Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Aug. 2014 - 5 StR 181/14
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Untreue in drei Fällen jeweils in Tateinheit mit Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr (Tatkomplex II.A), wegen Untreue in zehn Fällen und wegen Betruges zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Seine hiergegen mit einer Verfahrensbe- anstandung und der Sachrüge geführte Revision erzielt – entsprechend dem Antrag des Generalbundesanwalts – den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
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- 1. Entgegen den Ausführungen der Revision ist das angefochtene Urteil nunmehr wirksam zugestellt worden, so dass die Revisionsbegründungsfrist in Lauf gesetzt wurde (§ 345 Abs. 1 StPO). Die noch vorhandenen Abweichungen der zugestellten Urteilsausfertigung von dem Urteilsoriginal betreffen lediglich „kleine Fehler“, die den Sinngehalt der fraglichen Urteilspassagen nicht berüh- ren und die deshalb der Wirksamkeit der Urteilszustellung nicht entgegenstehen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 17. März 2004 – 2 StR 44/04, StraFo 2004, 238, und vom 30. März 1994 – 3 StR 33/94, Urteil vom 27. Oktober 1977 – 4 StR 326/77, NJW 1978, 60).Soweit der Beschwerdeführer aus dem Anbringen der handschriftlichen Korrekturen auf dem Urteilsoriginal ableiten will, dass das Urteil nicht rechtzeitig zu den Akten gebracht worden sei (§ 275 Abs. 1, § 338 Nr. 7 StPO), ist ein Verfahrensverstoß nicht belegt.
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- 2. Das Urteil hält sachlich-rechtlicher Prüfung nicht stand, soweit der Angeklagte im Tatkomplex II.A wegen Untreue in drei Fällen jeweils in Tateinheit mit Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr verurteilt wurde.
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- a) Nach den Urteilsfeststellungen entschied der Angeklagte als Abteilungsleiter der Gleisbauabteilung der Firma K. (nachfolgend: Fa. K. ) eigenständig darüber, von welchem Lieferanten und zu welchen Konditionen die Fa. K. die Materialien zur Ausführung von Gleisbauaufträgen der Deutschen Bundesbahn bezog. Einer dieser Lieferanten war die V. (nachfolgend: V. ), deren Niederlassungsleiter in Berlin dem Angeklagten im Jahr 2000 das Angebot unterbreitete, für ihn eine sogenannte schwarze Kasse zu bilden. Dies lehnte der Angeklagte zunächst ab; in der Folgezeit entwickelte sich je- doch eine Praxis, dass auf „Zuruf“ des Angeklagten die V. die Ausgangs- rechnungen „erhöhte“, ohne die entsprechenden Leistungen erbracht zu haben (UA S. 4). Die überschießenden Beträge wurden auf einem Konto der V. „geparkt“; der Angeklagte konnte Gelder zur freien Verwendung nach Einrei- chung von Scheinrechnungen durch Mitarbeiter der V. abrufen (UA S. 4, 16). Im Gegenzug bestellte der Angeklagte in Fällen, bei denen Bahnschienen kurzfristig zu liefern waren, zu den üblichen Preisen mit Aufschlägen ausschließlich bei der V. , deren Mitarbeitern er gegebenenfalls mitteilte – falls er Vergleichsangebote anderer Firmen eingeholt hatte –, dass günstigere Anbieter vorhanden seien, so dass die V. ihre Preisgestaltung diesem Umstand anpassen konnte.
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- Die vom Angeklagten getätigten Mittelabrufe vom Konto der V. dienten zunächst dazu, geschäftliche Angelegenheiten der Fa. K. zu finanzieren. Im Zeitraum 2006 bis 2008 veranlasste der Angeklagte die Abbuchung von drei Beträgen in Höhe von 12.180 Euro, 18.000 Euro und 25.287,50 Euro zur Begleichung der Kosten seiner privat veranstalteten Tauchreisen.
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- b) Der rechtliche Ansatz des Landgerichts, die Untreuehandlungen des Angeklagten in den Mittelabrufen zur Tilgung privater Verbindlichkeiten als verwirklicht anzusehen, ist unzutreffend. Maßgeblicher Anknüpfungspunkt für den Tatbestand der Untreue (§ 266 StGB) sind vorliegend vielmehr bereits die vom Angeklagten zum Nachteil der Fa. K. durch „Zuruf“ bewirkten Rechnungsstellungen seitens der V. , die jeweils wegen tatsächlich nicht erbrachter Leistungen überschießende Geldabflüsse zur Folge hatten, mit denen die schwarze Kasse gespeist wurden. Mit den Geldabflüssen sind die jeweiligen Beträge der Fa. K. endgültig entzogen worden (vgl. BGH, Urteile vom 29. August 2008 – 2 StR 587/07, BGHSt 52, 323, 336 ff., und vom 27. August 2010 – 2 StR 111/09, BGHSt 55, 266, 282 ff.), so dass ein späteres Abrufen etwaiger Geldbeträge vom verdeckten Konto zur Verwirklichung des Untreuetatbestandes rechtlich irrelevant ist.
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- c) Weil das Landgericht zu den überhöhten Rechnungen der V. und den dadurch zum Nachteil der Fa. K. bewirkten Geldabflüssen keine Feststellungen getroffen hat, unterliegt das Urteil hinsichtlich dieses Tatkomplexes insgesamt der Aufhebung. Das gilt auch für die jeweils tateinheitlich zur Untreue abgeurteilte, an sich rechtsfehlerfrei festgestellte Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr (§ 299 Abs. 1 StGB). Diese liegt freilich bereits in den im Zusammenhang mit der Bildung und dem Einspeisen der schwarzen Kassen getroffenen Unrechtsvereinbarungen und nicht etwa erst in den Abbuchungen für private Zwecke.
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- 3. Die Aufhebung des Schuldspruchs im Tatkomplex II.A zieht die Aufhebung der insoweit verhängten Einzelstrafen sowie des Gesamtstrafausspruchs nach sich. Gegebenenfalls bietet sich mit Blick auf die nunmehr rechtskräftig verhängten Einsatz- und Einzelstrafen eine Verfahrensweise nach § 154 Abs. 2 StPO an, die jedenfalls keinen erheblichen Einfluss auf die neu zu bildende Gesamtstrafe haben dürfte.
Dölp Bellay
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Die Revisionsanträge und ihre Begründung sind spätestens binnen eines Monats nach Ablauf der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels bei dem Gericht, dessen Urteil angefochten wird, anzubringen. Die Revisionsbegründungsfrist verlängert sich, wenn das Urteil später als einundzwanzig Wochen nach der Verkündung zu den Akten gebracht worden ist, um einen Monat und, wenn es später als fünfunddreißig Wochen nach der Verkündung zu den Akten gebracht worden ist, um einen weiteren Monat. War bei Ablauf der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels das Urteil noch nicht zugestellt, so beginnt die Frist mit der Zustellung des Urteils und in den Fällen des Satzes 2 der Mitteilung des Zeitpunktes, zu dem es zu den Akten gebracht ist.
(2) Seitens des Angeklagten kann dies nur in einer von dem Verteidiger oder einem Rechtsanwalt unterzeichneten Schrift oder zu Protokoll der Geschäftsstelle geschehen.
(1) Ist das Urteil mit den Gründen nicht bereits vollständig in das Protokoll aufgenommen worden, so ist es unverzüglich zu den Akten zu bringen. Dies muß spätestens fünf Wochen nach der Verkündung geschehen; diese Frist verlängert sich, wenn die Hauptverhandlung länger als drei Tage gedauert hat, um zwei Wochen, und wenn die Hauptverhandlung länger als zehn Tage gedauert hat, für jeden begonnenen Abschnitt von zehn Hauptverhandlungstagen um weitere zwei Wochen. Nach Ablauf der Frist dürfen die Urteilsgründe nicht mehr geändert werden. Die Frist darf nur überschritten werden, wenn und solange das Gericht durch einen im Einzelfall nicht voraussehbaren unabwendbaren Umstand an ihrer Einhaltung gehindert worden ist. Der Zeitpunkt, zu dem das Urteil zu den Akten gebracht ist, und der Zeitpunkt einer Änderung der Gründe müssen aktenkundig sein.
(2) Das Urteil ist von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterschreiben. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies unter der Angabe des Verhinderungsgrundes von dem Vorsitzenden und bei dessen Verhinderung von dem ältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der Schöffen bedarf es nicht.
(3) Die Bezeichnung des Tages der Sitzung sowie die Namen der Richter, der Schöffen, des Beamten der Staatsanwaltschaft, des Verteidigers und des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle, die an der Sitzung teilgenommen haben, sind in das Urteil aufzunehmen.
(4) (weggefallen)
Ein Urteil ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen,
- 1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; war nach § 222a die Mitteilung der Besetzung vorgeschrieben, so kann die Revision auf die vorschriftswidrige Besetzung nur gestützt werden, wenn - a)
das Gericht in einer Besetzung entschieden hat, deren Vorschriftswidrigkeit nach § 222b Absatz 2 Satz 2 oder Absatz 3 Satz 4 festgestellt worden ist, oder - b)
das Rechtsmittelgericht nicht nach § 222b Absatz 3 entschieden hat und - aa)
die Vorschriften über die Mitteilung verletzt worden sind, - bb)
der rechtzeitig und in der vorgeschriebenen Form geltend gemachte Einwand der vorschriftswidrigen Besetzung übergangen oder zurückgewiesen worden ist oder - cc)
die Besetzung nach § 222b Absatz 1 Satz 1 nicht mindestens eine Woche geprüft werden konnte, obwohl ein Antrag nach § 222a Absatz 2 gestellt wurde;
- 2.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen war; - 3.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, nachdem er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt war und das Ablehnungsgesuch entweder für begründet erklärt war oder mit Unrecht verworfen worden ist; - 4.
wenn das Gericht seine Zuständigkeit mit Unrecht angenommen hat; - 5.
wenn die Hauptverhandlung in Abwesenheit der Staatsanwaltschaft oder einer Person, deren Anwesenheit das Gesetz vorschreibt, stattgefunden hat; - 6.
wenn das Urteil auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind; - 7.
wenn das Urteil keine Entscheidungsgründe enthält oder diese nicht innerhalb des sich aus § 275 Abs. 1 Satz 2 und 4 ergebenden Zeitraums zu den Akten gebracht worden sind; - 8.
wenn die Verteidigung in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt durch einen Beschluß des Gerichts unzulässig beschränkt worden ist.
(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.
(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer im geschäftlichen Verkehr als Angestellter oder Beauftragter eines Unternehmens
- 1.
einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, oder - 2.
ohne Einwilligung des Unternehmens einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen eine Handlung vornehme oder unterlasse und dadurch seine Pflichten gegenüber dem Unternehmen verletze.
(2) Ebenso wird bestraft, wer im geschäftlichen Verkehr einem Angestellten oder Beauftragten eines Unternehmens
- 1.
einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen ihn oder einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, oder - 2.
ohne Einwilligung des Unternehmens einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen eine Handlung vornehme oder unterlasse und dadurch seine Pflichten gegenüber dem Unternehmen verletze.
(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,
- 1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder - 2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.
(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.
(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.
(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.
(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.