Die Strafkammer hat sich im Rahmen der Beweiswürdigung nicht nur nicht ausdrücklich mit den Auswirkungen der Verständigungsversuche auf die Glaubhaftigkeit der eine wesentliche Grundlage der Verurteilung bildenden Angaben des Mitangeklagten T. auseinandergesetzt, sondern diese Umstände im Urteil nicht einmal erwähnt, obwohl die Verständigungsbemühungen jedenfalls zu einem erheblichen Teil Gegenstand der Hauptverhandlung waren. Bei der Verurteilung eines Angeklagten aufgrund des Geständnisses eines Mitangeklagten, das Gegenstand einer verfahrensbeendenden Absprache war, muss die Glaubhaftigkeit dieses Geständnisses aber in einer für das Revisionsgericht nachprüfbaren Weise gewürdigt werden. Dazu gehört insbesondere die Erörterung von Zustandekommen und Inhalt der Absprache. Denn bei dieser Sachlage besteht auch die Gefahr, dass der Mitangeklagte den Nichtgeständigen zu Unrecht belastet, weil er sich dadurch für die eigene Verteidigung Vorteile verspricht. In einem sol- chen Fall hat das Tatgericht das Geständnis des anderen Angeklagten kritisch zu würdigen. Maßgeblich für die Bewertung ist die Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte des Geständnisses. Dies schließt auch das Zustandekommen , den Inhalt, einschließlich der Zusagen der Staatsanwaltschaft zur Anwendung von § 154 StPO (auch betreffend nicht zur eigentlichen Hauptverhandlung gehörende Verfahrensgegenstände) oder § 154a StPO, und gegebenenfalls das Scheitern einer verfahrensbeendenden Absprache ein (vgl. BGH, Beschluss vom 6. November 2007 – 1 StR 370/07, BGHSt 52, 78 mwN).
16
cc) Auf dem Verfahrensverstoß beruht das Urteil jedoch nicht. Zwar sind sowohl die anfangs geführten Verständigungsgespräche als auch der letzte Verständigungsvorschlag der Strafkammer und die nach dem Scheitern der Absprache abgegebene Erklärung, dass ihre Prognose der gegen den Mitangeklagten T. zu verhängenden Strafe die in Aussicht gestellten vier Jahre und neun Monate weiterhin nicht überschreite, wegen der mit ihnen verbundenen Hoffnung des Mitangeklagten auf eine mildere Bestrafung grundsätzlich geeignet, ein Motiv für eine Falschbelastung darzustellen. Auch ist T. nach dem Verständigungsangebot zu seinen früheren, den Beschwerdeführer belastenden Angaben zurückgekehrt, die er zwischenzeitlich in einigen Teilen revidiert hatte; darüber hinaus hat er diesen betreffend einige zusätzliche Umstände offengelegt. Damit bestand in erheblichem Maße Anlass, der Frage besonders nachzugehen, ob sich der geständige Mitangeklagte , der sich durch sein Geständnis ersichtlich eigene Vorteile verschaffen wollte, zu diesem Zweck etwa nicht zutreffend eingelassen haben könnte (vgl. BGH aaO sowie Beschluss vom 15. Januar 2003 – 1 StR 464/02, BGHSt 48, 161).
17
Wenngleich sich die Strafkammer mit diesem sich aus den Verständigungsgesprächen ergebenden Falschbelastungsmotiv in den Urteilsgründen nicht ausdrücklich auseinandersetzt, erörtert sie jedoch eingehend mögliche Gründe, die T. zu einer unwahren Belastung des Beschwerdeführers veranlasst haben könnten. Insbesondere hat sie ausdrücklich die Möglichkeit erwogen, T. könne den Angeklagten wegen der Aussicht auf eine mildere Bestrafung gemäß § 31 BtMG, § 46b StGB infolge geleisteter Aufklärungshilfe zu Unrecht belastet haben; dies hat sie mit schlüssiger Begründung verneint. Das auf diese Weise in die Beweiswürdigung eingestellte Falschbelastungsmotiv deckt sich im Kern mit demjenigen, das sich aus den Verständigungsgesprächen ergibt. Denn auch insoweit geht es um nichts anderes als um die Aussicht auf eine mildere Bestrafung, die allerdings durch die Strafmaßprognose des Landgerichts eine zusätzliche Konkretisierung erfahren hat. Dafür, dass deren gesonderte Erörterung die Überzeugung der Strafkammer von der Täterschaft des Beschwerdeführers durchgreifend in Frage gestellt hätte, sind indessen keine Anhaltspunkte ersichtlich.
18
Die in den Urteilsgründen genannten maßgeblichen Argumente – der Mitangeklagte habe eine realistische Möglichkeit ungenutzt gelassen, die Falschbelastung auf breiter Front auszubauen, er habe sich selbst erheblich belastet und zugleich den Beschwerdeführer entlastet, indem er bekannt habe , dass er diesen dazu gebracht habe, in den Drogenhandel einzusteigen, und dass der Angeklagte sich im Laufe des Jahres 2009 aus weiteren Planungen zurückgezogen habe – lassen die Beweiswürdigung des Landgerichts als hochgradig nachvollziehbar erscheinen. Auch mit den Schwankungen im Aussageverhalten des Mitangeklagten hat sich die Strafkammer auseinandergesetzt und diese in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise erklärt. Entscheidend fällt zudem ins Gewicht, dass seine Angaben – wie sichaus der sehr ausführlichen Beweiswürdigung ergibt – durch zahl- reiche weitere Indizien, insbesondere die Protokolle der Telekommunikationsüberwachung , sowie darüber hinaus durch gravierende Widersprüche in der Einlassung des Revisionsführers und durch deren Unvereinbarkeit mit Zeugenaussagen gestützt werden. Das Landgericht hat insoweit eingehend die wechselseitigen Bezüge der verschiedenen Anhaltspunkte dargelegt und sich mit allen Einzelheiten der Einlassung des Angeklagten sowie mit in Betracht kommenden Alternativerklärungen für die sich aus den Telefonge- sprächsprotokollen ergebenden Äußerungen auseinandergesetzt. Hierbei hat es nachvollziehbar dargelegt, weshalb danach zu ihrer Überzeugung ein von den auf den Angaben des Mitangeklagten beruhenden Feststellungen abweichender Geschehensablauf ausscheidet.
19
Insgesamt wird die Würdigung des Landgerichts demgemäß durch den Mangel einer ausdrücklichen Erörterung der gescheiterten Verfahrensabsprache in der Gedankenführung nicht maßgeblich beeinflusst und in ihrer Gewichtung der gegenläufigen Gesichtspunkte auch nicht etwa derart nachhaltig verschoben, dass sie im Ergebnis durch die unvollständige Auswertung relevanten Verfahrensgeschehens durchgreifend in Frage zu stellen wäre.
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(1) Das Gericht kann sich in geeigneten Fällen mit den Verfahrensbeteiligten nach Maßgabe der folgenden Absätze über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens verständigen. § 244 Absatz 2 bleibt unberührt.

(2) Gegenstand dieser Verständigung dürfen nur die Rechtsfolgen sein, die Inhalt des Urteils und der dazugehörigen Beschlüsse sein können, sonstige verfahrensbezogene Maßnahmen im zugrundeliegenden Erkenntnisverfahren sowie das Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten. Bestandteil jeder Verständigung soll ein Geständnis sein. Der Schuldspruch sowie Maßregeln der Besserung und Sicherung dürfen nicht Gegenstand einer Verständigung sein.

(3) Das Gericht gibt bekannt, welchen Inhalt die Verständigung haben könnte. Es kann dabei unter freier Würdigung aller Umstände des Falles sowie der allgemeinen Strafzumessungserwägungen auch eine Ober- und Untergrenze der Strafe angeben. Die Verfahrensbeteiligten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Verständigung kommt zustande, wenn Angeklagter und Staatsanwaltschaft dem Vorschlag des Gerichtes zustimmen.

(4) Die Bindung des Gerichtes an eine Verständigung entfällt, wenn rechtlich oder tatsächlich bedeutsame Umstände übersehen worden sind oder sich neu ergeben haben und das Gericht deswegen zu der Überzeugung gelangt, dass der in Aussicht gestellte Strafrahmen nicht mehr tat- oder schuldangemessen ist. Gleiches gilt, wenn das weitere Prozessverhalten des Angeklagten nicht dem Verhalten entspricht, das der Prognose des Gerichtes zugrunde gelegt worden ist. Das Geständnis des Angeklagten darf in diesen Fällen nicht verwertet werden. Das Gericht hat eine Abweichung unverzüglich mitzuteilen.

(5) Der Angeklagte ist über die Voraussetzungen und Folgen einer Abweichung des Gerichtes von dem in Aussicht gestellten Ergebnis nach Absatz 4 zu belehren.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.

(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.

(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.

(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.

(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.

(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.

(1) Fallen einzelne abtrennbare Teile einer Tat oder einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen, die durch dieselbe Tat begangen worden sind,

1.
für die zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung oder
2.
neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat,
nicht beträchtlich ins Gewicht, so kann die Verfolgung auf die übrigen Teile der Tat oder die übrigen Gesetzesverletzungen beschränkt werden. § 154 Abs. 1 Nr. 2 gilt entsprechend. Die Beschränkung ist aktenkundig zu machen.

(2) Nach Einreichung der Anklageschrift kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft die Beschränkung vornehmen.

(3) Das Gericht kann in jeder Lage des Verfahrens ausgeschiedene Teile einer Tat oder Gesetzesverletzungen in das Verfahren wieder einbeziehen. Einem Antrag der Staatsanwaltschaft auf Einbeziehung ist zu entsprechen. Werden ausgeschiedene Teile einer Tat wieder einbezogen, so ist § 265 Abs. 4 entsprechend anzuwenden.

(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.

(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.

(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.

(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.

(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.

(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 226/10
vom
19. August 2010
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
hier: Revision des Angeklagten K.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am
19. August 2010 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 357 StPO einstimmig beschlossen
:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Osnabrück vom 10. September 2009 - auch soweit es
den Mitangeklagten U. betrifft - mit den zugehörigen Feststellungen
aufgehoben,

a) soweit die Angeklagten im Fall II. 1. der Urteilsgründe wegen
Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge verurteilt worden sind;

b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels
, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und zwei Monaten verurteilt. Die auf die allgemeine Sachbeschwerde gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Erfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet.
2
1. Die Verurteilung wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln im Fall II. 1. der Urteilsgründe hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Nach den Feststellungen des Landgerichts "bestückten" der Angeklagte und der Mitangeklagte U. "für den gesondert verfolgten H. bei B. einen Erdbunker mit 100 Gramm Heroin. Dieses Heroin holte der gesondert verfolgte H. dort vereinbarungsgemäß später ab."
3
Diese "Feststellungen" sind untauglich, den Schuldspruch wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu belegen. Auch dem Gesamtzusammenhang des Urteils kann nicht entnommen werden, dass der Angeklagte und U. sich eigennützig um ein eigenes Betäubungsmittelgeschäft bemühten. Dass der Angeklagte seine Taten eingeräumt hat, ist insoweit ebenso wenig von Bedeutung wie der Umstand, dass dem Urteil eine Verständigung vorausgegangen ist (was entgegen § 267 Abs. 3 Satz 5 StPO im Urteil nicht angegeben worden, dem Senat aber durch die Verfahrensrüge eines Mitangeklagten bekannt ist). Allein die Bereitschaft eines Angeklagten, wegen eines bestimmten Sachverhalts eine Strafe hinzunehmen, die das gerichtlich zugesagte Höchstmaß nicht überschreitet, entbindet das Gericht nicht von der Pflicht zur Aufklärung und Darlegung des Sachverhalts, soweit dies für den Tatbestand der dem Angeklagten vorgeworfenen Gesetzesverletzung erforderlich ist (BGH, Beschluss vom 28. Oktober 2009 - 5 StR 171/09, StV 2010, 60).
Auch in einem solchen Fall bedarf es eines Mindestmaßes an Sorgfalt bei der Abfassung der Urteilsgründe (BGH, Beschluss vom 23. Juni 2010 - 2 StR 222/10).
4
Unerheblich ist zuletzt auch, dass die Anklageschrift, die der Senat im Revisionsverfahren von Amts wegen zur Kenntnis zu nehmen hatte, dem Angeklagten bandenmäßiges und gewerbsmäßiges Handeltreiben zur Last legt und dazu weitergehende, den Tatbestand erfüllende Tatsachen vorträgt. Das Revisionsgericht ist nicht berechtigt, die im Urteil fehlenden Feststellungen unter Rückgriff auf die Anklageschrift oder die übrigen Aktenbestandteile zu ergänzen. Das gilt auch, wenn - wie hier - die Feststellungen durch "Einrücken" eines Teils des Anklagesatzes in die Urteilsgründe aufgenommen worden sind. Eine solche Verfahrensweise des "Einrückens" birgt die Gefahr, auf die richterliche Prüfung zu verzichten, ob die den objektiven und subjektiven Tatbestand erfüllenden Tatsachen in der Hauptverhandlung vollständig festgestellt worden sind. Sie gefährdet den Bestand des Urteils jedenfalls dann, wenn dem Anklagesatz nicht alle diese Tatsachen zu entnehmen sind oder wenn die Anklage nicht vollständig "eingerückt" wird.
5
Der mit der Aufhebung des Schuldspruchs verbundene Wegfall der Einzelstrafe führt zur Aufhebung der Gesamtstrafe.
6
2. Die Aufhebung wegen dieser Gesetzesverletzung bei der Anwendung des Strafgesetzes ist nach § 357 StPO auf den Mitangeklagten U. , der selbst nicht Revision eingelegt hat, zu erstrecken.
Becker Pfister von Lienen Hubert Mayer

(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.

(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.

(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.

(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.

(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.

(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.

(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.

(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.

(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.

(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.

(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.

(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

(1) Fallen einzelne abtrennbare Teile einer Tat oder einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen, die durch dieselbe Tat begangen worden sind,

1.
für die zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung oder
2.
neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat,
nicht beträchtlich ins Gewicht, so kann die Verfolgung auf die übrigen Teile der Tat oder die übrigen Gesetzesverletzungen beschränkt werden. § 154 Abs. 1 Nr. 2 gilt entsprechend. Die Beschränkung ist aktenkundig zu machen.

(2) Nach Einreichung der Anklageschrift kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft die Beschränkung vornehmen.

(3) Das Gericht kann in jeder Lage des Verfahrens ausgeschiedene Teile einer Tat oder Gesetzesverletzungen in das Verfahren wieder einbeziehen. Einem Antrag der Staatsanwaltschaft auf Einbeziehung ist zu entsprechen. Werden ausgeschiedene Teile einer Tat wieder einbezogen, so ist § 265 Abs. 4 entsprechend anzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 370/07
vom
6. November 2007
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. November 2007 beschlossen
:
Auf die Revision des Angeklagten L. wird das Urteil des
Landgerichts Stuttgart vom 26. Februar 2007, soweit es ihn betrifft
, mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer
des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Verfahren richtete sich zunächst gegen fünf Angeklagte. Ein Angeklagter - S. - wurde nach Abtrennung seines Verfahrens aufgrund seines dann abgegebenen Geständnisses frühzeitig abgeurteilt. Später verurteilte das Landgericht die übrigen vier Angeklagten - T. , L. , G. und T a. - mit dem angefochtenen Urteil zu Freiheitsstrafen und zwar den Beschwerdeführer L. wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit versuchter Nötigung zu der Freiheitsstrafe von vier Jahren. Die Revision dieses Angeklagten hat mit einer Verfahrensrüge Erfolg.
2
Mit einer Verfahrensrüge beanstandet der Angeklagte die fehlende Auseinandersetzung damit, dass der Belastungszeuge seine Angaben aufgrund einer allein mit ihm getroffenen Urteilsabsprache gemacht hat (Verstoß gegen § 261 StPO).
3
1. Dem liegt Folgendes zu Grunde:
4
a) Nach den Urteilsfeststellungen erteilte der frühere Mitangeklagte und spätere Zeuge S. dem Angeklagten T. den Auftrag zur gewaltsamen Durchsetzung einer „nicht einklagbaren“ Geldforderung gegen den Zeugen A. . T. bediente sich bei der - letztlich erfolglosen - Umsetzung dann seinerseits dreier weiterer Personen, der Angeklagten L. , G. und Ta. , die den wirtschaftlichen Hintergrund der Aktion nicht im Einzelnen kannten.
5
T. , L. , G. und Ta. haben sich in der gegen sie gerichteten Hauptverhandlung entweder zur Sache überhaupt nicht oder abweichend vom Tatvorwurf eingelassen. Entscheidende Grundlage für wesentliche Feststellungen der Strafkammer insbesondere zum Tathintergrund und zur Vorgeschichte waren die Angaben des Auftraggebers S. . Dieser hat „vor der Kammer als Angeklagter und nach Abtrennung des Verfahrens und rechtskräftiger Verurteilung als Zeuge glaubhaft ausgesagt. Die Kammer hat keine Anhaltspunkte dafür gesehen, dass S. insoweit die Unwahrheit gesagt haben könnte. Zwar hat die Strafkammer die genauen Hintergründe der Auseinandersetzung zwischen S. und dem Geschädigten nicht klären können. Dafür dass S. s Angaben aber jedenfalls insoweit den Tatsachen entsprachen, als er eine rechtlich nicht durchsetzbare Forderung mit Gewalt durchsetzen wollte, spricht bereits , dass er insoweit die gleichen Angaben im Verfahren gegen sich gemacht hat und sich dadurch belastete“. Eine weitergehende Würdigung dieser Aussa- ge, die Darstellung der Umstände ihres Zustandekommens sowie die Auseinandersetzung damit enthalten die Urteilsgründe nicht.
6
b) Zur Aussageentstehung teilt die Revisionsbegründung Folgendes mit (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO):
7
Das Verfahren richtete sich zunächst - wie bereits bekannt - gegen die fünf Angeklagten S. , T. , L. , G. und Ta. . Am ersten Verhandlungstag machten die Angeklagten nur Angaben zu ihren persönlichen Verhältnissen. Danach kam es zu Verständigungsgesprächen , die jedoch zu keinem gemeinsamen Ergebnis führten. Zu Beginn des zweiten Verhandlungstags wurde das Verfahren gegen den Angeklagten S. abgetrennt und sofort fortgesetzt. Das Verfahren gegen die übrigen Angeklagten wurde unterbrochen und dessen Fortsetzung um 13.30 Uhr verfügt. Die Angeklagten L. , G. , Ta. und T. verließen den Gerichtssaal.
8
In der nunmehr allein gegen den Angeklagten S. fortgeführten Hauptverhandlung gab der Vorsitzende die Erklärung ab, „dass die Beteiligten Verständigungsgespräche geführt haben, und zwar des Inhalts, dass der Angeklagte im Falle eines Geständnisses im Sinne der Anklageschrift eine maximale Freiheitsstrafe (Strafobergrenze ) von drei Jahren drei Monaten zu erwarten hat und dass er auf Herausgabe der sichergestellten 3.750 Euro verzichtet; dieser Betrag soll als Schmerzensgeld zu Gunsten des Geschädigten A. dienen“.
9
Die Verteidiger des Angeklagten S. gaben daraufhin folgende von ihnen schriftlich vorformulierte und von ihnen unterschriebene Erklärung ab: „Ich gestehe, daß ich eine auf dem Rechtsweg meiner Ansicht nach nicht durchsetzbare Geldforderung von mir gegen A. dadurch durchsetzen wollte, daß ich andere Personen dazu veranlasste, gegen ihn Druck auszuüben, wobei ich billigend in Kauf nahm, daß dies durch Einsatz von Gewalt und Schlägen erfolgen würde. Es ging mir nicht darum, den Zeugen A. von der Geltendmachung irgendwelcher eigener Forderungen abzuhalten. Ich habe T. die Adresse des A. genannt, woraufhin A. am 18. März 2006 in Frankfurt am M. von mehreren Personen aufgesucht und geschlagen wurde. Ich bedaure mein Verhalten zutiefst und bin damit einverstanden, daß der bei mir sichergestellte Gesamtgeldbetrag, der der Firma Te. GmbH gehört, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer ich bin, in Höhe von 3.750 Euro nicht an mich, sondern an den Geschädigten A. als Schmerzensgeld für die erlittenen Verletzungen herausgegeben wird“.
10
Der Angeklagte S. akzeptierte diese Erklärung als eigene.
11
Der Vertreter der Staatsanwaltschaft gab eine Erklärung zu einer möglichen Einstellung des Verfahrens gemäß § 154 StPO ab im Hinblick auf Ermittlungsergebnisse aus der Vernehmung des Zeugen U. .
12
Nach Verlesung des Bundeszentralregisterauszugs hinsichtlich des Angeklagten S. , den Schlussvorträgen, der Gewährung des letzten Wortes, in dem sich der Angeklagte den Ausführungen seiner Verteidiger anschloss, und der Beratung wurde das Urteil verkündet. Nach Belehrung verzichteten sowohl der Angeklagte, als auch die Staatsanwaltschaft auf Rechtsmittel.
13
Die Hauptverhandlung gegen die übrigen vier Angeklagten, darunter der Beschwerdeführer, wurde noch am selben Tag fortgesetzt. Am neunten der insgesamt 13 Verhandlungstage wurde S. als Zeuge zur Sache gehört. Durch diese Vernehmung kann auch - im Wege des Vorhalts - über den Inhalt der in dem gegen ihn gerichteten Strafverfahren für ihn abgege- benen Erklärung sowie über seine Verurteilung Beweis erhoben worden sein - weshalb auch eine weitere, schon auf eine fehlende Erhebung dieser in den Urteilsgründen teilweise erwähnten Vorgänge abzielende Rüge der Verletzung des § 261 StPO nicht trägt.
14
2. Vor diesem, erst durch das vom Revisionsvorbringen erhellten Hintergrund erweist sich die Beweiswürdigung des Landgerichts als lückenhaft. Dies aufzudecken, bedurfte es in diesem Fall - anders als in der Sache BGHSt 48, 161, 166 - der Erhebung einer Verfahrensrüge. In den Urteilsgründen ist zwar erwähnt, dass die Angaben des Zeugen S. auf ein Geständnis in dem gegen ihn gerichteten - abgetrennten - Verfahren zurückgehen. Die Strafkammer hebt bei der Bewertung der Glaubwürdigkeit sogar ausdrücklich auf die Konstanz seiner Angaben als Angeklagter und Zeuge ab. Sie verschweigt aber zwei maßgebliche Punkte und setzt sich in der Konsequenz damit auch nicht auseinander. - Die Strafkammer teilt schon nicht mit, dass sich der Angeklagte in dem gegen ihn gerichteten Verfahren zur Sache überhaupt nicht persönlich eingelassen, sondern nur eine von den Verteidigern verfasste und verlesene Erklärung pauschal bestätigt hat. - Vor allem teilt die Strafkammer aber nicht mit, dass das „Geständnis“ des Zeugen S. in dem gegen ihn gerichteten Verfahren auf einer verfahrensbeendenden Absprache beruhte und wie diese zustande kam.
15
Unter Berücksichtigung dieser Umstände erscheint der Hinweis auf die Konstanz der Angaben des Zeugen im Hinblick auf dessen Glaubwürdigkeit nämlich in einem ganz anderen Licht. Dies hätte der Erörterung bedurft.
16
Zwar ist ein Geständnis, das aufgrund einer verfahrensbeendenden Absprache abgegeben wurde, nicht von vorneherein unglaubwürdig. Dies ist im Grundsatz auch bei einer von den Verteidigern vorformulierten, vom Angeklagten lediglich pauschal übernommenen Erklärung nicht ausgeschlossen. Allerdings bedürfen von Anderen für Angeklagte vorformulierte und von diesen nur summarisch bestätigte Geständnisse generell besonders kritischer Betrachtung hinsichtlich ihrer Substanz, ihrer Übereinstimmung mit dem Ermittlungsergebnis sowie dahingehend, ob sie wirklich als von dem jeweiligen Angeklagten stammend , als von diesem akzeptiert angesehen werden können. Legt der Angeklagte ein Geständnis ab, so soll er dies im Grundsatz mit eigenen Worten tun (vgl. auch RiStBV Nr. 45 Abs. 2), gegebenenfalls ergänzend zu der von seinem Verteidiger verlesenen Erklärung. Auch insoweit gilt jedoch der Grundsatz der freien richterlichen Überzeugungsbildung. Bei Geständnissen, die auf Verfahrensabsprachen beruhen, muss diese aber in ihren Grundlagen und deren Darstellung in den Urteilsgründen besonderen Anforderungen genügen (vgl. BGHSt 50, 40, 49; BGH NJW 2007, 2424; BGH, Beschl. vom 13. Juni 2007 - 3 StR 162/07 - Rdn. 18).
17
Zu bemerken ist in diesem Zusammenhang, dass die Vereinbarung im Verfahren gegen den späteren Zeugen S. einer unzulässigen (vgl. BGHSt 50, 40, 50) Absprache über Elemente des Schuldspruchs (Erpressung, hier räuberische versuchte, aber versucht nur mangels Erlangung des Vermögensvorteils) zumindest sehr nahe kommt. Denn die dem Angeklagten in den Mund gelegte Formulierung „eine auf dem Rechtsweg meiner Ansicht nach nicht durchsetzbaren Geldforderung von mir gegen A. “ besagt noch nichts über die Rechtswidrigkeit des erstrebten Vermögensvorteils und den Vorstellungen des damaligen Angeklagten hierüber. Immerhin gab der Angeklagte T. , der in der Hauptverhandlung zur Sache schwieg, im Ermittlungsverfahren noch an (UA S. 10), S. habe ihm erzählt, der Geschädigte habe 39.000,-- € Schulden bei ihm. Den Vorschlag, dies gerichtlich geltend zu machen, habe er nur abgelehnt, weil dies zu zeitaufwändig sei. Für das jetzt der Revision zugrundeliegende Urteil ist das nicht von unmittelbarer Bedeutung. In diesem wird noch hinreichend deutlich festgestellt, dass S. einen rechtswidrigen Vermögensvorteil erstrebte.
18
Von Bedeutung in diesem Verfahren ist jedoch, dass dem Geständnis des S. der Sache nach eine verfahrensbeendende Absprache zu Lasten Dritter, auch des Beschwerdeführers L. , zugrunde lag. Der Senat hat in BGHSt 48, 161 entschieden, dass bei der Verurteilung eines Angeklagten aufgrund von Geständnissen der Mitangeklagten, die Gegenstand einer verfahrensbeendenden Absprache waren, die Glaubhaftigkeit dieser Geständnisse in einer für das Revisionsgericht nachprüfbaren Weise gewürdigt werden muss. Dazu gehören insbesondere das Zustandekommen und der Inhalt der Absprache. Denn bei dieser Sachlage besteht die Gefahr, dass die Mitangeklagten den Nichtgeständigen zu Unrecht belasten, weil sie sich dadurch für die eigene Verteidigung Vorteile versprechen. In einem solchen Fall hat der Tatrichter die Geständnisse der anderen Angeklagten kritisch zu würdigen (Kuckein/Pfister, FS aus Anlass des fünfzigjährigen Bestehens des BGH S. 641, 657 m.w.N.). Maßgeblich für die Bewertung ist die Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte der Geständnisse. Dies schließt auch das Zustandekommen, den Inhalt - einschließlich von der Staatsanwaltschaft zugesagter Einstellungen gemäß § 154 StPO - und gegebenenfalls das Scheitern einer verfahrensbeendenden Absprache mit ein. Nur so kann das Revisionsgericht überprüfen, dass sich die geständigen Angeklagten durch ein Geständnis gegen die Zusage einer - im Einzelfall nicht schuldangemessenen - Strafe nicht nur eigene Vorteile verschafft, sondern sich auch zutreffend eingelassen haben. Für den hier vorliegenden Fall, dass der geständige frühere Mitangeklagte nach rechtskräftigem Abschluss seines Verfahrens als Zeuge gehört wird, gilt nichts anderes. Im vorlie- genden Fall kommt die Zusage der Staatsanwaltschaft zur Einstellung eines weiteren - drohenden - Ermittlungsverfahrens gemäß § 154 StPO hinzu.
19
Nach den Gründen des angefochtenen Urteils kommt den Angaben des Zeugen S. insbesondere im Hinblick auf die Hintergründe der Tat und deren Vorgeschichte ausschlaggebende Bedeutung zu. Andere indizielle Tatsachen , wie etwa Passagen aus der Telefonüberwachung, hat die Strafkammer zum Teil erst vor dem Hintergrund seiner Angaben bewerten können (vgl. UA S. 10 unten).
20
Der Senat vermag deshalb nicht auszuschließen, dass das Urteil auch gegen den Angeklagten L. auf der lückenhaften Erörterung des Hintergrunds des „Geständnisses“ des S. in dem gegen ihn gerichteten Verfahren und damit der lückenhaften Bewertung seiner Angaben als Zeuge in diesem Verfahren beruht.
21
Die Sache bedarf daher schon deshalb neuer Verhandlung und Entscheidung. Auf die übrigen Rügen kommt es daher nicht mehr an. Nack Wahl Kolz Hebenstreit Graf
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
___________________
Bei der Verurteilung eines Angeklagten aufgrund von Geständnissen der Mitangeklagten
, die Gegenstand einer verfahrensbeendenden Absprache sind,
muß die Glaubhaftigkeit dieser Geständnisse in einer für das Revisionsgericht
nachprüfbaren Weise gewürdigt werden. Dazu gehören insbesondere das Zustandekommen
und der Inhalt der Absprache.
BGH, Beschluß vom 15. Januar 2003 - 1 StR 464/02 - LG München I

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 464/02
vom
15. Januar 2003
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zur Untreue
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. Januar 2003 gemäß
§ 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten E. wird das Urteil des Landgerichts München I vom 10. April 2002, soweit es ihn betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als Wirtschaftsstrafkammer zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


Dem Angeklagten E. liegt zur Last, den Mitangeklagten F. und Z. bei Untreuehandlungen zu Lasten der BBV-Immobilien-Fonds GmbH (im folgenden BBVI) im Zusammenhang mit der Errichtung des Gewerbe- und Dienstleistungszentrums in Clarenberg/Frechen Beihilfe geleistet zu haben. Das Landgericht hat deshalb den Angeklagten E. wegen Beihilfe zur Untreue zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt. Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe hat es zur Bewährung ausgesetzt. Den Mitangeklagten F. hat es wegen Untreue in drei Fällen unter Einbeziehung einer früheren Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und drei Monaten verurteilt. Der Mitangeklagte Z. ist wegen Untreue in vier Fällen zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt worden. Schließlich hat das Landgericht den Angeklagten S. wegen Beihilfe zur Untreue in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt, wobei es die Vollstreckung der Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt hat. Die drei Mitangeklagten F. , Z. und S. haben gegen das Urteil keine Rechtsmittel eingelegt. Der Angeklagte E. wendet sich gegen seine Verurteilung mit seiner auf Verfahrensrügen und die Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge Erfolg.

I.

Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen: 1. Die Mitangeklagten F. und Z. waren Geschäftsführer der BBVI, einer Tochter der Bayerischen Beamten- und Lebensversicherung AG (BBV). Geschäftszweck der BBVI war u.a. das Auflegen von geschlossenen Immobilienfonds. Mit dem Ziel, durch den Erwerb geeigneter Immobilienobjekte weitere Immobilienfonds aufzulegen, wurden zahlreiche Kommanditgesellschaften gegründet, deren Komplementärin die BBVI war. Kommanditisten dieser KG's waren in der Regel die Angeklagten F. und Z. . Im April 1994 schlossen der Angeklagte Z. für die BBVI und der anderweitig verfolgte M. einen Vertrag zur Gründung der BBV Immobilien -Fonds GmbH & Co Frechen KG (im folgenden Frechen KG). Aus dieser ging später der geschlossene BBVI-Immobilien-Fonds GmbH & Co. Nr. 16 KG hervor. An der Frechen KG war M. als Kommanditist mit einem Kapitalanteil von neun Zehntel beteiligt. Zwischen den Mitangeklagten Z. und F. und M. wurde vereinbart, daß dieser eine Abfin-
dung erhalten solle, wenn er als Kommanditist ausscheide. Von dem Abfindungsguthaben sollte aber ein Drittel an den Mitangeklagten Z. ausge- zahlt werden, der seinerseits diesen Betrag zur Hälfte mit dem Mitangeklagten F. teilen wollte. Im September 1994 schlossen die Angeklagten F. und Z. für die Frechen KG mit der Firma i. , Niederlassung Leverkusen, einen Generalunternehmervertrag für die schlüsselfertige Erstellung des Gewerbeparks Clarenberg/Frechen zum Pauschalfestpreis von Netto 44.900.000 DM. Niederlassungsleiter der Firma i. war in diesem Zeitraum der Angeklagte E. . Nach Beendigung der Bauarbeiten erstellte der Mitangeklagte S. für die Firma i. eine Rechnung vom 27. Juni 1995 mit einer vorläufigen Abrechnungssumme von 47.825.945,44 DM netto. In der Rechnung waren ergänzend zur Auftragssumme Mehr- und Minderkosten sowie Nachträge enthalten. Als sich herausstellte, daß die Abfindung für M. höher ausfallen würde als ursprünglich angenommen, vereinbarten die Mitangeklagten Z. und F. , den für die Abfindung erforderlichen Betrag, aber auch den eigenen Anteil daran, aus dem Gesellschaftsvermögen der BBVImmobilien -Fonds GmbH & Co. Frechen KG zu entnehmen und dies über die Firma i. abzuwickeln. Der Mitangeklagte Z. bat den Angeklagten E. , die Schlußrechnung mit einer Gesamtabrechnungssumme auszustellen, die ca. dreizehn Millionen DM höher liegen sollte als die Rechnung vom 27. Juni 1995. Der Angeklagte E. forderte den Mitangeklagten S. auf, sich Nachträge für tatsächlich nicht erbrachte Bauleistungen im Wert von ca. zwölf Millionen DM einfallen zu lassen. Er wies den Mitangeklagten S. darauf hin, diese Summe bliebe nicht bei der Firma i. und müsse noch mit der finanzierenden Bank der Frechen KG abgestimmt werden. Der Mitange-
klagte S. gab einem freien Mitarbeiter der Firma i. Hinweise, wie die Nachträge gestaltet werden sollten. Mit Fax-Schreiben vom 2. und 9. November 1995 (E. an Z. ) sowie vom 6. November 1995 (Z. an E. ) stimmten der Angeklagte E. und der Mitangeklagte Z. den Inhalt der Nachträge ab, um welche die ursprüngliche Rechnung für das Bauvorhaben Clarenberg/Frechen erhöht werden sollte. Der Angeklagte E. und der Mitangeklagte S. wußten, daß den Nachträgen keine tatsächlichen Bauleistungen bzw. berechtigte Mehrforderungen zugrunde lagen und nahmen daher in Kauf, daß der Mitangeklagte Z. dem Gesellschaftsvermögen der Frechen KG durch Zahlungsanweisungen auf eine überhöhte Schlußrechnung der Firma i. Nachteile zufügte. Die Firma i. erteilte der Frechen KG am 4. Dezember 1995 die Schlußrechnung für den Gewerbepark Clarenberg /Frechen über 60.680.148 DM netto zuzüglich 15 % Mehrwertsteuer. In der Schlußrechnung bestätigte er, die Firma i. habe bereits 63.020.000 DM Abschlagszahlungen inklusive der anteiligen Mehrwertsteuer erhalten. 2. Diese Feststellungen beruhen auf den Geständnissen der Mitangeklagten F. , Z. und S. . Hierzu ist in den Urteilsgründen folgendes ausgeführt:
a) Der Angeklagte F. erklärte, daß er prinzipiell im Sinne der Anklage schuldig sei, jedoch die Daten in der Anklageschrift von der Realität abwichen. Er ließ durch seinen Verteidiger eine schriftliche Erklärung vorlegen, in welcher von ihm eingeräumt wurde, kollusiv mit dem Mitangeklagten Z. zum eigenen Vorteil zusammengearbeitet zu haben. Die Abschöpfungssumme zu seinen Gunsten habe allenfalls sechs Millionen DM betragen. Er wolle aber aus prozeßökonomischen und familiären Gründen zu einer Abkürzung des Verfahrens beitragen.

b) Der Angeklagte Z. ließ durch seinen Verteidiger vortragen, daß die Anklage im Sinne eines Geständnisses richtig sei. De facto sei der Kaufpreis bei den einzelnen Objekten erhöht worden. Von den zurückgeflossenen Geldbeträgen habe er ca. elf Millionen DM behalten und ca. zehn Millionen an F. weitergegeben. Der Angeklagte Z. erklärte, daß das Vorbringen seines Verteidigers richtig sei.
c) Der Angeklagte S. ließ durch seinen Verteidiger eine schriftliche Stellungnahme als Einlassung verlesen und erklärte glaubhaft, die schriftliche Einlassung sei richtig. Zum Objekt Clarenberg gab er auch mündlich glaubhaft an, er sei für die technische und der Angeklagte E. die kaufmännische Abwicklung des Objekts verantwortlich gewesen. Er habe die Rechnung vom 27. Juni 1995 erstellt, die auch sein Diktatzeichen trage. In dieser Rechnung seien Mehrkosten bereits berücksichtigt worden. Der Angeklagte E. sei an ihn herangetreten und habe geäußert, er solle sich wegen der Nachträge etwas einfallen lassen. Er, S. , habe daraufhin mit dem freien Mitarbeiter gesprochen, in welcher Weise Nachträge dargestellt werden könnten.
d) Der Angeklagte E. ließ sich bezüglich des Objektes Clarenberg dahin ein, daß er von Z. angerufen und gebeten worden sei, Kosten einzurechnen, die bei diesem, Z. , angefallen, aber noch nicht erfaßt worden seien. Er habe vermutet, es handele sich um Nebenkosten. Der Angeklagte S. habe mit dem Architekten die Nachträge abgestimmt. Es sei ihm klargewesen, daß Nachträge in Höhe von zwölf Millionen DM in der Rechnung der Firma i. nichts zu suchen gehabt hätten. Er habe keine eigenen Vorteile gehabt.
e) Das Landgericht hat seine Überzeugung nicht auf die Einlassung des Angeklagten E. gestützt, denn es ist wörtlich ausgeführt: „Aufgrund der in-
soweit glaubhaften Angaben der Angeklagten Z. und S. bezüglich des Objekts Clarenberg und der verlesenen Schriftstücke (Rechnungen, FaxSchreiben , Kalkulationsnotizen, Verfügung vom 9. April 2001, Nr. 1 bis 12 als Anlage des Protokolls) ist das Gericht davon überzeugt, daß die Angeklagten E. und S. wußten, daß den Nachträgen in der Schlußrechnung vom 4. Dezember 1995 in Höhe von insgesamt zwölf Millionen DM keine äquivalenten Bauleistungen der Firma i. entgegenstanden und damit billigend in Kauf nahmen, daß die Geschäftsführer der BBVI-Nr. 16 KG das Gesellschaftsvermögen durch Zahlung der unberechtigten Nachforderungen schädigten. Der Angeklagte E. wußte, daß bereits in der Schlußrechnung vom 27. Juni 1995 Mehrkosten in Höhe von 2.491.000 DM netto berücksichtigt waren. Anhaltspunkte für weitere berechtigte Mehrkosten in Höhe von ca. zwölf Millionen DM hatte er nicht, als er den Mitangeklagten S. bat, sich Nachträge in entsprechender Höhe einfallen zu lassen“.

II.

Die Revision macht u.a. geltend, das Landgericht habe die Verurteilung des Angeklagten E. ohne weitere Beweisaufnahme allein auf die Geständnisse seiner Mitangeklagten gestützt. Weder im Hauptverhandlungsprotokoll noch in den Urteilsgründen sei dargelegt, daß diese Geständnisse aufgrund einer verfahrensbeendenden Absprache abgegeben worden seien, an der sich der Angeklagte E. nicht beteiligt habe. Die Strafkammer habe mehrere Verfahrensfehler begangen, weil die Absprache gegen die vom Bundesgerichtshof aufgestellten Maßstäbe für die Zulässigkeit von Absprachen im Strafverfahren verstoße. Das Urteil enthalte aber auch sachlich-rechtliche Darstellungsmängel. Der von der Strafkammer der Verurteilung des Angeklagten E. zugrunde
liegende Sachverhalt sei aufgrund der unzureichend dargelegten Beweiswürdigung einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht zugänglich. Der Beschwerdeführer trägt dazu - ohne daß die Staatsanwaltschaft dem in ihrer Gegenerklärung entgegen getreten ist - im einzelnen vor, es habe im Zwischenverfahren auf Betreiben der Strafkammer ein Gespräch zur Vorbereitung der Hauptverhandlung stattgefunden, an dem die drei Berufsrichter, von jedem Angeschuldigten zumindest ein Verteidiger sowie Vertreter der Staatsanwaltschaft teilnahmen. In diesem Gespräch hätten die Mitglieder der Kammer betont, sie wollten eine „schlanke“ Hauptverhandlung ohne zeitraubende Beweisaufnahme durchführen, die durch Geständnisse erheblich abgekürzt werden könnte. Die Berufsrichter hätten für den Fall von Geständnissen Strafhöchstgrenzen in Aussicht gestellt. Am ersten Hauptverhandlungstag sei die Sitzung unterbrochen worden, um zwischen den Berufsrichtern, den Schöffen, den Verteidigern sowie dem Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft im Beratungszimmer ein vertrauliches Gespräch zu führen. Von den Angeklagten habe an diesem Gespräch keiner teilgenommen. In diesem Gespräch sei erneut die Möglichkeit erörtert worden, auf die Beweiserhebung zu verzichten und statt dessen die Verurteilung lediglich auf geständige Einlassungen der Angeklagten sowie einige im Selbstleseverfahren einzuführende Urkunden zu stützen. Die Strafkammer habe ihre Erwartungen zum Strafmaß erneuert. Der Verteidiger des Angeklagten E. habe auch an diesem Gespräch teilgenommen, habe aber keine geständige Einlassung zugesagt. Der Inhalt der verfahrensbeendenden Absprache sei in öffentlicher Hauptverhandlung nicht wiederholt und auch im Sitzungsprotokoll nicht vermerkt worden.

III.


Es kann offen bleiben, ob der Strafkammer Verfahrensfehler unterlaufen sind, insbesondere, ob es eine mit den Grundsätzen von BGHSt 43, 195 ff nicht vereinbare verfahrensbeendende Absprache mit den Angeklagten F. , Z. und S. gegeben hat. Denn die Überprüfung des Urteils aufgrund der Sachrüge ergibt, daß die Beweiswürdigung lückenhaft ist. Sie besteht im wesentlichen aus der teilweisen Wiedergabe der von den Verteidigern verlesenen Erklärungen dieser drei Angeklagten. Die Strafkammer ist damit ihrer Pflicht nicht ausreichend nachgekommen, in den Urteilsgründen ihre Überzeugungsbildung darzulegen. Der Beschwerdeführer beanstandet mit Recht, es sei nicht nachzuvollziehen, weshalb die Strafkammer die Geständnisse der Mitangeklagten Z. und S. als glaubhaft bewertet und auch darauf ihre Überzeugung von der Beihilfehandlung des Angeklagten E. gestützt hat. Das Urteil kann deshalb, soweit es den Angeklagten E. betrifft, schon aufgrund dieses sachlich-rechtlichen Mangels keinen Bestand haben. 1. Für die Verwertung von Geständnissen als Grundlage einer Verurteilung gilt allgemein, daß der Tatrichter nicht gehindert ist, dem Geständnis eines Angeklagten Glauben zu schenken und seine Feststellungen darauf zu gründen, auch wenn dieser den Anklagevorwurf nur pauschal einräumt. Für die Bewertung eines Geständnisses gilt der Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung (BGHSt 39, 291, 303). Der Tatrichter muß, will er die Verurteilung des Angeklagten auf dessen Einlassung stützen, von deren Richtigkeit überzeugt sein. Wann und unter welchen Umständen er diese Überzeugung gewinnen darf oder nicht, kann ihm aber grundsätzlich nicht vorgeschrieben werden. Die Freiheit der tatrichterlichen Würdigung stößt aber dort auf Grenzen , wo der Angeklagte nicht etwa die Sachverhaltsannahmen der Anklage als richtig bestätigt, sondern sich vielmehr, ohne den Sachverhalt einzuräumen, auf eine Stellungnahme beschränkt, die gleichsam ein bloß prozessuales An-
erkenntnis oder eine nur formale Unterwerfung enthält (BGH NStZ 1999, 92 m. w. Nachw.). 2. Der Tatrichter ist auch nicht gehindert, ein Geständnis für glaubhaft zu halten, wenn der Angeklagte dieses erst ablegt, nachdem ihm für diesen Fall ein bestimmtes Strafmaß in Aussicht gestellt wird. Hier gilt folgendes:
a) Wie der Bundesgerichtshof bereits betont hat, darf eine Absprache über das Strafmaß nicht dazu führen, daß ein so zustande gekommenes Geständnis dem Schuldspruch zugrunde gelegt wird, ohne daß sich das Gericht von dessen Richtigkeit überzeugt. Das Gericht bleibt dem Gebot der Wahrheitsfindung verpflichtet. Das Geständnis muß daher auf seine Glaubhaftigkeit überprüft werden; sich hierzu aufdrängende Beweiserhebungen dürfen nicht unterbleiben (BGHSt 43, 195, 204 m. w. Nachw.).
b) Dies gilt um so mehr, wenn sich das Strafverfahren gegen mehrere Angeklagte richtet, von denen nicht alle ein Geständnis ablegen. Bei der Verurteilung eines Angeklagten aufgrund von Geständnissen der Mitangeklagten, die Gegenstand einer verfahrensbeendenden Absprache sind, muß die Glaubhaftigkeit dieser Geständnisse in einer für das Revisionsgericht nachprüfbaren Weise gewürdigt werden. Dazu gehören insbesondere das Zustandekommen und der Inhalt der Absprache. Denn bei dieser Sachlage besteht unter anderem die Gefahr, daß die Mitangeklagten den Nichtgeständigen zu Unrecht belasten , weil sie sich dadurch für die eigene Verteidigung Vorteile versprechen. Dieses Problem besteht überall dort, wo "Aufklärungsgehilfen" Vorteile gewährt werden, etwa bei der Kronzeugenregelung oder der Strafmilderung nach § 31 BtMG. In einem solchen Fall ist das Gericht zum einen zu besonderer Rücksichtnahme auf die Verteidigungsinteressen des nicht geständigen Angeklagten verpflichtet, zum anderen hat der Tatrichter die Geständnisse der anderen
Angeklagten kritisch zu würdigen (so zutreffend Kuckein/Pfister, FS aus Anlaß des fünfzigjährigen Bestehens des BGH S. 641, 657 m. w. Nachw.). Maßgeblich für die Bewertung ist die Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte der Geständnisse. Dies schließt auch das Zustandekommen, den Inhalt und gegebenenfalls das Scheitern einer verfahrensbeendenden Absprache mit ein. Nur so kann das Revisionsgericht überprüfen, daß sich die geständigen Angeklagten durch ein Geständnis gegen die Zusage einer - im Einzelfall nicht schuldangemessenen - Strafe nicht nur eigene Vorteile verschafft, sondern sich auch zu Lasten des nicht geständigen Angeklagten eingelassen haben. Fehlen solche Darlegungen in den Urteilsgründen, so kann dies ein sachlich-rechtlicher Fehler sein. Dessen ungeachtet bleibt es bei der Verpflichtung, die Absprache in die Hauptverhandlung einzuführen und im Hauptverhandlungsprotokoll festzuhalten (BGHSt 43, 195, 205f.). 3. Hier lassen die Urteilsgründe besorgen, daß es sich bei den Mitangeklagten F. , Z. und S. um nur pauschale "Geständnisse" aufgrund einer nicht offengelegten verfahrensbeendenden Absprache gehandelt hat. Darin liegt hier ein durchgreifender Erörterungsmangel.
a) Zwar haben sich von vier Angeklagten drei "im Sinne der Anklage für schuldig erklärt". Der Angeklagte F. hat sich aber lediglich "prinzipiell" im Sinne der Anklageschrift für schuldig erklärt. Seiner einschränkenden Aussage, die "Abschöpfungssumme zu seinen Gunsten" habe allenfalls sechs Millionen DM betragen, ist die Strafkammer nicht näher nachgegangen. Denn nach der Einlassung des Angeklagten Z. hat dieser von den zurückgeflossenen zwölf Millionen ca. zehn Millionen an F. weitergeleitet. Die Erklärung des Angeklagten F. , er wolle aus familiären Gründen zur Abkürzung der Beweisaufnahme beitragen, läßt besorgen, die Verfahrensbeteiligten hätten sich
nach der Abgabe der Erklärungen der Verteidiger um eine nähere Aufklärung des Sachverhalts nicht mehr bemüht, um die angesichts der angerichteten Schäden und der einzubeziehenden Verurteilung kaum noch angemessene, aber möglicherweise vorher zugesagte Gesamtstrafe, nicht zu gefährden. Soweit das Geständnis des Angeklagten Z. mitgeteilt wird, verteidigt sich dieser damit, er habe den größten Teil der veruntreuten Gelder an den Angeklagten F. weitergeleitet. So bleibt letztlich offen, welchen Tatbeitrag und welchen persönlichen Vorteil die Strafkammer der von ihr festgesetzten Strafe zugrunde gelegt hat. Zu dem Tatvorwurf der Beihilfe des Angeklagten E. enthält das mitgeteilte Geständnis keinerlei Ausführungen. Auch dies läßt besorgen, daß die Strafkammer sich hinsichtlich der Beihilfehandlung des Angeklagten E. maßgeblich auf das in eigener Sache abgegebene Geständnis des Angeklagten Z. gestützt hat und eine weitere Prüfung des den Angeklagten E. betreffenden Sachverhalts nicht erfolgt ist.
b) Das Geständnis des Angeklagten S. sowie dessen zusätzliche mündliche Einlassung enthalten lediglich Ausführungen dazu, daß der Angeklagte E. an ihn herangetreten sei und geäußert habe, er solle sich wegen der Nachträge etwas einfallen lassen. Zu dem Widerspruch gegenüber der Einlassung des Angeklagten E. , er habe vermutet, es handele sich um Nebenkosten , die beim Angeklagten Z. angefallen seien, ist dem Geständnis des Angeklagten S. nichts zu entnehmen. 4. Ein Beruhen des Urteils auf der Beweiswürdigungslücke kann der Senat nicht ausschließen, auch wenn der Angeklagte E. angegeben hat, ihm sei klar gewesen, daß die Nachträge in Höhe von zwölf Millionen DM in der Rechnung der Firma i. „nichts zu suchen gehabt“ hätten. Dies läßt sich jedenfalls nicht ohne weiteres als uneingeschränktes eigenes Geständnis die-
ses Angeklagten hinsichtlich seiner Beihilfe zur Untreue verstehen. Denn der Zusammenhang seiner Einlassung verdeutlicht, daß er zugleich von tatsächlich angefallenen Kosten ausging, die noch nicht erfaßt seien. Dem entspricht, daß die Strafkammer für das Wissen des Angeklagten E. um das Nichtvorhandensein „äquivalenter Bauleistungen“ in Höhe von zwölf Millionen DM nicht etwa auch auf dessen eigene Einlassung abhebt, sondern - neben Urkunden - auf die von ihr für glaubhaft erachteten Angaben der Mitangeklagten.
Der neue Tatrichter wird sich demnach gegebenenfalls näher mit der Einlassung des Angeklagten E. auseinandersetzen müssen. Will er diese - etwa auch nur teilweise - für widerlegt halten und sich dabei u.a. auf die Geständnisse von Mitangeklagten stützen, so müssen diese auch im Lichte ihres Zustandekommens gewürdigt werden.
Nack Boetticher Schluckebier Hebenstreit Elf

Das Gericht kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 des Strafgesetzbuches mildern oder, wenn der Täter keine Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren verwirkt hat, von Strafe absehen, wenn der Täter

1.
durch freiwilliges Offenbaren seines Wissens wesentlich dazu beigetragen hat, daß eine Straftat nach den §§ 29 bis 30a, die mit seiner Tat im Zusammenhang steht, aufgedeckt werden konnte, oder
2.
freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, daß eine Straftat nach § 29 Abs. 3, § 29a Abs. 1, § 30 Abs. 1, § 30a Abs. 1 die mit seiner Tat im Zusammenhang steht und von deren Planung er weiß, noch verhindert werden kann.
War der Täter an der Tat beteiligt, muss sich sein Beitrag zur Aufklärung nach Satz 1 Nummer 1 über den eigenen Tatbeitrag hinaus erstrecken. § 46b Abs. 2 und 3 des Strafgesetzbuches gilt entsprechend.

(1) Wenn der Täter einer Straftat, die mit einer im Mindestmaß erhöhten Freiheitsstrafe oder mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedroht ist,

1.
durch freiwilliges Offenbaren seines Wissens wesentlich dazu beigetragen hat, dass eine Tat nach § 100a Abs. 2 der Strafprozessordnung, die mit seiner Tat im Zusammenhang steht, aufgedeckt werden konnte, oder
2.
freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, dass eine Tat nach § 100a Abs. 2 der Strafprozessordnung, die mit seiner Tat im Zusammenhang steht und von deren Planung er weiß, noch verhindert werden kann,
kann das Gericht die Strafe nach § 49 Abs. 1 mildern, wobei an die Stelle ausschließlich angedrohter lebenslanger Freiheitsstrafe eine Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren tritt. Für die Einordnung als Straftat, die mit einer im Mindestmaß erhöhten Freiheitsstrafe bedroht ist, werden nur Schärfungen für besonders schwere Fälle und keine Milderungen berücksichtigt. War der Täter an der Tat beteiligt, muss sich sein Beitrag zur Aufklärung nach Satz 1 Nr. 1 über den eigenen Tatbeitrag hinaus erstrecken. Anstelle einer Milderung kann das Gericht von Strafe absehen, wenn die Straftat ausschließlich mit zeitiger Freiheitsstrafe bedroht ist und der Täter keine Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren verwirkt hat.

(2) Bei der Entscheidung nach Absatz 1 hat das Gericht insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die Art und den Umfang der offenbarten Tatsachen und deren Bedeutung für die Aufklärung oder Verhinderung der Tat, den Zeitpunkt der Offenbarung, das Ausmaß der Unterstützung der Strafverfolgungsbehörden durch den Täter und die Schwere der Tat, auf die sich seine Angaben beziehen, sowie
2.
das Verhältnis der in Nummer 1 genannten Umstände zur Schwere der Straftat und Schuld des Täters.

(3) Eine Milderung sowie das Absehen von Strafe nach Absatz 1 sind ausgeschlossen, wenn der Täter sein Wissen erst offenbart, nachdem die Eröffnung des Hauptverfahrens (§ 207 der Strafprozessordnung) gegen ihn beschlossen worden ist.