Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Jan. 2020 - 1 StR 471/19

bei uns veröffentlicht am29.01.2020
vorgehend

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 471/19
vom
29. Januar 2020
in der Strafsache
gegen
wegen bewaffneten Sichverschaffens von Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2020:290120B1STR471.19.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts am 29. Januar 2020 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten W. wird das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 3. Juni 2019, soweit es ihn betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine allgemeine Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit Sichverschaffen von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge mit Waffen zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren und drei Monaten verurteilt. Die nicht revidierenden Mitangeklagten C. , T. und B. hat es wegen derselben Taten (C. ), Beihilfe hierzu (T. ) bzw. wegen Raubes in Tateinheit mit Sichverschaffen von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (B. ) zu Jugendstrafen von zwei Jahren (C. ) bzw. einem Jahr (T. und B. ) verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Daneben hat das Landgericht gegen den Angeklagten und den Mitangeklagten

C.

die Einziehung des Wertes von Taterträgen in der Höhe von 700 Euro angeord-
net, wobei beide hierfür gesamtschuldnerisch haften. Die auf eine ausgeführte Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit es den Angeklagten betrifft.
2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts hatten der Angeklagte und die Mitangeklagten vereinbart, dem Geschädigten P. im Jugendtreff „ “ in N. bei einem Betäubungsmittelgeschäft über 150 g Marihuana die Betäubungsmittel ohne Bezahlung und zudem das von P. üblicherweise in einer Bauchtasche mitgeführte Bargeld wegzunehmen. Im Rahmen der Tatausführung zogen sowohl der Angeklagte als auch der Mitangeklagte C. jeweils ein Messer mit einer Klingenlänge von mindestens 9 cm, um den Tatplan umzusetzen. Nachdem sie P. gewaltsam festgehalten hatten und dabei auch in den Besitz der Bauchtasche mit 700 Euro Bargeld gelangt waren, ergriffen sie – der Angeklagte W. mit der Bauchtasche, der Mitangeklagte C. mit den 150 g Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von 5 % THC – die Flucht. Der Mitangeklagte T. half durch seine Anwesenheit, die Drohwirkung des Auftretens des Mitangeklagten C. und des Angeklagten gegenüber der Gruppe um P. zu verstärken.
3
Nachdem gegen P. und die von ihm benannten Zeugen Ermittlungsverfahren eingeleitet worden waren, machten sowohl P. als auch die zum Tathergang vernommenen Zeugen überwiegend von ihrem Auskunftsverweigerungsrecht gemäß § 55 StPO Gebrauch. Vom Tatgeschehen hat sich das Landgericht im Wesentlichen auf der Grundlage der insoweit deckungsgleichen Geständnisse der Mitangeklagten C. , T. und B. überzeugt. Im Hinblick auf deren Angaben hält das Landgericht die Einlassung des Angeklagten, er sei zwar am Tatort anwesend gewesen, habe aber weder selbst ein Messer mit sich geführt noch vom Messer des C. gewusst, für widerlegt. Dem Urteil lag eine Verständigung im Sinne von § 257c StPO mit den Mitangeklagten C. ,

T.

und B. zugrunde, deren Inhalt in den Urteilsgründen nicht mitgeteiltwird (UA S. 4).
4
2. Die Revision des Angeklagten hat Erfolg; die seinen Tatbeitrag betreffende Beweiswürdigung ist lückenhaft und hält deshalb sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
5
a) Sofern Inhalt und Begleitumstände einer Verständigung – wie etwa bei einer Verständigung mit einem Mitangeklagten – für die Beweiswürdigung relevant sein können, ergibt sich die Notwendigkeit einer Berücksichtigung in der Hauptverhandlung stattgefundener Verständigungsgespräche bereits aus § 261 StPO (BGH, Beschluss vom 6. März 2013 – 5 StR 423/12, BGHSt 58, 184 Rn. 14). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss deshalb bei der Verurteilung eines Angeklagten aufgrund von Geständnissen der Mitangeklagten , die Gegenstand einer verfahrensbeendenden Absprache waren, die Glaubhaftigkeit der Geständnisse in einer für das Revisionsgericht nachprüfbaren Weise gewürdigt werden. Dazu gehört insbesondere die Erörterung des Zustandekommens und des Inhalts der Absprache. Nur bei einer Darlegung der Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte des Geständnisses und des Inhalts der Absprache in den Urteilsgründen ist es dem Revisionsgericht möglich, die Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Angaben durch den Tatrichter auf Rechtsfehler zu überprüfen, insbesondere ob dem Tatrichter bewusst war, dass sich der geständige Angeklagte durch ein Nichtgeständige zu Unrecht belastendes Geständnis möglicherweise lediglich eigene Vorteile verschaffen wollte (BGH, Beschlüsse vom 15. Januar 2003 – 1 StR 464/02 Rn. 19, BGHSt 48, 161, 168; vom 8. Dezember 2005 – 4 StR 198/05 Rn. 50; vom 6. November 2007 – 1 StR 370/07, BGHSt 52, 78 Rn. 19; vom 6. März 2013 – 5 StR 423/12, BGHSt 58, 184 Rn. 14 f.).
6
b) Da das angefochtene Urteil lediglich den Umstand einer mit den Mitangeklagten getroffenen Verständigung im Sinne von § 257c StPO nennt, aber weder etwas vom Inhalt der Absprache mit den Mitangeklagten noch zu ihrem Zustandekommen mitteilt (UA S. 4), genügt die Beweiswürdigung den genannten Darlegungsanforderungen nicht und ist daher lückenhaft. Einer näheren Darlegung der Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte der Geständnisse hätte es schon deshalb bedurft, weil die Geständnisse der Mitangeklagten nur im Kerngeschehen übereinstimmend waren, insbesondere hinsichtlich der Verteilung der Beute jedoch voneinander abwichen (UA S. 15 f.).
7
Soweit die Revision beanstandet, der sich nicht aus den Urteilsgründen ergebende Umstand, dass die Verständigung mit den Mitangeklagten für den Fall eines Geständnisses jeweils Jugendstrafen mit Strafaussetzung zur Bewährung beinhaltete, sei im Rahmen der Beweiswürdigung nicht erörtert worden , liegt darin eine verfahrensrechtlich zulässig gerügte Verletzung des § 261 StPO in Form einer Inbegriffsrüge (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 6. März 2013 – 5 StR 423/12, BGHSt 58, 184 Rn. 14 f.), die aus den genannten Gründen ebenfalls durchgreifen würde.
8
c) Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Urteil zum Nachteil des Angeklagten auf der fehlerhaften Beweiswürdigung beruht. Zwar hat der Angeklagte hinsichtlich seiner Tatbeteiligung ein Teilgeständnis abgelegt. Jedoch hat das Landgericht die Überzeugung von der Verwendung eines Messers durch den Angeklagten, die dieser in Abrede gestellt hat, im Wesentlichen auf die Angaben der Mitangeklagten gestützt. Sowohl den Schuldspruch des besonders schweren Raubes (§ 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB) als auch denjenigen des Sichverschaffens von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge mit Waffen (§ 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG) hat das Landgericht mit dem Messereinsatz des Angeklagten begründet. Soweit das Landgericht seine Überzeugung von der Verwendung eines Messers ergänzend auch auf die Angaben des Geschädigten P. bei seiner Anzeigeerstattung gestützt hat, kann dies ein Beruhen des Urteils auf der lückenhaften Beweiswürdigung nicht ausschließen. Denn nach den Feststellungen des Landgerichts hatte P. , der in der Hauptverhandlung von seinem Auskunftsverweigerungsrecht gemäß § 55 StPO Gebrauch machte, bei der Anzeigeerstattung den Sachverhalt teilweise falsch dargestellt und – um sein eigenes Betäubungsmitteldelikt zu verschleiern – zudem verheimlicht, dass die Täter von ihm auch Drogen erbeutet hatten (UA S. 3 f.).
9
3. Der Senat hebt die Urteilsfeststellungen insgesamt auf, um dem neuen Tatrichter neue und widerspruchsfreie Feststellungen zu ermöglichen.
10
4. Die Sache ist an eine allgemeine Strafkammer und nicht an eine Jugendkammer zurückzuverweisen, weil sich das weitere Verfahren nur noch gegen einen Erwachsenen richtet (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Juli 2015 – 1 StR 16/15 Rn. 18 mwN).
Raum Jäger Cirener Fischer Hohoff
Vorinstanz:
Nürnberg-Fürth, LG, 03.06.2019 - 355 Js 18094/18jug JKIV KLs

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 261 Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung


Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

Strafgesetzbuch - StGB | § 250 Schwerer Raub


(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn 1. der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub a) eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,b) sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Wider

Strafprozeßordnung - StPO | § 257c Verständigung zwischen Gericht und Verfahrensbeteiligten


(1) Das Gericht kann sich in geeigneten Fällen mit den Verfahrensbeteiligten nach Maßgabe der folgenden Absätze über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens verständigen. § 244 Absatz 2 bleibt unberührt. (2) Gegenstand dieser Verstä

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 30a Straftaten


(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird bestraft, wer Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie ein- oder ausführt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande han

Strafprozeßordnung - StPO | § 55 Auskunftsverweigerungsrecht


(1) Jeder Zeuge kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihm selbst oder einem der in § 52 Abs. 1 bezeichneten Angehörigen die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden.

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Jeder Zeuge kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihm selbst oder einem der in § 52 Abs. 1 bezeichneten Angehörigen die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden.

(2) Der Zeuge ist über sein Recht zur Verweigerung der Auskunft zu belehren.

(1) Das Gericht kann sich in geeigneten Fällen mit den Verfahrensbeteiligten nach Maßgabe der folgenden Absätze über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens verständigen. § 244 Absatz 2 bleibt unberührt.

(2) Gegenstand dieser Verständigung dürfen nur die Rechtsfolgen sein, die Inhalt des Urteils und der dazugehörigen Beschlüsse sein können, sonstige verfahrensbezogene Maßnahmen im zugrundeliegenden Erkenntnisverfahren sowie das Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten. Bestandteil jeder Verständigung soll ein Geständnis sein. Der Schuldspruch sowie Maßregeln der Besserung und Sicherung dürfen nicht Gegenstand einer Verständigung sein.

(3) Das Gericht gibt bekannt, welchen Inhalt die Verständigung haben könnte. Es kann dabei unter freier Würdigung aller Umstände des Falles sowie der allgemeinen Strafzumessungserwägungen auch eine Ober- und Untergrenze der Strafe angeben. Die Verfahrensbeteiligten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Verständigung kommt zustande, wenn Angeklagter und Staatsanwaltschaft dem Vorschlag des Gerichtes zustimmen.

(4) Die Bindung des Gerichtes an eine Verständigung entfällt, wenn rechtlich oder tatsächlich bedeutsame Umstände übersehen worden sind oder sich neu ergeben haben und das Gericht deswegen zu der Überzeugung gelangt, dass der in Aussicht gestellte Strafrahmen nicht mehr tat- oder schuldangemessen ist. Gleiches gilt, wenn das weitere Prozessverhalten des Angeklagten nicht dem Verhalten entspricht, das der Prognose des Gerichtes zugrunde gelegt worden ist. Das Geständnis des Angeklagten darf in diesen Fällen nicht verwertet werden. Das Gericht hat eine Abweichung unverzüglich mitzuteilen.

(5) Der Angeklagte ist über die Voraussetzungen und Folgen einer Abweichung des Gerichtes von dem in Aussicht gestellten Ergebnis nach Absatz 4 zu belehren.

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

14
Sofern Inhalt und Begleitumstände einer Verständigung – wie etwa bei einer Verständigung mit einem Mitangeklagten – für die Beweiswürdigung relevant sein können, ergibt sich die Notwendigkeit einer Berücksichtigung in der Hauptverhandlung stattgefundener Verständigungsgespräche bereits aus § 261 StPO. Fehlt es an einer entsprechenden Erörterung in den Urteilsgründen , ist demgemäß die Inbegriffsrüge eröffnet. Finden Verständigungsbemühungen außerhalb der Hauptverhandlung statt und werden diese trotz sich aufdrängender Relevanz für die Beweisführung nicht in die Beweisaufnahme eingeführt, kann dies mit der Aufklärungsrüge gemäß § 244 Abs. 2 StPO geltend gemacht werden. Die Vorschrift des § 267 Abs. 3 Satz 5 StPO wäre für den revisionsrechtlichen Schutz eines Angeklagten, der von einem Mitbeschuldigten im Rahmen einer mit diesem getroffenen Verfahrensabsprache belastet wird, mangels Anwendbarkeit der Norm auf Fälle gesonderter Aburteilung des von der Absprache betroffenen Mittäters von vornherein nur eingeschränkt geeignet.
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
___________________
Bei der Verurteilung eines Angeklagten aufgrund von Geständnissen der Mitangeklagten
, die Gegenstand einer verfahrensbeendenden Absprache sind,
muß die Glaubhaftigkeit dieser Geständnisse in einer für das Revisionsgericht
nachprüfbaren Weise gewürdigt werden. Dazu gehören insbesondere das Zustandekommen
und der Inhalt der Absprache.
BGH, Beschluß vom 15. Januar 2003 - 1 StR 464/02 - LG München I

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 464/02
vom
15. Januar 2003
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zur Untreue
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. Januar 2003 gemäß
§ 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten E. wird das Urteil des Landgerichts München I vom 10. April 2002, soweit es ihn betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als Wirtschaftsstrafkammer zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


Dem Angeklagten E. liegt zur Last, den Mitangeklagten F. und Z. bei Untreuehandlungen zu Lasten der BBV-Immobilien-Fonds GmbH (im folgenden BBVI) im Zusammenhang mit der Errichtung des Gewerbe- und Dienstleistungszentrums in Clarenberg/Frechen Beihilfe geleistet zu haben. Das Landgericht hat deshalb den Angeklagten E. wegen Beihilfe zur Untreue zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt. Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe hat es zur Bewährung ausgesetzt. Den Mitangeklagten F. hat es wegen Untreue in drei Fällen unter Einbeziehung einer früheren Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und drei Monaten verurteilt. Der Mitangeklagte Z. ist wegen Untreue in vier Fällen zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt worden. Schließlich hat das Landgericht den Angeklagten S. wegen Beihilfe zur Untreue in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt, wobei es die Vollstreckung der Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt hat. Die drei Mitangeklagten F. , Z. und S. haben gegen das Urteil keine Rechtsmittel eingelegt. Der Angeklagte E. wendet sich gegen seine Verurteilung mit seiner auf Verfahrensrügen und die Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge Erfolg.

I.

Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen: 1. Die Mitangeklagten F. und Z. waren Geschäftsführer der BBVI, einer Tochter der Bayerischen Beamten- und Lebensversicherung AG (BBV). Geschäftszweck der BBVI war u.a. das Auflegen von geschlossenen Immobilienfonds. Mit dem Ziel, durch den Erwerb geeigneter Immobilienobjekte weitere Immobilienfonds aufzulegen, wurden zahlreiche Kommanditgesellschaften gegründet, deren Komplementärin die BBVI war. Kommanditisten dieser KG's waren in der Regel die Angeklagten F. und Z. . Im April 1994 schlossen der Angeklagte Z. für die BBVI und der anderweitig verfolgte M. einen Vertrag zur Gründung der BBV Immobilien -Fonds GmbH & Co Frechen KG (im folgenden Frechen KG). Aus dieser ging später der geschlossene BBVI-Immobilien-Fonds GmbH & Co. Nr. 16 KG hervor. An der Frechen KG war M. als Kommanditist mit einem Kapitalanteil von neun Zehntel beteiligt. Zwischen den Mitangeklagten Z. und F. und M. wurde vereinbart, daß dieser eine Abfin-
dung erhalten solle, wenn er als Kommanditist ausscheide. Von dem Abfindungsguthaben sollte aber ein Drittel an den Mitangeklagten Z. ausge- zahlt werden, der seinerseits diesen Betrag zur Hälfte mit dem Mitangeklagten F. teilen wollte. Im September 1994 schlossen die Angeklagten F. und Z. für die Frechen KG mit der Firma i. , Niederlassung Leverkusen, einen Generalunternehmervertrag für die schlüsselfertige Erstellung des Gewerbeparks Clarenberg/Frechen zum Pauschalfestpreis von Netto 44.900.000 DM. Niederlassungsleiter der Firma i. war in diesem Zeitraum der Angeklagte E. . Nach Beendigung der Bauarbeiten erstellte der Mitangeklagte S. für die Firma i. eine Rechnung vom 27. Juni 1995 mit einer vorläufigen Abrechnungssumme von 47.825.945,44 DM netto. In der Rechnung waren ergänzend zur Auftragssumme Mehr- und Minderkosten sowie Nachträge enthalten. Als sich herausstellte, daß die Abfindung für M. höher ausfallen würde als ursprünglich angenommen, vereinbarten die Mitangeklagten Z. und F. , den für die Abfindung erforderlichen Betrag, aber auch den eigenen Anteil daran, aus dem Gesellschaftsvermögen der BBVImmobilien -Fonds GmbH & Co. Frechen KG zu entnehmen und dies über die Firma i. abzuwickeln. Der Mitangeklagte Z. bat den Angeklagten E. , die Schlußrechnung mit einer Gesamtabrechnungssumme auszustellen, die ca. dreizehn Millionen DM höher liegen sollte als die Rechnung vom 27. Juni 1995. Der Angeklagte E. forderte den Mitangeklagten S. auf, sich Nachträge für tatsächlich nicht erbrachte Bauleistungen im Wert von ca. zwölf Millionen DM einfallen zu lassen. Er wies den Mitangeklagten S. darauf hin, diese Summe bliebe nicht bei der Firma i. und müsse noch mit der finanzierenden Bank der Frechen KG abgestimmt werden. Der Mitange-
klagte S. gab einem freien Mitarbeiter der Firma i. Hinweise, wie die Nachträge gestaltet werden sollten. Mit Fax-Schreiben vom 2. und 9. November 1995 (E. an Z. ) sowie vom 6. November 1995 (Z. an E. ) stimmten der Angeklagte E. und der Mitangeklagte Z. den Inhalt der Nachträge ab, um welche die ursprüngliche Rechnung für das Bauvorhaben Clarenberg/Frechen erhöht werden sollte. Der Angeklagte E. und der Mitangeklagte S. wußten, daß den Nachträgen keine tatsächlichen Bauleistungen bzw. berechtigte Mehrforderungen zugrunde lagen und nahmen daher in Kauf, daß der Mitangeklagte Z. dem Gesellschaftsvermögen der Frechen KG durch Zahlungsanweisungen auf eine überhöhte Schlußrechnung der Firma i. Nachteile zufügte. Die Firma i. erteilte der Frechen KG am 4. Dezember 1995 die Schlußrechnung für den Gewerbepark Clarenberg /Frechen über 60.680.148 DM netto zuzüglich 15 % Mehrwertsteuer. In der Schlußrechnung bestätigte er, die Firma i. habe bereits 63.020.000 DM Abschlagszahlungen inklusive der anteiligen Mehrwertsteuer erhalten. 2. Diese Feststellungen beruhen auf den Geständnissen der Mitangeklagten F. , Z. und S. . Hierzu ist in den Urteilsgründen folgendes ausgeführt:
a) Der Angeklagte F. erklärte, daß er prinzipiell im Sinne der Anklage schuldig sei, jedoch die Daten in der Anklageschrift von der Realität abwichen. Er ließ durch seinen Verteidiger eine schriftliche Erklärung vorlegen, in welcher von ihm eingeräumt wurde, kollusiv mit dem Mitangeklagten Z. zum eigenen Vorteil zusammengearbeitet zu haben. Die Abschöpfungssumme zu seinen Gunsten habe allenfalls sechs Millionen DM betragen. Er wolle aber aus prozeßökonomischen und familiären Gründen zu einer Abkürzung des Verfahrens beitragen.

b) Der Angeklagte Z. ließ durch seinen Verteidiger vortragen, daß die Anklage im Sinne eines Geständnisses richtig sei. De facto sei der Kaufpreis bei den einzelnen Objekten erhöht worden. Von den zurückgeflossenen Geldbeträgen habe er ca. elf Millionen DM behalten und ca. zehn Millionen an F. weitergegeben. Der Angeklagte Z. erklärte, daß das Vorbringen seines Verteidigers richtig sei.
c) Der Angeklagte S. ließ durch seinen Verteidiger eine schriftliche Stellungnahme als Einlassung verlesen und erklärte glaubhaft, die schriftliche Einlassung sei richtig. Zum Objekt Clarenberg gab er auch mündlich glaubhaft an, er sei für die technische und der Angeklagte E. die kaufmännische Abwicklung des Objekts verantwortlich gewesen. Er habe die Rechnung vom 27. Juni 1995 erstellt, die auch sein Diktatzeichen trage. In dieser Rechnung seien Mehrkosten bereits berücksichtigt worden. Der Angeklagte E. sei an ihn herangetreten und habe geäußert, er solle sich wegen der Nachträge etwas einfallen lassen. Er, S. , habe daraufhin mit dem freien Mitarbeiter gesprochen, in welcher Weise Nachträge dargestellt werden könnten.
d) Der Angeklagte E. ließ sich bezüglich des Objektes Clarenberg dahin ein, daß er von Z. angerufen und gebeten worden sei, Kosten einzurechnen, die bei diesem, Z. , angefallen, aber noch nicht erfaßt worden seien. Er habe vermutet, es handele sich um Nebenkosten. Der Angeklagte S. habe mit dem Architekten die Nachträge abgestimmt. Es sei ihm klargewesen, daß Nachträge in Höhe von zwölf Millionen DM in der Rechnung der Firma i. nichts zu suchen gehabt hätten. Er habe keine eigenen Vorteile gehabt.
e) Das Landgericht hat seine Überzeugung nicht auf die Einlassung des Angeklagten E. gestützt, denn es ist wörtlich ausgeführt: „Aufgrund der in-
soweit glaubhaften Angaben der Angeklagten Z. und S. bezüglich des Objekts Clarenberg und der verlesenen Schriftstücke (Rechnungen, FaxSchreiben , Kalkulationsnotizen, Verfügung vom 9. April 2001, Nr. 1 bis 12 als Anlage des Protokolls) ist das Gericht davon überzeugt, daß die Angeklagten E. und S. wußten, daß den Nachträgen in der Schlußrechnung vom 4. Dezember 1995 in Höhe von insgesamt zwölf Millionen DM keine äquivalenten Bauleistungen der Firma i. entgegenstanden und damit billigend in Kauf nahmen, daß die Geschäftsführer der BBVI-Nr. 16 KG das Gesellschaftsvermögen durch Zahlung der unberechtigten Nachforderungen schädigten. Der Angeklagte E. wußte, daß bereits in der Schlußrechnung vom 27. Juni 1995 Mehrkosten in Höhe von 2.491.000 DM netto berücksichtigt waren. Anhaltspunkte für weitere berechtigte Mehrkosten in Höhe von ca. zwölf Millionen DM hatte er nicht, als er den Mitangeklagten S. bat, sich Nachträge in entsprechender Höhe einfallen zu lassen“.

II.

Die Revision macht u.a. geltend, das Landgericht habe die Verurteilung des Angeklagten E. ohne weitere Beweisaufnahme allein auf die Geständnisse seiner Mitangeklagten gestützt. Weder im Hauptverhandlungsprotokoll noch in den Urteilsgründen sei dargelegt, daß diese Geständnisse aufgrund einer verfahrensbeendenden Absprache abgegeben worden seien, an der sich der Angeklagte E. nicht beteiligt habe. Die Strafkammer habe mehrere Verfahrensfehler begangen, weil die Absprache gegen die vom Bundesgerichtshof aufgestellten Maßstäbe für die Zulässigkeit von Absprachen im Strafverfahren verstoße. Das Urteil enthalte aber auch sachlich-rechtliche Darstellungsmängel. Der von der Strafkammer der Verurteilung des Angeklagten E. zugrunde
liegende Sachverhalt sei aufgrund der unzureichend dargelegten Beweiswürdigung einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht zugänglich. Der Beschwerdeführer trägt dazu - ohne daß die Staatsanwaltschaft dem in ihrer Gegenerklärung entgegen getreten ist - im einzelnen vor, es habe im Zwischenverfahren auf Betreiben der Strafkammer ein Gespräch zur Vorbereitung der Hauptverhandlung stattgefunden, an dem die drei Berufsrichter, von jedem Angeschuldigten zumindest ein Verteidiger sowie Vertreter der Staatsanwaltschaft teilnahmen. In diesem Gespräch hätten die Mitglieder der Kammer betont, sie wollten eine „schlanke“ Hauptverhandlung ohne zeitraubende Beweisaufnahme durchführen, die durch Geständnisse erheblich abgekürzt werden könnte. Die Berufsrichter hätten für den Fall von Geständnissen Strafhöchstgrenzen in Aussicht gestellt. Am ersten Hauptverhandlungstag sei die Sitzung unterbrochen worden, um zwischen den Berufsrichtern, den Schöffen, den Verteidigern sowie dem Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft im Beratungszimmer ein vertrauliches Gespräch zu führen. Von den Angeklagten habe an diesem Gespräch keiner teilgenommen. In diesem Gespräch sei erneut die Möglichkeit erörtert worden, auf die Beweiserhebung zu verzichten und statt dessen die Verurteilung lediglich auf geständige Einlassungen der Angeklagten sowie einige im Selbstleseverfahren einzuführende Urkunden zu stützen. Die Strafkammer habe ihre Erwartungen zum Strafmaß erneuert. Der Verteidiger des Angeklagten E. habe auch an diesem Gespräch teilgenommen, habe aber keine geständige Einlassung zugesagt. Der Inhalt der verfahrensbeendenden Absprache sei in öffentlicher Hauptverhandlung nicht wiederholt und auch im Sitzungsprotokoll nicht vermerkt worden.

III.


Es kann offen bleiben, ob der Strafkammer Verfahrensfehler unterlaufen sind, insbesondere, ob es eine mit den Grundsätzen von BGHSt 43, 195 ff nicht vereinbare verfahrensbeendende Absprache mit den Angeklagten F. , Z. und S. gegeben hat. Denn die Überprüfung des Urteils aufgrund der Sachrüge ergibt, daß die Beweiswürdigung lückenhaft ist. Sie besteht im wesentlichen aus der teilweisen Wiedergabe der von den Verteidigern verlesenen Erklärungen dieser drei Angeklagten. Die Strafkammer ist damit ihrer Pflicht nicht ausreichend nachgekommen, in den Urteilsgründen ihre Überzeugungsbildung darzulegen. Der Beschwerdeführer beanstandet mit Recht, es sei nicht nachzuvollziehen, weshalb die Strafkammer die Geständnisse der Mitangeklagten Z. und S. als glaubhaft bewertet und auch darauf ihre Überzeugung von der Beihilfehandlung des Angeklagten E. gestützt hat. Das Urteil kann deshalb, soweit es den Angeklagten E. betrifft, schon aufgrund dieses sachlich-rechtlichen Mangels keinen Bestand haben. 1. Für die Verwertung von Geständnissen als Grundlage einer Verurteilung gilt allgemein, daß der Tatrichter nicht gehindert ist, dem Geständnis eines Angeklagten Glauben zu schenken und seine Feststellungen darauf zu gründen, auch wenn dieser den Anklagevorwurf nur pauschal einräumt. Für die Bewertung eines Geständnisses gilt der Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung (BGHSt 39, 291, 303). Der Tatrichter muß, will er die Verurteilung des Angeklagten auf dessen Einlassung stützen, von deren Richtigkeit überzeugt sein. Wann und unter welchen Umständen er diese Überzeugung gewinnen darf oder nicht, kann ihm aber grundsätzlich nicht vorgeschrieben werden. Die Freiheit der tatrichterlichen Würdigung stößt aber dort auf Grenzen , wo der Angeklagte nicht etwa die Sachverhaltsannahmen der Anklage als richtig bestätigt, sondern sich vielmehr, ohne den Sachverhalt einzuräumen, auf eine Stellungnahme beschränkt, die gleichsam ein bloß prozessuales An-
erkenntnis oder eine nur formale Unterwerfung enthält (BGH NStZ 1999, 92 m. w. Nachw.). 2. Der Tatrichter ist auch nicht gehindert, ein Geständnis für glaubhaft zu halten, wenn der Angeklagte dieses erst ablegt, nachdem ihm für diesen Fall ein bestimmtes Strafmaß in Aussicht gestellt wird. Hier gilt folgendes:
a) Wie der Bundesgerichtshof bereits betont hat, darf eine Absprache über das Strafmaß nicht dazu führen, daß ein so zustande gekommenes Geständnis dem Schuldspruch zugrunde gelegt wird, ohne daß sich das Gericht von dessen Richtigkeit überzeugt. Das Gericht bleibt dem Gebot der Wahrheitsfindung verpflichtet. Das Geständnis muß daher auf seine Glaubhaftigkeit überprüft werden; sich hierzu aufdrängende Beweiserhebungen dürfen nicht unterbleiben (BGHSt 43, 195, 204 m. w. Nachw.).
b) Dies gilt um so mehr, wenn sich das Strafverfahren gegen mehrere Angeklagte richtet, von denen nicht alle ein Geständnis ablegen. Bei der Verurteilung eines Angeklagten aufgrund von Geständnissen der Mitangeklagten, die Gegenstand einer verfahrensbeendenden Absprache sind, muß die Glaubhaftigkeit dieser Geständnisse in einer für das Revisionsgericht nachprüfbaren Weise gewürdigt werden. Dazu gehören insbesondere das Zustandekommen und der Inhalt der Absprache. Denn bei dieser Sachlage besteht unter anderem die Gefahr, daß die Mitangeklagten den Nichtgeständigen zu Unrecht belasten , weil sie sich dadurch für die eigene Verteidigung Vorteile versprechen. Dieses Problem besteht überall dort, wo "Aufklärungsgehilfen" Vorteile gewährt werden, etwa bei der Kronzeugenregelung oder der Strafmilderung nach § 31 BtMG. In einem solchen Fall ist das Gericht zum einen zu besonderer Rücksichtnahme auf die Verteidigungsinteressen des nicht geständigen Angeklagten verpflichtet, zum anderen hat der Tatrichter die Geständnisse der anderen
Angeklagten kritisch zu würdigen (so zutreffend Kuckein/Pfister, FS aus Anlaß des fünfzigjährigen Bestehens des BGH S. 641, 657 m. w. Nachw.). Maßgeblich für die Bewertung ist die Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte der Geständnisse. Dies schließt auch das Zustandekommen, den Inhalt und gegebenenfalls das Scheitern einer verfahrensbeendenden Absprache mit ein. Nur so kann das Revisionsgericht überprüfen, daß sich die geständigen Angeklagten durch ein Geständnis gegen die Zusage einer - im Einzelfall nicht schuldangemessenen - Strafe nicht nur eigene Vorteile verschafft, sondern sich auch zu Lasten des nicht geständigen Angeklagten eingelassen haben. Fehlen solche Darlegungen in den Urteilsgründen, so kann dies ein sachlich-rechtlicher Fehler sein. Dessen ungeachtet bleibt es bei der Verpflichtung, die Absprache in die Hauptverhandlung einzuführen und im Hauptverhandlungsprotokoll festzuhalten (BGHSt 43, 195, 205f.). 3. Hier lassen die Urteilsgründe besorgen, daß es sich bei den Mitangeklagten F. , Z. und S. um nur pauschale "Geständnisse" aufgrund einer nicht offengelegten verfahrensbeendenden Absprache gehandelt hat. Darin liegt hier ein durchgreifender Erörterungsmangel.
a) Zwar haben sich von vier Angeklagten drei "im Sinne der Anklage für schuldig erklärt". Der Angeklagte F. hat sich aber lediglich "prinzipiell" im Sinne der Anklageschrift für schuldig erklärt. Seiner einschränkenden Aussage, die "Abschöpfungssumme zu seinen Gunsten" habe allenfalls sechs Millionen DM betragen, ist die Strafkammer nicht näher nachgegangen. Denn nach der Einlassung des Angeklagten Z. hat dieser von den zurückgeflossenen zwölf Millionen ca. zehn Millionen an F. weitergeleitet. Die Erklärung des Angeklagten F. , er wolle aus familiären Gründen zur Abkürzung der Beweisaufnahme beitragen, läßt besorgen, die Verfahrensbeteiligten hätten sich
nach der Abgabe der Erklärungen der Verteidiger um eine nähere Aufklärung des Sachverhalts nicht mehr bemüht, um die angesichts der angerichteten Schäden und der einzubeziehenden Verurteilung kaum noch angemessene, aber möglicherweise vorher zugesagte Gesamtstrafe, nicht zu gefährden. Soweit das Geständnis des Angeklagten Z. mitgeteilt wird, verteidigt sich dieser damit, er habe den größten Teil der veruntreuten Gelder an den Angeklagten F. weitergeleitet. So bleibt letztlich offen, welchen Tatbeitrag und welchen persönlichen Vorteil die Strafkammer der von ihr festgesetzten Strafe zugrunde gelegt hat. Zu dem Tatvorwurf der Beihilfe des Angeklagten E. enthält das mitgeteilte Geständnis keinerlei Ausführungen. Auch dies läßt besorgen, daß die Strafkammer sich hinsichtlich der Beihilfehandlung des Angeklagten E. maßgeblich auf das in eigener Sache abgegebene Geständnis des Angeklagten Z. gestützt hat und eine weitere Prüfung des den Angeklagten E. betreffenden Sachverhalts nicht erfolgt ist.
b) Das Geständnis des Angeklagten S. sowie dessen zusätzliche mündliche Einlassung enthalten lediglich Ausführungen dazu, daß der Angeklagte E. an ihn herangetreten sei und geäußert habe, er solle sich wegen der Nachträge etwas einfallen lassen. Zu dem Widerspruch gegenüber der Einlassung des Angeklagten E. , er habe vermutet, es handele sich um Nebenkosten , die beim Angeklagten Z. angefallen seien, ist dem Geständnis des Angeklagten S. nichts zu entnehmen. 4. Ein Beruhen des Urteils auf der Beweiswürdigungslücke kann der Senat nicht ausschließen, auch wenn der Angeklagte E. angegeben hat, ihm sei klar gewesen, daß die Nachträge in Höhe von zwölf Millionen DM in der Rechnung der Firma i. „nichts zu suchen gehabt“ hätten. Dies läßt sich jedenfalls nicht ohne weiteres als uneingeschränktes eigenes Geständnis die-
ses Angeklagten hinsichtlich seiner Beihilfe zur Untreue verstehen. Denn der Zusammenhang seiner Einlassung verdeutlicht, daß er zugleich von tatsächlich angefallenen Kosten ausging, die noch nicht erfaßt seien. Dem entspricht, daß die Strafkammer für das Wissen des Angeklagten E. um das Nichtvorhandensein „äquivalenter Bauleistungen“ in Höhe von zwölf Millionen DM nicht etwa auch auf dessen eigene Einlassung abhebt, sondern - neben Urkunden - auf die von ihr für glaubhaft erachteten Angaben der Mitangeklagten.
Der neue Tatrichter wird sich demnach gegebenenfalls näher mit der Einlassung des Angeklagten E. auseinandersetzen müssen. Will er diese - etwa auch nur teilweise - für widerlegt halten und sich dabei u.a. auf die Geständnisse von Mitangeklagten stützen, so müssen diese auch im Lichte ihres Zustandekommens gewürdigt werden.
Nack Boetticher Schluckebier Hebenstreit Elf
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bb) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss bei der Verurteilung eines Angeklagten aufgrund des Geständnisses eines Mitangeklagten , das Gegenstand einer verfahrensbeendenden Absprache ist, die Glaubhaftigkeit des Geständnisses in einer für das Revisionsgericht nachprüfbaren Weise gewürdigt werden. Dazu gehören insbesondere das Zustandekommen und der Inhalt der Absprache (BGHSt 48, 161, 168). Nur bei einer Darlegung der Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte des Geständnisses und des Inhalts der Absprache in den Urteilsgründen ist es dem Revisionsgericht möglich, die Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Angaben durch den Tatrichter auf Rechtsfehler zu überprüfen, insbesondere ob dem Tatrichter bewusst war, dass sich der geständige Angeklagte durch ein nicht Geständige zu Unrecht belastendes Geständnis möglicherweise lediglich eigene Vorteile verschaffen wollte.
19
Nach den Gründen des angefochtenen Urteils kommt den Angaben des Zeugen S. insbesondere im Hinblick auf die Hintergründe der Tat und deren Vorgeschichte ausschlaggebende Bedeutung zu. Andere indizielle Tatsachen , wie etwa Passagen aus der Telefonüberwachung, hat die Strafkammer zum Teil erst vor dem Hintergrund seiner Angaben bewerten können (vgl. UA S. 10 unten).
14
Sofern Inhalt und Begleitumstände einer Verständigung – wie etwa bei einer Verständigung mit einem Mitangeklagten – für die Beweiswürdigung relevant sein können, ergibt sich die Notwendigkeit einer Berücksichtigung in der Hauptverhandlung stattgefundener Verständigungsgespräche bereits aus § 261 StPO. Fehlt es an einer entsprechenden Erörterung in den Urteilsgründen , ist demgemäß die Inbegriffsrüge eröffnet. Finden Verständigungsbemühungen außerhalb der Hauptverhandlung statt und werden diese trotz sich aufdrängender Relevanz für die Beweisführung nicht in die Beweisaufnahme eingeführt, kann dies mit der Aufklärungsrüge gemäß § 244 Abs. 2 StPO geltend gemacht werden. Die Vorschrift des § 267 Abs. 3 Satz 5 StPO wäre für den revisionsrechtlichen Schutz eines Angeklagten, der von einem Mitbeschuldigten im Rahmen einer mit diesem getroffenen Verfahrensabsprache belastet wird, mangels Anwendbarkeit der Norm auf Fälle gesonderter Aburteilung des von der Absprache betroffenen Mittäters von vornherein nur eingeschränkt geeignet.

(1) Das Gericht kann sich in geeigneten Fällen mit den Verfahrensbeteiligten nach Maßgabe der folgenden Absätze über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens verständigen. § 244 Absatz 2 bleibt unberührt.

(2) Gegenstand dieser Verständigung dürfen nur die Rechtsfolgen sein, die Inhalt des Urteils und der dazugehörigen Beschlüsse sein können, sonstige verfahrensbezogene Maßnahmen im zugrundeliegenden Erkenntnisverfahren sowie das Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten. Bestandteil jeder Verständigung soll ein Geständnis sein. Der Schuldspruch sowie Maßregeln der Besserung und Sicherung dürfen nicht Gegenstand einer Verständigung sein.

(3) Das Gericht gibt bekannt, welchen Inhalt die Verständigung haben könnte. Es kann dabei unter freier Würdigung aller Umstände des Falles sowie der allgemeinen Strafzumessungserwägungen auch eine Ober- und Untergrenze der Strafe angeben. Die Verfahrensbeteiligten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Verständigung kommt zustande, wenn Angeklagter und Staatsanwaltschaft dem Vorschlag des Gerichtes zustimmen.

(4) Die Bindung des Gerichtes an eine Verständigung entfällt, wenn rechtlich oder tatsächlich bedeutsame Umstände übersehen worden sind oder sich neu ergeben haben und das Gericht deswegen zu der Überzeugung gelangt, dass der in Aussicht gestellte Strafrahmen nicht mehr tat- oder schuldangemessen ist. Gleiches gilt, wenn das weitere Prozessverhalten des Angeklagten nicht dem Verhalten entspricht, das der Prognose des Gerichtes zugrunde gelegt worden ist. Das Geständnis des Angeklagten darf in diesen Fällen nicht verwertet werden. Das Gericht hat eine Abweichung unverzüglich mitzuteilen.

(5) Der Angeklagte ist über die Voraussetzungen und Folgen einer Abweichung des Gerichtes von dem in Aussicht gestellten Ergebnis nach Absatz 4 zu belehren.

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

14
Sofern Inhalt und Begleitumstände einer Verständigung – wie etwa bei einer Verständigung mit einem Mitangeklagten – für die Beweiswürdigung relevant sein können, ergibt sich die Notwendigkeit einer Berücksichtigung in der Hauptverhandlung stattgefundener Verständigungsgespräche bereits aus § 261 StPO. Fehlt es an einer entsprechenden Erörterung in den Urteilsgründen , ist demgemäß die Inbegriffsrüge eröffnet. Finden Verständigungsbemühungen außerhalb der Hauptverhandlung statt und werden diese trotz sich aufdrängender Relevanz für die Beweisführung nicht in die Beweisaufnahme eingeführt, kann dies mit der Aufklärungsrüge gemäß § 244 Abs. 2 StPO geltend gemacht werden. Die Vorschrift des § 267 Abs. 3 Satz 5 StPO wäre für den revisionsrechtlichen Schutz eines Angeklagten, der von einem Mitbeschuldigten im Rahmen einer mit diesem getroffenen Verfahrensabsprache belastet wird, mangels Anwendbarkeit der Norm auf Fälle gesonderter Aburteilung des von der Absprache betroffenen Mittäters von vornherein nur eingeschränkt geeignet.

(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn

1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub
a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden,
c)
eine andere Person durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
2.
der Täter den Raub als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.

(2) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet,
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 eine Waffe bei sich führt oder
3.
eine andere Person
a)
bei der Tat körperlich schwer mißhandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird bestraft, wer Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie ein- oder ausführt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

(2) Ebenso wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 Jahre eine Person unter 18 Jahren bestimmt, mit Betäubungsmitteln unerlaubt Handel zu treiben, sie, ohne Handel zu treiben, einzuführen, auszuführen, zu veräußern, abzugeben oder sonst in den Verkehr zu bringen oder eine dieser Handlungen zu fördern, oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt oder sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt oder sich verschafft und dabei eine Schußwaffe oder sonstige Gegenstände mit sich führt, die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt sind.

(3) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.

(1) Jeder Zeuge kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihm selbst oder einem der in § 52 Abs. 1 bezeichneten Angehörigen die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden.

(2) Der Zeuge ist über sein Recht zur Verweigerung der Auskunft zu belehren.

18
Die Sache war an eine allgemeine Strafkammer und nicht an eine Jugendkammer zurückzuverweisen, weil sich das weitere Verfahren nur noch gegen den Erwachsenen richtet (vgl. u.a. BGH, Urteil vom 28. April 1988 - 4 StR 33/88, BGHSt 35, 267 f.).