Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Okt. 2007 - 5 StR 344/07

bei uns veröffentlicht am09.10.2007

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

5 StR 344/07

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 9. Oktober 2007
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. Oktober 2007

beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 6. März 2007 gemäß § 349 Abs. 4 StPO mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den die Tatvorwürfe bestreitenden Angeklagten wegen Vergewaltigung und wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Die dagegen gerichtete Revision greift mit einer Verfahrensrüge durch.
2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts beteiligte sich der Angeklagte – neben drei bisher unbekannt gebliebenen Mittätern – am 28. Februar 2006 an einem Überfall auf den ihm aus vorherigen Besuchen bekannten Bordellbetrieb „B. “ in Ra. .
3
Die den Tätern die Tür öffnende Zeugin M. , der Hausmeister und die Bordellbetreiberin wurden von den unbekannt gebliebenen Tätern durch Schläge und Tritte zum Teil schwer verletzt.
4
Der Angeklagte fesselte daran anschließend die Zeugin M. an den Händen. Er wollte ihr auch den Mund zukleben; er ließ jedoch davon ab, als ihm die Zeugin mit Zeichen bedeutete, sie werde nicht schreien. Der Angeklagte wandte sich sodann der lediglich mit einem String-Tanga und einem kurzen Kleid bekleideten, auf einem Barhocker sitzenden Nebenklägerin zu. Diese wehrte Annäherungsversuche des Angeklagten ab. Der Angeklagte griff an den linken Oberschenkel der Zeugin und spreizte – auch mit Einsatz seines Körpers – deren Beine weit auseinander. Schließlich schob er den Slip der Zeugin zur Seite und drang mit seinem Penis in die Scheide der Nebenklägerin ein. Auf Befehl eines Mittäters („S. njet“ UA S. 12) beendete der Angeklagte den Geschlechtsverkehr und beteiligte sich an der Zerstörung von Gläsern und Flaschen und der Mitnahme von Getränken durch die Mittäter.
5
Im Aufenthaltsraum wandte sich der Angeklagte vier dort auf dem Sofa sitzenden Prostituierten zu. Er küsste H. und Sch. ; letzterer fasste er auch in den Schritt. Der Angeklagte ließ erst auf Ermahnung des Anführers von den Frauen ab.
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2. Das Landgericht hat sich aufgrund der Zeugenaussage der Nebenklägerin von der Täterschaft des Angeklagten hinsichtlich der Vergewaltigung überzeugt. Die Zeugin habe das Wiedererkennen „mit dem auffälligen Hautbild und Rötungen und Narben, entscheidender mit dessen Augen“ und dem „von ihr als besonders empfundenen Blick“ (UA S. 15) begründet. Zudem habe der Kreislauf der Zeugin versagt, als sie bei einer Wahlgegenüberstellung im Polizeipräsidium Potsdam den Angeklagten erkannt habe (UA S. 16).
7
Von der Teilnahme des Angeklagten an dem Überfall im Übrigen hat sich das Landgericht durch weitere Zeugenaussagen überzeugt:
8
Die Zeugin M. habe den Angeklagten „eindeutig sowohl bei der Wahlgegenüberstellung als auch im Gerichtssaal“ als denjenigen er- kannt, der sie gefesselt habe und ihr den Mund habe zukleben wollen (UA S. 17). Die Zeugin W. habe bekundet, „sie sei sich zu 100 Prozent sicher“ , dass der Angeklagte bei dem Überfall dabei gewesen sei. Im Ermittlungsverfahren sei diese Zeugin allerdings „nicht 100%ig sicher“ gewesen, den Angeklagten auf ihr vorgelegten Bildern erkannt zu haben, indes habe „sie ihn im Gerichtssaal sofort erkannt“ und sei „durch diese Erkenntnis auch sichtlich betroffen“ gewesen. Die Zeugin G. habe bekundet, „sie sei sich fast sicher“, dass der Angeklagte die Zeuginnen H. und Sch. „betatscht“ hätte. Bei der Wahlgegenüberstellung habe sie gesagt, dass der Angeklagte dem Täter „sehr, sehr ähnele“ (UA S. 18).
9
Demgegenüber zeigte sich die Zeugin Sch. sicher, dass der Angeklagte nicht der Täter gewesen sei, der nach ihrem Eindruck jünger gewesen sei.
10
3. Die Revision trägt vor, dass bis zur Ablehnung eines die Ladung der Zeugin H. betreffenden Antrags im Wesentlichen Folgendes geschehen ist:
11
Die Zeugin wurde noch am Tattag von der Polizei vernommen und fertigte aus ihrer Erinnerung Phantombilder bezüglich des Anführers und des Täters, der sie geküsst hatte und vom Anführer S. genannt wurde. In einer späteren polizeilichen Vernehmung erklärte sie, das Phantombild des S. sei nicht so gut getroffen und „komme nicht wirklich hin“. Zur Frage eines möglichen Wiedererkennens sagte sie: „Wenn es ein Foto ist, denke ich, dass ich den S. wiedererkennen könnte.“ Im Anschluss an diese Vernehmung verzog die Zeugin nach Österreich. Auf ihr vom Landeskriminalamt Tirol vorgelegten 72 Lichtbildern – eines davon stellte den Angeklagten dar – erkannte sie den Angeklagten nicht. Die Zeugin H. nahm weder an der polizeilichen Wahlgegenüberstellung von 19. September 2006 noch an der nach Eröffnung des Hauptverfahrens von der Strafkammervorsitzenden angeordneten weiteren Wahlgegenüberstellung vom 25. Janu- ar 2007 teil. Die Zeugin wurde in Österreich zur Hauptverhandlung auf den 16. Februar 2007 geladen; sie erschien aber nicht. Nachdem Anregungen der Strafkammervorsitzenden, auf die Zeugin zu verzichten, erfolglos geblieben waren, kündigte die Vorsitzende den Erlass eines Ordnungsgeldbeschlusses an. Auf Vorschlag des Verteidigers telefonierte die Vorsitzende mit der Zeugin. Auch der an sie ergangene Hinweis, dass sie eine wichtige Zeugin sei, konnte sie nicht dazu umstimmen, zur Hauptverhandlung zu erscheinen.
12
4. Nach Verkündung eines Ordnungsgeldbeschlusses gegen die Zeugin hat der Verteidiger die Vernehmung der Zeugin „zum Beweis der Tatsache , dass der Angeklagte am 28. Februar 2006 nicht im B. war“, beantragt und zur Begründung ausgeführt: „Bei der Zeugin handelt es sich um eine Person, die am Tattag im B. anwesend war. Ihre Aussage ist zur Aufklärung des Sachverhalts daher unverzichtbar. (…) Die Kammer hat bislang nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft, die Zeugin dazu zu bewegen, vor Gericht zu erscheinen.“
13
Das Landgericht hat den Antrag wegen Unerreichbarkeit der Zeugin abgelehnt und weiter ausgeführt: „Eine kommissarische Vernehmung kommt nicht in Betracht, weil es darauf ankommt, ob sie den Angeklagten wiedererkennt. Im Übrigen ist auch nicht ersichtlich, warum sie bekunden soll, der Angeklagte sei nicht zur Tatzeit am Tatort gewesen. Insoweit handelt es sich um eine Behauptung ins Blaue hinein. Derartiges hat die Zeugin auch im Ermittlungsverfahren nicht geäußert.“
14
Die hierauf bezogene Verfahrensrüge greift durch.
15
a) Der Senat kann es dahingestellt sein lassen, ob die Verfahrensrüge die Voraussetzungen einer Beweisantragsrüge nach den von BGHSt 45, 188, 190 aufgestellten Grundsätzen erfüllt, soweit ein ausdrücklicher Antrag zur Durchführung einer Bild-Ton-Vernehmung nach § 247a Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz StPO i.V.m. Art. 10 Abs. 1 und 2 EuRhÜbK für nicht erforderlich gehalten wird. Der Senat neigt zu der Auffassung, dass es einem ausdrücklich zu formulierenden Begehren eines Beweisantragstellers obliegt, ob er sich nach Feststellung der Unerreichbarkeit eines Zeugen für dessen von ihm begehrte Vernehmung in der Hauptverhandlung mit dem bei einer BildTon -Übertragung gegebenen Defizit an Unmittelbarkeit (vgl. BGHSt 45, 188, 196) im Vergleich zur konfrontativen Vernehmung im Gerichtssaal begnügen möchte (vgl. BGHSt 22, 118, 122 zur Pflicht zur Befragung des Antragstellers , ob er sich mit einer kommissarischen Vernehmung begnügt; vgl. ferner BGHSt 46, 73, 78 zur Pflicht gemäß § 247a StPO nach Verlesung eines richterlichen Vernehmungsprotokolls bei – enger als in § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO auszulegender – Unerreichbarkeit des Zeugen nach § 251 StPO). Die Rüge greift jedenfalls als Aufklärungsrüge gemäß § 244 Abs. 2 StPO i.V.m. § 247a Satz 1 2. Halbsatz StPO, Art. 10 Abs. 1 und 2 EuRHÜbK durch.
16
aa) Die behauptete Beweistatsache ist genügend bestimmt (vgl. BGHR StPO § 344 Abs. 2 Satz 2 Aufklärungsrüge 6). Der Antrag auf Vernehmung der unter bekannter Adresse in Österreich wohnhaften Zeugin H. – eines bestimmten Beweismittels (vgl. BGHR aaO) – enthält die Behauptung mangelnder Personenidentität in dem Sinn, dass der Angeklagte nicht am Überfall auf den Bordellbetrieb beteiligt war. Dies stellt eine bestimmte Beweistatsache dar (vgl. BGH NStZ 2006, 585, 586; 2004, 99, 100; Gollwitzer in Löwe/Rosenberg, StPO 25. Aufl. § 244 Rdn. 17). Zwar hat der Verteidiger im Tenor seines Antrags vordergründig ein bloßes Beweisziel benannt (vgl. BGHSt 39, 251, 253 f.). Indes ergibt sich vorliegend aus der weiteren Begründung des Antrags, es handele sich um eine – im Übrigen auch nach Auffassung des Landgerichts im ablehnenden Beschluss unverzichtbare – Tat- und Wiedererkennungszeugin und diese Zeugin werde ihre notwendigerweise auf konkrete Körpermerkmale des ihr erinnerlichen Täters gestützte Erinnerungsleistung in einer Weise erbringen, die mit dem (damaligen ) Erscheinungsbild des Angeklagten nicht in Einklang zu bringen sei. Dies genügt in der hier vorliegenden, von gesteigertem Aufklärungsbedürfnis ge- kennzeichneten besonderen Beweissituation des eher komplexen und fehlerträchtigen Wiedererkennens eines Täters durch Zeugen (vgl. BVerfG – Kammer – NJW 2003, 2444, 2445; BGHR StPO § 261 Identifizierung 6; BGH, Urteil vom 17. Juli 2007 – 5 StR 186/07 Rdn. 20) den Anforderungen, die an eine bestimmte Beweisbehauptung zu stellen sind. Der Gegenstand der Zeugenaussage ist hier nämlich in einem solchen Maß auf die Wahrnehmung von dem Zeugenbeweis unmittelbar zugänglichen Wiedererkennungsmerkmalen ausgerichtet, dass deren konkretere Benennung nicht geboten ist, um das Aufklärungsbegehren näher zu präzisieren. Das Erfordernis der Konnexität liegt bei der hier auch gegebenen Opfereigenschaft der Zeugin auf der Hand (vgl. BGH NStZ 2006, 585, 586).
17
bb) Die Revision macht zu Recht geltend, das Landgericht hätte sich in Erfüllung seiner Aufklärungspflicht dazu gedrängt sehen müssen, die Tatund Wiedererkennungszeugin H. per Ton-Bild-Übertragung zu vernehmen. Die Aufklärungspflicht ist auch verletzt, wenn bei verständiger Würdigung der Sachlage durch den abwägenden Richter die Verwendung einer Aufklärungsmöglichkeit den Schuldvorwurf möglicherweise in Frage gestellt hätte (vgl. BGHR StPO § 244 Abs. 2 Umfang 1; BGH StV 2005, 253, 254). Dies ist bei den hier vorliegenden, nicht eindeutig übereinstimmenden, vom Landgericht zudem auch überwiegend nicht anhand konkreter Körpermerkmale dargelegten Wiedererkennungsleistungen der Zeuginnen der Fall. Das Landgericht konnte sich von seiner Aufklärungspflicht auch nicht mit der Hilfserwägung befreien, es handele sich um eine Behauptung ins Blaue hinein. Eine solche Bewertung ist angesichts des Umstandes, dass die Zeugin den Angeklagten auf Wahllichtbildern nicht erkannt hat und die Strafkammervorsitzende die Zeugin als wichtige Wiedererkennungszeugin betrachtet hat, nicht gerechtfertigt. Zudem liegt es in der Natur der Sache, dass ein Antragsteller die Aussagen der Zeugin im Vorhinein regelmäßig nicht kennt, sondern den behaupteten Inhalt lediglich für möglich hält (vgl. BGHSt 21, 118, 121, 125; BGH NStZ 2006, 585, 586).
18
b) Die Revision hat ferner dargelegt, dass eine audiovisuelle Vernehmung der Zeugin H. im Wege der Rechtshilfe möglich gewesen wäre. In der Republik Österreich ist das Übereinkommen vom 29. Mai 2000 über die Rechtshilfe in Strafsachen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EuRhÜbK) am 23. August 2005 in Kraft getreten (Schomburg /Gleß in Schomburg/Lagodny/Gleß/Hackner, Internationale Rechtshilfe in Strafsachen 4. Aufl. S. 999). Einer Bewilligung und Durchführung einer solchen in Artikel 10 Abs. 1 und 2 EuRhÜbK vorgesehenen Vernehmung hätten keine Hindernisse entgegengestanden, zumal § 247a Abs. 2 öStPO selbst die audiovisuelle Auslandsvernehmung von Zeugen durch österreichische Gerichte vorsieht (vgl. Kirchbacher in Fuchs/Ratz, Wiener Kommentar zur Strafprozessordnung 55. Lfg. § 247a Rdn. 6 f.).
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Eine Vernehmung der Zeugin H. durch eine Bild-Ton-Übertragung wäre trotz gewisser Einschränkungen der Unmittelbarkeit (vgl. BGHSt 45, 188, 196) auch nicht von vornherein ungeeignet gewesen, um eine Vernehmung über eine Täteridentifizierung durchzuführen, wobei der Zeugin Lichtbilder vom Angeklagten hätten vorgehalten werden können oder auch die Person des anwesenden Angeklagten im Wege der Videosimultanübertragung hätte gezeigt werden können.
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c) Der Vorschrift des § 247a Satz 2 StPO lässt sich keine Einschränkung für die hier zu beurteilende Nichtentscheidung über die Bewilligung der audiovisuellen Auslandsvernehmung entgegen bestehender Aufklärungspflicht entnehmen (vgl. auch BGHSt 45, 188, 197).
21
5. Auf die übrigen beachtlich erscheinenden Verfahrensrügen braucht der Senat nicht mehr einzugehen. Damit erheischt der Umstand keine Entscheidung , ob bei unterlassener Vereidigung von zwei Dolmetschern entgegen § 189 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 GVG Russischkenntnisse der Strafkammervorsitzenden , die den Dolmetschern freilich verborgen geblieben waren, zu einer Verneinung des Beruhens des Urteils auf diesem Rechtsfehler führen können (vgl. BGH NStZ 2005, 705, 706), was hier auch eine gewisse Konzentration der Strafkammervorsitzenden auf den schwierigen Übertragungsvorgang erfordert hätte.
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Sollte erneut ein – im Einzelnen zu begründender – Ausschluss des Angeklagten von der Hauptverhandlung gemäß § 247 Satz 1 StPO erforderlich werden, wird der neue Tatrichter gehindert sein, den in Abwesenheit des Angeklagten vernommenen Zeugen zu entlassen, bevor der Angeklagte zuvor über den wesentlichen Inhalt der in seiner Abwesenheit erfolgten Aussage unterrichtet worden ist (vgl. BGHR StPO § 247 Abwesenheit 20; MeyerGoßner , StPO 50. Aufl. § 247 Rdn. 15).
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6. Aufgrund der Komplexität und der Fehleranfälligkeit bei einer Überführung aufgrund der Aussage zum Wiedererkennen durch Belastungszeugen wird der neue Tatrichter grundsätzlich gehalten sein, darzulegen, ob und in welchem Grade die Aussagen der Wiedererkennungszeuginnen zur Übereinstimmung zwischen dem Angeklagten und den seinerzeit wahrgenommenen Täter mit den in der Hauptverhandlung gewonnen übrigen Beweisergebnissen in Einklang gebracht werden können oder aber diesen zuwider läuft (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juli 2007 – 5 StR 186/07 Rdn. 20). Diese Pflicht könnte es gebieten, das von der Revision im Rahmen einer Verfahrensrüge vorgetragene Entlastungsindiz – DNA am Slip des Vergewaltigungsopfers ausschließlich von einem anderen Mann stammend – in die Beweiswürdigung mit einzubeziehen. Der Senat weist ferner darauf hin, dass den Darlegungserfordernissen , zumal bei dem hier vorliegenden, bis viermaligen Wiedererkennen (vgl. BGHSt 16, 204, 205 f.; BGH StV 1997, 454 f.), größere Aufmerksamkeit zu widmen sein wird (vgl. dazu näher BGH StV 2004, 58).
24
Sollte der neue Tatrichter zu gleichen Schuldsprüchen kommen, wäre die Annahme von Tateinheit im Blick auf die identische Gewaltausübung zutreffend (Tröndle/Fischer, StGB 54. Aufl. § 177 Rdn. 105).
Basdorf Häger Gerhardt Brause Jäger

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 344 Revisionsbegründung


(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen. (2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer R

Strafprozeßordnung - StPO | § 244 Beweisaufnahme; Untersuchungsgrundsatz; Ablehnung von Beweisanträgen


(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme. (2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

Strafprozeßordnung - StPO | § 261 Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung


Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

Strafprozeßordnung - StPO | § 251 Urkundenbeweis durch Verlesung von Protokollen


(1) Die Vernehmung eines Zeugen, Sachverständigen oder Mitbeschuldigten kann durch die Verlesung eines Protokolls über eine Vernehmung oder einer Urkunde, die eine von ihm erstellte Erklärung enthält, ersetzt werden, 1. wenn der Angeklagte einen Vert

Strafprozeßordnung - StPO | § 247 Entfernung des Angeklagten bei Vernehmung von Mitangeklagten und Zeugen


Das Gericht kann anordnen, daß sich der Angeklagte während einer Vernehmung aus dem Sitzungszimmer entfernt, wenn zu befürchten ist, ein Mitangeklagter oder ein Zeuge werde bei seiner Vernehmung in Gegenwart des Angeklagten die Wahrheit nicht sagen.

Gerichtsverfassungsgesetz - GVG | § 189


(1) Der Dolmetscher hat einen Eid dahin zu leisten, daß er treu und gewissenhaft übertragen werde. Gibt der Dolmetscher an, daß er aus Glaubens- oder Gewissensgründen keinen Eid leisten wolle, so hat er eine Bekräftigung abzugeben. Diese Bekräftigung

Strafprozeßordnung - StPO | § 247a Anordnung einer audiovisuellen Vernehmung von Zeugen


(1) Besteht die dringende Gefahr eines schwerwiegenden Nachteils für das Wohl des Zeugen, wenn er in Gegenwart der in der Hauptverhandlung Anwesenden vernommen wird, so kann das Gericht anordnen, daß der Zeuge sich während der Vernehmung an einem and

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Bundesgerichtshof Urteil, 17. Juli 2007 - 5 StR 186/07

bei uns veröffentlicht am 17.07.2007

5 StR 186/07 BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL vom 17. Juli 2007 in der Strafsache gegen wegen Vergewaltigung u. a. Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 17. Juli 2007, an der teilgenommen haben: Vorsitzender
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Bundesgerichtshof Urteil, 20. Nov. 2014 - 4 StR 234/14

bei uns veröffentlicht am 20.11.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 4 StR 234/14 vom 20. November 2014 in der Strafsache gegen wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 2

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Besteht die dringende Gefahr eines schwerwiegenden Nachteils für das Wohl des Zeugen, wenn er in Gegenwart der in der Hauptverhandlung Anwesenden vernommen wird, so kann das Gericht anordnen, daß der Zeuge sich während der Vernehmung an einem anderen Ort aufhält; eine solche Anordnung ist auch unter den Voraussetzungen des § 251 Abs. 2 zulässig, soweit dies zur Erforschung der Wahrheit erforderlich ist. Die Entscheidung ist unanfechtbar. Die Aussage wird zeitgleich in Bild und Ton in das Sitzungszimmer übertragen. Sie soll aufgezeichnet werden, wenn zu besorgen ist, daß der Zeuge in einer weiteren Hauptverhandlung nicht vernommen werden kann und die Aufzeichnung zur Erforschung der Wahrheit erforderlich ist. § 58a Abs. 2 findet entsprechende Anwendung.

(2) Das Gericht kann anordnen, dass die Vernehmung eines Sachverständigen in der Weise erfolgt, dass dieser sich an einem anderen Ort als das Gericht aufhält und die Vernehmung zeitgleich in Bild und Ton an den Ort, an dem sich der Sachverständige aufhält, und in das Sitzungszimmer übertragen wird. Dies gilt nicht in den Fällen des § 246a. Die Entscheidung nach Satz 1 ist unanfechtbar.

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.

(1) Die Vernehmung eines Zeugen, Sachverständigen oder Mitbeschuldigten kann durch die Verlesung eines Protokolls über eine Vernehmung oder einer Urkunde, die eine von ihm erstellte Erklärung enthält, ersetzt werden,

1.
wenn der Angeklagte einen Verteidiger hat und der Staatsanwalt, der Verteidiger und der Angeklagte damit einverstanden sind;
2.
wenn die Verlesung lediglich der Bestätigung eines Geständnisses des Angeklagten dient und der Angeklagte, der keinen Verteidiger hat, sowie der Staatsanwalt der Verlesung zustimmen;
3.
wenn der Zeuge, Sachverständige oder Mitbeschuldigte verstorben ist oder aus einem anderen Grunde in absehbarer Zeit gerichtlich nicht vernommen werden kann;
4.
soweit das Protokoll oder die Urkunde das Vorliegen oder die Höhe eines Vermögensschadens betrifft.

(2) Die Vernehmung eines Zeugen, Sachverständigen oder Mitbeschuldigten darf durch die Verlesung des Protokolls über seine frühere richterliche Vernehmung auch ersetzt werden, wenn

1.
dem Erscheinen des Zeugen, Sachverständigen oder Mitbeschuldigten in der Hauptverhandlung für eine längere oder ungewisse Zeit Krankheit, Gebrechlichkeit oder andere nicht zu beseitigende Hindernisse entgegenstehen;
2.
dem Zeugen oder Sachverständigen das Erscheinen in der Hauptverhandlung wegen großer Entfernung unter Berücksichtigung der Bedeutung seiner Aussage nicht zugemutet werden kann;
3.
der Staatsanwalt, der Verteidiger und der Angeklagte mit der Verlesung einverstanden sind.

(3) Soll die Verlesung anderen Zwecken als unmittelbar der Urteilsfindung, insbesondere zur Vorbereitung der Entscheidung darüber dienen, ob die Ladung und Vernehmung einer Person erfolgen sollen, so dürfen Protokolle und Urkunden auch sonst verlesen werden.

(4) In den Fällen der Absätze 1 und 2 beschließt das Gericht, ob die Verlesung angeordnet wird. Der Grund der Verlesung wird bekanntgegeben. Wird das Protokoll über eine richterliche Vernehmung verlesen, so wird festgestellt, ob der Vernommene vereidigt worden ist. Die Vereidigung wird nachgeholt, wenn sie dem Gericht notwendig erscheint und noch ausführbar ist.

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

5 StR 186/07

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 17. Juli 2007
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 17. Juli 2007,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter Basdorf,
Richter Häger,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Dr. Brause,
Richter Prof. Dr. Jäger
alsbeisitzendeRichter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
alsVertreterderBundesanwaltschaft,
Rechtsanwältin
alsVerteidigerin,
Justizangestellte
alsUrkundsbeamtinderGeschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 18. Dezember 2006 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung, versuchter Vergewaltigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung in drei Fällen, versuchter Vergewaltigung und wegen sexueller Nötigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Die allein auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten, mit der die Beweiswürdigung des Landgerichts angegriffen wird, bleibt erfolglos.
2
1. Das Landgericht hat sich durch Vernehmung der geschädigten Frauen und nach sachverständiger Auswertung der Tatumstände davon überzeugt, dass derselbe Täter folgende sechs zwischen dem 18. Juli und dem 30. August 2005 in der Berliner Innenstadt im Umkreis von 1500 m verübte Sexualdelikte begangen hat (UA S. 13 f.):
3
a) Der Täter trat am 18. Juli 2005 gegen 3.00 Uhr von hinten an die auf dem Heimweg befindliche Zeugin S. mit den Worten heran: „Willst Du mir einen blasen?“ und „Oder halt ficken?“, ergriff sie am Hals und drohte ihr mit den Worten: „Entweder so oder mit Gewalt“. Der Täter zerrte die Zeugin auf ein Garagengrundstück, drückte sie an ein Garagentor, entkleidete sie am Unterleib und drang vaginal mit seinem Geschlechtsteil in die Zeugin ein. Nach kurzer Zeit ließ die Erektion des Täters nach; dieser brach mit den Worten „ScheißDrogen“ den Geschlechtsverkehr ab.
4
b) Am 30. Juli 2005 gegen 4.45 Uhr trat der Täter im Stadtpark aus einem Gebüsch an die auf dem Heimweg befindliche Zeugin B. mit den Worten „Willst Du mich ficken?“ heran und hielt sie an der rechten Schulter fest. Der Täter versuchte, die Zeugin mit den Worten „Schlampe, fick mich!“ in ein Gebüsch zu drängen, um dort gegen ihren Willen den Geschlechtsverkehr zu erzwingen. Durch geschicktes Wegducken ihres Körpers und unter Zurücklassen ihrer Wolljacke und Umhängetasche konnte sich die Zeugin dem Griff des Täters entwinden und flüchten.
5
c) Am 14. August 2005 um 5.30 Uhr folgte der Täter der Zeugin M. in den Hausflur ihres Wohnhauses. Der Täter sagte, er wolle zu ihr, und umklammerte sie. Er führte seine Zunge gegen ihren Willen in ihren Mund. Die Zeugin biss dem Angeklagten daraufhin in die Zunge und rief um Hilfe. Nunmehr drückte der Täter eine Hand auf den Mund der Zeugin und drehte sie gewaltsam mit dem Gesicht zur Hauswand. Er sagte: „Fick mich, fick mich!“ und griff ihr dabei kräftig in den bedeckten Schritt und einmal an die Brust. Der Täter ließ nach etwa zehn Sekunden von der sich weiterhin wehrenden Geschädigten ab und flüchtete.
6
d) Am 17. August 2005 gegen 5.10 Uhr trat der Täter in einer Grundschule an die dort als Putzfrau tätige Zeugin S. heran, griff ihr zwischen die Beine an ihr Geschlechtsteil, ergriff den Hals der Zeugin und äußerte mehrfach: „Ich will dich ficken!“ Der Täter schleppte die Zeugin, sie mit Schlägen traktierend sowie mit Worten beleidigend und bedrohend, zum Putzmittelraum der Grundschule. Als der Täter den Reißverschluss seiner Hose öffnete, boxte die Zeugin den Angreifer heftig in den Magen und entwand sich dem Täter in den Putzraum, dessen Tür sie verschließen konnte.
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e) Am 21. August 2005 gegen 4.05 Uhr verfolgte der Täter die auf dem Heimweg befindliche Zeugin N. und fragte sie: „Wollen wir ficken?“ Die Zeugin ignorierte den Täter, worauf dieser deren rechten Arm festhielt und mit seiner linken Hand den Oberkörper und die Brüste der Zeugin anfasste. Der Täter drückte die Zeugin gegen die Wand eines Supermarkts. Nach einem Hilferuf stieß der Täter die Zeugin zu Boden; sie schlug heftig mit dem Kopf auf dem Weg auf. Der Täter hielt ihr dann den Mund zu und zerrte sie zu den Büschen , um dort den Geschlechtsverkehr erzwingen zu können. Aus einem Nachbarhaus mischte sich durch den Ruf „Hey Sie!“ der Bruder der Zeugin A. ein, die nur wenige Minuten zuvor auf ihrem Heimweg ebenfalls mit den Worten: „Willst Du ficken?“ belästigt worden war, aber hatte fliehen können. Der Täter flüchtete daraufhin.
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f) Am 30. August 2005 befand sich die Zeugin Sk. gegen 2.20 Uhr auf dem Heimweg. Der Täter trat mit den Worten: „Willst Du ficken?“ an sie heran, ergriff ihren Hals und drückte so stark zu, dass die Geschädigte keine Luft mehr bekam. Der Täter wiederholte mehrmals: „Komm, mach keinen Scheiß – wir gehen jetzt ficken“, und forderte die Zeugin auf, über den Zaun einer Kindertagesstätte zu klettern, um dort auf dem nicht einsehbaren Spielplatzgelände den Geschlechtsverkehr zu erzwingen. Der Täter riss die Zeugin unter weiterer Bedrohung zu Boden, er trat ihr gegen den linken Arm und den Kopf, ließ aber nach lauten Hilferufen von ihr ab.
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2. Das Landgericht hat sich von der Täterschaft des Angeklagten im Wesentlichen wie folgt überzeugt:
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a) Der Angeklagte befand sich am 21. August 2005 (Fall 1. e betreffend) bis kurz vor 4.00 Uhr in der Wohnung des Zeugen K. und hatte Amphetamine in einer Dosis von ca. einem halben Gramm geschnupft sowie mäßig Alkohol in Form von Bier konsumiert. Der in diesem Fall festgestellte Tatort befand sich in unmittelbarer Nähe der nur wenige hundert Meter betragenden Strecke von der Wohnung des Zeugen K. zu der des Angeklagten, wes- halb die von der Zeugin N. angegebene Tatzeit genau der Zeit entsprochen habe, zu welcher der Angeklagte nach Verlassen der Wohnung den Tatort hätte erreichen müssen. Zudem sei der Angeklagte von seiner damaligen Lebensgefährtin , der Zeugin H. , zu dieser Zeit noch erwartet worden.
11
Die Zeugin N. habe den Angeklagten eindeutig als Täter wiedererkannt. Sie habe – unbeeinflusst von Lichtbildvorlagen – mit der Sachverständigen Zeugin B. ein Phantombild mit einer solch großen Ähnlichkeit mit dem Angeklagten erstellt, wie es das Gericht bei noch keinem Angeklagten erlebt habe. Anschließend habe die Zeugin aus mehreren Hundert auf einem Computermonitor in Augenschein genommenen Bildern zwei Bilder als dem Täter ähnlich und ein Bild, das den Angeklagten gezeigt hätte, als dem Täter sehr ähnlich identifiziert. Bei einer Videowahlgegenüberstellung habe die Zeugin unter sechs gefilmten Männern den Angeklagten „mit 99%iger bis 100%iger Sicherheit“ als den Täter wiedererkannt und dabei nicht nur auf das Gesicht, sondern den Gang des Mannes und seine Art, den Kopf leicht zur Seite geneigt zu halten, abgestellt. Diese eigentümliche Kopfhaltung hat die Strafkammer durch eigene Wahrnehmung in der Hauptverhandlung bei dem Angeklagten verifiziert.
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b) Im Fall 1. d habe die Zeugin S. vor Inaugenscheinnahme von Lichtbildern eine auf den Angeklagten passende Täterbeschreibung abgegeben : schmale Nase, eher dünne Lippen, etwas längliche Augen, anliegende Ohren, eher schmale Gesichtsform, 1,70 m groß, 20 bis 30 Jahre alt und von eher schmächtiger Statur. Diese Merkmale träfen sämtlich auf den Angeklagten zu. Darüber hinaus habe die Zeugin zwei Wochen nach der Tat in einer Wahllichtbildvorlage unter sechs Männern den Angeklagten als Täter erkannt, auch wenn sie sich zunächst wegen eines Bartes, den der Angeklagte auf dem Foto, nicht aber der Täter getragen habe, unklar dahingehend ausgedrückt habe, den Täter „nur zu 95 %“ erkannt zu haben. Die Zeugin habe ferner bekundet, dass sie den Täter auch in der Videowahlgegenüberstellung erkannt habe, auch wenn sie sich damals nicht habe „100%ig“ festlegen wollen, weil sie die Haarfarbe bei dem Täter durch dessen Mütze nicht habe erkennen können und ihr die Augen dunkler erschienen seien. Schließlich habe die Zeugin bei einer direkten Gegenüberstellung mit dem Angeklagten im Gerichtssaal spontan zu diesem gesagt: „Wir haben uns doch schon gesehen!“, worauf der sonst eher teilnahmslos und kühl wirkende Angeklagte ungewöhnlich verschreckt und verängstigt reagiert habe.
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c) Hinsichtlich der übrigen Fälle 1. a bis c und f stehe die Täterschaft des Angeklagten fest aufgrund der zahlreichen Übereinstimmungen der Tatmodalitäten in diesen Fällen mit den Tatumständen in den Fällen 1. d und e, in denen unabhängig voneinander die Täterschaft des Angeklagten erwiesen sei.
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Dazu habe der sachverständige Zeuge Kriminalhauptkommissar Sch. die Tatumstände aller sechs Fälle in dem Analysesystem für Sexualstraftaten ViCLAS (Violent Crime Linkage Analysis System) bearbeitet und sei zu dem Ergebnis gelangt, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit alle sechs Taten zu einer Tatserie gehören und von demselben Täter begangen worden sind. Es bestünden in allen sechs Fällen Übereinstimmungen hinsichtlich der Tatzeiten in den frühen Morgenstunden innerhalb eines Zeitfensters von etwa zwei Stunden und der sehr dicht – innerhalb eines Umkreises von nur etwa 1500 m – beieinander liegenden Tatorte. Bei allen Taten sei die erste Kontaktaufnahme durch plumpes sexualisiertes Ansprechen erfolgt, dem sich unmittelbar die körperliche Kontaktaufnahme angeschlossen habe. In allen Fällen habe der Täter zunächst den Widerstand der Opfer ignoriert, sich dann aber bei größerer Gegenwehr in die Flucht schlagen lassen. Das Verbalverhalten des Täters sei gleich und unmissverständlich gewesen. In allen Fällen hätten die Geschädigten den Täter in gleicher Weise beschrieben, nämlich als Mann vermutlich mitteleuropäischer Herkunft, Mitte 20, von eher schmächtiger Gestalt und bekleidet mit einem hellen Basecape (UA S. 14). Aufgrund kriminologischer Untersuchungen einer Vielzahl von Sexualdelikten sei bekannt, dass Täter von Sexualdelikten stark regional orientiert seien und ihre Taten im Rahmen von Routinehandlungen begehen würden. Deshalb komme den räumlichen und zeitlichen Parallelen in allen Fällen besonderes Gewicht zu, weshalb davon auszugehen sei, dass der Täter im Umkreis der Tatorte gewohnt und die Taten auf dem Weg nach Hause oder von dort weg begangen habe. Entsprechende Tatserien kämen bundesweit selten, in Berlin sehr selten vor. Besonders auffällig sei auch der Abbruch der Tatserie Ende August/Anfang September 2005 unmittelbar nach der ersten Inhaftierung des Angeklagten am 2. September 2005. Es seien weder vor noch nach den hiesigen Fällen vergleichbare Taten in Berlin bekannt geworden.
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d) Für die Täterschaft des Angeklagten hat das Landgericht bei allen Taten Umständen aus der polizeilichen Beschuldigtenvernehmung des Angeklagten und den Aussagen von dessen ehemaliger Lebensgefährtin in der Hauptverhandlung und bei der Polizei „mindestens indizielle Bedeutung“ zugemessen (UA S. 14).
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3. Die Beweiswürdigung des Landgerichts hält den sachlichrechtlichen Revisionsangriffen und den vom Generalbundesanwalt geltend gemachten prinzipiellen Einwänden stand. Die Schuldsprüche des Landgerichts bauen auf einer tragfähigen Beweisgrundlage auf (vgl. BVerfG – Kammer – NJW 2003, 2444, 2445 m.w.N.; BGH StV 2002, 235 m.w.N.) und sind auch das Ergebnis einer ausreichenden Beweiswürdigung (vgl. BGH NJW 2003, 150, 152; 2006, 925, 928).
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a) Indes ist die hier – mangels erhobener Verfahrensrügen gemäß § 244 Abs. 2 und/oder § 261 StPO – aufgrund der Sachrüge mögliche und gebotene Prüfung der Beweiswürdigung auf den Inhalt des landgerichtlichen Urteils beschränkt (vgl. BGHSt 35, 238, 241). Die Revision kann grundsätzlich nicht mit der Behauptung gehört werden, das Tatgericht habe sich mit einer bestimmten Aussage einer Beweisperson nicht auseinandergesetzt, wenn sich diese Aussage nicht aus dem Urteil selbst ergibt (vgl. BGH NJW 2003, 150, 152). Danach bleibt – worauf auch der Generalbundesanwalt zu Recht hingewiesen hat – der Vortrag der Revision von vornherein erfolglos, alle geschädigten Zeuginnen hätten aufgrund unvollständiger Wertung ihrer Aussagen durch das Landgericht und nach Maßgabe der richtigen Wertung durch den Revisionsführer den An- geklagten nicht nur nicht wiedererkannt, sondern ihn mitunter sogar als Täter explizit ausgeschlossen. Damit unterliegen die Behauptungen der Revision, die Zeuginnen A. , S. und M. hätten ganz andere Täter beschrieben , das Landgericht hätte die Aussage der Zeugin N. missinterpretiert und die Räumlichkeiten der Grundschule seien – entgegen der Aussage der Zeugin S. (UA S. 13) – hell erleuchtet gewesen, hier nicht der revisionsgerichtlichen Prüfung. Gleiches gilt für den urteilsfremden Vortrag, im Fall 1. d habe der Täter am vermuteten Einstiegsfenster der Grundschule Zigarettenkippen hinterlassen, die – wie auch andere ausgewertete Spuren – den Angeklagten nicht belastet hätten.
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b) Das Landgericht durfte sich ohne Rechtsfehler von der Täterschaft des Angeklagten in allen Einzelfällen der festgestellten Tatserie auf der Grundlage der Wiedererkennungsleistungen von zwei geschädigten Zeuginnen, der individuellen Übereinstimmungen zwischen den Einzelfällen und dem Abriss der Tatserie nach der ersten Verhaftung des Angeklagten überzeugen. Die dafür von dem sachverständigen Zeugen Sch. gelieferte Grundlage ist – trotz der eher ermittlungstechnisch eingesetzten operativen Fallanalyse – nicht als Verwertung eines methodisch näher zu erläuternden Gutachtens zu verstehen, sondern als Verwendung zulässig über sachkundige Angaben eingeführter mehrerer aussagekräftiger Belastungsindizien.
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Soweit der Generalbundesanwalt besorgt, die beweiswürdigenden Erwägungen des Landgerichts würden in den Fällen 1. a bis c und f, in denen etwaige Wiedererkennungsleistungen der Geschädigten im Urteil nicht näher wiedergegeben sind, einen strukturellen Darlegungsmangel offenbaren, folgt der Senat dem nicht.
20
Allerdings trifft der Ausgangspunkt des Generalbundesanwalts zu, dass der Tatrichter aufgrund der Komplexität und Fehlerträchtigkeit bei einer Überführung eines Angeklagten aufgrund der Aussage und des Wiedererkennens einer einzelnen Beweisperson (vgl. BVerfG – Kammer – NJW 2003, 2444, 2445 m.w.N.; BGHR StPO § 261 Identifizierung 6) grundsätzlich gehalten ist, darzulegen , ob und in welchem Grade die Aussage des Wiedererkennungszeugen zur Übereinstimmung zwischen dem Angeklagten und dem seinerzeit wahrgenommenen Täter mit den in der Hauptverhandlung gewonnenen übrigen Beweisergebnissen in Einklang gebracht werden kann oder aber diesen zuwider läuft (vgl. auch BGH, Urteil vom 16. März 2004 – 5 StR 490/03). Diese Pflicht hat die Strafkammer vorliegend erfüllt.
21
Das Landgericht hat zwar von den Zeuginnen S. , B. , M. und Sk. stammende Täterbeschreibungen nicht anhand deren polizeilicher Aussagen und der Bekundungen dieser Zeuginnen in der Hauptverhandlung mitgeteilt. Es hat aber, dargestellt in der Aussage des Sachverständigen Zeugen Kriminalhauptkommissar Sch. , deren jeweiliges Erinnerungsbild vom Täter (UA S. 14) als übereinstimmende Mindestbeschreibung durch diese Zeuginnen – anders als die den Angeklagten sogar identifizierenden Angaben der Zeuginnen S. und N. – festgestellt und seiner Bewertung zugrundegelegt. Solches erfüllt die sich aus dem Erfordernis der rationalen Nachvollziehbarkeit der Beweiswürdigung ergebende Darstellungspflicht (vgl. Jähnke in FS für Ernst-Walter Hanack 1999 S. 355, 362) und das Gebot der erschöpfenden Beweiswürdigung (vgl. BGH wistra 2002, 260, 261; BGH NStZ-RR 2002, 338; 2005, 321, 322). Es ergibt zudem nach dem Sinnzusammenhang des Urteils die weitere Feststellung, dass keine der den Angeklagten nicht sicher identifizierenden vier Zeuginnen genauere Angaben machen konnte und keine eine wesentliche Detailwahrnehmung bezeichnet hat, die dem Erscheinungsbild des Angeklagten in relevanter Weise widersprochen hätte.
22
Eine weitergehende Darstellungspflicht, wie sie der Generalbundesanwalt hinsichtlich der Umstände in Erwägung zieht, aus denen diese Zeuginnen keine umfangreicheren oder präziseren Angaben machen konnten, besteht nicht. Der Tatrichter ist generell unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu einer umfassenden Darstellung einer nicht protokollierten Zeugenaussage im Urteil verpflichtet (vgl. BGH StV 1986, 6; BGH NStZ-RR 2006, 346). Das Fehlen der hier in Frage stehenden Umstände offenbart auch keine sachliche Lücke (vgl. BGH NJW 2003, 150, 152; 2006, 925, 928). Die Opfer von – auch sexuell motivierten – Gewalthandlungen sind während der Tatausführung als existenzbedrohend empfundenen Bedrängnissen ausgesetzt. Dieser Umstand kann sie in ihrer Wahrnehmungsfähigkeit in Bezug auf Merkmale des Täters, die eine Wiedererkennung ermöglichen, beeinträchtigen, ähnlich auch der Situation von Opfern, die mit einer Schusswaffe bedroht worden sind (vgl. BGH NStZ-RR 2006, 212). Angaben derart beeinträchtigter Zeuginnen müssen deshalb nicht etwa stets als Grundlage für eine Täterfahndung geeignet sein. Diese Gründe sind so naheliegend, dass der Tatrichter zur näheren Darlegung insoweit nicht verpflichtet ist.
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c) Die sachlichrechtlich mögliche und gebotene Nachprüfung der Beweiswürdigung im Einzelnen (vgl. BGH NStZ 2002, 48; BGH NStZ-RR 2000, 171; BGHR StPO § 261 Überzeugungsbildung 33 m.w.N.) ergibt keinen durchgreifenden Rechtsfehler zu Lasten des Angeklagten.
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aa) Das Landgericht hat allerdings nicht erwogen, dass auch die Zeugin A. am 21. August 2005 wenige Minuten vor der Zeugin N. ebenfalls Opfer einer sexistischen Beleidigung und vom Täter bedrängt worden ist und sich weiteren Angriffen nur durch Flucht entziehen konnte (UA S. 9). Das Landgericht hat nicht ausdrücklich festgestellt, dass dieser Täter auch der Angeklagte war. Dies versteht sich indes von selbst. Denn auch die Täterangaben der Zeugin A. als „Geschädigte“ (UA S. 14) stimmten mit den Angaben der Zeuginnen überein, die den Angeklagten nicht identifiziert haben.
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Das Landgericht hat es lediglich unterlassen, die von den Zeuginnen N. und S. herrührenden Täterbeschreibungen daraufhin kritisch zu prüfen, ob die Zeuginnen nicht einen dem Angeklagten sehr ähnlichen anderen Täter beschrieben haben könnten (vgl. BGHR StPO § 261 Identifizierung 11), der dann auch für die gesamte Tatserie hätte verantwortlich sein können. Dies begründet jedoch keinen relevanten Erörterungsmangel. Die Strafkammer hat aufgrund einer fehlerfreien, von den Aussagen der Opferzeuginnen nicht beeinflussten Beweiswürdigung festgestellt, dass der Angeklagte gegen 4.05 Uhr des 21. August 2005 auf seinem Nachhauseweg die Wege der Zeuginnen N. und A. kreuzen konnte (UA S. 12). Dass um diese Uhrzeit anstelle des Angeklagten ein ganz ähnlich aussehender Mann, den der Angeklagte naheliegend sogar hätte agieren sehen oder dessen Opfer er hätte hören können, der Täter gewesen ist, der zudem seine Tatserie mit Verhaftung des Angeklagten beendet hat, ist denkbar fernliegend und nötigte nicht zu ausdrücklicher Problematisierung (vgl. BVerfG – Kammer – NJW 2003, 2444, 2446).
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bb) Der Senat besorgt nicht, dass sich das Landgericht unter Missachtung möglicher suggestiver Wirkung vorgelegter Bilder (vgl. BGHR StPO § 261 Identifizierung 3) davon überzeugt hat, dass die Zeugin S. den Angeklagten als Täter wiedererkannt hat (UA S. 12 f.). Die Strafkammer hat die verschiedenen Beweisstationen anhand einer übergreifenden Zeugenaussage lediglich rekapitulierend und erläuternd nachvollzogen und als Ausgangspunkt seiner Überzeugungsbildung die von vorgelegten Bildern unbeeinflusste erste Täterbeschreibung der Zeugin genommen. Solches stößt auf keine Bedenken (vgl. BGHR StPO § 261 Identifizierung 12).
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cc) Soweit die Revision eine Erörterungslücke darin sieht, dass es das Landgericht nicht erwogen hat, dass der Angeklagte aufgrund des regelmäßig praktizierten Konsums von Amphetamin und Alkohol „positiv, fröhlich und entspannt“ gewesen sei (UA S. 16), was der Begehung von Gewalttaten entgegen stünde, offenbart dieses keinen Rechtsfehler. Angesichts der Vielfalt menschlicher Dispositionen und Motive, die zur Begehung von Verbrechen führen können , wird von der Revision insoweit kein erörterungsbedürftiger, einer Täterschaft des Angeklagten entgegenstehender Umstand dargelegt.
28
dd) Entgegen der Auffassung der Revision beruhen die vom Landgericht übernommenen Schlussfolgerungen der Vernehmungsbeamten bezüglich des Aussageverhaltens des Angeklagten während dessen polizeilicher Vernehmung auf einer tatsächlichen Grundlage. Das Landgericht durfte in Verfolgung seiner umfassenden Kognitionspflicht auf den besonderen, dem prinzipiellen Bestreiten der Täterschaft des Angeklagten widersprechenden Umstand abstellen, dass der Angeklagte den Tatopfern Mitleid entgegengebracht und nach Vorhalt von Einzelheiten auf Erinnerungslücken verwiesen hat (UA S. 14). Dadurch hat der mit einer Tatserie konfrontierte Angeklagte – wenn auch in geringstem Umfang – eine gewisse Tatnähe zu erkennen gegeben, der das Landgericht geringste indizielle Bedeutung zumessen durfte. Eine Überbewertung dieses ergänzend herangezogenen Indizes ist nicht zu besorgen.
29
ee) Soweit das Landgericht der Aussage der ehemaligen Lebensgefährtin des Angeklagten ebenfalls „zumindest indizielle Bedeutung“ zugemessen hat (UA S. 14), beruht dies dagegen auf keiner ausreichenden Tatsachengrundlage (vgl. BGH StV 2002, 235) und ist rechtsfehlerhaft. Die Aussage der Zeugin, die nach Trennung vom Angeklagten wegen erloschener Zuneigung zu diesem und nach dieserhalb vom Angeklagten erhaltener Todesdrohung die Fassung verloren und in ersichtlich aufgewühltem Zustand erklärt hatte, sie mache sich solche Vorwürfe, weil sie „es“ hätte verhindern müssen, lässt offen, ob sie ihre Aussage auf eine bloße Vermutung einer Täterschaft des Angeklagten gestützt oder aufgrund vom Angeklagten erlangten Wissens bzw. sonst gewonnener Erkenntnisse getätigt hat. Nur in letzterem Fall könnte die Äußerung der Zeugin einen die Täterschaft des Angeklagten stützenden Umstand darstellen.
30
Solches ist auch der weitergehenden, auf die Aussage der Vernehmungsbeamtin zurückgehenden Annahme des Landgerichts, die von der Zeugin H. während ihrer polizeilichen Vernehmung geäußerten Selbstzweifel seien „typisch für Frauen von Sexualstraftätern, die eine Begehung entsprechender Taten durch ihre Partner zumindest vermuten“ (UA S. 15), nicht zu entnehmen. Diese Erwägung knüpft ausdrücklich an eine bloße Vermutung an und ist somit ebenfalls nicht geeignet, eine Täterschaft des Angeklagten zu stützen.
31
Indes schließt der Senat aus, dass die fehlerhafte Bewertung der Aussage der Zeugin H. als ersichtlich unwesentliches Indiz die Beweiswürdigung insgesamt tangiert haben könnte.
32
Gegen 4. die vom Landgericht vorgenommene Subsumtion und die Rechtsfolgenentscheidung bestehen keine Bedenken.
Basdorf Häger Gerhardt Brause Jäger

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.

(1) Besteht die dringende Gefahr eines schwerwiegenden Nachteils für das Wohl des Zeugen, wenn er in Gegenwart der in der Hauptverhandlung Anwesenden vernommen wird, so kann das Gericht anordnen, daß der Zeuge sich während der Vernehmung an einem anderen Ort aufhält; eine solche Anordnung ist auch unter den Voraussetzungen des § 251 Abs. 2 zulässig, soweit dies zur Erforschung der Wahrheit erforderlich ist. Die Entscheidung ist unanfechtbar. Die Aussage wird zeitgleich in Bild und Ton in das Sitzungszimmer übertragen. Sie soll aufgezeichnet werden, wenn zu besorgen ist, daß der Zeuge in einer weiteren Hauptverhandlung nicht vernommen werden kann und die Aufzeichnung zur Erforschung der Wahrheit erforderlich ist. § 58a Abs. 2 findet entsprechende Anwendung.

(2) Das Gericht kann anordnen, dass die Vernehmung eines Sachverständigen in der Weise erfolgt, dass dieser sich an einem anderen Ort als das Gericht aufhält und die Vernehmung zeitgleich in Bild und Ton an den Ort, an dem sich der Sachverständige aufhält, und in das Sitzungszimmer übertragen wird. Dies gilt nicht in den Fällen des § 246a. Die Entscheidung nach Satz 1 ist unanfechtbar.

(1) Der Dolmetscher hat einen Eid dahin zu leisten, daß er treu und gewissenhaft übertragen werde. Gibt der Dolmetscher an, daß er aus Glaubens- oder Gewissensgründen keinen Eid leisten wolle, so hat er eine Bekräftigung abzugeben. Diese Bekräftigung steht dem Eid gleich; hierauf ist der Dolmetscher hinzuweisen.

(2) Ist der Dolmetscher für Übertragungen der betreffenden Art nach dem Gerichtsdolmetschergesetz oder in einem Land nach den landesrechtlichen Vorschriften allgemein beeidigt, so genügt vor allen Gerichten des Bundes und der Länder die Berufung auf diesen Eid.

(3) In Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist die Beeidigung des Dolmetschers nicht erforderlich, wenn die beteiligten Personen darauf verzichten.

(4) Der Dolmetscher oder Übersetzer soll über Umstände, die ihm bei seiner Tätigkeit zur Kenntnis gelangen, Verschwiegenheit wahren. Hierauf weist ihn das Gericht hin.

Das Gericht kann anordnen, daß sich der Angeklagte während einer Vernehmung aus dem Sitzungszimmer entfernt, wenn zu befürchten ist, ein Mitangeklagter oder ein Zeuge werde bei seiner Vernehmung in Gegenwart des Angeklagten die Wahrheit nicht sagen. Das gleiche gilt, wenn bei der Vernehmung einer Person unter 18 Jahren als Zeuge in Gegenwart des Angeklagten ein erheblicher Nachteil für das Wohl des Zeugen zu befürchten ist oder wenn bei einer Vernehmung einer anderen Person als Zeuge in Gegenwart des Angeklagten die dringende Gefahr eines schwerwiegenden Nachteils für ihre Gesundheit besteht. Die Entfernung des Angeklagten kann für die Dauer von Erörterungen über den Zustand des Angeklagten und die Behandlungsaussichten angeordnet werden, wenn ein erheblicher Nachteil für seine Gesundheit zu befürchten ist. Der Vorsitzende hat den Angeklagten, sobald dieser wieder anwesend ist, von dem wesentlichen Inhalt dessen zu unterrichten, was während seiner Abwesenheit ausgesagt oder sonst verhandelt worden ist.

5 StR 186/07

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 17. Juli 2007
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 17. Juli 2007,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter Basdorf,
Richter Häger,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Dr. Brause,
Richter Prof. Dr. Jäger
alsbeisitzendeRichter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
alsVertreterderBundesanwaltschaft,
Rechtsanwältin
alsVerteidigerin,
Justizangestellte
alsUrkundsbeamtinderGeschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 18. Dezember 2006 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung, versuchter Vergewaltigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung in drei Fällen, versuchter Vergewaltigung und wegen sexueller Nötigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Die allein auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten, mit der die Beweiswürdigung des Landgerichts angegriffen wird, bleibt erfolglos.
2
1. Das Landgericht hat sich durch Vernehmung der geschädigten Frauen und nach sachverständiger Auswertung der Tatumstände davon überzeugt, dass derselbe Täter folgende sechs zwischen dem 18. Juli und dem 30. August 2005 in der Berliner Innenstadt im Umkreis von 1500 m verübte Sexualdelikte begangen hat (UA S. 13 f.):
3
a) Der Täter trat am 18. Juli 2005 gegen 3.00 Uhr von hinten an die auf dem Heimweg befindliche Zeugin S. mit den Worten heran: „Willst Du mir einen blasen?“ und „Oder halt ficken?“, ergriff sie am Hals und drohte ihr mit den Worten: „Entweder so oder mit Gewalt“. Der Täter zerrte die Zeugin auf ein Garagengrundstück, drückte sie an ein Garagentor, entkleidete sie am Unterleib und drang vaginal mit seinem Geschlechtsteil in die Zeugin ein. Nach kurzer Zeit ließ die Erektion des Täters nach; dieser brach mit den Worten „ScheißDrogen“ den Geschlechtsverkehr ab.
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b) Am 30. Juli 2005 gegen 4.45 Uhr trat der Täter im Stadtpark aus einem Gebüsch an die auf dem Heimweg befindliche Zeugin B. mit den Worten „Willst Du mich ficken?“ heran und hielt sie an der rechten Schulter fest. Der Täter versuchte, die Zeugin mit den Worten „Schlampe, fick mich!“ in ein Gebüsch zu drängen, um dort gegen ihren Willen den Geschlechtsverkehr zu erzwingen. Durch geschicktes Wegducken ihres Körpers und unter Zurücklassen ihrer Wolljacke und Umhängetasche konnte sich die Zeugin dem Griff des Täters entwinden und flüchten.
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c) Am 14. August 2005 um 5.30 Uhr folgte der Täter der Zeugin M. in den Hausflur ihres Wohnhauses. Der Täter sagte, er wolle zu ihr, und umklammerte sie. Er führte seine Zunge gegen ihren Willen in ihren Mund. Die Zeugin biss dem Angeklagten daraufhin in die Zunge und rief um Hilfe. Nunmehr drückte der Täter eine Hand auf den Mund der Zeugin und drehte sie gewaltsam mit dem Gesicht zur Hauswand. Er sagte: „Fick mich, fick mich!“ und griff ihr dabei kräftig in den bedeckten Schritt und einmal an die Brust. Der Täter ließ nach etwa zehn Sekunden von der sich weiterhin wehrenden Geschädigten ab und flüchtete.
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d) Am 17. August 2005 gegen 5.10 Uhr trat der Täter in einer Grundschule an die dort als Putzfrau tätige Zeugin S. heran, griff ihr zwischen die Beine an ihr Geschlechtsteil, ergriff den Hals der Zeugin und äußerte mehrfach: „Ich will dich ficken!“ Der Täter schleppte die Zeugin, sie mit Schlägen traktierend sowie mit Worten beleidigend und bedrohend, zum Putzmittelraum der Grundschule. Als der Täter den Reißverschluss seiner Hose öffnete, boxte die Zeugin den Angreifer heftig in den Magen und entwand sich dem Täter in den Putzraum, dessen Tür sie verschließen konnte.
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e) Am 21. August 2005 gegen 4.05 Uhr verfolgte der Täter die auf dem Heimweg befindliche Zeugin N. und fragte sie: „Wollen wir ficken?“ Die Zeugin ignorierte den Täter, worauf dieser deren rechten Arm festhielt und mit seiner linken Hand den Oberkörper und die Brüste der Zeugin anfasste. Der Täter drückte die Zeugin gegen die Wand eines Supermarkts. Nach einem Hilferuf stieß der Täter die Zeugin zu Boden; sie schlug heftig mit dem Kopf auf dem Weg auf. Der Täter hielt ihr dann den Mund zu und zerrte sie zu den Büschen , um dort den Geschlechtsverkehr erzwingen zu können. Aus einem Nachbarhaus mischte sich durch den Ruf „Hey Sie!“ der Bruder der Zeugin A. ein, die nur wenige Minuten zuvor auf ihrem Heimweg ebenfalls mit den Worten: „Willst Du ficken?“ belästigt worden war, aber hatte fliehen können. Der Täter flüchtete daraufhin.
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f) Am 30. August 2005 befand sich die Zeugin Sk. gegen 2.20 Uhr auf dem Heimweg. Der Täter trat mit den Worten: „Willst Du ficken?“ an sie heran, ergriff ihren Hals und drückte so stark zu, dass die Geschädigte keine Luft mehr bekam. Der Täter wiederholte mehrmals: „Komm, mach keinen Scheiß – wir gehen jetzt ficken“, und forderte die Zeugin auf, über den Zaun einer Kindertagesstätte zu klettern, um dort auf dem nicht einsehbaren Spielplatzgelände den Geschlechtsverkehr zu erzwingen. Der Täter riss die Zeugin unter weiterer Bedrohung zu Boden, er trat ihr gegen den linken Arm und den Kopf, ließ aber nach lauten Hilferufen von ihr ab.
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2. Das Landgericht hat sich von der Täterschaft des Angeklagten im Wesentlichen wie folgt überzeugt:
10
a) Der Angeklagte befand sich am 21. August 2005 (Fall 1. e betreffend) bis kurz vor 4.00 Uhr in der Wohnung des Zeugen K. und hatte Amphetamine in einer Dosis von ca. einem halben Gramm geschnupft sowie mäßig Alkohol in Form von Bier konsumiert. Der in diesem Fall festgestellte Tatort befand sich in unmittelbarer Nähe der nur wenige hundert Meter betragenden Strecke von der Wohnung des Zeugen K. zu der des Angeklagten, wes- halb die von der Zeugin N. angegebene Tatzeit genau der Zeit entsprochen habe, zu welcher der Angeklagte nach Verlassen der Wohnung den Tatort hätte erreichen müssen. Zudem sei der Angeklagte von seiner damaligen Lebensgefährtin , der Zeugin H. , zu dieser Zeit noch erwartet worden.
11
Die Zeugin N. habe den Angeklagten eindeutig als Täter wiedererkannt. Sie habe – unbeeinflusst von Lichtbildvorlagen – mit der Sachverständigen Zeugin B. ein Phantombild mit einer solch großen Ähnlichkeit mit dem Angeklagten erstellt, wie es das Gericht bei noch keinem Angeklagten erlebt habe. Anschließend habe die Zeugin aus mehreren Hundert auf einem Computermonitor in Augenschein genommenen Bildern zwei Bilder als dem Täter ähnlich und ein Bild, das den Angeklagten gezeigt hätte, als dem Täter sehr ähnlich identifiziert. Bei einer Videowahlgegenüberstellung habe die Zeugin unter sechs gefilmten Männern den Angeklagten „mit 99%iger bis 100%iger Sicherheit“ als den Täter wiedererkannt und dabei nicht nur auf das Gesicht, sondern den Gang des Mannes und seine Art, den Kopf leicht zur Seite geneigt zu halten, abgestellt. Diese eigentümliche Kopfhaltung hat die Strafkammer durch eigene Wahrnehmung in der Hauptverhandlung bei dem Angeklagten verifiziert.
12
b) Im Fall 1. d habe die Zeugin S. vor Inaugenscheinnahme von Lichtbildern eine auf den Angeklagten passende Täterbeschreibung abgegeben : schmale Nase, eher dünne Lippen, etwas längliche Augen, anliegende Ohren, eher schmale Gesichtsform, 1,70 m groß, 20 bis 30 Jahre alt und von eher schmächtiger Statur. Diese Merkmale träfen sämtlich auf den Angeklagten zu. Darüber hinaus habe die Zeugin zwei Wochen nach der Tat in einer Wahllichtbildvorlage unter sechs Männern den Angeklagten als Täter erkannt, auch wenn sie sich zunächst wegen eines Bartes, den der Angeklagte auf dem Foto, nicht aber der Täter getragen habe, unklar dahingehend ausgedrückt habe, den Täter „nur zu 95 %“ erkannt zu haben. Die Zeugin habe ferner bekundet, dass sie den Täter auch in der Videowahlgegenüberstellung erkannt habe, auch wenn sie sich damals nicht habe „100%ig“ festlegen wollen, weil sie die Haarfarbe bei dem Täter durch dessen Mütze nicht habe erkennen können und ihr die Augen dunkler erschienen seien. Schließlich habe die Zeugin bei einer direkten Gegenüberstellung mit dem Angeklagten im Gerichtssaal spontan zu diesem gesagt: „Wir haben uns doch schon gesehen!“, worauf der sonst eher teilnahmslos und kühl wirkende Angeklagte ungewöhnlich verschreckt und verängstigt reagiert habe.
13
c) Hinsichtlich der übrigen Fälle 1. a bis c und f stehe die Täterschaft des Angeklagten fest aufgrund der zahlreichen Übereinstimmungen der Tatmodalitäten in diesen Fällen mit den Tatumständen in den Fällen 1. d und e, in denen unabhängig voneinander die Täterschaft des Angeklagten erwiesen sei.
14
Dazu habe der sachverständige Zeuge Kriminalhauptkommissar Sch. die Tatumstände aller sechs Fälle in dem Analysesystem für Sexualstraftaten ViCLAS (Violent Crime Linkage Analysis System) bearbeitet und sei zu dem Ergebnis gelangt, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit alle sechs Taten zu einer Tatserie gehören und von demselben Täter begangen worden sind. Es bestünden in allen sechs Fällen Übereinstimmungen hinsichtlich der Tatzeiten in den frühen Morgenstunden innerhalb eines Zeitfensters von etwa zwei Stunden und der sehr dicht – innerhalb eines Umkreises von nur etwa 1500 m – beieinander liegenden Tatorte. Bei allen Taten sei die erste Kontaktaufnahme durch plumpes sexualisiertes Ansprechen erfolgt, dem sich unmittelbar die körperliche Kontaktaufnahme angeschlossen habe. In allen Fällen habe der Täter zunächst den Widerstand der Opfer ignoriert, sich dann aber bei größerer Gegenwehr in die Flucht schlagen lassen. Das Verbalverhalten des Täters sei gleich und unmissverständlich gewesen. In allen Fällen hätten die Geschädigten den Täter in gleicher Weise beschrieben, nämlich als Mann vermutlich mitteleuropäischer Herkunft, Mitte 20, von eher schmächtiger Gestalt und bekleidet mit einem hellen Basecape (UA S. 14). Aufgrund kriminologischer Untersuchungen einer Vielzahl von Sexualdelikten sei bekannt, dass Täter von Sexualdelikten stark regional orientiert seien und ihre Taten im Rahmen von Routinehandlungen begehen würden. Deshalb komme den räumlichen und zeitlichen Parallelen in allen Fällen besonderes Gewicht zu, weshalb davon auszugehen sei, dass der Täter im Umkreis der Tatorte gewohnt und die Taten auf dem Weg nach Hause oder von dort weg begangen habe. Entsprechende Tatserien kämen bundesweit selten, in Berlin sehr selten vor. Besonders auffällig sei auch der Abbruch der Tatserie Ende August/Anfang September 2005 unmittelbar nach der ersten Inhaftierung des Angeklagten am 2. September 2005. Es seien weder vor noch nach den hiesigen Fällen vergleichbare Taten in Berlin bekannt geworden.
15
d) Für die Täterschaft des Angeklagten hat das Landgericht bei allen Taten Umständen aus der polizeilichen Beschuldigtenvernehmung des Angeklagten und den Aussagen von dessen ehemaliger Lebensgefährtin in der Hauptverhandlung und bei der Polizei „mindestens indizielle Bedeutung“ zugemessen (UA S. 14).
16
3. Die Beweiswürdigung des Landgerichts hält den sachlichrechtlichen Revisionsangriffen und den vom Generalbundesanwalt geltend gemachten prinzipiellen Einwänden stand. Die Schuldsprüche des Landgerichts bauen auf einer tragfähigen Beweisgrundlage auf (vgl. BVerfG – Kammer – NJW 2003, 2444, 2445 m.w.N.; BGH StV 2002, 235 m.w.N.) und sind auch das Ergebnis einer ausreichenden Beweiswürdigung (vgl. BGH NJW 2003, 150, 152; 2006, 925, 928).
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a) Indes ist die hier – mangels erhobener Verfahrensrügen gemäß § 244 Abs. 2 und/oder § 261 StPO – aufgrund der Sachrüge mögliche und gebotene Prüfung der Beweiswürdigung auf den Inhalt des landgerichtlichen Urteils beschränkt (vgl. BGHSt 35, 238, 241). Die Revision kann grundsätzlich nicht mit der Behauptung gehört werden, das Tatgericht habe sich mit einer bestimmten Aussage einer Beweisperson nicht auseinandergesetzt, wenn sich diese Aussage nicht aus dem Urteil selbst ergibt (vgl. BGH NJW 2003, 150, 152). Danach bleibt – worauf auch der Generalbundesanwalt zu Recht hingewiesen hat – der Vortrag der Revision von vornherein erfolglos, alle geschädigten Zeuginnen hätten aufgrund unvollständiger Wertung ihrer Aussagen durch das Landgericht und nach Maßgabe der richtigen Wertung durch den Revisionsführer den An- geklagten nicht nur nicht wiedererkannt, sondern ihn mitunter sogar als Täter explizit ausgeschlossen. Damit unterliegen die Behauptungen der Revision, die Zeuginnen A. , S. und M. hätten ganz andere Täter beschrieben , das Landgericht hätte die Aussage der Zeugin N. missinterpretiert und die Räumlichkeiten der Grundschule seien – entgegen der Aussage der Zeugin S. (UA S. 13) – hell erleuchtet gewesen, hier nicht der revisionsgerichtlichen Prüfung. Gleiches gilt für den urteilsfremden Vortrag, im Fall 1. d habe der Täter am vermuteten Einstiegsfenster der Grundschule Zigarettenkippen hinterlassen, die – wie auch andere ausgewertete Spuren – den Angeklagten nicht belastet hätten.
18
b) Das Landgericht durfte sich ohne Rechtsfehler von der Täterschaft des Angeklagten in allen Einzelfällen der festgestellten Tatserie auf der Grundlage der Wiedererkennungsleistungen von zwei geschädigten Zeuginnen, der individuellen Übereinstimmungen zwischen den Einzelfällen und dem Abriss der Tatserie nach der ersten Verhaftung des Angeklagten überzeugen. Die dafür von dem sachverständigen Zeugen Sch. gelieferte Grundlage ist – trotz der eher ermittlungstechnisch eingesetzten operativen Fallanalyse – nicht als Verwertung eines methodisch näher zu erläuternden Gutachtens zu verstehen, sondern als Verwendung zulässig über sachkundige Angaben eingeführter mehrerer aussagekräftiger Belastungsindizien.
19
Soweit der Generalbundesanwalt besorgt, die beweiswürdigenden Erwägungen des Landgerichts würden in den Fällen 1. a bis c und f, in denen etwaige Wiedererkennungsleistungen der Geschädigten im Urteil nicht näher wiedergegeben sind, einen strukturellen Darlegungsmangel offenbaren, folgt der Senat dem nicht.
20
Allerdings trifft der Ausgangspunkt des Generalbundesanwalts zu, dass der Tatrichter aufgrund der Komplexität und Fehlerträchtigkeit bei einer Überführung eines Angeklagten aufgrund der Aussage und des Wiedererkennens einer einzelnen Beweisperson (vgl. BVerfG – Kammer – NJW 2003, 2444, 2445 m.w.N.; BGHR StPO § 261 Identifizierung 6) grundsätzlich gehalten ist, darzulegen , ob und in welchem Grade die Aussage des Wiedererkennungszeugen zur Übereinstimmung zwischen dem Angeklagten und dem seinerzeit wahrgenommenen Täter mit den in der Hauptverhandlung gewonnenen übrigen Beweisergebnissen in Einklang gebracht werden kann oder aber diesen zuwider läuft (vgl. auch BGH, Urteil vom 16. März 2004 – 5 StR 490/03). Diese Pflicht hat die Strafkammer vorliegend erfüllt.
21
Das Landgericht hat zwar von den Zeuginnen S. , B. , M. und Sk. stammende Täterbeschreibungen nicht anhand deren polizeilicher Aussagen und der Bekundungen dieser Zeuginnen in der Hauptverhandlung mitgeteilt. Es hat aber, dargestellt in der Aussage des Sachverständigen Zeugen Kriminalhauptkommissar Sch. , deren jeweiliges Erinnerungsbild vom Täter (UA S. 14) als übereinstimmende Mindestbeschreibung durch diese Zeuginnen – anders als die den Angeklagten sogar identifizierenden Angaben der Zeuginnen S. und N. – festgestellt und seiner Bewertung zugrundegelegt. Solches erfüllt die sich aus dem Erfordernis der rationalen Nachvollziehbarkeit der Beweiswürdigung ergebende Darstellungspflicht (vgl. Jähnke in FS für Ernst-Walter Hanack 1999 S. 355, 362) und das Gebot der erschöpfenden Beweiswürdigung (vgl. BGH wistra 2002, 260, 261; BGH NStZ-RR 2002, 338; 2005, 321, 322). Es ergibt zudem nach dem Sinnzusammenhang des Urteils die weitere Feststellung, dass keine der den Angeklagten nicht sicher identifizierenden vier Zeuginnen genauere Angaben machen konnte und keine eine wesentliche Detailwahrnehmung bezeichnet hat, die dem Erscheinungsbild des Angeklagten in relevanter Weise widersprochen hätte.
22
Eine weitergehende Darstellungspflicht, wie sie der Generalbundesanwalt hinsichtlich der Umstände in Erwägung zieht, aus denen diese Zeuginnen keine umfangreicheren oder präziseren Angaben machen konnten, besteht nicht. Der Tatrichter ist generell unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu einer umfassenden Darstellung einer nicht protokollierten Zeugenaussage im Urteil verpflichtet (vgl. BGH StV 1986, 6; BGH NStZ-RR 2006, 346). Das Fehlen der hier in Frage stehenden Umstände offenbart auch keine sachliche Lücke (vgl. BGH NJW 2003, 150, 152; 2006, 925, 928). Die Opfer von – auch sexuell motivierten – Gewalthandlungen sind während der Tatausführung als existenzbedrohend empfundenen Bedrängnissen ausgesetzt. Dieser Umstand kann sie in ihrer Wahrnehmungsfähigkeit in Bezug auf Merkmale des Täters, die eine Wiedererkennung ermöglichen, beeinträchtigen, ähnlich auch der Situation von Opfern, die mit einer Schusswaffe bedroht worden sind (vgl. BGH NStZ-RR 2006, 212). Angaben derart beeinträchtigter Zeuginnen müssen deshalb nicht etwa stets als Grundlage für eine Täterfahndung geeignet sein. Diese Gründe sind so naheliegend, dass der Tatrichter zur näheren Darlegung insoweit nicht verpflichtet ist.
23
c) Die sachlichrechtlich mögliche und gebotene Nachprüfung der Beweiswürdigung im Einzelnen (vgl. BGH NStZ 2002, 48; BGH NStZ-RR 2000, 171; BGHR StPO § 261 Überzeugungsbildung 33 m.w.N.) ergibt keinen durchgreifenden Rechtsfehler zu Lasten des Angeklagten.
24
aa) Das Landgericht hat allerdings nicht erwogen, dass auch die Zeugin A. am 21. August 2005 wenige Minuten vor der Zeugin N. ebenfalls Opfer einer sexistischen Beleidigung und vom Täter bedrängt worden ist und sich weiteren Angriffen nur durch Flucht entziehen konnte (UA S. 9). Das Landgericht hat nicht ausdrücklich festgestellt, dass dieser Täter auch der Angeklagte war. Dies versteht sich indes von selbst. Denn auch die Täterangaben der Zeugin A. als „Geschädigte“ (UA S. 14) stimmten mit den Angaben der Zeuginnen überein, die den Angeklagten nicht identifiziert haben.
25
Das Landgericht hat es lediglich unterlassen, die von den Zeuginnen N. und S. herrührenden Täterbeschreibungen daraufhin kritisch zu prüfen, ob die Zeuginnen nicht einen dem Angeklagten sehr ähnlichen anderen Täter beschrieben haben könnten (vgl. BGHR StPO § 261 Identifizierung 11), der dann auch für die gesamte Tatserie hätte verantwortlich sein können. Dies begründet jedoch keinen relevanten Erörterungsmangel. Die Strafkammer hat aufgrund einer fehlerfreien, von den Aussagen der Opferzeuginnen nicht beeinflussten Beweiswürdigung festgestellt, dass der Angeklagte gegen 4.05 Uhr des 21. August 2005 auf seinem Nachhauseweg die Wege der Zeuginnen N. und A. kreuzen konnte (UA S. 12). Dass um diese Uhrzeit anstelle des Angeklagten ein ganz ähnlich aussehender Mann, den der Angeklagte naheliegend sogar hätte agieren sehen oder dessen Opfer er hätte hören können, der Täter gewesen ist, der zudem seine Tatserie mit Verhaftung des Angeklagten beendet hat, ist denkbar fernliegend und nötigte nicht zu ausdrücklicher Problematisierung (vgl. BVerfG – Kammer – NJW 2003, 2444, 2446).
26
bb) Der Senat besorgt nicht, dass sich das Landgericht unter Missachtung möglicher suggestiver Wirkung vorgelegter Bilder (vgl. BGHR StPO § 261 Identifizierung 3) davon überzeugt hat, dass die Zeugin S. den Angeklagten als Täter wiedererkannt hat (UA S. 12 f.). Die Strafkammer hat die verschiedenen Beweisstationen anhand einer übergreifenden Zeugenaussage lediglich rekapitulierend und erläuternd nachvollzogen und als Ausgangspunkt seiner Überzeugungsbildung die von vorgelegten Bildern unbeeinflusste erste Täterbeschreibung der Zeugin genommen. Solches stößt auf keine Bedenken (vgl. BGHR StPO § 261 Identifizierung 12).
27
cc) Soweit die Revision eine Erörterungslücke darin sieht, dass es das Landgericht nicht erwogen hat, dass der Angeklagte aufgrund des regelmäßig praktizierten Konsums von Amphetamin und Alkohol „positiv, fröhlich und entspannt“ gewesen sei (UA S. 16), was der Begehung von Gewalttaten entgegen stünde, offenbart dieses keinen Rechtsfehler. Angesichts der Vielfalt menschlicher Dispositionen und Motive, die zur Begehung von Verbrechen führen können , wird von der Revision insoweit kein erörterungsbedürftiger, einer Täterschaft des Angeklagten entgegenstehender Umstand dargelegt.
28
dd) Entgegen der Auffassung der Revision beruhen die vom Landgericht übernommenen Schlussfolgerungen der Vernehmungsbeamten bezüglich des Aussageverhaltens des Angeklagten während dessen polizeilicher Vernehmung auf einer tatsächlichen Grundlage. Das Landgericht durfte in Verfolgung seiner umfassenden Kognitionspflicht auf den besonderen, dem prinzipiellen Bestreiten der Täterschaft des Angeklagten widersprechenden Umstand abstellen, dass der Angeklagte den Tatopfern Mitleid entgegengebracht und nach Vorhalt von Einzelheiten auf Erinnerungslücken verwiesen hat (UA S. 14). Dadurch hat der mit einer Tatserie konfrontierte Angeklagte – wenn auch in geringstem Umfang – eine gewisse Tatnähe zu erkennen gegeben, der das Landgericht geringste indizielle Bedeutung zumessen durfte. Eine Überbewertung dieses ergänzend herangezogenen Indizes ist nicht zu besorgen.
29
ee) Soweit das Landgericht der Aussage der ehemaligen Lebensgefährtin des Angeklagten ebenfalls „zumindest indizielle Bedeutung“ zugemessen hat (UA S. 14), beruht dies dagegen auf keiner ausreichenden Tatsachengrundlage (vgl. BGH StV 2002, 235) und ist rechtsfehlerhaft. Die Aussage der Zeugin, die nach Trennung vom Angeklagten wegen erloschener Zuneigung zu diesem und nach dieserhalb vom Angeklagten erhaltener Todesdrohung die Fassung verloren und in ersichtlich aufgewühltem Zustand erklärt hatte, sie mache sich solche Vorwürfe, weil sie „es“ hätte verhindern müssen, lässt offen, ob sie ihre Aussage auf eine bloße Vermutung einer Täterschaft des Angeklagten gestützt oder aufgrund vom Angeklagten erlangten Wissens bzw. sonst gewonnener Erkenntnisse getätigt hat. Nur in letzterem Fall könnte die Äußerung der Zeugin einen die Täterschaft des Angeklagten stützenden Umstand darstellen.
30
Solches ist auch der weitergehenden, auf die Aussage der Vernehmungsbeamtin zurückgehenden Annahme des Landgerichts, die von der Zeugin H. während ihrer polizeilichen Vernehmung geäußerten Selbstzweifel seien „typisch für Frauen von Sexualstraftätern, die eine Begehung entsprechender Taten durch ihre Partner zumindest vermuten“ (UA S. 15), nicht zu entnehmen. Diese Erwägung knüpft ausdrücklich an eine bloße Vermutung an und ist somit ebenfalls nicht geeignet, eine Täterschaft des Angeklagten zu stützen.
31
Indes schließt der Senat aus, dass die fehlerhafte Bewertung der Aussage der Zeugin H. als ersichtlich unwesentliches Indiz die Beweiswürdigung insgesamt tangiert haben könnte.
32
Gegen 4. die vom Landgericht vorgenommene Subsumtion und die Rechtsfolgenentscheidung bestehen keine Bedenken.
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