Bundesgerichtshof Beschluss, 01. Aug. 2019 - 5 StR 185/19

bei uns veröffentlicht am01.08.2019

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 185/19
vom
1. August 2019
in der Strafsache
gegen
wegen Wohnungseinbruchdiebstahls
ECLI:DE:BGH:2019:010819B5STR185.19.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 1. August 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 357 StPO beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 9. Oktober 2018 wird mit der Maßgabe verworfen , dass der Angeklagte V. und der Nichtrevident M. sich durch die Tat 1 der Urteilsgründe der Verabredung zum Wohnungseinbruchdiebstahl schuldig gemacht haben.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen Wohnungseinbruchdiebstahls in zehn Fällen, davon in einem Fall versucht, sowie den Revidenten V. zudem wegen Urkundenfälschung zu Gesamtfreiheitsstrafen von fünf Jahren und drei Monaten (V. ) bzw. vier Jahren und drei Monaten (M. ) verurteilt und Einziehungsentscheidungen getroffen. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten V. führt – gemäß § 357 StPO auch zu-gunsten des Nichtrevidenten M. – lediglich zur bezeichneten Änderung des Schuldspruchs und bleibt im Übrigen aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift genannten Gründen erfolglos (§ 349 Abs. 2 StPO).
2
1. Die rechtliche Würdigung des Landgerichts, durch die Tat 1 hätten die Angeklagten einen versuchten Wohnungseinbruchdiebstahl begangen, wird durch die Feststellungen nicht getragen. Danach hatten die Angeklagten zwar den Holzrahmen einer Terrassentür durchbohrt, um den Türöffnungshebel bedienen und aus der betroffenen Wohnung Bargeld oder Wertgegenstände entwenden zu können. Weil die Tür mit einem verschlossenen Zusatzschloss versehen war, scheiterten sie jedoch mit ihrem Vorhaben. Zur Umsetzung des geplanten Diebstahls haben sie somit nicht im Sinne des § 22 StGB unmittelbar angesetzt und die Grenze zum Versuch noch nicht überschritten (vgl. BGH, Beschlüsse vom 20. September 2016 – 2 StR 43/16, NStZ 2017, 86, 87; vom 4. Juli 2019 – 5 StR 274/19).
3
Die Angeklagten haben sich aber der Verabredung eines Wohnungseinbruchdiebstahls (§ 244 Abs. 4, § 30 Abs. 2 StGB) schuldig gemacht, von der sie nicht im Sinne des § 31 StGB freiwillig zurückgetreten sind. Der Senat hat daher die Schuldsprüche neu gefasst. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, da sich die hinsichtlich der Tat 1 geständigen Angeklagten nicht wirksamer als geschehen hätten verteidigen können.
4
2. Die genannte Änderung zieht nicht die Aufhebung der zugehörigen Einzelstrafen nach sich. Der Senat kann angesichts des Tatbildes und der Begehung einer Serie weiterer gewichtiger Taten ausschließen (§ 337 Abs. 1 StPO), dass das Landgericht die jeweils auf sechs Monate bestimmten Freiheitsstrafen bei rechtlich zutreffender Würdigung niedriger bemessen hätte.
5
Denn es hat diese Strafen dem gemäß § 23 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 244 Abs. 4 StGB entnommen, der auch über § 30 Abs. 1 Satz 2 StGB anzuwenden gewesen wäre.
VRiBGH Dr. Mutzbauer Sander Schneider ist urlaubsbedingt an der Unterschrift gehindert. Sander König Berger

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 01. Aug. 2019 - 5 StR 185/19

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 01. Aug. 2019 - 5 StR 185/19

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 01. Aug. 2019 - 5 StR 185/19 zitiert 10 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 265 Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes oder der Sachlage


(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gel

Strafgesetzbuch - StGB | § 49 Besondere gesetzliche Milderungsgründe


(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes: 1. An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.2. Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf hö

Strafgesetzbuch - StGB | § 23 Strafbarkeit des Versuchs


(1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt. (2) Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1). (3) Hat der Täter aus grobem Unv

Strafprozeßordnung - StPO | § 357 Revisionserstreckung auf Mitverurteilte


Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu

Strafprozeßordnung - StPO | § 337 Revisionsgründe


(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das Urteil auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe. (2) Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

Strafgesetzbuch - StGB | § 22 Begriffsbestimmung


Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.

Strafgesetzbuch - StGB | § 30 Versuch der Beteiligung


(1) Wer einen anderen zu bestimmen versucht, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften, wird nach den Vorschriften über den Versuch des Verbrechens bestraft. Jedoch ist die Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern. § 23 Abs. 3 gilt entsprechend. (

Strafgesetzbuch - StGB | § 244 Diebstahl mit Waffen; Bandendiebstahl; Wohnungseinbruchdiebstahl


(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer 1. einen Diebstahl begeht, bei dem er oder ein anderer Beteiligter a) eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,b) sonst ein Werkzeug oder Mittel b

Strafgesetzbuch - StGB | § 31 Rücktritt vom Versuch der Beteiligung


(1) Nach § 30 wird nicht bestraft, wer freiwillig 1. den Versuch aufgibt, einen anderen zu einem Verbrechen zu bestimmen, und eine etwa bestehende Gefahr, daß der andere die Tat begeht, abwendet,2. nachdem er sich zu einem Verbrechen bereit erklärt h

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Beschluss, 01. Aug. 2019 - 5 StR 185/19 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 01. Aug. 2019 - 5 StR 185/19 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Juli 2019 - 5 StR 274/19

bei uns veröffentlicht am 04.07.2019

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 5 StR 274/19 vom 4. Juli 2019 in der Strafsache gegen wegen Wohnungseinbruchdiebstahls u.a. ECLI:DE:BGH:2019:040719B5STR274.19.0 Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und

Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Sept. 2016 - 2 StR 43/16

bei uns veröffentlicht am 20.09.2016

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 2 StR 43/16 vom 20. September 2016 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls ECLI:DE:BGH:2016:200916B2STR43.16.0 Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanw

Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 43/16
vom
20. September 2016
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls
ECLI:DE:BGH:2016:200916B2STR43.16.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und der Beschwerdeführer am 20. September 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 27. August 2015
a) im Fall II.3 sowie in den Gesamtstrafenaussprüchen, soweit es die Angeklagten K. und X. betrifft,
b) im Fall II.4, soweit es den Angeklagten X. betrifft, mit den jeweiligen Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten K. wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls in vier Fällen, davon in einem Fall wegen Versuchs, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und den Angeklagten X. wegen Woh- nungseinbruchsdiebstahls in drei Fällen, davon in einem Fall wegen Versuchs unter Einbeziehung weiterer Einzelstrafen aus einer anderen Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Im Übrigen hat es die Angeklagten freigesprochen. Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revisionen der Angeklagten haben mit der Sachrüge in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen sind die Rechtsmittel offensichtlich unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
2
1. Die Verurteilung wegen versuchten Wohnungseinbruchsdiebstahls im Fall II.3 der Urteilsgründe hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Nach den getroffenen Feststellungen ist nicht dargetan, dass die Angeklagten im Sinne von § 22 StGB bereits unmittelbar zur Verwirklichung des Wohnungseinbruchsdiebstahls nach § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB angesetzt haben.
3
a) Bei Qualifikationstatbeständen wie auch bei Tatbeständen mit Regelbeispielen ist grundsätzlich auf das Ansetzen zur Verwirklichung des Grundtatbestandes abzustellen (vgl. Fischer, StGB, 63. Aufl., § 22, Rn. 36 mN). Daraus folgt, dass sich bei § 244 StGB wie bei § 243 StGB gleichermaßen die einheitlich zu beantwortende Frage stellt, ob mit den festgestellten Tathandlungen zur Wegnahme im Sinne von § 22 StGB angesetzt ist (vgl. im Zusammenhang mit § 244a StGB BGH NStZ 2015, 207).
4
Das unmittelbare Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung besteht in einem Verhalten des Täters, das nach seiner Vorstellung in ungestörtem Fortgang ohne Zwischenakte zur - vollständigen - Tatbestandserfüllung führt oder im unmittelbaren räumlichen und zeitlichen Zusammenhang in sie einmündet. Diese Voraussetzung kann schon gegeben sein, bevor der Täter eine der Beschreibung des gesetzlichen Tatbestandes entsprechende Handlung vornimmt; regelmäßig genügt es allerdings, wenn der Täter ein Merkmal des gesetzlichen Tatbestandes verwirklicht. Es muss aber immer das, was er zur Verwirklichung seines Vorhabens unternimmt, zu dem in Betracht kommenden Straftatbestand in Beziehung gesetzt werden (st. Rspr.; vgl. BGH NStZ 2015, 207).
5
b) Nach diesen Maßstäben haben die Angeklagten noch nicht - wie es für einen Versuch des § 242 StGB notwendig ist - zum Gewahrsamsbruch angesetzt. Das Eindringen in den Garten über das Gartentor reicht nicht aus. Zum einen sollte nach der Vorstellung der Angeklagten nicht im Garten, sondern in dem durch weitere Sicherungen geschützten Haus auf dem Grundstück nach Stehlenswertem gesucht werden (vgl. OLG Hamm MDR 1976, 155). Zum anderen ergibt sich aus den Feststellungen nicht, ob das Gartentor nach seiner Funktion als wesentlicher Schutz des Hauses anzusehen ist oder etwa durch einfaches Öffnen oder Übersteigen überwunden werden konnte. So ist nicht dargelegt, dass schon in dem Eindringen auf das Grundstück ein Ansetzen zum Gewahrsamsbruch liegt.
6
Aber auch das weitere Vorgehen der Angeklagten belegt noch keinen Versuchsbeginn. Ein „Zuschaffenmachen“ vor der Terrassentürgibt - da es insoweit auch an der Mitteilung des Tatplans der Angeklagten fehlt - keinen konkreten Hinweis dafür, ob schon zur Wegnahme, einem unmittelbar bevorstehenden Einwirken auf fremden Gewahrsam, angesetzt ist. Dies gilt auch für das „Anleuchten des Rollos“; auch hier ermöglichen es die Feststellungen des Landgerichts nicht nachzuvollziehen, ob schon zum Gewahrsamsbruch unmittelbar angesetzt ist oder ob nach dem Tatplan der Angeklagten weitere Zwischenschritte erforderlich sind, bis es schließlich zu einem Einwirken auf den Gewahrsam des Gebäudeinhabers, der durch Geräusche im Zusammenhang mit dem Gartentor auf das Eindringen in seinen Garten aufmerksam geworden ist, kommen kann.
7
Die Sache bedarf deshalb insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung.
8
2. Auch die Verurteilung im Fall II.4 der Urteilsgründe hält, soweit der Angeklagte X. betroffen ist, rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Annahme des Landgerichts, er habe sich an dem Diebstahl des nach dem Einbruch am 25. Mai 2014 entwendeten Kraftfahrzeugs beteiligt, wird von den Feststellungen nicht getragen. Dass der Angeklagte X. drei Tage nach der Tat „wahrscheinlich“ Beifahrer gewesen ist, als das Fahrzeug bei einer Ge- schwindigkeitskontrolle auffällig geworden und in diesem Zusammenhang ein Lichtbild angefertigt worden ist, ist kein tragfähiges Indiz für eine Beteiligung an der Tage zuvor erfolgten Wegnahme des Fahrzeugs. Dies gilt selbst dann, wenn man davon ausgeht, dass der Angeklagte K. Täter (und Fahrer des PKW) gewesen ist und beide zusammen in der Vergangenheit Diebstahlstaten begangen hätten. Eine nur „wahrscheinliche“ Mitfahrt in einem Kraftfahrzeug vermag - auch angesichts vormaliger Beteiligung an anderen Einbruchsdiebstählen - keine ausreichende Grundlage für die Mitwirkung an dessen Wegnahme zu vermitteln.
9
3. Der Wegfall der Verurteilungen in den Fällen II.3 und II.4 entzieht den Gesamtstrafenaussprüchen die Grundlage.
Fischer Appl Krehl
RinBGH Dr. Ott ist an der Unterschrift gehindert. Fischer Bartel

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 274/19
vom
4. Juli 2019
in der Strafsache
gegen
wegen Wohnungseinbruchdiebstahls u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:040719B5STR274.19.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 4. Juli 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, entsprechend § 354 Abs. 1 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Görlitz vom 5. Februar 2019 dahin geändert, dass der Angeklagte im Fall 3 der Urteilsgründe wegen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von einem Monat verurteilt ist.
Die weitergehende Revision wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Wohnungseinbruchdiebstahls in fünf Fällen sowie im Fall 3 wegen tateinheitlich mit Diebstahl begangenen versuchten Wohnungseinbruchdiebstahls zu einer fünfjährigen Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten führt lediglich zur bezeichneten Änderung und bleibt im Übrigen aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift genannten Gründen erfolglos (§ 349 Abs. 2 StPO).
2
1. Die rechtliche Würdigung des Landgerichts, im Fall 3 hätte der Angeklagte (auch) einen versuchten Wohnungseinbruchdiebstahl begangen, wird durch die Feststellungen nicht getragen. Danach hatte der Angeklagte ein Loch in den Verschluss der Terrassentür eines Wohnhauses gebohrt, die weitere Tat aber als undurchführbar aufgegeben, noch bevor er den Schließmechanismus der Tür aufhebeln konnte, weil im Haus Licht angegangen war. Zur Umsetzung des geplanten Diebstahls hat er somit nicht im Sinne des § 22 StGB unmittelbar angesetzt und die Grenze zum Versuch noch nicht überschritten (vgl. BGH, Beschluss vom 20. September 2016 – 2 StR 43/16, NStZ 2017, 86, 87). Er hat sich deshalb lediglich des Diebstahls (§ 242 Abs. 1 StGB) schuldig gemacht, indem er in der Absicht rechtswidriger Zueignung von der Terrasse ein Radio und zwei Fernbedienungen mit sich nahm.
3
2. Der Senat hat daher im Fall 3 den Schuldspruch neu gefasst. In entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO hat er die Strafe hierfür auf die – angesichtsder übrigen binnen kurzer Zeit verübten fünf Wohnungseinbruchdiebstähle unerlässliche (§ 47 Abs. 1 StGB; vgl. BGH, Urteile vom 8. April 2004 – 3 StR 465/03, NStZ 2004, 554, und vom 9. August 2016 – 1 StR 121/16) – Freiheitsstrafe von einem Monat festgesetzt; die Verhängung der gesetzlichen Mindeststrafe kann für den Angeklagten unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt nachteilig sein. Der Senat kann angesichts der übrigen fünf jeweils zwei Jahre und sechs Monate betragenden Freiheitsstrafen ausschließen (§ 337 Abs. 1 StPO), dass das Landgericht ohne den Rechtsfehler auf eine niedrigere Gesamtfreiheitstrafe erkannt hätte; diese hat deshalb Bestand.
Mutzbauer Sander Schneider
König Berger

(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer

1.
einen Diebstahl begeht, bei dem er oder ein anderer Beteiligter
a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden,
2.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds stiehlt oder
3.
einen Diebstahl begeht, bei dem er zur Ausführung der Tat in eine Wohnung einbricht, einsteigt, mit einem falschen Schlüssel oder einem anderen nicht zur ordnungsmäßigen Öffnung bestimmten Werkzeug eindringt oder sich in der Wohnung verborgen hält.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 bis 3 ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(4) Betrifft der Wohnungseinbruchdiebstahl nach Absatz 1 Nummer 3 eine dauerhaft genutzte Privatwohnung, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

(1) Wer einen anderen zu bestimmen versucht, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften, wird nach den Vorschriften über den Versuch des Verbrechens bestraft. Jedoch ist die Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern. § 23 Abs. 3 gilt entsprechend.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sich bereit erklärt, wer das Erbieten eines anderen annimmt oder wer mit einem anderen verabredet, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften.

(1) Nach § 30 wird nicht bestraft, wer freiwillig

1.
den Versuch aufgibt, einen anderen zu einem Verbrechen zu bestimmen, und eine etwa bestehende Gefahr, daß der andere die Tat begeht, abwendet,
2.
nachdem er sich zu einem Verbrechen bereit erklärt hatte, sein Vorhaben aufgibt oder,
3.
nachdem er ein Verbrechen verabredet oder das Erbieten eines anderen zu einem Verbrechen angenommen hatte, die Tat verhindert.

(2) Unterbleibt die Tat ohne Zutun des Zurücktretenden oder wird sie unabhängig von seinem früheren Verhalten begangen, so genügt zu seiner Straflosigkeit sein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen, die Tat zu verhindern.

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das Urteil auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe.

(2) Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

(1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt.

(2) Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1).

(3) Hat der Täter aus grobem Unverstand verkannt, daß der Versuch nach der Art des Gegenstandes, an dem, oder des Mittels, mit dem die Tat begangen werden sollte, überhaupt nicht zur Vollendung führen konnte, so kann das Gericht von Strafe absehen oder die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2).

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer

1.
einen Diebstahl begeht, bei dem er oder ein anderer Beteiligter
a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden,
2.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds stiehlt oder
3.
einen Diebstahl begeht, bei dem er zur Ausführung der Tat in eine Wohnung einbricht, einsteigt, mit einem falschen Schlüssel oder einem anderen nicht zur ordnungsmäßigen Öffnung bestimmten Werkzeug eindringt oder sich in der Wohnung verborgen hält.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 bis 3 ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(4) Betrifft der Wohnungseinbruchdiebstahl nach Absatz 1 Nummer 3 eine dauerhaft genutzte Privatwohnung, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

(1) Wer einen anderen zu bestimmen versucht, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften, wird nach den Vorschriften über den Versuch des Verbrechens bestraft. Jedoch ist die Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern. § 23 Abs. 3 gilt entsprechend.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sich bereit erklärt, wer das Erbieten eines anderen annimmt oder wer mit einem anderen verabredet, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften.